BT-Drucksache 18/7848

Ausstattungshilfe der Bundesregierung für ausländische Streitkräfte

Vom 10. März 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7848
18. Wahlperiode 10.03.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken,
Christine Buchholz, Annette Groth, Inge Höger, Andrej Hunko, Ulla Jelpke,
Kerstin Kassner, Jan Korte, Michael Leutert, Dr. Alexander S. Neu,
Kersten Steinke, Alexander Ulrich, Kathrin Vogler, Jörn Wunderlich und der
Fraktion DIE LINKE.

Ausstattungshilfe der Bundesregierung für ausländische Streitkräfte

Das Ausstattungshilfeprogramm der Bundesregierung für ausländische Streit-
kräfte (AH-P) hat seinen Ursprung in den 50er-Jahren. Die Konzipierung und Fi-
nanzierung obliegt dem Auswärtigen Amt. Für die Durchführung ist das Bundes-
ministerium der Verteidigung (BMVg) verantwortlich. Das AH-P ist als Vierjah-
resprogramm angelegt und durch den Auswärtigen Ausschuss und den Haushalts-
ausschuss des Deutschen Bundestages genehmigungspflichtig.
Mit dem AH-P werden im Sinne der afrikapolitischen Leitlinien der Bundesre-
gierung ausgewählte Länder Afrikas beim Aufbau von Sicherheitsstrukturen un-
terstützt. Dabei sollen insbesondere die Fähigkeiten der betreffenden Streitkräfte
entwickelt bzw. verbessert werden, um an internationalen Friedenseinsätzen der
Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union, einschließlich ihrer Regional-
organisationen, teilzunehmen. Im Vordergrund stehen hierbei die Stärkung und
Professionalisierung der Afrikanischen Bereitschaftstruppen (African Standby
Forces/ASF). Darüber hinaus soll das AH-P auch die Bundeswehr bei ihren welt-
weiten Einsätzen unterstützen, indem ihr in den Empfängerländern ein erleichter-
ter Zugang zu Stationierungs-, Überflug- und Hafennutzungsrechten gewährt
wird.
Das Programm selbst umfasst Materiallieferungen sowie Fachausbildungen, ins-
besondere in den Bereichen Führungsunterstützung, Pionierdienst, Sanitätswe-
sen, Selbstschutz, Logistik und Instandsetzung. Die Lieferung von Waffen und
Munition, die Beschaffung von Maschinen und Geräten zu deren Herstellung so-
wie die Ausbildung im Umgang mit diesen sind nicht Gegenstand des AH-P. Es
unterscheidet sich somit von militärischer Ausbildungshilfe (MAH), für die im
BMVg ein eigenes Programm vorhanden ist.
Zur Durchführung und Evaluierung der AH-P entsendet die Bundeswehr eigene
Beratergruppen in die Empfängerländer. Das BMVg übernimmt hierfür die Fi-
nanzierung. Die Mitnahme bzw. der Nachzug von Familienangehörigen ist mög-
lich.
Die Mitglieder der Beratergruppen sind nicht in militärische Hierarchien der
Streitkräfte in den Empfängerländern eingebunden, diesen nicht unterstellt und
erfüllen für diese auch keine militärischen Aufträge. Durch das von der Bundes-
regierung verfolgte strategische Konzept der „vernetzten Sicherheit“ können sich
allerdings Überschneidungen mit anderen Maßnahmen aus dem Bereich der Ent-
wicklungszusammenarbeit für Aufgaben der Krisenprävention, -bearbeitung und

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Friedenskonsolidierung ergeben. Nach Ansicht der Fragesteller besteht dadurch
die potenzielle Gefahr der Vereinnahmung der Ausstattungshilfe für militärische
Zwecke bzw. der Vermischung im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenar-
beit.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche afrikanischen Staaten werden in welchem Umfang von der Bundes-

regierung derzeit mit Ausstattungshilfe für ihre Streitkräfte unterstützt (bitte
einzeln nach Land, Projekt, Laufzeit, Finanzvolumen und Anzahl entsende-
ter Berater auflisten)?

2. Welche afrikanischen Staaten haben in welchem Umfang derzeit Ausstat-
tungshilfe von der Bundesregierung für ihre Streitkräfte beantragt (bitte ein-
zeln nach Land, Projekt, Laufzeit, Finanzvolumen und geplanter Anzahl zu
entsendender Berater auflisten)?

3. Unter welchen inhaltlichen Voraussetzungen wird die Ausstattungshilfe für
ausländische Streitkräfte gewährt, und welchen Stellenwert hat hierbei die
Einhaltung von Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und Men-
schenrechte in den Empfängerländern?

4. In wie vielen Fällen wurde seit dem Jahr 2000 die Gewährung von Ausstat-
tungshilfe wegen unzureichender Erfüllung der inhaltlichen Voraussetzun-
gen abgelehnt, und welche Möglichkeiten bestehen, um nach dem Bewilli-
gungszeitpunkt der Ausstattungshilfe eingetretene Verschlechterungen in
den Empfängerländern bzw. nachträgliche Verstöße gegen die Bewilligungs-
kriterien zu sanktionieren (bitte erläutern und nach Ländern auflisten)?

