BT-Drucksache 18/8646

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 18/8235 - Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes

Vom 1. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8646
18. Wahlperiode 01.06.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
– Drucksache 18/8235 –

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes

A. Problem
In der Europäischen Union (EU) ist es im Sektor Milch und Milcherzeugnisse
verstärkt seit dem Jahr 2015 zu ernsthaften Störungen des Marktes durch das nied-
rigere Preisniveau auf dem Weltmarkt gekommen. Die Einschätzungen der
Marktentwicklungen lassen nach Ansicht der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
keine wesentlichen Produktionsverringerungen im Bereich der Milch und der
Milcherzeugnisse für die nächsten Jahre erkennen.

Um das erforderliche Marktgleichgewicht im Sektor Milch und Milcherzeugnisse
in der derzeit schwierigen Marktsituation zu erreichen, ermöglicht die Europäi-
sche Kommission seit dem 12. April 2016 anerkannten Erzeugerorganisationen,
deren Vereinigungen und anerkannten Branchenverbänden sowie Genossenschaf-
ten und anderen Formen von Erzeugerorganisationen freiwillige Vereinbarungen
und Beschlüsse über die Planung der Produktion im Sektor Milch und Milcher-
zeugnisse für einen Zeitraum von sechs Monaten. Hierfür hat die Europäische
Kommission die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2016/559 der Kommission
vom 11. April 2016 zur Genehmigung von Vereinbarungen und Beschlüssen über
die Planung der Produktion im Sektor Milch und Milcherzeugnisse sowie die De-
legierte Verordnung (EU) Nr. 2016/558 der Kommission vom 11. April 2016 zur
Genehmigung von Vereinbarungen und Beschlüssen von Genossenschaften und
anderen Formen von Erzeugerorganisationen im Sektor Milch und Milcherzeug-
nisse über die Planung der Erzeugung erlassen.

Zur Durchführung der genannten EU-Verordnungen in der Bundesrepublik
Deutschland sind die existierenden Verordnungsermächtigungen des Gesetzes zur
Weiterentwicklung der Marktstruktur im Agrarbereich (Agrarmarktstrukturge-
setz) nicht ausreichend.

B. Lösung
Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes.

Drucksache 18/8646 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD in Abwesenheit der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Annahme einer Entschließung mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD in Abwesenheit der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Bund

Keine.

Länder und Kommunen

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Den Bürgerinnen und Bürgern entsteht kein Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Der Wirtschaft entsteht durch die nach Inkrafttreten des Gesetzes zu erlassende
Verordnung allenfalls ein geringfügiger Erfüllungsaufwand, der derzeit auf ca.
2000 Euro geschätzt wird. Im Sinne der „One in, one out“-Regelung wird dieser
marginale Anstieg des Erfüllungsaufwands durch einen Teil der durch die Agrar-
statistikverordnung realisierten Entlastungen kompensiert.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Durch dieses Gesetz entsteht der Verwaltung lediglich ein geringfügiger Erfül-
lungsaufwand, der derzeit auf ca. 250 Euro geschätzt wird.

F. Weitere Kosten
Es entstehen keine Kosten für Unternehmen und Verbraucher durch dieses Ge-
setz. Auswirkungen auf Einzelpreise, auf das Preisniveau, insbesondere auf das
Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8646
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/8235 mit folgenden Maßgaben, im
Übrigen unverändert anzunehmen:

Artikel 1 wird wie folgt geändert:

1. Der Nummer 1 wird folgende Nummer 1 vorangestellt:

,1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

a) Nach der Angabe zu § 4 wird folgende Angabe eingefügt:

„§ 4a Allgemeinverbindlichkeit“.

b) Nach der Angabe zu § 6 wird folgende Angabe eingefügt:

㤠6a Gestaltung von Vertragsbeziehungen zwischen Er-
zeugern und Verarbeitern“.‘

2. Die bisherige Nummer 1 wird Nummer 2 und wie folgt gefasst:

‚2. § 1 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 1 wird das Wort „und“ am Ende gestrichen.

bb) In Nummer 2 wird der Punkt am Ende durch das Wort
„und“ ersetzt.

cc) Folgende Nummer 3 wird angefügt:

„3. der im Unionsrecht vorgesehenen Gestaltung von
Vertragsbeziehungen zwischen Erzeugern und
Verarbeitern.“

b) Folgender Absatz 4 wird angefügt:

„(4) Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 ist auch anzuwenden
auf Vereinbarungen und Beschlüsse

1. nicht anerkannter Vereinigungen landwirtschaftlicher
Erzeugerbetriebe oder

2. nicht anerkannter Vereinigungen dieser Erzeugerverei-
nigungen (sonstiger Vereinigungen), soweit zur Durch-
führung des Unionsrechts eine Erstreckung der Vor-
schriften für Agrarorganisationen auf sonstige Vereini-
gungen sachlich gerechtfertigt ist.“ ‘

3. Nach der neuen Nummer 2 werden die folgenden Nummern 3 und 4
eingefügt:

,3. In § 3 Absatz 1 werden die Wörter „mit Absatz 3“ durch die Wör-
ter „mit den Absätzen 3 und 4“ ersetzt.

Drucksache 18/8646 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

4. Nach § 4 wird folgender § 4a eingefügt:

㤠4a

Allgemeinverbindlichkeit

(1) Soweit das Unionsrecht den Mitgliedstaaten die Mög-
lichkeit eröffnet, dass Vereinbarungen, Beschlüsse oder aufeinan-
der abgestimmte Verhaltensweisen einer anerkannten Agrarorga-
nisation (Vorschriften) für dieser Agrarorganisation nicht angehö-
rende Einzelunternehmen oder Gruppierungen (Nichtmitglieder)
für verbindlich erklärt werden können (Allgemeinverbindlich-
keit), wird das Bundesministerium ermächtigt, im Einvernehmen
mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch
Rechtsverordnung nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 und einer
Rechtsverordnung auf Grund des Absatzes 4 die Allgemeinver-
bindlichkeit ganz oder teilweise anzuordnen.

(2) Eine Rechtsverordnung darf nur ergehen, um negativen
Folgen für den betreffenden Erzeugnisbereich zu begegnen,

1. die Nichtmitglieder verursachen und

2. die durch deren Erfassung vermindert werden können.

(3) Die Rechtsverordnung

1. ist nur auf Grund eines schriftlichen oder elektronischen An-
trages der Agrarorganisation beim Bundesministerium und
nach Anhörung der betroffenen Nichtmitglieder zulässig,

2. ist auf höchstens zehn Jahre zu befristen,

3. hat die Agrarorganisation einschließlich des von der Allge-
meinverbindlichkeit erfassten räumlichen Bereichs anzufüh-
ren und die jeweilige Vorschrift im Wortlaut zu enthalten.

Der Antrag kann wiederholt gestellt werden.

(4) Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einverneh-
men mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
durch Rechtsverordnung, die mit Ausnahme der Regelung zu
Nummer 1 der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln

1. nach Maßgabe des Satzes 2 die Erzeugnisbereiche, für die
eine Rechtsverordnung nach Absatz 1 erlassen werden kann,

2. das Antrags- und Anhörungsverfahren,

3. die Voraussetzungen und das Verfahren für die vorzeitige
Aufhebung einer Rechtsverordnung nach Absatz 1, ein-
schließlich von Mitteilungspflichten,

4. die Voraussetzungen für die Bestimmung des Repräsentativi-
tätsgrads eines Branchenverbands nach Maßgabe des Uni-
onsrechts, soweit das Unionsrecht den Repräsentativitätsgrad
nicht abschließend regelt.

Die Einbeziehung eines Erzeugnisbereichs nach Satz 1 Nummer 1
darf nur erfolgen, soweit dies zur Verhinderung oder Beseitigung

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8646

von Nachteilen für die Entwicklung des jeweils betroffenen Er-
zeugnisbereichs zweckmäßig ist.

(5) Für die vorzeitige Aufhebung einer Rechtsverordnung
nach Absatz 1 sind das Einvernehmen des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Energie und die Zustimmung des Bundesrates
nicht erforderlich.

