BT-Drucksache 18/958

Berichte über deutsche Djihadisten in Gefangenschaft der Freien Syrischen Armee

Vom 31. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/958
18. Wahlperiode 31.03.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan van Aken, Annette Groth, Inge Höger,
Andrej Hunko, Niema Movassat, Frank Tempel, Kathrin Vogler und der
Fraktion DIE LINKE.

Berichte über deutsche Djihadisten in Gefangenschaft der Freien Syrischen
Armee

Mehrere Männer aus Deutschland, die sich djihadistischen Kampfverbänden in
Syrien angeschlossen hatten, sollen sich in Gefangenschaft bewaffneter syri-
scher Oppositionsgruppen befinden. Das berichtete das ARD-Politikmagazin
„REPORT MAINZ“ am 4. März 2014. Im Interview mit der ARD behauptete
ein Brigadeführer der Freien Syrischen Armee (FSA), der sich Abu Yasin nennt,
die FSA habe zwölf deutsche Salafisten gefangen genommen. Die zwischen 22
und 38 Jahre alten Männer seien Kämpfer des Al-Qaida-Ablegers „Islamischer
Staat im Irak und Syrien“ (ISIS), einer Gruppierung, die für zahlreiche Men-
schenrechtsverletzungen in den von ihr kontrollierten Gebieten verantwortlich
gemacht wird. Zwischen der vor allem aus ausländischen Kämpfern bestehen-
den ISIS und gemäßigteren Strömungen der gegen die Regierung des Präsidenten
Baschar al-Assad kämpfenden Gruppierungen kommt es seit einigen Monaten
auch zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Einige der gefangenen deutschen
Kämpfer sollen bei einem Angriff von ISIS auf eine FSA-Kaserne in der Nähe
des syrisch-türkischen Grenzübergangs Bab al-Hawa festgesetzt worden sein.
Sicherheitskreise bestätigten laut „REPORT MAINZ“ die Angaben des FSA-
Kommandanten weitgehend. So habe die FSA-Brigade „Nour Eddin Zinki“ am
17. Januar 2014 im Norden Syriens mindestens vier deutsche Staatsbürger
gefangenen genommen (www.swr.de/report/presse/syrien-kriegsgefangene/-/
id=1197424/did=12979132/nid=1197424/4glqcq/index.html).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwieweit trifft nach Kenntnis der Bundesregierung ein Bericht des ARD-

Politikmagazins „REPORT MAINZ“ über die Gefangennahme von deut-
schen Djihadisten durch die Freie Syrische Armee zu?
a) Wie viele Djihadisten aus Deutschland befinden sich seit wann in Gefan-

genschaft der FSA, und wie viele davon sind deutsche Staatsangehörige?
b) Wo und unter welchen Umständen wurden die Djhadisten aus Deutsch-

land gefangenen genommen?
c) Aus welchen Gruppierungen und aus welchen deutschen Städten stammen

die Gefangenen?
d) Wie alt sind sie jeweils?

Drucksache 18/958 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
e) Treffen die Angaben von „REPORT MAINZ“ zu, dass die Gefangenen
der al-Qaida-nahen Gruppierung ISIS angehören?
Wenn nein, welchen Kampfverbänden gehören die deutschen Djihadisten
an?

f) Auf welchen Reisewegen sind die jetzt in Gefangenschaft geratenen
Djihadisten aus Deutschland nach Syrien gelangt, und inwieweit gibt es
Hinweise dafür, dass die Einreise über die Türkei erfolgte?

2. Besteht ein Kontakt der Bundesregierung zu den FSA-Einheiten, die die
deutschen Djihadisten gefangen halten?
a) Hat sich die Bundesregierung um Kontakt zu den FSA-Einheiten bemüht,

die die deutschen Djihadisten gefangen halten?
b) Hat die FSA selber in dieser Angelegenheit den Kontakt zur Bundes-

regierung oder anderen deutschen Stellen gesucht?
3. Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung, um eine Freilassung der

gefangenen deutschen Djihadisten zu erreichen?
4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die derzeitige Situation der

von der FSA gefangen gehaltenen Djihadisten aus Deutschland?
a) An welchem Ort werden die Gefangenen nach Kenntnis der Bundes-

regierung festgehalten?
b) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den Gesundheitszustand

der gefangenen deutschen Djihadisten einschließlich möglicher Ver-
wundungen bei vorangegangen Kampfhandlungen?

c) Inwieweit hat die Bundesregierung Hinweise auf Misshandlungen und
Folterungen der Gefangenen durch FSA-Angehörige?

