BT-Drucksache 18/7248

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das Jahr 2015

Vom 11. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7248
18. Wahlperiode 11.01.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Sevim Dağdelen, Jan Korte,
Petra Pau, Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das Jahr 2015

Die von der Fraktion DIE LINKE. regelmäßig erfragten Informationen zur Asyl-
statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beleuchten aus-
gewählte Aspekte, die in der medialen Berichterstattung zumeist nur wenig Be-
achtung finden. So ist kaum bekannt, dass die Anerkennungsquote bei inhaltli-
chen Asylentscheidungen weitaus höher liegt, als die offiziellen Zahlen vermuten
lassen (vgl. hierzu und zum Folgenden die Bundestagsdrucksache 18/3850). Die
so genannte bereinigte Schutzquote, bei der rein formelle Entscheidungen unbe-
rücksichtigt bleiben, lag im Jahr 2014 bei 48,5 Prozent – und das, obwohl Flücht-
linge z. B. aus Serbien, Bosnien oder Mazedonien zu beinahe 100 Prozent abge-
lehnt wurden. Hinzu kommen noch Anerkennungen, die von den Gerichten aus-
gesprochen werden: Im Jahr 2014 erwiesen sich mehr als 10 Prozent aller Klagen
gegen ablehnende Asylbescheide als begründet, rund 23 Prozent wurden abge-
wiesen, zwei Drittel der Gerichtsverfahren wurden aus unterschiedlichen Grün-
den eingestellt. Im Ergebnis führte somit weit mehr als jeder zweite inhaltlich
geprüfte Asylantrag zu einem Schutzstatus in Deutschland.
Bei einem Fünftel aller Asylsuchenden stellte das BAMF im Jahr 2014 ein Rück-
übernahmeersuchen nach der Dublin-Verordnung der Europäischen Union (EU).
Im Jahr 2013 lag dieser Anteil bei einem Drittel. Es gibt eine steigende Zahl von
Flüchtlingen, deren Schutzbedürftigkeit im EU-Asylsystem zwar festgestellt
wurde, die aber faktisch rechtlos sind, weil sie sich – zumeist aus guten Gründen
– nicht im formal zuständigen Mitgliedstaat aufhalten. Selbst der damalige Präsi-
dent des BAMF, Dr. Manfred Schmidt, erklärte: „Das Schlimmste, was ihnen
heute passieren könnte, wäre, anerkannter Flüchtling in Italien zu werden“, da
dort „selbst Familien mit Kleinkindern unter Brücken schlafen“ müssten (Fränki-
sche Landeszeitung vom 20. Januar 2015).
Die Zahl der Asylsuchenden, die über Griechenland nach Deutschland einreisen,
ist seit dem Überstellungsstopp wegen der dortigen systemischen Mängel im
Asylsystem im Jahr 2011 über Jahre weitgehend stabil geblieben, 2014 brach die
Zahl um 60 Prozent auf nur noch 1 519 Personen ein (Vorjahr: 3 879 Personen).
Der zuvor beschworene „Pull-Effekt“ durch die Aussetzung von Überstellungen
nach Griechenland ist somit nicht eingetreten. Übernahmeersuchen wurden im
Jahr 2014 vor allem an Italien gerichtet (25,9 Prozent), danach folgten Bulgarien
(12,5 Prozent) und Ungarn (11,1 Prozent). Syrische Flüchtlinge stellen dabei mit
15,1 Prozent die größte Betroffenengruppe. Den insgesamt 35 115 Ersuchen im
Jahr 2014 standen nur 4 772 tatsächliche Überstellungen gegenüber, das sind ge-
rade einmal 13,6 Prozent. Gemessen an den Zustimmungen der anderen EU-Mit-

