BT-Drucksache 18/8199

Stattgefundene und geplante Amtshilfe- und Unterstützungsleistungen der Bundeswehr im Inland (Stand: erstes Quartal 2016)

Vom 20. April 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8199
18. Wahlperiode 20.04.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Sevim Dağdelen, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger,
Andrej Hunko, Jan Korte, Katrin Kunert, Niema Movassat, Petra Pau,
Martina Renner, Dr. Petra Sitte, Alexander Ulrich, Halina Wawzyniak,
Katrin Werner, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Stattgefundene und geplante Amtshilfe- und Unterstützungsleistungen der
Bundeswehr im Inland (Stand: erstes Quartal 2016)

Die Anzahl sogenannter Amtshilfe- und Unterstützungsleistungen der Bundes-
wehr hat in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Dabei sind die Ab-
grenzungen zwischen Amtshilfe und Einsatz im Sinne einer obrigkeitlich-repres-
siven Tätigkeit im Sinne des Artikels 87a Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) nicht
immer klar. Dies wurde vor allem beim G8-Gipfel im Jahr 2007 deutlich, als Sol-
daten mittels Tornado-Aufklärern und Spähpanzern in die polizeiliche Arbeit ein-
gebunden waren. Die bisherigen Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen
Anfragen der Fraktion DIE LINKE. lassen zudem erkennen, dass die Bundeswehr
auch bei anderen Gelegenheiten der Polizei direkte Zuarbeit leistet bzw. um sol-
che gebeten wird. Außerdem wird die Bundeswehr „unterstützend“ auch bei po-
litisch umstrittenen Anlässen tätig, wie etwa der Münchener Sicherheitskonferenz
und den Castortransporten.
Die Fraktion DIE LINKE. hat nach dem Bundeswehreinsatz zum G8-Gipfel 2007
begonnen, sich regelmäßig in Kleinen Anfragen nach solchen Einsätzen zu er-
kundigen, die mit Artikel 35 Absatz 1 GG begründet werden. Die darauf von Sei-
ten der Bundesregierung erteilten Antworten zeigen sehr deutlich, dass es in den
letzten zehn Jahren einen sowohl drastischen als auch kontinuierlichen Anstieg
der Amtshilfemaßnahmen gegeben hat: Ende der 1990er-Jahre gab es noch eine
einzige solche Maßnahme. Diese Zahl stieg im Jahr 2010 auf 71 an. Die Zahlen
basieren auf Angaben der Bundesregierung.
Im Schnitt der letzten Jahre – das Jahr 2013 stellt angesichts der Hochwasserlagen
in mehreren Bundesländern, die zu einem Anstieg der Amtshilfemaßnahmen auf
353 führten, eine Ausnahme dar – sind deutlich weniger als die Hälfte dieser
Maßnahmen auf Naturkatastrophen zurückzuführen. Es liegt nahe, politische
Gründe für die Zunahme von Amtshilfemaßnahmen zu suchen. Dazu gehört nach
Überzeugung der Fraktion DIE LINKE. der Aspekt, dass die Bundesregierung
eine Gewöhnung der Öffentlichkeit an den Anblick uniformierter Soldaten im
Alltag anstrebt. Dabei muss beachtet werden, dass insbesondere der Bundesmi-
nister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, und die Bundesministerin der Vertei-
digung, Dr. Ursula von der Leyen, gegenüber der Presse immer wieder betonen,
dass sie eine Änderung des Grundgesetzes für notwendig halten, um Inlandsein-
sätze des Militärs zu ermöglichen. Dass eine solche Grundgesetzänderung derzeit

