BT-Drucksache 18/9922

Prüfung eines Ad-Blocker-Verbotes durch die Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz

Vom 4. Oktober 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9922
18. Wahlperiode 04.10.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Dr. André Hahn, Ulla Jelpke, Katrin Kunert,
Harald Petzold (Havelland), Martina Renner, Halina Wawzyniak und
der Fraktion DIE LINKE.

Prüfung eines Ad-Blocker-Verbotes durch die Bund-Länder-Kommission
zur Medienkonvergenz

Im dem im Juni 2016 erschienenen Bericht der Bund-Länder-Kommission zur
Medienkonvergenz (BLKM) wird berichtet, dass die Kommission ein gesetzli-
ches Ad-Blocker-Verbot prüft. So heißt es im Bericht: Ein gesetzgeberischer
Handlungsbedarf solle vor dem Hintergrund, „ob im Hinblick auf die wirtschaft-
lichen Auswirkungen und damit verbundenen medienpolitischen Risiken ggf.
eine gesetzliche Flankierung geboten ist“, geprüft werden (Bericht, S. 6). Die in-
terne AG Kartellrecht/Vielfaltsicherung ist mit der Prüfung beauftragt worden.
Erst nach einer Besprechung zwischen der Bundeskanzlerin und den Ministerprä-
sidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder am 3. Dezember 2015 wurde der
Prüfauftrag beschlossen (S. 18). Noch bis in den Oktober 2015 hinein, so berich-
tete Netzpolitik.org, waren sich das Bundeskanzleramt (BKAmt), das Bundesmi-
nisterium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Bundesministerium der
Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einig, dass die Einberufung einer Ar-
beitsgruppe (AG) bezüglich eines Ad-Blocker-Verbotes nicht notwendig sei
(Netzpolitik.org, 5. September 2016).
Im Zuge dieses Prüfverfahrens wurde durch die AG am 8. März 2016 ein Work-
shop zu Mediaagenturen und Ad-Blockern durchgeführt. Laut Bericht wurden
verschiedene Medienverbände und ein Wirtschaftsunternehmen OMG e. V. – Or-
ganisation der Mediaagenturen, BDZV (Bundesverband Deutscher Zeitungsver-
leger e. V.), VDZ (Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V.), ZAW (Zent-
ralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e. V.), VPRT (Verband Privater
Rundfunk und Telemedien e. V.), APR (Arbeitsgemeinschaft Privater Rund-
funk), die ARD und die ZDF Werbefernsehen GmbH sowie die OMNICOM Me-
dia Group Germany GmbH eingeladen (S. 16). Netzpolitik.org veröffentlichte
u. a. das Protokoll des abgehaltenen Workshops: Aus diesem geht hervor, dass
die Medienvertreter einstimmig Ad-Blocker als gesetzeswidrig ansehen und eine
gesetzliche Lösung fordern (Netzpolitik.org, 5. September 2016). So heißt es
dann auch im Bericht wie folgt: „Nach Auffassung der Medienanbieter stellen
diese ein Gesamtprodukt zur Verfügung, zu welchem bei kostenlosen Angeboten
auch Werbung gehöre, um das journalistische Angebot zu refinanzieren. Dieses
Gesamtangebot werde durch den Ad-Blocker faktisch entbündelt. […] Ad-Blo-
cker wurden als existentielle Bedrohung der wirtschaftlichen Basis insbesondere
für die digitalen Angebote der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger bezeichnet
[…]. Die Medienunternehmen forderten vor diesem Hintergrund ein generelles
gesetzliches Verbot von Ad-Blockern (S. 20).

Drucksache 18/9922 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist die kritische Sichtweise, die im Bericht der BLKM zu Ad-Blockern zum
Ausdruck kommt, auch offizielle Sichtweise der Bundesregierung, und wenn
ja, aus welchen Gründen änderte sich die Position der Bundesregierung be-
züglich eines Ad-Blocker-Verbotes (s. Vorbemerkung)?

2. Aus welchen Gründen erachtet die Bundesregierung ein Ad-Blocker-Verbot
als prüfenswert?

3. Welche Position nahm die Bundesregierung während der Besprechung am
3. Dezember 2015 ein, und welchen Einfluss auf das Ad-Blocker-Prüfver-
fahren übte sie konkret aus (s. Vorbemerkung)?

