BT-Drucksache 18/7109

Mölders-Feiern und die Bundeswehr

Vom 2. Dezember 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7109
18. Wahlperiode 02.12.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Eva Bulling-Schröter, Wolfgang Gehrcke,

Sigrid Hupach, Christine Buchholz, Nicole Gohlke, Annette Groth, Inge Höger,

Andrej Hunko, Norbert Müller (Potsdam), Petra Pau, Kathrin Vogler,

Harald Weinberg, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Mölders-Feiern und die Bundeswehr

Auf Antrag der Gruppe der PDS hat der Deutsche Bundestag im Jahr 1998 die
Bundesregierung aufgefordert, „dafür Sorge zu tragen, dass Mitgliedern der Le-
gion Condor nicht weiter ehrendes Gedenken […] der Bundeswehr zuteil wird“
(Bundestagsdrucksache 13/10494). Zu den davon betroffenen Wehrmachtsoffi-
zieren gehört auch Werner Mölders, der von April bis Dezember 1938 der Legion
Condor angehört und damit den Putsch der spanischen Faschisten gegen die ge-
wählte republikanische Regierung unterstützt hatte.

Eine offizielle Ehrung von Mölders durch die Bundeswehr gibt es heute nicht
mehr, aber die Bundeswehr unterstützt aktiv solche Ehrungen durch Dritte. So
finden an der Luftwaffenbasis Zell regelmäßig Feiern zu Ehren Mölders statt.
Veranstalter ist die Mölders-Vereinigung, der nicht nur erlaubt wird, ihre Feiern
auf dem Gelände der Bundeswehr durchzuführen, sondern sie darf dort auch re-
gelmäßig Räumlichkeiten nutzen. Der „Arbeitsstab“ des Vereins erfreue sich
durch den Umzug von einem Feldhaus in ein saniertes Gebäude der Wilhelm-
Frankl-Kaserne verbesserter räumlicher Bedingungen, hob der Vorsitzende der
Mölders-Vereinigung, ein pensionierter Bundeswehr-Oberst, bei einer Feier im
Jahr 2011 hervor (Augsburger Allgemeine vom 15. Juni 2011).

Anlässlich eines Treffens der Mölders-Vereinigung stellte die Bundeswehr auch
eigens ein größeres Mölders-Bild aus der militärgeschichtlichen Sammlung zur
Verfügung, das für den Zeitraum des Treffens – als militärgeschichtliches Expo-
nat gekennzeichnet – im Offiziersheim ausgestellt wurde (Bundestagsdrucksa-
che 16/6902, Antwort zu Frage 11).

Dabei pflegt die Mölders-Vereinigung keineswegs ein kritisches Verhältnis zu
Mölders, sondern hebt ihn als Vorbild hervor. Der Jagdflieger sei seinen Unter-
gebenen in soldatischer und menschlicher Hinsicht ein Vorbild gewesen. „Und
deshalb lebt noch heute der Name dieses charaktervollen Soldaten in der Erinne-
rung fort“, führte Vereinschef Helmut Ruppert etwa an Mölders 71. Todestag
2012 aus (Augsburger Allgemeine vom 26. November 2012).

Nach einer Untersuchung des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes der Bun-
deswehr aus dem Jahr 2004, das den Fragestellern vorliegt, ist aber „ein grund-
sätzlich regimekritisches Verhalten von Mölders nicht belegbar“.

Auch die Bundesregierung gab in ihrer Antwort auf die erwähnte Kleine Anfrage
zu verstehen, dass sie in den kriegsbejahenden Äußerungen Mölders keine An-
zeichen einer antifaschistischen Gesinnung erkennen kann.

Drucksache 18/7109 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

 

Sie verneinte (Antwort zu Frage 8) die Frage, ob es ihren Erwartungen an die
Erfüllung des Traditionserlasses entspreche, dass Kasernenkommandanten Feiern
zu Ehren naziloyaler Wehrmachtsoffiziere zulassen, unterließ aber gleichwohl
eine dienstliche Maßregelung des Kommodore der Luftwaffenbasis.

Auch die Zeitschrift „Der Mölderianer“ wird von der Bundeswehr unterstützt. So
endet ihre E-Mail-Adresse auf „bundeswehr.org“, eine Domain im Besitz der
Bundeswehr. Daraus folgern die Fragesteller nicht, dass die Bundeswehr sämtli-
che Äußerungen dieser Zeitschrift teilt. Sie vermissen aber ein aktives Entgegen-
treten, beispielsweise in Form einer Löschung dieser Adresse. Geboten wäre dies
aus ihrer Sicht angesichts der Glorifizierung von Mölders in dieser Zeitschrift
allemal. In der September-Ausgabe 2015 wird nicht einmal davor zurückge-
schreckt zu behaupten, Mölders sei (am 22. November 1941) gestorben „vor dem
Holocaust und bevor der Ostfeldzug sich zum Vernichtungskrieg steigerte“. Das
ist nach Auffassung der Fragesteller nichts weniger als eine teilweise Verharmlo-
sung des Holocaust. Der begann bekanntlich unmittelbar nach dem Einmarsch
der Wehrmacht bzw. dem Eintreffen der Einsatzgruppen. Genannt sei hier nur das
Massaker von Babyn Jar am 29. und 30. September 1941, bei dem über 30 000 jü-
dische Einwohnerinnen und Einwohner Kiews ermordet wurden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Formen der Unterstützung gewährt die Bundeswehr der Mölders-
Vereinigung?