(6) Bezieht sich eine nach dem Unionsrecht ermöglichte Er-
klärung der Allgemeinverbindlichkeit auf einen räumlichen Be-
reich in dem Gebiet nur eines Landes, ist anstelle des Bundesmi-
nisteriums die Landesregierung zuständig, eine Rechtsverordnung
nach Absatz 1 zu erlassen, wobei in Absatz 3 Nummer 1 anstelle
des Bundesministeriums die nach Landesrecht zuständige Stelle
tritt. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf oberste Lan-
desbehörden übertragen.“ ‘

4. Die bisherige Nummer 2 wird Nummer 5.

5. Nach Nummer 5 wird folgende Nummer 6 eingefügt:

,6. Nach § 6 wird folgender § 6a eingefügt:

㤠6a

Gestaltung von Vertragsbeziehungen zwischen Erzeugern und
Verarbeitern

(1) Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einverneh-
men mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates be-
darf, zur Durchführung unionsrechtlicher Bestimmungen über die
Gestaltung von Vertragsbeziehungen zwischen Erzeugern und
Verarbeitern Vorschriften über

1. die Gestaltung der Vertragsbeziehungen, soweit sie nach dem
Unionsrecht bestimmt oder bestimmbar ist, und

2. das Verfahren

zu erlassen.

(2) Soweit das Unionsrecht den Mitgliedstaaten die Mög-
lichkeit eröffnet, das in Absatz 1 bezeichnete Unionsrecht anzu-
wenden, kann in einer Rechtsverordnung nach Absatz 1 die An-
wendung ganz oder teilweise nach Maßgabe des Satzes 2 angeord-
net werden. Eine Rechtsverordnung darf nur ergehen, soweit dies
zur Verhinderung oder Beseitigung von Nachteilen für die Ent-
wicklung des jeweils betroffenen Erzeugnissektors sachgerecht
ist.

(3) Soweit das in Absatz 1 bezeichnete Unionsrecht für die
Mitgliedstaaten einen Gestaltungsspielraum enthält, ist die
Rechtsverordnung nach Absatz 1

1. an einer Verbesserung der Strukturen des jeweils betroffenen
Erzeugnissektors und

2. den Erfordernissen eines möglichst geringen Verfahrens- und
Überwachungsaufwandes auszurichten.“ ‘

Drucksache 18/8646 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. Nach Nummer 6 wird folgende Nummer 7 eingefügt:

,7. § 8 Absatz 1 Nummer 2 wird wie folgt geändert:

a) In Buchstabe a werden die Wörter „§ 5 Absatz 2 Nummer 3“
durch die Wörter „§ 4a Absatz 4 Satz 1 Nummer 3, § 5 Ab-
satz 2 Nummer 3, § 6a Absatz 1 Nummer 2“ ersetzt.

b) Dem Buchstaben b werden die Wörter „oder § 6a Absatz 1
Nummer 1“ angefügt.‘

7. Die bisherige Nummer 3 wird Nummer 8.;

b) folgende Entschließung anzunehmen:

„Weite Teile der Landwirtschaft befinden sich in einer existentiellen Markt-
krise. Eine wesentliche Ursache liegt darin, dass bestehende Möglichkeiten
zur Verbesserung der Marktstellung von Erzeugern nicht genutzt werden.

Hier ist zuallererst die Branche selbst gefordert. Die Koalitionsfraktionen
geben ihr dafür mit der Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes ein Instru-
ment an die Hand, sich stärker als bisher in der Branche zusammen zu schlie-
ßen und Branchenvereinbarungen für allgemeinverbindlich zu erklären.

Das beste Instrument hilft nicht, wenn es nicht genutzt wird. Hier sprechen
wir insbesondere die Genossenschaften an. Schon heute eröffnet das Genos-
senschaftsrecht die Möglichkeit, mehr Flexibilität im Bereich der Lieferbe-
ziehungen zu schaffen. Davon wird aber kaum Gebrauch gemacht.

Wir erwarten von den Genossenschaften, in eigener Verantwortung kurz-
fristig tragfähige Lösungen zur Verbesserung der Marktstellung ihrer Er-
zeuger anzugehen.