5. Inwieweit haben sich die jetzt in Gefangenschaft der FSA befindlichen
Djihadisten aus Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung an Kriegs-
verbrechen gegen Zivilistinnen und Zivilisten, Angehörige syrischer Sicher-
heitskräfte und der Armee oder Angehörige konkurrierender Verbände der
syrischen Opposition beteiligt?

6. Inwieweit haben sich die jetzt in Gefangenschaft der FSA befindlichen
Djihadisten aus Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung an Kampf-
handlungen gegen syrische Regierungstruppen oder konkurrierende bewaff-
nete Verbände der Opposition beteiligt?

7. Wie viele der jetzt in Gefangenschaft der FSA befindlichen Djihadisten aus
Deutschland waren den deutschen Sicherheitsbehörden als Gefährder oder
als Kontaktperson bekannt, und gegen wie viele wurden von Seiten der
Sicherheitsbehörden in der Zeit vor ihrer Ausreise welche Maßnahmen zur
Beobachtung oder zur Prävention von Straftaten (insbesondere Bewegungs-
beschränkungen und Ausreiseverbote) ergriffen?

8. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland Ermittlungs-
verfahren gegen die in Syrien gefangen gehaltenen Djihadisten wegen Mit-
gliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung oder anderer
Straftaten eingeleitet, und wenn ja, wann, gegen wie viele der jetzt gefangen
gehaltenen Djihadisten und aufgrund des Verdachts auf welche Straftatbe-
stände?

9. Liegen der Bundesregierung tatsächliche Anhaltspunkte für gewalttätige
Bestrebungen von in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrten
Djihadisten vor, oder bleibt es weiterhin bei der abstrakten Gefährdungs-
einschätzung, dass von ihnen aufgrund der militärischen Ausbildung und
Erfahrung in Syrien und der ideologischen Radikalisierung in diesem Umfeld
eine erhöhte Gefahr ausgeht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/958
10. Wurden durch Behörden des Bundes Versuche unternommen, Rückkehrer
aus Syrien zu einer Kooperation zu bewegen, um sie nachrichtendienstlich
im Sinne einer Verbesserung bzw. weiteren Qualifizierung der Lageein-
schätzung zu Syrien oder einzelnen syrischen Regionen abschöpfen zu kön-
nen, wenn nein, warum nicht, und wenn ja, waren diese Versuche erfolg-
reich, und welche neuen Erkenntnisse (bspw. zur Unterstützung djihadisti-
scher Gruppierungen durch ausländische Staaten oder mit deren Duldung,
Proliferationswege für Waffen und andere militärische Ausrüstung, Unter-
stützerstrukturen in den EU-Staaten etc.) haben sie erbracht?

11. Gab es in den laufenden Asylverfahren für syrische Asylsuchende oder bei
den Aufnahmeverfahren im Rahmen der humanitär motivierten Aufnahme-
programme von Bund und Ländern Fälle, in denen die Erteilung eines
Schutzstatus oder die Aufnahme in die Bundesrepublik Deutschland ver-
weigert wurde, weil gegen die betreffende Person der Verdacht bestand, in
Syrien an Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschheit oder djiha-
distischen/terroristischen Bestrebungen beteiligt gewesen zu sein (bitte je-
weils Anzahl der Fälle nach Jahren auflisten)?

12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das Agieren von djihadis-
tischen Aktivisten in der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf
Drohungen und Straftaten gegen syrische Asylsuchende und Flüchtlinge
sowie deutsche Staatsbürger syrischer Herkunft, die von djihadistischen
Kreisen als „feindlich“ eingestuft werden?

13. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung im Rahmen des Austausches
europäischer Sicherheitsbehörden über das Agieren von djihadistischen
Aktivisten in EU-Ländern wie Belgien und den Niederlanden in Bezug auf
Drohungen und Straftaten gegen syrische Asylsuchende und Flüchtlinge
sowie Staatsbürger der EU-Mitgliedstaaten syrischer Herkunft, die von
djihadistischen Kreisen als „feindlich“ eingestuft werden?

Berlin, den 26. März 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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