BT-Drucksache 18/6700

Beschlussempfehlung und Bericht des 2. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode gemäß § 44 des Grundgesetzes

Vom 26. November 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6700
18. Wahlperiode 26.11.2015

Beschlussempfehlung und Bericht
des 2. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode
gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Bericht des 2. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes
wird zur Kenntnis genommen.

Berlin, den 12. November 2015

Der 2. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes

Dr. Eva Högl
Vorsitzende

Armin Schuster
(Weil am Rhein)
Berichterstatter

Uli Grötsch
Berichterstatter

Frank Tempel
Berichterstatter

Irene Mihalic
Berichterstatterin

Drucksache 18/6700 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Inhal tsübersicht

Erster Teil: Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Gang der Untersuchung .............................. 24

A. Vorgeschichte, parlamentarisches Einsetzungsverfahren, Untersuchungsauftrag und
Konstituierung des Untersuchungsausschusses ..................................................................................... 24
B. Verfahren mit sachlichem Bezug zum Untersuchungsauftrag ............................................................. 39
C. Gang der Untersuchung ........................................................................................................................... 50

Zweiter Teil: Feststellungen zum Sachverhalt ............................................................................................... 80

A. Vorgänge innerhalb des Bundeskriminalamts ....................................................................................... 80
B. Vorgänge betreffend den Beamten „X“ ................................................................................................ 286
C. Ermittlungen gegen Sebastian Edathy in Niedersachsen .................................................................... 385
D. Informationserlangung und -weitergabe zum Fall „Edathy“ in der Bundespolitik ......................... 533

Dritter Teil – Bewertungen des Untersuchungsausschuss ........................................................................... 753

A. Die Operation Selm im BKA .................................................................................................................. 754
B. Weitergabe von Informationen über den Vorgang „Edathy“ ............................................................ 760
C. Behandlung des Falls des Beamten „X“ ................................................................................................ 780

Vierter Teil - Sondervoten .............................................................................................................................. 783

Sondervotum der Berichterstatter der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Abgeordneter Frank Tempel und
Abgeordnete Irene Mihalic, im 2. Untersuchungsausschuss ....................................................................... 783

Fünfter Teil – Übersichten und Verzeichnisse ............................................................................................. 887

5.1. Verzeichnisse der Ausschussdrucksachen ............................................................................................ 887
5.2. Verzeichnisse der Materialien................................................................................................................ 904
5.3. Übersicht: Verlauf der Beweiserhebung .............................................................................................. 911
5.4. Verzeichnisse der öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzungen zur Beweisaufnahme
(geheimschutzrechtlich eingestufte Sitzungsteile sind nicht erfasst) .................................................. 930
5.5. Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................................... 935
5.6. Anlagen .................................................................................................................................................... 944

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6700
Inhal tsverzeichnis

Erster Teil: Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Gang der Untersuchung .............................. 24
A. Vorgeschichte, parlamentarisches Einsetzungsverfahren, Untersuchungsauftrag und
Konstituierung des Untersuchungsausschusses ..................................................................................... 24

I. Vorgeschichte .................................................................................................................................................. 24
1. Bekanntwerden der Niederlegung des Mandats durch Sebastian Edathy am 8. Februar 2014 und

Durchsuchungsmaßnahmen gegen Sebastian Edathy am 10. und 12. Februar 2014 ....................................................... 24
2. Presseerklärungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann, der Ersten Parlamentarischen

Geschäftsführerin der SPD-Fraktion Christine Lambrecht und des BKA-Präsidenten Jörg Ziercke vom 13. Februar 201424
3. Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Hannover zu den Ermittlungen gegen Sebastian Edathy am 14. Februar 2014 25
4. Rücktritt von Dr. Hans-Peter Friedrich vom Amt des Bundesministers für Landwirtschaft und Ernährung am

14. Februar 2014 ............................................................................................................................................................... 25
5. Aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag am 19. Februar 2014 und Beratungen des Innenausschusses im

Februar, März und April 2014 ........................................................................................................................................... 26
6. Bekanntwerden des Falles des BKA-Beamten „X“ Ende Februar 2014 ............................................................................. 26
7. Kleine Anfragen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 3. März 2014 zum „Fall Edathy“ ...................................... 27
8. Daten- und Akten-Moratorium ......................................................................................................................................... 27
II. Parlamentarisches Einsetzungsverfahren und Untersuchungsauftrag des 2. Untersuchungsausschusses27
1. Einsetzungsantrag ............................................................................................................................................................. 27
2. Beratung des Einsetzungsantrags ..................................................................................................................................... 30
3. Beschlussfassung im Deutschen Bundestag über die Einsetzung des 2. Untersuchungsausschuss und dessen

Untersuchungsauftrag ...................................................................................................................................................... 33
III. Konstituierung des 2. Untersuchungsausschusses .................................................................................. 33
1. Mitglieder des 2. Untersuchungsausschusses .................................................................................................................. 33
2. Bestimmung der Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden ......................................................................... 34
3. Benennung der Obleute und der Berichterstatter ............................................................................................................ 35
4. Benannte und ermächtigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen ............................................................... 35
5. Beauftragte der Bundesregierung und des Bundesrates .................................................................................................. 36
6. Sekretariat des Untersuchungsausschusses ..................................................................................................................... 38

B. Verfahren mit sachlichem Bezug zum Untersuchungsauftrag ............................................................. 39
I. Verständigung der Generalstaatsanwälte von Berlin und Celle über strafrechtliches Vorgehen .................... 39
1. Strafverfahren gegen Sebastian Edathy ............................................................................................................................ 39

a) Anklageerhebung am 15. Juli 2014 .................................................................................................................... 40
b) Überlegungen zur Einstellung des Verfahrens .................................................................................................... 42
c) Eröffnung der Hauptverhandlung am 23. Februar 2015 und Beschluss zur Einstellung des Verfahrens
am 2. März 2015 .......................................................................................................................................................... 43

2. Ermittlungen gegen Bundesminister a. D. Dr. Hans-Peter Friedrich ................................................................................. 44
a) Einholung der Ermächtigung zur Strafverfolgung des Bundesministers des Innern ........................................... 44
b) Schutzschrift des Verteidigers von Dr. Friedrich zum Tatvorwurf ..................................................................... 44
c) Einstellung des Verfahrens gegen Dr. Friedrich ................................................................................................. 45
d) Prüfung möglicher Tatbeteiligungen durch die Staatsanwaltschaft Berlin ......................................................... 47

3. Verfahren, denen der Verdacht zugrunde liegt, dass Sebastian Edathy vor den drohenden Ermittlungen gewarnt
worden ist ......................................................................................................................................................................... 48

4. Kein Verfahren gegen den Präsidenten des Bundeskriminalamtes a. D. Jörg Ziercke ...................................................... 48
II. Verfahren gegen den Abgeordneten Michael Hartmann ........................................................................ 48
1. Prüfvorgang der Staatsanwaltschaft Lüneburg gegen den Zeugen Michael Hartmann wegen des Verdachts einer

Strafvereitelung ................................................................................................................................................................ 48
2. Verfahren der Staatsanwaltschaft Berlin gegen den Zeugen Hartmann wegen des Verdachts einer falschen uneidlichen

Aussage ............................................................................................................................................................................. 49
III. Weitere Verfahren mit Bezug zum Untersuchungsgegenstand .............................................................. 49

C. Gang der Untersuchung ........................................................................................................................... 50
I. Rechtsgrundlagen für die Arbeit des Untersuchungsausschusses ................................................................... 50
II. Beschlüsse und Absprachen zum Verfahren ............................................................................................ 51
III. Vorbereitung der Beweiserhebung .......................................................................................................... 57
1. Obleutebesprechungen .................................................................................................................................................... 57
2. Einholung von Sachverständigengutachten gemäß § 28 PUAG ........................................................................................ 57

Drucksache 18/6700 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

IV. Beweiserhebung durch Beiziehung von Akten, Berichten, Protokollen und sonstigen Unterlagen ......... 58
1. Art, Herkunft und Umfang des Beweismaterials .............................................................................................................. 58
2. Bitten um fristgemäße Aktenvorlage und Vollständigkeitserklärung gemäß § 18 Absatz 2 PUAG ................................... 59
3. Absehen vom Vollzug eines auf die technische Überprüfung der Mobilfunkgeräte Sebastian Edathys gerichteten

Beweisbeschlusses ............................................................................................................................................................ 59
4. Einstufungen von Beweismaterialien ............................................................................................................................... 59
5. Weitere Aktenvorlage durch das Land Niedersachsen ..................................................................................................... 61
V. Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen ................................................................................... 62
1. Behandlung von Beweisanträgen ..................................................................................................................................... 62
2. Durchführung der Zeugenvernehmungen ........................................................................................................................ 62

a) Anzahl der Zeugenvernehmungen ...................................................................................................................... 62
b) Ort der Zeugenvernehmungen ............................................................................................................................ 62

3. Einstufung der Vernehmungen in öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzungen ............................................................. 63
a) Zeugenvernehmungen in nichtöffentlicher Sitzung ............................................................................................ 63
b) Zeugenvernehmung in als VERTRAULICH eingestuftem Sitzungsteil ............................................................. 63
c) Zeugenvernehmungen in als GEHEIM eingestuften Sitzungsteilen ................................................................... 63

4. Aussagegenehmigungen ................................................................................................................................................... 64
5. Rechtliche Beistände ........................................................................................................................................................ 64
6. Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 22 Absatz 2 PUAG .............................................................................................. 65

a) Inanspruchnahme des Auskunftsverweigerungsrechts ........................................................................................ 65
b) Aussageaufforderung an Michael Hartmann, Übernahme Rechtsbeistandskosten ............................................. 66

7. Beschlossene, aber nicht geladene Zeugen ...................................................................................................................... 67
8. Abschluss der Vernehmungen und Abschluss der Beweisaufnahme durch Anhörung von Zeugen ................................. 67
VI. Anderweitige Sachverhaltsaufklärung/Informationserlangung .............................................................. 70
1. Pressekonferenz mit Sebastian Edathy ............................................................................................................................. 70
2. Auskünfte zum Verlust des Krypto-Handys von Michael Hartmann ................................................................................. 70
3. Mitteilungen des Rechtsanwalts des Zeugen Hartmann .................................................................................................. 70
4. Mitteilungen des Bundesministeriums des Innern und des Bundeskriminalamtes .......................................................... 71
5. Mitteilungen des Landes Niedersachsen .......................................................................................................................... 72
6. Schriftwechsel von Mitgliedern und einem Mitarbeiter der SPD-Bundestagsfraktion ..................................................... 72
7. Auskünfte zu den Sondierungsgesprächen zwischen CDU, SPD und CSU am 17. Oktober 2013 ...................................... 72
8. Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegtes Gutachten ............................................................................... 73
VII. Zeit- und Arbeitsaufwand ........................................................................................................................ 73
VIII. Abschlussbericht ...................................................................................................................................... 73
1. Zeitplan ............................................................................................................................................................................. 73
2. Behandlung von geheimschutzrechtlich eingestuften Teilen des Berichtsentwurfs ........................................................ 73

a) Von der Bundesregierung als VS-NfD eingestuftes Beweismaterial .................................................................. 73
b) Vom Untersuchungsausschuss geheimschutzrechlich eingestufte Stenografische Protokolle und eingestuftes
Beweismaterial ................................................................................................................................................... 74

3. Feststellungen zum Abschlussbericht ............................................................................................................................... 75
a) Gang des Verfahrens und ermittelte Tatsachen .................................................................................................. 75
b) Ergebnis der Untersuchung ................................................................................................................................. 75
c) Sondervotum....................................................................................................................................................... 76

4. Rechtliches Gehör ............................................................................................................................................................. 76
5. Feststellung der Teile des Abschlussberichts und Vorlage an den Deutschen Bundestag ................................................ 77
IX. Umgang mit Beweismitteln nach Vorlage des Berichtes ......................................................................... 78

Zweiter Teil: Feststellungen zum Sachverhalt ............................................................................................... 80
A. Vorgänge innerhalb des Bundeskriminalamts ....................................................................................... 80

I. Organigramm Bundeskriminalamt .................................................................................................................. 80
1. Das Referat SO 12 innerhalb des Bundeskriminalamtes ................................................................................................... 80

a) Das Referat SO 12 innerhalb der Organisationsstruktur des Bundeskriminalamtes ........................................... 80
b) Verhältnis der im Untersuchungsausschuss zeugenschaftlich vernommenen BKA-Beamten
zum Referat SO 12 ............................................................................................................................................. 81

aa) Zeuginnen Wiegand und Greiner, Zeugen Gruber und Liersch ................................................................. 81
bb) Zeuge Stahl ................................................................................................................................................ 81
cc) Zeugen Herb und Theissig ......................................................................................................................... 82
dd) Zeugen Hoppe, Dorendorf und Schiffels ................................................................................................... 82
ee) Zeugin Dr. Vogt ......................................................................................................................................... 83
ff) Zeuge Henzler ................................................................................................................................................ 83

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/6700

gg) Zeuge Beamter „X“ ................................................................................................................................... 83
2. Stab der Amtsleitung ........................................................................................................................................................ 83

a) Zuständigkeit ...................................................................................................................................................... 83
b) Vernommene Zeugen ......................................................................................................................................... 85

aa) Zeuge Braß ................................................................................................................................................ 85
bb) Zeuge Leon ................................................................................................................................................ 86

3. Referate, die mit den dienstrechtlichen Maßnahmen gegen den Beamten „X“ befasst waren ....................................... 86
a) ZD 25 - Zeuge Spaniol ....................................................................................................................................... 86
b) ZV 15 - Zeugen Meyer und Becker .................................................................................................................... 88
c) Zeuge Hoffmann ................................................................................................................................................. 89

II. Operation „Selm“ - Einleitung und Verlauf .............................................................................................. 90
1. Operation „Spade“ der kanadischen Behörden ................................................................................................................ 90

a) Hintergrund und Verlauf..................................................................................................................................... 90
b) Beteiligung des Bundeskriminalamtes ................................................................................................................ 91

2. Kontakt zu den kanadischen Behörden - Übergabe der Daten ......................................................................................... 91
a) Grund für die direkte Kontaktaufnahme ............................................................................................................. 91
b) Übergabe der Daten anlässlich des Lehrgangs in Selm ...................................................................................... 93

aa) Anfrage bezüglich des Übergabemodus durch die kanadische Beamtin .................................................... 93
bb) Anlass und Teilnehmerkreis der Tagung in Selm ...................................................................................... 93
cc) Ablauf der Übergabe in Selm .................................................................................................................... 94
dd) Lagerung der Festplatte nach der Übergabe der Daten .............................................................................. 96

c) Praxis direkter Datenübergaben - Normal- oder Ausnahmefall .......................................................................... 97
d) Prüfung der übergebenen Daten im Hinblick auf die Relevanz für das „Infrarot“-Verfahren - Aufspielen der
erhaltenen Daten auf den BKA-Server ............................................................................................................... 99

aa) Aufspielen der Daten ................................................................................................................................. 99
bb) Prüfung der eingegangenen Daten im Hinblick auf die Relevanz für das „Infrarot“-Verfahren ................ 99
cc) Verschlüsselung der Daten bei Übergabe?............................................................................................... 100

3. Vorarbeiten innerhalb des Bundeskriminalamtes bis zur Besprechung mit der Generalstaatsanwaltschaft
Frankfurt a. M. (ZIT) im Juli 2012 .................................................................................................................................... 101

a) Anlegen eines Neuvorgangs - Zuweisung des Verfahrens an die Zeugin Wiegand .......................................... 101
aa) Anlegen eines Neuvorgangs .................................................................................................................... 101
bb) Zuweisung des Verfahrens an die Zeugin Wiegand ................................................................................. 102

b) Umfang der durch die kanadischen Behörden übermittelten Daten .................................................................. 103
aa) Datenübergabe anlässlich der Tagung in Selm im Oktober 2011 ............................................................ 103
bb) Nachlieferung der Polizei Toronto im Januar 2012 ................................................................................. 104
cc) Datenübermittlung durch INTERPOL Ottawa im April / Mai 2012 ........................................................ 106

c) Beginn der Auswertung des Materials im Januar 2012, sogenannte Grobsichtung .......................................... 107
aa) Beginn am 10. Januar 2012 ...................................................................................................................... 107
bb) Art und Weise des Vorgehens hierbei ...................................................................................................... 108
cc) Entdeckung des Beamten „X“ in diesem Rahmen ................................................................................... 109

d) Massendatenabgleich im Juli 2012 ................................................................................................................... 109
e) Tätigkeit der Zeugin Greiner im Referat SO 12 und im Rahmen der „Operation Selm“ - Abordnung
zur BAO Transporter ........................................................................................................................................ 112

4. Allgemeine Priorität der Operation „Selm“ gegenüber anderen Verfahren und grundsätzliche Belastung
des Referats SO 12 .......................................................................................................................................................... 113

a) Vorgehensweise bei der Priorisierung .............................................................................................................. 113
b) Bedeutung flüchtiger Beweismittel für die Priorisierung.................................................................................. 114
c) Einschätzung der Priorität der Operation „Selm“ ............................................................................................. 115
d) Grundsätzliche Belastung des Referats SO 12 und Umfang der Operation „Selm“.......................................... 116
e) Dauer der Operation „Selm“ ............................................................................................................................. 118

5. Maßnahmen im Hinblick auf die IT-Infrastruktur der Operation „Selm“ ........................................................................ 120
a) Allgemeines ...................................................................................................................................................... 120
b) Kontakte zwischen SO 12 und SO 55 im Frühjahr 2012 zur Errichtung der Datenbank - Einspielen der Daten120

aa) Erste Kontakte ......................................................................................................................................... 120
bb) Verzögerung wegen Update der IT-Infrastruktur im Bundeskriminalamt im Mai 2012 .......................... 121

c) Errichtung einer Zentraldatei „OP Selm“ ......................................................................................................... 122
aa) Entwurf des Antrags auf Anordnung der Zentraldatei innerhalb des Bundeskriminalamtes .................... 122
bb) Bearbeitung der Errichtungsanordnung innerhalb des Bundesministeriums des Innern – Beteiligung des
Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ................................................... 125
cc) Freigabe der Errichtungsanordnung durch die Amtsleitung des Bundeskriminalamtes ........................... 126

Drucksache 18/6700 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

d) Errichtung einer Organisationseinheit für die Operation „Selm“ im VBS im Juli 2012 ................................... 126
e) Migration der Daten in das Vorgangsbearbeitungssystem des Bundeskriminalamtes ...................................... 127

aa) Vorarbeiten im Sommer 2012 .................................................................................................................. 127
bb) Durchführung der Migration nach Vorliegen der Errichtungsanordnung im Oktober 2012 .................... 127

6. Zusammenarbeit zwischen dem Bundeskriminalamt und der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main /
Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität .................................................................................................. 128

a) Die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) als solche .................................................... 128
aa) Gründung und Aufgabe ........................................................................................................................... 128
bb) Verhältnis der ZIT zum Bundeskriminalamt ........................................................................................... 128

b) Rechtsgrundlage der Zusammenarbeit zwischen Bundeskriminalamt und ZIT ................................................ 130
aa) Kein Ermittlungsverfahren ohne Staatsanwaltschaft................................................................................ 130
bb) Zuständigkeit der ZIT gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz ........................................ 130
cc) Hintergrund der Zuständigkeit der ZIT für die Befassung mit Ermittlungsverfahren aus dem Bereich
des Internets aus dem Bundeskriminalamt............................................................................................................. 131
dd) Personen, die innerhalb der ZIT an der Bearbeitung der Operation „Selm“ beteiligt waren .................... 132

c) Besprechung am 23. Juli 2012 in Gießen ......................................................................................................... 133
aa) Vorbereitung des Treffens - Kommunikation mit der ZIT ....................................................................... 133
bb) Vorbesprechung innerhalb des Bundeskriminalamtes mit Kriminaldirektor Hoppe ................................ 134
cc) Inhalt und Ergebnis der Besprechung mit der ZIT – Beauftragung des Bundeskriminalamtes ................ 135

aaa) Mögliche Rechtsgrundlagen des Tätigwerdens des Bundeskriminalamtes ............................................ 135
bbb) Äußerung von Zeuginnen und Zeugen zu diesem Aspekt ..................................................................... 136
ccc) Fundstellen in den Akten, die möglicherweise Rückschlüsse auf die Rechtsgrundlage zulassen .......... 137

(1) Protokoll über die Besprechung mit der ZIT am 23. Juli 2012 ........................................................... 137
(2) Kreditkartenabfragen .......................................................................................................................... 137
(3) Abfrage von Bestandsdaten bezüglich Edathy .................................................................................... 137
(4) Auskunftsersuchen des Bundeskriminalamts vom 15. Oktober 2013 ................................................. 138

ddd) Ausführungen zur Rechtsgrundlage für die Zusammenarbeit zwischen der ZIT und dem
Bundeskriminalamt im Frühjahr 2014 .................................................................................................. 138

dd) Inhalt und Ergebnis der Besprechung mit der ZIT – Präsentation des Bundeskriminalamtes und
Absprachen, insbesondere zur Bildung von Kategorien ........................................................................................ 139

aaa) Inhalt der Präsentation ........................................................................................................................... 139
bbb) Absprachen zur Kategorisierung des Video- und Bildmaterials ........................................................... 139
ccc) Absprachen zum Vorgehen im Hinblick auf die einzelnen Kategorien ................................................. 141
ddd) Vorschlag zur Änderung des abgesprochenen Vorgehens bei Bezug von ausschließlich nicht
strafrechtlich relevantem Video- und Bildmaterial ........................................................................................... 143
eee) Absprachen bezüglich der Identifizierung der Tatverdächtigen ............................................................ 146
fff) Weitere Absprachen - Aufgaben für SO 12 ............................................................................................ 146

d) Besprechung mit der ZIT am 9. Januar 2013 .................................................................................................... 148
7. Ablauf der Ermittlungen im Rahmen der Operation „Selm“ nach der Besprechung mit der Generalstaatsanwaltschaft

Frankfurt a. M. (ZIT) am 23. Juli 2012 ............................................................................................................................. 149
a) Organisation des grundsätzlichen Vorgehens, insbesondere Erstellung der Einzelakten .................................. 149

aa) Entwurf von Blankoakten ........................................................................................................................ 149
bb) Ermittlungsmaßnahmen durch das Bundeskriminalamt - Identifizierung der Besteller ........................... 151
cc) Aufwand bei der Erstellung der Einzelakten ............................................................................................ 151

b) Maßnahmen bezüglich des Filmmaterials......................................................................................................... 152
aa) Auswertung der Filme / Bilderserien ....................................................................................................... 152
bb) Erkenntnisse des Bundeskriminalamtes zu Produzenten und Darstellern in den über Azov
vertriebenen Filmen ................................................................................................................................. 152

aaa) Peter P. Productions ............................................................................................................................... 152
bbb) Produzent aus dem Bundesland Brandenburg ....................................................................................... 153

c) Zusammenarbeit mit Behörden der Bundesländer bei den Ermittlungen .......................................................... 154
aa) Ankündigung der Operation „Selm“ am 16. Oktober 2012 ..................................................................... 154
bb) Erkenntnisanfragen im Einzelnen ............................................................................................................ 154

aaa) Erkenntnisanfrage vom 2. November 2012 ........................................................................................... 154
bbb) Erkenntnisanfrage vom 15. Oktober 2013 ............................................................................................ 156

d) Ermittlungen bei Kreditkartenunternehmen ...................................................................................................... 156
aa) Beginn der Ermittlungen bei Kreditkartenunternehmen im Januar 2013 ................................................. 156
bb) Inhalt des Auskunftsersuchens - Rechtsgrundlage ................................................................................... 157
cc) Rückläufe der Kreditkartenunternehmen - Konsequenzen hieraus .......................................................... 158
dd) Kreditkartenauskünfte bezüglich Edathy ................................................................................................. 159