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nicht auf der Tagesordnung steht, ist lediglich den gegenwärtigen Mehrheitsver-
hältnissen geschuldet. So sieht auch das Weißbuch der Bundeswehr – die aktuelle
deutsche Militärdoktrin – unverändert eine „Erweiterung des verfassungsrechtli-
chen Rahmens“ vor, um Inlandseinsätze zu ermöglichen.
In der umfangreichen Amtshilfe- und Unterstützungstätigkeit der Bundeswehr im
Rahmen der Flüchtlingshilfe sehen die Fragesteller allerdings keinen gezielten
Versuch der Militarisierung, sondern vielmehr ein Resultat zu umfangreichen
Sparmaßnahmen bei zivilen Behörden und Organisationen. Diese sollten so rasch
wie möglich in die Lage versetzt werden, ihren originären Aufgaben ohne militä-
rische Hilfe nachzukommen.
Die Fragesteller verzichten auf eine vollständige Auflistung der Amtshilfe-/
Unterstützungsanträge, die im Zusammenhang mit der Flüchtlingshilfe stehen,
und sind hier mit einer summarischen Angabe einverstanden. Die Fragesteller
bitten aber darum, kenntlich zu machen, inwiefern Länder, Kommunen, Bundes-
behörden oder weitere Einrichtungen bzw. Organisationen Antragsteller waren.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche bevorstehenden Einsätze der Bundeswehr auf der Grundlage von Ar-

tikel 35 Absatz 1 GG (Amtshilfe) sind zum Zeitpunkt der Beantwortung die-
ser Frage wann und durch wen beschlossen worden?
a) Wer hat die Amtshilfeersuchen zu welchem Zeitpunkt gestellt?
b) Worin besteht der Inhalt des jeweiligen Ersuchens (bitte vollständig an-

geben)?
c) Was ist der beabsichtigte Zweck (bitte die vom Antragsteller mit Hilfe der

Bundeswehr geplanten Maßnahmen vollständig angeben)?
d) Welche Fähigkeiten, Kapazitäten, Gerätschaften sollen eingesetzt wer-

den?
e) Wie viele Soldatinnen und Soldaten inklusive der zur Eigensicherung ab-

gestellten werden zum Einsatz kommen?
f) Über welche Waffen und welche Munitionierung verfügen diese Solda-

tinnen und Soldaten?
g) Welche Aufgaben sollen die Soldatinnen und Soldaten erfüllen?
h) An welchem Datum bzw. in welchem Zeitraum und an welchen Orten

bzw. in welcher Region sollen die Einsätze stattfinden?
i) Welche Kosten werden dabei entstehen, und wer kommt für diese auf?

2. Wie viele noch nicht beschlossene Amtshilfeersuchen liegen zum Zeitpunkt
der Beantwortung dieser Frage der Bundeswehr vor (bitte nach dem Schema
von Frage 1 beantworten)?

3. Wie viele Unterstützungsleistungen durch die Bundeswehr für Veranstaltun-
gen Dritter sind derzeit wann und durch wen beschlossen worden (bitte nach
dem Schema von Frage 1 beantworten)?

4. Wie viele Ersuchen um Unterstützungsleistungen für Veranstaltungen Drit-
ter liegen der Bundeswehr zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Frage vor
(bitte nach dem Schema von Frage 1 beantworten)?

5. Welche Amtshilfemaßnahmen hat die Bundeswehr im zurückliegenden
Quartal durchgeführt (bitte nach dem Schema von Frage 1 beantworten)?

6. Welche Unterstützungsleistungen hat die Bundeswehr für Veranstaltungen
Dritter im zurückliegenden Quartal durchgeführt (bitte nach dem Schema
von Frage 1 beantworten)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8199
 

7. Welche Amtshilfeersuchen bzw. Anträge auf Unterstützung von Veranstal-
tungen Dritter sind im zurückliegenden Quartal abgelehnt worden (bitte die
Anträge nach dem Schema von Frage 1 erläutern und die Gründe für die Ab-
lehnung nennen)?

8. Welche Amtshilfeersuchen bzw. Anträge auf Unterstützung von Veranstal-
tungen Dritter sind im zurückliegenden Quartal zurückgezogen worden (bitte
die Anträge nach dem Schema von Frage 1 erläutern), und welche Angaben
kann die Bundesregierung über den Grund für die Zurückziehung machen?

9. Welche Nachmeldungen zu Amtshilfe- bzw. Unterstützungsleistungen aus
der Vergangenheit kann die Bundesregierung machen?

10. Welche Auswirkungen hat die Beteiligung an der Flüchtlingshilfe auf die
Fähigkeit der Bundeswehr, Anfragen nach anderen Amtshilfe- und Unter-
stützungsleistungen nachzukommen?

Berlin, den 20. April 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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