BT-Drucksache 18/9463

Kooperationen der Bundeswehr mit Sportvereinen und Militärwerbung im Sportbereich

Vom 23. August 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9463
18. Wahlperiode 23.08.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Katrin Kunert, Frank Tempel,
Wolfgang Gehrcke, Sevim Dağdelen, Inge Höger, Andrej Hunko, Kerstin Kassner,
Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu, Kersten Steinke, Kathrin Vogler und
der Fraktion DIE LINKE.

Kooperationen der Bundeswehr mit Sportvereinen und Militärwerbung im
Sportbereich

Durch Personalwerbung im Sportbereich verspricht sich die Bundeswehr die Auf-
merksamkeit eines sportaffinen Publikums. Dabei stehen sowohl junge Frauen
und Männer zwischen 17 und 35 als auch ältere Erwachsene im Fokus, wobei
Letztere als Multiplikatoren wirken (vgl. Bundestagsdrucksache 18/5942).
Im Jahr 2013 hat die Bundeswehr mit 44 Sportvereinen Kooperationsabkommen
unterhalten, bei denen es um Werbung für die Bundeswehr ging, in Form von
Bandenwerbung, Werbebannern, Anzeigen in Vereinszeitschriften, auf T-Shirts
usw. Im Jahr 2014 waren es 57 Vereine. Die Ausgaben für diese Kooperationen
stiegen von 453 000 Euro im Jahr 2013 auf 559 000 Euro im Jahr 2014 (vgl. Bun-
destagsdrucksache 18/5942).
Die Bundeswehr beteiligte sich auch an Sportveranstaltungen, die von dritter
Seite organisiert wurden; im Jahr 2014 waren das 33 Sportfeste, Spieltage usw.
Schließlich veranstaltet die Bundeswehr auch selbst Sportevents, um Jugendliche
für eine Verpflichtung beim Militär zu gewinnen.
Die Kommunikationsstrategie der Bundeswehr stellt dabei der Bundesregierung
zufolge darauf ab, Fähigkeiten und Eigenschaften, „die sowohl im Sport als auch
bei einer Tätigkeit in der Bundeswehr als Voraussetzungen gelten“, zu betonen.
Eine neue Qualität ist die im Juli 2016 gestartete Kampagne Olympia 2016 „Of-
fizielle Ausbilder von Vorbildern“, in der die Bundeswehr unter dem Motto
„Mach, was wirklich zählt“ die „Erfolge der Spitzensportlerinnen und Spitzen-
sportler nutzen (will), um die Bundeswehr weiterhin als sinnstiftenden und qua-
lifizierten Arbeitgeber zu positionieren“ (siehe den Brief der Bundesministerin
der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen, an alle Abgeordneten des Deutschen
Bundestages vom 11. Juli 2016).
Aus Sicht der Fragesteller kritisierte völlig zu Recht der Friedensbeauftragte des
Rates der Evangelischen Kirche, Renke Brahms, die Bundeswehrkampagne zu
Olympia: „Olympische Spiele seien eng verbunden mit der Idee des Friedens, der
Völkerverständigung und der Gewaltfreiheit. Doch die Bundeswehr muss im
Falle eines Einsatzes die Gewalt gerade mitbedenken und mitplanen.“ Die Kam-
pagne werfe viele Fragen auf, sagte Renke Brahms am 18. August 2016 in Bonn
(siehe www.evangelisch.de). „Um welche Vorbilder geht es hier? Werden hier
die Risiken eines Soldatenberufs nicht verschleiert?“ Und er verwies auf die