Drucksache 18/7248 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

gliedstaaten zur Rückübernahme (27 157) betrug die so genannte Überstellungs-
quote 17,6 Prozent (Italien: 9,7 Prozent). Viele Betroffene wehren sich wegen er-
heblicher Mängel in den Asylsystemen anderer Mitgliedstaaten oder aufgrund in-
dividueller Umstände erfolgreich auf gerichtlichem Weg gegen eine Überstel-
lung. Manche tauchen im Zweifelsfall lieber unter, als sich gegen ihren Willen in
ein Land überstellen zu lassen, in dem sie ein unfaires Asylverfahren, unwürdige
Lebensbedingungen, Obdachlosigkeit oder eine Inhaftierung fürchten müssen.
Das Dublin-System produziert nach Auffassung der Fragesteller auf diese Weise
eine große Zahl von illegalisierten Flüchtlingen und erreicht nicht sein vorgebli-
ches Ziel, allen Asylsuchenden in der EU ein faires Asylverfahren zu bieten. In-
nerhalb des BAMF werden für Dublin-Verfahren Personalressourcen gebunden,
die nach Auffassung der Fragesteller weitaus sinnvoller in der regulären Asylprü-
fung eingesetzt werden könnten. Eine reale Verteilungswirkung ist mit dem Dub-
lin-System für Deutschland kaum verbunden: Obwohl die immer komplexeren
Dublin-Verfahren das BAMF und die Gerichte zunehmend beschäftigen, redu-
zierte sich die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland durch Dublin-Überstellun-
gen im Jahr 2014 im Saldo um gerade einmal 2 500 Personen – also ein Prozent
der etwa 200 000 im selben Jahr gestellten Asylanträge.
Eine Möglichkeit zur Einsparung von Arbeitskapazitäten im BAMF wäre der
Verzicht auf massenhafte Widerrufsverfahren – in der EU sieht nur Deutschland
obligatorische Widerrufsprüfungen drei Jahre nach der Anerkennung ohne kon-
kreten Anlass vor. Im Jahr 2014 kam es bei 16 061 Prüfverfahren nur in jedem
20. Fall zu einer Aberkennung eines Flüchtlingsstatus, wobei diese Widerrufe bei
einer gerichtlichen Überprüfung wiederum nur zu einem Drittel Bestand hatten.
Für die Betroffenen – politisch verfolgte und häufig traumatisierte Flüchtlinge –
sind diese Verfahren sehr belastend.
Ein behördliches Asylverfahren in Deutschland dauerte im Jahr 2014 im Durch-
schnitt 7,1 Monate. Bei bestimmten Herkunftsländern mit geringen Anerken-
nungsquoten ist die Verfahrensdauer infolge von Beschleunigungsmaßnahmen
deutlich kürzer. Umso länger dauern die Verfahren jedoch bei zahlreichen Flücht-
lingen mit guten Anerkennungschancen. Im Jahr 2014 mussten etwa Asylsu-
chende aus Afghanistan, Pakistan und dem Iran 14 bis 16 Monate auf eine Behör-
denentscheidung warten. Werden Dublin-Verfahren, Folgeverfahren und priori-
sierte Schnellverfahren nicht berücksichtigt, ergibt sich eine durchschnittliche
Bearbeitungsdauer im regulären Asylverfahren von 13,1 Monaten. Immer länger
dauert auch die Zeit vom ersten Asylgesuch bis zur Asylantragstellung, die bei
den offiziellen Angaben zur durchschnittlichen Asylverfahrensdauer nicht be-
rücksichtigt wird, doch die Bundesregierung will oder kann hierzu keine konkre-
ten Angaben machen (vgl. Bundestagsdrucksache 18/5785, Antwort zu Frage 4d),
bei einzelnen BAMF-Außenstellen sind es mehrere Monate (vgl. Plenarproto-
koll 18/142, S. 13922 f., Anlage 13).
Vom umstrittenen Asyl-Flughafenverfahren waren im Jahr 2014 643 Asylsu-
chende betroffen, unter ihnen 178 syrische und 96 afghanische Flüchtlinge sowie
18 unbegleitete Minderjährige. Im Ergebnis wurde 56 dieser Asylsuchenden nach
einer Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ die Einreise im Rechtssinne
verweigert – wie viele von ihnen tatsächlich ausreisten oder abgeschoben wurden
oder in Deutschland verbleiben konnten, ist nicht bekannt.
31,8 Prozent aller Asylsuchenden in Deutschland im Jahr 2014 waren Kinder.
2,6 Prozent waren unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, bei denen die berei-
nigte Gesamtschutzquote zwischen 66,4 und 81,1 Prozent betrug. Ausgerechnet
die Asylverfahren unbegleiteter Minderjähriger dauerten im Jahr 2014 mit durch-
schnittlich 10,4 Monaten besonders lange.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7248
 

