BT-Drucksache 18/7974

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dagdelen, Frank Tempel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/6869 - Abschiebestopp und Schutz für Flüchtlinge aus Afghanistan b) zu dem Antrag der Abgeordneten Luise Amtsberg, Omid Nouripour, Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/6774 - Schutz für Flüchtlinge aus Afghanistan

Vom 23. März 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7974
18. Wahlperiode 23.03.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Frank
Tempel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/6869 –

Abschiebestopp und Schutz für Flüchtlinge aus Afghanistan

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Luise Amtsberg, Omid Nouripour,
Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/6774 –

Schutz für Flüchtlinge aus Afghanistan

A. Problem
Die Antragsteller sprechen sich gegen politische Initiativen, insbesondere der
Bundesregierung, aus, die Abschiebungen nach Afghanistan verstärken zu wol-
len. Eine solche beabsichtigte Abschiebungspraxis stehe diametral im Gegensatz
zur Sicherheitslage in Afghanistan, die sich in letzter Zeit noch einmal deutlich
verschlechtert habe. Vergleichsweise sichere Regionen in Afghanistan oder sog.
„inländische Fluchtalternativen“ gebe es nicht. Deshalb sei ein Beschluss des
Bundestages zum Schutz der afghanischen Flüchtlinge in Deutschland erforder-
lich.

B. Lösung
Zu Buchstabe a
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/6869 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Drucksache 18/7974 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zu Buchstabe b
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/6774 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme einer der Vorlagen.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7974
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
a) den Antrag auf Drucksache 18/6869 abzulehnen,
b) den Antrag auf Drucksache 18/6774 abzulehnen.

Berlin, den 16. März 2016

Der Innenausschuss

Ansgar Heveling
Vorsitzender

Nina Warken
Berichterstatterin

Sebastian Hartmann
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Luise Amtsberg
Berichterstatterin

Drucksache 18/7974 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Nina Warken, Sebastian Hartmann, Ulla Jelpke und
Luise Amtsberg

I. Überweisung

Die Anträge auf Drucksachen 18/6869 und 18/6774 wurden in der 143. Sitzung des Deutschen Bundestages am
3. Dezember 2015 an den Innenausschuss federführend sowie an den Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für
Recht und Verbraucherschutz, den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und den Ausschuss für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a
Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 60. Sitzung am 17. Februar 2016 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung des Antrags empfohlen.
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 87. Sitzung am 17. Februar 2016 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat in seiner 54. Sitzung am 17. Februar 2016 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat in seiner 53. Sitzung am
17. Februar 2016 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Zu Buchstabe b
Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 60. Sitzung am 17. Februar 2016 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung des Antrags empfohlen.
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 87. Sitzung am 17. Februar 2016 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat in seiner 54. Sitzung am 17. Februar 2016 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat in seiner 53. Sitzung am
17. Februar 2016 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat die Anträge in seiner 76. Sitzung am 16. März 2016 abschließend beraten und empfiehlt,
jeweils mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/6869 und des Antrags auf
Drucksache 18/6774.

IV. Begründung

Die Fraktion DIE LINKE. legt dar, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan noch weiter verschlechtert habe
und insbesondere die Zahl der zivilen Opfer auf über 11 000 angestiegen sei. Obwohl dies auch auf Seiten des

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7974
Auswärtigen Amtes bestätigt werde, versuche die Bundesregierung massiv, aus Afghanistan eingereiste Men-
schen zur Rückkehr zu bewegen und Abschiebungen voranzutreiben. Dies sei nicht mit dem Verweis auf inlän-
dische Fluchtalternativen zu rechtfertigen. Die absolute Mehrzahl der Schutzzonen, in die Afghanistan unterteilt
sei, sei unsicher. Zudem sei eine verlässliche Beurteilung der tatsächlichen Sicherheit alternativer Fluchtmöglich-
keiten von Deutschland aus nicht möglich. Die bereinigte Schutzquote für afghanische Flüchtlinge läge im Durch-
schnitt bei rund 80 Prozent – im dritten Quartal 2015 habe sie sogar 86 Prozent betragen. Dieser ganz überwie-
gende Teil der Schutzsuchenden dürfe gar nicht abgeschoben werden. Somit könnten die Rückführungsvorhaben
der Bundesregierung nicht gerechtfertigt sein.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betont, aufgrund der aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan seien
Abschiebungen grundsätzlich nicht zulässig. Dies bestätige auch die United Nations Assistance Mission in Af-
ghanistan (UNAMA). Mindestens ein Viertel der hohen Zahl der zivilen Opfer seien Kinder. Die Möglichkeit
innerstaatlicher Fluchtalternativen könne von Deutschland aus durch das Bundesamt für Migration und Flücht-
linge nicht seriös beurteilt werden, auch da sich die Sicherheitslage vor Ort ständig verändere. Die Zahl der frei-
willig nach Afghanistan Zurückkehrenden stünde in keinem Verhältnis zur Zahl der Personen, die in Deutschland
Schutz suchten. Angesichts der Umstände sei eine grundsätzliche Aussetzung der Abschiebung von Flüchtlingen
nach Afghanistan notwendig.
Die Fraktion der SPD verweist auf die schwierige, seit langem instabile Sicherheitslage in Afghanistan. Die
Zahlen der Opfer von Gewalttaten in der Zivilbevölkerung seien sehr hoch. Die Internationale Verantwortung für
das Land müsse militärisch und zivil übernommen werden. Das zentrale Ziel müsse sein, die Lage vor Ort zu
stabilisieren und die Zivilgesellschaft zu stärken. Hierzu sei der Aufbau staatlicher Strukturen notwendig. Die
Bundesregierung und die Regierung Afghanistans seien sich absolut einig, dass hier ein Schwerpunkt der Zusam-
menarbeit liegen müsse. Das Asylrecht sei ein Individualrecht und müsse in jedem Einzelfall gesondert festgestellt
werden. Die hohe Schutzquote von über 80 Prozent spreche für diese individuelle Prüfung und zeige, dass das
Schutzsystem angesichts der tatsächlich prekären Sicherheitslage vor Ort funktioniere. Aufgrund der großen Zahl
der aus Afghanistan kommenden Menschen müsse es bei dieser Einzelfallprüfung bleiben. Der Einzelfall dürfe,
wie durch die Anträge vorgesehen, nicht pauschaliert werden. Sie seien daher abzulehnen.
Die Fraktion der CDU/CSU lehnt die Anträge ab. Die Sicherheitslage in Afghanistan sei insbesondere im Nor-
den des Landes zweifellos schwierig. Gleichwohl gebe es auch sichere Regionen und mithin inländische Flucht-
alternativen. Diese würden durch einen regelmäßigen Austausch zwischen dem Bundesministerium des Innern
und dem Auswärtigen Amt geprüft, wobei aktuelle Studien des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen
(EASO) mit einbezogen seien. Das BAMF analysiere diese Studien sehr genau und sei durchaus in der Lage,
alternative Fluchtmöglichkeiten festzustellen. Die bei 45 Prozent liegende Schutzquote bei den Asylanträgen und
der Umstand, dass 2015 lediglich sieben Abschiebungen nach Afghanistan vollzogen worden seien, verdeutliche
die sorgfältige Prüfung der Asylanträge im Einzelfall. Es müsse bei dieser Einzelfallprüfung bleiben. Eine Zu-
stimmung zu den Anträgen sei demgegenüber ein falsches Signal für ein generelles Bleiberecht von Menschen
aus Afghanistan.
Berlin, den 16. März 2016

Nina Warken
Berichterstatterin

Sebastian Hartmann
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Luise Amtsberg
Berichterstatterin

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