BT-Drucksache 18/9362

Gefährdung der gesundheitlichen Versorgung durch zunehmende Arzneimittellieferengpässe

Vom 3. August 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9362
18. Wahlperiode 03.08.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kathrin Vogler, Sabine Zimmermann (Zwickau), Frank Tempel,
Inge Höger, Katja Kipping, Harald Weinberg, Birgit Wöllert, Pia Zimmermann
und der Fraktion DIE LINKE.

Gefährdung der gesundheitlichen Versorgung durch zunehmende
Arzneimittellieferengpässe

Lieferengpässe bei Arzneimitteln stellen für Patientinnen und Patienten, aber
auch für Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker seit Jahren
ein immenses Problem dar und verzögern bzw. gefährden Behandlung und Pati-
entensicherheit, auch wenn nicht jeder Lieferengpass eine medizinische Notfall-
situation ohne Behandlungsalternative darstellt (vgl. u. a. Müller, Voraussichtli-
cher Liefertermin: Nicht bekannt, DAZ.online, 30. Mai 2016).
So sind Krebsmittel, Antibiotika, Herz-/Kreislaufpräparate, Narkosemittel, Not-
fallmedikamente, Impfstoffe und andere oft monatelang nicht verfügbar (vgl.
DER TAGESSPIEGEL vom 20. Juni 2016). Dabei handelt es sich in vielen Fäl-
len nicht lediglich um das Fehlen einer bestimmten Packungsgröße oder Darrei-
chungsform, sondern in etlichen Fällen um das systematische Fehlen auch drin-
gend benötigter Medikamente wie beispielsweise bei Melphalan, das standard-
mäßig im Rahmen der Knochenkrebsbehandlung erforderlich ist und mehrmals
wochen- oder monatelang nicht lieferfähig war bzw. ist, aber auch bei Antibio-
tika, die nur durch Reserveantibiotika ersetzt werden können, was zu Resistenz-
bildung beiträgt, und anderen.
Als Ursachen von Lieferengpässen werden Gewinnstreben der Arzneimittelher-
steller mit Abwanderung und Arzneimittelverschiebungen ins Ausland, Reduzie-
rung von Produktionsstätten (auch bei der Grund- und Rohstoffherstellung) und
deren Verlegung ins Ausland, Verringerung von Lagerkapazitäten und Kontin-
gentierung lieferbarer Medikamente durch die Herstellerbetriebe genannt, bei Ge-
nerika vor allem auch Rabattverträge, Exklusivverträge von Krankenkassen mit
einzelnen Herstellern sowie eine wachsende Marktkonzentration und Oligopoli-
sierung (vgl. Deutsche Apotheker Zeitung – DAZ, 2. Juni 2016).
In den vergangenen Jahren hat die Fraktion DIE LINKE. wiederholt auf das
Thema Lieferengpässe bei Arzneimitteln aufmerksam gemacht (vgl. z. B. Kleine
Anfragen; Bundestagsdrucksachen 18/8835, 18/647, 18/230 oder 17/10072). Ge-
setzliche Regelungen insbesondere zur Bekämpfung von Schwierigkeiten bei der
Bereitstellung von zum Teil lebensnotwendigen Arzneimitteln ohne Therapieal-
ternative sind dennoch immer noch Fehlanzeige. So existieren nach Auffassung
der Fragesteller auch keine ausreichenden gesetzlichen Grundlagen, Verstöße ge-
gen die im Arzneimittelgesetz (AMG) vorgesehene angemessene und kontinuier-
liche Bereitstellung von Arzneimitteln straf- bzw. ordnungsrechtlich zu ahnden.