Wir fragen die Bundesregierung:
1. a) Wie hoch war die Gesamtschutzquote (Anerkennungen nach Arti-

kel 16a des Grundgesetzes – GG –, nach § 60 Absatz 1 des Aufenthalts-
gesetzes – AufenthG – und in Anwendung der Genfer Flüchtlingskon-
vention – GFK –, subsidiärer Schutz und Abschiebungshindernisse) in
der Entscheidungspraxis des BAMF im vierten Quartal 2015, im Ge-
samtjahr 2015, und wie lauten die Vergleichswerte des Vorjahres (bitte
in absoluten Zahlen und in Prozent angeben und für die 15 wichtigsten
Herkunftsländer gesondert darstellen, bitte für jedes dieser Länder in re-
lativen Zahlen angeben, wie viele Asylsuchende Schutz nach Artikel
16a GG, nach § 60 Absatz 1 AufenthG / GFK, einen subsidiären Schutz-
status bzw. nationalen Abschiebungsschutz zugesprochen bekommen
haben, bitte in einer weiteren Tabelle nach Art der Anerkennung diffe-
renzieren: Asylberechtigung, internationaler Flüchtlingsschutz, subsidi-
ärer Schutz, nationale Abschiebungsverbote – bitte jeweils so differen-
ziert wie möglich darstellen)?

b) Wie hoch war in den genannten Zeiträumen jeweils die „bereinigte Ge-
samtschutzquote“, d. h. die Quote der Anerkennungen bezogen auf tat-
sächlich inhaltliche und nicht rein formelle (Nicht-)Entscheidungen
(bitte wie in Frage 1a differenzieren)?

c) Wieso gibt das Bundesministerium des Innern (BMI) bei den monatlich
veröffentlichten Asyl-Anerkennungsquoten neben der Gesamt-
schutzquote nicht zusätzlich auch die bereinigte Gesamtschutzquote an,
die der Berechnungsweise des Statistischen Amts der EU – Eurostat –,
das bei den Asylentscheidungen Verfahrenseinstellungen, Antragsrück-
nahmen und Entscheidungen im Dublin-Verfahren nicht berücksichtigt
(vgl. Bundestagsdrucksache 18/5785, Antwort zu Frage 5c), entspre-
chen würde und die Auskunft darüber gibt, in welchem Ausmaß das
BAMF Schutz gewährt, wenn inhaltlich über Asylgesuche entschieden
wird – gehört dies nicht auch zur Darstellung des „Asylgeschehens als
Teil des Migrationsgeschehens in Deutschland“ dazu (Nachfrage zur
Antwort auf die Frage 1c auf Bundestagsdrucksache 18/6860)?

2. Wie viele der Anerkennungen nach Artikel 16a GG bzw. nach § 60 Absatz 1
AufenthG/GFK im vierten Quartal 2015 bzw. im Gesamtjahr 2015 (bitte
auch die Vergleichswerte des Vorjahres nennen) beruhten auf staatlicher,
nichtstaatlicher bzw. geschlechtsspezifischer Verfolgung (bitte in absoluten
und relativen Zahlen und noch einmal gesondert nach den 15 wichtigsten
Herkunftsländern angeben)?

3. Wie viele Widerrufsverfahren wurden im vierten Quartal 2015 bzw. im Ge-
samtjahr 2015 (bitte auch die Vergleichswerte des Vorjahres nennen) einge-
leitet (bitte Gesamtzahlen angeben und nach den verschiedenen Formen der
Anerkennung und den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren), und
wie viele Entscheidungen in Widerrufsverfahren mit welchem Ergebnis gab
es in diesen Zeiträumen (bitte Gesamtzahlen angeben und nach den verschie-
denen Formen der Anerkennung und den 15 wichtigsten Herkunftsländern
differenzieren)?

4. Wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bis zu einer behördli-
chen Entscheidung im vierten Quartal 2015 bzw. im Gesamtjahr 2015 (bitte
auch die Vergleichswerte des Vorjahres nennen), wie lang war die durch-
schnittliche Bearbeitungsdauer bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung
(d. h. inklusive eines Gerichtsverfahrens, soweit vorliegend), und wie lang
war die durchschnittliche Bearbeitungszeit bei Asylerstanträgen von unbe-
gleiteten Minderjährigen (bitte jeweils auch nach den 15 wichtigsten Her-
kunftsländern und nach Erst- und Folgeanträgen differenzieren)?

