BT-Drucksache 18/8576

Umsetzungsstand der Medizinischen Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen

Vom 25. Mai 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8576
18. Wahlperiode 25.05.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Corinna Rüffer, Dr. Harald Terpe,
Kordula Schulz-Asche, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Franziska Brantner,
Katja Dörner, Kai Gehring, Tabea Rößner, Ulle Schauws, Doris Wagner,
Beate Walter-Rosenheimer, Ekin Deligöz, Britta Haßelmann,
Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umsetzungsstand der Medizinischen Behandlungszentren für Erwachsene mit
geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen

Mit Vollendung des 18. Lebensjahres werden Menschen mit geistiger Behinde-
rung oder schweren Mehrfachbehinderungen bisher weitgehend von der Versor-
gung durch spezialisierte Ärztinnen und Ärzte sowie Therapeutinnen und Thera-
peuten ausgeschlossen, da bestehende Sozialpädiatrische Zentren (SPZ) durch
gesetzliche Regelungen auf Kinder und Jugendliche beschränkt sind. Dies bringt
oftmals eine deutliche Verschlechterung ihrer Gesundheitsversorgung und damit
ihres Gesundheitszustandes mit sich.
Die Kenntnisse zur Behandlung von Menschen mit geistiger oder mehrfacher Be-
hinderung sind in der Regelversorgung nicht ausreichend vorhanden. Wechselbe-
ziehungen zwischen akuten und chronischen Erkrankungen einerseits und in
Kombination auftretenden Beeinträchtigungen andererseits stellen eine beson-
dere fachliche Herausforderung für die medizinische Versorgung dar. Es liegen
oft spezifische Behandlungsbedarfe vor, die von den Angeboten der Regelversor-
gung nicht angemessen erfüllt werden. In vielen Arztpraxen gibt es Unzuläng-
lichkeiten sowohl in der baulichen als auch in der kommunikativen Barrierefrei-
heit. Außerdem sind die Bedarfe von Menschen mit Behinderung oft nicht aus-
reichend in den Ausbildungen der Gesundheitsberufe verankert. Mit der Unter-
zeichnung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen hat sich
Deutschland verpflichtet, das in Artikel 25 festgelegte Recht von Menschen mit
Behinderung auf gleichen und diskriminierungsfreien Zugang zu allen allgemei-
nen Angeboten des Gesundheitssystems zu sichern. Außerdem stehen Menschen
mit Behinderung diejenigen Leistungen zu, die sie speziell aufgrund ihrer Behin-
derung benötigen.
Am 23. Juli 2015 trat das Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) in Kraft, das
die Voraussetzungen für die Schaffung einer ambulanten Struktur schafft, die sich
an den Bedarfen von Menschen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehr-
fachbehinderungen orientiert. Mit § 119c des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch
(SGB V) wurde die gesetzliche Grundlage für die Errichtung von Medizinischen
Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren
Mehrfachbehinderungen (MZEB) geschaffen. Darüber hinaus wurden im neuen

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§ 43b SGB V die nichtärztlichen Leistungen im Rahmen solcher Behandlungs-
zentren geregelt und die MZEB in den § 120 SGB V einbezogen, um Pauschal-
vergütungen zu ermöglichen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Plant die Bundesregierung, den Umsetzungsstand des § 119c SGB V zu

überprüfen?
Wenn ja, wann ist eine Evaluation geplant?
Wenn nein, warum nicht?

2. a) Wie viele Ermächtigungen nach § 119c SGB V wurden nach Kenntnis
der Bundesregierung bisher beantragt?

b) Wie viele dieser Anträge wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
bisher positiv beschieden?

c) Wie viele dieser Anträge wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
abgelehnt, und mit welcher Begründung?

3. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, welche Träger bis-
her eine Ermächtigung nach § 119c SGB V beantragt haben?

4. Mit welchen fachlichen Ausrichtungen und Spezialisierungen wurden nach
Kenntnis der Bundesregierung Anträge auf Ermächtigung nach § 119c
SGB V gestellt?

5. Plant die Bundesregierung die Schaffung bundeseinheitlicher Vorgaben
oder Richtlinien zur Ausgestaltung der MZEB über die gesetzliche Rege-
lung im GKV-VSG hinaus?
Wenn ja, welche konkreten Regelungen wird die Bundesregierung vor-
schlagen, und wann dem Deutschen Bundestag vorlegen?
Wenn nein, warum nicht?

6. Inwiefern sind nach Kenntnis der Bundesregierung Behindertenverbände
an den Sitzungen der Zulassungsausschüsse beteiligt?

7. An welchen Kriterien orientieren die Zulassungsausschüsse nach Kenntnis
der Bundesregierung ihre Entscheidungen über Ermächtigungen?

8. Inwiefern orientieren sich die Zulassungsausschüsse nach Kenntnis der
Bundesregierung an den Empfehlungen, die in der Rahmenkonzeption
MZEB von den Fachverbänden für Menschen mit Behinderung ausgespro-
chen wurden?

9. Welche Pauschalvergütungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
für bewilligte MZEB bisher ausgehandelt?

10. Plant die Bundesregierung die Schaffung bundeseinheitlicher Vorgaben
oder Richtwerte für die Pauschalvergütungen?

11. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung gewährleistet, dass die Pau-
schalvergütungen ausreichend sind, um die Qualität von Behandlung und
Ausstattung in den MZEB sicherzustellen?

12. Inwiefern werden nach Kenntnis der Bundesregierung Behindertenver-
bände in die Verhandlungen der Behandlungspauschalen einbezogen?

13. Wie schätzt die Bundesregierung den bundesweiten Bedarf an der Errich-
tung von MZEB ein?

14. Welche Institutionen übernehmen nach Kenntnis der Bundesregierung die
Erstinvestitionskosten bei der Gründung eines MZEB?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8576
 

15. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung eine angemessene personelle Aus-
stattung der entstehenden MZEB gewährleistet?

16. Welche Modelle gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung, um eine an-
gemessene personelle Ausstattung in den MZEB zu fördern?

17. a) Welche Konzepte gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung zum Auf-
bau eines Kompetenznetzwerks aus MZEB mit unterschiedlicher fach-
licher Ausrichtung, das ermöglicht, die verschiedenen Bedarfe zu de-
cken, ohne dass jedes MZEB ein volles Leistungsspektrum anbieten
muss?

b) Findet nach Kenntnis der Bundesregierung (auch über die Grenzen der
Zuständigkeitsgebiete der Kassenärztlichen Vereinigungen hinaus) eine
Koordination statt, um die fachlichen Spezialisierungen der MZEB re-
gional abzustimmen?

18. Plant die Bundesregierung Maßnahmen, um den Aufbau von MZEB zu un-
terstützen?
Wenn ja, welche?

Berlin, den 25. Mai 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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