Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2013, Az. VII ZR 19/12

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2104

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 19/12
Verkündet am:

10. Oktober 2013

Seelinger-Schardt,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 9 Bg, § 24 (in der Fassung vom 9. Dezember 1976)
a)
Die in den [X.] Geschäftsbedingungen eines Ingenieurs enthaltene Verkürzung der Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche für auf Bauwerke bezogene Planungs-
und Überwachungsleistungen auf zwei Jahre ist auch
bei Verwendung gegenüber einer Juristischen Person des öffentlichen Rechts unwirksam.

BGB §
157 Ga, § 640

b)
Die Allgemeine Geschäftsbedingungen eines Ingenieurs
"Die Verjährung beginnt mit der Abnahme der letzten nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistung, spätestens mit Abnahme der in Leistungsphase
8 zu erbringenden Leistung, bei Leistungen nach [X.] der [X.] unter Einschluss auch der nach § 57 zu erbrin-genden Leistung der örtlichen Bauüberwachung"
enthält keine Vereinbarung einer Teilabnahme der
bis zur Leistungsphase
8 der §§
55 und 57 [X.] (in der Fassung der Bekanntmachung vom 4.
März 1991) zu erbringenden Leistungen (im [X.] an [X.], Urteil vom 11.
Mai
2006 -
VII
ZR
300/04, [X.], 1332 = NZBau 2006, 519).
[X.], Urteil vom 10. Oktober 2013 -
VII ZR 19/12 -
OLG Koblenz

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 10.
Oktober
2013
durch den
Richter Dr.
Eick, die Richterin
Safari Chabestari
und die Richter [X.], Dr.
Kartzke und Prof.
Dr.
Jurgeleit
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 22.
Dezember
2011 aufgeho-ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, eine Verbandsgemeinde, nimmt die Beklagte, eine Ingeni-eurgesellschaft, auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin schloss am 28.
Dezember
1994 mit der F.
GmbH einen Werkvertrag zur schlüsselfertigen Erstellung der von ihr nunmehr betriebenen kommunalen Kläranlage unter Vereinbarung einer fünfjährigen Gewährleis-tungsfrist. Die Hoch-
und Tiefbauarbeiten wurden am 1.
April
1996 abgenom-1
2
-
3
-
men; die maschinen-
und elektrotechnischen Einrichtungen am 1.
August
1996. Die Kläranlage ging am 1.
April
1996 in Betrieb.
Mit Ingenieurvertrag vom 19.
September/4.
Oktober
1994 beauftragte die Klägerin die Beklagte
mit den Leistungen entsprechend
den Leistungsphasen
5 bis 9
der §§
55 und 57 [X.] (in
der Fassung der Bekanntmachung vom 4.
März
1991). Das von der Beklagten gestellte Vertragsformular sah in §
12

Verjährung
-
folgende Alternativen vor:
12.1
Die Verjährungsfrist wird auf zwei Jahre festgesetzt.
12.2
Die Verjährungsfrist wird auf

Jahre festgesetzt, längstens aber fünf Jahre.
Die Klägerin hat das ihr von der Beklagten zugeleitete, bereits unter-zeichnete [X.], in dem der Text zu 12.2 "ausgeixt"
war, gegenge-zeichnet und an die Beklagte zurückgeleitet. In dem von ihr dem Gericht vorge-legten zweiten [X.] hat der [X.] zu 12.1 und 12.2 keine Veränderung erfahren.
In das Vertragsverhältnis der Parteien wurden auch die von der [X.] gestellten [X.] Vertragsbestimmungen
zum Ingenieurvertrag ([X.]) einbezogen, die in §
5 -
Verjährung/Gewährleistungs-/Haftungsdauer
-
Folgen-des bestimmen:
(1)
Ansprüche des Auftraggebers gegen den Ingenieur, gleich aus welchem Rechtsgrund, verjähren mit Ablauf von zwei Jahren, sofern vertraglich [X.] andere Frist vereinbart wird, längstens aber in fünf Jahren. [X.] die Ansprüche des Auftraggebers gegen die übrigen an der Planung und Ausführung des Objekts/der Objekte Beteiligten zu einem früheren Zeit-punkt, so endet auch die Verjährungsfrist für alle Ansprüche des [X.] im Zusammenhang mit Leistungen aus diesem Vertrag zum glei-3
4
5
-
4
-
chen Zeitpunkt. Das gilt nicht, wenn der Ingenieur den Mangel arglistig verschwiegen hat.
(2)

