BT-Drucksache 18/945

Atypische Arbeitszeiten in Deutschland

Vom 25. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/945
18. Wahlperiode 25.03.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Sabine Zimmermann (Zwickau),
Diana Golze, Susanna Karawanskij, Ralph Lenkert, Cornelia Möhring,
Dr. Sahra Wagenknecht, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Atypische Arbeitszeiten in Deutschland

In den vergangenen Jahren gab es eine Reihe von Untersuchungen, die eine zu-
nehmende Entgrenzung von Arbeit festgestellt haben (DGB 2012: Arbeitshetze,
Arbeitsintensivierung, Entgrenzung; Fehlzeitenreport der AOK; etc.). Aty-
pische Arbeitszeiten wie Wochenend-, Nacht- oder Schichtarbeit haben zuge-
nommen.
Die Gestaltung der Arbeitszeit ist ein wichtiges Element zur Beurteilung der
Qualität von Arbeit. Die Zunahme von atypischen Arbeitszeiten steht dem Ziel,
mehr gute Arbeit zu schaffen, entgegen. Mehr atypische Arbeitszeiten können
zu mehr gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei den betroffenen Beschäftigten
führen. Insbesondere psychische Erkrankungen haben in den vergangenen
Jahren enorm zugenommen. Atypische Arbeitszeiten erschweren aber auch die
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie sich die atypischen Arbeits-
zeiten in der jüngsten Vergangenheit entwickelt haben (Anmerkung: Sollten
bereits Zahlen für das Jahr 2013 vorliegen, bitten wir darum, auch diese anzu-
führen).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele bezahlte Überstunden wurden nach Kenntnis der Bundesregierung

im Jahr 2012 geleistet, und wie stellt sich diese Zahl im Vergleich zum Vor-
jahreswert dar (bitte nach Geschlecht und nach Bundesländern differenzie-
ren)?
Wie vielen Vollzeitäquivalenten entspricht die Zahl der bezahlten Überstun-
den?

2. Wie viele unbezahlte Überstunden wurden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung im Jahr 2012 geleistet, und wie stellt sich diese Zahl im Vergleich zum
Vorjahreswert dar (bitte nach Geschlecht und nach Bundesländern differen-
zieren)?
Wie vielen Vollzeitäquivalenten entspricht die Zahl der unbezahlten Über-
stunden?

3. Wie viel Mehrarbeit wurde nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen
flexibler Arbeitszeitmodelle in den Jahren 2011 und 2012 geleistet, und wie
vielen Vollzeitäquivalenten entspricht diese Mehrarbeit jeweils (falls mög-
lich bitte nach Geschlecht und nach Bundesländern differenzieren)?

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4. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der bezahlten
und unbezahlten Überstunden am gesamtwirtschaftlichen Arbeitszeitvolu-
men seit dem Jahr 2010 (bitte für jedes Jahr einzeln darstellen)?

5. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung das gesamtwirtschaftliche
Arbeitszeitvolumen seit dem Jahr 2000 entwickelt (bitte sowohl die absolu-
ten Zahlen als auch die jährlichen Veränderungsraten darstellen)?

6. Wie viele Beschäftigte haben nach Kenntnis der Bundesregierung flexible
Arbeitszeiten, und wie viele ein starres Arbeitszeitmodell (bitte sowohl in
absoluten Zahlen als auch als Anteil an allen Beschäftigten angeben, so-
wohl nach Geschlecht und Bundesländern differenzieren)?
Wie haben sich diese Zahlen in den vergangenen zehn Jahren entwickelt?

7. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, inwiefern flexible
Arbeitszeitmodelle auf den Wunsch der Beschäftigten oder auf Anforderun-
gen des Arbeitgebers zurückgehen?

8. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, in welchem Umfang
flexible Arbeitszeitmodelle für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben
und in welchem Umfang für betriebliche Erfordernisse genutzt werden?

9. Welche Debatten bzw. Vorschläge sind der Bundesregierung bekannt, um
für die Beschäftigten mehr Zeitsouveränität und eine selbstbestimmtere
Planung der Arbeitszeit zu ermöglichen?
Welche Rolle spielen bei diesen Vorschlägen betriebliche Interessenvertre-
tungen oder Tarifverträge?
Welche eigenen Vorschläge hat die Bundesregierung für mehr Zeitsouverä-
nität?

10. Wie viele Beschäftigte hatten nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr
2012 regelmäßig überlange Arbeitszeiten von mehr als 48 Stunden pro
Woche, und wie stellt sich dieser Wert im Vergleich zum Vorjahr und zu den
Werten der Jahre 1992 und 2002 dar (bitte in absoluten Zahlen sowie als
Anteil an allen Beschäftigten darstellen und nach Geschlecht und Bundes-
ländern differenzieren)?