Wir fordern die Bundesregierung auf, diesen Weg durch entsprechende
Rechtsetzungen konsequent zu gestalten.“

Berlin, den 1. Juni 2016

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Alois Gerig
Vorsitzender

Kees de Vries
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Karin Binder
Berichterstatterin

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/8646
Bericht der Abgeordneten Kees de Vries, Dr. Wilhelm Priesmeier, Karin Binder und
Friedrich Ostendorff

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 167. Sitzung am 28. April 2016 den Gesetzentwurf der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD auf Drucksache 18/8235 erstmals beraten und an den Ausschuss für Ernährung und Land-
wirtschaft zur federführenden Beratung und zur Mitberatung an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie sowie
den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In der Europäischen Union (EU) ist es im Sektor Milch und Milcherzeugnisse verstärkt seit dem Jahr 2015 zu
ernsthaften Störungen des Marktes durch das niedrigere Preisniveau auf dem Weltmarkt gekommen. Die Ein-
schätzungen der Marktentwicklungen lassen nach Ansicht der Fraktionen der CDU/CSU und SPD keine wesent-
lichen Produktionsverringerungen im Bereich der Milch und der Milcherzeugnisse für die nächsten Jahre erken-
nen.

Die am 1. Januar 2014 in Kraft getretene Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und
zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG)
Nr. 1234/2007 – Gemeinsame Marktorganisation (GMO) – sieht in den Artikeln 219 bis 222 ein Instrumentarium
außergewöhnlicher Maßnahmen zur Markstützung für Fälle von drohenden oder bereits eingetretenen Marktstö-
rungen vor. Nach Artikel 219 GMO kann die Europäische Kommission (nachfolgend Kommission) im Wege
delegierter Rechtsakte die Maßnahmen erlassen, die erforderlich sind, um effizient und wirksam gegen Marktstö-
rungen vorzugehen, die durch erhebliche Preissteigerungen oder Preisrückgänge auf internen oder externen Märk-
ten oder andere Ereignisse oder Umstände hervorgerufen werden, durch die der Markt erheblich gestört wird oder
gestört zu werden droht.

Dazu können – soweit dies erforderlich ist – insbesondere Maßnahmen in Betracht kommen, die den Geltungsbe-
reich, die Dauer oder andere Aspekte von in der GMO vorgesehenen Maßnahmen ausdehnen oder ändern. Aus
unabweisbaren Dringlichkeitsgründen können die Maßnahmen durch delegierte Rechtsakte der Kommission im
Dringlichkeitsverfahren erlassen werden, die umgehend in Kraft treten und die anwendbar sind, solange keine
Einwände des Europäischen Parlaments oder des Rates der EU erhoben werden. Die Kommission kann Durch-
führungsrechtsakte mit den erforderlichen Verfahrensvorschriften und technischen Kriterien erlassen.

Um das erforderliche Marktgleichgewicht im Sektor Milch und Milcherzeugnisse in der derzeit schwierigen
Marktsituation zu erreichen, ermöglicht die Kommission seit dem 12. April 2016 anerkannten Erzeugerorganisa-
tionen, deren Vereinigungen und anerkannten Branchenverbänden sowie Genossenschaften und anderen Formen
von Erzeugerorganisationen freiwillige Vereinbarungen und Beschlüsse über die Planung der Produktion im Sek-
tor Milch und Milcherzeugnisse für einen Zeitraum von sechs Monaten. Sie hat damit die befristete Möglichkeit
geschaffen, die Rohmilchproduktion innerhalb der EU auf freiwilliger Basis zu regulieren. Hierfür hat die Kom-
mission die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2016/559 der Kommission vom 11. April 2016 zur Genehmi-
gung von Vereinbarungen und Beschlüssen über die Planung der Produktion im Sektor Milch und Milcherzeug-
nisse sowie die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 2016/558 der Kommission vom 11. April 2016 zur Genehmi-
gung von Vereinbarungen und Beschlüssen von Genossenschaften und anderen Formen von Erzeugerorganisati-
onen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse über die Planung der Erzeugung erlassen.

Drucksache 18/8646 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zur nationalen Umsetzung der beiden genannten EU-Verordnungen ist der Anwendungsbereich des Gesetzes zur
Weiterentwicklung der Marktstruktur im Agrarbereich (Agrarmarktstrukturgesetz) zu erweitern. Bisher enthält
das Agrarmarktstrukturgesetz eine Ermächtigung zum Erlass von Verordnungen zur Umsetzung von EU-Be-
schlüssen und Vereinbarungen bei schweren Marktungleichgewichten. Diese Verordnungsermächtigung bezieht
sich bisher auf anerkannte Agrarorganisationen. Nicht erfasst sind bisher Vereinbarungen und Beschlüsse nicht
anerkannter Agrarorganisationen. Zu den Agrarorganisationen im Milchsektor zählen die Erzeugergemeinschaf-
ten und deren Vereinigungen und Branchenverbände sowie die Genossenschaften (Molkereien). Der Anwen-
dungsbereich des Agrarmarktstrukturgesetzes muss daher auf nicht anerkannte Agrarorganisationen ausgedehnt
werden.

Wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs

Der Entwurf enthält in Nummer 1 eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Gesetzes, um Rechtsakte der
EU auch betreffend nicht anerkannter Agrarorganisationen durchführen zu können.

Nummer 2 enthält eine Ermächtigungsgrundlage, eine Rechtsverordnung über Vereinbarungen und Beschlüsse
während schwerer Ungleichgewichte auf den Märkten auch betreffend nicht anerkannter Agrarorganisationen zur
Durchführung von Rechtsakten der Kommission zu erlassen.

Nummer 3 ermächtigt zum Erlass von Rechtsverordnungen auch ohne Zustimmung des Bundesrates, wenn ihr
unverzügliches Inkrafttreten zur Durchführung des Unionsrechts erforderlich ist und ihre Geltungsdauer auf einen
bestimmten Zeitraum von höchstens sechs Monaten begrenzt wird.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat in seiner 78. Sitzung am 1. Juni 2016 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
empfohlen, den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/8235 in der Fassung des Änderungsantrags der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD (Ausschussdrucksache 18(10)416) anzunehmen.

Der Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD (Ausschussdrucksache 18(10)417) wurde mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat in seiner 63. Sitzung am 1. Juni 2016 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/8235 in der Fassung des Ände-
rungsantrages der Fraktionen der CDU/CSU und SPD (Ausschussdrucksache 18(10)416) anzunehmen.

Der Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD (Ausschussdrucksache 18(10)417) wurde mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

1. Abschließende Beratung

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/8235 in seiner
56. Sitzung am 11. Mai 2016 anberaten und in 57. Sitzung am 1. Juni 2016 abschließend beraten.

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD brachten in der 57. Sitzung am 1. Juni 2016 zum Gesetzentwurf der
Bundesregierung einen Änderungsantrag auf Ausschussdrucksache 18(10)416 ein. Sie brachten ferner zum Ge-
setzentwurf einen Entschließungsantrag auf Ausschussdrucksache 18(10)417 ein.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, der Milchmarkt befinde sich für alle erkennbar in einer ernsten Krise. Sie
könne nur gelöst werden, indem die Branche allgemein weniger Milch produziere. Derzeit gebe es keine positiven

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/8646
Anzeichen dafür, dass die Nachfrage nach Milch auf dem Markt wieder schnell zunehmen könnte. Mit dem Ent-
wurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes der Fraktionen von CDU/CDU und
SPD – Bundestagsdrucksache 18/8235 – werde der Branche die Möglichkeit gegeben, auf freiwilliger Basis eine
befristete Absprache zur Begrenzung der Milchmenge vorzunehmen. Mit dem Änderungsantrag der Fraktionen
von CDU/CSU und SPD – Ausschussdrucksache 18(10)416) – würden zudem u.a. Regelungen über die Allge-
meinverbindlichkeit in den Gesetzentwurf aufgenommen. Unter der Einbeziehung der im Änderungsantrag ent-
haltenen Regelungen eröffne der Gesetzentwurf die Chance, dass deutlich weniger Milch produziert werde. Der
Gesetzentwurf sei zielführend und seine zügige Verabschiedung dringend geboten, um mit ihm die deutsche
Milchwirtschaft unterstützen zu können.