(3)
Die Verjährung beginnt mit der Abnahme der letzten nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistung, spätestens mit Abnahme der in Leistungspha-se
8 zu erbringenden Leistung, bei Leistungen nach Teil
VII [X.] unter Einschluss auch der nach §
57 zu erbringenden Leistung der örtlichen Bauüberwachung, §
3 (2) [X.]
bleibt unberührt.
(4)
Für Leistungen, die danach zu erbringen sind, beginnt die Verjährung mit Abnahme der letzten Leistung.
Die Klägerin hat die Schlussrechnung der Beklagten, in der auch die Vergütung für die Leistungsphase
9 geltend gemacht wurde, am 27.
Febru-ar
1998 beglichen.
Am 19.
Dezember
2001 beantragte die Klägerin wegen Mängeln der Kläranlage die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die [X.] und die Beklagte. Die Antragsschrift wurde der Beklagten am 2.
Janu-ar
2002 zugestellt. Mit Beschluss vom 3.
Dezember
2007 wurde den Beteiligten eine Frist zur Stellungnahme zu dem letzten Ergänzungsgutachten von sechs Wochen gesetzt, die antragsgemäß bis 30.
Januar
2008 verlängert
wurde. Eine Stellungnahme ging nicht mehr ein.
Im Hinblick auf
in dem selbständigen Be-weisverfahren festgestellte, der Beklagten angelastete Mängel
verlangt die Klä-gerin Ersatz ihrer bisherigen Aufwendungen zur Mängelbeseitigung und die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für weiter erforderlich werdende Aufwendungen.
Die Klägerin hat mit Klageschrift vom 18.
Juli
2005, der Beklagten [X.] am 26.
Juli
2005, Klage gegen die Beklagte mit dem Antrag erhoben, fest-6
7
8
-
5
-
zustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden einschließlich et-waiger Wertminderung der Kläranlage zu ersetzen, die durch mangelhafte Pla-nung und Bauaufsicht entstanden sind. Im Hinblick auf das
anhängige selb-ständige Beweisverfahren hat das [X.] mit Beschluss vom 5.
De-zember
2005
das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens hat die Klägerin den Rechtsstreit mit am 24.
Juni
2008 eingegangenem Schriftsatz wieder
aufgenommen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt, die Beklagte zu verur-teilen, an sie 883.383,17

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus im Einzelnen bezeichneten Mängeln noch entstehen werde. Das [X.] hat die [X.] unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin 499.652,32

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage im Hinblick auf die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Auf das Schuldverhältnis der Parteien ist
unter Berücksichtigung der für die Verjährung geltenden Übergangsvorschriften in Art.
229 §
6 EGBGB das 9
10
11
12
-
6
-
Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung anwendbar, die für bis zum 31.
Dezember
2001 geschlossene Verträge gilt (Art.
229 §
5 Satz
1 EGBGB), das Gesetz zur Regelung des Rechts der
[X.] Geschäftsbedingungen in der bei Vertragsschluss
gültigen Fassung.