Drucksache 18/9463 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Grundidee von Pierre de Coubertin, der Ende des 20. Jahrhunderts für die Wie-
derbelebung der Olympischen Spiele eintrat, um den Wettkampf nicht auf dem
Schlachtfeld sondern im fairen sportlichen Wettbewerb auszutragen.
„Die Kampagne verschweigt dabei den militärischen Charakter der Bundeswehr:
Gefährliche Auslandseinsätze wie die in Afghanistan, Mali oder am Horn von
Afrika werden nicht thematisiert. Das Risiko, körperliche oder seelische Schäden
beim Dienst davonzutragen, wird verschwiegen“, kritisiert auch die Deutsche
Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK, siehe
www.militärfestspiele.de). Auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB)
spricht sich in seiner Satzung gegen „jede Form von Gewalt“ aus, was im Wider-
spruch zu dieser Kampagne steht.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche allgemeine Einschätzung hat die Bundesregierung zum Stellenwert

der Kooperationen zwischen Bundeswehr und Sportvereinen und der diesbe-
züglichen Entwicklung in den letzten zwölf Monaten?

2. Was sind die wesentlichen Inhalte der von der Bundesregierung auf Bundestags-
drucksache 18/5942 angekündigten Neukonzeption zu Sportkooperationen?
a) Worin liegen die wesentlichen Unterschiede zu vorangegangenen Kon-

zeptionen?
b) Inwiefern ist aufgrund der Neukonzeption mit neuen Werbe- oder Veran-

staltungsformationen zu rechnen?
c) Wird die Neukonzeption bereits umgesetzt (bitte ggf. nähere Angaben

machen), und wenn nein, ab wann soll sie umgesetzt werden?
d) Ist die Bundesregierung bereit, dem Deutschen Bundestag die Neukon-

zeption in vollem Wortlaut zukommen zu lassen, oder ist diese bereits
veröffentlicht (bitte ggf. Fundstelle angeben)?

3. Mit welchen Sportvereinen hat die Bundeswehr im Jahr 2015 Kooperations-
vereinbarungen unterhalten?
a) Welche Kosten waren damit jeweils verbunden, und wie gliedern sich

diese im Wesentlichen auf?
b) Welcher Leistungskatalog war dabei jeweils vereinbart (bitte vollständig

wiedergeben)?
c) Über welche Laufzeit erstrecken sich die Vereinbarungen jeweils?
d) Welche Titelbezeichnungen hat sich die Bundeswehr dabei erworben (wie

etwa „Sponsor“, „Partner“, „Supplier“, „Förderer“ usw.)?
e) Welche allfälligen Nebenabreden wurden dabei getroffen?

4. Mit welchen Sportvereinen hat die Bundeswehr für das Jahr 2016 und später
Kooperationen vereinbart (bitte nach dem Schema von Frage 2 beantworten)?

5. Wie erklärt die Bundesregierung, dass die Angaben zum Inhalt und den Kos-
tenvereinbarungen solcher Kooperationen in der Antwort der Bundesregie-
rung auf eine entsprechende Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. zu
den Jahren 2013 und 2014 (Bundestagsdrucksache 18/2325) noch vorbehalt-
los erteilt wurden, aber auf Bundestagsdrucksache 18/5942 aufgrund einer
„vertraglich vereinbarten Vertraulichkeit“ als „VS-NfD“ eingestuft worden
sind?
a) Warum wurden diese Angaben im vorigen Jahr als „VS-NfD“ eingestuft?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9463
b) Ging die Anregung, Vertraulichkeit zu vereinbaren, von der Bundesregie-
rung bzw. der Bundeswehr oder von Seiten der Sportvereine aus, und
wenn letzteres, von welchen Sportvereinen konkret, und wie wurde dieser
Wunsch begründet?

c) Wurde von Seiten der Sportvereine (welcher) oder der Bundeswehr be-
fürchtet, dass ein Bekanntwerden des Inhalts der Kooperationsvereinba-
rungen den Sportvereinen schaden könnte, und wenn ja, inwiefern und
aufgrund welcher konkreter Erfahrungen?

6. Welche Gewichtung hat bei der Konzeptionierung der Kooperationsverträge
die Ansprache der primären und der sekundären Zielgruppen?

