BT-Drucksache 18/7347

Abschiebungen im Jahr 2015

Vom 20. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7347
18. Wahlperiode 20.01.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Jan Korte, Sevim Dağdelen,
Katrin Kunert, Harald Petzold (Havelland), Martina Renner, Dr. Petra Sitte,
Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Abschiebungen im Jahr 2015

Nachdem die Zahl der Abschiebungen von 9 617 im Jahr 2007 auf 7 651 im
Jahr 2012 gesunken ist, steigt sie seit dem Jahr 2013 – auch infolge gestiegener
Asylzahlen – wieder deutlich an. Im Jahr 2014 gab es 10 884 Abschiebun-
gen (vgl. die Antworten der Bundesregierung auf regelmäßige Anfragen der Frak-
tion DIE LINKE., zuletzt auf Bundestagsdrucksache 18/4025). Hinzu kamen
2 967 Zurückschiebungen (innerhalb von sechs Monaten nach unerlaubter Ein-
reise) und 3 612 Zurückweisungen (direkt an der Grenze, im Regelfall an den
Flughäfen).
Vor allem Menschen aus den Westbalkanländern Serbien, Mazedonien, Kosovo,
Albanien und Bosnien-Herzegowina waren von Abschiebungen betroffen. Bei
den Hauptzielstaaten der Abschiebungen befindet sich an zweiter Stelle der EU-
Mitgliedstaat Italien, hierbei geht es vor allem um Überstellungen Asylsuchender
im Rahmen der Dublin-Verordnung. Im Jahr 2014 gab es insgesamt 4 772 solcher
Überstellungen, das waren rund ein Drittel (34,5 Prozent) aller Ab- und Zurück-
schiebungen.
Die Zahl der freiwilligen Ausreisen von Ausreisepflichtigen ist größer als die
Zahl der Abschiebungen. Zwar wird diese Angabe statistisch nicht verlässlich er-
fasst, die Bundesregierung nennt für das Jahr 2014 aber die Zahl von etwa
13 000 ausreisepflichtigen Drittstaatsangehörigen, die Deutschland nach Er-
kenntnissen des Ausländerzentralregisters (AZR) freiwillig verlassen haben (vgl.
Bundestagsdrucksache 18/5862, Frage 29). Nach Angaben der Internationalen
Organisation für Migration (IOM) wurden im Jahr 2014 13 600 Ausreisen geför-
dert, nach Angaben der Bundesländer gab es 9 400 finanziell geförderte Ausrei-
sen, dabei kann es Überschneidungen beider Personenkreise geben (ebd.). Die
Bundesregierung erläutert, dass es wohl „eine größere Anzahl“ geförderter frei-
williger Ausreisen gebe, als aus dem AZR ermittelbar, weil bei Betroffenen eine
Ausreisepflicht noch nicht eingetreten oder noch nicht im AZR erfasst sein kann
(ebd.).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Abschiebungen wurden auf dem Luftweg im Jahr 2015 von deut-

schen Flughäfen aus durchgeführt (bitte nach Flughäfen, Zielländern und
Staatsangehörigkeit der Betroffenen aufschlüsseln sowie noch einmal geson-
dert die Zahl der Abschiebungen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union
bzw. Schengen-Staaten nennen)?

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2. Wie viele Abschiebungen in welche Länder erfolgten im Jahr 2015 auf dem
Land- bzw. Seeweg (bitte nach Zielländern und Staatsangehörigkeit der Be-
troffenen aufschlüsseln und gesondert die Zahl der Abschiebungen in Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union bzw. Schengen-Staaten nennen)?

3. Wie viele Überstellungen erfolgten im Jahr 2015 in andere Mitgliedstaaten
der Europäischen Union bzw. Schengen-Staaten im Rahmen der Dublin-Ver-
ordnung (bitte nach Zielstaaten und den zehn wichtigsten Staatsangehörig-
keiten differenzieren und die jeweilige Zahl der Minderjährigen nennen)?

4. Wie viele Zurückweisungen und Zurückschiebungen fanden im Jahr 2015 an
deutschen Flughäfen statt (bitte nach Flughäfen, Zielstaaten und Staatsange-
hörigkeit der Betroffenen aufschlüsseln)?

5. Wie viele Zurückweisungen und Zurückschiebungen fanden im Jahr 2015 an
den Land- bzw. Seegrenzen statt (bitte nach Landesgrenzen bzw. Bundespo-
lizeipräsidien und Herkunftsländern aufschlüsseln)?

6. Wie viele Minderjährige und wie viele unbegleitete Minderjährige waren von
Abschiebungen, Zurückschiebungen bzw. Zurückweisungen im Jahr 2015
betroffen, wie viele unbegleitete Minderjährige wurden an den Außengren-
zen festgestellt (bitte nach Feststellungen an den Grenzen und Feststellungen
nach Staatsangehörigkeit auflisten), und wie viele von ihnen wurden in die
Obhut der Jugendämter gegeben?

