Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2012, Az. IV ZR 213/11

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 153

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGER[X.]CHTSHOF

[X.]M NAMEN DES VOLKES

URTE[X.]L
[X.]V ZR 213/11

Verkündet am:

19. Dezember 2012

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

BGHZ: nein

BGHR: ja

AVB Rechtsschutzversicherung (hier §
5 Abs.
3b [X.])

Ein für das Eingreifen von §
5 Abs.
3b [X.] erforderliches Kostenzugeständnis des Versicherungsnehmers liegt nicht vor, wenn im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung [X.] vereinbart wird und ein materiell-rechtlicher [X.]sanspruch gegen den Gegner nicht bestand (Fortführung von Senatsurteil vom 25.
Mai 2011
[X.]).

BGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 -
[X.]V ZR 213/11 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der [X.]V.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
im schriftlichen Verfahren aufgrund der bis zum 30.
November 2012 eingereichten Schriftsätze

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 30. September 2011 wird auf Kosten der Klägerin
zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Rückzahlung eines Teils einer von ihr er-brachten Versicherungsleistung.

Die Beklagte unterhält bei der Klägerin eine Rechtsschutzversiche-rung, der die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversiche-rung ([X.]) zugrunde liegen. Darin heißt es in §
5 Abs.
3b:

"Der Versicherer trägt nicht Kosten, die im Zusammenhang mit einer einverständlichen Erledigung entstanden sind, soweit sie nicht dem Verhältnis des vom Versicherungs-nehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen, es sei denn, dass eine hiervon abweichende Kostenverteilung gesetzlich vorgeschrieben ist."
1
2
-
3
-

Die Klägerin erteilte der Beklagten eine Deckungszusage "für das Verfahren in [X.] [X.]nstanz" zur Durchsetzung eines Anspruchs gegen eine Bausparkasse auf Auszahlung eines Bauspardarlehens von 28.000

Der von der Beklagten mit der Geltendmachung dieses Anspruchs beauftragte Rechtsanwalt erreichte als einvernehmliche Lösung noch vor
einer Klageerhebung die Auszahlung eines so genannten Zwischendar-lehens von 18.000

Gebühren in Höhe von 3.451,48

r-schuss bereits einen Betrag von 2.698

Sie vertritt nunmehr unter Berufung auf §
5 Abs.
3b [X.] die [X.], dass sie lediglich 37,5% der angefallenen Rechtsanwaltsgebüh-ren, mithin 1.294,30

u-ßergerichtlichen Vergleich
(ausgehend von einem Erfolg
in Höhe von 17.500

nur mit diesem Prozentsatz unterlegen sei, und begehrt unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung die Rückzahlung des Differenzbetrages von 1.403,70

Das Amtsgericht hat der Klage bis auf einen Teil des geltend
ge-machten [X.] stattgegeben; das [X.] hat die Klage ab-gewiesen. Dagegen wendet sich die Revision der Klägerin, die die [X.] des amtsgerichtlichen Urteils begehrt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.
3
4
5
6
7
-
4
-

[X.] Das Berufungsgericht
hat ausgeführt, dass sich der geltend ge-machte Anspruch nur aus § 5 Abs. 3b [X.] ergeben könne, diese Be-stimmung aber wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot des §
307 Abs.
1 Satz 2 BGB unwirksam sei, weil die Klausel dem
durch-schnittlichen Versicherungsnehmer den mit ihr bezweckten [X.] Ausschluss eines Versicherungsschutzes angesichts ihres undeutli-chen Wortlauts verschleiere.

[X.][X.] Dies hält rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.

Die Klägerin hat den zurückgeforderten Betrag schon deshalb nicht ohne Rechtsgrund geleistet, weil die Voraussetzungen der Ausschluss-klausel des §
5 Abs.
3b [X.]
von ihr
nicht dargetan sind.

1. Allerdings erfasst die Klausel auch außergerichtliche Vergleiche.
Dies ergibt sich aus ihrem Zweck, der darin besteht zu verhindern, dass der Versicherungsnehmer bei den Verhandlungen über die Einigung "un-nötige" Zugeständnisse im Kostenpunkt zu Lasten des Rechtsschutzver-sicherers macht, um vom Gegner weitere Zugeständnisse in der [X.] zu erhalten (Senatsurteile vom 25.
Mai 2011

[X.], [X.], 1005
Rn.
12; vom 25. Januar 2006

[X.], [X.], 404
Rn.
20
f.; vom 16. Juni 1977

[X.], [X.], 809 unter [X.] 1).

2. Sie greift aber
mangels eines zweckwidrigen
Kostenzugeständ-nisses nicht ein.

8
9
10
11
12
-
5
-

a) Risikoausschlussklauseln sind eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Der durchschnittliche Versiche-rungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versi-cherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeut-licht. Danach ist für ein Eingreifen des hier in Rede stehenden [X.] aus der maßgeblichen
Sicht des Versicherungsneh-mers jedenfalls erforderlich, dass er zu Lasten des Versicherers

aus-drücklich oder konkludent

Kostenzugeständnisse gemacht hat. Davon ist auszugehen, wenn die Kostenlast zu seinem Nachteil von der ange-sichts der Obsiegensquote objektiv gebotenen Kostenverteilung ab-weicht. Anderenfalls würde das in § 1 [X.] gegebene [X.], dafür zu sorgen, dass der Versicherungs-nehmer seine rechtlichen [X.]nteressen wahrnehmen kann,
und die für die [X.]nteressenwahrnehmung erforderlichen Kosten zu tragen, ausgehöhlt
(Senatsurteil vom 25.
Mai 2011