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a) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Bearbei-
tungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung in Dublin-Verfahren
(bitte auch nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

b) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Bearbei-
tungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung in Asylverfahren, in
denen kein Ersuchen nach der Dublin-Verordnung gestellt wurde (bitte
auch nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

c) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Bearbei-
tungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung, wenn Dublin-Verfah-
ren, Folgeverfahren und die priorisierten Länder herausgerechnet werden
(bitte auch nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

d) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Bearbei-
tungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung, wenn nur Verfahren
berücksichtigt werden, in denen es eine inhaltliche Asylanhörung gab
(bitte auch nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

e) Wie viele Personen wurden im EASY-System als Asylsuchende für das
Jahr 2015 registriert, wie viele Asylantragsteller waren es im Vergleich
hierzu (bitte beide Angaben auch nach Bundesländern, Monaten und den
15 wichtigsten Herkunftsländern – in jedem Fall den sechs Westbalkan-
ländern – differenzieren)?

f) Gibt es gegenüber der Antwort zu Frage 4f auf Bundestagsdrucksache
18/6860 eine geänderte Einschätzung zu der Frage, in welchem Umfang
sich im EASY-System registrierte Asylsuchende später nicht als Asylan-
tragsteller melden und den Gründen hierzu (bitte darlegen)?

g) Wie lang sind derzeit die von den einzelnen BAMF-Außenstellen einge-
räumten Terminsetzungen zur Asylantragstellung (bitte bei den Außen-
stellen abfragen und nach Außenstellen differenziert und mit Angabe des
jeweiligen Auskunftsdatums darstellen; soweit keine Termine zur Antrag-
stellung vergeben werden, weil diese über drei Monate betragen würden,
bitte auch dies kenntlich machen), und inwieweit sind vor dem Hinter-
grund zum Teil monatelanger Wartezeiten bis zur Asylantragstellung
(vgl. Plenarprotokoll 18/142, S. 13923, Anlage 13) die Angaben des
BAMF zu durchschnittlichen Asylverfahrensdauern, die diese Zeit unbe-
rücksichtigt lassen, überhaupt realistisch und aussagekräftig (bitte ausfüh-
ren)?

h) Welche Verfahren werden derzeit prioritär bearbeitet, wie viele Asylver-
fahren wurden im vierten Quartal 2015 bzw. im Gesamtjahr 2015 prioritär
bearbeitet (absolut bzw. anteilig an allen Verfahren, bitte auch nach den
priorisierten Gruppen auflisten), und wie lang ist derzeit im Durchschnitt
die ungefähre Dauer eines priorisierten Asylverfahrens?

i) Wie lang war im vierten Quartal 2015 bzw. im Gesamtjahr 2015 (bitte
auch die Vergleichswerte des Vorjahres nennen) durchschnittlich die
Dauer bis zur Anhörung der Asylsuchenden, wie lang die durchschnittli-
che Dauer nach der Anhörung bis zur behördlichen Entscheidung (bitte
nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7248
 

j) Wie hoch war im vierten Quartal 2015 bzw. im Gesamtjahr der Anteil rein
schriftlicher Anerkennungsverfahren an allen Verfahren in Bezug auf die
Herkunftsländer Syrien, Irak und Eritrea, wie lang dauerten diese Verfah-
ren bei Antragstellung im Jahr 2015 durchschnittlich (bitte nach Her-
kunftsländern auflisten), und mit welchem zeitlichen, organisatorischen
und personellen (bitte getrennt angeben) Mehraufwand rechnen fachkun-
dige Bedienstete bzw. die Führungsspitze des BAMF infolge der Beendi-
gung rein schriftlicher Anerkennungsverfahren zum 1. Januar 2016 – vor
dem Hintergrund, dass schriftliche Anerkennungsverfahren bei syrischen
Asylsuchenden vom 1. Januar bis 31. August 2015 2,3 Monate, Asylver-
fahren syrischer Asylsuchender mit inhaltlicher Asylanhörung im drit-
ten Quartal hingegen 6,8 Monate, d. h. drei Mal so lang, dauerten (vgl.
Bundestagsdrucksache 18/6860, Antworten zu den Fragen 4d und 4o;
bitte ausführlich darstellen)?