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Die Bundesregierung begnügt sich bislang mit einer Liste beim Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die auf freiwilligen Meldungen der
Herstellerfirmen beruht und zudem auf besonders wichtige Arzneimittel be-
schränkt ist. Die Bundesoberbehörden BfArM und Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das
zuständig für Impfstoffe ist, haben dadurch keinen vollständigen Überblick über
relevante Versorgungs- oder Lieferprobleme (vgl. DAZ, 2. Juni 2016). Laut Ta-
gesspiegel (vgl. www.tagesspiegel.de/wirtschaft/lieferengpaesse-in-deutschland-
wichtige-medikamente-oft-monatelang-nicht-verfuegbar/13754034.html) spiegele
die auf freiwilligen Angaben beruhende Auflistung nur einen Bruchteil der tat-
sächlich fehlenden Arzneimittel wider, so dass Fachleute davon ausgingen, dass
drei- bis viermal so viele Mittel fehlten, als auf der BfArM-Liste stünden. Aus
einem Schreiben des Apothekers H. R. D. (ehemaliger Vizevorsitzender des Hes-
sischen Apothekerverbands e. V.), das den Fragestellenden vorliegt, geht hervor,
nach eigenen Erhebungen sei davon auszugehen, dass dauernd 50 bis 60 Medika-
mente nicht lieferbar seien.
Das öffentlich zugängliche Register in Form einer Onlinedatenbank wird zudem
von Apothekerinnen und Apothekern und Ärztinnen und Ärzten im Alltag nur
selten konsultiert, da häufig keine aktuellen Informationen zu nicht verfügbaren
Arzneimitteln enthalten sind und somit Apothekerinnen und Apotheker, Ärztin-
nen und Ärzte sowie Kliniken nicht in die Lage versetzt würden, sich rechtzeitig
auf Lieferengpässe einzustellen (vgl. Prof. Ludwig und Dr. Langebner, DER
ARZNEIMITTELBRIEF AMB 2015, 49, 25).
Deswegen fordern namhafte Experten wie der Vorsitzende der Arzneimittelkom-
mission der deutschen Ärzteschaft, Prof. Wolf-Dieter Ludwig, der Vizepräsident
des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker e. V. (ADKA), Rudolf
Bernard, oder auch der Leiter der Bundesoberbehörde BfArM, Prof. Dr. Karl
Broich, verpflichtende Nennungen derjenigen Medikamente, bei denen es Liefer-
probleme gibt oder demnächst geben könnte. Die Bundesregierung jedoch ver-
traut auch nach dem „Pharmadialog“ weiterhin auf freiwillige Meldungen durch
die Industrie (vgl. auch DAZ, 2. Juni 2016). Allerdings würde sich die Bundesre-
gierung die Prüfung weitergehender Maßnahmen vorbehalten (vgl. Antwort der
Bundesregierung zu Frage 20 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE.,
Bundestagsdrucksache 18/9049).
Private Initiativen wie zum Beispiel die des Offenbacher Apothekers H. R. D.
(vgl. DAZ vom 12. Mai 2016) oder eine Umfrage der DAZ (vgl. DAZ vom 2. Juni
2016) sind nötig, um mehr Transparenz herzustellen sowie die mangelhaften Be-
lieferungen am Ende der Versorgungskette, also bei den Patientinnen und Patien-
ten, die in die Apotheke kommen, besser zu dokumentieren und um einen deutli-
chen Anstieg der unzureichenden Lieferungen festzustellen. So stellt der Apothe-
ker H. R. D. in einem Schreiben, das den Fragestellenden vorliegt, fest, dass die
aktuellen Listen die Realität in der Praxis in keiner Weise widerspiegeln und Ende
Juni/Anfang Juli 2016 beispielsweise einige Exklusivarzneimittel, die ausschließ-
lich im Rabattvertragssystem abzugeben sind, nicht auf dem Markt erhältlich
seien.
In den USA müssen pharmazeutische Unternehmen rechtzeitig vor drohenden
Lieferengpässen warnen, bei unverzichtbaren, essenziellen Arzneimitteln schon
sechs Monate vor Unterbrechung oder vollständiger Einstellung der Produktion
eines Arzneimittels. Prof. Ludwig und Dr. Langebner halten darüber hinaus einen
Aufbau strategischer Reserven – so wie bei anderen wichtigen Wirtschaftsgütern,
etwa bei Erdöl und Gas – auch bei Arzneimitteln dringend geboten. Darüber hin-
aus sollten die Aufsichtsbehörden in die Lage versetzt werden, bei Verstößen
durch die pharmazeutischen Unternehmen empfindliche Sanktionen auszuspre-
chen (vgl. AMB 2015; 49, 25). Der ADKA fordert eine obligatorische Vorrats-
haltung einer Mindestmenge durch die Pharmaproduzenten (vgl. DAZ, 2. Juni

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2016). Für den Generika-Bereich könnte eine Mehrfachvergabe anstelle exklusi-
ver Verträge zwischen Krankenkassen und Pharmaherstellern oder auch die Ab-
schaffung dieser Rabattverträge Lieferprobleme und Oligopolbildung vermeiden
helfen (vgl. ebenda).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Bei welchen Arzneimitteln ist es nach Kenntnis der Bundesregierung in den

vergangenen zwölf Monaten zu Lieferengpässen gekommen (bitte detailliert
Medikament, Herstellerfirma, Dauer und ggf. Ursache der Lieferschwierig-
keiten benennen)?