I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, sämtliche Ansprüche der Klä-gerin seien verjährt. Die Parteien hätten wirksam eine zweijährige Gewährleis-tungsfrist vereinbart. Die spätestens ab
27. Februar 1998 laufende Frist sei bei Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens bereits verstrichen gewesen.
Die Klägerin sei durch die von der Beklagten vorgegebenen [X.]n im Sinne von §
9 [X.] nicht unangemessen benachteiligt
worden. Zwar komme einem strikten [X.]verbot des §
11 [X.] im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §
9 [X.] Indizwirkung für die Unwirksamkeit der [X.] auch im [X.] Geschäftsverkehr zu. Dementsprechend habe der [X.] die Vereinbarung einer verkürzten Verjährung bei Bauwerken nach §
638 Abs.
1 BGB durch Allgemeine Geschäftsbedingungen des Unternehmers auch im kaufmännischen Verkehr als unwirksam angesehen. Ob dies auch für Architekten-
und Ingenieurverträge mit einer juristischen Person des öffentli-chen Rechts gelte, sei allerdings

soweit ersichtlich
-
höchstrichterlich noch nicht entschieden.
Die Frage nach der Unwirksamkeit einer die Verjährung verkürzenden [X.] könne nicht schematisch bejaht werden. Denn dies liefe praktisch [X.] hinaus, §
11 Nr.
10f [X.] über §
24 Satz
2 i.V.m. §
9 [X.] stets [X.], obwohl dies gemäß §
24 Satz
1 Nr.
2 [X.] gerade ausgeschlossen 13
14
15
-
7
-
sei. Daher sei eine differenzierende Betrachtung, Prüfung und Würdigung sämt-licher Umstände des Einzelfalls geboten. Die gerichtliche Kontrolle von [X.] Geschäftsbedingungen diene dazu, die fehlende oder unzureichende Verhandlungsmacht
des Vertragspartners des Verwenders zu kompensieren. Je stärker die Verhandlungsmacht des Vertragspartners des Verwenders sei, umso weniger werde man eine treuwidrige und unangemessene Benachteili-gung annehmen können. Die Klägerin habe sich der Beklagten gegenüber in einer Position überlegener Verhandlungsmacht befunden. Bauaufträge des Staates und der Gebietskörperschaften seien begehrt. In dem von der Klägerin vorgelegten, von ihrem Bürgermeister unterzeichneten [X.] sei die formularmäßig vorgegebene Zeile unter §
12.2 nicht durchgestrichen. Das verdeutliche, dass der Klägerin seinerzeit zwei in der [X.] vonei-nander abweichende Vertragsangebote unterbreitet worden seien. Die unter dem 4.
Oktober 1994 getroffene Entscheidung des Bürgermeisters, das [X.] mit der zweijährigen Verjährungsfrist anzunehmen, sei einem "Aushandeln im Einzelnen" zumindest angenähert. Es könne nach all dem nicht davon ausgegangen werden, dass das von der Beklagten vorgegebene [X.] mit einer freien Entscheidungsoption zur maßgeblichen Verjährungsfrist die Klägerin unangemessen benachteilige.
Die wirksam vereinbarte zweijährige Verjährungsfrist habe spätestens mit der vorbehaltlosen Zahlung der Schlussrechnung der Beklagten am 27.
Februar
1998 begonnen, da darin die Abnahme der bis zur
Leistungspha-se
8 zu erbringenden
Leistungen
gelegen habe. Die Verjährung sämtlicher [X.] der Klägerin sei daher im Jahre 2000 eingetreten, so dass das Ende 2001 eingeleitete selbständige Beweisverfahren eine Unterbrechung der [X.] nicht mehr habe bewirken können. Auf Überlegungen zur Sekundärhaf-tung der
Beklagten komme es nicht an, weil weder dargetan noch ersichtlich 16
-
8
-
sei, dass die Klägerin als juristische Person des öffentlichen Rechts einer Be-lehrung über die maßgeblichen Haftungs-
und [X.]n bedurft habe.