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/6700

e) Open-Source-Recherchen zu den Beschuldigten .............................................................................................. 160
aa) Anlass der Befassung des Untersuchungsausschusses ............................................................................. 160
bb) Zweck der Open-Source-Recherchen ...................................................................................................... 161
cc) Zeitpunkt der Durchführung im Rahmen der Einzelaktenerstellung ........................................................ 162
dd) Bezüglich Edathy (noch) keine Open-Source-Recherche durchgeführt ................................................... 164
ee) Open-Source-Recherche und Priorisierung .............................................................................................. 164
ff) Umgang mit den Ergebnissen der Open-Source-Recherche ......................................................................... 165
gg) „Promicheck“ mittels Open-Source-Recherche ....................................................................................... 165

f) Priorisierung von bestimmten Vorgängen innerhalb der Operation „Selm“ ..................................................... 166
g) Abgaben von Einzelverfahrensakten über die ZIT an die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften ................ 167

aa) Versand der Akten durch das Bundeskriminalamt an die ZIT ................................................................. 167
bb) Abgabe der Verfahren durch die ZIT an die Staatsanwaltschaften anderer Bundesländer ....................... 168

8. Maßnahmen im Hinblick auf erfolgte bzw. angekündigte Presseveröffentlichungen in Zusammenhang mit dem
Gesamtverfahren Operation „Spade“ ............................................................................................................................. 170

a) Presseveröffentlichungen in Spanien 2012 ....................................................................................................... 170
aa) Inhalt und Zeitpunkt der Pressemeldungen .............................................................................................. 170
bb) Klärung des Hintergrundes und Bericht an das Bundesministerium des Innern ...................................... 171
cc) Erlass des Bundesministeriums des Innern aus Anlass der Pressemeldungen ......................................... 172
dd) Anfrage der Abgeordneten Judith Skudelny an das Auswärtige Amt aus Anlass der Pressemeldungen . 173

b) Pressekonferenz der kanadischen Polizei am 14. November 2013 ................................................................... 174
aa) Kontakte zwischen dem Bundeskriminalamt und der kanadischen Polizei im Hinblick auf
Presseveröffentlichungen im Jahr 2013 ................................................................................................................. 174

aaa) Kontakt im Januar 2013 ......................................................................................................................... 174
bbb) Kontakt im Februar und März 2013 ...................................................................................................... 174
ccc) Kontakt im Juli/August/September 2013 ............................................................................................... 175

bb) Ankündigung der Pressekonferenz durch die kanadische Polizei gegenüber dem Bundeskriminalamt ... 176
aaa) Kontakt zur kanadischen Polizei in Bezug auf die geplante Pressekonferenz ....................................... 176
bbb) Mitteilung der bevorstehenden Pressekonferenz an die Ansprechstellen Kinderpornografie in den
Bundesländern ...................................................................................................................................... 177
ccc) Mitteilung der bevorstehenden Pressekonferenz innerhalb der BKA-Hierarchie .................................. 177
ddd) Mitteilung der bevorstehenden Pressekonferenz an die ZIT ................................................................. 178

cc) Kenntnis von der bevorstehenden Presseveröffentlichung in Niedersachsen ........................................... 179
III. Der Vorgang Edathy als Suchtreffer bei Recherchen im Vorgangsbearbeitungssystem des
Bundeskriminalamtes vor dem 15. Oktober 2013 ................................................................................. 180
1. Hintergrund .................................................................................................................................................................... 180
2. Das Vorgangsbearbeitungssystem des Bundeskriminalamtes ........................................................................................ 181

a) Allgemein ......................................................................................................................................................... 181
b) Protokollierung von Veränderungen in Vorgängen .......................................................................................... 182
c) Zugriff auf die Protokolldaten .......................................................................................................................... 183
d) Recherchemöglichkeiten................................................................................................................................... 184
e) Berechtigungsstruktur ....................................................................................................................................... 185
f) Eingabe der Betreffzeile eines Vorgangs .......................................................................................................... 187
g) Hintergrundrecherche bei Neuanlage von Vorgängen ...................................................................................... 187

3. Projektgruppe Informationsmanagement im Bundeskriminalamt ................................................................................. 187
4. Die Recherchen mit dem Suchbegriff „EDATHY“ ............................................................................................................ 188

a) Ergebnis der Feststellungen des Datenschutzbeauftragten ............................................................................... 188
aa) Kein lesender Zugriff auf den Vorgang durch unberechtigte Personen ................................................... 188
bb) Zugriff durch die Zeuginnen Wiegand und Greiner vor dem 15. Oktober 2013 ...................................... 189

aaa) Lesender Zugriff vor dem 15. Oktober 2013 ......................................................................................... 189
bbb) Bearbeitung des Vorgangs vor dem 15. Oktober 2013 ......................................................................... 190

cc) Recherche nach der Person „Edathy“ ...................................................................................................... 192
dd) Anzeige des SO 12-Vorgangs als Suchtreffer .......................................................................................... 192

b) Einholung von Stellungnahmen durch den BKA-Leitungsstab bei den Beamten, die Suchen
durchgeführt haben ........................................................................................................................................... 194
c) Abfrage durch die Zeugin Kriminalkommisssarin Geyer ................................................................................. 196

aa) Angaben zur Tätigkeit innerhalb des Bundeskriminalamtes im Abfragezeitpunkt .................................. 196
bb) Begründung der Datenabfrage gegenüber dem Bundeskriminalamt ........................................................ 196

aaa) Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt ...................................................................................... 196
(1) Grund für die Durchführung der Suche ............................................................................................... 196
(2) Wahrnehmung des Vorgangs aus dem Referat SO 12 ........................................................................ 197

Drucksache 18/6700 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

bbb) Änderungsvorschläge durch einen Mitarbeiter des Leitungsstabes ....................................................... 198
ccc) Endgültige Fassung der Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt ............................................... 198
ddd) Aktenlage .............................................................................................................................................. 199

cc) Angaben gegenüber dem Innenausschuss ................................................................................................ 199
dd) Angaben gegenüber dem Untersuchungsausschuss ................................................................................. 200

d) Abfragen durch den Zeugen Kriminalkommissar Hellenthal ........................................................................... 201
aa) Angaben zur Tätigkeit innerhalb des Bundeskriminalamtes zu den Abfragezeitpunkten ........................ 201
bb) Befassung des Zeugen Hellenthal mit dem Sachverhalt „Sachbeschädigung Briefkasten“ ..................... 201
cc) Begründung der Datenabfragen gegenüber dem Bundeskriminalamt ...................................................... 202

aaa) Erste Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt ............................................................................ 202
(1) Abfrage am 1. August 2013 ................................................................................................................ 202
(2) Abfrage am 29. August 2013, 15.23 Uhr ............................................................................................ 202

bbb) Änderungsvorschläge durch einen Mitarbeiter des Leitungsstabes ....................................................... 203
ccc) Endgültige Fassung der Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt ............................................... 203

dd) Angaben gegenüber dem Innenausschuss ................................................................................................ 204
ee) Angaben gegenüber dem Untersuchungsausschuss ................................................................................. 205

e) Abfrage durch die Zeugen Kriminalhauptkommissar Hackel und Kriminaloberkommissarin Hockun ............ 205
aa) Tätigkeit im Referat SG 22 ...................................................................................................................... 205
bb) Begründung des Zeugen Hackel für die Datenabfragen gegenüber dem Bundeskriminalamt ................. 206

aaa) Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt ...................................................................................... 206
bbb) Änderungsvorschläge durch einen Mitarbeiter des Leitungsstabes ....................................................... 207
ccc) Endgültige Fassung der Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt ............................................... 208

cc) Begründung der Zeugin Hockun für die Datenabfragen gegenüber dem Bundeskriminalamt ................. 209
aaa) Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt ...................................................................................... 209
bbb) Änderungsvorschläge durch einen Mitarbeiter des Leitungsstabes ....................................................... 210
ccc) Endgültige Fassung der Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt ............................................... 211

dd) Angaben des Zeugen Hackel gegenüber dem Innenausschuss ................................................................. 212
ee) Angaben der Zeugin Hockun gegenüber dem Innenausschuss ................................................................ 212
ff) Angaben des Zeugen Hackel vor dem Untersuchungsausschuss .................................................................. 213
gg) Angaben der Zeugin Hockun vor dem Untersuchungsausschuss ............................................................. 214

IV. Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen in Bezug auf Kinder- und Jugendpornografie innerhalb des
Bundeskriminalamtes ............................................................................................................................ 215
1. Server- und Auswerteraum von SO 12 innerhalb des Bundeskriminalamtes ................................................................. 215

a) Zugangsregelung .............................................................................................................................................. 215
b) Ausstattung ....................................................................................................................................................... 216

2. Zutritt des Beamten „X“ in den Server- beziehungsweise Auswerteraum ..................................................................... 216
V. Abläufe innerhalb des Bundeskriminalamt betreffend den Vorgang „Edathy“ ab dem 15. Oktober 2013
bis zu den Durchsuchungsmaßnahmen im Februar 2014 ...................................................................... 217
1. Keine Kenntnis innerhalb des Bundeskriminalamtes vor dem 15. Oktober 2013 ........................................................... 217

a) Angaben der Zeugen ......................................................................................................................................... 217
b) Dienstliche Erklärungen ................................................................................................................................... 220

aa) Zeuginnen Dr. Vogt, Greiner und Wiegand sowie Zeugen Schiffels, Hoppe, Theissig, Stahl und einen
weiteren Beamten aus dem Referat SO 12............................................................................................................. 220
bb) Dienstliche Erklärungen weiterer Beamter aus dem Referat SO 12 ......................................................... 221

2. Erkenntnisabfrage an die Bundesländer am 15. Oktober 2013, 12.57 Uhr .................................................................... 221
a) Abläufe bis zum Versand der E-Mail ............................................................................................................... 222
b) Inhalt der Erkenntnisabfrage ............................................................................................................................. 224

aa) Text der E-Mail........................................................................................................................................ 224
bb) Angehängte Tabellen ............................................................................................................................... 225
cc) Adressaten der Erkenntnisabfrage ........................................................................................................... 227

c) Mögliche Wahrnehmung der Nennung der Daten Edathys auch durch Stellen in anderen Bundesländern ...... 227
3. Kontakte mit der niedersächsischen Polizei am 15. und 16. Oktober 2013.................................................................... 227

a) Reaktion auf die Erkenntnisanfrage gegenüber dem Bundeskriminalamt durch einen Beamten der Polizei
Nienburg ........................................................................................................................................................... 227
b) Weitere Kontakte mit niedersächsischen Stellen am 15. und 16. Oktober 2013 ............................................... 228

4. Meldeabläufe nach der Rückmeldung aus Niedersachsen am 15. Oktober 2013 .......................................................... 229
a) Meldungen an die Hierarchie bis hin zu Präsident Ziercke am 15. Oktober 2013 ............................................ 229

aa) Meldung der Zeugin Greiner an die Zeugen Stahl und Hoppe ................................................................. 229
bb) Meldung des Zeugen Hoppe an den Zeugen Schiffels ............................................................................. 231
cc) Meldung des Zeugen Schiffels an die Zeugin Dr. Vogt und den Zeugen Henzler ................................... 232

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/6700

aaa) Meldungen des Zeugen Schiffels am Nachmittag ................................................................................. 232
bbb) Meldung des Zeugen Schiffels an die Zeugin Dr. Vogt am Abend des 15. Oktober 2013 .................... 234

dd) Meldung der Zeugin Dr. Vogt an den Zeugen Ziercke ............................................................................ 235
aaa) Aussage des Zeugen Ziercke vor dem Innenausschuss und in seiner ersten Vernehmung vor dem
Untersuchungsausschuss ................................................................................................................................... 235
bbb) Meldung am Nachmittag in Spanien ..................................................................................................... 235
ccc) Meldung am Abend am Flughafen Frankfurt ........................................................................................ 237
ddd) Mögliche Kenntnisnahme des Zeugen Ziercke auf anderem Wege?..................................................... 238

b) Kontakte mit der ZIT am 15. und 16. Oktober 2013 ......................................................................................... 239
5. Briefing des Präsidenten am 16. Oktober 2013 – Erstellung der Führungsinformationen Nr. 3 und Nr. 4 vom

15. bis 17. Oktober 2013 ................................................................................................................................................. 241
a) Vorbereitung des Briefings durch die Zeugin Greiner – Zustandekommen des Briefings ................................ 241
b) Erstellung der Führungsinformation Nr. 3 am 15. und 16. Oktober 2013......................................................... 242
c) Ablauf des Briefings – Bitte um Entwurf eines Berichts an das Bundesministerium des Innern schon hier? ... 243
d) Erstellung der Führungsinformation Nr. 4 am 16. und 17. Oktober 2013......................................................... 246

6. Wahrung von Vertraulichkeit bezüglich des Vorgangs ................................................................................................... 247
7. Bericht der Amtsleitung des Bundeskriminalamtes an das Bundesministerium des Innern am 16./17. Oktober 2013 . 248

a) Telefonische Information Ziercke – Fritsche .................................................................................................... 248
b) Rückfrage Fritsche bei Henzler ........................................................................................................................ 250
c) Schriftlicher Bericht vom 17. Oktober 2013 ..................................................................................................... 251

aa) Inhalt des Berichts ................................................................................................................................... 251
bb) Erstellung, Zeichnung und Versand des Berichts .................................................................................... 253
cc) Personen, die den Bericht innerhalb des Bundesministeriums des Innern zur Kenntnis nahmen ............ 254

d) Weisung von Vizepräsident Henzler, die Berichterstattung an das Bundesministerium des Innern gegenüber
der ZIT nicht zu erwähnen ................................................................................................................................ 255

8. Keine Information über das Telefonat Oppermann – Ziercke am 17. Oktober 2013 innerhalb des
Bundeskriminalamtes ..................................................................................................................................................... 256

9. Versand des Vorgangs betreffend Edathy an die ZIT und Abgabe an die Generalstaatsanwaltschaft Celle ................... 257
a) Zusammenstellung der Akten und Versand nach Gießen ................................................................................. 257
b) Maßnahmen der ZIT vor Abgabe der Akten an die Generalstaatsanwaltschaft Celle ....................................... 259

aa) Abfrage bei der DENIC ........................................................................................................................... 259
bb) Erfüllung von Berichtspflichten ............................................................................................................... 259

c) Abgabe des Vorgangs nach Niedersachsen ...................................................................................................... 261
aa) Hintergrund der Abgabe an die Generalstaatsanwaltschaft Celle ............................................................ 261
bb) Direkte Übersendung durch die ZIT aus Gießen nach Celle .................................................................... 262
cc) Kontakt zwischen der ZIT und der Generalstaatsanwaltschaft Celle ....................................................... 262
dd) Erstellung und Abstimmung des Abgabevermerks .................................................................................. 263

aaa) Inhalt des Abgabevermerks ................................................................................................................... 263
bbb) Einholung von Informationen für den Abgabevermerk ........................................................................ 265
ccc) Abstimmung des Abgabevermerks und des Versandes mit den Vorgesetzten ....................................... 266

d) Kenntnis des Bundeskriminalamtes von der Abgabe des Vorgangs durch die ZIT an die
Generalstaatsanwaltschaft Celle ....................................................................................................................... 266

10. Anforderung der weiteren, Niedersachsen betreffenden KAT-2-Vorgänge durch die Staatsanwaltschaft
Hannover ............................................................................................................................................................... 267

a) Anforderung der Vorgänge durch den Zeugen Klinge beim Bundeskriminalamt ............................................. 267
b) Führungsinformation Nr. 6 ............................................................................................................................... 269

aa) Inhalt und Steuerung der Führungsinformation Nr. 6 .............................................................................. 269
bb) Kenntnisnahme der Führungsinformation auf der Leitungsebene des Bundeskriminalamtes .................. 269
cc) Reaktion des Zeugen Ziercke bezüglich der Führungsinformation .......................................................... 270

c) Absprache mit der ZIT in Bezug auf die Priorisierung der Vorgänge betreffend Niedersachsen ..................... 272
d) Bearbeitungsdauer innerhalb des Bundeskriminalamtes und Versand der Vorgänge an die ZIT ..................... 273
e) Bearbeitung der Vorgänge durch die ZIT und Abgabe an die Staatsanwaltschaft Hannover ........................... 274

11. Information des Bundeskriminalamtes durch den Zeugen Klinge, dass sich ein Rechtsanwalt Edathys bei der
Staatsanwaltschaft Hannover gemeldet habe ................................................................................................................ 275

a) Telefonische Information durch Oberstaatsanwalt Klinge ................................................................................ 275
b) Meldung der Information an die Hierarchie innerhalb des Bundeskriminalamtes ............................................ 275
c) Umgang mit der Information im Leitungsbereich des Bundeskriminalamtes – Weitergabe an Staatssekretär
Fritsche ............................................................................................................................................................. 276
d) Handhabung der Information durch den Zeugen Fritsche................................................................................. 277

Drucksache 18/6700 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

12. Weitere Kontakte des Bundeskriminalamtes zur Staatsanwaltschaft Hannover bis zu den
Durchsuchungsmaßnamen .................................................................................................................................... 278

a) Chronologie im Bundeskriminalamt ................................................................................................................. 278
b) Kontakte zwischen Bundeskriminalamt und Staatsanwaltschaft Hannover im Januar 2014 ............................ 280

aa) Kontaktaufnahme des Bundeskriminalamtes mit der Staatsanwaltschaft Hannover am 20. Januar 2014 280
bb) Kontaktaufnahme des Bundeskriminalamtes mit der Staatsanwaltschaft Hannover am 31. Januar 2014 281

c) Hintergrund der Weisung, Kontakt zur Staatsanwaltschaft Hannover zu halten .............................................. 281
d) Kenntnisnahme der Information des Zeugen Klinge vom 31. Januar 2014, dass „Maßnahmen unmittelbar
bevorstehen“, durch die Amtsleitung des Bundeskriminalamtes ...................................................................... 284

B. Vorgänge betreffend den Beamten „X“ ................................................................................................ 286
I. Auffinden des Namens des Beamten „X“ auf der kanadischen Kundenliste – Vorziehen des Vorgangs und
Vorgehen bis zum 31. Januar 2012 ................................................................................................................... 286
1. Beginn der sogenannten „Grobsichtung“ – Auffinden des Namens ............................................................................... 286
2. Ablauf nach Auffinden des Namens ................................................................................................................................ 287

a) Information der unmittelbaren Vorgesetzten Erster Kriminalhauptkommissar Stahl und Kriminaldirektor
Hoppe – Weisung zur Priorisierung ........................................................................................................................... 287
b) Maßnahmen zur Identifizierung ........................................................................................................................ 289

aa) Prüfung der Adressdaten durch Nachfrage im Referat ZD 25 ................................................................. 289
bb) Abfrage der bei den Bestellungen angegebenen Kontaktdaten ................................................................ 290

c) Hintergrund der intensiven Prüfung.................................................................................................................. 290
3. Einsichtnahme in die Gesamtliste durch Vorgesetzte? ................................................................................................... 291
4. Erstellung einer Akte, Vorgehen hierbei ......................................................................................................................... 291

a) Vorgehen bei der Erstellung ............................................................................................................................. 291
b) Gegenlesen des Vermerks durch den Zeugen Herb .......................................................................................... 292
c) Kategorienbildung zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben ........................................................................... 292
d) Keine Weisung zum „Stoppen“ der Abarbeitung der Liste aus der Operation „Selm“ ..................................... 293
e) Umfang der Bestellungen des Beamten „X“, die sich aus den Akten des Bundeskriminalamtes ergeben ........ 293

5. Information der Hierarchie über den Vorgang ............................................................................................................... 294
a) Information von Gruppen- und Abteilungsleiter ............................................................................................... 294
b) Klärung des weiteren Vorgehens mit dem Präsidenten .................................................................................... 295
c) Übergabe des Vorgangs vom Referat SO 12 an das Referat ZD 25 und Abgabe an die Staatsanwaltschaft
Mainz ......................................................................................................................................................................... 296
d) Hintergrund der direkten Abgabe an die Staatsanwaltschaft Mainz ohne Einschaltung der ZIT ...................... 298

6. Dienstliche Kontakte der Akteure zum Beamten „X“ ..................................................................................................... 298
7. Kontakt des Beamten „X“ zu MdB Michael Hartmann und zu Sebastian Edathy ........................................................... 300

a) MdB Michael Hartmann ................................................................................................................................... 300
b) Sebastian Edathy .............................................................................................................................................. 300

II. Ablauf des Strafverfahrens .................................................................................................................... 301
1. Übergabe der Akten an die Staatsanwaltschaft Mainz am 1. Februar 2012 ................................................................... 301

a) Ablauf des Gesprächs bei der Staatsanwaltschaft Mainz .................................................................................. 301
b) Umfang der an die Staatsanwaltschaft Mainz übergebenen Materialien .......................................................... 303
c) Zuständigkeit von Staatsanwalt Dr. Schumacher .............................................................................................. 305

2. Ermittlungsmaßnahmen bis zur Durchsuchung bei dem Beamten „X“ am 13. April 2012 ............................................. 306
a) Aufnahme der Ermittlungen ............................................................................................................................. 306
b) Nachfragen beim Bundeskriminalamt auf Grund der Bankermittlungen .......................................................... 308
c) Versand einer Aktenzeichenmitteilung durch die Staatsanwaltschaft Mainz an das Bundeskriminalamt......... 309
d) Prüfung der Beweismittel in Bezug auf das Vorliegen kinder- oder jugendpornografischer Schriften ............ 310
e) Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses und Vollzug ............................................................................ 311
f) Keine Durchsuchung der Diensträume durch die Staatsanwaltschaft Mainz .................................................... 312

3. Auswertung der bei der Durchsuchung aufgefundenen Beweismittel ........................................................................... 313
a) Aufgefundene Beweismittel ............................................................................................................................. 313
b) Zeit bis zur Auswertung der Beweismittel ........................................................................................................ 313
c) Aufgefundene Beweise ..................................................................................................................................... 314

4. Aktenanforderung durch die ZIT ..................................................................................................................................... 315
5. Möglichkeit der Einsichtnahme in die Beweismittel-DVDs durch Dritte? ....................................................................... 316

a) Kenntnis des Zeugen Dr. Schumacher bezüglich der Kundendatei .................................................................. 316
b) Lagerung der Beweismittel-DVDs im Dienstzimmer ....................................................................................... 316
c) Keine Übersendung im Rahmen der Akteneinsicht .......................................................................................... 317

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/6700

6. Verschiebung der Stellungnahme vor dem Hintergrund eines „Runden Tischs über die berufliche Zukunft“ des Beamten
„X“ ................................................................................................................................................................................... 318

7. Erlass eines Strafbefehls durch das Amtsgericht Mainz.................................................................................................. 320
8. Dauer des Strafverfahrens .............................................................................................................................................. 321
III. Ablauf des Disziplinarverfahrens ........................................................................................................... 322
1. Zuständigkeit des Referates ZD 25 bis Ende April 2012 .................................................................................................. 322

a) Aufgabenübertragung von SO 12 an ZD 25 – Besprechung hierzu am 30. Januar 2012 – Abstimmung mit der
Amtsleitung ................................................................................................................................................................ 322
b) Kontakte des Referats ZD 25 zur Staatsanwaltschaft Mainz zwischen dem 1. Februar 2012 und dem
13. April 2012 ............................................................................................................................................................ 322
c) Maßnahmen zur Verhinderung einer unberechtigten Informationsweitergabe innerhalb des
Bundeskriminalamtes vor dem 13. April 2012 ........................................................................................................... 323
d) Kenntnis des Bundeskriminalamtes von der Durchführung der Hausdurchsuchung beim Beamten „X“ ......... 325
e) Verdacht der Informationsweitergabe an den Beamten „X“ bereits vor den Durchsuchungsmaßnahmen ........ 326
f) Aufsuchen des Bundeskriminalamtes durch den Beamten „X“ nach der Hausdurchsuchung am 13. April 2012328
g) Sicherung des persönlichen Computerlaufwerks des Beamten „X“ mit dessen Zustimmung........................... 330
h) Keine Durchsuchung der Diensträume des Beamten „X“................................................................................. 332
i) Sicherung von Dienstwaffe und Dienstausweis ................................................................................................ 334
j) Prüfung der Nutzung dienstlich überlassener Hardware (Laptop, Handy, Speicherkarten) zur Tatbegehung .. 334

aa) Beachtung dieser Frage durch das Bundeskriminalamt ........................................................................... 334
bb) Hardware, die dem Beamten „X“ durch das Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellt wurde ............. 336

