BT-Drucksache 18/8924

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/7555, 18/8919 - Entwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende

Vom 22. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8924
18. Wahlperiode 22.06.2016
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden, Oliver Krischer, Dr. Konstantin von
Notz, Nicole Maisch, Dieter Janecek, Renate Künast, Annalena Baerbock,
Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke,
Peter Meiwald, Harald Ebner, Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden),
Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksache 18/7555, 18/8919 –

Entwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest,

Die Digitalisierung der Energiewende kann Innovationen und zusätzliche Versor-
gungssicherheit generieren – wenn sie richtig angegangen wird. Intelligente Zähler,
Messsysteme („Smart Meter“) und Netze („Smart Grids“) sind ein wichtiger Bau-
stein für die Energiewende. Ihr Einsatz ist besonders wichtig für unseren Energie-
markt der Zukunft mit 100 % erneuerbaren Energien. Denn bei fluktuierender Ener-
gieerzeugung durch Wind- oder Sonnenkraft trägt digitale Technik, genauso wie
Stromspeicher, dazu bei, das Stromnetz flexibel zu halten und so Versorgungseng-
pässe zu verhindern. Sie macht darüber hinaus Verbrauchswerte transparent und
setzt Anreize zum Energiesparen und zur Lastverschiebung.
Die Effekte hängen aber entscheidend von der Höhe des Stromverbrauchs ab. Be-
sonders in der stromintensiven Industrie existieren große Potentiale einen Teil der
Energienachfrage in lastärmere Zeiten zu verschieben („Lastverschiebung“). Für
große Stromkunden ist ein flächendeckender Rollout von Smart Metern folglich
überfällig. Doch im internationalen Vergleich steht Deutschland hier schlecht da. In
fast allen EU-Staaten sind bereits Regeln zur Einführung intelligenter Messsysteme
erlassen. Smart Meter helfen dort, Verbrauchsspitzenzeiten durch eine intelligente
Steuerung zu kappen. So nehmen z. B. in den USA große Supermarktketten ihre
Kühlhäuser oder Unternehmen ihre Rechenzentren gegen Erhalte einer Kapazitäts-
prämie temporär vom Netz, wenn der Strom knapp ist – etwa wenn bei Hitze viele

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Privathaushalte ihre Klimaanlagen anschalten. Versorgungsengpässe werden so ver-
mieden. Das muss auch in Deutschland schnell flächendeckend ermöglicht werden.
Auch die entscheidende Rolle erneuerbarer Energien für die Energiewende scheint
die Bundesregierung bei ihrem Gesetzentwurf aus dem Blick verloren zu haben. Der
von der Bundesregierung vorgesehene Rollout-Plan intelligenter Messsysteme ist
für die Energiewende weder zielführend noch verhältnismäßig. Er berücksichtigt
nicht ausreichend, welche Einbaufälle für die Energiewende notwendig sind und
welche kontraproduktiv, etwa weil Smart Meter eine Erneuerbaren-Anlage durch
den Einbau eines Smart Meter teurer machen können. Darüber hinaus steht die von
der Bundesregierung vorgesehene neue Rollenverteilung auf dem Energiemarkt zwi-
schen Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern im Widerspruch dazu, dass die Ener-
giewende vor allem dezentral im Verteilernetz stattfindet.
Eine wesentliche Maßnahme des Gesetzentwurfes ist es, Stromkunden weitestge-
hend mit intelligenten Messsystemen auszustatten. Damit folgt die Bundesregierung
den dritten Binnenmarktrichtlinien Strom und Gas der Europäischen Union, bei der
die Belange der Verbraucherinnen und Verbraucher im Mittelpunkt stehen. Der Ge-
setzentwurf allerdings scheint diesen Fokus aus den Augen verloren zu haben. Denn
obwohl intelligente Messsysteme auf Haushaltsebene bisher kaum Nutzen stiften
und auch kaum der Energiewende oder der Netzflexibilisierung dienen, legt das Ge-
setz die Grundlagen für einen flächendeckenden Rollout intelligenter Messsysteme
auch für private Endverbraucher. Ein Recht auf Zustimmung oder Ablehnung für
private Verbraucher ist nicht vorgesehen, obwohl unterm Strich von Zusatzkosten
für Privathaushalte auszugehen ist. Das gefährdet die Akzeptanz der neuen Techno-
logie und letztlich auch der Energiewende. Dabei ist Akzeptanz die Grundbedingung
dafür, dass Verbraucherinnen und Verbraucher auf die Impulse, die vom Smart Me-
ter ausgehen (v. a. Visualisierung des Stromverbrauchs) reagieren und ihr Verhalten
ändern. Hier wäre folglich Wahlfreiheit statt Einbauzwang die richtige Strategie
beim Einbau intelligenter Messsystemen.
Der flächendeckende Einbau von digitalen Messsystemen ermöglicht nicht allein die
individuelle Zustands- und Verhaltenserfassung und die Erstellung von Verhaltens-
profilen in Privathaushalten, sondern auch die Zusammenführung und übergreifende
Auswertung nach Personengruppen und/oder Verhalten in Wohnhäusern, Straßen-
zügen oder ganzen Stadtteilen. Zudem besteht die Gefahr des Datenmissbrauchs, vor
allem bei der Speicherung der hochaufgelösten 2-sekündlichen Verbrauchsdaten in
der Kommunikationseinheit („Smart-Meter-Gateway“). Folglich bedarf es auch hier
einer gesetzlichen Beschränkung der Erfassbarkeit privater Haushaltsdaten und der
strikten Beachtung des Prinzips der Datensparsamkeit sowie des Grundsatzes der
Erforderlichkeit in der gesamten Kette der Datenverarbeitung. In Smart Metern ge-
sammelte Informationen sind grundsätzlich auf die unbedingt zur technischen Leis-
tungserbringung erforderlichen Unternehmen zu beschränken.
Der Einbau intelligenter Zähler in Privathaushalte kann in mehrere Grundrechte ein-
greifen, etwa das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, auf Integrität und
Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme und auf informationelle Selbstbe-
stimmung. Er steht im Kontext einer immer umfassenderen Digitalisierung des All-
tags unter den Schlagworten Internet der Dinge, Big Data oder Industrie 4.0. Weitere
Bereiche wie Verkehr oder Gesundheit stehen ebenfalls kurz vor vergleichbar tief-
greifenden Veränderungen. Diese Entwicklung stellt besondere Herausforderungen
sowohl für die Gewährleistung gesellschaftlicher Werte als auch für den Grund-
rechtsschutz dar. Die bestehenden Schutzanforderungen und Schutzkonzepte müs-
sen dementsprechend überprüft und ggf. angepasst werden.

