BT-Drucksache 18/922

Reexporte deutscher Rüstungsgüter

Vom 25. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/922
18. Wahlperiode 25.03.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan van Aken, Martina Renner, Christine Buchholz, Inge Höger,
Andrej Hunko, Niema Movassat, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Reexporte deutscher Rüstungsgüter

Die Bundesrepublik Deutschland ist einer der größten Rüstungsexporteure der
Welt. Sowohl private Unternehmen als auch das Bundesministerium der Vertei-
digung, das so genanntes Überschussmaterial vertreibt, haben ihren Anteil an
dieser Spitzenposition. Rüstungsgüter sind in der Regel langlebiges Material.
Aus politischen, finanziellen und militärischen Gründen geben Empfänger-
länder das ursprünglich aus Deutschland bezogene Material in verschiedenen
Fällen weiter.
Aus Deutschland gelieferte Rüstungsgüter unterliegen einem Reexportvor-
behalt, d. h. die Bundesregierung muss einer Weitergabe zustimmen. Reexport-
genehmigungen der jeweiligen Bundesregierung werden nicht veröffentlicht.
Die weitere Verbreitung deutscher Kriegswaffen und sonstiger Rüstungsgüter
bleibt daher der Öffentlichkeit und dem Deutschen Bundestag verborgen.
Wiederholt tauchten in den vergangenen Jahren deutsche Waffen in Staaten auf,
in die ein Export nicht genehmigt wurde: Georgische Streitkräfte nutzten das
deutsche Sturmgewehr G36, in Libyen fand sich dieses Gewehr sowohl bei den
Soldaten Muammar al-Gaddafis als auch in der Folge bei den Aufständischen,
die auch mit der deutsch-französischen Panzerabwehrrakete des Typs Milan be-
waffnet waren. Während die Herkunft der Milan wohl geklärt ist, bleibt bis heute
offen, woher Georgien und Libyen die Sturmgewehre bezogen haben.
Die Fragesteller weisen darauf hin, dass die in dieser Kleinen Anfrage erfragten
Informationen zu von der Bundesregierung nicht genehmigten Reexporten keine
Geschäftsgeheimnisse verletzen (siehe die Antwort der Bundesregierung auf die
Kleine Anfrage „Waffenexporte – Kontrolle des Endverbleibs deutscher Kriegs-
waffen und Rüstungsgüter“ auf Bundestagsdrucksache 17/3861, Antworten zu
den Fragen 25, 35 und 36). Nach privaten Unternehmen wurde bereits auf Bun-
destagsdrucksache 17/3861 nicht gefragt. Auch diese Kleine Anfrage verzichtet
auf die Frage nach Benennung von Privatunternehmen. Geschäftsgeheimnisse
werden daher nicht verletzt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Für welche Kriegswaffen aus Beständen der Bundeswehr bzw. aus Beständen

der Nationalen Volksarmee der DDR (NVA) wurde nach ihrer Abgabe (Ver-
kauf, Überlassung, Leihe, Testzwecke u. a.) seit dem Jahr 1990 an welches
Drittland eine Reexportgenehmigung durch die Bundesregierung erteilt (bitte
unter Angabe des Jahres der ursprünglichen Abgabe, der Stückzahl bei
Abgabe, des Ziellandes des Reexports, der reexportierten Stückzahl und des
Jahres der Genehmigung und des Jahres des Reexports)?

Drucksache 18/922 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Bei welchem dieser Reexporte wurden im zeitlichen Umfeld (drei Jahre zu-
vor und danach) Exportgenehmigungen für modernere Kriegswaffen der
gleichen oder ähnlichen Kategorie in das reexportierende Land erteilt (bitte
unter Angabe der Bezeichnung des Rüstungsgutes, des Gesamtwertes und
der Stückzahl, des Jahres der Exportgenehmigung und des Jahres der Aus-
fuhr)?

3. Wurden im Zusammenhang mit dem Reexport Exportgenehmigungen für
Ersatzteile und andere Komponenten für diese Kriegswaffen in das reexpor-
tierende Land oder in das Zielland erteilt (bitte den jeweiligen Reexportge-
nehmigungen zuordnen und unter Angabe der Bezeichnung der jeweiligen
Güter, der Menge und des Wertes sowie des Landes)?

4. Für welche sonstigen Rüstungsgüter aus Beständen der Bundeswehr bzw.
aus Beständen der NVA wurde nach ihrer Abgabe (Verkauf, Überlassung,
Leihe, Testzwecke u. a.) seit dem Jahr 1990 an welches Drittland eine
Reexportgenehmigung durch die Bundesregierung erteilt (bitte unter An-
gabe des Jahres der ursprünglichen Abgabe, der Stückzahl bei Abgabe, des
Ziellandes des Reexports, der reexportierten Stückzahl und des Jahres der
Genehmigung und des Jahres des Reexports)?