II.
Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die vom Berufungsge-richt getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Abweisung der Klage wegen Verjährung der geltend gemachten Ansprüche.
1. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts ist die Verkürzung der Verjährungsfrist
in §
5 Abs. 1

[X.] und § 12.1 des Vertrags auf zwei Jahre für alle Ansprüche gemäß §
9 [X.] unwirksam,
und zwar sowohl hinsichtlich der fünfjährigen Gewährleistungsfrist bei Bauwerken als auch hinsichtlich der bei Vertragsschluss maßgeblichen 30-jährigen Verjährungsfrist bei positiver Vertragsverletzung.
a) Die Beklagte hat unstreitig das Vertragsformular und die [X.] Vertragsbestimmungen zum Ingenieurvertrag gestellt. Bei §
12.1 und § 12.2 des Vertrags sowie §
5 der [X.] handelt es sich um vorformulierte [X.], die für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt sind und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der [X.] mit den durch §
12.1 und §
12.2 eingeräumten Alternati-ven die Möglichkeit vorsieht, durch Streichung
der [X.]
§ 12.1 und Ergän-zung
von
§
12.2 auf die Gewährleistungsfrist einzuwirken (vgl. [X.], Urteil vom 9.
April
1987 -
III
ZR
84/86, NJW 1987, 2011; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9.
Aufl., §
1 Rn.
53), jedenfalls solange von der Möglichkeit in §
12.2 nicht Gebrauch gemacht wird. Auch die Eröffnung von [X.] zwischen mehreren vorformulierten Vertragsbedingungen macht die vom 17
18
19
-
9
-
Vertragspartner gewählte Alternative grundsätzlich noch nicht zur Individualab-rede ([X.], Urteil vom 7.
Februar
1996 -
IV
ZR
16/95, NJW 1996, 1676, 1677).
b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Umständen,
aus denen das Berufungsgericht einen
dem "Aushandeln im Einzelnen"
angenäherten Sachverhalt entnehmen will. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass dem Bürgermeister der Klägerin zwei in der [X.] voneinander abwei-chende Vertragsangebote unterbreitet worden seien, von denen er in freier Ent-scheidung dasjenige mit der zweijährigen Verjährungsfrist angenommen habe.
Zu dieser Annahme ist das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft gelangt. Das Berufungsgericht durfte, wie die Revision zu Recht rügt,
nicht ohne einen vorhe-rigen Hinweis an die Parteien davon ausgehen, dass die Klägerin von den bei-den ihr übersandten unterschiedlichen [X.]en bewusst dasjenige mit dem
"ausgeixten" §
12.2 ausgewählt habe. Denn weder hatte die Beklagte behauptet, der Klägerin zwei unterschiedliche [X.]e zur Auswahl übersandt zu haben, noch war im Rechtsstreit die unterschiedliche vertragliche Gestaltung der beiden [X.] thematisiert worden. Dieser Umstand ist dem Berufungsgericht vielmehr
erst nach dem 12.
Dezember
2011 aufgefal-len, nachdem die für die Parteien bestimmte Frist zur Einreichung von Schrift-sätzen verstrichen war. Das Gericht darf bei seiner Entscheidung nicht auf ei-nen Gesichtspunkt abstellen, den eine oder beide Parteien übersehen haben, ohne sie gemäß §
139 ZPO darauf hinzuweisen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Es stellt
einen Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs dar, wenn das Gericht dem nicht Rechnung
trägt ([X.], Beschlüsse vom 16.
Mai 2013 -
VII
ZR
63/11, [X.], 1439 Rn 7
f. = [X.], 491
und vom 1.
Februar
2007 -
V
ZR
200/06, NJW-RR 2007, 1221 m.w.N.). Im Üb-rigen
wird eine [X.] in [X.] Geschäftsbedingungen eines von dem Vertragspartner des Verwenders angenommenen Angebots nicht dadurch zu einer individuell ausgehandelten Vertragsbedingung, dass der Vertragspartner 20
-
10
-
des Verwenders auch ein ihm unterbreitetes Alternativangebot mit [X.] hätte annehmen können.

