BT-Drucksache 18/695

Kooperationen von Europol und Interpol mit dem US-amerikanischen FBI

Vom 28. Februar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/695
18. Wahlperiode 28.02.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Inge Höger, Niema Movassat,
Petra Pau, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Kooperationen von Europol und Interpol mit dem US-amerikanischen FBI

In mehreren Abkommen ist die Zusammenarbeit der EU-Polizeiagentur Europol
mit US-amerikanischen Polizeibehörden geregelt. Nun kommt eine Partner-
schaft mit dem Federal Bureau of Investigation (FBI) hinzu, das der „proaktiven
Bekämpfung von Cyberkriminalität“ gilt (http://lastwatchdog.com/europol-fbi-
join-forces-proactively-fight-cyber-crime/). Federführend ist das European
Cyber Crime Centre (EC3), wie dessen Vorsitzender Troels Oerting auf dem
„Kaspersky Security Analyst Summit“ ankündigte. Eine ähnliche Partnerschaft
war Europol bereits mit dem Global Complex for Innovation (IGCI) von Inter-
pol eingegangen, das sich ab diesem Jahr ebenfalls mit modernisierter Infra-
struktur dem Phänomen „Cyberkriminalität“ widmen will.
Das österreichische Webportal FM4 berichtet am 17. Februar 2014 über ein
Dokument des EU-Ministerrats mit dem Titel „Zusammenfassungen der
Schlussfolgerungen des EU-US Ministerratstreffens vom 18. November“. Dort
heißt es, die USA wiesen die EU-Innenminister auf ihre Bestrebungen hin,
„Kontakte mit lokalen Gemeinschaften zu suchen, um Prozesse zu entdecken,
die zu Extremismus führen könnten“. Das FBI habe „500 Werkzeuge“ hierfür
entwickelt und suche dazu die Kooperation mit dem „Radicalisation Awareness
Network“ (RAN) der Europäischen Union sowie mit Europol. Die US-Behörde
interessiere sich außerdem für Lehrinhalte.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche „US-EU Working Groups“ existieren nach Kenntnis der Bundes-

regierung derzeit, und inwiefern sind diese in Untergruppen oder andere Ar-
beitsgruppen aufgeteilt?

2. Welche Abkommen zur Zusammenarbeit in den Bereichen Inneres und Justiz
existieren nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit zwischen der EU und
den USA?

3. Welche Abkommen zur Zusammenarbeit in den Bereichen Inneres und Justiz
existieren nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit zwischen den USA
und den EU-Mitgliedstaaten, und inwiefern wurde dies seitens der US-Be-
hörden auf dem EU-US-Ministerratstreffen am 18. November 2013 thema-
tisiert?

4. Welche Abkommen zur auch militärische Behörden betreffenden Zusam-
menarbeit existieren nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit zwischen
der EU und den USA oder zwischen Interpol und den USA?

Drucksache 18/695 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Was ist der Bundesregierung über den aktuellen Stand der Projekte
VENNLIG und HAMAH bekannt, die im Jahr 2005 als Projekt von Interpol
zum Datenaustausch von internationalen Polizeien mit US-Militärs errichtet
wurden (www.justice.gov/jmd/2010summary/pdf/usncb-bud-summary.pdf
und www.globalct.org/wp-content/uploads/2013/05/Kampala2013_Day1-
III_INTERPOL_1_Presentation_Lewis.pdf)?

6. Wer ist nach Kenntnis der Bundesregierung an den Datensammlungen be-
teiligt?

7. Inwiefern und wie häufig steuert bzw. steuerte die Bundesregierung hierzu
Informationen bei oder fragte diese ab?

8. Welche Rolle spielt das US-Verteidigungsministerium nach Kenntnis der
Bundesregierung bei den Datensammlungen über im Irak oder in Afghani-
stan identifizierte ausländische „Terroristen“?