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II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

den Entwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende so zu ändern, dass
er folgende Anforderungen erfüllt:
1. Keine Einschränkung der Freiheit des Anschlussnutzers zur Wahl eines Ener-

gielieferanten sowie eines Tarifs zur Energiebelieferung. Anschlussnehmer
(z. B. Vermieter) sollten ihr Auswahlrecht nur mit ausdrücklicher Einwilligung
des jeweils betroffenen Anschlussnutzers (z. B. Mieter) ausüben können.

2. Grundsätzliche Ausnahme der Einbaupflicht intelligenter Messsysteme für
Letztverbraucherinnen und -verbraucher mit einem Jahresstromverbrauch bis
einschließlich 6.000 Kilowattstunden. Der Einbau von Smart Metern soll in je-
dem Fall nur mit einer vorher erklärten Einwilligung der Verbraucherin/des
Verbrauchers möglich sein. Gibt die Verbraucherin/der Verbraucher keine ent-
sprechende Erklärung ab, so gilt dies als Verweigerung der Zustimmung, wo-
nach kein Smart Meter eingebaut werden darf.

3. Widerspruchsrecht zum Einbau eines intelligenten Messsystems für Letztver-
braucherinnen und -verbraucher mit einem Jahresstromverbrauch zwischen
6.000 und 10.000 Kilowattstunden, die private Haushaltskunden sind. Verbrau-
cherinnen und Verbraucher müssen vor Einbau eines intelligenten Messsystems
auf ihr Widerspruchsrecht hingewiesen werden.

4. Die Ausstattung von Anschlussnutzern eines Mietshauses, Straßenzuges oder
Wohnviertels mit einem intelligenten Messsystem darf nur möglich sein, sofern
dieser/diese Anschlussnutzer/-in seine/ihre Zustimmung erteilt hat.

5. Einbaupflicht von intelligenten Messsystemen bei Betreibern von Anlagen
nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) oder dem Kraft-Wärme-Kopp-
lungsgesetz (KWKG) erst ab einer installierten Leistung von über 30 Kilowatt;
bei Anlagenbetreibern von sonstigen Energieerzeugungsanlagen ab einer in-
stallierten Leistung über 7 Kilowatt.

6. Das Grundprinzip der Datensparsamkeit sowie der Erforderlichkeitsgrundsatz
sowohl bei der Erhebung, Nutzung als auch der Übermittlung der Verbrauchs-
daten ist einzuhalten.