2. Wechsel der Zuständigkeit zum Bereich ZV 15 ............................................................................................................... 338
a) Das Referat ZV 15 innerhalb des Bundeskriminalamtes .................................................................................. 338
b) Aufgabenübertragung an ZV 15 ....................................................................................................................... 338

3. Gespräch zwischen Vizepräsident Maurer und Mitarbeitern von SO 12 am 20. April 2012 ........................................... 339
4. Einleitung und Aussetzung des Disziplinarverfahrens Ende April 2012 sowie Verfügung gemäß § 66 BBG ................... 340

a) Gesetzliche Grundlagen .................................................................................................................................... 340
b) Verwaltungspraxis innerhalb des Bundeskriminalamtes .................................................................................. 340
c) Konkretes Verfahren gegen den Beamten „X“ ................................................................................................. 341

aa) Absprachen bezüglich des Vorgehens innerhalb des Bundeskriminalamtes und mit dem
Bundesministerium des Innern .............................................................................................................................. 341
bb) Inhalt der Verfügungen gegenüber dem Beamten „X“ ............................................................................ 342
cc) Bekanntgabe der Verfügungen gegenüber dem Beamten „X“ ................................................................. 343

5. Übertragung des Vorgangs an den Zeugen Becker / Tätigkeit bis zur Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens ...... 344
6. Kontakte zwischen dem Beamten „X“ und dem Zeugen Henzler im Jahr 2012 .............................................................. 345
7. Ablauf des Disziplinarverfahrens nach Fortsetzung Anfang 2013 ................................................................................... 347

a) Gesetzliche Grundlagen und Rechtsprechung .................................................................................................. 347
aa) Gesetzliche Grundlagen - Disziplinarmaßnahmen nach dem BDG ......................................................... 347
bb) Berücksichtigte Rechtsprechung .............................................................................................................. 348

aaa) Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010, Az. 2 C 13/10 ........................... 348
bbb) Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 12. März 2013, Az. 6 LD 4/11 ................ 349

b) Beschreibung der Zeugen zum allgemeinen Ablauf eines Disziplinarverfahrens ............................................. 350
aa) Grundsätzliche Herangehensweise .......................................................................................................... 350
bb) Die Rolle des BKA-Präsidenten in Disziplinarverfahren ......................................................................... 351

aaa) BKA-Präsident als Disziplinarvorgesetzter ........................................................................................... 351
bbb) Grundsätzliche Linie des Zeugen Ziercke ............................................................................................. 352

cc) Die Rolle des Bundesministerium des Innern in Disziplinarverfahren .................................................... 353
c) Akteneinsicht in die Ermittlungsakten durch die Disziplinarstelle ................................................................... 353

aa) Anfragen des Zeugen Becker bei der Staatsanwaltschaft Mainz.............................................................. 353
bb) Einsichtnahme in die Strafakten .............................................................................................................. 354

d) Fortsetzung des Disziplinarverfahrens und Anhörung des Beamten „X“ ......................................................... 355
aa) Prüfung des dienstlichen Bezuges des Beamten „X“ zu Kinderpornografie ............................................ 355
bb) Anhörung des Beamten „X“ .................................................................................................................... 357

aaa) Gespräch Beamter „X“ / Vizepräsident Stock ....................................................................................... 357
bbb) Rechtliches Gehör in schriftlicher Form ............................................................................................... 358

e) Keine weitere Sachverhaltsaufklärung durch das Bundeskriminalamt - Verzicht auf einen Ermittlungsführer 358
aa) Gesetzliche Regelung .............................................................................................................................. 358
bb) Zeugenaussagen zum konkreten Verfahren ............................................................................................. 359

f) Mitteilung der Berufsunfähigkeit des Beamten „X“ – parallel dazu Entwurf einer Disziplinarklage ............... 361
aa) Dienstunfähigkeit ..................................................................................................................................... 361

Drucksache 18/6700 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

aaa) Bitte um Entwurf der Disziplinarklage und Prüfung der Frage, was im Falle der Dienstunfähigkeit
geschehe ................................................................................................................................................ 361
bbb) Angaben des Beamten „X“ bezüglich seiner Dienstunfähigkeit ........................................................... 362
ccc) Kommunikation seitens des Bundeskriminalamtes mit dem Beamten „X“ bezüglich der
Ruhestandsversetzung ........................................................................................................................... 362
ddd) Ablauf ................................................................................................................................................... 363

bb) Ablauf bezüglich der Erstellung des Entwurfs einer Disziplinarklage – Erwägung einer Suspendierung 364
aaa) Auftrag zum Entwurf der Disziplinarklage ............................................................................................ 364
bbb) Entwurf der Disziplinarklage und der Suspendierungsverfügung ......................................................... 364
ccc) Ablauf nach Fertigstellung der Entwürfe der Disziplinarklage und der Suspendierungsverfügung ...... 366

g) Untersuchung des Beamten „X“ durch einen Amtsarzt – Ruhenlassen der Disziplinarklage ........................... 366
8. Entscheidungsabläufe im Bundeskriminalamt und Bundesministerium des Innern im Herbst 2013 ............................. 368

a) Information des Bundesministeriums des Innern über die Feststellung der Dienstunfähigkeit und das
beabsichtigte weitere Vorgehen ........................................................................................................................ 368

aa) Jour Fixe des BKA-Präsidenten mit dem Leiter der Abteilung Z im Bundesministerium des Innern ...... 368
bb) Information mit Schreiben vom 18. September 2013 .............................................................................. 368
cc) Weitere Kontakte mit dem Bundesministerium des Innern im Zusammenhang mit dem
Disziplinarverfahren ................................................................................................................................ 368

b) Befassung von Staatssekretär Fritsche mit dem Vorgang betreffend den Beamten „X“ ................................... 369
aa) Ministervorlage bezüglich der Ruhestandsversetzung ............................................................................. 369
bb) Information Fritsches durch Abteilungsleiter .......................................................................................... 370

c) Prüfung des weiteren Vorgehens durch das Bundesministerium des Innern .................................................... 370
aa) Mögliche Handlungsalternativen ............................................................................................................. 370
bb) Telefonschaltkonferenz zwischen dem BKA-Präsidenten und den Abteilungsleitern ÖS und Z des
Bundesministeriums des Innern ............................................................................................................... 371
cc) Übersendung der Ruhestandsurkunde an das Bundeskriminalamt ........................................................... 372

d) Absprache zwischen den Zeugen Fritsche und Ziercke auf der BKA-Herbsttagung ........................................ 373
e) Zustellung der Urkunde bezüglich der Ruhestandsversetzung ......................................................................... 373
f) Verhängung der Disziplinarmaßnahme nach Versetzung in den Ruhestand im Dezember 2013 ..................... 374

aa) Ablauf ...................................................................................................................................................... 374
bb) Hintergrund der nicht erfolgten Ausschöpfung des Höchstmaßes des § 11 BDG .................................... 374
cc) Bewertung der verhängten Disziplinarmaßnahme ................................................................................... 375

IV. Möglichkeit der Kenntnisnahme von den Daten der Operation „Selm“ durch den Beamten „X“
vor den Durchsuchungen ....................................................................................................................... 377
1. Stellung des Beamten „X“ innerhalb des Bundeskriminalamtes..................................................................................... 377
2. Beteiligung an Sachverhalten mit KIPO-Bezug ................................................................................................................ 377
3. Zugang des Beamten „X“ zum Auswerteraum von SO 12? ............................................................................................. 377
4. Darstellung von bei SO 12 tätigen Beamten zu Kontakten zum Beamten „X“ beziehungsweise zur Möglichkeit der

Kenntnisnahme von der Operation „Selm“ .................................................................................................................... 377
V. Protokolldatenabfrage bezüglich der Abfrage von Daten des Beamten „X“ in den polizeilichen
Datensystemen ...................................................................................................................................... 379
1. Anlass für eine Überprüfung in dieser Hinsicht .............................................................................................................. 379
2. Ablauf und Ergebnis der Überprüfung ............................................................................................................................ 380

a) Ablauf der Überprüfung ................................................................................................................................... 380
b) Ergebnis der Überprüfung ................................................................................................................................ 380

aa) Datenbestand und Zeitpunkt der Eintragung ............................................................................................ 380
bb) Anzahl der Abfragen ................................................................................................................................ 381
cc) Zeitraum der Abfragen ............................................................................................................................. 382

3. Konsequenzen der Überprüfung ..................................................................................................................................... 383
a) Anregung im Bericht des Datenschutzbeauftragten .......................................................................................... 383
b) Konkrete Maßnahmen gegen unberechtigte Abrufer ........................................................................................ 383

4. Hintergründe der Abfragen ............................................................................................................................................ 385
C. Ermittlungen gegen Sebastian Edathy in Niedersachsen .................................................................... 385

I. Erkenntnisanfrage des Bundeskriminalamtes vom 15. Oktober 2013 ........................................................... 385
1. Zeitpunkt des Eingangs beim Landeskriminalamt Niedersachsen .................................................................................. 386
2. Adressat der Erkenntnisanfrage innerhalb des Landeskriminalamtes ............................................................................ 386
3. Bearbeitung der Erkenntnisanfrage durch das Landeskriminalamt Niedersachsen ....................................................... 386

a) Aufbereitung der Personendaten durch das Landeskriminalamt Niedersachsen ............................................... 386
b) Steuerungsvermerk des Landeskriminalamtes Niedersachsen .......................................................................... 387

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/6700

c) Gesteuerte Weiterleitung .................................................................................................................................. 389
4. Bearbeitung der Erkenntnisanfrage im 1. Fachkommissariat des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion

Nienburg/Schaumburg ................................................................................................................................................... 390
a) Eingang der Erkenntnisanfrage in der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg ............................................ 390
b) Das 1. Fachkommissariat der Polizeiinspektion Nienburg Schaumburg .......................................................... 390
c) Sichtung des Inhalts der Erkenntnisanfrage im 1. Fachkommissariat ............................................................... 390

5. Identifizierung von Sebastian Edathy im 1. Fachkommissariat der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg ............... 391
a) Unterrichtung des Leiters des 1. Fachkommissariats, Erster Kriminalhauptkommissar Baum ......................... 391
b) Kenntnisnahme weiterer Beamter des 1. Fachkommissariats ........................................................................... 392
c) Unterrichtung der Vorgesetzten in der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg ........................................... 392

6. Rückmeldung an das Landeskriminalamt Niedersachsen ............................................................................................... 393
a) Verständigung über das weitere Vorgehen im 1. Fachkommissariat ................................................................ 393
b) Weitergabe der Information durch den Ersten Kriminalhauptkommissar Baum an das Landeskriminalamt .... 394
c) Weitermeldung innerhalb des Landeskriminalamtes ........................................................................................ 395
d) Kontakt des Landeskriminalamtes Niedersachsen mit dem Bundeskriminalamt .............................................. 396
e) Rückmeldung des Landeskriminalamtes Niedersachsen .................................................................................. 396

7. Kommunikation des Zeugen Erster Kriminalhauptkommissar Baum mit dem Bundeskriminalamt am 15. und
16. Oktober 2013 ............................................................................................................................................................ 396

a) Telefonat des Zeugen Baum mit der Zeugin Greiner am 15. Oktober 2013 ..................................................... 396
b) E-Mail des Zeugen Baum an die Zeugin Greiner am 15. Oktober 2013 ........................................................... 397
c) E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Baum am 15. Oktober 2013 .......................................................... 398

II. Überprüfung der Meldeverhältnisse Edathys beim Einwohnermeldeamt Rehburg-Loccum am
15. und 16. Oktober 2013 ...................................................................................................................... 399
1. Beauftragung des Zeugen Lange (Polizeistation Rehburg-Loccum) durch Ersten Kriminalhauptkommissar Baum

am 16. Oktober 2013 ...................................................................................................................................................... 399
a) Aufgaben der Polizeistation Rehburg-Loccum – insbesondere im Verhältnis zum 1. Fachkommissariat der
Polizeiinspektion Nienburg-Schaumburg ................................................................................................................... 399
b) Keine Nennung des Grundes für die Einholung der Melderegisterauskunft durch den Zeugen Lange ............. 400
c) Datum und Zeitpunkt der Beauftragung ........................................................................................................... 401
d) Inhalt der Beauftragung .................................................................................................................................... 402

2. Einholung einer Melderegisterauskunft zu Sebastian Edathy beim Einwohnermeldeamt der Stadt Rehburg-Loccum
durch den Zeugen Lange ................................................................................................................................................. 403

a) Rechtliche Grundlage der Einholung einer Melderegisterauskunft .................................................................. 403
b) Einholung der Auskunft durch den Zeugen Lange ........................................................................................... 403

aa) Datum und Zeitpunkt der Einholung der Auskunft .................................................................................. 403
bb) Art und Weise der Auskunftserteilung ..................................................................................................... 404

c) Nachfragen und Vermutungen zum Grund der Einholung des Meldeauskunft................................................. 405
3. Die Melderegisterauskunft der Stadt Rehburg-Loccum vom 16. Oktober 2013 ............................................................. 405

a) Gestaltung der Melderegisterauskunft .............................................................................................................. 405
b) Handschriftlicher Zusatz ................................................................................................................................... 407
c) Adressierung der Auskunft ............................................................................................................................... 407

4. Übersendung der Melderegisterauskunft durch den Zeugen Lange an den Zeugen Baum ............................................ 408
a) Inhalt der Übersendung..................................................................................................................................... 408
b) Art und Weise der Übersendung ....................................................................................................................... 408
c) Zeitpunkt der Übersendung - Angaben des Faxstempels .................................................................................. 409

5. Übermittlung der Melderegisterauskunft an das Bundeskriminalamt und dessen Rückfragen ..................................... 410
a) Versendung der Melderegisterauskunft per E-Mail am 16. Oktober 2013 ....................................................... 410
b) Telefonische Rückfragen des Bundeskriminalamtes zur Melderegisterauskunft .............................................. 411

III. Weitergabe der Information durch Leitenden Polizeidirektor Kreykenbohm an den
Polizeipräsidenten Kruse ................................................................................................................................... 412
1. Zeitpunkt des Telefonats ................................................................................................................................................ 413
2. Übermittelte Informationen ........................................................................................................................................... 413
3. Reaktion von Polizeipräsident Kruse ............................................................................................................................... 415
4. Weitere Rücksprache zwischen dem Leitenden Polizeidirektor Kreykenbohm und dem Polizeipräsidenten Kruse

zum „Fall Edathy“ nach dem 15. Oktober 2013 .............................................................................................................. 415
5. Bedeutung des sogenannten WE-Erlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport für die

Unterrichtung von Polizeipräsident Kruse ...................................................................................................................... 416
IV. Weitergabe der Information von Polizeipräsident Kruse an Innenminister Pistorius ............................ 417
1. Zeitpunkt und Umstand des Gesprächs .......................................................................................................................... 417
2. Motiv und Hintergrund der unmittelbaren Information des Ministers – insbesondere Bedeutung des WE-Erlasses .... 419

Drucksache 18/6700 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

a) Motivation und Hintergrund der unmittelbaren Information des Ministers ...................................................... 419
b) Bedeutung des WE-Erlasses ............................................................................................................................. 420

3. Inhalt des Gesprächs ....................................................................................................................................................... 421
4. Reaktion von Minister Pistorius ...................................................................................................................................... 422
5. Umgang mit der Information durch Innenminister Pistorius .......................................................................................... 424
V. Internationales Seminar an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster vom
16. bis 18. Oktober 2013 ....................................................................................................................... 425
VI. Exkurs: Frühere Kontakte von Sebastian Edathy zu Beamten der Niedersächsischen Polizei ............... 426
1. Polizeihauptkommissar Lange ........................................................................................................................................ 426
2. Erster Kriminalhauptkommissar Baum ........................................................................................................................... 427
3. Leitender Polizeidirektor Kreykenbohm ......................................................................................................................... 428
4. Polizeipräsident Kruse .................................................................................................................................................... 428
VII. Kenntnisnahmen und Möglichkeiten der Kenntnisnahme vom Namen Sebastian Edathys in der
Erkenntnisanfrage des Bundeskriminalamtes im Geschäftsbereich des Niedersächsischen
Ministeriums für Inneres und Sport am 15. Oktober und in den Tagen danach .................................... 429
1. Kenntnisnahmen ............................................................................................................................................................. 429
2. Möglichkeiten der Kenntnisnahme ................................................................................................................................. 430
VIII. Abstimmungen zur Zuständigkeit im Falle möglicher Ermittlungen gegen Edathy und weitere
Kontakte zwischen Polizeibehörden bis zum 25. Oktober 2013 ............................................................ 431
1. Absprachen zwischen Erster Kriminalhauptkommissar Baum und dem Landeskriminalamt ......................................... 431
2. Rückfrage von Erster Kriminalhauptkommissar Baum beim Bundeskriminalamt am 23. Oktober 2013 ........................ 432
3. Rückfrage des Landeskriminalamtes beim Bundeskriminalamt am 24. Oktober 2013 und Überlegungen im

Landeskriminalamt zum weiteren Vorgehen .................................................................................................................. 433
4. Absprachen zwischen Polizeipräsident Kruse und dem Präsidenten des Landeskriminalamtes Niedersachsen Kolmey 434
5. Rückmeldung des Landeskriminalamtes Niedersachsen an den Ersten Polizeihauptkommissar Baum zur Zuständigkeit435
IX. Die Akte zu Sebastian Edathy bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle ............................................... 436
1. Unterrichtung des Generalstaatsanwalts Dr. Lüttig durch den Generalstaatsanwalt von Frankfurt am Main ............... 436
2. Eingang und Bearbeitung der Akte bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle ................................................................. 437

a) Eingang der Akte am 31. Oktober 2013 ........................................................................................................... 437
b) Telefonische Unterrichtung des Leiters der Staatsanwaltschaft Hannover, Leitender Oberstaatsanwalt
Dr. Fröhlich, durch Dr. Lüttig........................................................................................................................... 437
c) Verfügung von Oberstaatsanwalt Kolkmeier vom 1. November 2013 zum weiteren Verfahren und die Anlage
einer Akte in der Generalstaatsanwaltschaft Celle ............................................................................................ 438
d) Übersendung der Akte an die Staatsanwaltschaft Hannover und Übersendung einer Übernahmenachricht
an die ZIT am 1. November 2013 ..................................................................................................................... 439

3. Einholung von Informationen zur Bearbeitung vergleichbarer Fälle durch Leitenden Oberstaatsanwalt Schierholt ..... 440
4. Mögliche Unterrichtung von Leitender Oberstaatsanwältin Ballnus .............................................................................. 441
5. Angebliche Information des Niedersächsischen Justizministeriums durch den Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig Anfang

November 2013 .............................................................................................................................................................. 442
X. Die Akte zu Sebastian Edathy bei der Staatsanwaltschaft Hannover .................................................... 445
1. Eingang der Akte bei der Staatsanwaltschaft Hannover am 5. November 2013 ............................................................ 445
2. Besprechung zum weiteren Vorgehen zwischen dem Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich und Oberstaatsanwalt

Klinge .............................................................................................................................................................................. 446
3. Prüfung der Akte durch Oberstaatsanwalt Klinge........................................................................................................... 446
XI. Besprechung zwischen der Generalstaatsanwaltschaft Celle und der Staatsanwaltschaft Hannover
am 8. November 2013 und Umsetzung des Besprechungsergebnisses ................................................. 447
1. Rolle der Generalstaatsanwaltschaft Celle ab dem 8. November 2013 .......................................................................... 447
2. Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Besprechung ...................................................................................................... 449
3. Gegenstand der Besprechung ......................................................................................................................................... 450

a) Bedeutung des Verfahrens ................................................................................................................................ 450
b) Beratung zum Vorliegen eines Anfangsverdachts ............................................................................................ 450
c) Kenntnisstand der an der Besprechung Beteiligten........................................................................................... 451
d) Dringlichkeit des Vorgangs .............................................................................................................................. 452
e) Ergebnis der Besprechung ................................................................................................................................ 453

XII. Exkurs: Informationsstand der Generalstaatsanwaltschaft Celle und der Staatsanwaltschaft Hannover
über vorangegangene Ermittlungsmaßnahmen – insbesondere hinsichtlich der Erkenntnisanfrage vom
15. Oktober 2013 ................................................................................................................................... 454

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/6700

XIII. Weiteres Vorgehen von Oberstaatsanwalt Klinge bis zum Eingang der weiteren Kategorie-2-Verfahren
am 20. Dezember 2013 ..................................................................................................................................... 457
1. Einholung von Informationen über die Behandlung von vergleichbaren Verfahren durch andere Staatsanwaltschaften457
2. Anforderung weiterer Kategorie-2-Verfahren zu Niedersachsen ................................................................................... 458

a) Kontakte mit der ZIT ........................................................................................................................................ 458
b) Kontakte mit dem Bundeskriminalamt ............................................................................................................. 459

aa) Anlass der Kontaktaufnahme mit dem Bundeskriminalamt ..................................................................... 459
bb) Zeitpunkte der Kontaktaufnahme mit dem Bundeskriminalamt .............................................................. 459
cc) Telefonat des Zeugen Klinge mit der Zeugin Wiegand am 26. November 2013 ..................................... 461
dd) Telefonat des Zeugen Klinge mit der Zeugin Wiegand am 6. Dezember 2013 ....................................... 463

3. Reaktion der niedersächsischen Staatsanwaltschaften auf die Presseberichterstattung zur Operation „Spade“
am 14. November 2013 .................................................................................................................................................. 463

XIV. Eingang der weiteren Kategorie-2-Akten bei der Staatsanwaltschaft Hannover am
20. Dezember 2013 und deren Bearbeitung ab dem 13. Januar 2014 .................................................. 464
XV. Nachfragen von Rechtsanwalt Noll bei Staatsanwaltschaft und Polizei in Niedersachsen zwischen
November 2013 und Januar 2014 ......................................................................................................... 466
1. Anlass für die Nachfragen und Überlegungen des Rechtsanwalts Noll zum Vorgehen .................................................. 466
2. Nachfragen bei der Staatsanwaltschaft Hannover am 28. November 2013 ................................................................... 467

a) Fax vom 28. November 201 ............................................................................................................................. 467
b) E-Mail vom 28. November 2013 ...................................................................................................................... 468
c) Bewertung der Nachfragen vom 28. November 2013 durch Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich ........... 470

3. Nachfragen beim Landeskriminalamt Niedersachsen am 2. und 4. Dezember 2013 ..................................................... 470
4. Nachfragen bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle am 3. Dezember 2013 ................................................................. 474
5. Kontakte zwischen Rechtsanwalt Noll und Oberstaatsanwalt Klinge zwischen dem 5. Dezember 2013 und

dem 22. Januar 2014....................................................................................................................................................... 475
a) 5. Dezember 2013 ............................................................................................................................................. 476

aa) Telefonat am 5. Dezember 2013 .............................................................................................................. 476
bb) Fax vom 5. Dezember 2013 ..................................................................................................................... 478

b) 20. Dezember 2013 ........................................................................................................................................... 479
6. Gespräch zwischen Rechtsanwalt Noll und Oberstaatsanwalt Klinge in Hannover am 22. Januar 2014 ........................ 481

a) Terminierung des Gesprächs ............................................................................................................................ 481
b) Inhalt des Gesprächs ......................................................................................................................................... 482
c) Mögliches Angebot zur Kooperation ................................................................................................................ 484