k) Nach welchem Kriterium wird entschieden, dass voraussichtlich eine po-
sitive Entscheidung erfolgt, so dass in Anhörungen auf Fragen zum Ein-
reise- und Aufenthaltsverbot verzichtet wird (vgl. Bundestagsdrucksache
18/6860, Nachfrage zur Antwort auf die Frage 4p), und welchen anteili-
gen Umfang machen diese Verfahren in etwa aus?

l) Wie viele beim BAMF anhängige Verfahren sind seit über 3, 6, 12, 18,
24 bzw. 36 Monaten anhängig (bitte auch nach den zehn am meisten be-
troffenen Herkunftsländern differenzieren), wie ist der aktuelle Stand der
Bearbeitung von so genannten Altverfahren (seit 2013 bzw. früher anhän-
gig) im BAMF (bitte im Detail darstellen), und müssten inzwischen nicht
Verfahren, die seit dem Jahr 2014 und früher anhängig sind, als Altver-
fahren angesehen werden – und welche Einschätzungen gibt es dazu, in
welchem Zeitraum diese lang andauernden Verfahren abgeschlossen wer-
den können?

5. Wie viele Verfahren im Rahmen der Dublin-Verordnung wurden im vierten
Quartal 2015 bzw. im Gesamtjahr 2015 (bitte auch die Vergleichswerte des
Vorjahres nennen) eingeleitet (bitte in absoluten Zahlen und in Prozent-
zahlen die Relation zu allen Asylerstanträgen sowie die Quote der auf
EURODAC-Treffern – EURODAC: europäische Datenbank zur Speiche-
rung von Fingerabdrücken – basierenden Dublin-Verfahren angeben; bitte
auch nach den unterschiedlichen EURODAC-Treffern differenzieren), und
wie viele VIS-Treffer (VIS: Visa-Informationssystem) bei Asylsuchenden
gab es (bitte Gesamtzahl nennen und jeweils nach den fünf wichtigsten Aus-
stellungsländern der Visa und Herkunftsländern differenzieren)?
a) Welche waren in den benannten Zeiträumen die 15 am stärksten betroffe-

nen Herkunftsländer und welche die 15 am stärksten angefragten Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union (bitte in absoluten Zahlen und in
Prozentzahlen angeben, sowie in jedem Fall die Zahlen zu Griechenland,
Zypern, Malta, Bulgarien und Ungarn sowie zu syrischen Asylsuchenden
nennen)?

b) Wie viele Dublin-Entscheidungen mit welchem Ergebnis (Zuständigkeit
eines anderen EU-Mitgliedstaats bzw. der Bundesrepublik Deutschland,
Selbsteintritt, humanitäre Fälle, Familienzusammenführung usw.) gab es
in den benannten Zeiträumen (bitte bei der Zahl der Selbsteintritte auch
nach Mitgliedstaaten der Europäischen Union und den jeweils fünf wich-
tigsten Herkunftsländern differenzieren)?

Drucksache 18/7248 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

c) Wie viele Überstellungen nach der Dublin-Verordnung wurden in den be-
nannten Zeiträumen vollzogen (bitte in absoluten Zahlen und in Prozent-
zahlen angeben und auch nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern – in
jedem Fall auch Syrien – und Mitgliedstaaten der Europäischen Union
– in jedem Fall auch Griechenland, Ungarn, Bulgarien, Zypern und
Malta – differenzieren), und wie viele dieser Personen wurden unter Ein-
schaltung des BAMF, aber ohne Durchführung eines Asylverfahrens
überstellt?

d) Wie viele Asylanträge wurden in den genannten Zeiträumen mit der Be-
gründung einer Nicht-Zuständigkeit nach der Dublin-Verordnung abge-
lehnt oder eingestellt oder als unbeachtlich betrachtet, ohne dass ein Asyl-
verfahren mit inhaltlicher Prüfung durchgeführt wurde (bitte in absoluten
und relativen Zahlen angeben), und wie viele Asylanträge wurden als un-
zulässig erachtet, weil bereits in einem anderen Land ein Schutzstatus ge-
währt wurde (bitte in absoluten und relativen Zahlen angeben und weitere
Angaben zu den wichtigsten betroffenen Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union und den dort gewährten Schutzstatus und die Staatsangehö-
rigkeit der Betroffenen machen)?

