BT-Drucksache 18/8921

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/7456, 18/8908 - Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Kulturgutschutzrechts

Vom 22. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8921
18. Wahlperiode 22.06.2016
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ulle Schauws, Omid Nouripour, Tabea Rößner, Katja
Dörner, Dr. Franziska Brantner, Kai Gehring, Elisabeth Scharfenberg,
Maria Klein-Schmeink, Kordula Schulz-Asche, Dr. Harald Terpe, Doris
Wagner, Beate Walter-Rosenheimer, Tom Koenigs, Dr. Tobias Lindner
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/7456, 18/8908 –

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Kulturgutschutzrechts

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Novellierung des Kulturgutschutzrechts ist überfällig, gerade angesichts des
Ausmaßes des Kulturraubes weltweit. Das hat nicht zuletzt der „Bericht der Bundes-
regierung zum Kulturgutschutz in Deutschland“ vom April 2013 deutlich gemacht.
Die Mängel des Kulturgüterrückgabegesetzes von 2007 müssen beseitigt werden
und die UNESCO-Konvention von 1970 über Maßnahmen zum Verbot und zur Ver-
hütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut, die
Deutschland erst 2007 ratifiziert hat, in wirksames nationales Recht umgesetzt wer-
den. Kulturgüter sind besondere Güter, die, wie in der UNESCO-Konvention zum
Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen festgehalten ist,
nicht nur einen ökonomischen, sondern auch einen ideellen Wert haben, den es zu
schützen gilt. Deutschland darf nicht länger „Umschlagplatz“ für sogenannte Raub-
kunst bleiben. Der illegale Handel mit archäologischen Objekten aus weltweiten
Grabungen muss endlich erschwert und unrechtmäßig ausgeführtes Kulturgut ande-
rer Staaten effektiver zurückgegeben werden können. Gerade auch vor dem Hinter-
grund des illegalen Handels mit Antiken in Kriegs- und Krisengebieten steht
Deutschland international in der moralischen und politischen Verantwortung seinen
Beitrag zu leisten.
Der Deutsche Bundestag begrüßt deshalb die Intention der Bundesregierung, auf
Grundlage der EU-Richtlinie RL 2014/60/EU durch neue Ein- und Ausfuhrregelun-
gen für einen besseren Schutz von vor allem archäologischen Kulturgütern Sorge zu
tragen und eine effektivere Rückgabepraxis von unrechtmäßig ausgeführten Kultur-
gütern zu befördern.

Drucksache 18/8921 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass das bislang für die Einfuhr geltende Listen-
prinzip abgeschafft und durch Ausfuhrgenehmigungen des Herkunftslandes ersetzt
werden soll. Vor allem für Krisengebiete wie Syrien oder Irak hat sich dieses Prinzip,
das die Einfuhr von Kulturgütern verbietet, wenn diese auf einer entsprechenden
Liste des Herkunftslandes standen, als kaum umsetzbar und damit als ein nicht ge-
eignetes Instrument erwiesen.
Der Deutsche Bundestag hält es für sinnvoll, dass beim Verkauf von Kulturgut in
Deutschland zukünftig detaillierte Sorgfaltspflichten für den Handel vorgesehen
sind.
Auch die gesetzlichen Nachbesserungen für den Bereich des Abwanderungsschutzes
sind sinnvoll. Zukünftig werden öffentliche Sammlungen in ihrer Gesamtheit unter
Schutz gestellt. Durch diese Regelung wird der gesellschaftliche Wert und der Auf-
trag von Museen, das kulturelle Erbe Deutschlands zu bewahren, bekräftigt. Zudem
verbessert die Unterschutzstellung der öffentlichen Sammlungen die Möglichkeiten
der Rückgabeforderung, beispielsweise im Fall von Diebstählen.
Transparente und präzise Regelungen für die Ein- und Ausfuhr von Kulturgütern
sowie Sorgfaltspflichten für den Handel sind wichtige Instrumente, um den legalen
Handel mit Kulturgütern zu stärken und illegale Geschäfte zu erschweren.
Mit der vorliegenden Novellierung werden damit wesentliche Mängel, die der „Be-
richt der Bundesregierung zum Kulturgutschutz in Deutschland“ vom April 2013
aufgezeigt hat, angegangen.
Der Deutsche Bundestag kritisiert aber, dass wichtige Aspekte, die insbesondere ei-
nen besseren Schutz von archäologischen Kulturgütern betreffen, außer Acht gelas-
sen wurden.
Die Legaldefinition des „Inverkehrbringen“ sollte um die Variante des „Vorrätighal-
ten zum Zwecke des Weiterverkaufens“ erweitert werden. Nur auf diese Weise kann
der illegale Handel mit Kulturgütern effektiv erschwert werden: Denn dieser findet
in der Regel nicht in Geschäften mit Auslage statt, sondern in Räumlichkeiten, die
der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Durch die Erweiterung der Legaldefinition
werden auch Kulturgüter, die sich in Lager- und Nebenräumen oder Werkstätten be-
finden und für den Verkauf „unter der Hand“ vorgesehen sind, erfasst und unterlie-
gen damit grundsätzlich den Pflichten in Kapitel 4. Verstöße gegen diese Pflichten
können dementsprechend geahndet werden.
Um einen umfassenderen und systematischeren Schutz von archäologischen Kultur-
gütern zu ermöglichen, sollten neben Kulturgut aus Staaten, für die Rote Listen ge-
fährdeter Kulturgüter des Internationalen Museumsrates veröffentlich wurden, auch
alle Kategorien gefährdeter Kulturgüter der Roten Liste des Internationalen Muse-
umsrates in den Anwendungsbereich des § 44 miteinbezogen werden. Nur so kann
ein umfassender Schutz von archäologischem Kulturgut sichergestellt werden.
Unter den Gesichtspunkten der Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind die Zu-
sammensetzung der Sachverständigenausschüsse ebenso wie deren Begründungen
für oder gegen eine Eintragung von Kulturgütern als national wertvoll ebenso wie
die Begründungen für oder gegen eine Löschung öffentlich zugänglich zu machen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

• die Definition des „Inverkehrbringen“ in § 2 Absatz 1 Nr. 9 um die Variante
des „Vorrätighalten zum Zweck des Weiterverkaufens“ zu erweitern;

• in § 2 Absatz 1 Nr. 11 klarzustellen, dass auch Sammlungen an Universitätsin-
stituten als „Kulturgut bewahrende Einrichtungen“ gelten;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8921
• die in § 44 Nr. 2 enthaltene Kategorie für erhöhte Sorgfaltspflichten beim ge-

werblichen Inverkehrbringen um Kulturgut, das unter einer der Kategorien ge-
fährdeter Kulturgüter der Roten Liste des Internationalen Museumsrates fällt,
zu ergänzen;

• dafür zu sorgen, dass nicht nur die Zusammensetzung der Sachverständigen-
ausschüsse der Länder im Internetportal zum Kulturgutschutz gem. § 4 veröf-
fentlicht werden. Auch die jeweiligen Begründungen für oder gegen eine Ein-
tragung von Kulturgütern als national wertvoll, sowie die jeweiligen Begrün-
dungen für oder gegen eine Löschung sind zu veröffentlichen sofern nicht durch
die Veröffentlichung personenbezogene Daten bekannt werden und schutzwür-
dige Interessen des Betroffenen das Transparenzinteresse im Kulturgutschutz
überwiegen oder Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse einer Veröffentlichung
entgegenstehen.

Berlin, den 21. Juni 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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