11. Wie viele Beschäftigte haben nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr
2012 am Wochenende gearbeitet, und wie stellt sich dieser Wert im Ver-
gleich zum Vorjahr und zu den Werten der Jahre 1992 und 2002 dar (bitte
in absoluten Zahlen sowie als Anteil an allen Beschäftigten darstellen und
nach Geschlecht und nach Bundesländern differenzieren)?

12. Wie viele Beschäftigte haben nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr
2012 regelmäßig an Sonn- und Feiertagen gearbeitet, und wie stellt sich
dieser Wert im Vergleich zum Vorjahr und zu den Werten der Jahre 1992
und 2002 dar (bitte in absoluten Zahlen sowie als Anteil an allen Beschäf-
tigten darstellen und nach Geschlecht und nach Bundesländern differenzie-
ren)?

13. Welche sind nach Kenntnis der Bundesregierung die fünf Branchen mit den
pro Jahr meisten Sonn- und Feiertagen, an denen gearbeitet wird?
Welche sind die fünf Branchen, die den höchsten Anteil an Beschäftigten
haben, die regelmäßig an Sonn- und Feiertagen haben?
Welche sind die fünf Branchen, die in absoluten Zahlen die meisten Be-
schäftigten haben, die regelmäßig an Sonn- und Feiertagen arbeiten?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/945
14. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Stärkung des Sonntags-
schutzes?

15. Wie viele Beschäftigte haben nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr
2012 regelmäßig am Abend (18 bis 23 Uhr) oder in der Nacht (23 bis 6 Uhr)
gearbeitet, und wie stellen sich diese Werte im Vergleich zum Vorjahr und
zu den Werten der Jahre 1992 und 2002 dar (bitte in absoluten Zahlen sowie
als Anteil an allen Beschäftigten darstellen und nach Geschlecht und nach
Bundesländern differenzieren)?

16. Wie viele Beschäftigte haben nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr
2012 in Schichtmodellen gearbeitet, und wie stellt sich dieser Wert im Ver-
gleich zum Vorjahr und zu den Werten der Jahre 1992 und 2002 dar (bitte
in absoluten Zahlen sowie als Anteil an allen Beschäftigten darstellen und
nach Geschlecht und nach Bundesländern differenzieren)?

17. Liegen der Bundesregierung neuere Erkenntnisse über die Auswirkungen
von atypischen Arbeitszeiten, und insbesondere über die
a) Auswirkungen von Überstunden,
b) Auswirkungen von flexiblen Arbeitszeitmodellen,
c) Auswirkungen von überlangen Arbeitszeiten,
d) Auswirkungen von Schichtarbeit,
e) Auswirkungen von Wochenendarbeit,
f) Auswirkungen von Nacht- und Abendarbeit auf die Gesundheit (sowohl

physisch als auch psychisch) vor?
Welche Untersuchungen gibt es hierzu jeweils, und zu welchen Ergebnissen
kommen sie?

18. Liegen der Bundesregierung zwischenzeitlich Erkenntnisse über das Aus-
maß und die Auswirkungen von „ständiger Erreichbarkeit“ vor?
Wenn ja, welche, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregie-
rung daraus?

19. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf hinsichtlich der Begrenzung
von atypischen Arbeitszeiten oder Erreichbarkeitsanforderungen?
Wenn ja, welche Schritte plant sie?

20. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung Zahl und Anteil der Be-
schäftigten, deren Arbeitsweg täglich für eine Strecke länger als 30, 60 oder
mehr als 60 Minuten dauert, in den vergangenen zehn Jahren entwickelt
(bitte nach Geschlecht und Bundesländern differenzieren)?

21. Welche neueren Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über den Zusam-
menhang von langen Arbeitswegen und psychischen Belastungen vor?
Welche neueren Untersuchungen gibt es hierzu, und zu welchen Ergebnis-
sen kommen sie?

22. Wie viel Personal stand nach Kenntnis der Bundesregierung den Aufsichts-
behörden für die Kontrolle der Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes im Jahr
2012 zur Verfügung, und wie stellt sich diese Zahl im Vergleich zum Vor-
jahr und zu den Jahren 1992 und 2002 dar?
Wie viele Kontrollen wurden in den genannten Jahren jeweils durchgeführt
(bitte nach Bundesländern differenzieren)?

23. Wie viele Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz konnten nach Kenntnis der
Bundesregierung im Jahr 2012 aufgedeckt werden, und wie stellt sich dieser
Wert im Vergleich zum Vorjahr sowie zu den Jahren 1992 und 2002 dar?

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Wie wurden diese Verstöße geahndet (bitte nach Bundesländern differen-
zieren)?

24. Hat die Bundesregierung Kenntnis über Planungen, zukünftig mehr Perso-
nal bei den Aufsichtsbehörden zur Kontrolle der Einhaltung der Arbeits-
schutzgesetze einzusetzen?
Wenn ja, in welchem Umfang sind Aufstockungen geplant?

Berlin, den 25. März 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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