BT-Drucksache 18/6792

Kennzeichnungspflicht von kleinen Drohnen und Vorratsdatenspeicherung von deren Besitzerinnen und Besitzern (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/6306)

Vom 13. November 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6792
18. Wahlperiode 13.11.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Herbert Behrens, Frank Tempel, Jan van Aken,

Eva Bulling-Schröter, Annette Groth, Inge Höger, Ulla Jelpke, Jan Korte,

Niema Movassat, Dr. Petra Sitte, Kirsten Tackmann, Alexander Ulrich,

Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Kennzeichnungspflicht von kleinen Drohnen und Vorratsdatenspeicherung von
deren Besitzerinnen und Besitzern (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/6306)

Die Bundesregierung plant neue Regelungen für private und gewerbliche Droh-
nen-Flüge, darunter die Ausweitung von Flugverbotszonen (Reuters vom 7. No-
vember 2015). Zudem sollen gewerbliche Drohnen-Pilotinnen und -Piloten eine
Art Lizenz erwerben. Schon jetzt müssen gewerbliche Pilotinnen und Piloten eine
pauschale Erlaubnis für das Steuern der Drohnen beantragen, jeder Flug muss
dann gegenüber lokalen Ordnungsbehörden einzeln angekündigt werden. Nach
dem neuen Vorstoß sollen die Steuernden zuvor ihre „fliegerischen und luftrecht-
lichen Kenntnisse“ nachweisen, diese würden in einer Prüfung abgenommen.
Eine entsprechende Lizenz würde anschließend durch das Luftfahrt-Bundesamt
erteilt. Außerdem sollen Drohnen mit einem Gewicht ab 500 Gramm zukünftig
registriert werden, um deren Besitzerinnen und Besitzer im Falle eines Schadens
identifizieren zu können. Wo diese Vorratsdatenspeicherung geführt wird und
welche Behörden darauf zugreifen dürfen, erklärt das Bundesministerium für
Verkehr und digitale Infrastruktur nicht. Auch über den Umfang der erhobenen
Daten ist bislang nichts bekannt. Zu den neuen Plänen gehört auch ein weiterer
Schritt in Richtung des autonomen Drohnenfluges. Demnach sollen die Drohnen
zukünftig auch außerhalb der Sichtweite der Pilotinnen und Piloten fliegen dür-
fen. Derzeit sind Hilfsmittel wie Ferngläser, Nachtsichtgeräte oder die Steuerung
über eine an der Front angebrachte Kamera nicht erlaubt (www.dfs.de/dfs_
homepage/de/Services/Luftsport%20&%20Freizeit/Flugmodelle%20%7C%20
%22Drohnen%22/). Auch der reine Flug per GPS (Global Positioning System)
ist in Deutschland verboten.

Viele der neuen Regelungen könnten nach Auffassung der Fragesteller auf den
Vorsitzenden der Geschäftsführung der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS),
Prof. Klaus-Dieter Scheurle, zurückgehen. Der ehemalige CSU-Politiker hatte
unter anderem für ein „Geofencing“ geworben, um auf der Firmware der Drohnen
Flugverbotszonen zu programmieren (Reuters vom 26. August 2015).
Prof. Klaus-Dieter Scheurle schlug vor, kleine Drohnen mit Chips auszustatten
um diese jederzeit orten zu können. Ähnlich hatten sich die EU-Mitgliedstaaten
im Frühjahr 2015 in einem „Statement von Riga“ geäußert, an dem auch das Bun-
desministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mitgewirkt hat. Pilotinnen
und Piloten kleiner Drohnen sollen demnach leichter für Gesetzesverstöße haftbar
gemacht werden können. Die europäischen Regierungen werden aufgefordert,
ihre Gesetze entsprechend anzupassen.

Drucksache 18/6792 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

 

Im Oktober 2015 hatte das das Bundesministerium für Verkehr und digitale Inf-
rastruktur der Fraktion DIE LINKE. eine Kleine Anfrage mit dem Titel „Kenn-
zeichnungspflicht von kleinen Drohnen und Vorratsdatenspeicherung von deren
Besitzerinnen und Besitzern“ beantworten sollen. Beinahe alle wesentlichen Fra-
gen wurden vom Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für
Verkehr und digitale Infrastruktur und CDU-Abgeordneten Norbert Barthle nach
Auffassung der Fragesteller unzureichend beantwortet und lediglich mit dem Hin-
weis quittiert, das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur „er-
arbeitet derzeit Rechtsgrundlagen, die innerhalb der Bundesregierung abgestimmt
werden“ (Bundestagsdrucksache 18/6306).

Dies war den Fragestellern aber bekannt und deshalb Anlass für die Kleine An-
frage. Aus Sicht der Fragesteller stellt eine solche unzureichende Antwort eine
Aushöhlung des Fragerechts dar. Auch auf mehrmalige Nachfragen und einem
Verweis auf die aus Sicht der Fragesteller vorliegende Nichtachtung des Parla-
ments äußerte sich das Bundesministerium nicht konkreter. Statt den Abgeordne-
ten wurden hingegen am 7. November 2015 Medien und Agenturen über die ge-
planten Neuerungen informiert.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Auf welche Weise war die Bundesregierung am Zustandekommen des
„Statement von Riga“ beteiligt, welche Beiträge und Vorschläge hatte sie
hierzu eingebracht (bitte nicht nur mitteilen wer „mitwirkte“, sondern wie
auf Bundestagsdrucksache 18/6306 auf welche Weise dies geschah)?