c) Gemäß §
11 Nr.
10f [X.] (in
der Fassung vom 22. Dezember 1989) ist eine Bestimmung unwirksam, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und Leistungen die gesetzlichen Gewährleistungsfristen verkürzt werden. Gemäß §
24 Satz
1 [X.] (in der
Fassung
vom 9.
De-zember
1976) findet diese Vorschrift keine Anwendung auf Allgemeine Ge-schäftsbedingungen, die gegenüber [X.] verwendet werden, wenn der Vertrag zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehört, und auch nicht ge-genüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen. Gemäß §
24 Satz
2 [X.] ist §
9 [X.] (in der
Fassung vom 9. Dezember 1976) in diesen Fällen auch insoweit anzuwenden, als dies unter anderem zur Unwirksamkeit von in §
11 [X.] ge-nannten Vertragsbestimmungen führt. Dem strikten [X.]verbot des §
11 Nr.
10f [X.] kommt nach der Rechtsprechung des [X.] im Rahmen des §
9 [X.] Indizwirkung für die Unwirksamkeit einer entsprechen-den [X.] zu. Dies hat der [X.] bereits 1984 (Urteil vom 8.
März
1984

VII
ZR 349/82, [X.]Z 90, 273, 278) für die Verwendung einer solchen [X.] gegenüber Kaufleuten entschieden. Dies gilt auch für die [X.] der Gewährleistungsfrist für auf Bauwerke bezogene Planungsleistun-gen in den [X.] Geschäftsbedingungen eines Ingenieurs ([X.], Urteil vom 3.
Dezember
1998 -
VII
ZR
109/97, [X.], 670
= [X.] 1999, 187). Ebenso hat der [X.] die gegenüber einem Landkreis verwendete [X.], mit der die gesetzliche Verjährungsfrist für Arbeiten an einem Bauwerk von fünf auf zwei Jahre verkürzt wurde, als gemäß §
9 [X.] unwirksam ange-sehen ([X.], Urteil vom 23.
Januar
2002
-
X
ZR
184/99, [X.], 387, 388). Nichts anderes hat zu gelten, wenn in einem mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts geschlossenen Ingenieurvertrag die [X.]
-
11
-
frist für auf Bauwerke bezogene Planungs-
und Überwachungsleistungen in den [X.] Geschäftsbedingungen eines Ingenieurs auf zwei Jahre verkürzt wird.
Die Verkürzung der Gewährleistungsfrist für Arbeiten bei Bauwerken von fünf auf zwei Jahre in [X.] Geschäftsbedingungen eines Unternehmers, Architekten oder Ingenieurs benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders in aller Regel deshalb entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unange-messen, weil bereits die fünfjährige Gewährleistungsfrist verhältnismäßig kurz ist ([X.], Urteil vom 8.
März
1984 -
VII
ZR
349/82, [X.]Z 90, 273, 277). Bei Bauwerken treten Mängel, auch besonders schwerwiegende,
oftmals erst nach Jahren hervor und können auch dann erst nach einer einige Zeit in Anspruch nehmenden
Prüfung der Ursachen und der Verantwortlichkeit geltend gemacht werden. Die Gewährleistungsfristen im Werkvertragsrecht berücksichtigen nur die Zeiträume, in denen gewöhnlich Mängel auftreten. Eine Verkürzung dieser Gewährleistungsfristen benachteiligt den Auftraggeber daher im Hinblick auf zunächst verborgene Mängel unangemessen. Insoweit werden Kaufleute im Betrieb ihres Handelsgewerbes von Bauwerksmängeln, auch solchen, die aus Planungs-
oder Überwachungsfehlern resultieren, nicht weniger betroffen als Nichtkaufleute (vgl. [X.], Urteil vom 8.
März
1984
-
VII
ZR
349/82, aaO, 278). Ein anderer Maßstab ist auch gegenüber einem öffentlichen Auftraggeber nicht anzuwenden. Auch Mitarbeiter und Bedienstete von Gebietskörperschaften sind im [X.] nicht imstande, verborgene Bau-
und/oder Planungs-
und Überwachungsmängel früher zu erkennen als ein privater Auftraggeber oder dessen Mitarbeiter.
d) §
5 Abs. 1
[X.] verkürzt nicht nur die fünfjährige Gewährleistungsfrist auf zwei Jahre, sondern bestimmt, dass alle Ansprüche des Auftraggebers, gleich aus welchem Rechtsgrund, mit Ablauf von zwei Jahren verjähren. Dies 22
23
-
12
-
betrifft, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, auch Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung, beispielsweise Ansprüche aus der Verletzung von Untersuchungs-
und Beratungspflichten, die nach der bis 31.
Dezember
2001 bestehenden Rechtslage nach der Regelverjährungsfrist des §
195 BGB von 30
Jahren verjährten (vgl. [X.], Urteil vom 26.
Oktober
2006
-
VII
ZR
133/04, [X.], 423, 425 =
NZBau 2007, 108 m.w.N.). Es bedarf keiner näheren Begründung, dass eine Verkürzung der Verjährungsfrist von 30 auf zwei Jahre auch gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts unangemes-sen ist.
e) Die vom Berufungsgericht für seine abweichende Auffassung aufge-führten Gründe greifen nicht.
aa) Soweit das Berufungsgericht annimmt, die Frage nach der [X.] einer die Verjährung verkürzenden [X.] könne nicht schematisch
bejaht werden, es sei vielmehr eine differenzierende Betrachtung, Prüfung und Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls geboten, setzt sich das [X.] in Widerspruch zur Rechtsprechung des [X.]. [X.] ist bei der Inhaltskontrolle nicht auf die konkreten Umstände des Einzel-falls, sondern auf eine überindividuell generalisierende und typisierende Be-trachtungsweise abzustellen ([X.], Urteile
vom 13.
Dezember
2001

