BT-Drucksache 18/7307

Der Export offensiver und defensiver Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien

Vom 14. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7307
18. Wahlperiode 14.01.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz,
Sevim Dağdelen, Annette Groth, Inge Höger, Andrej Hunko, Katrin Kunert,
Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu, Kathrin Vogler und der Fraktion
DIE LINKE.

Der Export offensiver und defensiver Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien

Saudi-Arabien zählt zu den bedeutendsten Abnehmern deutscher Rüstungstech-
nologie. Unbestritten ist die Menschenrechtslage in dem Königreich verheerend.
Der Einmarsch saudischer Truppen in Bahrain, bei dem die Proteste der durch die
sunnitische Minderheit unterdrückten schiitischen Bevölkerungsmehrheit blutig
niedergeschlagen wurden, verdeutlichte nach Auffassung der Fragesteller schon
im Jahr 2011, dass Saudi-Arabien bereit ist, militärisch aggressiv seine Interessen
in der Region durchzusetzen.
Mit dem Thronwechsel zu Beginn des Jahres 2015 von König Abdullah zu König
Salman und der im Zuge dessen erfolgten Ernennung seines Sohnes Mohammed
bin-Salman zum Verteidigungsminister verschärfte sich der außenpolitische Kurs
des Landes weiter: Ende März 2015griff Riad gemeinsam mit arabischen Ver-
bündeten militärisch in den jemenitischen Bürgerkrieg ein. Allein 2 800 tote Zi-
vilisten sind nach UN-Angaben seither zu beklagen (www.un.org/apps/
news/story.asp?NewsID=52938#.Vo0V27g1_Gg). Auch der Bundesnachrichten-
dienst warnt mittlerweile vor der „impulsiven Interventionspolitik“ der neuen
saudischen Führung (www.spiegel.de/politik/ausland/bundesnachrichtendienst-
warnt-vor-interventionspolitik-saudi-arabiens-a-1065643.html).
Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, erklärte am
4. Januar 2016 zu deutschen Rüstungslieferungen nach Saudi-Arabien: „Wir ha-
ben Saudi-Arabien defensive Rüstungsgüter geliefert, keine offensiven“ (ARD-
Tagesschau vom 4. Januar 2015, 20.00 Uhr). Eine Unterteilung von Rüstungsgü-
tern in „defensive“ und „offensive“ Rüstungsgüter sieht jedoch weder das Gesetz
über die Kontrolle von Kriegswaffen noch das Außenwirtschaftsgesetz vor.

Wir fragen die Bundesregierung:
Wie definiert die Bundesregierung grundsätzlich „offensive“ und wie „de-

fensive“ Rüstungsgüter?
In welchen Dokumenten (Gesetze, Verordnungen etc.) ist die Unterschei-

dung festgelegt, und wie lautet sie jeweils?
In welcher Form und wann hat die Bundesregierung den exportierenden

deutschen Rüstungsunternehmen mitgeteilt, was ein „offensives“ und was
ein „defensives“ Rüstungsgut ist?

Drucksache 18/7307 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der „offensive“ oder der „de-
fensive“ Charakter eines Rüstungsgutes auch bzw. insbesondere von der Mi-
litärdoktrin eines Landes, der Strategie eines Einsatzes, der Taktik im Einsatz
und vom Einsatzort abhängig ist?
Wenn nein, warum nicht?

Handelt es sich bei den folgenden Rüstungsgütern aus Sicht der Bundesre-
gierung jeweils um ein „defensives“ oder um eine „offensives“ Rüstungsgut:
1. verlegbares Luftverteidigungssystem Patriot,
2. Panzerabwehrrakete Milan,
3. Bewaffnungssteuerungssysteme für Kampfflugzeuge (beispielsweise für
den Tornado)?

Zählt die Bundesregierung Güter, die in der Anti-Folter-Verordnung der Eu-
ropäischen Union gelistet sind, zu den „offensiven“ oder zu den „defensiven“
Rüstungsgütern?

Sind Rüstungsgüter, die für die gewaltsame Bekämpfung interner Opposition
entwickelt wurden bzw. vorherrschend zu diesem Zweck eingesetzt werden,
nach Auffassung der Bundesregierung „offensive“ oder „defensive“ Rüs-
tungsgüter?