2. Bei welchen Arzneimitteln kommt es nach Kenntnis der Bundesregierung
derzeit zu Versorgungsschwierigkeiten (bitte detailliert Medikament, Her-
stellerfirma, Dauer und ggf. Ursache der Lieferschwierigkeiten benennen)?

3. Bei welchen Arzneimitteln sind nach Kenntnis der Bundesregierung dro-
hende Lieferprobleme gemeldet?

4. Welche Ursachen haben diese Lieferprobleme nach Meinung der Bundesre-
gierung (bitte detailliert einzeln für jedes Medikament angeben)?

5. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass bei weiteren Arzneimitteln
Lieferengpässen existieren bzw. drohen, da die Meldungen an das BfArM
auf freiwilligen Meldungen beruhen und nur besonders relevante Medika-
mente umfassen?

6. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die reale Zahl an Lieferengpässen vor
dem Hintergrund von Expertenmeinungen, dass diese drei bis vier Mal so
hoch sei wie die dem BfArM gemeldete sowie angesichts der Einschätzung
von H. R. D. (ehemaliger Vizevorsitzender des Hessischen Apothekerver-
bands e. V.), der durchschnittlich dauernd von 50 bis 60 nicht lieferbaren
Medikamenten ausgeht (Quellen siehe Vorbemerkung)?

7. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus Ergebnissen einer Er-
hebung deutscher Uniklinikapotheken, dass die Engpassliste des BfArM we-
nig konkrete Unterstützung biete, da sie nur 15 Prozent der tatsächlich nicht
lieferbaren Arzneimittel erfasse (vgl. DAZ, 2. Juni 2016), und beharrt die
Bundesregierung dennoch auf ihrer Aussage, Erfahrungen des BfArM wür-
den zeigen, dass das Register zunehmend als hilfreiche Informationsquelle
genutzt würde (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 3 der Kleinen
Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Ausweitung der Versorgungsengpässe
bei Medikamenten und Impfstoffen“, Bundestagsdrucksache 18/753)?

8. Erwägt die Bundesregierung angesichts entsprechender Forderungen vieler
ausgewiesener Expertinnen und Experten sowie des Leiters der Bundesober-
behörde BfArM, Prof. Dr. Karl Broich, eine verpflichtende Nennung von ak-
tuellen sowie drohenden Lieferengpässen gesetzlich zu verankern, und wenn
nein, aus welchen Gründen glaubt die Bundesregierung, hier nicht dem Lei-
ter des BfArM inhaltlich folgen zu müssen?

9. Welche der Bundesregierung bekannten Ursachen für Lieferengpässe betref-
fen nur Deutschland, und welche betreffen auch andere Staaten?

10. Welche Bemühungen von Seiten der Bundesregierung gibt es, zu internatio-
nalen Vereinbarungen zur Vermeidung oder Bekämpfung von Lieferengpäs-
sen zu kommen?

11. Welche Position hat die Bundesregierung zu Vorschlägen, eine obligatori-
sche Vorratshaltung einer bestimmten Mindestmenge durch die Pharmapro-
duzenten gesetzlich festzulegen?

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12. Welche Handlungsoptionen bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung,
wenn für ein patentgeschütztes Arzneimittel beim BfArM ein Lieferengpass
angezeigt wird?

13. Welche Aktivitäten der Pharmaindustrie sind der Bundesregierung bekannt,
um – wie im Pharmadialog vereinbart – „durch weitere Optimierung ihrer
Prozesse und des Qualitätsmanagements zu einer Verbesserung der Versor-
gungssituation beizutragen“?

14. Inwiefern gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung verbindliche Zusagen
der Industrie, die Herstellung von versorgungsrelevanten, nicht einfach sub-
stituierbaren Arzneistoffen auf mehrere Herstellungsanlagen zu verteilen?