4. Wie ist die Einschätzung des BMWi zu einem Ad-Blocker-Verbot (s. Vor-
bemerkung)?

5. Wie ist die Einschätzung des BMJV zu einem Ad-Blocker-Verbot, und än-
derte sich die Einschätzung gegenüber der von 2015 (s. Vorbemerkung)?

6. Wie ist die Einschätzung des BKAmtes zu einem Ad-Blocker-Verbot, und
änderte sich die Einschätzung gegenüber der von 2015 (s. Vorbemerkung)?

7. Wie ist die Position der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und
Medien zu einem Ad-Blocker-Verbot?

8. Welche Bundesministerien oder Bundesbehörden außer den oben genannten
beschäftigen sich aktuell oder haben sich in den letzten zwei Jahren mit dem
Thema Ad-Blocker beschäftigt?

9. Unterscheidet die Bundesregierung zwischen von Unternehmen (z. B. EYEO
GmbH) angebotenen Ad-Blockern und nicht kommerziell betriebenen Ad-
Blockern, und wenn ja, ist die Unterscheidung in dem Angebot von kommer-
ziellen Whitelists oder anderweitig begründet (bitte ausführen)?

10. Auf welcher rechtlichen Grundlage könnte ein mögliches Ad-Blocker-Ver-
bot fußen (bitte detailliert aufzeigen)?

11. Gibt es infolge oder im Zuge des Ad-Blocker-Verbotes auch Planungen, den
Werbeanteil von Webseiten auf ein „maßvolles Gehalt“ zu limitieren, um die
Anwendung von Ad-Blockern zu minimieren?

12. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, inwieweit ein Werbeblocker-
Einsatz im Schnitt den Seitenaufbau beschleunigt und in welchem Umfang
dadurch weniger Ressourcen verbraucht werden?

13. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, welchen Anteil am Internet-
verkehrsvolumen in Deutschland aktuell das Übertragen von Werbung ein-
nimmt und welche Kosten damit für den Verbraucher verbunden sind?

14. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, welche Kapazitätseinsparun-
gen beim Internetverkehrsvolumen aktuell durch den Einsatz von Werbeblo-
ckern erzielt werden?

15. Wie bewertet die Bundesregierung den Einsatz von Ad-Blockern aus daten-
schutzrechtlicher Perspektive insbesondere vor dem Hintergrund, dass diese
es erlauben, Tracking-Anfragen von Webseiten zu blockieren, und die On-
lineangebote der Presseanbieter – wie beispielsweise von Trackography.org
visualisiert – intensive Tracking-Praktiken zur Ausforschung der Nutzerin-
nen und Nutzer ihrer Webseiten betreiben?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9922

16. Sieht die Bundesregierung sicherheits- oder sonstige rechtspolitische Prob-

leme darin, dass – wie von Trackography.org visualisiert – diese Presse-Tra-
ckingdaten insbesondere in Großbritannien, Kanada und den USA zusam-
mengeführt und gesammelt werden, sodass insbesondere Nachrichtendienste
aus den Staaten der sogenannten Five Eyes unmittelbaren Zugriff auf das
Leseverhalten und die Lesegewohnheiten deutscher Grundrechtsträger erhal-
ten?

17. Welche Bedeutung hat der Einsatz von Ad-Blockern für den Nutzer beim
Schutz vor schädlicher Software (Malware)?

18. Ist der Bundesregierung bekannt, dass durch DNS-Filtering auf Nutzerseiten
ein mögliches Ad-Blocker-Verbot umgangen werden kann, und wenn ja,
welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus für ein mögli-
ches Ad-Blocker-Verbot?

19. Wie schätzt die Bundesregierung Ad-Blocker-Detektoren ein, die von Ver-
lagswebseiten (z. B. bild.de) eingesetzt werden, um Nutzer mit Ad-Blockern
auszusperren, und sieht die Bundesregierung darin eine Verletzung der euro-
päischen ePrivacy-Richtlinie (bitte begründen)?

20. Nach welchen Kriterien und von wem wurden beim Workshop am 8. März
2016 die Medienverbände ausgesucht (s. Vorbemerkung)?

21. Wieso wurden zu dem Workshop am 8. März 2016 keine Vertreter von Ver-
braucher- oder Datenschutzschutzorganisationen eingeladen?

22. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Position der Bundesdaten-
schutzbeauftragten zu Ad-Blockern und einem möglichen Verbot derselben?

23. Welche Gründe existierten, die OMNICOM Media Group Germany GmbH
als einzigen Nicht-Medienverband einzuladen?

Berlin, den 4. Oktober 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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