BT-Drucksache 18/8464

Zulassungsverfahren von Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen zur Bekämpfung der Piraterie

Vom 11. Mai 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8464
18. Wahlperiode 11.05.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Katja Keul, Irene Mihalic, Matthias Gastel,
Stephan Kühn (Dresden), Tabea Rößner, Markus Tressel und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zulassungsverfahren von Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen
zur Bekämpfung der Piraterie

Piraterie ist für die Seeschifffahrt seit deren Bestehen ein Problem. Aktuell sind
vor allem zwei Regionen besonders von Überfällen auf Seeschiffe betroffen: die
westafrikanische Küste am Golf von Guinea und die Straße von Malakka in Süd-
ostasien. Die Piraterie am langjährigen großen Piraterieschauplatz am Horn von
Afrika vor der Küste Somalias ist aufgrund erfolgreicher internationaler Gegen-
maßnahmen deutlich zurückgegangen.
Aufgrund der gestiegenen Gefahr und der teilweise sehr gewalttätigen Übergriffe
sind viele Reedereien dazu übergegangen, private Sicherheitsdienste an Bord von
Schiffen zu nehmen. Um fachkundiges und für den Umgang mit Waffen geeig-
netes Personal an Bord deutsch beflaggter Schiffe zu erhalten, verabschiedete im
Jahr 2012 der Deutsche Bundestag ein entsprechendes Gesetz mit nachfolgenden
weiteren Verordnungen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
(BAFA) und die Bundespolizei sind dort als zuständige Kontrollbehörden be-
nannt.
Das Gesetz hat sich in der Umsetzung für die Beteiligten zwar als zielführend,
aber nach Auffassung der Fragesteller als im internationalen Vergleich umfang-
reicher als bei anderen Staaten erwiesen. Die Bundesregierung hat in der 51. Sit-
zung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur des Deutschen Bun-
destages im Rahmen der Debatte um zwei Erfahrungsberichte zum Gesetz (Bun-
destagsdrucksachen 18/5456 sowie 18/6443) zeitnahe Änderungen bzw. Verein-
fachungen der Verfahren angekündigt.
Der Deutsche Bundestag hat sich immer wieder mit der Frage der Regulierung
privater Sicherheitsunternehmen beschäftigt, zuletzt mit dem Antrag „Priva-
te Sicherheitsfirmen umfassend regulieren und zertifizieren“ der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/3555. Dabei waren
sich alle im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen einig, dass ausschließ-
lich zuverlässige und ausreichend geschulte private Sicherheitskräfte zum Einsatz
kommen sollen.

Drucksache 18/8464 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwicklung von
Piraterie weltweit, und in welchen Regionen macht sie Schwerpunkte der
Piraterie aus?

b) Welche Maßnahmen außer der Militäraktion ATALANTA ergreift die
Bundesregierung gegen Piraterievorfälle (bitte nach betroffenen Regio-
nen getrennt aufführen)?

c) Welche weiteren Staaten oder Staatengemeinschaften sind in diese Maß-
nahmen jeweils einbezogen?

d) Welche Maßnahmen zur Prävention von Piraterievorfällen empfiehlt die
Bundesregierung deutschen Reedereien?

2. Wie bereitet die Bundesregierung deutsche Reeder, die nicht unter deutscher
Flagge fahren, auf mögliche Piraterievorfälle vor, und welche Hilfestellun-
gen bietet sie hier an?

3. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass aktuell lediglich zwei Sicherheits-
unternehmen mit Sitz in Deutschland für die Bewachung von Seeschiffen
zugelassen sind (Stand: Mai 2016)?

4. Inwieweit wird die Bundesregierung zukünftig Vor-Ort-Kontrollen von Be-
wachungsunternehmen auf Seeschiffen durchführen, und wenn ja, in wel-
chen Seegebieten?

5. Inwieweit plant die Bundesregierung, die zur Zulassung von privaten Bewa-
chungsunternehmen geschlossene Verwaltungsvereinbarung zwischen BAFA
und Bundespolizei zu ändern (bitte begründen)?

6. Aus welchen Gründen wendet die Bundesregierung nicht vereinfachte Ver-
fahren zur Beschäftigung von privaten Sicherheitskräften an Bord von See-
schiffen – wie etwa für Seeschiffe, die die schweizerische oder die luxem-
burgische Flagge führen – an?

7. a) Aus welchen Gründen unterscheiden sich die nationalen Regelungen in-
nerhalb der Europäischen Union zum Einsatz privater Sicherheitsunter-
nehmen an Bord von Seeschiffen noch immer zwischen den Mitgliedstaa-
ten zum Teil sehr stark?

b) Welche nationalen Regelungen liegen bisher in der Europäischen Union
nach Kenntnis der Bundesregierung zur Zertifizierung privater Sicher-
heitsdienste auf Seeschiffen vor (bitte tabellarisch aufführen)?

c) Welche Position vertritt die Europäische Kommission nach Kenntnis der
Bundesregierung zur Problematik der wenig harmonisierten Regelungen,
und welche Vorhaben plant die Kommission diesbezüglich?