15. Inwiefern ist es nach Kenntnis der Bundesregierung gesetzgeberisch auf na-
tionaler oder EU-Ebene möglich, Mindestherstellungskapazitäten und Be-
treiben mehrerer Herstellungsanlagen für Wirkstoffe vorzuschreiben?

16. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung solche Forderungen, und welche
Maßnahmen plant sie diesbezüglich?

17. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen Lieferengpässe aufgetre-
ten sind, weil die Wirkstoffe nicht die erforderliche Qualität aufwiesen, und
daher in Arzneimitteln für den europäischen Markt nicht in Verkehr gebracht
werden durften?

18. Wie viele Engpässe (bitte Anzahl und Dauer angeben) gab es nach Kenntnis
der Bundesregierung aufgrund der Lieferunfähigkeit von Rabattarzneimit-
teln, die ausweislich des Referentenentwurfs als Problem angesehen werden
und Anlass für gesetzgeberisches Handeln werden sollen (vgl. Referenten-
entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV
vom 25. Juli 2016)?

19. Kann die Bundesregierung Klagen von Apothekerinnen und Apothekern
nachvollziehen, dass Rabattverträge im Generikabereich auf nationaler
Ebene eine wichtige Ursache von Engpässen darstellen, Mehrfachverträge
anstelle von Exklusivverträgen hier zwar teilweise Abhilfe schaffen könnten,
jedoch dies für die Patientinnen und Patienten zu einem Wechsel des Präpa-
rats mit unerwünschten Folgen führen könnte (vgl. DAZ, 2. Juni 2016)?
Wenn nein, wie ist die Position der Bundesregierung dazu?

20. Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung im Entwurf eines Gesetzes
zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV darauf verzichtet,
Mehrfachvergaben bei Rabattverträgen vorzuschreiben, um Lieferengpässe
zu reduzieren?

21. Welche geltenden oder geplanten gesetzlichen Vorgaben schreiben vor, dass
die Liefersicherheit von Rabattarzneimitteln auch durch die Ausschreibungs-
kriterien sichergestellt ist?

22. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung für den mit der Pharmaindustrie
im „Pharma-Dialog“ vereinbarten „Jour Fixe“ schon einen Zeitplan sowie
eine Agenda?

23. Welchen zeitlichen Rahmen hat sich die Bundesregierung für „die Prüfung
weitergehender Maßnahmen“ gegeben (vgl. Antwort der Bundesregierung
zu Frage 20 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Bundestags-
drucksache 18/9049)?

24. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über das Aufdecken von Ver-
stößen gegen den Sicherstellungsauftrag nach § 52b AMG („Pharmazeuti-
sche Unternehmer müssen im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit eine bedarfs-
gerechte und kontinuierliche Belieferung vollversorgender Arzneimittel-
großhandlungen gewährleisten“) durch die Aufsichtsbehörden auf Landes-
ebene?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9362
 

25. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Maßnahmen nach
§ 69 AMG, durch die sich Landesbehörden nach Ansicht der Bundesregie-
rung (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 8 und 9 der Kleinen An-
frage der Fraktion DIE LINKE., Bundestagsdrucksache 18/9049) die Besei-
tigung festgestellter Verstöße gegen den Sicherstellungsauftrag nach § 52b
AMG bzw. die Verhütung künftiger Verstöße erhoffen (ggf. bitte detailliert
auflisten)?

26. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über landesbehördliche An-
ordnungen bezüglich Maßnahmen nach § 69 AMG, die „mit den Mitteln des
landesrechtlich geregelten Verwaltungszwangs auch durchgesetzt“ (Zitat:
Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 18/9049) wurden (ggf. bitte de-
tailliert mit Höhe einer Strafzahlung auflisten)?

27. Könnte sich die Bundesregierung vorstellen, bei schwerwiegenden Verstö-
ßen oder längerdauernden Lieferengpässen versorgungsrelevanter Medika-
mente Maßnahmen wie einen Widerruf der Zulassung bzw. der Erstattungs-
fähigkeit durch die gesetzliche Krankenversicherung, Zwangslizenzen (zu-
mindest bei Medikamenten, an denen großes öffentliches Interesse besteht)
und/oder staatliche Produktion vorzusehen?

28. Stellt der Vorschlag von Prof. Ludwig und Dr. Langebner, strategische Re-
serven von Arzneimitteln – so wie bei anderen wichtigen Wirtschaftsgütern,
etwa bei Erdöl und Gas – aufzubauen (vgl. AMB 2015; 49, 25), eine mögli-
che Handlungsoption für die Bundesregierung dar?