I
ZR
41/99, NJW 2002, 1713, 1715; vom 9.
Februar
1990
-
V
ZR
200/88, [X.]Z 110, 241, 244).
bb) Auch soweit das Berufungsgericht bei der von ihm geforderten diffe-renzierenden Betrachtung, Prüfung und Würdigung lediglich auf den Umstand abstellen will, dass die Klägerin als juristische Person öffentlichen Rechts [X.] Aufträge zu vergeben habe, sind die von ihm herangezogenen Umstän-24
25
26
-
13
-
de nicht geeignet, eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin durch Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist zu widerlegen.
Das Gesetz zur Regelung des Rechts der [X.] Geschäftsbedin-gungen bezweckt nicht nur einen Schutz des schwächeren Vertragspartners und einen Ausgleich wirtschaftlichen Machtgefälles, sondern will die einseitige Ausnutzung der vom Verwender der [X.] Geschäftsbedingungen in Anspruch genommenen Vertragsgestaltungsfreiheit verhindern ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], aaO, Einl. Rn.
28). Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Vertragspartner des Verwenders aufgrund seiner Verhand-lungsmacht die Möglichkeit gehabt hätte, für ihn günstigere, der Gesetzeslage entsprechende Vereinbarungen zu treffen.
2. Das Berufungsgericht ist weiterhin rechtsfehlerhaft davon ausgegan-gen, dass die Klägerin die bis zur Leistungsphase
8 zu erbringenden Leistun-gen spätestens mit der vorbehaltlosen Zahlung der Schlussrechnung der [X.] am 27.
Februar 1998 konkludent abgenommen habe.
a) Wird ein Architekt mit Architektenleistungen einschließlich solchen der Leistungsphase
9 des §
15 [X.] beauftragt, hat er seine Leistungen vertrags-gemäß erst erbracht, wenn auch die Leistungen gemäß Leistungsphase
9 erfüllt
sind ([X.], Urteile vom 10.
Februar 1994 -
VII
ZR
20/93, [X.]Z 125, 111, 114
und vom 20.
Oktober
2005 -
VII
ZR
155/04, [X.], 396, 397
= NZBau 2006, 122). Gleiches gilt für einen Ingenieur, der mit Leistungen gemäß §
55 [X.] einschließlich Leistungsphase
9 beauftragt ist. In beiden Fällen gehört zu den von dem Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen die Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor Ablauf der Gewährleistungsfristen aus den [X.] mit den am Bau Beteiligten. Erst damit ist seine Leistung abnahmereif und kommt eine Billigung der Ingenieurleistung als vertragsgemäß in Betracht 27
28
29
-
14
-
([X.], Urteil vom 20.
Oktober
2005 -
VII
ZR
155/04, aaO). Bei Beauftragung mit Leistungen einschließlich Leistungsphase
9 des §
55 [X.] kann daher eine Abnahme grundsätzlich erst angenommen werden, wenn auch die dieser Leis-tungsphase entsprechenden Leistungen erbracht sind. Rechnet der Ingenieur daher in einem solchen Fall bereits nach Abschluss der Leistungen bis Leis-tungsphase
8 sein bis dahin verdientes Honorar oder gar sein insgesamt zu [X.] Honorar einschließlich Leistungsphase
9 ab, kann in der vor-zeitigen Bezahlung eine konkludente Abnahme der insgesamt zu erbringenden Leistungen durch den Auftraggeber nicht gesehen werden (vgl. [X.], Urteile vom 20.
Oktober
2005
-
VII
ZR
155/04 und vom 10.
Februar
1994