7. Aus Sicht des Zeugen Noll aufgrund seiner Nachforschungen bei Staatsanwaltschaften und Polizei in Niedersachsen
erlangte Erkenntnisse ..................................................................................................................................................... 485

XVI. Vorlauf zur Einleitung eines formellen Ermittlungsverfahrens gegen Sebastian Edathy ...................... 486
1. Nachfragen des Bundeskriminalamtes bei Oberstaatsanwalt Klinge am 20. Januar 2014 ............................................. 486
2. Besprechung des weiteren Vorgehens bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle am 28. Januar 2014........................... 487

a) Vereinbarung des Besprechungstermins ........................................................................................................... 487
b) Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Besprechung ......................................................................................... 487
c) Inhalt der Besprechung ..................................................................................................................................... 488

aa) Vorliegen eines Anfangsverdachts ........................................................................................................... 488
bb) Auffindewahrscheinlichkeit ..................................................................................................................... 489

d) Ergebnis der Besprechung ................................................................................................................................ 490
3. Kenntnisnahmen von dem geplanten Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy im Niedersächsischen

Justizministerium am 29. Januar 2014 ............................................................................................................................ 491
a) Unterrichtung des Niedersächsischen Justizministeriums durch Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig
am 28. Januar 2014 ........................................................................................................................................... 491
b) Unterrichtungskette im Niedersächsischen Justizministerium und Unterrichtung der Justizministerin
Niewisch-Lennartz............................................................................................................................................ 492
c) Umgang der Ministerin Niewisch-Lennartz mit der Information ..................................................................... 493

4. Nachfragen des Bundeskriminalamtes bei Oberstaatsanwalt Klinge am 31. Januar 2014 ............................................. 493
XVII. Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Sebastian Edathy durch die Staatsanwaltschaft
Hannover ............................................................................................................................................... 495
1. Verdeckte Eintragung der Akte zu Sebastian Edathy in das Verfahrensregister der Staatsanwaltschaft Hannover

am 4. Februar 2014 ......................................................................................................................................................... 495
2. Vorbereitende Absprachen zwischen Oberstaatsanwalt Klinge und Kriminalhauptkommissar Schillig vom

Landeskriminalamt Niedersachsen am 4. Februar 2014 ................................................................................................. 496
3. Mitteilungen wegen der Immunität von Sebastian Edathy ............................................................................................ 497

Drucksache 18/6700 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

a) Rechtsgrundlage für Ermittlungen gegen Mitglieder des Deutschen Bundestages ........................................... 497
b) Schreiben an den Präsidenten des Deutschen Bundestages vom 6. Februar 2014 ............................................ 498

aa) Inhalt des Mitteilungsschreibens .............................................................................................................. 498
bb) Versand der Mitteilung an den Präsidenten des Deutschen Bundestages ................................................ 499
cc) Eingang der Mitteilung beim Präsidenten des Deutschen Bundestages ................................................... 499

aaa) Zugang der Mitteilung am 12. Februar 2014 ......................................................................................... 499
bbb) Zustand der Sendung bei Eingang ......................................................................................................... 500

dd) Aussagen der Zeugen Edathy und Noll zu der Mitteilung vom 6. Februar 2014 ..................................... 501
c) Übersendung von Ablichtungen für den Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig, das Niedersächsische
Justizministerium und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ..................................... 501

aa) Inhalt des Übersendungsschreibens ......................................................................................................... 501
bb) Versand des Vorgangs an die Generalstaatsanwaltschaft am 7. Februar 2014......................................... 503
cc) Eingang und Bearbeitung des Vorgangs bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle ................................... 504
dd) Weiterleitung an das Niedersächsische Justizministerium am 10. Februar 2014 ..................................... 504

XVIII. Die Durchsuchungsmaßnahmen in Wohn- und Büroräumen von Sebastian Edathy ............................. 505
1. Vorbereitung von Durchsuchungsmaßnahmen durch die Staatsanwaltschaft Hannover am 10. Februar 2014 ............ 505

a) Beantragung von Durchsuchungsbeschlüssen am 10. Februar 2014 ................................................................ 507
aa) Inhalt der Anträge .................................................................................................................................... 507
bb) Zeitpunkt der Antragstellung ................................................................................................................... 507
cc) Bearbeitung des Antrags beim Amtsgericht Hannover ............................................................................ 507

b) Gerichtliche Anordnung von Durchsuchungsmaßnahmen am 10. Februar 2014 .............................................. 507
c) Fax-Nachricht von Rechtsanwalt Noll an Oberstaatsanwalt Klinge am Vormittag des 10. Februar 2014 ........ 508
d) Abstimmung der Durchsuchungsmaßnahmen zwischen der Staatsanwaltschaft Hannover und dem
Landeskriminalamt Niedersachsen ................................................................................................................... 509

2. Unterrichtung der Niedersächsischen Justizministerin am 10. Februar 2014 ................................................................ 510
3. Unterrichtung der Niedersächsischen Staatskanzlei am 10. Februar 2014 .................................................................... 511
4. Unterrichtung des Niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil .................................................................... 511
5. Vorbereitung der Durchsuchungen am 10. Februar 2014 auf Ebene der niedersächsischen Polizei ............................. 511

a) Kontakt des Landeskriminalamtes mit dem Ersten Kriminalhauptkommissar Baum ....................................... 512
b) Koordinierung im 1. Fachkommissariat der Polizeiinspektion Nienburg-Schaumburg durch den Ersten
Kriminalhauptkommissar Baum ....................................................................................................................... 513

aa) Einteilung von Beamten für die Durchsuchung der Wohnung in Rehburg-Loccum und den
Wahlkreisbüros in Nienburg und Stadthagen ........................................................................................... 513
bb) Teilnahme des Zeugen Baum an der Durchsuchung der Wohnung in Rehburg-Loccum ........................ 514
cc) Erneute Einholung einer Melderegisterauskunft durch den Zeugen Polizeihauptkommissar Lange ....... 515

c) Weitere Kenntnisnahmen von den Durchsuchungen vom 10. Februar 2014 .................................................... 515
aa) Kenntnisnahmen der Zeugen Leitender Polizeidirektor Kreykenbohm und Polizeipräsident Kruse ....... 515
bb) Kenntnisnahme des Zeugen Minister Pistorius ........................................................................................ 516

6. Durchsuchungen am 10. Februar 2014 ........................................................................................................................... 516
a) Insbesondere: Durchsuchung des Hauptwohnsitzes von Sebastian Edathy in Rehburg-Loccum ..................... 516

aa) Beteiligte an der Wohnungsdurchsuchung ............................................................................................... 516
bb) Möglichkeit der Kenntnis über Anwesenheit von Sebastian Edathy ........................................................ 517
cc) Anruf bei Rechtsanwalt Noll ................................................................................................................... 517
dd) Kenntnisnahme einer Nachbarin vom Öffnen der Tür ............................................................................. 518
ee) Beginn und Ende der Durchsuchung........................................................................................................ 519
ff) Fund vor der Wohnung ................................................................................................................................. 519
gg) Auffindesituation und Zustand der Wohnung .......................................................................................... 520
hh) Vorfall mit einem Journalisten der Zeitung „Die Harke“ ........................................................................ 521
ii) Ergebnis der Durchsuchung ......................................................................................................................... 523

b) Durchsuchung des Nebenwohnsitzes von Sebastian Edathy in Berlin .............................................................. 523
7. Durchsuchungsmaßnahmen in Büroräumen Sebastian Edathys in Rehburg-Loccum am 12. Februar 2014 .................. 523

a) Fehlende Kenntnis von der Adresse der „[Straßenname] 3D“ am 10. Februar 2014 ........................................ 523
b) Identifizierung der Büroräume .......................................................................................................................... 524
c) Einholung eines Durchsuchungsbeschlusses und Durchführung der Durchsuchung ........................................ 525

8. Sicherstellung von Beweismitteln im Deutschen Bundestag ab dem 11. Februar 2014 ................................................. 525
9. Kenntniserlangung und Möglichkeit der Kenntniserlangung von den am 10. Februar 2014 durchgeführten

Durchsuchungen durch Personen in bestimmten niedersächsischen Behörden ............................................................ 528
10. Exkurs: Rechtsbehelfe von Sebastian Edathy gegen die gerichtlichen Entscheidungen zur Anordnungen der

Durchsuchungen ............................................................................................................................................................. 529
a) Beschwerde und Gegenvorstellung gegen die Durchsuchungsanordnungen beim Landgericht Hannover ....... 529

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/6700

b) Verfassungsbeschwerde gegen die Durchsuchungsanordnungen ..................................................................... 529
XIX. Verzeichnisse von Personen, die bis zur Durchführung von Durchsuchungen bei Sebastian Edathy am
10. Februar 2014 Kenntnis hatten oder hätten erlangen können ..................................................................... 531
1. Personenverzeichnis in Anlage 1 .................................................................................................................................... 531
2. Personenverzeichnis in Anlage 2 .................................................................................................................................... 532
3. Personenverzeichnis in Anlage 3 .................................................................................................................................... 532

D. Informationserlangung und -weitergabe zum Fall „Edathy“ in der Bundespolitik ......................... 533
I. Am Rande des dritten Sondierungsgespräches zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen am
17. Oktober 2013 in Berlin ................................................................................................................................ 533
1. Kenntniserlangung durch Bundesminister des Innern Dr. Hans-Peter Friedrich ............................................................ 533

a) Rückrufbitte von Staatsekretär Fritsche ............................................................................................................ 533
b) Erstes Telefonat zwischen Bundesminister Dr. Friedrich und Staatssekretär Fritsche ..................................... 534

aa) Zeitpunkt des ersten Telefonats ............................................................................................................... 534
aaa) Nach der Erinnerung des Zeugen Dr. Friedrich ..................................................................................... 534
bbb) Nach der Erinnerung des Zeugen Fritsche ............................................................................................ 535

bb) Inhalt des Telefonats ................................................................................................................................ 535
cc) Bitte um Klärung der strafrechtlichen Relevanz ...................................................................................... 536
dd) Grund für die Unterrichtung des Ministers .............................................................................................. 536
ee) Angeblicher Rat an Bundesminister Dr. Friedrich, den SPD-Vorsitzenden Gabriel zu informieren ....... 538

aaa) Angaben Sts Fritsche vor dem Innenausschuss ..................................................................................... 538
bbb) Aussage des Zeugen Fritsche vor dem Untersuchungsausschuss .......................................................... 539
ccc) Aussage des Zeugen Dr. Friedrich ......................................................................................................... 544

c) Zweites Telefonat zwischen Bundesminister Dr. Friedrich und Staatssekretär Fritsche ................................... 547
2. Unterrichtung des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel ..................................................................................................... 548

a) Gesprächszeitpunkt ........................................................................................................................................... 548
b) Inhalt des Gespräches ....................................................................................................................................... 549
c) Grund Dr. Friedrichs für die Informationsweitergabe an Gabriel ..................................................................... 552

3. Unterrichtung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Frank-Walter Steinmeier ................................................................. 554
a) Grund Gabriels für die Informationsweitergabe ............................................................................................... 554
b) Inhalt der weitergegebenen Informationen ....................................................................................................... 555
c) Diskussion über die Einbeziehung von Thomas Oppermann............................................................................ 556

4. Unterrichtung des Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD-Fraktion Thomas Oppermann ....................... 557
a) Zeitpunkt des Gesprächs ................................................................................................................................... 557
b) Gesprächsinhalt ................................................................................................................................................ 558
c) Keine vorherige Kenntnis Oppermanns ............................................................................................................ 560

5. Telefonat von Thomas Oppermann und BKA-Präsident Jörg Ziercke am 17. Oktober 2013 .......................................... 560
a) Zeitpunkt des Telefonats................................................................................................................................... 561
b) Grund für den Telefonanruf bei Ziercke ........................................................................................................... 562
c) Ablauf und Inhalt des Telefonats ...................................................................................................................... 563
d) Interpretation der Reaktion Zierckes durch Oppermann ................................................................................... 565
e) Kein zweites Telefonat zwischen Oppermann und Ziercke .............................................................................. 566

6. Gespräch zwischen Thomas Oppermann und Dr. Frank-Walter Steinmeier am 17. Oktober 2013 ................................ 567
II. Internationales Seminar an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster vom
16. bis 18. Oktober 2013 ................................................................................................................................... 568
1. Aussage des Zeugen Sebastian Edathy ........................................................................................................................... 568
2. Veranstaltungsablauf laut Programm ............................................................................................................................. 569
3. Informationsstand über den Vorgang Edathy und mögliches Informationshandeln ...................................................... 570

a) BKA-Präsident Ziercke .................................................................................................................................... 570
b) Michael Hartmann ............................................................................................................................................ 572
c) Polizeipräsident Kruse ...................................................................................................................................... 573
d) Präsident des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz Wolfgang Hertinger ...................................................... 573

4. Kommunikation zwischen Edathy und Hartmann am 18. Oktober 2013 ........................................................................ 575
III. Weitere Entwicklung und Geschehnisse bis zum 15. November 2013 .................................................. 576
1. Teilnahme Sebastian Edathys an den Koalitionsverhandlungen in der Unterarbeitsgruppe

„Integration und Migration“ ........................................................................................................................................... 576
a) Ursprünglich für keine Arbeitsgruppe vorgesehen ........................................................................................... 576
b) In der Unterarbeitsgruppe für Frau Prof. Dr. Karakasoglu nachgerückt ........................................................... 577

2. „Karrieregespräch“ Edathys mit Oppermann am 8. November 2013 ............................................................................. 578
a) Gesprächsverlauf .............................................................................................................................................. 578

Drucksache 18/6700 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

b) SMS Edathys im Anschluss an das Gespräch ................................................................................................... 581
IV. BKA-Herbsttagung in Wiesbaden vom 12. bis 13. November 2013 ...................................................... 581
1. Thema ............................................................................................................................................................................. 581
2. Teilnehmer/Teilnehmerinnen ......................................................................................................................................... 581
3. Aussagen von Zeugen ..................................................................................................................................................... 582
V. Im Umfeld des SPD-Bundesparteitags vom 14. bis 16. November 2013 ............................................... 583
1. Vorfeld und Zusammenhang des 15. November 2013 ................................................................................................... 584

a) Feststellungen zum Verhalten des Zeugen Edathy betreffend den Zeitraum 1. bis 10.November 2013 ........... 584
b) Berichterstattung über das kanadische „Project Spade“ und deren Kenntnisnahme durch Sebastian Edathy
und Michael Hartmann ..................................................................................................................................... 584
c) Kenntnisnahme der Meldungen durch Sebastian Edathy und eigene Recherchen Edathys im Internet ............ 586
d) Aussagen Sebastian Edathys über anderweitige Wahrnehmungen ................................................................... 588
e) Kenntnisnahme der medialen Berichterstattung über die Operation durch Michael Hartmann ........................ 589

2. Gespräch zwischen Sebastian Edathy und Michael Hartmann am 15. November 2013................................................. 589
a) Aussage Sebastian Edathys ............................................................................................................................... 589

aa) Gesprächsablauf ....................................................................................................................................... 589
bb) Reaktion Edathys auf dieses Gespräch .................................................................................................... 591

b) Darstellung Michael Hartmanns ....................................................................................................................... 591
aa) Pressemitteilung vom 14. Dezember 2014 ............................................................................................... 591
bb) Aussage des Zeugen Hartmann vor dem Untersuchungsausschuss ......................................................... 592

aaa) Gesprächsverlauf ................................................................................................................................... 592
bbb) Keine Informationserlangung oder -weitergabe an andere Personen durch Hartmann.......................... 593

cc) Sonstige Verlautbarungen von Michael Hartmann .................................................................................. 594
c) Persönliches Verhältnis zwischen Edathy und Hartmann ................................................................................. 594

aa) Darstellung des Zeugen Hartmann ........................................................................................................... 594
aaa) Verhältnis zu Edathy ............................................................................................................................. 594
bbb) Angeblicher Grund Edathys, sich Hartmann anzuvertrauen ................................................................. 595

bb) Darstellung des Zeugen Edathy ............................................................................................................... 595
aaa) Verhältnis zu Hartmann ......................................................................................................................... 595
bbb) Angeblicher Grund Hartmanns, Edathy zu informieren ........................................................................ 596

cc) Vorherige Kontakte zwischen Edathy und Hartmann bis zum SPD-Bundesparteitag ............................. 596
d) Aussagen von Zeugen über das, was diese im Zeitraum zwischen Mitte November 2013 bis
Ende Januar 2014 über das Gespräch zwischen Edathy und Hartmann vom 15. November 2013
gehört haben wollen .......................................................................................................................................... 597

aa) Aussage des Zeugen Nocht ...................................................................................................................... 598
bb) Aussage des Zeugen Schuparis ................................................................................................................ 599
cc) Aussage des Zeugen Noll ........................................................................................................................ 600

e) Aussage des Zeugen Edathy zu Wahrnehmungen am 18. November 2013 in Bezug auf sein Gespräch mit
Hartmann vom 15. November 2013.................................................................................................................. 601

3. Gespräche zwischen Hartmann und Jenssen am 15. November 2013 ........................................................................... 602
a) Darstellung des Gesprächs durch Jens Jenssen ................................................................................................. 602
b) Stellungnahme des Rechtsbeistandes von Michael Hartmann nach Abschluss der Vernehmung des Zeugen
Hartmann .......................................................................................................................................................... 604

4. Google-Suchanfragen ..................................................................................................................................................... 605
5. SMS von Sebastian Edathy an Sigmar Gabriel vom 17. November 2013 ........................................................................ 605

a) Inhalt des SMS-Verkehrs .................................................................................................................................. 605
b) Edathys angebliches Motiv für die SMS........................................................................................................... 606
c) Darstellung Gabriels bezüglich seiner Reaktion auf die SMS .......................................................................... 606

6. Telefonat von Sebastian Edathy mit Bärbel Tewes-Heiseke ........................................................................................... 606
VI. Angebliche Informationsweitergabe am Rande der SPD-Fraktionsvorstandssitzung in Berlin am
18. November 2013 gemäß der Aussage Sebastian Edathys ............................................................................ 607
1. Aussage des Zeugen Edathy, wonach Hartmann berichtet habe, über den Fall mit Oppermann und Dr. Steinmeier

gesprochen zu haben ...................................................................................................................................................... 607
2. Aussage des Zeugen Hartmann....................................................................................................................................... 609
3. Aussagen der Zeugen Dr. Steinmeier und Oppermann, beide hätten nicht mit Hartmann über den Fall gesprochen .. 609
4. Aussage des Zeugen Nocht ............................................................................................................................................. 610
VII. Exkurs: Verlautbarungen und Aussagen zum Gesundheitszustand Sebastian Edathys ........................ 610
1. Verlautbarungen ............................................................................................................................................................. 611

a) Edathy ............................................................................................................................................................... 611
aa) Begründung Mandatsverzicht .................................................................................................................. 611

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/6700

bb) Edathy-Spiegel-Interview vom 17.Februar 2014 ..................................................................................... 611
b) SPD-Fraktionsvorsitzender Oppermann Pressemitteilung vom 13. Februar 2014 ............................................ 611
c) MdB Hartmann Stellungnahme vom 13. Dezember 2014 ................................................................................ 611
d) MdB Lauterbach im ZDF am 18. Dezember 2014............................................................................................ 612
e) MdB Hartmann Schreiben an den 2.Untersuchungsausschuss vom 12. Januar 2015 ....................................... 612

2. Aussagen von Zeugen ..................................................................................................................................................... 612
a) Zeuge Hartmann ............................................................................................................................................... 612
b) Zeuge Edathy .................................................................................................................................................... 616
c) Zeuge Staschen ................................................................................................................................................. 620
d) Zeuge Kahrs...................................................................................................................................................... 620
e) Zeuge Dr. Steinmeier ........................................................................................................................................ 620
f) Zeuge Gabriel ................................................................................................................................................... 621
g) Zeuge Oppermann ............................................................................................................................................ 621
h) Zeugin Lambrecht............................................................................................................................................. 624
i) Zeuge Nocht ..................................................................................................................................................... 626
j) Zeuge Schuparis ............................................................................................................................................... 627
k) Zeugin Tewes-Heiseke ..................................................................................................................................... 629
l) Zeuge Jenssen ................................................................................................................................................... 630
m) Zeuge Noll ........................................................................................................................................................ 631

VIII. Gespräch zwischen Thomas Oppermann und Michael Hartmann ........................................................ 631
IX. Aktivitäten Sebastian Edathys und seines Umfeldes bis zum 9. Dezember 2013 .................................. 633
1. SMS-Kommunikation zwischen Michael Hartmann und Sebastian Edathy .................................................................... 633

a) SMS vom 21./22. November 2013 ................................................................................................................... 633
b) SMS vom 27. November 2013 ......................................................................................................................... 634

2. Unterrichtung von Vertrauten Edathys über den Sachverhalt am 25. November 2013 ................................................. 635
a) Verhältnis Edathys zu den beiden Personen ..................................................................................................... 635
b) Zustandekommen des Gesprächs ...................................................................................................................... 635
c) Inhalt des Gespräches ....................................................................................................................................... 637
d) Reaktionen von Nocht und Schuparis auf die Mitteilung ................................................................................. 639
e) Ratschläge für das weitere Vorgehen ............................................................................................................... 640
f) Weitere Unterrichtung von Nocht und Schuparis in der Folgezeit ................................................................... 642

3. Mandatierung von Rechtsanwalt Noll am 27. November 2013 ...................................................................................... 643
a) Auf Anregung seines ehemaligen Büroleiters................................................................................................... 644
b) Gesprächsinhalte beim ersten Termin ............................................................................................................... 644
c) Überlegungen bezüglich der weiteren Vorgehensweise ................................................................................... 646

4. Erste Überlegungen Edathys hinsichtlich einer vorzeitigen Mandatsniederlegung ........................................................ 646
5. Gespräch von Sebastian Edathy mit Mitarbeiterinnen seines Abgeordnetenbüros in Berlin am 4. Dezember 2013

und der Wahlkreisbüros am 7. Dezember 2013 ............................................................................................................. 647
6. Kommunikation über ein Mobiltelefon mit Prepaid-Karte ............................................................................................. 648

a) Erwerb des Telefons ......................................................................................................................................... 648
b) Sorge Sebastian Edathys vor Abhörmaßnahmen .............................................................................................. 649
c) Weitere Kommunikation auch über die bisherigen Telefone ............................................................................ 650
d) Verlust des PKGr-Mobiltelefons ...................................................................................................................... 651

7. Maßnahmen von Rechtsanwalt Noll ............................................................................................................................... 652
a) Anfragen von Rechtsanwalt Noll bei Staatsanwaltschaften und dem Landeskriminalamt Niedersachsen ....... 652
b) Erste konkrete Hinweise auf ein mögliches Ermittlungsverfahren ................................................................... 654

8. Unterrichtung der Abgeordneten Johannes Kahrs und Petra Ernstberger, dass Sebastian Edathy für keine Position
in der Fraktion zur Verfügung steht ................................................................................................................................ 655

a) Gespräch zwischen Dennis Nocht und Abgeordnetem Johannes Kahrs ........................................................... 655
b) Gespräch von Dennis Nocht mit der Abgeordneten Petra Ernstberger ............................................................. 656

X. Informationsweitergabe durch Thomas Oppermann an seine Nachfolgerin im Amt
Christine Lambrecht nach dem 16. Dezember 2013 .............................................................................. 658
1. Inhalt des Gespräches ..................................................................................................................................................... 658
2. Grund für die Informationsweitergabe ........................................................................................................................... 661
XI. Gespräch zwischen Michael Hartmann und Christine Lambrecht über den Gesundheitszustand
Edathys .................................................................................................................................................. 662
XII. Gespräche und Geschehnisse am Rande der Wahl der Bundeskanzlerin am 17. Dezember 2013 ........ 664
1. Abwesenheit Edathys bei der SPD-Fraktionssitzung mit „Zählappell“ ............................................................................ 664
2. Gespräch zwischen Hartmann und Edathy während der Stimmenauszählung .............................................................. 665