7. An welchen Veranstaltungen Dritter mit sportlichem Bezug hat sich die Bun-
deswehr im Jahr 2015 sowie bislang im Jahr 2016 im Rahmen der Personal-
werbung und Öffentlichkeitsarbeit (bitte differenzieren) beteiligt, und an
welchen ist die Beteiligung in diesem Jahr vorgesehen?
a) Welcher Art war bzw. wird diese Beteiligung jeweils?
b) Welche Kosten sind damit jeweils verbunden, und wie gliedern sich diese

im Wesentlichen auf?
c) Wie viele Personen wurden dabei jeweils erreicht bzw. mit wie vielen er-

reichten Personen rechnet die Bundesregierung?
8. Welche eigenen Veranstaltungen hat die Bundeswehr im Sportbereich im

Jahr 2015 sowie bislang im Jahr 2016 unternommen, und welche sind für
dieses Jahr noch geplant?
a) Welche Kosten waren/sind jeweils damit verbunden, und wie gliedern

sich diese im Wesentlichen auf?
b) Welche Sportvereine haben sich daran beteiligt bzw. sind eingeplant?
c) Wie viele Jugendliche (soweit möglich, bitte ungefähre Altersgruppen an-

geben) wurden als Teilnehmer gezählt bzw. werden erwartet?
d) Wie viele Personen (soweit möglich, bitte nach Altersgruppen aufteilen)

wurden/werden im Zusammenhang mit den Veranstaltungen (voraus-
sichtlich) jeweils erreicht (durch Bewerbung, Onlinekontakte)?

9. Welche Kosten waren insbesondere mit dem Bundeswehr-Karriere-Cup ver-
bunden, und wie haben sich diese im Wesentlichen aufgegliedert?
a) Welche Sportvereine haben sich daran beteiligt?
b) Welche Funktion im Rahmen der Personalwerbung oder Öffentlichkeits-

arbeit hatte die Veranstaltung, und inwiefern (bitte Kriterien und ggf. kon-
krete Zahlen angeben) ist diese aus Sicht der Bundesregierung erfüllt wor-
den?

10. Wie viele Personen haben im Jahr 2015 insgesamt in die Speicherung ihrer
Interessentendaten bei der Bundesweher eingewilligt, und wie viele von die-
sen haben anlässlich von Maßnahmen im Sportbereich eingewilligt?

11. Welche Aktivitäten und Maßnahmen gibt es im Rahmen der Bundeswehr-
kampagne Olympia 2016 (bitte die einzelnen Maßnahmen mit den jeweiligen
Kosten nennen)?

12. Hat die Bundesregierung die Bundeswehrkampagne zu Olympia 2016 mit
dem Präsidium sowie den Athletensprechern des DOSB abgestimmt, und in-
wieweit spielte dabei der Widerspruch zur Satzung des DOSB eine Rolle?

13. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Kritik des EKD-Friedensbeauftrag-
ten Renke Brahms zu dieser Kampagne?

Drucksache 18/9463 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

14. Sind die Sportsoldatinnen und Sportsoldaten verpflichtet, diese Kampagne ak-

tiv zu unterstützen (Einsatz für Autogrammstunden, Gewinnspiele usw.), oder
inwieweit erfolgen solche Einsätze auf freiwilliger Basis (bitte darstellen, in
welchem Umfang es bislang zu solchen Unterstützungseinsätzen gekommen
ist)?

15. Inwieweit wird diese Kampagne auch mit den Paralympischen Spielen ver-
bunden?

16. Setzt die Bundeswehr auch bei ihr beschäftigte Sportlerinnen und Sportler
mit Behinderungen, insbesondere Sportlerinnen und Sportler, die ihre Behin-
derung durch den Einsatz in Kriegseinsätzen erwarben, in ihrer Arbeitgeber-
Werbekampagne ein?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 23. August 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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