[X.], [X.], 1005 Rn
17 f.).

b)
Ein solches Kostenzugeständnis ist nicht ersichtlich.

aa) Dabei ist von einer zumindest konkludent vereinbarten Kosten-aufhebung in dem Vergleich mit der Bausparkasse auszugehen. Die [X.] selbst hat dazu
vorgetragen, es sei Bestandteil der Einigung ge-wesen, dass die Bausparkasse keine Kosten übernimmt.

bb) Hierin ist aber schon deshalb kein Kostenzugeständnis zu se-hen, weil der Beklagten kein materieller Kostenerstattungsanspruch ge-gen die Bausparkasse zustand, den sie ohne die getroffene Kostenrege-lung hätte durchsetzen können.
13
14
15
16
-
6
-

(1) Besteht unbeschadet der Einigung keine Möglichkeit, hinsicht-lich des außergerichtlich durchgesetzten Hauptanspruchs auch eine an-teilige Kostenerstattung zu verlangen, so liegt in einer Einigung ohne die Vereinbarung entsprechender Kostenerstattung kein Zugeständnis. [X.] ändert es nichts, wenn man fingiert, dass die materielle Rechtslage der in der Hauptsache erzielten Einigung entspricht, woran
die Regelung des
§
5 Abs. 3b [X.] möglicherweise
anknüpft, indem sie für die Kos-tentragungspflicht auf
das Verhältnis des Obsiegens zum ursprünglichen Begehren abstellt. Dies ist ersichtlich an die Regelung des §
92
ZPO [X.].

Außerhalb eines Gerichtsverfahrens mit der prozessualen Kosten-tragungspflicht nach Maßgabe der §§ 91 ff. ZPO besteht indessen [X.] in allen Fällen zugleich ein materieller Kostenerstattungsan-spruch. Dieser setzt vielmehr einen
besonderen Rechtsgrund
voraus. Neben den Fällen, in denen die entstandenen Kosten sich als Teil eines zuvor begründeten Schadensersatzanspruchs darstellen, kommt hierfür insbesondere Verzug in Betracht. Von einem Kostenzugeständnis zu Lasten des Versicherers kann aber nur ausgegangen werden, wenn ein solcher materieller Anspruch ganz oder teilweise aufgegeben wird. Das Leistungsversprechen aus §
1 [X.] wäre entwertet, wenn die voll-ständige oder überwiegende Durchsetzung eines Anspruchs, für den De-ckungsschutz besteht, gerade in den Fällen, in denen eine [X.] vom Gegner nicht verlangt werden kann, auch den Anspruch gegen den Rechtsschutzversicherer entfallen ließe.

(2) [X.]m Streitfall war ein Kostenerstattungsanspruch der Beklagten gegen die Bausparkasse nicht gegeben. Dies ergibt sich daraus, dass 17
18
19
-
7
-

die Bausparkasse sich unstreitig nicht in Verzug mit der Bereitstellung eines Darlehens befunden hatte. Die Beklagte hat insoweit
vorgetragen, dass der von ihr verfolgte Anspruch mangels einer wirksamen und recht-lich nachweisbaren Darlehenszusage nicht bestanden habe, eine ent-sprechende Klage keinen Erfolg gehabt hätte und die Bausparkasse
das schließlich vereinbarte Zwischendarlehen nur aus Kulanz gewährt habe. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten; sie hat dies lediglich rechts-irrtümlich für irrelevant gehalten.

cc) Schließlich liegt in der [X.] im Streitfall auch [X.] kein Zugeständnis der Beklagten, weil sie mit dem Ergebnis der er-zielten Einigung
nicht überwiegend obsiegt
hat. Die Bausparkasse hat der Beklagten nach dem [X.] zwar einen Zwischenkredit s-[X.]nsoweit kann aber nicht allein auf das Verhältnis dieser beiden Zahlen zueinander abgestellt werden; vielmehr ist zu berücksichtigen, dass das Bauspardarlehen eben noch nicht zugeteilt und das Zwischendarlehen nur zu einem weitaus höheren Zinssatz gewährt wurde. Letztlich hat die Beklagte damit das begehrte Bauspardarlehen nicht erhalten, sondern stattdessen eine andere Leistung, die nicht nur der Darlehenshöhe nach ungünstiger ausgefallen ist.

20
-
8
-

[X.][X.][X.] Der Streitwert für das Revisionsverfahren beträgt 1.403,70

[X.] [X.] [X.]

[X.] Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.02.2011 -
10 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 30.09.2011 -
6 S 16/11 -

21

Meta

IV ZR 213/11

19.12.2012

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2012, Az. IV ZR 213/11 (REWIS RS 2012, 153)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 153

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 213/11 (Bundesgerichtshof)

Risikobegrenzung in der Rechtsschutzversicherung: Kostenzugeständnis bei außergerichtlichem Vergleich mit Kostenaufhebungsvereinbarung


IV ZR 59/09 (Bundesgerichtshof)

Wiedergabe der Berufungsanträge im Berufungsurteil; Risikobegrenzung des Rechtsschutzversicherers bei einverständlicher Erledigung des Rechtsschutzfalles


IV ZR 59/09 (Bundesgerichtshof)


264 C 13757/18 (AG München)

Rechtsschutzversicherung: Kein Kostenzugeständnis zu Lasten des Versicherers bei Nichtbestehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs


IV ZR 207/04 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 213/11

IV ZR 59/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.