BT-Drucksache 18/7728

Geltung der gleichstellungspolitischen Ziele der Bundesregierung auch für die Europäische Union

Vom 24. Februar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7728
18. Wahlperiode 24.02.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Möhring, Eva Bulling-Schröter, Annette Groth,
Dr. André Hahn, Dr. Rosemarie Hein, Ulla Jelpke, Susanna Karawanskij,
Katja Kipping, Birgit Menz, Norbert Müller (Potsdam), Petra Pau, Dr. Petra Sitte,
Kersten Steinke, Dr. Kirsten Tackmann, Alexander Ulrich, Kathrin Vogler,
Halina Wawzyniak, Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Geltung der gleichstellungspolitischen Ziele der Bundesregierung auch für die
Europäische Union

Mittelfristiges Ziel des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen
und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen
Dienst ist laut seiner Begründung eine signifikante Erhöhung des Frauenanteils
an Führungspositionen der Privatwirtschaft und der Bundesverwaltung sowie bei
Gremienbesetzungen, so dass letztlich eine Geschlechterparität besteht. Das zum
Internationalen Frauentag 2015 beschlossene Gesetz hat nicht zuletzt auf der
59. Sitzung der Frauenrechtskommission der Vereinten Nationen in New York
viel Aufmerksamkeit und Anerkennung erfahren.
Auch auf europäischer Ebene wird seit vielen Jahren über die Erhöhung des Frau-
enanteils in Führungspositionen diskutiert. Um den Frauenanteil in den Leitungs-
organen börsennotierter Gesellschaften substantiell zu erhöhen, hat die Europäi-
sche Kommission bereits im Jahr 2012 im Rahmen ihrer 2020 Strategie den Vor-
schlag vorgelegt für eine Richtlinie zur Gewährleistung einer ausgewogeneren
Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direk-
toren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und über damit zu-
sammenhängende Maßnahmen (KOM(2012)614 endg.)
Im Sinne der Frauenförderung, Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit
sollte ein ausgewogeneres Verhältnis von Frauen und Männern speziell in Auf-
sichtsräten geschaffen werden. Dabei stützte sich die Europäische Kommission
auf Artikel 157 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen
Union (AEUV). Dieser regelt verbindliche Maßnahmen der Europäischen Union
zur Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehand-
lung von Frauen und Männern in Arbeits- und Beschäftigungsfragen. Das Euro-
päische Parlament hat sich am 20. November 2013 mit großer Mehrheit für den
Kommissionsvorschlag ausgesprochen.
Sowohl die italienische als auch die lettische und luxemburgische Präsidentschaft
haben immer weiter abgemilderte Kompromissvorschläge vorgelegt. Zuletzt wa-
ren die Ausnahmetatbestände so weit gefasst, dass die in Deutschland eingeführte
Quotenregelung keiner Anpassung mehr bedurft hätte. Dennoch konnte sich die
Bundesregierung nicht zu einer Unterstützung des Richtlinienvorschlags durch-
ringen.

Drucksache 18/7728 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Bereits auf eine Schriftliche Frage vom 19. August 2014 an die Bundesregierung
nach ihrer Haltung zu der genannten Richtlinie lautete die Antwort nur, das fe-
derführende Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend habe
die Ressortabstimmung eingeleitet.
In der Sitzung des Rates „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbrau-
cherschutz“ vom 7. Dezember 2015 konnte keine Einigung erreicht werden –
Deutschland hat seinen allgemeinen Prüfvorbehalt aufrechterhalten. Nach meh-
reren Zeitungsmeldungen und Einschätzung von Frauenverbänden ist der Richt-
linienvorschlag für eine europäische Frauenquote damit am Widerstand Deutsch-
lands gescheitert.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung von der weiteren Planung zur

Diskussion um den Richtlinienvorschlag unter der niederländischen bzw.
slowenischen Ratspräsidentschaft?

2. Setzt sich die Bundesregierung für eine Fortführung der Verhandlungen ein?
Wenn ja, wie?
Wenn nein, warum nicht?

3. Bleibt die Bundesregierung bei ihrer am 18. Dezember 2015 im Unteraus-
schuss Europarecht gemachten Aussage, wonach das betreffende Dossier
noch weiter verhandelt wird?

4. Konnte die Bundesregierung in der Zwischenzeit eine Einigung über ihre
Haltung zum Richtlinienvorschlag erzielen?

5. Warum dauert die Einigung in dieser Frage so lange, obwohl sich die Bun-
desregierung ja auf eine gesetzliche Regelung in Deutschland einigen konnte
und die Richtlinie gleichzeitig in Deutschland keiner Umsetzung bedürfen
würde?

6. Stellt die in Deutschland eingeführte Quotenregelung für Aufsichtsräte sowie
die Verpflichtung zu Zielvorgaben für Unternehmensvorstände aus Sicht der
Bundesregierung eine Belastung für die Wirtschaft dar?

7. Wie ist in dem Zusammenhang die Äußerung von Bundesministerin für Fa-
milie, Senioren, Frauen und Jugend Manuela Schwesig in der „Süddeutschen
Zeitung“ vom 24. November 2015 zu verstehen, es könne „nicht sein, dass
nur die deutsche Wirtschaft sich an Vorgaben halten müsse“?

Berlin, den 24. Februar 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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