BT-Drucksache 18/9919

EU-Maßnahmen für den Zugang von Strafverfolgungsbehörden zu verschlüsselter Kommunikation

Vom 4. Oktober 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9919
18. Wahlperiode 04.10.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan Korte, Christine Buchholz, Annette Groth,
Ulla Jelpke, Dr. Alexander S. Neu, Harald Petzold (Havelland), Halina Wawzyniak
und der Fraktion DIE LINKE.

EU-Maßnahmen für den Zugang von Strafverfolgungsbehörden zu verschlüsselter
Kommunikation

Die Polizeiagentur Europol ist nach Angaben von deren Direktor Rob Wain-
wright in drei Vierteln aller Ermittlungen mit verschlüsselten Inhalten konfron-
tiert (https://twitter.com/rwainwright67/status/729229923982913536). Dies stelle
ein großes Problem dar. Dem Bundesministerium des Innern ist es hingegen nicht
möglich anzugeben, in welcher Größenordnung deutsche Behörden hiervon in
Ermittlungen betroffen sind (Bundestagsdrucksache 18/8929). Auch die Katego-
risierung in „selten“, „häufig“ oder „sehr häufig“ sei aufgrund fehlender statisti-
scher Aufzeichnung nicht möglich. Hingegen stünden die Sicherheitsbehörden
des Bundes „vor der ständigen Aufgabe, mit dem technischen Fortschritt Schritt
zu halten“. Daher würden „fortlaufend“ Bedarfe an neuen Anwendungen oder
Verfahren identifiziert. Der Rat der Europäischen Union hat hierzu mittlerweile
einen Fragebogen an die Delegationen verteilt (Ratsdokument 12368/16; online
unter www.statewatch.org/news/2016/sep/eu-usa-encryption-quest-12368-16.
pdf). Das Dokument ist eine Folgemaßnahme des Treffens der Innen- und Justiz-
minister in Bratislava zu „Herausforderungen“ von Verschlüsselung für die Kri-
minalitätsbekämpfung. Verabredet wurde die weitere, gemeinsame Behandlung
des Themas zunächst im Rahmen einer Bestandsaufnahme. Die Ergebnisse des
Fragebogens werden in einer Sitzung der „Friends of the Presidency Group on
Cyber Issues“ diskutiert und schließlich dem Koordinierungsausschuss für den
Bereich der polizeilichen und gerichtlichen Zusammenarbeit in Strafsachen
(CATS) vorgelegt. Der CATS nutzt die Ergebnisse und Diskussionen schließlich
zur Vorbereitung des Dezember-Treffens der Innen- und Justizminister.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. In welchen grenzüberschreitenden Kooperationen, Forschungsprojekten

oder EU-Aktionsplänen sind deutsche Behörden derzeit mit Verfahren zum
Umgehen verschlüsselter Kommunikation befasst?

2. Auf wessen Initiative kam der im Ratsdokument 12368/16 versendete Fra-
gebogen nach Kenntnis der Bundesregierung zustande?

3. Welche Abteilung des Bundesinnenministeriums war für die Beantwortung
des in Ratsdokument 12368/16 versendeten Fragebogens zuständig, und wel-
che Behörden (auch der Länder) arbeiteten zu?

4. Welche Angaben hat das Bundesinnenministerium bei der Beantwortung des
in Ratsdokument 12368/16 versendeten Fragebogens gemacht?

Drucksache 18/9919 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. In welchem Ausmaß sind Bundesbehörden im Rahmen von operativen Akti-
vitäten oder bei der Beweiserhebung im Cyberraum mit Verschlüsselung
konfrontiert?

6. Welches sind dabei die hauptsächlich anzutreffenden Formen von Verschlüs-
selung (online oder offline)?

7. Auf welche Weise können Verdächtige oder Beschuldigte aus Sicht der Bun-
desregierung zur Herausgabe von Schlüsseln oder Passwörtern gezwungen
werden?

8. Unter welchen Umständen sind Internetanbieter verpflichtet, Schlüssel oder
Passwörter herauszugeben?

9. Welche Anordnungen müssen aus Sicht der Bundesregierung von den Er-
mittlungsbehörden vorgelegt werden?

10. Unter welchen Umständen ist es aus Sicht der Bundesregierung den Ermitt-
lungsbehörden gestattet, verschlüsselte Telekommunikation zum Zweck von
deren Entschlüsselung und Verwendung in Ermittlungsverfahren abzuhören?

11. Vor welchen Problemen stehen aus Sicht der Bundesregierung die Ermitt-
lungsbehörden beim Abhören verschlüsselter Telekommunikation zum
Zweck von deren Entschlüsselung und Verwendung in Ermittlungsverfahren
bzw. deren Entschlüsselung?

12. Welche anderen Verfahren/Techniken nutzen Ermittlungsbehörden zur Ent-
schlüsselung verschlüsselter elektronischer Beweismittel?

13. Wie werden diese Beweismittel gesichert?
14. Inwiefern und in welchem Ausmaß nutzen Ermittlungsbehörden Dienste von

Europol zur Entschlüsselung verschlüsselter Inhalte, und welche Beispiele
existieren hierfür?

15. Welche Auffassung vertritt das Bundesministerium des Innern, inwiefern die
nationale Gesetzgebung zur Entschlüsselung verschlüsselter Inhalte in Er-
mittlungsverfahren ausreichend ist?

16. Inwiefern ist das Bundesministerium des Innern der Auffassung, dass es zur
einfacheren Entschlüsselung verschlüsselter Inhalte in Ermittlungsverfahren
einer Regulierung auf Ebene der Europäischen Union bedarf?

17. Welche anderen, nicht in dem Fragebogen berücksichtigten Punkte hält das
Bundesministerium des Innern in Bezug auf Verschlüsselung für wichtig,
und welche Angaben hat sie hierfür in dem Fragebogen gemacht?

18. Welche Erwägungen, die sich aus der Praxis von Ermittlungen ergeben, soll-
ten dabei berücksichtigt werden?

19. Welche Erfahrungen haben Bundesbehörden diesbezüglich in grenzüber-
schreitenden Ermittlungen gemacht?

Berlin, den 4. Oktober 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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