VII
ZR
20/93, jeweils aaO). Auch als konkludente Teilabnahme der bis zur Leistungsphase 8 erbrachten Leistungen kann die Bezahlung einer solchen Rechnung grundsätzlich nicht gewertet werden ([X.], Urteil vom 11.
Mai
2006

VII
ZR
300/04, [X.], 1332, 1333
= NZBau 2006, 519). Eine Teilabnah-me setzt grundsätzlich eine vertragliche Vereinbarung voraus, in der der Wille des Bauherrn zur Vorwegabnahme wegen der schwerwiegenden
Folgen der Abnahme klar zum Ausdruck kommen muss (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Mai
2006 -
VII
ZR
300/04, aaO). Eine solche, auch in [X.] Geschäftsbedingungen mögliche Vereinbarung ([X.], Beschluss vom 5.
April
2001 -
VII
ZR
161/00,
[X.] 2001, 1928, 1929), haben die Parteien in §
5 Abs.
3 [X.] nicht getroffen. Diese [X.] legt den Beginn der Verjährungsfrist für den Fall einer Abnahme der bis zur Leistungsphase
8 zu erbringenden Leistungen
fest; eine Verpflich-tung zu einer Teilabnahme wird
damit jedoch nicht begründet (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Mai
2006 -
VII
ZR
300/04, aaO zu einer vergleichbaren [X.]). Mit der Formulierung in §
5 Abs.
3 [X.] wird damit keine Teilabnahme geregelt, sondern
der Beginn der Verjährung, sofern eine solche stattgefunden hat
([X.], Urteil vom 11.
Mai
2006
-
VII
ZR
300/04, aaO
Rn. 13 bei juris; [X.] in [X.]/[X.],
Kompendium des Baurechts, 3.
Aufl., 12. Teil Rn.
402).
-
15
-
b) Eine Abnahme der Leistungen der Beklagten kam damit erst mit [X.] der Leistungen gemäß Leistungsphase
9 in Betracht. Die mit der F.
GmbH vereinbarte fünfjährige Gewährleistungsfrist lief frühestens mit dem 31.
März
2001 ab. Die Begehung zur Erbringung der Leistungen gemäß [X.] konnte erst kurz vor Ablauf dieser Gewährleistungsfrist und damit erst Anfang 2001 erfolgen. Dementsprechend konnte die Gewährleistungsfrist für die Ingenieurleistungen auch erst zu diesem Zeitpunkt in Gang gesetzt wer-den. Diese Frist wurde durch die Zustellung der Antragsschrift in dem selbstän-digen Beweisverfahren an die Beklagte am 2.
Januar 2002 gehemmt. Die Ge-währleistungsansprüche der Klägerin
gegen die Beklagte waren daher
entge-gen der Auffassung des Berufungsgerichts zu diesem Zeitpunkt auch aus die-sem Grund nicht verjährt.