Die Fraktion der SPD äußerte, es bestehe im Bereich des Milchmarktes insbesondere aufgrund der Entwicklung
beim Milchpreis dringender Handlungsbedarf. Auf der Grundlage aktueller Rechtsakte der EU seien neue Mög-
lichkeiten für den Milchmarkt geschaffen worden, welche mit dem Gesetzentwurf in nationales Recht umgesetzt
würden. In diesem Zusammenhang sei auch zu reflektieren, welche strukturellen Veränderungen im Milchmarkt
– vor allem im Verhältnis der Vertragsbeziehungen zwischen Milcherzeugern und dem verarbeitenden Sektor –
angegangen werden sollten. Der Gesetzentwurf eröffne für den Milchsektor die Möglichkeit, befristete Vereinba-
rungen zu treffen. Somit könnte die Milchmenge, die auf den Markt gebracht werde, mit entsprechenden Abspra-
chen reduziert werden. Diese Möglichkeit werde nicht nur auf der Ebene der Molkereien, sondern übergreifend
für den gesamten Bereich entlang der Milchkette geschaffen. Der Entschließungsantrag – Ausschussdrucksache
18(10)417 – setze in Hinblick auf den Bereich der Genossenschaften, der 65 Prozent der am Markt befindlichen
Milchmenge bündele, das Zeichen, sich entsprechend zu bewegen und zu flexiblen Regelungen zu kommen. Die
Vertragsbeziehungen zwischen jedem einzelnen Lieferanten und seiner Molkerei müssten erzeugerfreundlicher
geregelt werden, was zunächst die Aufgabe des Sektors selber sei. Wenn diese Regelungen sich nicht als ausrei-
chend zeigen sollten, behalte sich die Fraktion der SPD vor, mit Vorschlägen zu rechtlichen Rahmenbedingungen
zugunsten der Erzeuger erneut tätig zu werden.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte, die Fraktionen der CDU/CSU und SPD hätten ihren Änderungsantrag –
Ausschussdrucksache 18(10)416 – dem Ausschuss erst unmittelbar vor der Beratung im Ausschuss vorlegt. Die
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hätten in der Kürze der Zeit keine Möglichkeit mehr
besessen, die in diesem Änderungsantrag enthaltenen neuen Regelungen in ihren Auswirkungen, die möglicher-
weise für die deutsche Landwirtschaft gravierend sein könnten, ausreichend zu bewerten. Ihnen sei es somit nicht
möglich, zu prüfen, ob der Gesetzentwurf – Bundestagsdrucksache 18/8235 – unter Berücksichtigung des Ände-
rungsantrages die Situation der Landwirte verbessere oder verschlechtere. Es bedürfe mehr Zeit zur parlamenta-
rischen Beratung von Gesetzentwurf und Änderungsantrag, wozu auch eine öffentliche Anhörung gehöre. Der
Gesetzentwurf werde die Probleme auf dem Milchmarkt nicht lösen. Ursache der Krise sei das Überangebot von
Milch, welches insbesondere durch die von den Fraktionen der CDU/CDU und SPD unterstützte Aufhebung der
Milchquote auf Ebene der EU entstanden sei. Es sei vorhersehbar gewesen, dass die Milchbauern durch Erhöhung
ihrer Kapazitäten die Preisverluste auszugleichen versuchten. Die Stärkung der Regionalität bei Milch durch ein
verbindliches regionales Siegel böte die größte Chance, die Milcherzeuger durch faire Erzeugerpreise in ihrer
Existenz zu unterstützen. Insbesondere Änderungen am Vertragsrecht seien Operationen am offenen Herzen und
müssten deshalb intensiv diskutiert und nicht im Hauruckverfahren durchgepeitscht werden. Aus diesen Gründen
würden die Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. nicht an der Abstimmung teilnehmen und aus Protest gegen
dieses Vorgehen den Saal verlassen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN äußerte, sie schließe sich der Kritik der Fraktion DIE LINKE. am
parlamentarischen Vorgehen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD in Bezug auf die Beratungen zur Novelle
des Agrarmarktstrukturgesetzes im Ausschuss an. Es könne nicht sein, dass bei einem Eckpfeiler wie dem Agrar-
marktstrukturgesetz und der Frage, wie zukünftig der Milchmarkt in Deutschland geregelt werden solle, den Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN keine ausreichende Beratungszeit eingeräumt werde. Die
Milcherzeuger und die Bundesländer hätten in Bezug auf den „Milchgipfel“ des Bundesministeriums für Ernäh-
rung und Landwirtschaft (BMEL) am 30. Mai 2016 in Berlin deutlich gemacht, dass sie in die Diskussion über
mögliche Maßnahmen für den Milchmarkt einbezogen werden wollten. Die Inhalte des Änderungsantrages –
Ausschussdrucksache 18(10)416 –, die z. B. tief in das Genossenschaftsrecht eingriffen, erforderten eine öffent-
liche Anhörung des Ausschusses. Diese wichtige Gesetzesänderung als Tischvorlage abzuhandeln, trage dem
Ernst der Lage nicht Rechnung. Die Milchviehhalter in Deutschland bräuchten endlich das Signal der Politik, dass
über ihre Belange ernsthaft beraten werde. Notwendig sei eine Novelle des Agrarmarktstrukturgesetzes, die eine

Drucksache 18/8646 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
stärkere Erzeugerbündelung möglich mache und Anregungen des Präsidenten des Bundeskartellamtes Andreas
Mundt für den Milchmarkt, die er persönlich im Ausschuss in der 56. Sitzung am 11. Mai 2016 vorgetragen habe,
aufnehme. Aus diesen Gründen würden die Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht an der
Abstimmung teilnehmen und aus Protest gegen dieses Vorgehen den Saal verlassen.