5. Welche afrikanischen Staaten erhalten in welchem Umfang über die Ausstat-
tungshilfe für ihre Streitkräfte hinaus derzeit noch militärische Ausbildungs-
hilfe von der Bundesregierung oder haben diese beantragt (bitte einzeln nach
Land, Projekt, Laufzeit, Finanzvolumen und Anzahl entsendeter bzw. zu ent-
sendender Ausbilder bzw. Berater auflisten)?

6. Welche afrikanischen Staaten, die von der Bundesregierung derzeit Ausstat-
tungshilfe und/oder Ausbildungshilfe erhalten oder beantragt haben, haben
nach Kenntnis der Bundesregierung das Fakultativprotokoll zur UN-Kinder-
rechtskonvention betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten
Konflikten bislang nicht ratifiziert bzw. sind ihm nicht beigetreten oder ver-
stoßen in der Anwendungspraxis gegen den Artikel 2 des Fakultativproto-
kolls, wonach „Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
nicht obligatorisch zu ihren Streitkräften eingezogen werden (dürfen)“?

7. Welche afrikanischen Staaten, die von der Bundesregierung derzeit Ausstat-
tungshilfe und/oder Ausbildungshilfe für ihre Streitkräfte erhalten bzw. be-
antragt haben, haben nach Kenntnis der Bundesregierung das Übereinkom-
men 182 zu den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation
(ILO) über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der
schlimmsten Formen der Kinderarbeit bislang nicht ratifiziert bzw. verstoßen
in ihrer Anwendungspraxis insbesondere gegen den Artikel 3a des Überein-
kommens, der die Zwangs- oder Pflichtrekrutierung von Minderjährigen un-
ter 18 Jahren für den Einsatz in bewaffneten Konflikten verbietet, wozu auch
unterstützende Tätigkeiten wie Melde- und Botengänge, Sanitäts- und Kü-
chendienste gehören?

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8. In welchen afrikanischen Empfängerländern, die aktuell von der Bundesre-
gierung Ausstattungshilfe für ihre Streitkräfte erhalten, existieren nach
Kenntnis der Bundesregierung interne bewaffnete Konflikte, und welche
Vorkehrungen werden getroffen, damit die Ausstattungshilfe über eine mög-
liche Zwangs- oder Pflichtrekrutierung von Minderjährigen hinaus nicht für
militärische Zwecke vereinnahmt wird bzw. im Rahmen von innerstaatlichen
Auseinandersetzungen keine einzelnen Konfliktparteien begünstigt werden?

9. Welche deutschen Nichtregierungsorganisationen (NGO) und anderweitigen
von Deutschland geförderten nichtstaatlichen Akteure sind in den afrikani-
schen Empfängerländern von Ausstattungshilfe der Bundesregierung im Be-
reich der zivilen Krisenprävention, -bearbeitung, Friedenskonsolidierung
und Konfliktnachsorge tätig, und welche Vorkehrungen werden hierbei ge-
troffen, um praktische Aufgabenüberschneidungen bzw. ein Konkurrenzver-
hältnis zwischen den einzelnen Projektpartnern aus dem NGO-Bereich und
der Bundeswehr auszuschließen (bitte erläutern und nach Ländern auflisten)?

10. Wie ist in der Ausstattungshilfe der Bundesregierung aktuell die Familien-
mitnahme bzw. der Familiennachzug für die entsendeten Mitglieder der Be-
ratergruppen der Bundeswehr geregelt (bitte erläutern)?
a) Welche Möglichkeiten haben die Ehe-/Partner/innen, in den Empfänger-

ländern eine reguläre Beschäftigung aufzunehmen?
b) Wie sind der Schulbesuch von mitgenommenen, schulpflichtigen Kindern

in den Empfängerländern und die Anerkennung der dort erworbenen
Schulabschlüsse geregelt?

c) Inwieweit ist für die betreffenden schulpflichtigen Schülerinnen und
Schüler ein nahtloser Schulübergang nach erfolgter Rückkehr nach
Deutschland auch in dem Fall gewährleistet, dass zum Rückkehrzeitpunkt
noch kein Schulabschluss in dem Empfängerland erworben werden
konnte?

d) Welche Möglichkeiten bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung,
dass in diesem Fall die betreffenden schulpflichtigen Schülerinnen und
Schüler nach erfolgter Rückkehr nach Deutschland zum Erwerb des
Schulabschlusses eine öffentliche internationale Schule besuchen kön-
nen?

11. Wie wirkt sich die Mitnahme von Familienmitgliedern bzw. der Ehe-/Part-
ner/innen auf ihre Beitragszeiten und Beitragszahlungen in der gesetzlichen
Sozialversicherung aus, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesre-
gierung für die Versicherungsmöglichkeiten der Betroffenen?
a) In der gesetzlichen Rentenversicherung?
b) In der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung?
c) In der gesetzlichen Krankenversicherung?
d) In der gesetzlichen Pflegeversicherung?

12. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung in Bezug auf den Sozialversiche-
rungsschutz von ehemals oder aktuell mitgereisten bzw. nachgezogenen Fa-
milienangehörigen der Mitglieder der Bundeswehrberatergruppen derzeit
Klagen vor deutschen Sozialgerichten anhängig, und inwieweit hat es hierzu
nach Kenntnis der Bundesregierung ggf. in der Vergangenheit bereits Urteile
gegeben (bitte erläutern)?

Berlin, den 10. März 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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