BT-Drucksache 18/923

Beschäftigtendatenschutz in sozialen Netzwerken

Vom 25. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/923
18. Wahlperiode 25.03.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Jan Korte, Herbert Behrens, Klaus Ernst,
Ulla Jelpke, Susanna Karawanskij, Jutta Krellmann, Petra Pau, Dr. Petra Sitte,
Kersten Steinke, Dr. Sahra Wagenknecht, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann
(Zwickau) und der Fraktion DIE LINKE.

Beschäftigtendatenschutz in sozialen Netzwerken

Bereits im Dezember 2013 wurde die Problematik, die soziale Netzwerke für
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
darstellen können, thematisiert (Bundestagsdrucksache 18/117). Wie in der Vor-
bemerkung dieser Kleinen Anfrage bereits ausgeführt, werden immer häufiger
Kündigungen wegen Äußerungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
in Internetforen oder sozialen Netzwerken ausgesprochen, was zu einer zuneh-
menden, aber nicht einheitlichen Rechtsprechung führt. Dabei sind vor allem die
Fragen relevant, inwieweit das Recht auf freie Meinungsäußerung greift und ab
wann Beiträge noch als privat oder als öffentlich anzusehen sind. Ist die Frage
nach der freien Meinungsäußerung noch recht einfach mit den anerkannten
Schranken zu klären (z. B. Beleidigung, Schmähkritik, falsche Tatsachenbe-
hauptung), gibt es in Bezug auf die Öffentlichkeit eines Posts unterschiedliche
Ansichten und verschiedene Urteile diverser Gerichte. Dies liegt zum einen an
einer fehlenden gesetzlichen Regelung, hängt zum anderen aber auch damit zu-
sammen, dass sich das Verständnis von Privatheit bei Internetnutzerinnen und
-nutzern gewandelt hat. So werden nichtöffentliche Posts bei Facebook auch
dann noch als privat empfunden, wenn sie sich an einen größeren Freundeskreis
richten. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) liegt noch nicht vor,
mithin gibt es keine Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Zunehmend beliebter wird die Arbeitssuche in sozialen Netzwerken. Besonders
Arbeitgeber suchen vermehrt in sozialen Netzwerken nach potentiellen Arbeit-
nehmern (www.heise.de/ix/meldung/Studie-Job-Vermittlung-via-Social-
Network-bei-Arbeitgebern-beliebter-als-bei-Arbeitnehmern-2053341.html).
Doch in welchen sozialen Netzwerken Arbeitgeber nichtöffentliche Daten (also
Daten, die nicht über eine Suchmaschinenanfrage zu erheben sind) von Arbeit-
nehmern erheben dürfen, ist rechtlich nicht abschließend geklärt. Die Auffas-
sungen, ob Arbeitgeber nur in berufsorientierten sozialen Netzwerken Daten er-
heben können oder auch in freizeitorientierten, gehen auseinander. Dass Daten
von berufsorientierten sozialen Netzwerken erhoben werden dürfen, erscheint
noch nachvollziehbar; schließlich sind diese sozialen Netzwerke darauf ausge-
legt, sich potentiellen Arbeitgebern vorzustellen. Entsprechend sorgfältig wer-
den Mitglieder ihre Daten dort einstellen. Anders sieht dies bei freizeitorientier-
ten sozialen Netzwerken aus. Diese werden hauptsächlich privat genutzt. Dem-
entsprechend offener werden Mitglieder mit ihren Daten umgehen.
In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage (Bundestagsdrucksache 18/161) verwies
die Bundesregierung auf die Frage, ob sie einen Regelungsbedarf bei der Vertrau-