Drucksache 18/6700 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

XIII. Amtsübergabegespräch zwischen Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Maizière und
Dr. Hans-Peter Friedrich am 17. Dezember 2013 .................................................................................. 666
XIV. Gespräche und Aktivitäten Sebastian Edathys und seines Umfeldes bis Ende Dezember 2013 ............ 667
1. Gespräch nach Angaben Sebastian Edathys zwischen ihm und Michael Hartmann im Dezember 2013 ........................ 667

a) Darstellung des Gesprächs aus Sicht Sebastian Edathys, wonach der BKA-Präsident Ziercke der Informant
Hartmanns sei ................................................................................................................................................... 667
b) Darstellung des Zeugen Michael Hartmann ...................................................................................................... 669
c) Aussagen des ehemaligen Präsidenten des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke ............................................... 670
d) Aussagen von Edathys ehemaligen Büroleitern Schuparis und Nocht .............................................................. 670

2. Weitergabe von Informationen an Rechtsanwalt Noll ................................................................................................... 671
a) Mitteilung am 17. Dezember 2013, dass BKA-Präsident Ziercke der Informant sei ........................................ 671
b) Mitteilung im Dezember 2013, dass sich auf der kanadischen Liste der Name eines BKA-Mitarbeiters
befinde .............................................................................................................................................................. 672

3. Treffen mit Michael Hartmann im Restaurant „Volver“ am 18. Dezember 2013 ........................................................... 673
a) Darstellung Sebastian Edathys, dass die Abgeordnete Lambrecht ebenfalls informiert sei .............................. 673
b) Aussage der Zeugin Lambrecht zur vorgetragenen SMS .................................................................................. 674
c) Darstellung Michael Hartmanns, Edathy habe eine längere Krankschreibung erwogen ................................... 674
d) Darstellung Edathys .......................................................................................................................................... 675

4. Telefonat zwischen Rechtsanwalt Noll und Oberstaatsanwalt Klinge am 20. Dezember 2013 ...................................... 675
5. Krankschreibung Sebastian Edathys am 20. Dezember 2013 ......................................................................................... 676
6. Weitere Gespräche Sebastian Edathys ........................................................................................................................... 676

a) Gespräch mit Jens Jenssen am 23. Dezember 2013 .......................................................................................... 676
b) Begegnung mit der Abgeordneten Christine Lambrecht auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes
am 31. Dezember 2013 ..................................................................................................................................... 678
c) Gespräch mit Frau Bärbel Tewes-Heiseke ........................................................................................................ 678

XV. Weitere Entwicklung und Geschehnisse bis zum 27. Januar 2014 ........................................................ 679
1. Gespräche nach Angaben Sebastian Edathys mit Michael Hartmann ............................................................................ 679

a) Angebliches Gespräch mit Michael Hartmann Ende Dezember 2013/Anfang Januar 2014 über den Gang der
Ermittlungsakte zur Staatsanwaltschaft Hannover ............................................................................................ 679
b) Angebliches Gespräch mit Michael Hartmann Anfang Januar 2014, dass BKA-Präsident Ziercke Hartmann
auf dem Laufenden halte .................................................................................................................................. 682

aa) Darstellung Sebastian Edathys ................................................................................................................. 682
bb) Einlassung des Zeugen Ziercke zu seiner angeblichen Motivation .......................................................... 684

2. Teilnahme Edathys am Neujahrsempfang der Lokalzeitung „Die Harke“ am 8. Januar 2014 ......................................... 686
3. Übersendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Edathys an die SPD-Bundestagsfraktion ..................................... 686

a) Eingang des Schreibens am 8. Januar 2014 ...................................................................................................... 686
b) Reaktionen aus der SPD-Fraktion gegenüber Edathy auf die Krankschreibung ............................................... 687
c) Gesprächsthema der Abwesenheit Edathys innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion ........................................ 687

4. Treffen zwischen Michael Hartmann und Dr. de Maizière am 14. Januar 2014 ............................................................. 688
5. Treffen von Michael Hartmann mit dem BKA-Präsidenten Jörg Ziercke am 21. Januar 2014 ........................................ 689

a) Häufigkeit und regelmäßiger Ablauf derartiger Treffen ................................................................................... 689
b) Gesprächsinhalte am 21. Januar 2014 ............................................................................................................... 690
c) Aussage Edathys, Hartmann habe ihn zuvor über das bevorstehende Treffen mit Ziercke informiert ............. 690

6. Angebliches Gespräch von Michael Hartmann mit Heiner Staschen am 25. Januar 2014 .............................................. 691
a) Aussage Sebastian Edathys, Hartmann habe ihm in einem späteren Telefonat berichtet, Staschen habe ihn
bei dieser Veranstaltung auf den Fall Edathy angesprochen ............................................................................. 692
b) Aussage des Zeugen Noll ................................................................................................................................. 693
c) Aussage des Zeugen Staschen, dass über Sebastian Edathy an dem Abend nicht gesprochen worden sei ....... 693
d) Aussage des Zeugen Oppermann, dass er mit seinem Büroleiter nicht über die Verdachtsmomente gegen
Edathy gesprochen habe ................................................................................................................................... 694
e) Aussage des Zeugen Michael Hartmann ........................................................................................................... 694

7. Telefonate zwischen Michael Hartmann und dem Präsidenten des Landeskriminalamtes Rheinland Pfalz Wolfgang
Hertinger im Januar 2014 ............................................................................................................................................... 694

a) Darstellung der Telefonate durch den Zeugen Hertinger .................................................................................. 694
b) Einlassung des Rechtsanwaltes von Michael Hartmann ................................................................................... 696
c) Aussage Sebastian Edathys, Hartmann habe ihm von einem Telefonat mit einem Vertreter des
Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz berichtet .............................................................................................. 696
d) Aussage des Zeugen Noll ................................................................................................................................. 697

XVI. Weitere Entwicklung und Ereignisse bis zur Niederlegung des Bundestagsmandates durch
Sebastian Edathy .............................................................................................................................................. 697

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/6700

1. Besprechung des weiteren Vorgehens bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle am 28. Januar 2014........................... 697
2. Gespräche zwischen Sebastian Edathy und Michael Hartmann ..................................................................................... 697

a) Treffen von Hartmann und Edathy in dessen Wohnung am 28. Januar 2014 ................................................... 697
aa) Aussage Edathys, dass Hartmann ihm eine Mandatsniederlegung nahegelegt habe ................................ 697
bb) Aussage des Zeugen Hartmann, Edathy habe sich entschlossen, den Deutschen Bundestag zu verlassen699
cc) Aussage Oppermanns .............................................................................................................................. 699

b) Angebliches Telefonat mit Michael Hartmann gemäß der Darstellung Sebastian Edathys .............................. 699
aa) Aussage des Zeugen Edathy, Hartmann habe mitgeteilt, die Staatsanwaltschaft werde „alle Register“
ziehen ....................................................................................................................................................... 699
bb) Aussage des Zeugen Hartmann, er habe keine Kenntnis über eine bevorstehende Durchsuchung gehabt701
cc) Aussage des Zeugen Ziercke ................................................................................................................... 701

3. Unterrichtung von Rechtsanwalt Noll am 29. oder 30. Januar 2014 .............................................................................. 701
4. Telefonische Unterrichtung des Bundeskriminalamtes durch die Staatsanwaltschaft Hannover am 31. Januar 2014,

dass Maßnahmen in nächster Zeit wahrscheinlich seien ................................................................................................ 702
5. Mitteilung von Sebastian Edathy, dass er sein Bundestagsmandat niederlegen werde. ................................................ 702

a) Unterrichtung von Michael Hartmann am 4. Februar 2014 .............................................................................. 702
b) Unterrichtung von Dennis Nocht und Jens Jenssen .......................................................................................... 703

6. Notartermin zur Erklärung des Mandatsverzichts am 6. Februar 2014 .......................................................................... 703
7. Abgabe der den Mandatsverzicht beinhaltenden Urkunde beim Präsidenten des Deutschen Bundestages am

7. Februar 2014 ............................................................................................................................................................... 704
8. Bekanntgabe seiner Mandatsniederlegung gegenüber der Öffentlichkeit durch Sebastian Edathy am 8. Februar 2014705
9. Kommunikation mit Sebastian Edathy unmittelbar nach seiner Bekanntgabe des Mandatsverzichts ........................... 706

a) SMS des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann vom 8. Februar 2014 ............................................ 706
b) SMS-Austausch zwischen Michael Hartmann und Sebastian Edathy............................................................... 707
c) SMS vom SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel .......................................................................................... 709

XVII. Weitere Entwicklung bis zum 11. Februar 2014 .................................................................................... 710
1. Ereignisse im Umfeld oder im Zusammenhang mit den Durchsuchungsmaßnahmen bei Sebastian Edathy ................. 710

a) Durchsuchungsmaßnahmen bei Sebastian Edathy am 10. Februar 2014 .......................................................... 710
b) Bekanntwerden der Durchsuchungsmaßnahmen in der Bundespolitik am 10. Februar 2014 ........................... 711

aa) Kenntnisnahme durch Thomas Oppermann und seinen Büroleiters Heiner Staschen .............................. 711
bb) Kenntnisnahme durch Christine Lambrecht ............................................................................................. 712
cc) Kenntnisnahme durch Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Maizière ........................................... 713

c) SMS von Michael Hartmann an Jens Jenssen vom 10. Februar 2014 ............................................................... 714
d) Berichterstattung in der Online-Ausgabe der Lokalzeitung Die Harke vom 10. Februar 2014 ........................ 714
e) SMS von Sebastian Edathy an Michael Hartmann mit Screenshot des Artikels der Harke .............................. 714
f) Erklärung des Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann vom 11. Februar 2014 .......... 715
g) Erklärung der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion
Christine Lambrecht vom 11. Februar 2014 ..................................................................................................... 715
h) Telefonat zwischen Heiner Bartling und Sebastian Edathy .............................................................................. 715

2. Gespräch zwischen Bundesminister des Innern Dr. de Maizière und Staatssekretär Fritsche am 11. Februar 2014 ..... 717
XVIII. Presseerklärung von Thomas Oppermann vom 13. Februar 2014 ........................................................ 718
1. Wortlaut der Presserklärung .......................................................................................................................................... 718
2. Zustandekommen der Presseerklärung .......................................................................................................................... 718

a) Pressemeldungen und -anfragen vom 12. Februar 2013 ................................................................................... 718
b) Formulierung einer Presseerklärung am 12. Februar 2014 ............................................................................... 720

aa) Erstellung mehrerer Entwurfsfassungen .................................................................................................. 720
bb) Unterrichtung von in der Presseerklärung genannten Personen über die beabsichtigte Veröffentlichung 722

aaa) Unterrichtung des SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel .................................................................. 723
bbb) Unterrichtung von Dr. Frank-Walter Steinmeier ................................................................................... 724
ccc) Unterrichtung des Bundesministers Dr. Hans-Peter Friedrich ............................................................... 725
ddd) Unterrichtung von Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Maizière .............................................. 729
eee) Unterrichtung von Christine Lambrecht ................................................................................................ 731
fff) Unterrichtung von Michael Hartmann .................................................................................................... 732
ggg) Versuchte Kontaktaufnahme mit BKA-Präsidenten Ziercke am 12. Februar 2014 ............................... 734

cc) Freigabe der endgültigen Fassung und Veröffentlichung der Presseerklärung ........................................ 735
3. Pressehintergrundgespräch von Thomas Oppermann am 12. Februar 2014 ................................................................. 736
4. Angebliche Unterrichtung Edathys durch Hartmann am 12. Februar 2014 .................................................................... 737
5. Kenntnisnahme von der Presseerklärung und Reaktion des BKA-Präsidenten Ziercke .................................................. 738

a) Gespräch zwischen Ziercke und Leitendem Regierungsdirektor Braß ............................................................. 739
b) Gesprächstermin von BKA-Präsidenten Ziercke bei Bundeminister des Innern Dr. de Maizière ..................... 740

Drucksache 18/6700 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

c) Kenntniserlangung von der Presserklärung Oppermanns durch Ziercke .......................................................... 741
d) Stellungnahme des BKA-Präsidenten Ziercke .................................................................................................. 744

6. Bild Online-Artikel vom 13. Februar 2014 ....................................................................................................................... 744
7. Interview der Bild am Sonntag mit Thomas Oppermann am 16. Februar 2014 ............................................................. 744
XIX. Rücktritt von Bundesminister Dr. Friedrich am 14. Februar 2014 ......................................................... 745
XX. Telefonat zwischen Sebastian Edathy und Burkhard Lischka am 24. Februar 2014 .............................. 746
XXI. Anfrage des Rechtsbeistands von Michael Hartmann an den Rechtsbeistand von Sebastian Edathy im Juli
2014 ............................................................................................................................................................... 749

Dritter Teil – Bewertungen des Untersuchungsausschuss ........................................................................... 753
A. Die Operation Selm im BKA ..................................................................................................................... 754
I. Gesamtdauer des Verfahrens ..................................................................................................................... 755

1. Großes Umfangverfahren ............................................................................................................................................... 755
2. Priorisierungsentscheidungen innerhalb des BKA ......................................................................................................... 756

II. Zusammenarbeit des BKA mit der Staatsanwaltschaft.......................................................................... 757
III. Der Fall Edathy innerhalb der OP Selm ................................................................................................ 758
B. Weitergabe von Informationen über den Vorgang „Edathy“ ................................................................ 760
I. Informationshandeln zum Vorgang „Edathy“ innerhalb der Strafverfolgungsbehörden.................... 760

1. BKA und ZIT ..................................................................................................................................................................... 760
2. Niedersachsen ................................................................................................................................................................ 761

a) Justiz ...................................................................................................................................................................... 761
b) Polizei .................................................................................................................................................................... 763

II. Informationshandeln zwischen BKA und Bundesministerium des Innern .......................................... 764
III. Informationshandeln in der Bundespolitik ............................................................................................ 765

1. Von Minister Dr. Friedrich zum SPD-Parteivorsitzenden Gabriel .................................................................................. 766
2. Informationsfluss innerhalb der SPD-Spitze .................................................................................................................. 766
3. Keine Kommunikation mit dem Abgeordneten Hartmann über den Fall Edathy ......................................................... 769
4. Unmittelbare Kommunikation mit Herrn Edathy .......................................................................................................... 770

IV. Warnung an Herrn Edathy?.................................................................................................................... 771
1. „Warnung“ durch Herrn Edathys eigenes Wissen und eigene Recherchen .................................................................. 771
2. Warnung durch Herrn Hartmann? ................................................................................................................................. 772

a) Sich widersprechende Darstellungen der Zeugen Edathy und Hartmann ........................................................... 772
b) Keine belastbaren Erkenntnisse aus dem SMS-Austausch zwischen Herrn Edathy und Herrn Hartmann ......... 773
c) Von Herrn Edathy benannte Zeugen ..................................................................................................................... 774
d) Keine Bestätigung der angeblich kontinuierlichen Unterrichtung über den Gang der Akte ............................... 777

3. Informationsbeschaffung durch den eigenen Anwalt ................................................................................................... 778
4. Weitere mögliche Quellen: Zahllose „Eingeweihte“ in Niedersachsen und andernorts .............................................. 779
5. Kurzfristige Warnung vor der Durchsuchung? ............................................................................................................... 779

C. Behandlung des Falls des Beamten „X“ ................................................................................................... 780
Vierter Teil - Sondervoten .............................................................................................................................. 783
Sondervotum der Berichterstatter der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
Abgeordneter Frank Tempel und Abgeordnete Irene Mihalic, im 2. Untersuchungsausschuss ............. 783

1. Der Edathy-BKA-Untersuchungsausschuss war notwendig ........................................................................................... 785
2. Verfahrens-und Feststellungsteil des Ausschussberichtes im Konsens, Bewertungsteil der Koalitionsmehrheit

unzureichend .................................................................................................................................................................. 785
3. Strategie von Bundesregierung und Koalition gescheitert ............................................................................................ 786
4. SPD: Obstruktion und Blockade statt Aufklärung ......................................................................................................... 786
5. Edathy wurde informiert ................................................................................................................................................ 788

a) 15. November 2013 ................................................................................................................................................ 788
b) Folgezeit ................................................................................................................................................................. 791
c) Hartmann als Quelle Edathys – Ziercke als Quelle Hartmanns? ............................................................................. 792

aa) Kontakte .......................................................................................................................................................... 792
bb) Mangelnde Glaubhaftigkeit und mangelnde Glaubwürdigkeit ....................................................................... 793

6. Keine Frage, keine Antwort: Anruf Oppermann-Ziercke ............................................................................................... 794
7. Grundrechtsverletzung durch Datenübermittlung ........................................................................................................ 795

a) Rechtswidrige Datenübermittlung ......................................................................................................................... 796

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/6700

aa) BKA als Zentralstelle ........................................................................................................................................ 796
bb) BKA als Polizeibehörde .................................................................................................................................... 797

b) Aufsichtsrecht und Berichtserlass keine Rechtfertigung ........................................................................................ 798
c) Reformbedarf ......................................................................................................................................................... 798

8. BKA hielt rechtswidrig ermittlungsrelevantes Wissen gegenüber der Staatsanwaltschaft zurück ............................ 799
a) Keine Unterrichtung über Kenntnis der SPD-Spitze ............................................................................................... 799
b) Unzureichende Unterrichtung über Verteilung Erkenntnisanfrage ....................................................................... 800
c) Unzureichende Unterrichtung über geplante Presseaktivität ................................................................................ 800
d) Keine Unterrichtung über weitere Niedersachsen-Fälle ........................................................................................ 801

9. Mängel bei der Bearbeitung der OP Selm im BKA ......................................................................................................... 801
a) Unklarheit über die Aufgabengrundlagen des BKA ................................................................................................ 801
b) Einzelpunkte ........................................................................................................................................................... 802

aa) Dauer ............................................................................................................................................................... 802
bb) Beweismittelsicherheit .................................................................................................................................... 803
cc) Politische Bildung ............................................................................................................................................. 803
dd) Mängel beim Informationsmanagement ........................................................................................................ 803
ee) Datenwiederherstellbarkeit............................................................................................................................. 803

10. Erinnerungsschwacher Geheimdienstkoordinator oder: Einer sagt die Unwahrheit ................................................. 803
11. Geheimnisverrat eines Bundesinnenministers ............................................................................................................ 804
12. Niedersachsen .............................................................................................................................................................. 805

a) Staatsanwaltschaft Hannover wurde „künstlich dumm gehalten“ ........................................................................ 805
b) Landesregierung und Polizei: Keine Erkenntnisse .................................................................................................. 806

13. Beamter X: Weicher Fall und schlampiges Verfahren ................................................................................................. 807
a) Zuständigkeit, Datenweitergabe, fehlende Durchsuchung .................................................................................... 807
b) Mängel im Disziplinarverfahren ............................................................................................................................. 807

14. Zum Verfahren des Untersuchungsausschusses .......................................................................................................... 808
15. Anhänge ........................................................................................................................................................................ 810

Anhang A – Prof. Dr. Ralf Poscher, Stellungnahme auf Grundlage des Beweisbeschlusses 18(27)16, September 2014
(Ausschuss-Drucksache 39) ........................................................................................................................................ 810
Anhang B – Prof. Dr. Ralf Poscher, Gutachten zu Datenübermittlungspflichten des Bundeskriminalamtes und des
Bundesministers des Innern im Zusammenhang mit dem Vorgang betreffend den Abgeordneten Edathy, im Auftrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Juli 2015 (MAT B – B 90/DIE GRÜNEN 18(27)-1) ........................................ 843
Anhang C – Bericht der Staatsanwaltschaft Berlin vom 16. Juni 2014 zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens
betreffend BM a. D. Dr. Friedrich ............................................................................................................................... 878
Anhang D – Kontakte BKA zur Generalstaatsanwaltschaft Ffm-ZIT und zur Staatsanwaltschaft Hannover vom 15.
Oktober 2013 bis 31. Januar 2014 (Auszug aus BKA-Chronologie MAT A BKA 18(27)1-3, Bd. 201, Bl. 130ff.) ........... 882

Fünfter Teil – Übersichten und Verzeichnisse ............................................................................................. 887
5.1. Verzeichnisse der Ausschussdrucksachen ............................................................................................ 887
5.2. Verzeichnisse der Materialien................................................................................................................ 904
5.3. Übersicht: Verlauf der Beweiserhebung ............................................................................................... 911
5.4. Verzeichnisse der öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzungen zur Beweisaufnahme
(geheimschutzrechtlich eingestufte Sitzungsteile sind nicht erfasst) .................................................. 930
5.5. Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................................... 935
5.6. Anlagen .................................................................................................................................................... 944

Drucksache 18/6700 – 24 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Erster Teil:
Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Gang der Untersuchung

A. Vorgeschichte, parlamentarisches Einsetzungsverfahren, Untersuchungsauftrag und Konstituie-
rung des Untersuchungsausschusses

I. Vorgeschichte

1. Bekanntwerden der Niederlegung des Mandats durch Sebastian Edathy am 8. Februar 2014 und Durch-
suchungsmaßnahmen gegen Sebastian Edathy am 10. und 12. Februar 2014

Am 8. Februar 2014 informierte der damalige SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy die Öffentlichkeit

darüber, dass er sich aus gesundheitlichen Gründen dazu entschieden habe, sein Bundestagsmandat niederzule-

gen.1 Bereits am Tag zuvor hatte Sebastian Edathy seinen Mandatsverzicht schriftlich dem Präsidenten des

Deutschen Bundestages übermittelt. Am 10. und am 12. Februar 2014 durchsuchte die niedersächsische Polizei

Wohnungen und Büroräume von Sebastian Edathy in Rehburg-Loccum, Nienburg, Stadthagen und Berlin. Am

12. und am 13. Februar 2014 verdichteten sich Presseberichte, wonach staatsanwaltschaftliche Ermittlungen

gegen Sebastian Edathy wegen des Verdachts des Besitzes von kinderpornografischem Material2 beziehungs-

weise des Besitzes von Filmen und Fotos mit Nacktaufnahmen unbekleideter Kinder eingeleitet worden seien.3

2. Presseerklärungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann, der Ersten Parlamentarischen
Geschäftsführerin der SPD-Fraktion Christine Lambrecht und des BKA-Präsidenten Jörg Ziercke vom
13. Februar 2014

Am 13. Februar 2014 veröffentlichte der SPD-Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, Thomas Opper-

mann, eine Pressemitteilung mit dem Titel „Thomas Oppermann zu Sebastian Edathy“.4 Die Erste Parlamenta-

rische Geschäftsführerin der Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag, Christine Lambrecht, veröffentlichte

am 13. Februar 2014 eine Pressemitteilung unter der Überschrift „Christine Lambrecht zu Sebastian Edathy“.5

Ebenfalls am 13. Februar 2014 veröffentlichte das Bundeskriminalamt eine Pressemitteilung mit dem Titel

„BKA-Präsident Ziercke nimmt Stellung“.6

1 „Gesundheitliche Gründe: Innenexperte Edathy zieht sich aus Bundestag zurück“, in Spiegel-Online, 8. Februar 2014, http://www.spiegel.de/po-
litik/deutschland/sebastian-edathy-spd-politiker-zieht-sich-aus-bundestag-zurueck-a-952289.html, Stand 1. September 2015.

2 "Neue Spuren im Fall von Sebastian Edathy", in Die Welt, 13. Februar 2014, S. 4; "Der Fall Edathy", in Frankfurter Rundschau, 12. Februar
2014, S. 4.