7. Die Ergänzung der Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten
ist zur Sicherung der Freiwilligkeit als auch überindividueller Interessen um ein
Kopplungsverbot zu erweitern.

8. Die umfassende Zuständigkeit der Landesdatenschutzbeauftragten für die Auf-
sicht über und die Kontrolle der Einhaltung der Datenschutzbestimmungen die-
ses Gesetzes bleibt erhalten.

9. Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag jährlich einen unter Ein-
beziehung einer unabhängigen Sachverständigen zu erstellenden Bericht über
die Wirksamkeit der verbraucher- und datenschutzrechtlichen Instrumente
(s. Nr. 2 und 3) vor.

10. Zum Schutze erhobener, genutzter und übermittelter Verbraucherdaten die IT-
Sicherheit Kritischer Infrastrukturen, sofern in Bundeszuständigkeiten, ist min-
destens durch hohe Kriterien in der Verordnung zur Bestimmung Kritischer
Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (BSI-Kritisverordnung – BSI-KritisV)
für den Sektor Energie sicherzustellen.

11. Verantwortung für die Bilanzierung sowie für die Aggregation von Messwerten
bzw. Datenaufbereitung und -kommunikation bei den Verteilnetzbetreibern
bleibt erhalten.

Drucksache 18/8924 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
12. Beschaffenheit der intelligenten Messsysteme, bzw. des Smart-Meter-Gate-

ways ist so vorzuschreiben, dass die Datenübertragung einfach und selbststän-
dig durch die Verbraucherinnen und Verbraucher ausgeschaltet oder unterbro-
chen werden kann. Gespeicherte Daten müssen einfach und unkompliziert von
den Verbraucherinnen und Verbrauchern gelöscht werden können.

13. Zur Vermeidung von Strahlung ist die Möglichkeit einer nicht-funkbasierten
Art der Datenübertragung zu erhalten.

14. Das Digitalisierungsgesetz soll zügig durch eine rechtliche Neuordnung von
lastvariablen Tarifen und zum Lastmanagement ergänzt und mit bestehenden
Gesetzen abgeglichen werden.

Berlin, den 21. Juni 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Begründung

Zu 1.
Von der Bundesregierung ist vorgesehen, dass der Anschlussnehmer (meist Vermieter) einen Kollektivvertrag
für die gesamte Liegenschaft mit einem Messstellenbetreiber seiner Wahl schließen kann. Für die Akzeptanz
der Digitalisierung ist jedoch die Wahlfreiheit der Endkunden beim Abschluss ihrer Verträge wichtig.

Zu 2.
Der Einsatz intelligenter Messsysteme bei Verbraucherinnen und Verbrauchern unter diesem Schwellenwert
kann kaum zur Energiewende beitragen. Bei dieser Verbrauchergruppe sind sowohl das Lastverschiebungs- als
auch das Energieeinsparpotenzial sehr gering. Es fehlt insoweit an der auch verfassungsrechtlich gebotenen
Erforderlichkeit der Datenerhebung im grundrechtlich besonders sensiblen Wohnumfeld. Es gibt zudem kaum
energieintensive Elektrogeräte in Privathaushalten, deren Nutzung sich variabel verschieben lässt. Dem gegen-
über stehen die Mehrkosten des Einbaus eines intelligenten Messsystems sowie die zahlreichen Risiken bei
Datenschutz und Datensicherheit. Gerade bei intelligenten Messsystemen besteht auch schon bei viertelstünd-
licher Verbrauchsmessung die Gefahr von Rückschlüssen auf die Lebensgewohnheiten und Lebensumstände
der Verbraucherinnen und Verbraucher. Deswegen sollte der Einsatz intelligenter Messsysteme im Ermessen
und Entscheidungsspielraum eines jeden Privatverbrauchers liegen. Anstelle eines Zwangsrollouts sollte der
Einsatz deshalb auf Freiwilligkeit beruhen. Die Mehrheit der deutschen Haushalte spricht sich gegen eine ge-
setzliche Pflicht zum Einbau von Smart Metern aus (60 %, YouGov-Umfrage im Auftrag von LichtBlick,
3.11.2015). 57 Prozent der Befragten lehnen diese als Mehrbelastung ab. 37 Prozent würden sie akzeptieren –
allerdings mehrheitlich (30 %) nur dann, wenn sie gleichzeitig Geld beim Stromverbrauch sparen.