a) Welche konkreten Unterstützungsleistungen hat sie in den vergangenen
drei Jahren gewährt?

b) Welche Kosten sind dabei entstanden und inwiefern werden diese der
Mölders-Vereinigung in Rechnung gestellt?

c) Welche und wie viele Räumlichkeiten auf Bundeswehrgelände bzw. in
welcher Kaserne oder auf welcher Luftwaffenbasis werden von der Möl-
ders-Vereinigung in welchem Turnus und für welche Zwecke genutzt?

d) Zahlt die Mölders-Vereinigung Miete oder ein sonstiges Entgelt für die
Nutzung dieser Räumlichkeiten, wenn nein, warum nicht, und wenn ja,
wie viel?

2. Aus welchen Überlegungen heraus unterstützt die Bundeswehr die Mölders-
Vereinigung?

3. Wie erklärt die Bundesregierung den Widerspruch zwischen ihrer Aussage,
das Zulassen von Feierlichkeiten für naziloyale Wehrmachtsoffiziere ent-
spreche nicht ihren Erwartungen an Kasernenkommandanten, und der Tatsa-
che, dass der Kommodore der Luftwaffenbasis regelmäßig Feiern für den –
eben nicht widerständigen – Werner Mölders zulässt?

4. Sieht die Bundesregierung politische Bedenken in der Zulassung solcher Fei-
ern sowie der aktiven Unterstützung der Mölders-Vereinigung?

Wenn nein, warum nicht, und wenn ja, was unternimmt sie gegen die Feiern
auf Bundeswehrgelände?

5. Ist es Soldatinnen und Soldaten erlaubt, während ihrer Dienstzeit für die
Mölders-Vereinigung tätig zu sein, und wenn ja, in welchem Umfang?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7109

 

6. Gewährt die Bundeswehr der Redaktion bzw. dem Stab der Zeitschrift „Der
Mölderianer“ irgendeine Form von Unterstützung bei Herstellung und Ver-
trieb, und wenn ja,

a) warum,

b) in welcher Form,

c) inwiefern entstehen hierbei Kosten, und

d) inwiefern werden diese von der Zeitschrift erstattet?

7. Trifft es zu, dass die Redaktion der Zeitschrift „Der Mölderianer“ Räumlich-
keiten in der Wilhelm-Frankl-Kaserne nutzt (junge Welt vom 25. November
2015), und wenn ja,

a) warum wurde ihr diese Nutzung von Seiten der Bundeswehr zugebilligt,

b) in welchem Umfang erfolgt diese Nutzung,

c) zu welchem Zweck, und

d) wie viel Miete zahlt die Redaktion dafür?

Wenn keine Miete verlangt wird, warum nicht?

8. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass die Redaktionstätigkeit von
aktiven Soldatinnen und Soldaten während der Dienstzeit erfolgt?

Sind Soldatinnen und Soldaten für die Tätigkeiten in Zusammenhang mit der
Produktion der Zeitschrift „Der Mölderianer“ freigestellt?

9. Wer hat die Entscheidung getroffen, der Redaktion eine E-Mail-Adresse auf
bundeswehr.org zu gewähren?

10. Inwiefern und mit welcher Regelmäßigkeit wird die Zeitschrift von welchen
Verantwortlichen der Bundeswehr durchgesehen, um eine Entscheidungs-
grundlage für die weitere Unterstützung zu erhalten, und welche Rolle spie-
len dabei politische Aussagen, die in der Zeitschrift getroffen werden?

11. Hält die Bundesregierung die allfällige Unterstützung der Zeitschrift für an-
gemessen angesichts der Tatsache, dass darin für den Zeitraum bis Novem-
ber 1941 aus Sicht der Fragesteller der Holocaust verharmlost wird und dass
die Unterstützung der spanischen Faschisten als bloße Reaktion Hitlers auf
angeblich wachsenden sowjetischen Einfluss auf die gewählte spanische Re-
gierung legitimiert wird („Der Mölderianer“ September 2015, S. 65)?

12. Hat die Bundeswehr ein Uniformtrageverbot für aktive Soldaten oder Reser-
visten ausgesprochen, die sich an den sogenannten Mölders-Feiern in Zell
sowie am Grab auf dem Berliner Invalidenfriedhof beteiligen?

13. Welche Regelungen gibt es für ein allfälliges Engagement aktiver Soldatin-
nen und Soldaten sowie Offiziere in der Mölders-Vereinigung, für die Zeit-
schrift „Der Mölderianer“ sowie anlässlich von Mölders-Ehrungen?

14. Hält die Bundeswehr daran fest, Mölders nicht selbst zu ehren, oder ist aus
ihrer bzw. der Sicht der Bundesregierung eine Neubewertung von Mölders
und seiner Traditionswürdigkeit geboten (bitte gegebenenfalls ausführen und
begründen)?

Berlin, den 1. Dezember 2015

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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