BT-Drucksache 18/9276

Ausbau und Nutzung des Gefechtsübungszentrums Heer in der Altmark

Vom 21. Juli 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9276
18. Wahlperiode 21.07.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katrin Kunert, Jan van Aken, Frank Tempel, Christine Buchholz,
Roland Claus, Annette Groth, Heike Hänsel, Dr. Rosemarie Hein, Inge Höger,
Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Jan Korte, Michael Leutert, Niema Movassat,
Dr. Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE.

Ausbau und Nutzung des Gefechtsübungszentrums Heer in der Altmark

Die Bundeswehr unterhält in der Altmark (Colbitz-Letzlinger Heide, Bundesland
Sachsen-Anhalt) ein Gefechtsübungszentrum (GÜZ) Heer. Das GÜZ ist die
„zentrale Ausbildungseinrichtung des Heeres zur Einsatzausbildung und truppen-
gattungsgebundenen Ausbildung von Verbänden und Einheiten aller Truppengat-
tungen des Heeres sowie MilOrgBer (militärischer Organisationsbereiche) in Ein-
satz- bzw. Gefechtsgliederung für landbasierte Operationen verbundener Kräfte“
(www.deutschesheer.de). Das GÜZ kann zudem durch Truppenteile von anderen
NATO-Partnern oder „befreundeten Staaten“ zu Ausbildungs- und Trainingszwe-
cken mitgenutzt werden.
Auf dem Areal des insgesamt ca. 23 000 Hektar umfassenden Truppenübungsge-
ländes, dessen Ost-West-Ausdehnung ca. 15 km und Nord-Süd-Ausdehnung
ca. 30 km beträgt, entsteht derzeit die „Kampfübungsstadt Schnöggersburg“, um
die Einsatzszenarien in urbanen Ballungsräumen nachzustellen. Die Übungsstadt
wird nach ihrer Fertigstellung eine Fläche von rund 6,25 km2 im nördlichen Teil
des GÜZ einnehmen. In fünf Bauabschnitten wird eine typische städtische Be-
bauung dargestellt. Dazu gehören über 500 Gebäude und über 300 Hütten, darun-
ter Hochhaussiedlungen, Elendsviertel mit Müllkippen, ein Bahnhof sowie ein
Flughafen mit Behelfslandebahnen, 16,5 km Straßenanlagen mit Betonstraßen
einschließlich Regenentwässerung und Asphaltstraßen sowie ein Stück zweispu-
rige Autobahn zwischen zwei Kreisverkehren, 800 m Kanalanlagen mit fünf ver-
schiebbaren und einer festen Brücke, 1,5 km Gleisanlagen, 540 m Übungskanali-
sation, ein 350 m langer U-Bahn-Tunnel sowie ein Industriegebiet und ein Stadt-
wald (vgl. www.iud.bundeswehr.de/portal/a/iudbw).
Das GÜZ mit seiner Kampfübungsstadt soll der Bundeswehr bzw. NATO-Trup-
pen künftig als zentrales Drehkreuz für die Vorbereitung von Kampfeinsätzen
dienen, insbesondere im Hinblick auf asymmetrische Konflikte und die Auf-
standsbekämpfung in zerfallenden bzw. instabilen Staaten.
Die technische und logistische Betreuung des GÜZ erfolgt durch die Rheinmetall
Dienstleistungszentrum Altmark GmbH im Auftrag des Bundesamtes für Ausrüs-
tung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw). Die Teil-
übergabe eines ersten Bereichs der Kampfübungsstadt ist für Ende 2017 geplant,
sodass in diesem Teilabschnitt ab dem Jahr 2018 trainiert werden könnte. Die
Fertigstellung der Gesamtstadt ist für das Jahr 2020 vorgesehen. Am 1. Oktober
2015 wurde auf der Baustelle der Übungsstadt ein erster Medientag mit rund
30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchgeführt (vgl. ebd.).

Drucksache 18/9276 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Wir fragen die Bundesregierung:
1. In welchem Umfang haben Truppengattungen des Heeres sowie ggf. auch

Spezialkräfte der Bundeswehr (z. B. Kommando-Spezialkräfte-Einheiten)
oder der Bundespolizei bzw. der Polizei der Bundesländer (z. B. Spezialein-
satzkommando-Einheiten) im Kalenderjahr 2015 das GÜZ Heer zu militäri-
schen, polizeilichen oder anderweitigen Ausbildungs- und Übungszwecken
genutzt (bitte nach Organisationseinheit, Art der Maßnahme und Anzahl der
teilgenommenen Soldatinnen und Soldaten bzw. Angehörigen von Spezial-
kräften auflisten)?

2. Welche Nationen haben im Kalenderjahr 2015 das GÜZ Heer zu militäri-
schen, polizeilichen oder anderweitigen Ausbildungs- und Übungszwecken
genutzt, und
a) welche NATO-Mitglieder befanden sich darunter (bitte die Anzahl der

jeweils teilgenommenen Soldatinnen und Soldaten mit angeben)?
b) welche „befreundeten Staaten“ befanden sich darunter (bitte die Anzahl

der jeweils teilgenommenen Soldatinnen und Soldaten mit angeben)?
3. Welche Voraussetzungen müssen die „befreundeten Staaten“ erfüllen, um

sich für die Nutzung des GÜZ Heer zu qualifizieren (bitte erläutern)?
4. Wie sehen die Nutzungsbestimmungen des GÜZ Heer für die „befreundeten

Staaten“ insbesondere im Hinblick auf den Demokratie- und Menschen-
rechtsschutz aus, um eine mögliche Zweckentfremdung der bei der Nutzung
des GÜZ Heer erworbenen bzw. trainierten militärischen Fähigkeiten zu re-
pressiven oder demokratiefeindlichen Zielen auszuschließen, und welche
diesbezüglichen Überprüfungsmechanismen wurden seit der Einführung der
Nutzungsmöglichkeit des GÜZ Heer für „befreundete Staaten“ im Jahr 2007
mit welchem Ergebnis angewandt (vgl. Antwort der Bundesregierung zu
Frage 2b auf Bundestagsdrucksache 18/5025; bitte erläutern)?