Zu 3.
Mit zunehmendem Jahresstromverbrauch steigt der Beitrag, den der Einsatz intelligenter Messsysteme zur
Energiewende leisten kann. Zum einen gibt es hier ggf. mehr Potenziale zur Energieeinsparung (und damit
auch zur finanziellen Ersparnis). Zum anderen können Haushalte mit einem hohen Jahresstromverbrauch bei-
spielsweise über ein Elektroauto, eine Wärmepumpe oder eine Speicherheizung verfügen, deren Lasten sich
flexibler verschieben lassen. Im Zuge der Energiewende werden immer mehr Privathaushalte mit solchen kli-
maschonenden, doch stromintensiveren Technologien ausgestattet sein. Trotzdem stehen dem entstandenen

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8924
Nutzen Risiken bei Datenschutz und Datensicherheit gegenüber und der Grundrechtsschutz muss gewährleistet
werden. Auch Privathaushalte dieser Größenordnung sollten daher ihrer Datenübermittlung widersprechen
können. Diese Energieverbraucher sollten vorab informiert und über ihr Widerspruchsrecht aufgeklärt werden,
damit sie frei entscheiden können, ob bei Ihnen ein intelligentes Messsystem eingebaut wird. Aufgrund des für
diese Haushalte geltenden höheren Energieverbrauchs erscheint die Regelung eines Opt-Out, das ein entspre-
chendes proaktives Verhalten der Betroffenen für den Schutz ihrer Privatsphäre voraussetzt, als noch ausrei-
chend.

Zu 4.
Auch Verbraucherinnen und Verbraucher, die in Mietwohnungen leben, sollten frei über den Einbau eines
intelligenten Messsystems entscheiden können. Hier muss sichergestellt werden, dass nicht der Vermieter als
Eigentümer durch Abschluss eines Kollektivertrages über die gesamte Liegenschaft entscheiden kann, sondern
die Zustimmung jedes einzelnen Mieters bzw. jeder Mieterin notwendige Vorrausetzung für den Einbau eines
intelligenten Messsystems ist. Entsprechende Regelungen stellen sicher, dass keine unzulässige Umgehung
eigenständiger Entscheidungen der Betroffenen über die ihre Privatsphäre betreffenden Informationen und Da-
ten über den Umweg anderweitiger Verantwortlicher wie etwa der Vermieter erfolgen.

Zu 5.
Ein verpflichtender Einbau intelligenter Messsysteme führt zu wesentlichen Mehrkosten für Anlagenbetreiber
von Photovoltaik (PV)-Anlagen, während diesen kein ausreichender Nutzen gegenübersteht. Die Kosten sind
für Betreiber kleiner PV-Anlagen daher unverhältnismäßig. Auf Grund der gesunkenen EEG-Vergütung durch
die Änderungen im EEG 2014 und die Belastung der klimaschonenden PV-Erzeugung durch die sog. Sonnen-
steuer (EEG-Umlage auf den eigenverbrauchten Strom) könnte eine zusätzliche Belastung ohne entsprechende
Kosteneinsparung zu einem weiteren Rückgang des PV-Ausbaus führen.

Zu 6.
Die Übermittlung persönlicher Verbrauchsdaten an den Netzbetreiber ist hochsensibel, da darüber detaillierte
Verbrauchsprofile erstellt werden können. Verbraucherinnen und Verbraucher haben erhebliche Bedenken be-
züglich der Risiken von Datenschutz und Datensicherheit, die mit dem Einbau eines intelligenten Messsystems
und der Einbindung in ein Kommunikationsnetz einhergehen (50 % der Verbraucher, TNS-Emnid-Umfrage im
Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands, 10/2015). Um die sachgerechte Beschränkung der absehbar
vielfältigen und sehr umfassenden, aus dem persönlichsten Lebensbereich der Bundesbürger stammenden Da-
tenflüsse zu erreichen und die Akzeptanz der neuen Technologie nicht zu gefährden, sollte daher bei der Ver-
arbeitung von Verbrauchsdaten insgesamt das Grundprinzip der Datensparsamkeit in Verbindung mit dem
Grundsatz der Erforderlichkeit der Verarbeitung der Daten Berücksichtigung finden.

Zu 7.
Kopplungsverbote dienen als etabliertes Instrument des Datenschutzrechts der Absicherung der Freiwilligkeit
von Einwilligungslösungen, bei denen ansonsten unter Ausnutzung der Abhängigkeit von Verbraucherinnen
und Verbrauchern die Schwelle der vorab erforderlichen Einwilligung durch Verbindung mit anderweitigen,
vom Datenverantwortlichen erhältlichen Angeboten und Leistungen verkoppelt wird.