7. Welche näheren Angaben lassen sich zu den aufenthaltsrechtlichen Grund-
lagen bzw. Umständen der Abschiebungen im Jahr 2015 machen (z. B. Ab-
schiebung nach abgeschlossenem Asylverfahren, Dublin-Überstellung, Ab-
schiebung nach Ausweisung, vorherige Aufenthaltsdauer der Abgeschobe-
nen – bitte nach Jahren differenzieren usw.)?

8. Was waren die Gründe der Einreiseverweigerungen/Zurückweisungen (bitte
nach Zurückweisungsgrund und den zehn wichtigsten Staatsangehörigkeiten
differenzieren und wie auf Bundestagsdrucksache 18/782, Antwort zu
Frage 7 darstellen)?

9. In welcher Zuständigkeit erfolgten die Abschiebungen, Zurückweisungen
und Zurückschiebungen im Jahr 2015, bzw. wer hat sie veranlasst und durch-
geführt (bitte jeweils nach Bund und den einzelnen Bundesländern bzw. nach
ausführender Behörde differenzieren)?

10. In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2015 Zwangsgelder gegen Beförde-
rungsunternehmen nach § 63 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) verhängt,
wie hoch war die Gesamtsumme und wie hoch die durchschnittliche Summe
pro Beförderungsunternehmen (bitte auch nach Fluggesellschaft, Bus- und
Bahnunternehmen, Taxis usw. differenzieren)?

11. Wie viele Personen wurden im Jahr 2015 im Zuge von so genannten Sam-
melabschiebungen entweder direkt in ihr Herkunftsland bzw. über Flughäfen
anderer Mitgliedstaaten in ihr Herkunftsland abgeschoben (bitte nach Sam-
melabschiebungen der Europäischen Union bzw. in nationaler bzw. Länder-
zuständigkeit differenzieren und einzeln aufführen)?

12. An welchen gemeinsamen Abschiebemaßnahmen der EU-Grenzagentur
FRONTEX hat sich Deutschland im Jahr 2015 beteiligt, welches Zielland
hatten diese Maßnahmen jeweils, und
a) bei welchem Staat (für Deutschland: Behörde) lag jeweils die Federfüh-

rung für die Abschiebemaßnahme, welche Bundesländer waren von deut-
scher Seite darüber hinaus beteiligt,

b) welche Fluggesellschaften wurden mit der Durchführung der Flüge be-
auftragt, von welchen deutschen Flughäfen starteten sie, bzw. auf welchen
machten sie eine Zwischenlandung,

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7347
 

c) wie hoch waren die Kosten der Flüge jeweils, und wer hat die Kosten
getragen,

d) wie viele Personen aus welchen Herkunftsstaaten wurden bei den Ab-
schiebemaßnahmen aus Deutschland jeweils abgeschoben, und

e) wie viele Bundesbeamte wurden als Begleitpersonal auf diesen Flügen
jeweils eingesetzt?

13. Wie viele der Abschiebungen im Jahr 2015 erfolgten
a) unbegleitet,
b) in Begleitung von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei,
c) in Begleitung von Beamtinnen und Beamten der Länderpolizeien oder an-

derer Länderbehörden,
d) in Begleitung von Vollzugsbeamtinnen und -beamten anderer Mitglied-

staaten der Europäischen Union,
e) in Begleitung von Sicherheitskräften der Zielstaaten (bitte nach Zielstaa-

ten aufschlüsseln),
f) in Begleitung von Sicherheitskräften der Luftverkehrsgesellschaften

(bitte nach Fluggesellschaften aufschlüsseln),
g) in Begleitung von medizinischem Personal?

14. Wie viele Abschiebungsversuche mussten im Jahr 2015 aufgrund von Wi-
derstandshandlungen der/des Betroffenen abgebrochen werden (bitte nach
Flughafen und Staatsangehörigkeiten der Betroffenen aufschlüsseln)?

15. Wie viele Abschiebungen auf dem Luftweg mussten im Jahr 2015 wegen
medizinischer Bedenken abgebrochen werden (bitte nach Flughafen und
Staatsangehörigkeiten der Betroffenen und den medizinischen Gründen auf-
schlüsseln)?

16. Wie viele Abschiebungsversuche mussten im Jahr 2015 abgebrochen wer-
den, weil sich die Fluggesellschaft oder der Flugzeugführer weigerten, die
Personen, die zur Abschiebung anstanden, zu transportieren (bitte nach Da-
tum, Flughafen und der jeweiligen Fluggesellschaft aufschlüsseln)?

17. Wie viele Abschiebungen scheiterten im Jahr 2015 an der Weigerung der
Zielstaaten, die Abgeschobenen aufzunehmen (bitte nach Zielstaaten diffe-
renzieren)?