5. Bei welchem dieser Reexporte wurden im zeitlichen Umfeld (drei Jahre zu-
vor und danach) Exportgenehmigungen für modernere sonstige Rüstungs-
güter der gleichen oder ähnlichen Kategorie in das reexportierende Land
erteilt (bitte unter Angabe der Bezeichnung des Rüstungsgutes, des Gesamt-
wertes und der Stückzahl und des Jahres der Exportgenehmigung)?

6. Wurden im Zusammenhang mit dem Reexport Exportgenehmigungen für
Ersatzteile und andere Komponenten für diese Rüstungsgüter in das re-
exportierende Land oder in das Zielland erteilt (bitte den jeweiligen Re-
exportgenehmigungen zuordnen und bitte unter Angabe der Bezeichnung
der jeweiligen Güter, der Menge und des Wertes sowie des Landes)?

7. Für welche Kriegswaffen aus kommerziellen Verkäufen wurde seit dem
Jahr 1990 nach dem Export an welches Drittland eine Reexportgenehmi-
gung durch die Bundesregierung erteilt (bitte unter Angabe des Jahres der
ursprünglichen Exportgenehmigung und der Stückzahl, des Ziellandes des
Reexports, der reexportierten Stückzahl, des Jahres der Genehmigung und
des Jahres des Reexports)?

8. Bei welchem dieser Reexporte wurden im zeitlichen Umfeld (drei Jahre zu-
vor und danach) Exportgenehmigungen für modernere Kriegswaffen der
gleichen oder ähnlichen Kategorie in das reexportierende Land erteilt (bitte
unter Angabe der Bezeichnung des Rüstungsgutes, des Gesamtwertes und
der Stückzahl, des Jahres der Exportgenehmigung und des Jahres der Aus-
fuhr)?

9. Wurden im Zusammenhang mit dem Reexport Exportgenehmigungen für
Ersatzteile und andere Komponenten für diese Kriegswaffen in das reexpor-
tierende Land oder in das letztliche Bezugsland erteilt (bitte den jeweiligen
Reexportgenehmigungen zuordnen und unter Angabe der Bezeichnung der
jeweiligen Güter, der Menge und des Wertes sowie des Landes)?

10. Für welche sonstigen Rüstungsgüter aus kommerziellen Verkäufen wurde
seit dem Jahr 1990 nach dem Export an welches Drittland eine Reexportge-
nehmigung durch die Bundesregierung erteilt (bitte unter Angabe des Jahres
der ursprünglichen Exportgenehmigung und der Stückzahl, des Ziellandes
des Reexports, der reexportierten Stückzahl, des Jahres der Genehmigung
und des Jahres des Reexports)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/922
11. Bei welchem dieser Reexporte wurden im zeitlichen Umfeld (drei Jahre zu-
vor und danach) Exportgenehmigungen für modernere sonstige Rüstungs-
güter der gleichen oder ähnlichen Kategorie in das reexportierende Land
erteilt (bitte unter Angabe der Bezeichnung des Rüstungsgutes, des Gesamt-
wertes und der Stückzahl, des Jahres der Exportgenehmigung und des Jah-
res der Ausfuhr)?

12. Wurden im Zusammenhang mit dem Reexport Exportgenehmigungen für
Ersatzteile und andere Komponenten für diese Rüstungsgüter in das re-
exportierende Land oder in das Zielland erteilt (bitte den jeweiligen Re-
exportgenehmigungen zuordnen und unter Angabe der Bezeichnung der
jeweiligen Güter, der Menge und des Wertes sowie des Landes)?

13. Bei welchen der Reexporte, die in den Fragen 1, 4, 7 und 10 thematisiert
werden, war die Aktivität der Bundesregierung nicht nur auf die Genehmi-
gung des Reexportes beschränkt, und in welcher Form war die Bundesregie-
rung ggf. darüber hinaus aktiv (z. B. durch Anbahnung oder Vermittlung des
Geschäftes zwischen ursprünglichem Importeur und letztlichem Bezugs-
land)?

14. Welche Fälle von nicht genehmigten Reexporten von Rüstungsgütern (so-
wohl solche aus Bundeswehr- und NVA-Beständen als auch aus kommer-
ziellen Exporten) sind der Bundesregierung seit dem Jahr 1990 bekannt ge-
worden (bitte unter Angabe der jeweils beteiligten Länder, der Bezeichnung
des Rüstungsgutes, der Stückzahl, des Jahres der ursprünglichen Exportge-
nehmigung bzw. der Abgabe aus Bundeswehrbeständen und des Jahres des
Reexportes)?