Zu 8.
Vor dem Hintergrund des bundesweit erfolgenden, flächendeckenden Roll-Out der Smart Meter sowie der mit
diesen Geräten vernetzten zahlreichen unterschiedlichen Unternehmen und Dienstleistern muss die Aufsichts-
tätigkeit der Datenschutzbehörden in der Fläche sichergestellt werden, so dass eine alleinige Zuständigkeit der
Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit schon aus diesem Grunde ausscheidet.

Drucksache 18/8924 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zu 9.
Die laufende Evaluierung der Entwicklung der Informationserhebungen im Bereich von Smart Meter/Smart
Grids trägt der Grundrechtsrelevanz der geschaffenen Infrastruktur Rechnung und stellt sicher, dass mögliche
Konsequenzen und Folgen des Gesetzes und seiner Anwendung frühzeitig erkannt werden und weitere gesetz-
liche Anpassungen zur Gewährleistung individueller als auch von Gemeinwohlinteressen rechtzeitig erfolgen
können.

Zu 10.
Die IT-Sicherheitslage in Deutschland ist weiterhin angespannt, wie Lageberichte zur IT-Sicherheit des Bun-
desamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nachweisen. Energienetze und Verbraucherdaten ge-
hören zu den besonders sensiblen Bereichen. Zur Wahrung des Schutzes vor der Verletzung von Grundrechten,
insbesondere des Grundrechts auf Vertraulichkeit und Integrität der von Bürgern genutzten informationstech-
nischen Systeme, bedarf es einer hohen IT-Sicherheit, die mindestens über harte Bestimmungen in der Verord-
nung zum IT-Sicherheitsgesetz sichergestellt werden muss.

Zu 11.
Bisher liegt die Verantwortung für die Datenaggregation und Bilanzierung bei den Verteilnetzbetreibern – und
verbleibt dort auch in Zukunft für all die Stromkundinnen und -kunden ohne Smart-Meter-Gateway. Durch die
von der Bundesregierung vorgesehene Verantwortungsübertragung der Bilanzierung von den Verteilnetzbe-
treibern an die Übertragungsnetzbetreiber würde eine Parallelstruktur für Datenmanagement und Bilanzierung
entstehen. Hinzu kommt, dass die Energiewende maßgeblich auf dezentrale und regionale Erzeugungs- und
Netzstrukturen baut. Die im Gesetzentwurf Rollenverteilung zwischen Verteilnetz- und Übertragungsnetzbe-
treibern würde dem zuwider laufen.

Zu 12.
Die Regelung dient der Gewährleistung der Autonomie der Verbraucherinnen und Verbraucher im Umgang
mit den ausschließlich ihre eigene Privatsphäre betreffenden Informationen und Daten. Diese Regelung ist
zudem notwendig, um auch für Mieter, die eine bereits mit Smart Meter ausgestattete Wohnung neu beziehen,
eine Wahlmöglichkeit zu gewährleisten.

Zu 13.
Intelligente Messsysteme können in verschiedener Weise kommunizieren. In der Regel geschieht diese Kom-
munikation über Funk. Das führt zu einer zusätzlichen Belastung durch elektromagnetischer Strahlung. Im
Sinne der Anforderungen des Strahlenschutzes, Expositionen, wenn möglich, zu minimieren, sind intelligente
Stromzähler, die ihre Daten kabelgebunden übertragen, zu bevorzugen. Daher ist es wichtig, dass der Einbau
von intelligenten Messsystemen in Privathaushalten auf Freiwilligkeit und Wahlfreiheit der Übertragungstech-
nik für die Anschlussnutzer und -nutzerinnen, als Hauptbetroffene, beruht (siehe Nr. 3 und 4).

Zu 14.
Intelligente Messsysteme alleine sparen noch keine Energie oder führen zu einer systemdienlichen Verbrauchs-
steuerung. Diese Anreize entstehen erst durch Verhaltensänderungen, die durch mehr Informationen und finan-
zielle Anreize (bspw. variable Tarife) entstehen. Deshalb sollten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die
die Nutzung von variablen Tarifen attraktiv machen, bzw. deren verstärktes Angebot durch die Stromlieferan-
ten unterstützen. Diese Rahmenbedingungen sollen ein optimales Zusammenspiel zwischen Netzanforderun-
gen und einem Markt für Flexibilitäten ermöglichen. Erst durch effizientes Lastmanagement kann unser Ener-
giesystem flexibilisiert und optimiert werden. Auf Ebene der Verteilernetze wird es einen steigenden Bedarf
an Flexibilität geben. Im Rahmen einer rechtlichen Neuordnung zum Lastmanagement sollte es Stromnetzbe-
treibern daher erleichtert werden, Stromeinspeisung und -entnahme optimaler aufeinander abzustimmen.

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