BT-Drucksache 18/744

Wiederaufbauhilfe nach der Hochwasserkatastrophe

Vom 10. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/744
18. Wahlperiode 10.03.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Dr. Dietmar Bartsch, Dr. André Hahn, Katrin Kunert,
Caren Lay, Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke,
Dr. Kirsten Tackmann, Frank Tempel, Birgit Wöllert, Jörn Wunderlich
und der Fraktion DIE LINKE.

Wiederaufbauhilfe nach der Hochwasserkatastrophe

Im Juni 2013 traf Deutschland die zweite sogenannte Jahrhundertflut. Viele
Menschen standen solidarisch zusammen und halfen sich in der größten Not.
Verschiedene politische Akteure besuchten die Betroffenen vor Ort und verspra-
chen ihre Unterstützung, so auch die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. In
ihrer Regierungserklärung vom 25. Juni 2013 berichtete sie von ihren Eindrücken
vor Ort: „Beinahe sprachlos haben auch mich die Bilder gemacht, die sich mir
bei meinen Besuchen vor Ort boten, aber auch die Eindrücke, die ich in Gesprä-
chen mit Betroffenen gewonnen habe […]. Das sind Eindrücke, die ich nicht
vergessen werde, und deshalb muss geholfen werden, schnell, direkt, unbürokra-
tisch, nachhaltig“ (Plenarprotokoll 17/248). Weiter stellte sie fest, dass „[n]eben
der Soforthilfe ein zügiger Wiederaufbau gewährleistet werden [muss]; denn ra-
sche Soforthilfen lindern zwar die erste Not, doch können sie nicht das ganze,
das massive Ausmaß der Schäden beheben, die das Hochwasser bei Privathaus-
halten, Unternehmen und in der Infrastruktur von Bund, Ländern und Gemein-
den verursacht hat“ (ebd.).
Wie aus verschiedenen Medienberichten hervorgeht, sind aus dem 8 Mrd. Euro
umfassenden Fluthilfefonds von Bund und Ländern bisher nur ein Bruchteil der
Hilfsgelder abgeflossen. Bis Ende 2013 gaben die Länder neben den Sofort-
hilfen bislang nur 261 Mio. Euro der für den Wiederaufbau bereitstehenden Mit-
tel aus (vgl. FOCUS am 30. Januar 2014). Mit Blick auf Sachsen-Anhalt ist fest-
zuhalten, dass im Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt bislang 795 Fluthil-
feanträge in Höhe von 157 Mio. Euro von den Kommunen gestellt wurden (vgl.
Mitteldeutsche Zeitung am 16. Januar 2014). Erste positive Fluthilfebescheide
konnten an einige Städte übergeben werden. In anderen Regionen erfolgten da-
gegen noch keine umfassenden Auszahlungen, darunter Bernburg, Köthen und
die Verbandsgemeinde Saale-Wipper. „Es ist alles sehr schleppend und nicht
einmal vage abzusehen, wann die ersten Gelder ausgereicht werden,“ so der Ver-
bandsgemeindebürgermeister von Saale-Wipper, Steffen Globig. Weiterhin ist
festzustellen, dass deutlich weniger Betroffene Folgeanträge auf Wiederauf-
bauhilfe gestellt haben, als ursprünglich erwartet wurde (vgl. Mitteldeutsche
Zeitung vom 10. Februar 2014). Es wird vermutet, dass Antragsteller ohne Ver-
sicherungsschutz Probleme haben, ihren 20-prozentigen Eigenanteil zu erbrin-
gen (vgl. ebd.).

Drucksache 18/744 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie ist die Auszahlung der Wiederaufbauhilfe in den Bundesländern verlau-

fen?
Wie erfolgte die Aufteilung der Mittel, und wie ist der aktuelle Stand des Mit-
telabflusses (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

2. Welche Hürden und Hindernisse sind der Bundesregierung bekannt, die zur
schleppenden Auszahlung der Wiederaufbauhilfe führen oder geführt haben?

3. Wie gedenkt die Bundesregierung diese Hürden und Hindernisse zu überwin-
den, um „das massive Ausmaß der Schäden [zu] beheben, die das Hochwas-
ser bei Privathaushalten, Unternehmen und in der Infrastruktur von Bund,
Ländern und Gemeinden verursacht hat“?

4. Ist der Bundesregierung bekannt, nach welchen Kriterien die Auszahlungen
an die Gemeinden und Städte erfolgen (bei Kenntnis, bitte Prioritätenliste
darlegen)?

5. Welche aktuellen Kenntnisse hat die Bundesregierung über
a) die Schadenshöhe in den einzelnen Bundesländern,
b) in den einzelnen Kommunen,
c) über die beantragte Höhe der Schadenssumme in den einzelnen Bundes-

ländern,
d) über die beantragte Höhe der Schadenssumme in den einzelnen Kommu-

nen,
e) über die Höhe bisher ausgezahlten Wiederaufbauhilfen in den Bundes-

ländern,
f) über die Höhe bisher ausgezahlten Wiederaufbauhilfen in den einzelnen

Kommunen,
g) bis wann die Schäden in den Bundesländern endgültig behoben sein wer-

den,
h) bis wann die Schäden in den Kommunen endgültig behoben sein werden?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die praktischen Erfahrungen mit dem Ver-
fahren der Auszahlung der Wiederaufbauhilfe, und welche Nachbesserungen
für eine schnelle, direkte, unbürokratische und nachhaltige Wiederaufbau-
hilfe hält sie für notwendig?
a) Welche Maßnahmen müssen nach Ansicht der Bundesregierung über-

arbeitet werden?
b) Welcher Personenkreis ist oder wird für diese Optimierung vorgesehen?
c) Mit welchem Ziel wird eine Überarbeitung angestrebt?
d) Ab wann werden diese überarbeiteten Maßnahmen umgesetzt?

7. Plant die Bundesregierung in Bezug auf den 20-prozentigen Eigenanteil als
Voraussetzung zur Beantragung der Wiederaufbauhilfe Änderungen vorzu-
nehmen, und wenn ja, welche?

8. Ab wann stehen bzw. standen den Bundesländern die 360 Mio. Euro aus dem
EU-Solidaritätsfonds für die Beseitigung von Hochwasserschäden real zur
Verfügung?
Wie erfolgte die Aufteilung der Mittel, und wie ist der aktuelle Stand des Mit-
telabflusses (bitte nach Ländern aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/744
9. Beabsichtigt die Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern Kri-
terien für eine verlässliche und bedarfsgerechte Wiederaufbauhilfe zu ent-
wickeln?

10. Sollten Wiederaufbauhilfen für private Wohngebäude und Hausrat sowie
gewerbliche Wirtschaft nach Ansicht der Bundesregierung an geeignete
Eigenschutzmaßnahmen gekoppelt bzw. in Gebieten, die durch die zustän-
dige Behörde bzw. durch die zuständigen Wasser- und Bodenverbände als
hochwassergefährdet beurteilt werden, nicht wiederholt gezahlt werden?
a) Wenn ja, welche Kriterien wird die Bundesregierung hier zugrunde

legen?
b) Wenn nein, wie will die Bundesregierung verhindern, dass Gebäude in

nachweislich hochwassergefährdete Gebiete gebaut werden und im
Schadensfall staatliche Wiederaufbauhilfen genutzt werden?

Berlin, den 10. März 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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