3. Das Berufungsurteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist [X.] und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

III.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes
hin:
Soweit es noch darauf ankommen sollte, wird das Berufungsgericht sei-ne Überlegungen zur Sekundärhaftung der Beklagten zu überprüfen haben.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Anwendung der zur Sekun-därhaftung des Architekten aufgestellten Grundsätze ([X.], Urteile
vom 16.
März
1978
VII
ZR
145/76, [X.]Z 71, 144, 148; vom 27.
September
2001

VII
ZR
320/00, [X.], 108 =
[X.], 42; vom 23.
Juli
2009

VII
ZR
134/08, [X.], 1607 Rn. 11
ff. =
[X.], 789) nicht auf den 30
31
32
33
34
-
16
-
Architekten beschränkt. Sie gelten auch für den umfassend, jedenfalls einen
mit Planungs-
und Überwachungsleistungen beauftragten Ingenieur, der mit der Errichtung eines Ingenieurbauwerks, §
51 Abs.
1 [X.], betraut wurde ([X.], Urteil vom 28.
Juli
2011
VII
ZR
4/10, [X.], 1840, 1841
=
NZBau 2011, 691; [X.] in [X.]/[X.], aaO, 12.
Teil Rn.
511). Ein solcher Ingenieur ist verpflichtet, für die Mängelfreiheit des Bauwerks zu sorgen und dem Besteller auch nach Fertigstellung des Bauwerks bei der Untersuchung und Behebung eines Baumangels zur Seite zu stehen. Als Sachwalter des Bauherrn schuldet er die unverzügliche und umfassende Aufklärung der Ursachen sichtbar gewor-dener Mängel des Ingenieurbauwerks sowie die sachkundige Unterrichtung des Bauherrn vom Ergebnis der Untersuchung und der sich daraus ergebenden Rechtslage ([X.], Urteil vom 26.
Oktober
2006
VII
ZR
133/04, [X.], 423, 424
=
NZBau 2007, 108). Dies gilt selbst dann, wenn ein Mangel seine Ursache (auch)
in Planungs-
oder Aufsichtsfehlern des Ingenieurs hat. Verletzt der
Ingenieur schuldhaft diese Untersuchungs-
und Beratungspflicht, ist er we-gen positiver Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet. Der [X.] geht dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten werkvertraglichen Ansprüche als nicht eingetreten gilt (vgl. [X.], Urteile vom 26.
September
1985
VII
ZR
50/84, [X.], 112, 113 = [X.] 1986, 17 und vom 15.
April
2004
VII
ZR
397/02, [X.], 1171, 1172 =
NZBau 2004, 396). Das Berufungsgericht hat keine tatsächlichen Umstände festgestellt, die

-
17
-
die Annahme rechtfertigen könnten, die Klägerin habe einer solchen Aufklärung und Beratung hinsichtlich der aufgetretenen Mängel durch die fachkundige [X.] nicht bedurft.
Eick
Safari Chabestari
[X.]

Kartzke

Jurgeleit
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.02.2011 -
9 O 241/05 -

OLG Koblenz, Entscheidung vom 22.12.2011 -
5 [X.] -

Meta

VII ZR 19/12

10.10.2013

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2013, Az. VII ZR 19/12 (REWIS RS 2013, 2104)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2104

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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