15. In welcher Form ist die Bundesregierung gegenüber den an den nicht geneh-
migten Reexporten deutscher Kriegswaffen und sonstiger Rüstungsgüter
beteiligten Staaten aktiv geworden?
Falls die Bundesregierung nicht aktiv wurde, aus welchen Gründen verzich-
tete die Bundesregierung darauf, gegenüber den beteiligten Staaten aktiv zu
werden?

16. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen Länder, die deutsche
Rüstungsgüter (dies schließt solche Rüstungsgüter ein, die in länderüber-
greifenden Koproduktionen hergestellt werden, wie die Panzerabwehr-
rakete Milan) bezogen haben, diese an nichtstaatliche Akteure weiterge-
geben haben (bitte unter Angabe der Bezeichnung des Rüstungsgutes, der
jeweiligen Stückzahl, des weitergebenden Landes, des nichtstaatlichen
Akteurs und der Jahre des ursprünglichen Exportes und der Weitergabe)?

17. In welcher Form ist die Bundesregierung gegenüber dem reexportierenden
Staat aktiv geworden?
Falls die Bundesregierung nicht aktiv wurde, aus welchen Gründen verzich-
tete die Bundesregierung darauf, gegenüber dem reexportierenden Staat ak-
tiv zu werden?

18. Welche Fälle von nicht genehmigten Exporten von Rüstungsgütern, die in
einem Drittland hergestellt wurden bzw. werden und einem deutschen
Reexportvorbehalt unterlagen bzw. unterliegen, sind der Bundesregierung
bekannt geworden (bitte unter Angabe der jeweils beteiligten Länder, der
Bezeichnung des Rüstungsgutes, der jeweiligen Stückzahl, des Jahres, in
dem der Reexportvorbehalt entstand, und des Jahres, in dem der nicht ge-
nehmigte Export erfolgte)?

Drucksache 18/922 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
19. In welcher Form ist die Bundesregierung gegenüber den beteiligten Staaten,
also dem herstellenden und dem beziehenden, aktiv geworden?
Falls die Bundesregierung nicht aktiv wurde, aus welchen Gründen verzich-
tete die Bundesregierung darauf, gegenüber den beteiligten Staaten aktiv zu
werden?

20. Welche Reexportvorhaben (Überschussmaterial, kommerzielle Lieferun-
gen, Güter aus Lizenzfertigungen), für die das jeweilige Drittland keine
Reexportgenehmigung einholte, von dem die Bundesregierung aber Kennt-
nis erlangte, hat die Bundesregierung seit dem Jahr 1990 durch Intervention
verhindert?

21. Welche Schritte zur Aufklärung des illegalen Auftauchens von G36-Sturm-
gewehren der Firma Heckler & Koch in Libyen hat die Bundesregierung seit
Dezember 2011 (Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage
der Fraktion DIE LINKE. „Ausfuhren von Kleinwaffen und Produktionsan-
lagen zur Herstellung von Kleinwaffen“ auf Bundestagsdrucksache 17/7926
und auf die Schriftlichen Fragen 67 und 68 des Abgeordneten Rainer
Arnold, Bundestagsdrucksache 17/8279) unternommen, und welche Ergeb-
nisse hat sie dabei erzielt?

22. Welche Schritte zur Aufklärung des illegalen Auftauchens von G36-Sturm-
gewehren der Firma Heckler & Koch in Georgien hat die Bundesregierung
seit August 2010 (siehe die Antworten der Bundesregierung auf die Schrift-
lichen Fragen 35 und 36 des Abgeordneten Jan van Aken auf Bundestags-
drucksache 17/2715) unternommen, und welche Ergebnisse hat sie dabei er-
zielt?

23. Sofern die Bundesregierung seit den jeweiligen Anfragen aus dem Deut-
schen Bundestag, die in den Fragen 21 und 22 thematisiert werden, keine
weiteren Schritte unternommen hat, hat die Bundesregierung weiterhin
Interesse an der Aufklärung des illegalen Auftauchens der Gewehre in
Libyen und Georgien oder hat die Bundesregierung die Aufklärungsbe-
mühungen z. B. aufgrund von Aussichtslosigkeit eingestellt?

24. Stellen aus Sicht der Bundesregierung angesichts von jährlich weit über
10 000 Exportgenehmigungen für Kriegswaffen und sonstige Rüstungs-
güter Fälle, wie die in Georgien und Libyen, vertretbare Einzelfälle dar, und
wenn nein, warum nicht?

25. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Fällen der
illegalen Weitergabe von Rüstungsgütern aus deutscher Produktion, wie die
genannten in Georgien und Libyen, in Bezug auf die Wirksamkeit des deut-
schen Systems der vorgelagerten Endverbleibskontrolle, die den Verbleib
deutscher Rüstungsgüter nicht nach, sondern vor dem Export überprüft?

Berlin, den 25. März 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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