e) In wie vielen Fällen wurde in den genannten Zeiträumen bei Asylsuchen-
den festgestellt, dass eigentlich Griechenland nach der Dublin-Verord-
nung zuständig wäre (bitte auch nach den zehn wichtigsten Herkunftslän-
dern differenziert angeben), wann und nach welchen Kriterien wird in die-
sen Fällen die Zuständigkeit eines weiteren durchreisten Dublin-Mitglied-
staats geprüft, und in welchem ungefähren Umfang finden solche Prüfun-
gen eines möglicherweise nach den Dublin-Regelungen zuständigen
Viertstaats statt (bitte darlegen)?

f) Wie viele Übernahmeersuchen, Zustimmungen bzw. Überstellungen
(bitte differenzieren) im Rahmen des Dublin-Systems gab es in den ge-
nannten Zeiträumen durch bzw. an Deutschland (bitte auch nach Ländern
differenzieren und die jeweiligen Überstellungsquoten nennen)?

g) Wie und nach welchen Kriterien wird im Allgemeinen und konkret in Be-
zug auf syrische Asylsuchende entschieden, ob ein Dublin-Verfahren ein-
geleitet wird oder nicht, vor dem Hintergrund, dass bei der Mehrzahl aller
über den Landweg eingereisten Asylsuchenden die Zuständigkeit eines
anderen Mitgliedstaats vorliegen dürfte (bitte so konkret wie möglich dar-
stellen)?

h) Welche Auswirkungen hatte die Wiederaufnahme der Dublin-Prüfungen
zum 22. Oktober 2015 bei syrischen Asylsuchenden (bitte so genau wie
möglich darstellen, z. B. in Bezug auf die Betroffenenzahlen, den perso-
nellen und zeitlichen Mehraufwand, Erfolgsquoten usw.)?

i) Welche Bedingungen, Regeln oder Einschränkungen einzelner Mitglied-
staaten in Bezug auf die Rückübernahme im Rahmen des Dublin-Systems
gibt es derzeit bzw. gab es im Jahr 2015 (bitte nach den jeweiligen Mit-
gliedstaaten differenziert darstellen, z. B. inwieweit es quantitative
Höchstgrenzen oder zeitliche Beschränkungen oder zusätzliche proze-
durale oder sonstige Anforderungen in Bezug auf die Rückübernahme
gibt), und wie wird dies von der Bundesregierung bewertet?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/7248
 

6. Wie viele Asylanträge wurden im vierten Quartal 2015 bzw. im Gesamtjahr
2015 (bitte auch die Vergleichswerte des Vorjahres nennen) nach § 14a Ab-
satz 2 des Asylgesetzes (AsylG) von Amts wegen für hier geborene (oder
eingereiste) Kinder von Asylsuchenden gestellt, wie viele Asylanträge wur-
den in den genannten Zeiträumen von bzw. für Kinder(n) unter 16 Jahren
bzw. von Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren bzw. von unbegleiteten
minderjährigen Flüchtlingen gestellt (bitte jeweils in absoluten Zahlen und
in Prozentzahlen in Relation zur Gesamtzahl der Asylanträge sowie die Ge-
samtzahl der Anträge unter 18-Jähriger und sich überschneidende Teilmen-
gen angeben), und wie hoch waren die jeweiligen (auch bereinigten) Gesamt-
schutzquoten für die genannten Gruppen?

7. Wie viele unbegleitete Minderjährige (d. h. unter 18-Jährige) haben im vier-
ten Quartal 2015 bzw. im Gesamtjahr 2015 einen Asylerstantrag gestellt
(bitte aufgliedern nach wichtigsten Herkunftsländern und Bundesländern),
und wie waren die Asylentscheidungen bei unbegleiteten Minderjährigen im
genannten Zeitraum (bitte nach verschiedenen Schutzstatus und wichtigsten
Herkunftsländern differenzieren)?

