Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2013, Az. IV ZR 232/10

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8999

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 232/10

Verkündet am:

16. Januar 2013

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja

VBL-Satzung §
80 Satz
1; BGB §
307 Abs.
1 Satz
2 Bk, Cl

§
80 Satz
1 [X.] verstößt nicht gegen das Transparenzgebot.

[X.], Urteil vom 16. Januar 2013 -
IV ZR 232/10 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren gemäß
§
128 Abs.
2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 28.
Dezember 2012 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Karczewski

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil der 6.
Zivilkammer des [X.] vom 24.
Sep-tember 2010 aufgehoben, soweit zum Nachteil der [X.] erkannt worden ist, und die Berufung der Kläge-rin gegen das Urteil des [X.] vom 24.
November 2009 auch im Übrigen zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 900

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Startgutschrift, die ihr als bei-tragsfrei versicherter Person von der beklagten [X.] und der Länder nach Umstellung der Zusatzversorgung im öf-fentlichen Dienst erteilt wurde.

1
-
3
-

Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22.
November 2002 (BAnz. Nr.
1 vom 3.
Januar 2003; im Folgenden: [X.]) ersetzte die Beklagte ihr früheres -
auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4.
November 1966 (Ver-sorgungs-TV) beruhendes
-
endgehaltsbezogenes, im Umlageverfahren finanziertes Gesamtversorgungssystem durch ein auf einem Punktemo-dell beruhendes Betriebsrentensystem. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag [X.] vom 1.
März 2002 ([X.]) vereinbart.

Die neue Satzung der [X.] enthält Übergangsregelungen zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen [X.]. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen [X.] übertragen. Dabei werden zunächst die Versicherten, deren Versor-gungsfall noch nicht eingetreten ist, in [X.] und [X.] (Pflicht-)Versicherte unterschieden. Die Anwartschaften der [X.]n Versicherten werden weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und übertragen. Hingegen werden die Anwartschaften der [X.]n Versicherten nach den §§
78 Abs.
1 und 2, 79 Abs.
1 Satz
1 [X.] i.V.m.
§
18 Abs.
2 [X.] (in der Fassung des [X.] zur Änderung des [X.] der betrieblichen Altersversorgung vom 21.
Dezember 2000, BGBl.
I S.
1914; im Folgenden auch: [X.]) berechnet.

Die Bestimmung der Anwartschaften der am 1.
Januar 2002 bei-tragsfrei Versicherten, die am 1.
Januar 2002 nicht mehr pflichtversichert waren, ohne dass ein Anspruch auf Betriebsrente bestand, und die nicht als pflichtversichert gelten, ist in §
80 [X.] geregelt, der -
fast wort-gleich mit §
34 Abs.
1 [X.]
-
lautet:
2
3
4
-
4
-

"§ 80 Anwartschaften für am 1.
Januar 2002 beitragsfrei Versicherte

Die Anwartschaften der am 1.
Januar 2002 beitragsfrei Versicherten werden nach der am 31.
Dezember 2001 gel-

Die am 4.
Oktober 1954 geborene Klägerin, die zu den rentenfer-nen Jahrgängen gehört, war vom 1.
April 1975 bis zum 31.
August 1993 als Beschäftigte im öffentlichen Dienst insgesamt 151 Monate bei der [X.] pflichtversichert. Diese erteilte der Klägerin zum 31.
Dezem-ber 2001 gemäß §
80 [X.] i.V.m. §
44 [X.] a.[X.] eine Startgutschrift für beitragsfrei Versicherte in Höhe von 18,13 Versorgungspunkten (ent-sprechend einer monatlichen [X.] von 72,53

).

Die Klägerin meint, die ihr erteilte Startgutschrift lege den Wert ih-rer im früheren Gesamtversorgungssystem erlangten Anwartschaft nicht verbindlich fest. Sie hat die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ver-pflichtet sei, ihr eine Startgutschrift zu erteilen, deren Höhe wie die [X.] berechnet werde, hilfsweise aus dem [X.] der für sie entrichteten Beiträge und Umlagen, hilfsweise gemäß §
2 [X.]. Weiterhin hat sie beantragt festzustellen, dass
die Beklagte bei der Be-rechnung der Startgutschrift verpflichtet sei, die Entgelte gemäß §
43 [X.] a.[X.] bis zum 31.
Dezember 2001 zu dynamisieren und danach den Altersfaktor gemäß §
36 Abs.
3 [X.] n.[X.] anzuwenden. Hilfsweise hat sie beantragt festzustellen, dass die von der [X.] erteilte [X.] den Wert der von ihr bis zum 31.
Dezember 2001 erlangten [X.] auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalles zu leistende Be-triebsrente nicht verbindlich festlege.

