BT-Drucksache 18/8939

Atomanlagen-Rückbauprojekte mit Bundesbeteiligung

Vom 17. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8939
18. Wahlperiode 17.06.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Kai Gehring, Sven-Christian Kindler,
Annalena Baerbock, Matthias Gastel, Bärbel Höhn, Oliver Krischer,
Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Peter Meiwald, Dr. Valerie Wilms
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Atomanlagen-Rückbauprojekte mit Bundesbeteiligung

In der Vergangenheit waren Rückbauprojekte im Atombereich, für die der Bund
zuständig bzw. mit zuständig ist, immer wieder Gegenstand parlamentarischer
Anfragen, siehe beispielsweise Bundestagsdrucksachen 17/4702, 17/7607,
17/7777, 17/11447 und 17/14588.
Aus verschiedenen Gründen gibt es aber keinen systematischen und möglichst
vollständigen Überblick darüber, wie sich die Kosten bzw. Kostenschätzungen
und Prognosen zu Zeitbedarf bzw. Restlaufzeiten entwickelt haben. Beispiels-
weise wurde in einigen Anfragen der Kostenanteil des Bundes thematisiert, in
anderen der der öffentlichen Hand, was teils die Summe eines Bundes- und Lan-
desanteils bedeutet. Bei manchen Projekten kam es ferner zu einem Zuständig-
keitswechsel und damit verbunden einem möglichen Wechsel der Vorgehens-
weise, der kostenrelevant sein kann – so gingen beispielsweise mehrere Stillle-
gungsprojekte im Bereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
(BMBF) am Standort Karlsruhe vor ein paar Jahren vom Projektträger Karlsruhe
auf die bundeseigenen Energiewerke Nord (EWN) über (vgl. hierzu EWN-Web-
seite). Bei manchen Projekten kam es ferner dazu, dass Teilkostenpositionen ei-
nes Projekts einem anderem zugeordnet wurden, beispielsweise bei drei Projekten
am Standort Karlsruhe im Jahr 2013 (vgl. hierzu Frage 5 in Verbindung mit dem
online abrufbaren Halbjahresbericht für den Berichtszeitraum 1. Juli bis 31. De-
zember 2013 des Projektträgers Karlsruhe Wassertechnologie und Entsorgung
„BMBF-Stilllegungsprojekte und BMBF geförderte FuE zu ‚Stilllegung/Rückbau
kerntechnischer Anlagen‘“, Berichtsnummer PTE-S Nr. 27). Diese Umstände
und Veränderungen schränken die Vergleichbarkeit bisheriger Angaben ein – und
damit die Möglichkeit, mehrjährige Entwicklungen bei den Projekten nachzuvoll-
ziehen.
Bei anderen Projekten gab es im Einzelnen durchaus genaue Darstellungen, aller-
dings fokussiert auf ein Rückbauprojekt bzw. einen Standort und somit nicht
Bestandteil eines Gesamtüberblicks über alle Rückbauprojekte mit Bundesbetei-
ligung – für den Thorium-Hochtemperatur-Reaktor 300 in Hamm-Uentrop
(THTR 300) sei beispielsweise auf die Bundestagsdrucksachen 17/6179, 17/6667
und 17/14588 verwiesen. Weil die hier thematisierten Rückbauprojekte mit oder
zumindest auch mit Bundesmitteln finanziert werden, sind Nachvollziehbarkeit
und Vollständigkeit relevanter Entwicklungen über einen Zeitraum von mehreren
Jahren wichtig für die Prognosequalität und als Bewertungs- und Entscheidungs-
grundlagen für den Deutschen Bundestag und für die Transparenz gegenüber der

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Öffentlichkeit. Diese Kleine Anfrage soll einen öffentlich nachvollziehbaren und
möglichst breiten Überblick schaffen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Jeweils wann genau (Datum bitte angeben) gab es seit dem Jahr 2000 bis

dato Projektkostenschätzungen zu den nuklearen Stilllegungs- und Rückbau-
projekten Atomkraftwerk (AKW) Greifswald, AKW Rheinsberg, For-
schungsreaktor Geesthacht bzw. Projekt MAREN des Forschungszentrums
Geesthacht, Forschungsreaktor Berlin 1 (BER-1), Arbeitsgemeinschaft Ver-
suchsreaktor (AVR) Jülich, sonstige nukleare Stilllegungs- und Rückbaupro-
jekte des Forschungszentrums Jülich, Thorium-Hochtemperatur-Reak-
tor 300 in Hamm-Uentrop (THTR 300), Forschungsreaktor München
(FRM), Forschungsreaktor Neuherberg (FRN), Rossendorfer Forschungsre-
aktor (RFR), Forschungsreaktor Karlsruhe 2 (FR 2), Mehrzweckforschungs-
reaktor Karlsruhe (MZFR), Kompakte Natriumgekühlte Kernreaktoranlage
Karlsruhe (KNK bzw. KNK II), Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe
(WAK), Verglasungseinrichtung Karlsruhe (VEK), sonstige nukleare Still-
legungs- und Rückbauprojekte am Standort Karlsruhe sowie zum Projekt
Hauptabteilung Dekontaminationsbetriebe (HDB), und von wem wurden sie
jeweils erstellt (bitte je Projekt vollständige Auflistung aller Projektkosten-
schätzungen im genannten Zeitraum erstellen)?