8. Wie viele unbegleitete Minderjährige wurden im vierten Quartal 2015 bzw.
im Gesamtjahr 2015 (bitte auch die Vergleichswerte des Vorjahres nennen)
an welchen Grenzen durch die Bundespolizei aufgegriffen, wie viele von
ihnen wurden an die Jugendämter übergeben, wie viele von ihnen wurden
zurückgewiesen oder zurückgeschoben (bitte nach den fünf wichtigsten Her-
kunftsländern differenzieren)?

9. Wie viele Asylanträge wurden im vierten Quartal 2015 bzw. im Gesamt-
jahr 2015 (bitte auch die Vergleichswerte des Vorjahres nennen) als „offen-
sichtlich unbegründet“ abgelehnt (bitte Angaben differenziert nach den
15 wichtigsten Herkunftsländern machen und zudem jeweils in Relation zur
Gesamtzahl der Ablehnungen setzen)?

10. Wie viele so genannte Flughafenverfahren wurden im vierten Quartal 2015
bzw. im Gesamtjahr 2015 (bitte auch die Vergleichswerte des Vorjahres nen-
nen) an welchen Flughafenstandorten mit welchem Ergebnis durchgeführt
(bitte auch Angaben zum Anteil der unbegleiteten Minderjährigen und den
zehn wichtigsten Herkunftsländern machen)?

11. Wie lautet die Statistik zu Rechtsmitteln und Gerichtsentscheidungen im Be-
reich Asyl für das Jahr 2015, soweit vorliegend (bitte in der Differenzierung
wie auf Bundestagsdrucksache 18/6860 zu Frage 11 darstellen)?

12. Wie viele Asyl-Anhörungen und wie viele rein schriftliche Anhörungen gab
es im vierten Quartal 2015 bzw. im Gesamtjahr 2015 (bitte auch nach den
15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

13. Wie waren die Schutzquoten und die Zahl der Schutzgesuche bei Asylsu-
chenden aus Tunesien, Ägypten, Marokko und Libyen im vierten Quar-
tal 2015 bzw. im Gesamtjahr 2015 (bitte auch die Vergleichswerte des Vor-
jahres nennen)?

14. Wie viele Erst- und Folgeanträge (bitte differenzieren) wurden von Asylsu-
chenden aus Serbien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Albanien und Bos-
nien-Herzegowina in den Monaten Oktober, November und Dezember 2015
gestellt (bitte jeweils auch den prozentualen Anteil der Roma-Angehörigen
nennen), und wie wurden diese Asylanträge in diesen Monaten jeweils mit
welchem Ergebnis beschieden?

15. Welche neuen Informationen gibt es zur Personalsituation, -entwicklung und
-planung im BAMF und zu unterstützenden Sondermaßnahmen, insbeson-
dere im Bereich der Asylprüfung, und welche Bedarfsplanung und Forderun-
gen gibt es derzeit im BAMF für das laufende und das kommende Jahr?

Drucksache 18/7248 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

16. Zu welchem ungefähren Anteil wird nach Einschätzungen von fachkundigen
Bediensteten des BAMF derzeit das Prinzip der Einheit von Anhörer und
Entscheider im Asylverfahren in der Praxis gewahrt (soweit möglich bitte
auch nach Herkunftsländern differenzieren)?

17. Wie lang war die Verfahrensdauer bei Asylsuchenden, die nicht aus Ländern
des Westbalkans kommen, im vierten Quartal 2015 bzw. im Gesamtjahr
2015 (bitte auch die Vergleichswerte des Vorjahres nennen), und wie hoch
war in diesen Zeiträumen die bereinigte Gesamtschutzquote in Bezug auf
diese Länder (ohne Westbalkan)?

18. Wie lange dauern derzeit im Durchschnitt nach Einschätzungen fachkundi-
ger Bediensteter des BAMF Asylanhörungen generell, wie lange dauern
diese jeweils bei Asylsuchenden aus den sechs Westbalkanländern, aus
Syrien und anderen wichtigen Herkunftsländern?

19. In wie vielen Fällen wurde das BAMF bei der Prüfung zielstaatsbezogener
Abschiebungshindernisse nach § 72 Absatz 2 AufenthG im Auftrag der Aus-
länderbehörden welcher Bundesländer im vierten Quartal 2015 bzw. im Ge-
samtjahr 2015 (bitte auch die Vergleichswerte des Vorjahres nennen) mit
welchem Ergebnis beteiligt (bitte auch nach den zehn wichtigsten Herkunfts-
ländern differenzieren)?