Die Bundesregierung erklärte, die Kommission der EU habe im April 2016 mit Rechtsakten für anerkannte Ag-
rarorganisationen und nicht anerkannte Erzeugerorganisationen die befristete Möglichkeit geschaffen, die Roh-
milchproduktion auf freiwilliger Basis zu regulieren. Anerkannte und nicht anerkannte Erzeugervereinigungen,
wie z. B. genossenschaftlich organisierte Molkereien, könnten somit im Milchsektor befristet für einen Zeitraum
von sechs Monaten freiwillige gemeinsame Vereinbarungen treffen. Mit der Änderung des Agrarmarktstruktur-
gesetzes werde die Grundlage für die nationale Durchführung des EU-Rechts geschaffen werden. Mit dem Ände-
rungsantrag auf Ausschussdrucksache 18(10)416 sollen in die Gesetzesnovelle Regelungen zur Allgemeinver-
bindlichkeit sowie Vorschriften zur Gestaltung von Vertragsbeziehungen zwischen Erzeugern und Verarbeitern
aufgenommen werden. Nach der Regelung zur Allgemeinverbindlichkeit könnten Vereinbarungen, Beschlüsse
oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen einer anerkannten Agrarorganisation für Nichtmitglieder ver-
bindlich erklärt werden. Allerdings sei es nach dem Recht der EU derzeit nicht möglich, Allgemeinverbindlich-
keitserklärungen auf Mengenbeschränkungen zu erstrecken. Die Vorschrift zur Gestaltung von Vertragsbeziehun-
gen ermächtige das BMEL im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die erfor-
derlichen Ausgestaltungs- und Verfahrensvorschriften zu treffen.

2. Abstimmungsergebnis

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD in Abwesenheit der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Änderungsantrag der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Ausschussdrucksache 18(10)416 anzunehmen.

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD in Abwesenheit der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Deutschen Bun-
destag zu empfehlen, den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/8235 in geänderter Fassung anzunehmen.

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD in Abwesenheit der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Entschließungsantrag
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Ausschussdrucksache 18(10)417 anzunehmen.

B. Besonderer Teil
Im Folgenden werden lediglich die vom Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft empfohlenen Änderungen
gegenüber der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs erläutert.

Zu Artikel 1

Zu den Nummern 1 bis 3

Die Änderungen sind redaktionelle Folgeänderungen auf Grund der Änderungen in den Nummern 4 und 5.

Zu Nummer 4 (§ 4a)

Artikel 164 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktordnung für landwirtschaftliche
Erzeugnisse sieht vor, dass die Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen von dem Instrument der All-
gemeinverbindlichkeitserklärung Gebrauch machen können. § 4a schafft die Voraussetzungen dafür, dass das
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Ein-vernehmen mit dem Bundesministerium für Wirt-
schaft und Energie durch Verordnung den betroffenen Erzeugnissektor und das Verfahren der Anordnung einer
Allgemeinverbindlichkeit regeln und die Anordnung einer Allgemeinverbindlichkeit vornehmen kann.

Zu Nummer 6 (§ 6a)

§ 6a dient der Durchführung der Gestaltung von Vertragsbeziehungen zwischen Erzeugern und Verarbeitern, so-
weit dazu Regelungen im Unionsrecht bestehen. Derzeit handelt es sich dabei um die Artikel 148 und 168 der
Verordnung (EU) Nr. 1308/2013. Während der zweitgenannte Artikel alle Erzeugnissektoren außer Milch und
Zucker erfasst, bezieht sich Artikel 148 auf den Milchsektor. Bis auf die in Artikel 168 Absatz 3 der Verordnung

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/8646
(EU) Nr. 1308/2013 normierte Option einer Schiedsstelle, die sich in Artikel 148 der Verordnung (EU)
Nr. 1308/2013 nicht findet, sind beide Bestimmungen im Wesentlichen inhaltsgleich. Dies beruht darauf, dass die
aus dem EU-Milchpaket von 2012 stammende Milch bezogene Bestimmung das Vorbild für die horizontal ange-
legte Bestimmung, die im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2014/15 geschaffen wurde,
war.