9. Mit welchem Inhalt wurde nach Kenntnis der Bundesregierung auf dem
jüngsten Treffen der sechs einwohnerstärksten EU-Mitgliedstaaten (G6) in
Krakau mit dem US-Heimatschutzminister und dem US-Generalbundes-
anwalt auch über ein „Maßnahmenpaket intelligente Grenzen“ bzw. ein
„Ein-/Ausreisesystem“ der Europäischen Union gesprochen?

10. Inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass US-Behör-
den an der neuen EU-Datensammlung interessiert sind, und worin besteht
dieses Interesse?

11. Inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass sich auch
US-Fluggesellschaften für diese Systeme interessieren oder sich sogar fi-
nanziell beteiligen möchten?

12. Wie hat sich die Bundesregierung bezüglich einer Zusammenarbeit mit den
USA hinsichtlich des „Maßnahmenpaket[s] intelligente Grenzen“ bzw.
eines „Ein-/Ausreisesystems“ positioniert?

13. Inwiefern trifft es zu, dass der frühere Bundesminister des Innern, Dr. Hans-
Peter Friedrich, den G6 und den USA hierzu ein „Konzept” vorlegen wollte,
und worum handelte es sich dabei (DER TAGESSPIEGEL vom 6. Septem-
ber 2013)?

14. Welche weiteren Abkommen will die USA nach Kenntnis der Bundesregie-
rung mit der EU schließen, und inwiefern wurde dies seitens der US-Behör-
den auf dem EU-US-Ministerratstreffen am 18. November 2013 themati-
siert?

15. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern die USA auch wol-
len, dass ihre Behörden direkte Kontakte mit europäischen Internetprovi-
dern aufnehmen dürfen, und inwiefern sind hiermit nach Kenntnis der Bun-
desregierung Überwachungsmaßnahmen gemeint?

16. Welche Abkommen hat die EU-Polizeiagentur Europol nach Kenntnis der
Bundesregierung mit US-amerikanischen Polizeibehörden geschlossen?

17. Inwieweit betreffen diese das „European Cyber Crime Centre“?
18. Welche Abkommen hat die EU-Polizeiagentur Europol nach Kenntnis der

Bundesregierung mit „Global Complex for Innovation“ von Interpol ge-
schlossen?

19. Inwieweit betreffen diese das „European Cyber Crime Centre“?
20. Inwieweit trifft es zu, dass die Bundesregierung kein Geld für die Forschung

am „EC3“ von Europol beisteuert (www.heise.de, 1. Februar 2014)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/695
21. Inwiefern trifft es zu, dass die eigentlich zugesagte Summe von zunächst
5 Mio. Euro auf 2 Mio. Euro reduziert wurde und schließlich komplett weg-
fiel, und welche Gründe sind hierfür maßgeblich?

22. Wie ist die finanzielle Beteiligung der EU-Mitgliedstaaten am „EC3“ ge-
regelt?

23. Was ist der Bundesregierung durch ihre Teilnahme an Sitzungen des „Euro-
pean Telecommunications Standards Institute“ (ETSI) bzw. der Unter-
arbeitsgruppe zum Abhören von Telekommunikation „TC LI“ (siehe Bun-
destagsdrucksache 18/498) darüber bekannt, welche britische Behörde für
das Home Office Großbritannien an den jeweiligen Sitzungen teilnimmt?
a) Wie ist es gemeint, wenn durch das ETSI über deutsche Teilnehmende

berichtet wird, diese gehörten zum BMWi?
b) Sofern das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gemeint ist,

um welche Abteilungen handelt es sich dabei?
c) Sofern es sich um die Bundesnetzagentur bzw. die dort angesiedelte In-

ternationale Verbindungs- und Koordinierungsstelle für Standardisie-
rung (VKS) handelt, mit welcher Zielsetzung bzw. welchen Aufgaben ist
die Behörde bei der Arbeitsgruppe zu Überwachung vertreten?

