BT-Drucksache 18/7348

Wettbewerbsausschüsse in den Euroländern

Vom 25. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7348
18. Wahlperiode 25.01.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Alexander Ulrich, Dr. Diether Dehm, Klaus Ernst, Inge Höger,
Andrej Hunko und der Fraktion DIE LINKE.

Wettbewerbsausschüsse in den Euroländern

Im Fünf-Präsidenten-Bericht zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungs-
union vom Juni 2015 wird u. a. die Einführung sogenannter Ausschüsse für Wett-
bewerbsfähigkeit in den Euroländern vorgeschlagen. Im Oktober 2015 hat die
Europäische Kommission diesen Vorschlag konkretisiert (COM(2015) 601 fi-
nal). Der Europäische Rat hat die „wirtschafts- und finanzpolitische Steuerung
zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit“ im Dezember 2015 zu einer der Prio-
ritäten im Rahmen der Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion erklärt
und den Rat aufgefordert, den Vorschlag der Kommission zügig zu prüfen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Bereiche umfasst nach Kenntnis der Bundesregierung die weitge-

fasste Definition des Begriffs „Wettbewerbsfähigkeit“, die der Arbeit der
Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit laut der Europäischen Kommission
zugrunde gelegt werden soll?
Welche Bereiche sollten nach Ansicht der Bundesregierung von der Arbeit
der Ausschüsse erfasst werden?

2. Wie kann nach Einschätzung der Bundesregierung angesichts der vorgese-
henen Unabhängigkeit der Wettbewerbsausschüsse demokratische Kontrolle
über selbige hergestellt werden?

3. Welche Kompetenzen sind der Europäischen Kommission nach Kenntnis der
Bundesregierung im Zuge der vorgesehenen Konsultationen und Vor-Ort-
Überprüfungen zugedacht?

4. Wie kann nach Auffassung der Bundesregierung angesichts dessen, dass die
Wettbewerbsausschüsse von nationalen Behörden unabhängig seien, aber
zugleich von der Europäischen Kommission überprüft werden sollen, ge-
währleistet werden, dass in diesen auch nationale wirtschafts-, sozial- und
arbeitsmarktpolitische Interessen angemessen berücksichtigt werden?

5. Wie kann nach Einschätzung der Bundesregierung verhindert werden, dass
im Regelfall die niedrigere Lohnentwicklung als die bessere angesehen wird,
wenn die Lohnentwicklung hauptsächlich nach dem Kriterium der Wettbe-
werbsfähigkeit bewertet wird?

6. Unter welchen Umständen ist die Bundesregierung der Meinung, dass eine
sinnvolle, gleichgewichtige Lohnentwicklung nicht durch die Summe aus
Produktivitätssteigerung in einer Volkswirtschaft und Zielinflationsrate de-
finiert werden sollte?

Drucksache 18/7348 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

7. Sieht die Bundesregierung angesichts dessen, dass die Europäische Kommis-
sion sich bezüglich der Lohnentwicklung ausschließlich auf die Produktivi-
tätsentwicklung bezieht, die Zielinflationsrate aber unerwähnt lässt, die Ge-
fahr, dass die Umsetzung künftiger Empfehlungen im Bereich der Lohnpoli-
tik zu einer Umverteilung zu Lasten des Faktors Arbeit führen könnte?

8. Welche Informationen hat die Bundesregierung zur Frage, was unter „ange-
messenen Ressourcen“ zu verstehen ist, über die die Wettbewerbsausschüsse
laut der Europäischen Kommission verfügen sollen?

9. Welche Überlegungen zur institutionellen Verankerung eines Wettbewerbs-
ausschusses in Deutschland gibt es in der Bundesregierung?
a) Wie sollte sich der deutsche Wettbewerbsausschuss nach der Vorstellung

der Bundesregierung personell zusammensetzen?
b) Gibt es Überlegungen, diesen Ausschuss in Deutschland mit dem Sach-

verständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwick-
lungen zu verbinden?

10. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung eine Verknüpfung der Umsetzung der
Empfehlungen der Wettbewerbsausschüsse mit der in Stufe 2 des Fünf-Prä-
sidenten-Plans vorgesehenen Fiskalkapazität des Euroraums vorgesehen?
Würde die Bundesregierung eine solche Verknüpfung begrüßen (bitte be-
gründen)?

11. Inwiefern wird die Umsetzung der Empfehlungen der Wettbewerbsaus-
schüsse durch die Einbindung in das reformierte Europäische Semester und
das Verfahren gegen makroökonomische Ungleichgewichte verbindlich ge-
macht?

12. Wo verlaufen in Bezug auf die Wettbewerbsausschüsse nach Kenntnis der
Bundesregierung Konfliktlinien zwischen den Regierungen der Euroländer?
Wer vertritt welche Positionen?

13. Welche Informationen hat die Bundesregierung bezüglich des vorgesehenen
zeitlichen Ablaufs des politischen Prozesses hin zur Einsetzung der Wettbe-
werbsausschüsse?

14. Findet in Hinblick auf die Wettbewerbsausschüsse eine spezifische politi-
sche Koordination zwischen Deutschland und Frankreich statt?
Welche Impulse gehen von dieser Koordination aus?

15. Welche Einschätzung hat die Bundesregierung bezüglich des zeitlichen Ab-
laufs des politischen Prozesses bis zur Einsetzung der Wettbewerbsaus-
schüsse in den Euroländern?

16. Welche Signale hat die Bundesregierung seitens der Tarifpartner bezüglich
der Wettbewerbsausschüsse erhalten?
Welche Erwartungen, Befürchtungen und Forderungen wurden formuliert?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7348
 

17. Teilt die Bundesregierung die u. a. vom Deutschen Gewerkschaftsbund ver-
tretene Einschätzung, dass die Wettbewerbsausschüsse einen Angriff auf die
deutsche Tarifautonomie darstellen?
a) Wenn ja, welche Maßnahmen wird die Bundesregierung der Europäi-

schen Kommission und im Rat vorschlagen, um die Tarifautonomie zu
schützen?

b) Wenn nein, warum nicht (bitte begründen)?

Berlin, den 25. Januar 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.