2. Auf welche Weise will die Bundesregierung die Forderungen des von ihr
mitverfassten „Statement von Riga“ umsetzen?

3. Welche Verfahren hat die Bundesregierung geprüft und diskutiert, mit denen
gewerblich und privat genutzte Drohnen und ihre Besitzerinnen und Besitzer
im Falle von Verstößen identifiziert werden können?

4. Welche dieser Verfahren hält die Bundesregierung für am besten geeignet?

5. Welche dieser Verfahren will die Bundesregierung auf welche Weise umset-
zen?

6. Aus welchen Gründen hält es die Bundesregierung für verhältnismäßig, ein
Register anzulegen, in dem Personen und Kennzeichnungen der gewerblich
und privat genutzten Drohnen gespeichert würden (bitte begründen)?

7. Wem gegenüber sollen Drohnen mit einem Gewicht ab 500 Gramm zukünf-
tig registriert werden, und inwiefern würden hierzu auch die Verkäuferinnen
und Verkäufer der Geräte verpflichtet?

8. Wo soll eine individuelle Kennzeichnung der Drohnen aus Sicht der Bundes-
regierung erfolgen (etwa sichtbar am Gerät, auf der Platine oder in der Firm-
ware)?

9. Welche weiteren Informationen sollen in dem Register gespeichert werden,
bzw., sofern die einzelnen Datenfelder noch nicht endgültig beschlossen
sind, welche Details zum Umfang der erhobenen Daten kann die Bundesre-
gierung mitteilen?

10. Wo soll die Vorratsdatenspeicherung von Drohnen und deren Besitzerinnen
und Besitzer geführt werden?

11. Welche Behörden würden auf diese Daten zugreifen?

12. Wie würde im Falle der Einrichtung einer solchen Datenspeicherung die Ba-
lance zwischen „Sicherheit, Gefahrenabwehr und die Wahrung der Bürger-
rechte“ (KOM(2014) 207 endg.; Ratsdok. 8777/14 vom 8. April 2014) um-
gesetzt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6792

 

13. Inwieweit hält die Bundesregierung es für zielführend oder nicht zielführend,
RFID-Chips oder andere aktiv funkende Transponder in gewerblich und pri-
vat genutzte kleine Drohnen einzubauen, um deren Kennzeichnung und
Standort zu übertragen (bitte begründen)?

14. Inwieweit hält die Bundesregierung es für zielführend oder nicht zielführend,
„in der Landkarten-Software der Drohnen Verbotszonen zu verankern“ (das
sogenannte Geofencing; bitte begründen)?

15. Auf welche technische Art und Weise könnten diese Verbotszonen dann re-
gelmäßig aktualisiert werden?

16. Auf welche Weise müssten die Steuernden ihre „fliegerischen und luftrecht-
lichen Kenntnisse“ nachweisen, und wer soll dies bewerten?

17. Inwiefern und unter welchen Einschränkungen soll der autonome Flug von
gewerblich und privat genutzten kleinen Drohnen zukünftig erlaubt werden?

18. Welche technischen Hilfsmittel wären dabei erlaubt bzw. verboten?

19. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung dafür ein, die Regulierungskompe-
tenz für kleine Drohnen wie jene für Drohnen ab 150 Kilogramm bei der EU
anzusiedeln, da sie der Meinung ist, dass „wenn die Regulierungskompetenz
bei der EU liegt, wird sichergestellt, dass EU-weit gemeinsame Kategorisie-
rungen festgelegt und gemeinsame Standards entwickelt werden“?

20. Auf welche Weise unterstützt die Bundesregierung nicht nur „im Grund-
satz“, dass die Verordnung (EG) Nr. 216/2008 entsprechend geändert wer-
den soll?

21. Da die Bundesregierung keine Schlussfolgerungen aus den am 31. Juli 2015
von der European Aviation Safety Agency (EASA) im Auftrag der Europäi-
schen Kommission konkretisierten Regulierungsvorschlägen (A-NPA 2015-
10) zur Einstufung von Drohnen in drei Risikokategorien ziehen will, kann
die Antwort also so verstanden werden dass diese Vorschläge von den für
die Luftfahrt zuständigen Behörden gar nicht behandelt oder geprüft wurden?

22. Wie wird sich die Bundesregierung hinsichtlich eines von der EASA bereits
bis Ende des Jahres 2015 anvisierten Vorschlags zur einheitlichen Regulie-
rung positionieren, und welche Haltung hat sie in entsprechenden Diskussi-
onen bereits eingenommen?

a) Welche Betriebsbeschränkungen hält die Bundesregierung hierzu hin-
sichtlich gewerblich und privat genutzter kleiner Drohnen für umsetzbar
bzw. durchsetzbar?

b) Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Plausibilität und Um-
setzbarkeit der von der EASA vorgeschlagenen Einstufung in drei Risi-
kokategorien?

c) Wie könnte aus Sicht der Bundesregierung eine vorherige Risikobewer-
tung und Betriebserlaubnis mit strengeren Auflagen für den Betrieb von
Drohnen der zweiten Kategorie (über 25 Kilogramm) umgesetzt werden?

 

Drucksache 18/6792 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

 

23. Aus welchem Grund hat sich die Bundesregierung entschlossen, statt auf die
Bundestagsdrucksache 18/6306 und den wegen der als unzureichend emp-
fundenen Antwort auf wesentliche Fragen erfolgten mehrmaligen Eingaben
beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, zunächst Me-
dien und Agenturen über die geplanten Neuerungen zu informieren, nicht
aber die Abgeordneten?

Berlin, den 13. November 2015

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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