20. Inwieweit ist die Sonderauswertung des Ausländerzentralregisters (AZR)
zum 30. Juni 2015 bzw. 30. September 2015 zu noch aufhältigen, im Jahr
2014 bzw. 2015 rechts- oder bestandskräftig abgelehnten Asylbewerbern
(vgl. Frage 21 auf Bundestagsdrucksache 18/6860) aussagekräftig in Bezug
auf die Frage, wie effektiv Abschiebungen oder freiwillige Ausreisen verlau-
fen, wenn nicht erhoben bzw. ausgewertet wurde, wie viele der noch aufhäl-
tigen Personen über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen (so der Parlamenta-
rische Staatssekretär Dr. Ole Schröder in einem Schreiben vom 15. Dezem-
ber 2015 an die Abgeordnete Ulla Jelpke) und zudem unklar ist, wie viele
der nach Angaben des AZR Ausreisepflichtigen ohne Duldung sich tatsäch-
lich noch in Deutschland aufhalten (vgl. Antwort auf Frage 22 auf Bundes-
tagsdrucksache 18/6860), und wie lauten die angefragten Zahlen einer ent-
sprechenden Sonderauswertung des AZR zum Ende des Jahres 2015, wenn
diese Umstände berücksichtigt werden (bitte so detailliert wie möglich dar-
stellen, differenziert nach Herkunfts- und Bundesländern usw.)?

21. Welche genaueren Angaben kann die Bundesregierung zu dem Schreiben der
Europäischen Kommission an die Bundesregierung machen (vgl. SPIEGEL
ONLINE vom 27. September 2015: „Deutsche Abschiebepraxis: EU-Kom-
mission bemängelt Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern“), in dem ins-
besondere kritisiert worden sein soll, dass es im Jahr 2014 128 000 Personen
ohne „Aufenthaltsberechtigung“ und zugleich nur 34 000 Aufforderungen
zur Ausreise gegeben haben soll, denen 22 000 Menschen gefolgt seien, was
hat die Bundesregierung dem konkret entgegnet, und welche Zahlen wurden
in diesem Zusammenhang der Europäischen Kommission übermittelt (bitte
so ausführlich wie möglich darstellen; Wiederholung der Frage 23 auf Bun-
destagsdrucksache 18/6860, weil die Antwort der Bundesregierung nach
Auffassung der Fragesteller noch weniger konkrete Informationen enthält als
der in der Frage in Bezug genommene Zeitungsartikel)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/7248
 

22. Welche Erkenntnisse und Einschätzungen fachkundiger Bediensteter oder
Rückmeldungen seitens der Bundesländer liegen der Bundesregierung zu der
Frage vor, wie sich die seit dem 1. August 2015 geltenden neuen Regelungen
zur Abschiebehaft in der Praxis auswirken, insbesondere im Umgang mit so
genannten Dublin-Flüchtlingen, und wie bewertet die Bundesregierung dies
(Wiederholung der Frage 26 auf Bundestagsdrucksache 18/6860, weil die
Fragesteller davon ausgehen, dass die Bundesregierung durch entsprechende
Rückfragen bei der Bundespolizei zumindest Angaben zu dem „insbeson-
dere“ angefragten „Umgang mit so genannten Dublin-Flüchtlingen“, die vor
allem auf Betreiben der Bundespolizei inhaftiert werden, machen kann)?

23. Welche aktualisierten Angaben, auch zum Jahr 2015 insgesamt (soweit vor-
liegend), lassen sich zu überprüften (vor allem: Ausweis-)Dokumenten und
zum ungefähren Anteil gefälschter Dokumente Asylsuchender machen (bitte
auch differenzieren nach wesentlichen Hauptherkunftsländern, wie in der
Antwort zu Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 18/7015), welche Erkennt-
nisse für das Jahr 2015 liegen zu entsprechenden physikalisch-technischen
Untersuchungen vor (vgl. Antwort zu Frage 7 auf Bundestagsdrucksache
18/7015), und inwieweit unterscheiden sich diese Untersuchungen von den
Prüfungen, von denen in der Antwort zu Frage 4 auf Bundestagsdrucksache
18/7015 die Rede ist (bitte darstellen)?

Berlin, den 11. Januar 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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