Drucksache 18/923 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
lichkeit von Posts und Internetforen sieht, auf die EU-Datenschutz-Grundverord-
nung, die derzeit noch in Verhandlung ist. Zwar hat das Europäische Parlament
den Entwurf der Verordnung am 12. März 2014 beschlossen. Doch die Verhand-
lungen im Ministerrat stocken. Die Innenministerkonferenz vom 23. bis 24. Ja-
nuar 2014 hat gezeigt, dass mit weiteren Verzögerungen zu rechnen ist. Es ist
sogar die Rede davon, dass damit erst in drei bis vier Jahren zu rechnen sei
(www.tagesspiegel.de/politik/aufgeschobene-reform-neue-eu-datenschutzregeln-
kommen-erst-nach-europawahl/9377498.html). Es steht also zu befürchten, dass
die Rechtsunsicherheit auch in den nächsten Jahren bestehen bleibt. Hinzu
kommt, dass die Novellierung des Beschäftigtendatenschutzes in der letzten Le-
gislaturperiode jedoch trotz eines bestehenden Gesetzentwurfs nicht vollzogen
wurde.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. In welchen sozialen Netzwerken dürfen Arbeitgeber nach Ansicht der Bun-

desregierung vor dem Eintritt in ein Beschäftigungsverhältnis Daten von
Bewerbern erheben?

2. Sieht die Bundesregierung Bedarf, rechtlich verbindlich zu regeln, in
welchen sozialen Netzwerken Arbeitgeber vor dem Eintritt in ein Beschäf-
tigungsverhältnis Daten von Bewerbern erheben dürfen?
Wenn ja, gibt es konkrete Pläne?

3. Welche konkreten Daten von Bewerbern dürfen Arbeitgeber nach Ansicht
der Bundesregierung vor dem Eintritt in ein Beschäftigungsverhältnis in so-
zialen Netzwerken erheben?

4. Sieht die Bundesregierung Bedarf, gesetzlich zu regeln, welche konkreten
Daten von Bewerbern Arbeitgeber vor dem Eintritt in ein Beschäftigungs-
verhältnis in sozialen Netzwerken erheben dürfen?
Wenn ja, gibt es konkrete Pläne?

5. Sind Voraussetzungen für die Datenerhebung von Bewerbern durch Arbeit-
geber in sozialen Netzwerken vor dem Eintritt in ein Beschäftigungsverhält-
nis Gegenstand der Verhandlungen zur EU-Datenschutz-Grundverordnung?
Wenn ja, welche Position vertritt die Bundesregierung hierbei?

6. In welchen sozialen Netzwerken dürfen Arbeitgeber nach Ansicht der Bun-
desregierung innerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses Daten von
Arbeitnehmern erheben?

7. Sieht die Bundesregierung Bedarf, rechtlich verbindlich zu regeln, in wel-
chen sozialen Netzwerken Arbeitgeber innerhalb eines Beschäftigungsver-
hältnisses Daten von Arbeitnehmern erheben dürfen?
Wenn ja, gibt es konkrete Pläne?

8. Welche konkreten Daten von Arbeitnehmern in sozialen Netzwerken dürfen
Arbeitgeber nach Ansicht der Bundesregierung innerhalb eines Beschäfti-
gungsverhältnisses erheben?

9. Sieht die Bundesregierung Bedarf, gesetzlich zu regeln, welche konkreten
Daten von Arbeitnehmern in sozialen Netzwerken Arbeitgeber innerhalb
eines Beschäftigungsverhältnisses erheben dürfen?

10. Sind Voraussetzungen für die Datenerhebung von Arbeitnehmern in so-
zialen Netzwerken durch Arbeitgeber innerhalb eines Beschäftigungsver-
hältnisses Gegenstand der Verhandlungen zur EU-Datenschutz-Grundver-
ordnung?
Wenn ja, welche Position vertritt die Bundesregierung hierbei?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/923
11. Unter welchen Voraussetzungen hält die Bundesregierung Unterhaltungen
in sozialen Netzwerken und Internetforen für privat und unter welchen
Voraussetzungen für öffentlich (bitte begründen)?

12. Sind die Voraussetzungen von arbeitsrechtlichen Maßnahmen aufgrund
einer Äußerung eines Arbeitnehmers in einem sozialen Netzwerk oder
einem Internetforum Gegenstand der Verhandlungen zur EU-Datenschutz-
Grundverordnung?
Wenn ja, welche Position vertritt die Bundesregierung dabei?

13. Wann werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Verhandlungen zur
EU-Datenschutz-Grundverordnung beendet sein, und bis wann rechnet die
Bundesregierung mit ihrer Verabschiedung?

14. Plant die Bundesregierung, den Beschäftigtendatenschutz zu novellieren?
Wenn ja, bis wann soll dies geschehen?

Berlin, den 25. März 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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