Welche der Rüstungsgüter, deren Export die Bundesregierung in den Jahren
2014 und 2015 nach Saudi-Arabien genehmigt hat, sind nach der Definition
der Bundesregierung „offensiv“, welche „defensiv“ (sofern für das Jahr 2015
noch keine vollständige Auflistung möglich ist, bitte nach Monaten auflisten,
soweit die Daten vorliegen; die Unterscheidung offensiv/defensiv bitte bei
jedem genehmigten Rüstungsgut angeben)?

Ist eine Ausfuhrgenehmigung für die 15 Patrouillenboote, deren Export der
Bundessicherheitsrat im Juni 2015 gebilligt hat, mittlerweile erteilt worden?
Falls ja, wann ist die Genehmigung erteilt worden, und wann ist gegebenen-
falls die tatsächliche Ausfuhr der Boote erfolgt?
Falls nein, warum nicht?

Ist die Bundesregierung weiterhin der Ansicht, dass diese Patrouillenboote
ausschließlich defensiv einsetzbar sind?

Ist der Einsatz dieser Boote im Rahmen einer offensiven saudischen Mili-
täroperation im Persischen Golf in einer „defensiven“ Rolle, z. B. bei der
Sicherung rückwärtiger Verbindungen, aus Sicht der Bundesregierung mili-
tärisch möglich?

Handelt es sich bei den Kampfflugzeugen der Typen Tornado, Eurofighter
und F-15 Eagle aus Sicht der Bundesregierung um „offensive“ oder um „de-
fensive“ Rüstungsgüter?

Für welche dieser Flugzeugtypen hat die Bundesregierung im Jahr 2015 je-
weils die Ausfuhr von welchen Teilen genehmigt (bitte nach Monaten und
unter Angabe der genauen Bezeichnung des Rüstungsgutes, der Stückzahl
und des Wertes aufschlüsseln)?

Für Flugkörper welcher Typen hat die Bundesregierung im Jahr 2015 den
Export von welchen Teilen genehmigt (bitte nach Monaten und unter Angabe
der genauen Typenbezeichnung, z. B. „Storm Shadow“, der genauen Be-
zeichnung des Teiles, der Stückzahl und des Wertes aufschlüsseln)?

Handelt es sich aus Sicht der Bundesregierung bei den in der Antwort zu
Frage 14 aufgeführten Flugkörpern jeweils um ein „offensives“ oder um ein
„defensives“ Rüstungsgut?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7307
 

In welchem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang steht die Ent-
scheidung des Bundessicherheitsrates im Juni 2015, die Ausfuhr von 15 Pat-
rouillenbooten nach Saudi-Arabien zu genehmigen, mit dem Besuch des sau-
dischen Ministers für Handel und Industrie Fawzan Alrabiah im gleichen
Monat?

War die deutsche Rüstungsexportpolitik (d. h. sowohl generelle Fragen wie
auch Einzelfragen zu einzelnen Exportvorhaben, Unternehmen u. Ä.) gegen-
über Saudi-Arabien Gegenstand der Gespräche von Fawzan Alrabiah mit sei-
nen deutschen Gesprächspartnern, und falls ja, in welchen Gesprächen, mit
welchem konkreten Gesprächsthema und mit welchen deutschen Gesprächs-
partnern?

In welcher Form und wann ist der saudischen Regierung durch die Bundes-
regierung mitgeteilt worden, dass sie aus der Bundesrepublik Deutschland
nur noch „defensive“ Rüstungsgüter beziehen kann?

Seit wann verfolgt die Bundesregierung in ihrer Rüstungsexportpolitik ge-
genüber Saudi-Arabien eine Genehmigungspolitik anhand der Unterschei-
dung defensiv/offensiv, und in welcher Form (Weisung u. Ä.) wurde diese
neue Linie wann festgehalten?

Für welche weiteren Länder gilt seit wann die Regel, dass nur noch defensive
Rüstungsgüter ausfuhrgenehmigungsfähig sind?

Berlin, den 14. Januar 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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