5
6
-
5
-

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin im Übrigen dem zuletzt genannten Hilfsantrag stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des Berufungsur-teils
und Zurückweisung der Berufung, soweit dem Hilfsantrag der Kläge-rin stattgegeben worden ist.

[X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die der Klägerin er-teilte Startgutschrift unverbindlich. Ob die Erwägungen in dem [X.]sur-teil vom 14.
November 2007 ([X.], [X.]Z 174, 127) zur Berech-nung der Anwartschaften der [X.]n Versicherten auf die [X.] der beitragsfrei Versicherten übertragbar seien, könne [X.]. Jedenfalls sei die Übergangsregelung des §
80 [X.] schon wegen Intransparenz gemäß §
307 Abs.
1 Satz
2 i.V.m.
Satz
1, Abs.
3 Satz
2, §
310 Abs.
4 Satz
3 BGB unwirksam. Insbesondere der Umstand, dass die Frage der Bedeutung des vom [X.] als verfas-sungswidrig erkannten §
44a [X.] a.[X.] im Rahmen der Verweisung nicht verdeutlicht werde, verstoße gegen das [X.].

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsge-richt hat die der Klägerin erteilte Startgutschrift zu Unrecht für unverbind-lich erklärt.
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8
9
10
-
6
-

1. In vier Urteilen vom 29.
September 2010 ([X.], [X.], 63; [X.], juris; [X.], juris; [X.], juris) hat der [X.] grundsätzlich über die beitragsfrei Versicherten gemäß §
80 Satz
1 [X.] erteilten Startgutschriften entschieden.

a) Der [X.] hat §
80 Satz
1 [X.] nach dem maßgeblichen Ver-ständnis des durchschnittlichen Versicherten so ausgelegt, dass die [X.]en entsprechend der

für die Klägerin maßgeblichen Berech-nung der (einfachen) [X.] nach §
44 [X.] a.[X.] oder

bei unverfallbaren Anwartschaften

der (qualifizierten) [X.] gemäß §
18 Abs.
2 [X.]
n.[X.]
(in der ab dem 1.
Januar 2001 gelten-den Fassung) festgestellt werden ([X.]surteile
vom 29.
September 2010,
[X.], [X.], 63 Rn.
12
ff.; [X.], juris Rn.
12
ff.; [X.], juris Rn.
9
ff.; [X.], juris
Rn.
12
ff.).

b) Mit der Verweisung auf §
18 Abs.
2 [X.]
n.[X.] hielt die Über-gangsregelung des §
80 Satz
1 [X.] einer Rechtsprüfung nicht in vol-lem Umfang stand.
Da sie auf einer maßgeblichen Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien beruht, war dem [X.] eine Inhaltskontrolle nach den §§ 307
ff. BGB
verwehrt ([X.]surteile vom 29.
September 2010, [X.], [X.], 63 Rn.
22
f.;
[X.], juris
Rn.
22
f.; [X.], juris Rn.
19
f.; [X.], juris
Rn.
22
f.; jeweils m.w.[X.]). Im Rahmen der gebotenen Überprüfung anhand der [X.] und grundgesetzlichen Wertentscheidungen hat der [X.]
entschie-den, dass die Übergangsregelung für beitragsfrei Versicherte gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art.
3 Abs.
1 GG verstößt, soweit sie auf die Berechnung der [X.] nach §
18 Abs.
2 [X.] Bezug nimmt und daher ein Versorgungssatz von 2,25% für jedes volle 11
12
13
-
7
-

Jahr der Pflichtversicherung zugrunde zu legen ist ([X.]surteile vom 29.
September 2010, [X.], [X.], 63 Rn.
28
ff.; [X.], juris
Rn.
28
ff.; [X.], juris Rn.
25
ff.; [X.], juris
Rn.
28
ff. unter Bezugnahme auf das [X.]surteil vom 14.
November 2007 -
[X.], [X.]Z 174, 127 Rn.
128
ff.).