8. Aufgrund welcher Entwicklungen auf internationaler Ebene kommt die Bun-
desregierung zu ihrer auf Bundestagsdrucksache 18/6443 aufgeführten Be-
wertung, dass das deutsche Zulassungsverfahren als wegweisend wahrge-
nommen wird?

9. Inwieweit hat die Bundesregierung bisher das Ziel einer europaweiten Har-
monisierung der Regelungen verfolgt?

10. Durch welche Initiativen und mit welchem Ergebnis hat sich die Bundesre-
gierung auf internationaler Ebene darum bemüht, „dass sich andere Staaten
am deutschen Zulassungsverfahren orientieren und sich damit weltweit ein
hoher Standard durchsetzt“ (Bundestagsdrucksache 18/6443)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8464

11. a) Wie viele Anträge auf Zulassungsverfahren von privaten Sicherheitsun-

ternehmen auf See gingen in den Jahren 2013, 2014 und 2015 jeweils bei
der Bundesregierung ein, und welcher Herkunft waren diese Unternehmen
jeweils?

b) Wie viele Genehmigungen wurden jeweils erteilt?
12. a) Wie viele Anträge nach der See-Eigensicherungsverordnung wurden für

Einsätze von privaten Sicherheitsunternehmen auf Schiffen unter deut-
scher Flagge in den Jahren 2013, 2014 und 2015 jeweils gestellt?

b) Wie viele Genehmigungen wurden jeweils erteilt?
13. Wie viele Fälle von Verstößen gegen die Genehmigungen (s. die Fragen 8

und 9) gab es bisher, und welche Verstöße betraf dies jeweils?
14. In wie vielen Fällen wurden Ordnungswidrigkeitsverfahren gemäß § 16 der

Seeschiffbewachungsverordnung (SeeBewachV) eingeleitet (bitte nach § 16
Nummer 1 bis 15 aufschlüsseln)?

15. Mit welchem Ergebnis wurden die bisher eingeleiteten Verfahren beendet?
16. Welche Konsequenzen ergaben sich aus diesen Verfahren für die betroffenen

Unternehmen?
17. Wie viele Fälle von Schusswaffengebrauch von Wachpersonal wurden seit

Inkrafttreten der SeeBewachV gemäß § 14 Absatz 2 SeeBewachV dem
BAFA und der Bundespolizei gemeldet?

18. Welches Verfahren leiten BAFA und Bundespolizei zur Untersuchung der
nach § 14 Absatz 2 SeeBewachV dokumentierten Vorfälle ein?

19. a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Vorfälle nach § 13 Ab-
satz 2 SeeBewachV, die dem BAFA und der Bundespolizei gemäß § 14
Absatz 2 SeeBewachV gemeldet wurden, dokumentiert?

b) Wo fanden diese Zwischenfälle statt?
c) Wie viele Verwundete und Tote wurden gezählt?

20. In wie vielen Fällen wurde dem BAFA gemäß § 14 Absatz 4 SeeBewachV
der Verlust oder Ersatz von Waffen oder Munition gemeldet?

21. a) Welches rechtliche Risiko besteht für den Kapitän nach aktueller Rechts-
lage, Sicherheitskräfte an Bord zu nehmen, und inwieweit macht er sich
bei möglichen Personenschäden im Einsatzfall haftbar bzw. strafbar?

b) Welche derartigen Fälle sind nach Kenntnis der Bundesregierung bisher
aufgetreten, und mit welchen Folgen?

c) Welche möglichen Änderungen an dieser Rechtslage sieht die Bundesre-
gierung vor?

22. a) Welche auf Bundestagsdrucksache 18/6443 angekündigten „Nachjustie-
rungen“ am Zulassungsverfahren wird es an welchen Regelungen geben,
und bis wann sollen diese wie umgesetzt werden?

b) Werden die „Nachjustierungen“ aus Frage 22a auch eine Ausdehnung der
Zulassungsdauer beinhalten, und wenn ja, um welchen Zeitraum, und
wenn nein, warum nicht?

c) Welche auf Bundestagsdrucksache 18/5456 beschriebenen Empfehlun-
gen, insbesondere aus Kapitel III Nummer 1.4.3, 1.6.3, 1.7.3, 1.8.3,
1.11.3, 1.12.3, wird die Bundesregierung aufgreifen und in Änderungen
der entsprechenden Regelungen wie einfließen lassen, und wie begründet
sie dies jeweils (bitte tabellarische Darstellung)?

Drucksache 18/8464 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
d) Welche auf Bundestagsdrucksache 18/5456 beschriebenen Empfehlun-
gen, insbesondere aus Kapitel IV Nummer 2.1, 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, wird die
Bundesregierung aufgreifen und in Änderungen der entsprechenden Re-
gelungen wie einfließen lassen, und wie begründet sie dies jeweils (bitte
tabellarische Darstellung)?

Berlin, den 11. Mai 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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