3 „Fragen an Staatsanwalt wegen Durchsuchung bei Edathy“, in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. Februar 2014 S. 2; „Unbekleidet, aber nicht
illegal“, Süddeutsche Zeitung, 13. Februar 2014, S. 5; Bild-Zeitung, 13. Februar 2014, S. 2.

4 „Thomas Oppermann zu Sebastian Edathy", http://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/thomas-oppermann-zu-sebastian-edathy, zu-
letzt abgerufen am 29. Oktober 2015.

5 „Christine Lambrecht zu Sebastian Edathy", http://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/christine-lambrecht-zu-sebastian-edathy, zu-
letzt abgerufen am 29. Oktober 2015.

6 „BKA-Präsident Ziercke nimmt Stellung", http://www.bka.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Presse2014/140213__StellungnahmeZiercke.html,
zuletzt abgerufen am 29. Oktober 2015.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25 – Drucksache 18/6700

3. Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Hannover zu den Ermittlungen gegen Sebastian Edathy am 14.
Februar 2014

Die Staatsanwaltschaft Hannover bestätigte im Rahmen einer Pressekonferenz am Morgen des 14. Februar 2014

den bereits in den Tagen seit Bekanntwerden der Durchsuchungsmaßnahmen in der öffentlichen Berichterstat-

tung genannten Verdacht, wonach Sebastian Edathy über den Onlineshop eines kanadischen Unternehmens

Filme und Fotos unbekleideter Jungen bestellt habe.7 Die Staatsanwaltschaft Hannover hob im Rahmen der

Pressekonferenz hervor, dabei handle es sich jedenfalls um Material an der Grenze zur strafbaren Kinderporno-

grafie. Wie zahlreiche andere Staatsanwaltschaften auch gehe die Staatsanwaltschaft Hannover davon aus, dass

Besitzer von Material, wie es von Sebastian Edathy bestellt worden sei, im Regelfall auch im Besitz strafbaren

Materials seien. Die entsprechenden Kundendaten des kanadischen Unternehmens mit den Namen von rund 800

Bestellern aus Deutschland seien dem Bundeskriminalamt von kanadischen Behörden im Jahr 2012 zur Verfü-

gung gestellt worden. Der Staatsanwaltschaft Hannover seien die Ermittlungsakten Ende Oktober 2013 zugelei-

tet worden.8

4. Rücktritt von Dr. Hans-Peter Friedrich vom Amt des Bundesministers für Landwirtschaft und Ernährung
am 14. Februar 2014

Die öffentliche Berichterstattung zur Causa „Edathy“ bezog sich nach der Veröffentlichung der Pressemitteilung

des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann vom 13. Februar 2014 auch auf die dort mitgeteilte Infor-

mationsweitergabe des damaligen Bundesministers des Innern, Dr. Hans-Peter Friedrich, an den SPD-Vorsit-

zenden Sigmar Gabriel und dessen darauf folgende Unterrichtung von Dr. Frank-Walter Steinmeier und Thomas

Oppermann.9 Wesentlichen Raum nahm dabei die rechtliche und politische Bewertung dieser Informationswei-

tergabe ein.10

Am Nachmittag des 14. Februar 2014 erklärte Dr. Hans-Peter Friedrich seinen Rücktritt vom Amt des Bundes-

ministers für Landwirtschaft und Ernährung, das er seit dem 17. Dezember 2015 bekleidet hatte.11 Dr. Friedrich

machte deutlich, die Information Sigmar Gabriels durch ihn im Oktober 2013 sei weder politisch noch rechtlich

zu beanstanden. Der Druck auf ihn sei allerdings derart angewachsen, dass er sein Amt als Bundesminister nicht

mehr mit Konzentration und Ruhe, aber auch nicht mehr mit der notwendigen politischen Unterstützung ausüben

könne.12

7 Reuters-Agenturmeldung, 14. Februar 2014, 11.32 Uhr.
8 Eine Videoaufzeichnung der Pressekonferenz ist abrufbar unter https://www.youtube.com/watch?v=l8-O5uot-Yk, zuletzt abgerufen am 1. Sep-

tember 2015.
9 "Friedrich informierte Gabriel im Oktober über Verdacht gegen Edathy", Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. Februar 2014, S. 1; "Fall Edathy

belastet Bundesregierung", Süddeutsche Zeitung, 14. Februar 2014, S. 1.
10 "SPD-Eingeständnis bringt Friedrich in Bedrängnis", DIE WELT, 14. Februar 2014, S. 4; "Der Abgrund von Fragen", Süddeutsche Zeitung, 14.

Februar 2014, S. 4.
11 Ein Videomitschnitt der Erklärung von Dr. Friedrich ist abrufbar unter http://www.spiegel.de/video/fall-edathy-landwirtschaftsminister-fried-

rich-erklaert-ruecktritt-video-1327802-iframe.html, zuletzt abgerufen am 1. September 2015.
12 DIE WELT, 15. Februar 2014, S. 1.

https://www.youtube.com/watch?v=l8-O5uot-Yk
http://www.spiegel.de/video/fall-edathy-landwirtschaftsminister-friedrich-erklaert-ruecktritt-video-1327802-iframe.html
http://www.spiegel.de/video/fall-edathy-landwirtschaftsminister-friedrich-erklaert-ruecktritt-video-1327802-iframe.html
Drucksache 18/6700 – 26 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

5. Aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag am 19. Februar 2014 und Beratungen des Innenausschusses im
Februar, März und April 2014

Am 19. Februar 2014 befasste sich der Deutsche Bundestag im Rahmen einer Aktuellen Stunde mit dem „Um-

gang in der Bundesregierung und im Deutschen Bundestag mit den Vorwürfen gegen Sebastian Edathy“.13

Der Innenausschuss des Deutschen Bundestages beriet eine mögliche Weitergabe von Informationen zu Sebas-

tian Edathy im Zusammenhang mit Ermittlungen im Deliktsbereich Kinderpornografie in den Monaten Februar

bis April 2014 in seiner 4. Sitzung am 19. Februar 2014, in seiner 5. Sitzung am 19. Februar 2014, in seiner

6. Sitzung am 21. Februar 2014, in seiner 7. Sitzung am 12. März 2014 und in seiner 9. Sitzung am 2. April

2014. Im Rahmen dieser Beratungen ließ sich der Innenausschuss durch die Bundesminister Dr. Thomas de

Maizière (CDU), Sigmar Gabriel (SPD) und Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD), den Präsidenten des Bundes-

kriminalamtes, Jörg Ziercke, Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, die Abgeordneten Thomas Oppermann

(SPD) und Christine Lambrecht (SPD), die Niedersächsische Justizministerin, Antje Niewisch-Lennartz

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), den Leiter der Staatsanwaltschaft Hannover, Leitender Oberstaatsanwalt Dr.

Jörg Fröhlich, den Leiter der Generalstaatsanwaltschaft Celle, Generalstaatsanwalt Dr. Frank Lüttig sowie

durch zahlreiche mit Vorgängen zu Sebastian Edathy befasste BKA-Beamtinnen und -Beamte – zum Teil mehr-

mals – unterrichten. Mit Schreiben vom 19. März 2014 hat der Vorsitzende des Innenausschusses (im Einver-

nehmen mit den Obleuten des Innenausschusses) der Staatsanwaltschaft Berlin im Hinblick auf Ermittlungen

gegen den ehemaligen Bundesminister des Innern Dr. Hans-Peter Friedrich wegen Weitergabe von Informati-

onen im Fall des ehemaligen Abgeordneten Edathy und die Thematisierung dieses Komplexes in den Beratungen

des Innenausschusses die Wortprotokolle der Sitzungen des Innenausschusses vom 19. und 21. Februar 2014

zur Kenntnis übersandt.14

6. Bekanntwerden des Falles des BKA-Beamten „X“ Ende Februar 2014

Am 28. Februar 2014 berichtete das Nachrichtenportal SPIEGEL ONLINE, dass auch ein Beamter des Bundes-

kriminalamtes zu den Kunden des kanadischen Versandhändlers, bei dem Sebastian Edathy Filme und Fotos

unbekleideter Jungen bestellte, gehört habe. Dieser Beamte sei bereits Anfang 2012 auf der Kundenliste entdeckt

worden. Ein gegen diesen Beamten eingeleitetes Strafverfahren sei bereits abgeschlossen. Der Beamte habe

Ende 2012 einen gegen ihn ergangenen Strafbefehl akzeptiert. Die Behandlung des Falles dieses BKA-Beamten

war Gegenstand der Beratungen des Innenausschusses in dessen 7. Sitzung am 12. März 2014 und in dessen

9. Sitzung am 2. April 2014.15

13 Plenarprotokoll 18/16, Zusatztagesordnungspunkt 1, S. 1179 B bis 1192 B.
14 MAT A-Ber 18(27)5-1, Staatsanwaltschaft Berlin 276/Js 380/14, Beistück „Protokolle Sitzungen Innenausschuss“, Bl. 3, Übersendungsschrei-

ben des Vorsitzenden des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom 19. März 2014.
15 „Fall Edathy: Auch BKA-Spitzenbeamter stand auf Kinderporno-Kundenliste", Spiegel-Online, 28. Februar 2014, http://www.spiegel.de/poli-

tik/deutschland/bka-spitzenbeamter-befand-sich-auf-edathy-liste-a-956362.html, zuletzt abgerufen am 01. September 2015.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27 – Drucksache 18/6700

7. Kleine Anfragen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 3. März 2014 zum „Fall Edathy“

Ebenfalls während der Zeit der Beratungen im Innenausschuss richteten die Abgeordneten Irene Mihalic, Dr.

Konstantin von Notz, Luise Amtsberg, weitere Abgeordnete und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am

3. März 2014 auf Bundestags-Drucksache 18/713 eine Kleine Anfrage mit dem Titel „Offene Fragen zu den

Ermittlungen des Bundeskriminalamtes im Fall ‚Edathy‘ vor allem unter dem Aspekt der Organisationsabläufe

und Personalstrukturen“ an die Bundesregierung, auf welche die Bundesregierung am 26. März 2014 auf Druck-

sache 18/931 eine Antwort vorlegte. Eine weitere Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck, Renate Künast,

Irene Mihalic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 3. März 2014 auf

Bundestagsdrucksache 18/731 mit dem Titel „ Rechtslage hinsichtlich der Weitergabe von personenbezogenen

Daten im Fall ‚Edathy‘“ wurde von der Bundesregierung am 25. März 2014 auf Drucksache 18/916 beantwortet.

8. Daten- und Akten-Moratorium

Mit Schreiben vom 10. April 2014 baten die Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Abgeord-

nete Katrin Göring-Eckardt und die Abgeordnete Irene Mihalic den Bundesminister des Innern um ein „Schred-

der-Moratorium“ im Hinblick auf den vorgesehenen Untersuchungsausschuss zur „Causa BKA/Edathy“. Staats-

sekretärin im Bundesministerium des Innern Dr. Haber teilte mit Schreiben vom 5. Mai 2014 mit, es sei am

11. April 2014 veranlasst worden, dass zur Unterstützung der Aufklärungsarbeit eines solchen Untersuchungs-

ausschusses im Bundesministerium des Innern und im Bundeskriminalamt keine Daten und Akten gelöscht bzw.

vernichtet werden, die einen Bezug zum sich abzeichnenden Untersuchungsausschuss haben könnten. Der Vor-

sitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages erhielt einen Abdruck dieser Antwort.

II. Parlamentarisches Einsetzungsverfahren und Untersuchungsauftrag des 2. Untersu-
chungsausschusses

1. Einsetzungsantrag

Am 21. Mai 2014 beantragten Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln),

Frank Tempel, Jan Korte, Ulla Jelpke, Martina Renner und weitere Abgeordnete der Fraktionen DIE LINKE.

und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 18/1475 die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses des

Deutschen Bundestages (im Folgenden: Einsetzungsantrag). Dieser Einsetzungsantrag hatte folgenden Wortlaut:

„Der Bundestag wolle beschließen:

A. Einsetzung

I. Es wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt.

Drucksache 18/6700 – 28 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

II. Der Untersuchungsausschuss soll aus 6 Mitgliedern und entsprechend vielen Stellvertretern
bestehen.

B. Auftrag

I. Der Untersuchungsausschuss soll bezüglich der aus Kanada im Rahmen der dortigen Operation
‚Spade‘ stammenden Daten aus Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Erwerb und/oder Besitz
von Kinder- und Jugendpornographie aufklären,

a) den Gang und die Gründe für die lange Dauer des entsprechenden Verfahrens in Deutschland
(sogenannte Operation ‚Selm‘) beim Bundeskriminalamt (BKA), auch im Zusammenwirken mit Stel-
len der Länder,

b) das Informationshandeln und die Datenweitergaben, insbesondere zum Fall des ehemaligen
Mitglied des Bundestages Sebastian Edathy, aus diesem Verfahren an die Bundesregierung, innerhalb
der Bundesregierung und an Dritte sowie die Weitergabe dieser Daten durch die Dritten an weitere
Personen,

c) die Behandlung des Falles des Beamten des BKA (‚X‘), dessen Namen sich unter den übermit-
telten Daten der Operation ‚Spade/Selm‘ befand.

II. Der Untersuchungsausschuss soll hierzu insbesondere klären,

a)

– ob und inwieweit das BKA wann in die kanadische Operation ‚Spade‘ eingebunden war;

– ob und ggf. warum das BKA nicht darauf hingewirkt hat, dass konkrete Ermittlungsmaßnah-
men durchgeführt wurden (z. B. Durchsuchungen), bevor mögliche Täter aus der Presse und dem
Internet oder von Dritten (z. B. Berichterstattung über die kanadische Operation ‚Spade‘) von einem
drohenden Ermittlungsverfahren erfahren konnten;

– welche Priorisierung die Operation ‚Selm‘ gegenüber anderen laufenden Verfahren beim BKA durch
wen und wie begründet erfahren hat;

– wann und auf welcher Rechtsgrundlage eine Absprache mit der Generalstaatsanwaltschaft
Frankfurt am Main über den Umgang und das weitere Verfahren mit den Daten der Operation
‚Spade/Selm‘ erfolgte;

– welche organisatorischen und konzeptionellen Veränderungen im BKA nötig sind, um zukünf-
tig Verfahren angesichts der Kriminalitätsentwicklung in dem Bereich Kinder- und Jugendpornogra-
phie schnellst möglich zu bearbeiten;

– welche rechtlichen Änderungen nötig sind, um die Aufgaben des BKA effektiv und klarer zu
gestalten;

b)

– ob und gegebenenfalls wann und durch wen der damalige Bundestagsabgeordnete Sebastian
Edathy aufgrund des Informationshandelns bzw. der Datenweitergabe der Bundesregierung oder ein-
zelner ihrer Mitglieder sowie möglicher Datenweitergaben an Dritte von den Ermittlungen und ein-
zelnen Ermittlungsschritten der Staatsanwaltschaft erfahren hat;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29 – Drucksache 18/6700

– wann welche Maßnahmen von welcher staatlichen Stelle zum Zugriff auf Verbindungsdaten
und Inhaltsdaten des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy auf Computern und Ser-
vern des Bundestages mit welchen Ergebnissen eingeleitet wurden;

– wer in welchem Umfang und wann Informationen darüber haben konnte und hatte, dass der
Name Sebastian Edathy im Zusammenhang mit den Ermittlungen der Operation ‚Spade/Selm‘ stand;

– ob, wann, wie oft und mit welcher genauen Aufgaben- und Zielstellung die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter, die auf die Daten der Operation ‚Selm‘ Zugriff hatten, die Daten bearbeiteten und
Kenntnis von dem Namen Sebastian Edathy hatten;

– wie die Daten und Datensysteme gesichert sind und ob es hinsichtlich der Daten der Operation
‚Spade/Selm‘ jeweils Zugriffe jenseits berechtigter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben konnte
bzw. gab und

– inwiefern die Dateneingabe, -vorhalte und -zugriffe in diesen Daten und Datensystemen gere-
gelt und protokolliert werden;

– wer, in welchem Umfang und wann Zugriff auf den Vorgang ‚Sebastian Edathy‘ bei den vom
BKA geführten einschlägigen Daten und Datensystemen haben konnte und hatte;

– welche rechtlichen und tatsächlichen Änderungen notwendig sind, um bei der Anwendung von
Daten und Datensystemen die Vorgaben des Datenschutzes und effektive Arbeitsstrukturen zu ge-
währleisten;

– welche bereichsspezifischen Regelungen im Hinblick auf die Übermittlung/Informationswei-
tergabe personenbezogener Daten nötig sind, um eine hinreichend bestimmte und normenklare rechts-
sichere Anwendung im Rahmen des geltenden Datenschutzes zu gewährleisten;

c)

– ob, wann und durch wen jeweils die Bundesregierung, das Kanzleramt, das Innenministerium
und ihnen nachgeordnete Stellen bzw. deren jeweilige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter davon Kennt-
nis erhielten, dass sich der Name eines Beamten des BKA (‚X‘) unter den aus der Operation
‚Spade/Selm‘ stammenden Daten befand und welche konkreten Informationen zu diesem Zweck auf
welcher Rechtsgrundlage übermittelt wurden;

– wann zwischen wem Absprachen getroffen wurden über welche dienst-, disziplinar- und straf-
rechtlichen Maßnahmen und zu welchem Zeitpunkt sie gegenüber dem Beamten des BKA (‚X‘) ein-
geleitet, durchgeführt und abgeschlossen wurden;

– ob und gegebenenfalls wann und durch wen der Beamte des BKA (‚X‘) und andere Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter staatlicher Behörden von den Daten der Operation ‚Selm‘ erfuhren oder diese
einsehen konnten bzw. einsahen;

– ob im Zusammenhang mit der Operation ‚Selm‘ gegen weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
ter des BKA und anderer Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder ermittelt wurde und wird;

– ob der Beamte des BKA (‚X‘) durch seine Zugehörigkeit zur Abteilung ‚Schwere und organi-
sierte Kriminalität‘ und seine langjährige Tätigkeit beim BKA Informationen und Daten, die im Zu-
sammenhang mit Verfahren zu Kinder- und Jugendpornographie standen, weitergab bzw. für sich oder
andere nutzte;

Drucksache 18/6700 – 30 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– welche Kontroll- und Sicherheitsmaßnahmen existieren, um zu verhindern, dass in Behörden
vorgehaltene Daten zu Kinder- und Jugendpornographie zu anderen als zu Ermittlungszwecken ver-
wendet werden.“

2. Beratung des Einsetzungsantrags

Im Rahmen der 1. Lesung des Einsetzungsantrags in der 26. Sitzung des Deutschen Bundestages am 22. Mai

2014 unterstrich die Abgeordnete Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), die Behandlung einer mögli-

chen Weitergabe von Informationen zu Sebastian Edathy im Zusammenhang mit Ermittlungen im Deliktsbe-

reich Kinderpornografie im Innenausschuss hätten weder Transparenz noch Aufklärung gebracht. Deshalb sei

ein Untersuchungsausschuss zur schnellen und gründlichen Aufklärung geboten.16 Abgeordneter Armin Schus-

ter (Weil am Rhein) (CDU/CSU) hob hervor, der Einsetzungsantrag sei „eigentlich gar nicht behandlungsfähig“.

Aus Respekt vor den parlamentarischen Rechten der einbringenden Abgeordneten werde seine Fraktion aber

nicht gegen den Einsetzungsantrag stimmen. Er erwarte jedoch Korrekturen und Ergänzungen des Untersu-

chungsauftrags im Zuge der Ausschussberatungen.17 Abgeordneter Frank Tempel (DIE LINKE.) betonte die

Pflicht des Parlaments, die Exekutive zu kontrollieren. Er erklärte, in den Sitzungen des Innenausschusse seien

neue Fragen unter anderem zur Rolle des Bundesministeriums des Innern und des Bundeskriminalamtes aufge-

worfen worden, die ein Untersuchungsausschuss klären solle.18 Abgeordneter Uli Grötsch (SPD) betonte, ein

Untersuchungsausschuss sei nicht notwendig. Gegebenenfalls noch offene Detailfragen könnten in weiteren Sit-

zungen des Innenausschusses geklärt werden. Jedenfalls enthalte der Einsetzungsantrag „handwerkliche Fehler“.

Ein Untersuchungsausschuss müsse jedenfalls sachorientiert und zügig aufklären.19

Der Deutsche Bundestag hat den Einsetzungsantrag nach Abschluss der 1. Lesung in seiner 26. Sitzung am

22. Mai 2014 zur Beratung an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen.

Dieser Ausschuss hat den Einsetzungsantrag nach Vorbereitung durch ein Berichterstattergespräch in seiner

1. Sitzung in Geschäftsordnungsangelegenheiten am 1. Juli 2014 abschließend beraten und dem Deutschen Bun-

destag auf Bundestags-Drucksache 18/1948 mit den Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS

90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen CDU/CSU und SPD folgenden Beschluss empfohlen:

„Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/1475 in folgender Fassung anzunehmen:

A. Einsetzung

I. Es wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt.

II. Der Untersuchungsausschuss soll aus 8 Mitgliedern und entsprechend vielen Stellvertretern
bestehen.

B. Auftrag

16 Plenarprotokoll 18/36, Zusatztagesordnungspunkt 7, S. 3145.
17 Plenarprotokoll 18/36, Zusatztagesordnungspunkt 7, S. 3146.
18 Plenarprotokoll 18/36, Zusatztagesordnungspunkt 7, S. 3147.
19 Plenarprotokoll 18/36, Zusatztagesordnungspunkt 7, S. 3148 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 31 – Drucksache 18/6700

I. Der Untersuchungsausschuss soll bezüglich der aus Kanada im Rahmen der dortigen Operation
‚Spade‘ stammenden Daten aus Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Erwerb und/oder Besitz
von Kinder- und Jugendpornographie aufklären,

a) den Gang und die Gründe für die Dauer des entsprechenden Verfahrens in Deutschland (soge-
nannte Operation ‚Selm‘) beim Bundeskriminalamt (BKA), auch hinsichtlich der Verfahrensabläufe
zwischen dem BKA und den Ländern sowie hinsichtlich des Umgangs und des Zusammenwirkens mit
Landesbehörden in Niedersachsen und Hessen (Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main/Zent-
ralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität),

b) das Informationshandeln und die Datenweitergaben zum Fall des ehemaligen Mitglieds des
Bundestages Sebastian Edathy an die Bundesregierung, innerhalb der Bundesregierung, an andere Be-
hörden und an Dritte sowie die Weitergabe dieser Daten durch andere Behörden und Dritte an weitere
Personen,

c) die Behandlung des Falles des Beamten des BKA (‚X‘), dessen Namen sich unter den übermit-
telten Daten der Operation ‚Spade/Selm‘ befand, durch die Leitungsebene des BKA und die dienst-
aufsichtsführende Stelle.