2. Ob die Übergangsregelung des §
80 Satz
1 [X.] auch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist, hat der [X.] in den Urteilen vom 29.
September 2010
offengelassen, weil es
darauf für die damals in Rede stehende Berechnung der qualifizierten [X.] gemäß §
18 Abs.
2 [X.]
n.[X.] nicht ankam ([X.]surteile vom 29.
September 2010, [X.], [X.], 63 Rn.
37; [X.], juris
Rn.
38; [X.], juris
Rn.
37).
Für die hier maßgebliche
Bezugnahme auf die Berechnung der einfachen [X.] nach §
44 [X.] a.[X.] ist diese Frage entscheidungserheblich
und
zu vernei-nen.

a) Da eine Inhaltskontrolle der Übergangsregelung des §
80 Satz
1 [X.] ausscheidet, kommt auch eine Überprüfung am Maßstab des [X.] gemäß §
307 Abs.
1 Satz
2 BGB nicht in Betracht.

b) Im Übrigen ist die in Rede stehende Übergangsregelung nicht intransparent.

[X.]) Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners [X.] klar und durchschaubar darzustellen ([X.]surteil vom 24.
März 1999

IV [X.], [X.]Z 141, 137, 143).
Der durchschnittliche Versi-14
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8
-

cherte kann §
80 Satz
1 [X.] entnehmen, dass darin nicht auf [X.], insbesondere nicht auf die §§
44 und 44a [X.] a.[X.] Bezug genommen wird, sondern nur auf die Berechnung der

einfa-chen oder qualifizierten

[X.] als solche und damit letzt-lich auf den Betrag, der sich für den jeweiligen beitragsfrei Versicherten errechnet, wenn die Voraussetzungen nach dem am [X.] maßgeblichen Satzungsrecht erfüllt sind (vgl. [X.]surteile vom 29.
Sep-tember 2010, [X.], [X.], 63 Rn.
14; [X.], juris
Rn.
14; [X.], juris Rn.
11; [X.], juris
Rn.
14). Die [X.] auf die "am 31.
Dezember 2001 geltende [X.]n-berechnung"
verdeutlicht, dass es sich um alle Vorschriften handeln soll, die an diesem Tag nach der Satzung der [X.] für die Berechnung der [X.] einschlägig waren.

bb) Zudem ist ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nicht schon dann gegeben, wenn der Versicherte keine oder nur eine [X.] Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Sinn des [X.] ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der [X.] von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Erst in der Gefahr, dass der Versicherte wegen unklar abgefasster Allgemei-ner Geschäftsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine un-angemessene Benachteiligung i.S. von §
307
Abs.
1
BGB
(vgl. [X.]sur-teile vom 17.
März 1999 -
IV ZR 218/97, [X.]Z 141, 153, 159; vom 23.
November 1994 -
IV ZR 124/93, [X.]Z 128, 54, 60
f.; [X.] NZA 2009, 538, 547 m.w.[X.]; [X.]E
122,
12, 18
f.
m.w.[X.]). Eine solche Gefahr ist hier weder dargelegt noch sonst erkennbar. Dass sich die Rechtsstel-lung der Klägerin durch die Verweisung verschlechtert, zeigt die Revisi-onserwiderung
nicht auf. Dagegen spricht bereits, dass sich die Über-18
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9
-

gangsregelung darauf beschränkt, den Inhalt einer früher maßgeblichen Berechnung festzuschreiben.

c) Schließlich begegnet die Übergangsregelung, soweit sie auf die

zur Berechnung der einfachen [X.] der Klägerin heran-gezogene

Bestimmung des §
44 [X.] a.[X.] verweist, keinen verfas-sungsrechtlichen Bedenken.
Dies hat der [X.] in den Urteilen vom 29.
September 2010 ([X.], [X.], 63 Rn.
27; [X.], juris
Rn.
27; [X.], juris Rn.
24; [X.], juris
Rn.
27) näher begründet. Bereits mit Urteil vom 14.
Januar 2004 ([X.], [X.], 453 unter [X.]) hat er entschieden, dass die Regelung des §
44 [X.] a.[X.] hinzunehmen ist (vgl. auch [X.]surteil vom 15.
Februar 2006 -
IV ZR 397/02, [X.], 684 Rn.
11). Soweit
sie für die [X.]nberechnung im Rahmen der Übergangsregelung herangezo-gen wird, ist eine abweichende Beurteilung nicht geboten. Dement-
19
-
10
-

sprechend hat der [X.] schon in seiner Entscheidung vom 28.
März 2007 ([X.], [X.], 1214 Rn.
10
ff.) die Berechnung einer auf §
80 Satz
1 [X.] i.V.m.
§
44 [X.] a.[X.] beruhenden Startgutschrift nicht beanstandet.

[X.] [X.]

[X.]

[X.] Dr.
Karczewski

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.11.2009 -
2 C 213/04 -

LG [X.], Entscheidung vom 24.09.2010 -
6 S 23/09 -

Meta

IV ZR 232/10

16.01.2013

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2013, Az. IV ZR 232/10 (REWIS RS 2013, 8999)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8999

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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