29. Stimmt die Bundesregierung zu, dass es in den Apotheken zu einem Versor-
gungsengpass kommen kann, wenn ein bestimmter Impfstoff zwar vorhan-
den ist, aber aufgrund der Impfstoffausschreibungen von dem lieferfähigen
Hersteller nicht abgegeben und auch nicht ausgetauscht werden darf, und
dass somit Impfstoffe in der Apotheke vor Ort real nicht verfügbar sind, ohne
dass dem PEI Meldungen zu Lieferengpässen vorliegen?

30. Kann die Bundesregierung Klagen von Klinikapothekerinnen und -apothe-
kern nachvollziehen, dass sie bei Lieferschwierigkeiten von Zytostatika, An-
tibiotika, Ernährungslösungen u. a. oft nur unter großen Schwierigkeiten
Therapiealternativen finden könnten und wichtige Behandlungen verschoben
werden müssten?
Wenn ja, welche Abhilfe kann die Bundesregierung den Apothekerinnen und
Apothekern bieten?
Wenn nein, warum nicht?

31. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, einheitliche EDV-Syste-
matiken für alle Beteiligten im Versorgungsprozess einzufordern, damit die
Patientinnen und Patienten nicht erst in der Apotheke erfahren, dass das in
der Arztpraxis verordnete Medikament nicht lieferbar ist?

32. Ist die Bundesregierung weiterhin der Meinung, dass die Vorteile von Ra-
battverträgen im Generikabereich, nämlich Kosteneinsparungen für die
Krankenkassen, die Nachteile, nämlich unter anderem Lieferschwierigkeiten
oder Zwang zu Präparatewechsel für die Patientinnen und Patienten, über-
wiegen?

33. Inwiefern sind häufige Präparatewechsel, die bei wiederkehrenden Lie-
ferengpässen von Rabattarzneimitteln nach den derzeitigen gesetzlichen
Vorgaben vorgeschrieben sind, nach Ansicht der Bundesregierung grund-
sätzlich problematisch?
Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung auf die Adhärenz der
Patientinnen und Patienten?

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34. Welche Verbesserungen glaubt die Bundesregierung durch eine gesetzliche
Regelung zur Frist von sechs Monaten zur Umsetzung von Rabattverträgen
(vgl. Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit „Entwurf
eines Gesetzes zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV“ vom
25. Juli 2016) zu erreichen, und welche Missstände will die Bundesregierung
mit dieser gesetzlichen Regelung beseitigen?

35. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, dass aufgrund von Lie-
ferengpässen Behandlungen nicht durchgeführt werden konnten, und es da-
her unter Umständen zu lebensbedrohlichen Situationen gekommen ist?
Wenn ja, welche und in welchem Umfang?

36. Inwiefern kann die Bundesregierung Aussagen über mögliche schädliche
Auswirkungen von Lieferengpässen auf Patientinnen und Patienten machen,
und sind der Bundesregierung solche Vorkommnisse im Ausland bekannt?

37. Ist der Bundesregierung bekannt, dass durch Lieferengpässe und Auswei-
chen auf Therapiealternativen teilweise auch höhere Kosten entstehen kön-
nen, entweder durch Nichtbehandlung oder durch Ausweichen auf teurere
Alternativen bzw. auf Alternativen mit größeren Nebenwirkungen oder Fol-
gewirkungen?
Welche Berechnungen oder Einschätzungen hat die Bundesregierung dazu?

38. Inwiefern kann die Bundesregierung Einschätzungen von Rudolf Bernard,
Vizepräsident des ADKA zustimmen, dass das Gewinnstreben der pharma-
zeutischen Unternehmen eine wichtige Ursache der Lieferschwierigkeiten
sei (vgl. DAZ, 2. Juni 2016)? Wenn nein, warum nicht?

39. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass Arzneimittelher-
steller aus Gewinnstreben abwandern, Produktionsstätten reduzieren, Lager-
kapazitäten reduzieren, Arzneimittel ins Ausland verschieben oder andere
Maßnahmen zur Erhöhung ihres Profits veranlassen, deren Folge auch Lie-
ferengpässe und Versorgungsschwierigkeiten für Patientinnen und Patienten
sein können?

Berlin, den 3. August 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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