Aktenzeichen 3 Li 1/16 (EP)

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ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2017:211117U3Li1.16EP.0
RCN:
RCNCSLRECM5DM5PRAE

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Bundespatentgericht: Urteil vom 21.11.2017

Patentrecht – Verfahren auf Erteilung einer Zwangslizenz – "Isentress II" - vorangegangenes Verfahren zur einstweiligen Verfügung im Zwangslizenzverfahren – in das Hauptsacheverfahren verlagerte Entscheidung über die Höhe der Lizenzgebühr – im Laufe des Hauptsacheverfahrens eintretender Widerruf des Patents – teilweise Erledigung des Rechtsstreits - Antragssteller der Zwangslizenz hat von der einstweiligen Benutzungsgestattung Gebrauch gemacht – Entrichtung der gesetzlich bestimmten Vergütung für die Dauer der (einstweiligen) Lizenzgewährung – Faktoren für die Bemessung einer Zwangslizenzgebühr – zur Schätzung& 7551 Isentress II1. Wird im Zwangslizenzverfahren im Wege der einstweiligen Verfügung nach § 85 PatG eine einstweilige Benutzungsgestattung erteilt und hierbei die Entscheidung über die Festsetzung der Lizenzgebühr und der Rechnungslegung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, so führt der im Laufe des Zwangslizenz-Hauptsacheverfahrens eintretende Widerruf des Patents im Umfang der noch ausstehenden Entscheidung über die Lizenzgebühr und die Rechnungslegung nicht zur Erledigung des Rechtsstreits. Für die ausstehende Entscheidung bleibt auch die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts bestehen.2. Hat der Antragssteller einer Zwangslizenz von einer ihm im einstweiligen Verfügungsverfahren erteilten einstweiligen Benutzungsgestattung Gebrauch gemacht, so hat er für die Dauer dieser (einstweiligen) Lizenzgewährung auch dann die gesetzlich bestimmte Vergütung zu entrichten, wenn das Patent im Laufe des Zwangslizenz- (Hauptsache-) Verfahrens, in dem die Entscheidung über die Höhe der Lizenzgebühr noch aussteht, widerrufen wird.3. a) Da es sich bei der Bemessung der Lizenzgebühr für eine Zwangslizenz anbietet, sich an derjenigen Lizenzgebühr zu orientieren, die unter den Umständen des jeweiligen Einzelfalls in einem Lizenzvertrag vereinbart würde (vgl. BGH GRUR 2017, 1017, Rn. 28), können bei einer solchen fiktiven Vereinbarung neben dem im jeweiligen Produktbereich üblichen Lizenzgebührenrahmen auch Umstände berücksichtigt werden wie ein im Einzelfall bestehendes besonderes Drohpotential des Patents, ebenso weitere Faktoren wie etwa der Beitrag des Wirkstoffpatents zur Entwicklung des von der Zwangslizenz erfassten pharmazeutischen Wirkstoffs oder die Mitbenutzung eigener Schutzrechte des Lizenznehmers. Diese wirken sich – je nachdem – erhöhend oder erniedrigend auf die Lizenzgebührenhöhe aus.b) Bei der im Rahmen der Bemessung der Lizenzhöhe unter Umständen vorzunehmenden Beurteilung des Beitrags, den das Patent zur Entwicklung des durch die Zwangslizenz erlaubten Vertriebs eines Arzneimittelwirkstoffs leistet, ist danach zu fragen, welche Weiterentwicklung ausgehend vom Offenbarungsgehalt des Patents (fiktiv) noch zu leisten ist, um zum lizenzierten Wirkstoff zu gelangen. Hierbei sind etwaiger weiterer Stand der Technik, ebenso wie etwaige Eigenentwicklungen des Lizenznehmers nicht zu berücksichtigen.c) Zu den Faktoren, die sich bei einer Zwangslizenz erhöhend für die Lizenzgebühr auswirken, können etwa die fortbestehende Angreifbarkeit des Patents und die erzwungene Hilfe für ein Konkurrenzunternehmen gehören, weniger hingegen der Entfall typischer Nebenpflichten in vertraglichen Lizenzvereinbarungen oder die in § 24 Abs. 6 PatG vorgesehenen Möglichkeiten der Anpassung oder der Rücknahme oder Anpassung der Zwangslizenz.4. Die Festsetzung der Höhe der Lizenzgebühr für eine Zwangslizenz kann im Wege der Schätzung (§ 287 Abs. 1 und 2 ZPO i.V.m. § 99 Abs. 1 PatG) unter Berücksichtigung der zur Bemessung der Lizenzhöhe entwickelten Grundsätze und der von den Parteien dazu vorgetragenen Anhaltspunkte erfolgen.

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