Beide Bestimmungen überlassen den Mitgliedstaaten die Entscheidung, ob und im Falle der horizontalen Bestim-
mung, für welche Erzeugnisbereiche sie genutzt werden sollen. Daher ermächtigt § 6a mit Absatz 1 nicht nur, die
erforderlichen Ausgestaltungs- und Verfahrensvorschriften zu treffen, sondern sieht in Absatz 2 auch die Mög-
lichkeit vor, die unionsrechtlichen Anwendungsoptionen zu nutzen. Hierbei wird als Entscheidungsleitlinie die
Verhinderung von Nachteilen für die Entwicklung des jeweils betroffenen Erzeugnissektors vorgegeben. Insbe-
sondere die aktuell schwierige Lage auf dem Milchmarkt der EU und Deutschlands bildet ein Beispiel für die
Erfüllung dieses Kriteriums, da die hohe Produktion von Rohmilch mit auf die noch nicht dem neuen Marktge-
schehen (vor allem dem Auslaufen des unionsrechtlichen Milchquotenregelung zum 1. April 2015) angepassten
Vertragsbeziehungen zurückgeht.

Insofern ist in der entsprechenden Rechtsverordnung zu regeln, für welche Erzeugnisbereiche die Anordnungs-
möglichkeit genutzt wird. Als Regelungsort soll die bestehende Agrarmarktstrukturverordnung vorgesehen wer-
den.

Absatz 3 regelt die Konstellation, dass das Unionsrecht entweder zwingend die Gestaltung der Vertragsbeziehun-
gen vorsieht (derzeit nicht der Fall) oder im Falle einer fakultativen Regelung die Anwendungsmöglichkeit des
Absatzes 2 genutzt wird und das Unionsrecht in einzelnen Punkten bei der Durchführung oder Ausgestaltung
zwingende oder fakultative Ausgestaltungsspielräume für die Mitgliedstaaten bereithält, die über die Verord-
nungsermächtigung des Ab-satzes 1 Nummer 1 hinausgehen. Zu erwähnen ist etwa die Bestimmung einer Min-
destlaufzeit der Verträge (mindestens sechs Monate), so wie es in paralleler Formulierung Artikel 148 Absatz 4
Unterabsatz 2 Buchstabe a und Artikel 168 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU)
Nr. 1308/2013 vorsehen. Nicht möglich ist auf der Grundlage des Absatzes 3, als Konsequenz der Nutzung der
Anwendungsoption des Absatzes 2 zwingend vorgegebenes Unionsrecht abzuändern. So können beispielsweise
die Mitgliedstaaten nicht von Artikel 148 Absatz 2 bzw. Artikel 168 Absatz 4 der Verordnung (EU)
Nr. 1308/2013 abweichen, da Artikel 148 Absatz 1 Unterabsatz 1 bzw. Artikel 168 Absatz 1 Verordnung (EU)
Nr. 1308/2013 auf den jeweiligen Absatz als Ganzes verweisen und der jeweilige Absatz keine Ausgestaltungs-
spielräume für die Mitgliedstaaten enthält. Eine Ausnahme bildet allein erwähnt die Mindestvertragslaufzeit, da
ein solcher Ausgestaltungsspielraum gesondert geregelt ist.

Die Möglichkeit, die erforderlichen Überwachungsvorschriften zu erlassen, ergibt sich aus § 7 Absatz 1 des Ag-
rarmarktstrukturgesetzes, da die Definition des Agrarorganisationenrechts in § 3 des Agrarmarktstrukturgesetzes
sämtliches im Rahmen des Agrarmarktstrukturgesetzes bestehende Recht sowie das zugehörige, in § 1 Absatz 2
des Agrarmarktstrukturgesetzes genannte Unionsrecht umfasst.

Berlin, den 1. Juni 2016

Kees de Vries
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Karin Binder
Berichterstatterin

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.