2. Für jeweils wann sind die nächsten Projektkostenschätzungen der in Frage 1
genannten Projekte geplant (hilfsweise bitte ungefähre zeitliche Schätzung
angeben, falls noch keine konkrete Planung existiert)?

3. Wie hoch waren seit dem Jahr 2000 in den einzelnen Projektkostenschätzun-
gen der in Frage 1 genannten Projekte jeweils alle wesentlichen Kostenposi-
tionen – insbesondere bitte die Positionen geschätzte Gesamtprojektkosten,
bisherige Gesamtkosten, geschätzte künftige Gesamtrestkosten, bisherige
Kosten des Bundes und Anteil Bund, (wo zutreffend) bisherige Landeskosten
und Anteil Land/Länder, (wo zutreffend) bisherige Kosten der Privatwirt-
schaft und Anteil der Privatwirtschaft angeben, falls vorhanden (bitte tabel-
larische Übersicht je Projekt und differenziert nach allen Projektkostenschät-
zungen seit dem Jahr 2000 erstellen)?
Jeweils welche Projektgesamtlaufzeit und welche -restlaufzeit wurden in den
bzw. zur Zeit der jeweiligen Projektkostenschätzungen angenommen (bitte
in den tabellarischen Übersichten zu den wesentlichen Kostenpositionen der
betreffenden Projektkostenschätzungen mit angeben)?

4. Wie hoch waren in der jeweils ersten (initialen) Projektkostenschätzung der
in Frage 1 genannten Projekte jeweils alle wesentlichen Kostenpositionen –
insbesondere bitte die Positionen geschätzte Gesamtprojektkosten, bisherige
Gesamtkosten, geschätzte künftige Gesamtrestkosten, bisherige Kosten des
Bundes und Anteil Bund, (wo zutreffend) bisherige Landeskosten und Anteil
Land/Länder, (wo zutreffend) bisherige Kosten der Privatwirtschaft und An-
teil der Privatwirtschaft angeben, falls vorhanden (bitte tabellarische Über-
sicht je Projekt)?
Jeweils welche Projektgesamtlaufzeit wurde in der bzw. zur Zeit der jewei-
ligen ersten Projektkostenschätzung angenommen (bitte in den tabellari-
schen Übersichten zu den wesentlichen Kostenpositionen der jeweils ersten
betreffenden Projektkostenschätzungen mit angeben)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8939
5. Jeweils welche Kostenhöhe hatte die Position „Verarbeitung von Reststoffen
und Zwischenlagerung konditionierter Abfallprodukte“ der Projekte MZFR,
KNK/KNK II und WAK, die mit Kostenberichten des Jahres 2013 nicht
mehr dem jeweiligen Projekt MZFR, KNK/KNK II und WAK sondern dem
Projekt HDB Betrieb zugeordnet wurde, in allen HDB-Projektkostenschät-
zungen seit dem Jahr 2013 (vgl. den in der Vorbemerkung der Fragesteller
genannten betreffenden Halbjahresbericht; sofern die Kostenposition nicht
Teil der HDB-Projektkostenschätzungen seit 2013 war, sondern anderweitig
erfasst wurde, wird um anderweitige Angabe gebeten)?

6. Gab es neben den drei Neuzuordnungen von Kostenpositionen, die in der
voranstehenden Frage adressiert wurden, noch weitere Neuzuordnungen
oder andere Handhabungen von Kostenpositionen oder neue Kostenpositio-
nen bei den in Frage 1 genannten Projekten, und falls ja, welche, wann und
warum (bitte eine vollständige Angabe machen)?

7. Welche Wechsel von Zuständigkeiten wie Betreiber, beauftragte Unterneh-
men, Sachverständigenorganisationen etc. gab es bei den in Frage 1 genann-
ten Projekten seit dem Jahr 2000 jeweils wann und warum (bitte eine voll-
ständige Angabe machen)?

8. Welche wesentlichen Wechsel in der Stilllegungs- und Rückbaustrategie gab
es bei den in Frage 1 genannten Projekten seit dem Jahr 2000 jeweils wann
und warum, und ggf. welche relevanten Effekte durch diese Strategiewechsel
zeichnen sich bis dato bereits ab (bitte eine vollständige Angabe machen)?

9. Hat es hinsichtlich der Kosten eine Bedeutung, wenn sich Kostenangaben zu
Stilllegung, Rückbau und Entsorgung der Kompakten Natriumgekühlten
Kernreaktoranlage Karlsruhe dahingehend unterscheiden, dass manche unter
dem Kürzel KNK und andere unter dem Kürzel KNK II geführt werden, oder
nicht?
Falls ja, welche Bedeutung hat dies hinsichtlich Umfang und Kosten im Ein-
zelnen (ggf. bitte ausführliche Angabe bzw. ggf. bitte differenzierte Angabe
in den Antworten zu den o. g. Fragen 1 bis 4 machen)?

Berlin, den 17. Juni 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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