24. Was ist der Bundesregierung über eine Vorausschreibung zur Überwachung
sozialer Netze durch das Oberkommando der US-Army in Europa bekannt
(Webportal FM4, 17. Februar 2014)?

25. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Reporters, wo-
nach die US-Army damit eine der bisherigen Kernaufgaben der militäri-
schen NSA, nämlich Nachrichtenaufklärung im Vorfeld zur Früherkennung
von Angriffen, betreibt (bitte begründen)?

26. Inwiefern hält die Bundesregierung „Data Mining in sozialen Netzen, orts-
bezogene Forschung, Zielgruppenanalyse und Bereitschaft zur gezielten
Kommunikation“ durch US-Militärs auf dem Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland vom NATO-Truppenstatut gedeckt?

27. Mit welchen Behörden und Abteilungen waren Vertreterinnen und Vertreter
der Bundesregierung auf dem EU-US-Ministerratstreffen am 18. November
2013 vertreten?

28. Mit welchen Behörden und Abteilungen waren nach Kenntnis der Bundes-
regierung Vertreterinnen und Vertreter der US-Regierung auf dem EU-US-
Ministerratstreffen am 18. November 2013 vertreten?

29. Mit welchen Einrichtungen oder Institutionen waren nach Kenntnis der
Bundesregierung Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Union auf
dem EU-US-Ministerratstreffen am 18. November 2013 vertreten?

30. Inwieweit wurde dort nach Kenntnis der Bundesregierung über Bestrebun-
gen der USA gesprochen, „Kontakte mit lokalen Gemeinschaften zu su-
chen, um Prozesse zu entdecken, die zu Extremismus führen könnten“?

31. Welche Inhalte wurden dort nach Kenntnis der Bundesregierung besprochen
und welche Verabredungen getroffen?

32. Sofern es lediglich um einen „Gedankenaustausch“ handelte, worin sieht
die Bundesregierung dessen zentrale Inhalte?

33. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass das FBI
„500 Werkzeuge“ gegen „Radikalisierung“ entwickelte, was ist damit ge-
meint, und inwiefern wurden diese auf dem Treffen vorgestellt?

Drucksache 18/695 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
34. Wie wird die Bundesregierungen die Empfehlungen der Kommission zur
„Bekämpfung von Radikalisierung und Rekrutierung“ umsetzen, darunter
eine „nationale Strategie zur Bekämpfung von Radikalisierung und Rekru-
tierung“, „mehr Ausbildung und Training“, „mehr Engagement bei Exit-
Strategien und Deradikalisierung“, „Austauschprogramme für Jugend-
liche“, „Fähigkeit zum kritischen Denken“?

35. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass nach Kennt-
nis der Fragesteller das FBI die Kooperation mit dem „Radicalisation Awa-
reness Network“ (RAN) der Europäischen Union sowie mit Europol sucht
und sich für entsprechende Lehrinhalte interessiert?

36. Welche weiteren Inhalte, Wünsche oder sonstigen Angaben wurden hierzu
seitens der US-Behörden vorgetragen?

37. In welchem Stadium befindet sich nach Kenntnis der Bundesregierung der
„EU-US-Cyber-Dialog“, und welche Themen stehen derzeit auf der
Agenda?

38. Wann und wo sollen die „Chef-Unterhändler“ in den nächsten Monaten zu-
sammentreffen, und wer nimmt an den Treffen teil?

39. Inwiefern ist nach Kenntnis der Bundesregierung auch der Europäische
Auswärtige Dienst (EAD) bezüglich der NSA-Spionage in EU-Mitglied-
staaten mit dem Department of State im Gespräch, und welche Themen
stehen derzeit auf der Agenda?

40. Welche weiteren Aktivitäten entfaltet der EAD nach Kenntnis der Bundes-
regierung bezüglich der NSA-Spionage in den EU-Mitgliedstaaten?

Berlin, den 26. Februar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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