5. Welche Einnahmen konnten seit dem Jahr 2007 mit der Vollkostenerstattung
durch die ausländischen Streitkräfte erzielt werden, die das GÜZ Heer ge-
nutzt haben, und welcher Anteil entfiel hierbei auf die Streitkräfte von
NATO-Partnern sowie auf „befreundete Staaten“ (bitte pro Jahr sowie ge-
trennt nach NATO-Mitgliedern und -Nichtmitgliedern angeben)?

6. Welche Anbieter aus dem In- und Ausland haben seit dem Jahr 2005 das
GÜZ Heer (inklusive der Kampfübungsstadt Schnöggersburg oder Teilen da-
von) zur Präsentation von Wehrtechnik oder Rüstungsprodukten (über Pro-
totypen von schweren Waffensystemen hinaus) genutzt, und in wie vielen
Fällen wurden ggf. daraufhin durch das BAAINBw ausstattungs- bzw. nut-
zungsrelevante, wehrtechnische Güter in welcher Menge beschafft bzw. ent-
sprechende Folgeaufträge vereinbart (bitte pro Jahr, Anbieter, Gut, Stückzahl
und Wert auflisten)?

7. Wie ist der aktuelle Fertigstellungsstand bei den einzelnen Bauabschnitten
der Kampfübungsstadt Schnöggersburg, und wie haben sich die tatsächli-
chen Kosten für die jeweiligen Bauabschnitte bislang entwickelt (bitte nach
Bauabschnitt, Bezeichnung der Baumaßnahme, Soll- und Ist-Wert der Bau-
kosten auflisten)?

8. Worauf sind etwaige Kostensteigerungen in den einzelnen Bauabschnitten
konkret zurückzuführen (bitte detailliert ausführen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9276
 

9. Wie sind das Controlling und die Evaluierung der einzelnen Bauabschnitte
durch das Kompetenzzentrum Baumanagement des Bundesamts für Infra-
struktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw)
in Strausberg geregelt, das praktisch die Bauherrenrolle gegenüber der Lan-
desbauverwaltung sowie das Bauprojektmanagement für die Bundeswehr
wahrnimmt, und wie viel militärisches und ziviles Personal steht hierfür in
den gemischten Teamstrukturen zur Verfügung (vgl. www.iud.bundeswehr.
de/portal/a/iudbw; bitte getrennt nach militärischem und zivilem Personal
angeben)?

10. In welchen Bereichen wurden durch das Kompetenzzentrum Strausberg des
BAIUDBw bislang Mängel bei der Bauausführung festgestellt, und wie sind
in diesen Fällen die Gewährleistungspflichten der bauausführenden Firmen
geregelt (bitte detailliert angeben)?

11. Wie viele Lose wurden für die jeweiligen Bauabschnitte bislang vergeben,
und in welchem Umfang hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Bau-
verwaltung des Landes Sachsen-Anhalt ausgeschriebene Aufträge an Firmen
in der Region bzw. in Sachsen-Anhalt vergeben (bitte detailliert angeben)?

12. In welchem Umfang wurden seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 im
Zusammenhang mit dem Ausbau des GÜZ Heer und dem Bau der Kampf-
übungsstadt Schnöggersburg Dekontaminierungsmaßnahmen durchgeführt
(bitte nach Jahr und Art der Maßnahme angeben)?

13. Welche Anforderungen gelten für die Flugsicherheit auf den Behelfslande-
bahnen der Kampfübungsstadt Schnöggersburg, und für welche Luftfahr-
zeugtypen sind diese zur Landung geeignet?

14. Wie viele „Medientage“ wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bislang
auf der Baustelle der Kampfübungsstadt Schnöggersburg durchgeführt, und
nach welchem Verfahren wurden bzw. werden die Interessentinnen und In-
teressenten akkreditiert (bitte nach Datum und Anzahl der Teilnehmerinnen
und Teilnehmer auflisten)?

15. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung dem GÜZ Heer und der
Kampfübungsstadt Schnöggersburg als Standort im Rahmen des aktuellen
Weißbuchs zur Sicherheitspolitik Deutschlands und für die Militärstrategie
der Bundeswehr und NATO im Hinblick auf die praxisnahe Vorbereitung
von zukünftigen Auslandseinsätzen in Krisen- und Konfliktgebieten bei
(bitte erläutern)?

16. Liegen nach Kenntnis der Bundesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt
bereits konkrete Anfragen zu militärischen Nutzungsabsichten für die vo-
raussichtlich zum Jahresende 2017 zu erwartende Teilübergabe der fertigge-
stellten Bereiche der Kampfübungsstadt Schnöggersburg vor, und wenn ja,
wer hat ein solches Interesse bislang bekundet?

17. Inwieweit dient das GÜZ Heer (inklusive der Kampfübungsstadt Schnög-
gersburg) derzeit bzw. künftig als Prototyp für die Ausfuhr von mobilen Ge-
fechtsübungszentren oder den Aufbau von baugleichen Gefechtsübungszen-
tren in Drittstaaten, und für welche Länder hat die Bundesregierung ggf. nach
dem Jahr 2010 eine Ausfuhrgenehmigung für Gefechtsübungszentren erteilt
(vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 14 auf Bundestagsdrucksache
18/5025)?

Berlin, den 21. Juli 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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