18. Welche Kosten sind dem Bund im Jahr 2015 durch die Sicherheitsbegleitung
entstanden (bitte so genau wie möglich differenzieren)?

19. Wie viele Ausreiseentscheidungen gegenüber Drittstaatsangehörigen bzw.
Angehörigen der Europäischen Union bzw. gegenüber abgelehnten Asylsu-
chenden (bitte differenzieren, auch nach den jeweils 15 wichtigsten Her-
kunftsländern und den Bundesländern) wurden im Zeitraum 2015 erlassen,
und wie viele Ausreisen von Drittstaatsangehörigen bzw. Angehörigen der
Europäischen Union bzw. abgelehnten Asylsuchenden gab es im Jahr 2015
(bitte differenzieren, auch nach den jeweils 15 wichtigsten Herkunftsländern
und den Bundesländern und jeweils angeben, wie viele der jeweils ausgereis-
ten Personen abgeschoben wurden)?

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20. Wie ist die Antwort der Bundesregierung zu Frage 20 auf Bundestagsdruck-
sache 18/4025, die angefragten Daten könnten aus dem AZR statistisch nicht
ermittelt werden, zu erklären vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung
solche Daten in Bezug auf bestandskräftig abgelehnte Asylbewerber nur we-
nig später durch eine Auswertung des AZR zu einem bestimmten Stichtag
statistisch ermittelt hat (vgl. Frage 31 auf Bundestagsdrucksache 18/5862;
vgl. dort auch die Angaben zu Frage 29), und wie hoch ist die Zahl der Ab-
schiebungen bzw. der Ausreisen (bitte differenzieren) von vollziehbar aus-
reisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern bzw. abgelehnten Asylsu-
chenden (bitte differenzieren) im Jahr 2015 in den einzelnen Bundesländern
im Vergleich zur Zahl der vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländerinnen
und Ausländer bzw. bestandskräftig abgelehnten Asylsuchenden in diesen
Bundesländern (bitte nach Bundesländern auflisten; gegebenenfalls Angaben
machen, soweit diese im Sinne der Frage ermittelbar sind)?

21. Wie viele nichtaufhältige Personen mit abgelehntem Asylantrag und Aus-
reise im Jahr 2015 sind im AZR erfasst (bitte differenzieren nach Jahr der
Asylablehnung, Bundesländern und den 15 wichtigsten Herkunftsländern)?

22. Wie viele ausreisepflichtige Drittstaatsangehörige haben Deutschland im
Jahr 2015 freiwillig verlassen, wie viele Ausreisen wurden im Jahr 2014 fi-
nanziell gefördert (bitte jeweils auch nach den 15 wichtigsten Herkunftsstaa-
ten und den Bundesländern differenziert angeben)?

23. Welche (und seien es Teil-)Angaben zur Zahl bzw. zum Anteil von Roma-
Angehörigen bei Abschiebungen oder Ausreisen im Jahr 2015 kann die Bun-
desregierung machen (bitte gegebenenfalls auch nach Staatsangehörigkeiten
differenzieren)?

24. Was hat die von der Bundesregierung angekündigte (vgl. Antwort der Bun-
desregierung auf die Schriftliche Frage 28 der Abgeordneten Ulla Jelpke auf
Bundestagsdrucksache 18/3672 vom 2. Januar 2015) Auswertung ergeben,
inwieweit die deutsche Rechtslage zu Pflichten von Beförderungsunterneh-
men (insbesondere §§ 63 bis 65 AufenthG) mit EU-Recht vereinbar ist (bitte
im Detail darstellen und insbesondere die Entscheidung des Oberverwal-
tungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. November 2015 – OVG Berlin-
Brandenburg 2 S 13.15 – berücksichtigen, in der es um ein Beförderungsver-
bot gegen ein spanisches Busunternehmen, das Passagiere ohne erforderliche
Pässe oder Aufenthaltstitel von Belgien nach Deutschland befördert hatte,
geht), und wie ist der Stand des entsprechenden Vertragsverletzungsverfah-
rens gegen die Tschechische Republik?

25. Wie ist die Kontrollpraxis von Beförderungsunternehmen (bitte nach Flug-,
Bus-, Bahn- sowie Taxiunternehmen differenzieren) bei Reisen innerhalb
des Schengen-Raums, und sind diese Unternehmen nach Auffassung der
Bundesregierung vor dem Hintergrund der Bestimmungen nach den §§ 63
bis 65 AufenthG dazu verpflichtet, Kontrollen der Ausweis-, Reise- oder
Aufenthaltspapiere vorzunehmen (bitte unter Berücksichtigung des Grund-
satzes der kontrollfreien Reisefreiheit innerhalb des Schengen-Raums beant-
worten)?

Berlin, den 20. Januar 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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