BT-Drucksache 18/743

Todesopfer unter Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union im Jahr 2013

Vom 10. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/743
18. Wahlperiode 10.03.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Jan Korte, Christine Buchholz,
Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Inge Höger, Andrej Hunko, Katrin Kunert,
Niema Movassat, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel, Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak
und der Fraktion DIE LINKE.

Todesopfer unter Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland und die
Europäische Union im Jahr 2013

Die Debatten über die Flüchtlings- und Grenzpolitik der Europäischen Union
(EU) wurden im vergangenen Jahr von zwei Ereignissen überschattet, bei denen
innerhalb weniger Tage hunderte Flüchtlinge in der Nähe der italienischen Insel
Lampedusa ertrunken sind. Nicht nur vor Lampedusa, auch in der griechischen
Ägäis ertrinken Menschen, die mit Booten und Schiffen versuchen, in die EU zu
gelangen. An den Grenzen Marokkos zu den spanischen Exklaven Ceuta und
Melilla werden Migrantinnen und Migranten durch Einsatz von Schusswaffen
und Gummigeschossen schwer verletzt oder getötet. Eine neue und extrem ge-
fährliche Route besteht zwischen Ägypten und Griechenland bzw. Italien. Sie
wird unter anderem von syrischen Flüchtlingen benutzt, die keine Möglichkeit
haben, als Schutzsuchende legal und sicher in die EU einzureisen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2013

a) an den Landesgrenzen, Küsten, Seehäfen, Flughäfen bzw. im Grenzgebiet
der Bundesrepublik Deutschland, und

b) an den Grenzen der EU tot aufgefunden worden
(bitte nach Datum und Ort des Auffindens, Nationalität des Opfers und To-
desart bzw. Umständen des Todes aufschlüsseln)?

2. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2013
mit körperlichen Verletzungen durch Erfrierungen, Unterkühlungen, Hunger/
Durst o. Ä. aufgegriffen worden, die sie sich im Zuge ihres ggf. unerlaubten
Grenzübertritts
a) in die Bundesrepublik Deutschland oder
b) in der EU zugezogen hatten
(bitte nach Datum und Ort, Nationalität des Opfers, Körperverletzungsart
aufschlüsseln)?

3. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2013
im Zuge ihres ggf. unerlaubten Grenzübertritts
a) durch Bundespolizei oder Zollbeamte in Deutschland, und

Drucksache 18/743 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
b) durch Bundespolizei- oder Zollbeamte an den Außengrenzen der EU
durch die Anwendung unmittelbaren Zwangs bzw. im Zuge einer entspre-
chenden Nacheile körperlich verletzt?
c) Wie viele Ermittlungs- und Disziplinarverfahren wurden diesbezüglich

eingeleitet und mit welchem Ergebnis abgeschlossen (bitte aufschlüs-
seln)?

4. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2013
a) in der Bundesrepublik Deutschland und
b) in der EU
im Zuge ihrer ggf. unerlaubten Grenzübertritte durch Privatpersonen verletzt
bzw. getötet (bitte nach Datum und Ort, Nationalität des Opfers und Todes-
bzw. Verletzungsart aufschlüsseln)?
c) Wie viele Ermittlungsverfahren wurden diesbezüglich eingeleitet und mit

welchem Ergebnis abgeschlossen (bitte aufschlüsseln)?
5. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2013

a) in der Bundesrepublik Deutschland und
b) in der EU
tot aufgefunden worden, nachdem sie im Zuge ihres Versuchs der ggf. uner-
laubten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bzw. EU in ihrem Trans-
portmittel Sauerstoffmangel, Hunger, Durst, Kälte, Überhitzung o. Ä. ausge-
setzt waren (bitte nach Datum und Ort, Nationalität der Opfer, Transportmit-
tel und Todesart aufschlüsseln) oder sind verletzt aufgefunden worden, nach-
dem sie im Zuge ihres Versuchs der ggf. unerlaubten Einreise in die
Bundesrepublik Deutschland bzw. EU in ihrem Transportmittel Sauerstoff-
mangel, Hunger, Durst, Kälte, Überhitzung o. Ä. ausgesetzt waren (bitte nach
Datum und Ort, Nationalität der Opfer, Transportmittel und Verletzungsart
aufschlüsseln)?

6. Falls zu den jeweils vorangegangenen Fragen 1 bis 5, insbesondere in Hin-
blick auf die EU-Außengrenzen, keine auf amtlichen Daten basierende Ant-
wort gegeben werden kann,
a) welche Daten und sonstigen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung

dazu ansonsten vor, z. B. aus den Berichten der bei der Europäischen
Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der
Mitgliedstaaten der Europäischen Union (FRONTEX) eingesetzten Bun-
desbeamten oder entsprechende Daten, mit denen etwa Einrichtungen wie
das „Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration“
(GASIM) arbeiten,

b) welche Daten von internationalen Organisationen oder Nichtregierungs-
organisationen hat die Bundesregierung zur Kenntnis genommen, und
welche Schlüsse zieht sie daraus,

c) welche Gründe kann die Bundesregierung angeben, dass solche Daten we-
der bei ihr noch bei FRONTEX systematisch erhoben werden, wo es sich
doch in der Deutung der Bundesregierung bzw. FRONTEX bei diesen
Toten auch um Opfer der Schleuserkriminalität handelt, die als Begrün-
dung für eine effektivere Ausgestaltung des Grenzschutzes regelmäßig
herangezogen werden?

Berlin, den 10. März 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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