II. Der Untersuchungsausschuss soll insbesondere klären,

a)

– ob und inwieweit das BKA wann in die kanadische Operation ‚Spade‘ eingebunden war;

– ob und ggf. warum das BKA nicht darauf hingewirkt hat, dass konkrete Ermittlungsmaßnah-
men durchgeführt wurden (z. B. Durchsuchungen), bevor mögliche Täter aus der Presse und dem
Internet oder von Dritten (z. B. Berichterstattung über die kanadische Operation ‚Spade‘) von einem
drohenden Ermittlungsverfahren erfahren konnten;

– welche Priorisierung die Operation ‚Selm‘ gegenüber anderen laufenden Verfahren beim BKA
durch wen und wie begründet erfahren hat;

– wann und auf welcher Rechtsgrundlage eine Absprache mit der Generalstaatsanwaltschaft
Frankfurt am Main über den Umgang und das weitere Verfahren mit den Daten der Operation
‚Spade/Selm‘ erfolgte;

– welche organisatorischen und konzeptionellen Veränderungen im BKA gegebenenfalls nötig
sind, um Verfahren angesichts der Kriminalitätsentwicklung in dem Bereich des Besitzes und Erwerbs
von Kinder- und Jugendpornographie schnellst möglich zu bearbeiten;

– welche rechtlichen Änderungen gegebenenfalls nötig sind, um die Aufgaben des BKA im Be-
reich des Besitzes und Erwerbs von Kinder- und Jugendpornographie zu erfüllen;

b)

– ob und gegebenenfalls wann und durch wen der damalige Bundestagsabgeordnete Sebastian
Edathy von den Ermittlungen und einzelnen Ermittlungsschritten der Staatsanwaltschaft erfahren hat
und ob dafür gegebenenfalls Informationshandeln bzw. Datenweitergaben der Bundesregierung oder
einzelner ihrer Mitglieder sowie mögliche Datenweitergaben an Dritte verantwortlich waren;

– wann welche Maßnahmen von welcher staatlichen Stelle zum Zugriff auf Verbindungsdaten-
und Inhaltsdaten des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy auf Computern und Ser-
vern des Bundestages mit welchen Ergebnissen eingeleitet und wie diese Maßnahmen umgesetzt wur-
den;

Drucksache 18/6700 – 32 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– wer in welchem Umfang und wann vor der ersten Durchsuchungsmaßnahme gegenüber Sebas-
tian Edathy Informationen darüber haben konnte und hatte, dass der Name ‚Sebastian Edathy‘ im
Zusammenhang mit den Ermittlungen der Operation ‚Spade/Selm‘ stand;

– ob, wann, wie oft und mit welcher genauen Aufgaben- und Zielstellung die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter des BKA, die auf die Daten der Operation ‚Selm‘ Zugriff hatten, die Daten bearbeite-
ten und Kenntnis von dem Namen ‚Sebastian Edathy‘ hatten;

– wie die Daten und Datensysteme gesichert sind und ob es hinsichtlich der Daten der Operation
‚Spade/Selm‘ jeweils Zugriffe jenseits berechtigter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben konnte
bzw. gab;

– inwiefern diese Dateneingaben und Zugriffe protokolliert wurden und werden;

– wer, in welchem Umfang und wann Zugriff auf die Vorgänge zur Person ‚Sebastian Edathy‘ in
den vom BKA geführten einschlägigen Daten und Datensystemen haben konnte und hatte;

– welche rechtlichen und tatsächlichen Änderungen gegebenenfalls notwendig sind, um beim
Zugriff auf und bei der Arbeit mit Daten und Datensystemen die Vorgaben des Datenschutzes und
effektive Arbeitsstrukturen zu gewährleisten;

– welche bereichsspezifischen Regelungen im Hinblick auf die Übermittlung/ Informationswei-
tergabe personenbezogener Daten gegebenenfalls nötig sind, um eine hinreichend bestimmte und nor-
menklare rechtssichere Anwendung im Rahmen des geltenden Datenschutzes zu gewährleisten;

c)

– ob, wann und durch wen jeweils die Leitungsebene des Kanzleramtes und des BMI sowie das
BKA und dessen zu den Gegenständen des Untersuchungsauftrags tätige Mitarbeiterinnen oder Mit-
arbeiter davon Kenntnis erhielten, dass sich der Name eines Beamten des BKA (‚X‘) unter den aus
der Operation ‚Spade/Selm‘ stammenden Daten befand und welche konkreten Informationen zu die-
sem Zweck auf welcher Rechtsgrundlage übermittelt wurden;

– wann zwischen wem Absprachen getroffen wurden über Maßnahmen gegenüber dem Beamten
des BKA (‚X‘) und zu welchem Zeitpunkt welche dienst-, disziplinar- und strafrechtlichen Maßnah-
men gegenüber dem Beamten des BKA (‚X‘) eingeleitet, durchgeführt und abgeschlossen wurden;

– ob und gegebenenfalls wann und durch wen der Beamte des BKA (‚X‘)von den Daten der
Operation ‚Selm‘ erfuhr oder diese einsehen konnte bzw. einsah;

– welche Kontroll- und Sicherheitsmaßnahmen existieren, um zu verhindern, dass in Behörden
vorgehaltene Daten zu Kinder- und Jugendpornographie zu anderen als zu Ermittlungszwecken ver-
wendet oder gar durch interne Netzwerke missbräuchlich genutzt werden.“

Die Berichterstatter Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU), Dr. Johannes Fechner (SPD), Frank Tempel

(DIE LINKE.) und Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) haben in ihrem Bericht auf Drucksache

18/1948 Folgendes festgehalten:

„Die Fraktionen haben in dem vorgelagerten Berichterstattergespräch den genauen Umfang des Un-
tersuchungsauftrages beraten und dabei eine Verständigung erreicht, die als Grundlage der Schluss-
beratung im 1. Ausschuss diente. Beraten wurden Fragen hinsichtlich der Bestimmtheit des Antrags
und der Vermeidung unverhältnismäßiger Eingriffe in Grundrechte Dritter.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 33 – Drucksache 18/6700

Die Fraktion der SPD wies auf die von ihr geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich
des Untersuchungsauftrags insbesondere bezüglich des BKA-Beamten ‚X‘ hin. Diesen sei durch eine
Beschränkung des Auftrags auf die Behandlung des Falles durch die Leitungsebene des BKA und die
dienstaufsichtsführende Stelle Rechnung getragen worden. Es sei jedoch wichtig, dass der Untersu-
chungsausschuss auch bei seiner konkreten Arbeit auf die Wahrung der Persönlichkeitsrechte achte.

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung hat festgestellt, dass die nach
§126a GO-BT erforderliche Zahl von Mitgliedern des Bundestages zur Einsetzung eines Untersu-
chungsausschusses erreicht ist.“

3. Beschlussfassung im Deutschen Bundestag über die Einsetzung des 2. Untersuchungsausschuss und des-
sen Untersuchungsauftrag

Der Deutsche Bundestag hat die genannte Beschlussempfehlung des Ausschusses für Immunität und Geschäfts-

ordnung auf Drucksache 18/1948 in seiner 45. Sitzung am 2. Juli 2014 beraten und mit den Stimmen der Frak-

tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen der CDU/CSU und

SPD angenommen20 und damit den 2. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode mit dem aus der Beschlus-

sempfehlung auf Drucksache 18/1948 ersichtlichen Untersuchungsauftrag eingesetzt.

III. Konstituierung des 2. Untersuchungsausschusses

Am 2. Juli 2014 hat sodann die konstituierende Sitzung des 2. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode

unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages Peter Hintze stattgefunden.

1. Mitglieder des 2. Untersuchungsausschusses

Die Fraktionen haben folgende Abgeordnete als Mitglieder des 2. Untersuchungsausschusses benannt:

Fraktion der CDU/CSU

Ordentliche Mitglieder

- Helmut Brandt

- Michael Frieser

- Armin Schuster (Weil am Rhein)

- Barbara Woltmann

Stellvertretende Mitglieder

- Dr. Stefan Heck

- Dr. Hendrik Hoppenstedt

20 Plenarprotokoll 18/45, S. 4066(D) ff.
Drucksache 18/6700 – 34 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

- Dr. Sabine Sütterlin-Waack

- Dr. Volker Ullrich

Fraktion der SPD

Ordentliche Mitglieder

- Uli Grötsch

- Dr. Eva Högl

Stellvertretende Mitglieder

- Dr. Johannes Fechner

- Sönke Rix

Fraktion DIE LINKE.

Ordentliches Mitglied

- Frank Tempel

Stellvertretendes Mitglied

- Michael Leutert

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ordentliches Mitglied

- Irene Mihalic

Stellvertretendes Mitglied

- Steffi Lemke

2. Bestimmung der Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden

Auf der Grundlage von Vereinbarungen im Ältestenrat gemäß § 6 Absatz 1 Satz 2 und § 7 Absatz 1 PUAG stand

das Vorschlagsrecht für den Vorsitz des 2. Untersuchungsausschusses der Fraktion der SPD und das Vorschlags-

recht zur Bestimmung des stellvertretenden Vorsitzes der Fraktion der CDU/CSU zu.

Auf Vorschlag der Fraktion der SPD hat der Ausschuss in seiner konstituierenden Sitzung am 2. Juli 2014 die

Abgeordnete Dr. Eva Högl zur Vorsitzenden sowie auf Vorschlag der Fraktion der CDU/CSU den Abgeordneten

Michael Frieser zum stellvertretenden Vorsitzenden bestimmt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 35 – Drucksache 18/6700

3. Benennung der Obleute und der Berichterstatter

Die Fraktion haben folgende Obleute benannt:

Fraktion der CDU/CSU: Armin Schuster (Weil am Rhein)

Fraktion der SPD: Uli Grötsch

Fraktion DIE LINKE.: Frank Tempel

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Irene Mihalic

Die Obleute der Fraktionen waren zugleich Berichterstatterin und Berichterstatter des Untersuchungsausschus-

ses.

4. Benannte und ermächtigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen

Fraktion der CDU/CSU

- Lippold von Bredow (ab 15. Januar 2015)

- Claudia von Cossel (bis 15. Januar 2015)

- Henrik Dornseifer (ab 8. September 2014)

- Philipp El Jana (ab 23. September 2014)

- Dr. Andreas Feser

- Claudia Kemmer

- Dan Kühnau

- Simon Locherer (ab 23. September 2014)

- Marianne Pohl (ab 8. September 2014)

- Marion Renken (ab 8. September 2014)

- Stephanie Santos (ab 8. September 2014)

- Dr. Tim Sporrer (ab 15. Januar 2015)

- Dirk Stern (ab 23. September 2014)

Fraktion der SPD

- Katharina Antoniades (ab 15. Juli 2014)

- Stephan Borghorst (ab 15. Juli 2014)

Drucksache 18/6700 – 36 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

- Sabrina Bosse (ab 15. Juli 2014)

- Dr. Harald Dähne (ab 2. Dezember 2014)

- Irene Etzkorn

- Markus Giesecke (ab 9. September 2014)

- Anne Hawxwell

- Christian Heyer

- Alexander Leuxner (ab 15. Januar 2015)

- Caroline Maß

- Christin Olechnowicz

- Selda Özdemir (ab 15. Juli 2014)

- Daniel Weßnigk (ab 15. Juli 2014)

Fraktion DIE LINKE.

- Nadja Aschmoneit (ab 7. Juli 2014)

- Monicque von Cyrson

- Dominic Heilig

- Sebastian Kahl

- Albrecht Maurer

- Jürgen Sauermann

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

- Daniel Elfendahl

- Karl-Heinz Hage

- Dr. Jessica Heun

5. Beauftragte der Bundesregierung und des Bundesrates

Die Bundesregierung und der Bundesrat haben die nachfolgend benannten Beauftragten benannt.

Bundeskanzleramt:

- Regierungsdirektor Dr. Sebastian Seedorf

- Oberregierungsrätin Dr. Katja Papenkort

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37 – Drucksache 18/6700
Bundesministerium des Innern:

- Ministerialrat Torsten Akmann

- Kriminalrat Sandro Dicker (bis 1. Juli 2015)

- Regierungsrat Dr. Karsten Brandt (ab September 2015)

- Staatsanwältin Susanne Wollmann

Bundeskriminalamt:

- Kriminaldirektor Dr. Tillmann Keber

- Erster Kriminalhauptkommissar Gerhard Schlemmer

Vertretung des Freistaates Bayern beim Bund

- Oberregierungsrat Florian Luderschmid (ab 27. August 2014)

Vertretung der Freien und Hansestadt Hamburg beim Bund

- Oberregierungsrat Sören Fleischmann (ab 18. Dezember 2014)

Hessische Landesvertretung

- Melanie Mantwill

Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund

- Heike Werner (ab 20. August 2014)

Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen beim Bund

- Ministerialrat Frank Matthias (11 September 2014 bis 31. Dezember 2014)

- Heinrich Rohlfing (ab 8. Januar 2015)

Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund

- Oberregierungsrätin Juliane Nitzsche (13. August 2014 bis 14. Januar 2015)

- Oberregierungsrätin Jana-Elena Rauth (ab 15. Januar 2015)

- Richterin Dr. Elisa Wolf (ab 13. August 2014)

Vertretung des Saarlandes beim Bund

- Regierungsrätin Nora Braun (ab 23. Oktober 2014)

- Regierungsoberrätin Irina Stuhr (ab 23. Oktober 2014)

Drucksache 18/6700 – 38 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

6. Sekretariat des Untersuchungsausschusses

Mit Hausverfügung Nr. 7/2014 hat der Direktor beim Deutschen Bundestag, Staatssekretär Dr. Horst Risse, am

7. Juli 2014 das „Sekretariat des 2. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode (PA 27)“ eingerichtet. In

dessen Aufgabenbereich fielen die inhaltliche und organisatorische Vor- und Nachbereitung der Ausschusssit-

zungen, die Klärung von Rechts- und Verfahrensfragen, die Ausfertigung und Umsetzung von Beschlüssen so-

wie die Erstellung eines Berichtsentwurfs. Dem Sekretariat haben angehört:

Leitung:

− Ministerialdirigentin Dr. Ines Mockenhaupt-Gordon (bis 29. September 2014)

− Ministerialrat Norman Plaster (ab 30. September 2014 – zuvor Vertretung)

Vertretung:

− Regierungsdirektor Matthias Köngeter (Vertreter ab 16. Juli 2015)

Referenten

− Regierungsdirektor Matthias Köngeter

− Staatsanwalt Johannes Jost (ab 1. Oktober 2014; das Land Berlin hat den Ausschuss durch Abordnung

des Staatsanwalts Johannes Jost unterstützt)

Büroleitung

− Amtsrat Sebastian Tomczak (bis 6. Juli 2015)

− Oberamtsrätin Angelika Fülbier (ab 1. Juli 2015)

1. Ausschusssekretärin

− Ines Scholz (ab 21. Juli 2014)

2. Ausschusssekretärin

− Sylvia Nadolsky (ab 7. Oktober 2015)

− Denise Kayser (1. Oktober 2014 bis 5. Oktober 2015)

− Manuela Svenson (9. Juli 2014 bis 5. September 2014)

Auszubildender

− Tim Thomas (ab 1. September 2014)

Darüber hinaus sind ab dem 4. August 2014 die geprüften Rechtskandidatinnen und -kandidaten Max Engelhard

(bis 31. Januar 2015) und Marc-Andrè Amos (bis 30. Juni 2015), ab dem 17. Dezember 2014 Carolin Falke (bis

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 39 – Drucksache 18/6700
31. Juli 2015) und Simon Gesing (bis 31. Juli 2015), ab dem 15. April 2015 Rena Maria Peters (bis 31. Oktober

2015) sowie ab dem 5. August 2015 Maria Melanie Adam im Sekretariat eingesetzt worden. Die Arbeit des

Sekretariats ist des Weiteren durch die studentischen Hilfskräfte Theresa Hirsch (25. August 2014 bis 30. Sep-

tember 2015), Ivonne Miranda Moll (vom 24. September 2014 bis 31. Juli 2015), Robert Merker (ab dem 7. Sep-

tember 2015) und Ömer Gönül (ab 19. Oktober 2015) unterstützt worden.

B. Verfahren mit sachlichem Bezug zum Untersuchungsauftrag

Die nachfolgend dargestellten Verfahren wiesen einen sachlichen Bezug zum Untersuchungsauftrag des 2. Un-

tersuchungsausschusses auf. Soweit Verfahren oder Teile davon selbst Gegenstand des Untersuchungsauftrages

waren, finden sich die entsprechenden Ausführungen im Zweiten Teil: Feststellungen zum Sachverhalt (Fest-

stellungsteil) dieses Berichts.

I. Verständigung der Generalstaatsanwälte von Berlin und Celle über strafrechtliches
Vorgehen

Am 18. Februar 2014 verständigten sich die Generalstaatsanwälte von Berlin und Celle, Ralf Rother und

Dr. Frank Lüttig, auf das „weitere Vorgehen in der strafrechtlichen Aufarbeitung der Vorgänge im Zusammen-

hang mit dem Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Abgeordneten des Deutschen Bundestages Sebastian

Edathy“21. In einer Pressemittelung wurde diese Verständigung wie folgt erläutert:

„Danach wird die Staatsanwaltschaft Hannover neben dem Ermittlungsverfahren gegen Herrn Edathy
auch diejenigen Verfahren führen, denen der Verdacht zugrunde liegt, dass Herr Edathy vor den dro-
henden Ermittlungen gewarnt worden ist.

Die Staatsanwaltschaft Berlin wird aufgrund ihrer örtlichen Zuständigkeit für das Bundesministerium
des Innern in Berlin den Anfangsverdacht eines Verrats von Dienstgeheimnissen durch den ehemali-
gen Bundesminister des Innern Dr. Hans-Peter Friedrich prüfen.

Im Einvernehmen mit dem Generalstaatsanwalt von Frankfurt a. Main erfolgt die Prüfung eines etwa-
igen Verrats von Dienstgeheimnissen durch den Präsidenten des Bundeskriminalamtes und eine damit
im Zusammenhang stehende mögliche Anstiftungshandlung durch die Staatsanwaltschaft Wiesba-
den.“22

1. Strafverfahren gegen Sebastian Edathy

Am 5. November 2014 ging eine vom Bundeskriminalamt aufbereitete und über die Generalstaatsanwaltschaft

Frankfurt am Main (ZIT) und die Generalstaatsanwaltschaft Celle übermittelte Akte zu Erkenntnissen über Be-

stellungen von Fotos und Filmen mit unbekleideten Jugendlichen durch Sebastian Edathy bei einem kanadischen

21 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 62., Pressemitteilung vom 18. Februar 2014.
22 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 62, Gemeinsame Pressemitteilung vom 18. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 40 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Internetversandhändler bei der Staatsanwaltschaft Hannover ein.23 Am 4. Februar 2014 leitete die Staatsanwalt-

schaft Hannover ein formelles Ermittlungsverfahrens gegen Sebastian Edathy wegen des Verdachts des Besitzes

von Kinder- und Jugendpornografie ein und führte ab dem 10. Februar 2014 Durchsuchungen in Wohnungen

und Büroräumen von Sebastian Edathy durch.24

a) Anklageerhebung am 15. Juli 2014

Am 15. Juli 2014 erhob die Staatanwaltschaft Hannover Anklage gegen Sebastian Edathy bei dem Landgericht

Verden. Die Anklageschrift lag dem 2. Untersuchungsausschuss vor. Das Landgericht Verden ließ die Anklage

mit Beschluss vom 14. November 2014 zu und teilte zu dem Verfahren in einer Presseerklärung Folgendes mit:

„Mit Beschluss vom 14. November 2014 hat die 2. große Strafkammer des Landgerichts Verden die
Anklage der Staatsanwaltschaft Hannover gegen Sebastian Edathy zugelassen und das Hauptverfahren
eröffnet.

Mit der am 15. Juli 2014 erhobenen Anklage wirft die Staatsanwaltschaft Hannover (Zentralstelle zur
Bekämpfung gewaltdarstellender, pornographischer und sonst jugendgefährdender Schriften) dem
1969 geborenen Angeklagten vor, in Rehburg-Loccum und anderenorts zwischen dem 1. November
2013 und dem 12. Februar 2014 durch insgesamt 7 Straftaten sich über seinen Internetzugang mit
Hilfe eines dienstlichen Laptops kinderpornographische Bild- und Videodateien heruntergeladen zu
haben. Zudem soll der Angeklagte auch einen Bildband und eine CD besessen haben, deren Inhalt von
der Staatsanwaltschaft als jugendpornographisch eingestuft wird.

In ihrem Eröffnungsbeschluss vom 14. November 2014 hat die Kammer ausgeführt:

Das Hauptverfahren war zu eröffnen, weil nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens der An-
geschuldigte der o.g. Straftaten hinreichend verdächtig erscheine.

Ein hinreichender Tatverdacht sei grds. dann anzunehmen, wenn nach vorläufiger Tatbewertung die
Wahrscheinlichkeit der Verurteilung des Angeklagten in einer Hauptverhandlung überwiegt, d.h. ein
Freispruch nicht wahrscheinlicher scheint als eine Verurteilung.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze sei vorliegend – entgegen der Einwände der Verteidigung – ein
hinreichender Tatverdacht gegeben.

Es bestehe der hinreichende Verdacht, dass der Angeklagte hinsichtlich der in seinen Büroräumen in
Rehburg-Loccum aufgefundenen CD ‚Movie‘ und des Bildbandes ‚Boys in ihrer Freizeit‘ den Straf-
tatbestand des Besitzes jugendpornographischer Schriften verwirklicht hat.

Sowohl der Bildband als auch die CD enthielten teilweise jugendpornographische Darstellungen, von
deren Besitz durch den Angeklagten nach derzeitiger vorläufiger Prüfung (Beweisbarkeitsprognose)
auszugehen sei.

Der Angeklagte erscheine ausweislich der auf den Rechnern des Deutschen Bundestages protokollier-
ten Logdateien hinreichend verdächtig, es unternommen zu haben, sich den Besitz kinderpornogra-
phischer Schriften zu verschaffen.

23 Näher zur Aufbereitung und zur Übermittlung des Vorgangs Edathy, Zweiter Teil A.2.
24 Das Verfahren der Staatsanwaltschaft Hannover bis zur Durchführung von Durchsuchungsmaßnahmen bei Sebastian Edathy am 10. und 12. Feb-

ruar 2014 war Gegenstand der Untersuchungen und wird im Zweiten Teil X. ff. näher dargestellt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 41 – Drucksache 18/6700

Der Verwertung der CD, des Bildbandes und der Logdateien als Beweismittel in der Hauptverhand-
lung stehen nach Auffassung der Kammer keine Beweisverwertungsverbote entgegen:

Die Beschlagnahmeanordnung des Amtsgerichts Hannover vom 17.02.2014 sei verfassungskonform
(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 15. August 2014 - 2 BvR 969/14). Die Beschlagnahme
der Logdateien auf dem Server des Deutschen Bundestages sei deshalb zu Recht erfolgt.

Die aufgrund richterlicher Anordnung erfolgte Durchsuchung des Büros des Angeklagten in Rehburg-
Loccum sei ebenfalls rechtmäßig.

Zwar sei der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Hannover vom 10. Februar 2014 betreffend
die Wohnung des Angeklagten und das Bürgerbüro unter Verletzung der Immunität des Angeklagten
(Art.46 Abs.2 GG) erfolgt, weil der Angeklagte im Zeitpunkt des Erlasses noch Mitglied des Deut-
schen Bundestages war.

Der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Hannover vom 11. Februar 2014,, der die Büroräume
des Angeklagten im Objekt in Rehburg-Loccum betraf und zu dem Auffinden der CD und des Bild-
bandes führte, sei jedoch zu einem Zeitpunkt erlassen worden, als die Mitgliedschaft des Angeklagten
im Deutschen Bundestat tatsächlich erloschen war.

Das Hauptverfahren war vor der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Verden und nicht vor dem
Amtsgericht zu eröffnen, weil wegen der besonderen Bedeutung des Falles die sachliche Zuständigkeit
der großen Strafkammer begründet sei.

Zwar wiesen die dem Angeklagten zur Last gelegten Rechtsverletzungen kein besonderes Ausmaß
auf, weil es sich insoweit um vergleichsweise wenige Taten mit einer noch begrenzten Anzahl an
Zugriffen auf kinder- und jugendpornographischer Darstellungen handele. Auch ebenso wenig seien
schwerwiegende Tatfolgen ersichtlich und die Straferwartung angesichts des Strafrahmen des § 184 b
Abs. 4 Satz 1 StGB (bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe) und des § 184 c Abs. 4 Satz 1
StGB (bis zu 1 Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe) eher im unteren Bereich anzusiedeln.

Vorliegend sei aber zu berücksichtigten, dass der Angeklagte als ehemaliges Mitglied des Deutschen
Bundestages, also als gewählter Amtsträger, der in der vergangenen Legislaturperiode einem wichti-
gen Untersuchungsausschuss (NSU) vorstand und das Verfahren außerordentliches Interesse in
Presse, Rundfunk und Fernsehen gefunden hat. Die Begleitumstände des dem Angeklagten vorgewor-
fenen Tatgeschehens haben zum Rücktritt eines Bundesministers und der Einsetzung eines Untersu-
chungsausschusses des Deutschen Bundestages geführt. Die dem Angeklagten zur Last gelegten Taten
sollen unter anderem über IT-Systeme begangen worden seien, die ihm als damaligen Mitglied des
Deutschen Bundestages dienstlich zur Verfügung gestellt worden waren bzw. zu denen er dienstlich
Zugang hatte. Dies alles begründe in der Zusammenschau eine besondere Bedeutung des Falles.

Die Kammer hat Hauptverhandlungstermin auf den

Montag, den 23. Februar 2015, 10:00 Uhr

festgesetzt und Fortsetzungstermine bestimmt wie folgt:

Montag, 2. März 2015, 10:00 Uhr,

Montag, 9.März 2015, 10:00 Uhr,

Montag, 16. März 2015, 10:00 Uhr,

Montag, 23. März 2015, 10:00 Uhr,

Montag, 30. März 2015, 10:00 Uhr,

Drucksache 18/6700 – 42 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Montag, 13. April 2015, 10:00 Uhr,

Montag, 20. April 2014, 10:00 Uhr,

Montag, 27. April 2014, 10:00 Uhr.

[…]“25

b) Überlegungen zur Einstellung des Verfahrens

Sebastian Edathy teilte am 18. Dezember 2014 in der Bundespressekonferenz mit, der zuständige Richter am

Landgericht Verden habe intern den Vorschlag gemacht, das Strafverfahren gegen Zahlung einer „überschauba-

ren Geldauflage“ einzustellen.26

Am 9. Januar 2015 teilte das Landgericht Verden in einer Pressmitteilung mit, dass die Staatsanwaltschaft Han-

nover einer Einstellung des Strafverfahrens gegen Geldauflage nicht zugestimmt habe. In der Pressemitteilung

hieß es dazu weiter:

„Zur Begründung führt die Staatsanwaltschaft Hannover aus, die Voraussetzungen einer Verfahrens-
einstellung nach § 153 a StPO seien bereits vor Erhebung der Anklage geprüft und im Ergebnis ver-
neint worden.

An der damaligen Tatsachengrundlage und der rechtlichen Würdigung habe sich seither nichts geän-
dert. Auch das bisherige (Nachtat-)Verhalten des Angeklagten sei nicht geeignet, den Schuldvorwurf
geringer erscheinen oder das öffentliche Interesse an dessen Verfolgung entfallen zu lassen.

Insbesondere habe der Angeklagte sich bisher weder schriftsätzlich noch in öffentlichen Äußerungen
inhaltlich in irgendeiner Form zu den Anklagevorwürfen bekannt.

Schließlich sei auch nicht ersichtlich, dass sich das weiterhin bestehende hohe öffentliche Strafverfol-
gungs- und Aufklärungsinteresse durch Maßnahmen nach § 153 a StPO außerhalb einer gerichtlichen
Hauptverhandlung beseitigen ließe.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen in Rehburg-Loccum und anderenorts zwischen dem 1. November
2013 und dem 12. Februar 2014 durch insgesamt 7 Straftaten sich über seinen Internetzugang mit
Hilfe eines dienstlichen Laptops kinderpornographische Bild- und Videodateien heruntergeladen zu
haben. Zudem soll der Angeklagte auch einen Bildband und eine CD besessen haben, deren Inhalt von
der Staatsanwaltschaft als jugendpornographisch eingestuft wird.

Die Kammer hat Termin zur Hauptverhandlung auf

Montag, den 23. Februar 2015, 10:00 Uhr bestimmt.

[…]“27

25 Pressemitteilung des Landgerichts Verden vom 14. November 2014, http://www.landgericht-verden.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilun-
gen/pressemitteilungen-des-landgerichts-verden-129302.html, zuletzt abgerufen am 4. Mai 2015.

26 „Schuld und Bühne“, Süddeutsche Zeitung, 19. Dezember 2013, S. 3.
27 Pressemitteilung des Landgerichts Verden vom 9. Januar 2015, http://www.landgericht-verden.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilun-

gen/pressemitteilungen-des-landgerichts-verden-130459.html, zuletzt abgerufen am 2. September 2015.

http://www.landgericht-verden.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/pressemitteilungen-des-landgerichts-verden-129302.html
http://www.landgericht-verden.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/pressemitteilungen-des-landgerichts-verden-129302.html
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 43 – Drucksache 18/6700

c) Eröffnung der Hauptverhandlung am 23. Februar 2015 und Beschluss zur Einstellung des Ver-
fahrens am 2. März 2015

Am 23. Februar 2015 begann die Hauptverhandlung gegen Sebastian Edathy, die am 2. März 2015 fortgesetzt

wurde.

Mit Beschluss vom 2. März 2015 stellte das Landgericht Verden das Strafverfahren gegen Sebastian Edathy

vorläufig gegen Geldauflage in Höhe von 5.000 Euro ein. Das Landgericht Verden begründete die vorläufige

Einstellung in einer Presseerklärung wie folgt:

„Die Einstellung erfolgte nach geständiger Einlassung des Angeklagten, der die Vorwürfe der Anklage
in der Hauptverhandlung am 2. März 2015 einräumte.

Bei der Entscheidung hat die Kammer auch berücksichtigt, dass der Angeklagte bisher strafrechtlich
nicht in Erscheinung getreten ist.

Bei den dem Angeklagten zur Last gelegten Rechtsverletzungen handele sich um vergleichsweise we-
nige Taten in einem begrenzten Zeitraum, so dass die Straferwartung eher im unteren Bereich anzu-
siedeln wäre.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheine es gerechtfertigt, – wie bei jedem anderen nicht
vorbestraften Angeklagten in einem vergleichbaren Fall – das Verfahren gegen Geldauflage einzustel-
len.

Darüber hinaus habe der Angeklagte auch bereits durch die Begleitumstände des Verfahrens und die
breite öffentliche Berichterstattung Nachteile erlitten. Seine politische Karriere sei beendet und beruf-
liche Perspektiven bestünden kaum und sein privates und gesellschaftliches Ansehen dürfte irrepara-
bel beschädigt sein.“28

Presseberichten zufolge betonte Sebastian Edathy in einem Eintrag auf seiner Facebook-Seite, vor dem Land-

gericht Verden kein Geständnis abgelegt zu haben.29 Ein auf dem Internetportal „openPetition Deutschland“

veröffentlichter Aufruf mit dem Titel „Widerspruch gegen die Einstellung des Verfahrens ‚Edathy‘!“ fand den

Angaben dieses Portals zufolge 208.100 „Unterstützer“.30 In einer Erklärung vom 3. März 2015 mit dem Titel

„Fall Edathy: Kinderschutzbund Niedersachsen nimmt 5.000 Euro Geldauflage nicht an“ machte der Kinder-

schutzbund Niedersachsen deutlich, er werde die Geldauflage nicht annehmen und habe das Landgericht Verden

gebeten „einen anderen Empfänger für die Geldauflage zu bestimmen“.31 Einer Pressemitteilung des Landge-

richts Verden vom 10. März 2015 zufolge wurde die Geldauflage in Höhe von 5.000 Euro dem Niedersächsi-

schen Jugendfeuerwehr e. V. - dem Landesverband der Jugend- und Kinderfeuerwehren in Niedersachsen - zu-

gewiesen.32 Nachdem Sebastian Edathy die Verpflichtung zur Zahlung einer Geldauflage erfüllt hatte, stellte

das Landgericht Verden das Strafverfahren gegen ihn am 19. März 2015 gemäß § 153a StPO endgültig ein

28 Pressemitteilung des Landgerichts Verden vom 3. März 2015, http://www.landgericht-verden.niedersachsen.de/aktuelles/hauptverhandlung-in-
der-strafsache-gegen-sebastian-edathy-130891.html, zuletzt abgerufen am 7. Mai 2015.

29 DIE WELT, 3. März 2015, S. 4.
30 https://www.openpetition.de/petition/online/widerspruch-gegen-die-einstellung-des-verfahrens-edathy, zuletzt abgerufen am 2. November

2015.
31 http://www.dksb.de/Content/shownews.aspx?news=252, zuletzt abgerufen am 2. November 2015.
32 Pressemittelung des Landgerichts Verden vom 10. März 2015, http://www.landgericht-verden.niedersachsen.de/aktuelles/hauptverhandlung-in-

der-strafsache-gegen-sebastian-edathy-130891.html, zuletzt abgerufen am 16. September 2015.

http://www.landgericht-verden.niedersachsen.de/aktuelles/hauptverhandlung-in-der-strafsache-gegen-sebastian-edathy-130891.html
http://www.landgericht-verden.niedersachsen.de/aktuelles/hauptverhandlung-in-der-strafsache-gegen-sebastian-edathy-130891.html
Drucksache 18/6700 – 44 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

(Einstellung bei Erfüllung von Auflagen und Weisungen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an

der Strafverfolgung zu beseitigen und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht).33

2. Ermittlungen gegen Bundesminister a. D. Dr. Hans-Peter Friedrich

Nachdem der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann in einer Presseerklärung vom 13. Februar 2014

mitgeteilt hatte, der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sei im Oktober 2013 vom damaligen Bundesminister des

Innern Dr. Hans-Peter Friedrich darauf angesprochen worden, dass im Rahmen von Ermittlungen im Ausland

der Name von Sebastian Edathy aufgetaucht sei, erstattete eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern Strafan-

zeige gegen Dr. Friedrich. Am 25. Februar 2014 leitete die Staatsanwaltschaft Berlin ein förmliches Ermitt-

lungsverfahren wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhal-

tungspflicht gemäß § 353 b StGB gegen Dr. Friedrich ein.

a) Einholung der Ermächtigung zur Strafverfolgung des Bundesministers des Innern

Am 26. Februar 2015 bat die Staatsanwaltschaft Berlin den Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière,

um Mitteilung, ob er die für ein Verfahren wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses und

einer besonderen Geheimhaltungspflicht gemäß § 353 b StGB erforderliche Ermächtigung zur Strafverfolgung

erteile. Diese Ermächtigung hat der Bundesminister des Innern am 11. März 2014 erteilt und erklärt:

„Mit der Erteilung der Ermächtigung ist keine rechtliche Bewertung des Herrn Dr. Hans-Peter Fried-
rich vorgeworfenen Verhaltens verbunden.

Herr Dr. Hans-Peter Friedrich hat die Motivation für sein Handeln öffentlich begründet. Er hat danach
zum Schutz der Funktionsfähigkeit der zu dieser Zeit neu zu bildenden Bundesregierung und im Ver-
trauen darauf gehandelt, dass die vereinbarte Verschwiegenheit gewahrt wird. Die Erteilung der Er-
mächtigung ermöglicht es daher Herrn Dr. Hans-Peter Friedrich, den von ihm bestrittenen Strafvor-
wurf durch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden umfassend aufklären und rechtlich abschlie-
ßend bewerten zu lassen.“34

b) Schutzschrift des Verteidigers von Dr. Friedrich zum Tatvorwurf

Nachdem ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Tatvorwurf gegeben wurde, führte der Verteidiger von

Dr. Friedrich im Rahmen einer Schutzschrift vom 2. Mai 2014 aus, dass sich Dr. Friedrich durch seinen aus-

drücklich als streng vertraulich bezeichneten mündlichen Hinweis an den heutigen Vizekanzler und Bundesmi-

nister Sigmar Gabriel nicht strafbar gemacht habe:

„Herr Dr. Friedrich verletzte keine Geheimhaltungspflicht, er handelte durch seinen vertraulichen Hin-
weis nicht pflichtwidrig. Der Hinweis war keine ‚unbefugte‘ Offenbarung eines Dienstgeheimnisses,
er erfolgte im öffentlichen Interesse an der Wahrung der Funktions- und Handlungsfähigkeit der Bun-

33 Pressemitteilung des Landgerichts Verden vom 20. März 2015, http://www.landgericht-verden.niedersachsen.de/aktuelles/hauptverhandlung-in-
der-strafsache-gegen-sebastian-edathy-130891.html, zuletzt abgerufen am 7. Mai 2015.

34 MAT A-Ber 18(27)5-1, Staatsanwaltschaft Berlin 276/Js 380/14, Bd. 1, Bl. 44, Schreiben des Bundesministers des Innern vom 11. März 2014.

http://www.landgericht-verden.niedersachsen.de/aktuelles/hauptverhandlung-in-der-strafsache-gegen-sebastian-edathy-130891.html
http://www.landgericht-verden.niedersachsen.de/aktuelles/hauptverhandlung-in-der-strafsache-gegen-sebastian-edathy-130891.html
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45 – Drucksache 18/6700

desregierung sowie an der Wahrung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im In- und Aus-
land. Dem steht ein etwaiges Geheimhaltungsinteresse wegen Belangen einer ungestörten Ermitt-
lungstätigkeit nicht entgegen. […]“35

Der Verteidiger betonte, dass das Verhalten von Dr. Friedrich in Bezug auf Sigmar Gabriel im berechtigten

öffentlichen Interesse gewesen und bereits der Tatbestand des § 353 StGB nicht erfüllt sei.36

Sodann führte der Verteidiger aus:

„Herr Dr. Friedrich hat durch seinen vertraulichen Hinweis keine öffentlichen Interessen gefährdet.

Herr Dr. Friedrich hat ein etwaiges Geheimhaltungsinteresse wegen Belangen einer etwaigen unge-
störten Ermittlungstätigkeit nicht gefährdet, da er ausschließlich Herrn Gabriel – vertraulich – infor-
miert hat; es ist nicht erkennbar, dass Herr MdB Edathy durch diesen Hinweis über den Sachverhalt
informiert worden ist.

Auch hat Herr Dr. Friedrich durch den vertraulichen Hinweis nicht wichtige öffentliche Interessen
mittelbar gefährdet. Durch den Hinweis wurde nicht das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität
des Bundesinnenministeriums gefährdet. Offensichtlich ‚plauderte‘ Herr Dr. Friedrich den Sachver-
halt nicht beliebigen Dritten oder dem engsten Umfeld von Herrn Mdb Edathy weiter. Vielmehr wies
der damalige Bundesinnenminister Dr. Friedrich ausschließlich - und vertraulich - den SPD-Parteivor-
sitzenden Gabriel auf den Sachverhalt hin, um die Funktions- und Handlungsfähigkeit der Bundesre-
gierung sowie das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im In- und Ausland zu wahren.“37

c) Einstellung des Verfahrens gegen Dr. Friedrich

Am 17. September 2014 stellte die Staatsanwaltschaft Berlin dieses Ermittlungsverfahren nach Zustimmung

durch das Landgericht Berlin38 gemäß § 153 Absatz 1 StPO ein, weil die Schuld als gering anzusehen sei und

kein öffentliches Interesse an einer strafrechtlichen Verfolgung von Dr. Friedrich bestehe.39

Vor der Einstellung hatte die Staatsanwaltschaft Berlin dem Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizi-

ère, und dem Verteidiger von Dr. Friedrich Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Einstellung

des Verfahrens gegeben.40

In einem die Einstellung des Verfahrens vorbereitenden Bericht der Staatsanwaltschaft Berlin an die General-

staatsanwaltschaft Berlin vom 16. Juni 201441 wird betont, Bundesminister Dr. Friedrich habe rechtswidrig und

schuldhaft den Tatbestand des § 353b Absatz 1 Nr. 1 StGB erfüllt, und ausgeführt:

35 MAT A-Ber 18(27)5-1, Staatsanwaltschaft Berlin 276/Js 380/14, Bd. 1, Bl. 63 (66), Schriftsatz des Verteidigers des Herrn Dr. Friedrich vom
2. Mai 2014.

36 MAT A-Ber 18(27)5-1, Staatsanwaltschaft Berlin 276/Js 380/14, Bd. 1, Bl. 63 (67 f.), Schriftsatz des Verteidigers des Herrn Dr. Friedrich vom
2. Mai 2014.

37 MAT A-Ber 18(27)5-1, Staatsanwaltschaft Berlin 276/Js 380/14, Bd. 1, Bl. 63 (69 f.), Schriftsatz des Verteidigers des Herrn Dr. Friedrich vom
2. Mai 2014.

38 MAT A-Ber 18(27)5-1, Staatsanwaltschaft Berlin 276/Js 380/14, Bd. 1, Bl. 178a, Beschluss vom 10. September 2014.
39 MAT A-Ber 18(27)5-1, Staatsanwaltschaft Berlin 276/Js 380/14, Bd. 1, Bl. 261, Schreiben der Staatsanwaltschaft Berlin vom 17. September

2014.
40 MAT A-Ber 18(27)5-1, Staatsanwaltschaft Berlin 276/Js 380/14, Bd. 1, Bl. 156 ff., Schreiben an den Bundesminister des Innern vom 24. Juli

2014; MAT A-Ber 18(27)5-1, Staatsanwaltschaft Berlin 276/Js 380/14, Bd. 1, Bl. 155, Schreiben an den Verteidiger von Dr. Friedrich vom
23. Juli 2014.

41 MAT A-Ber 18(27)5-1, Generalstaatanwaltschaft Berlin 142/AR 34/14, Bl. 70 ff., Bericht vom 16. Juni 2014.

Drucksache 18/6700 – 46 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Die Information, dass der Name des ehemaligen MdB Edathy auf einer Liste steht, die im Zusam-
menhang mit Ermittlungen wegen Kinderpornographie von kanadischen Behörden erstellt worden
war, war zum damaligen Zeitpunkt der Informationsweitergabe ein Geheimnis i. S. d. § 353 b Abs. 1
des Strafgesetzbuches, das dem damaligen Innenminister von seinem damaligen Staatssekretär dienst-
lich anvertraut worden ist.

[…]

Bundesminister sind gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 BminG verpflichtet, über die ihnen amtlich bekannt ge-
wordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Davon ausgenommen sind nur Tatsachen,
die offenkundig sind oder in ihrer Bedeutung keiner Geheimhaltung bedürfen (§ 6 Abs. 1 S. 2 BminG).

[…]

Im vorliegenden Fall verließ die Information jedoch den Bereich des Ministeriums und der Bundesre-
gierung. Sigmar Gabriel war zum Zeitpunkt der Informationsweitergabe noch kein Mitglied der Bun-
desregierung, sondern Abgeordneter.

Durch die Informationsweitergabe wurde eine konkrete Gefahr eines Nachteils für öffentliche Interes-
sen von Rang begründet.

Die Gefährdung oder Vereitelung des Erfolgs von Strafverfolgungsmaßnahmen gegen Sebastian Eda-
thy würde zwar eine Gefährdung, bzw. Verletzung wichtiger öffentlicher Interessen darstellen, jedoch
ist nicht zu erkennen, dass dieser auf diesem Wege von den Ermittlungen erfahren haben könnte.

Dies kann jedoch ohnehin dahingestellt bleiben, da es für die Gefährdung wichtiger öffentlicher Inte-
ressen nach h. M. und höchstrichterlicher Rechtsprechung ausreicht, dass als mittelbare Folge des
Geheimnisbruchs das Vertrauen der Allgemeinheit in die Unparteilichkeit und Funktionsfähigkeit der
öffentlichen Verwaltung erschüttert wird […].

Im vorliegenden Fall erfüllte die Weitergabe der Information – auch unter Berücksichtigung des Zwe-
ckes der Offenbarung und der Person des Empfängers – diese Voraussetzung.

[…]

Der Beschuldigte gab die Information vorsätzlich weiter.

[…]“42

Die Staatsanwaltschaft Berlin bejahte in dem genannten Bericht eine fahrlässig herbeigeführte Erfolgskompo-

nente,

„[…] da es für den Beschuldigten zumindest vorhersehbar war, dass Sigmar Gabriel, dem keinerlei
Verschwiegenheitspflichten oblagen, in Anbetracht der Bedeutung der Information möglicherweise
zumindest die Parteispitze einweihen und damit der Kreis weiterer informierter Personen wachsen
würde.“43

Nach Abwägung aller Umstände erschien der Staatsanwaltschaft Berlin eine Verfahrenseinstellung nach § 153

Absatz 1 StPO sachgerecht.44

42 MAT A-Ber 18(27)5-1, Generalstaatanwaltschaft Berlin 142/AR 34/14, Bl. 70 (71 ff.), Bericht vom 16. Juni 2014.
43 MAT A-Ber 18(27)5-1, Generalstaatanwaltschaft Berlin 142/AR 34/14, Bl. 70 (74), Bericht vom 16. Juni 2014.
44 MAT A-Ber 18(27)5-1, Generalstaatanwaltschaft Berlin 142/AR 34/14, Bl. 70 (77 f.), Bericht vom 16. Juni 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 47 – Drucksache 18/6700
Das Landgericht Berlin begründete seine Zustimmung zur Verfahrenseinstellung45 damit, dass der Beschuldigte

- wie von der Staatsanwaltschaft zutreffend dargelegt worden sei - der rechtswidrigen und schuldhaften Verlet-

zung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht hinreichend verdächtig sei. Jedoch

wäre das Maß seiner Schuld als gering anzusehen. Er habe den objektiven Geschehensablauf sowohl öffentlich

als auch durch Stellungnahme seines Verteidigers im Ermittlungsverfahren eingeräumt und als Konsequenz sei-

nes Handelns unmittelbar nach dessen Bekanntwerden sein Amt als Bundesminister niedergelegt. Nach den -

von ihm unwiderlegbar dargelegten - Gründen seines Tuns habe er nicht aus eigennützigen Motiven gehandelt.

Das Gericht stimme daher der Absicht der Staatsanwaltschaft, von der strafrechtlichen Verfolgung des Beschul-

digten abzusehen, zu.

d) Prüfung möglicher Tatbeteiligungen durch die Staatsanwaltschaft Berlin

Der Generalstaatsanwalt in Berlin, Ralf Rother, hat dem Ausschuss Akten vorgelegt, „die Strafanzeigen von

Privatpersonen gegen Politiker zum Gegenstand haben, welche sich - nach Ansicht der Anzeigenden - zumindest

auch der Beteiligung an der dem ehemaligen Bundesminister des Innern Dr. Hans-Peter Friedrich vorgeworfe-

nen Verletzung des Dienstgeheimnisses strafbar gemacht haben sollen“46. Der Generalstaatsanwalt in Berlin

teilte hierzu mit, die Staatsanwaltschaft Berlin habe „aus zutreffenden Erwägungen keine zureichenden tatsäch-

lichen Anhaltspunkte für den Verdacht einer Beteiligung an der dem ehemaligen Bundesminister des Innern Dr.

Hans-Peter Friedrich vorgeworfenen Verletzung des Dienstgeheimnisses festgestellt“47. Den Angaben des Ge-

neralstaatsanwalts zufolge habe die Staatsanwaltschaft Berlin hierzu ausgeführt, dass:

„nach Prüfung der Sach- und Rechtslage mangels konkreter tatsächlicher Anknüpfungspunkte für
strafbare Handlungsweisen keine (Vor-)Ermittlungen gegen den Staatssekretär des Bundesministeri-
ums des Innern, Klaus-Dieter Fritsche, eingeleitet worden sind, der einer über seinen Verteidiger er-
folgten schriftlichen Stellungnahme des Dr. Hans-Peter Friedrich vom 2. Mai 2014 zufolge diesem -
zusammengefasst - empfohlen haben soll, den damaligen SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel vertrau-
lich davon in Kenntnis zu setzen, dass der Name des damaligen MdB Sebastian Edathy im Rahmen
internationaler Ermittlungen gegen einen Pädophilenring auf einer Liste deutscher Bürger aufgetaucht
sei. Die Weitergabe der Information an Dr. Hans-Peter Friedrich auf dem internen Dienstweg erfüllt
nicht den Tatbestand eines Geheimnisverrats i.S.d. § 353 b StGB.

Die Erteilung eines entsprechenden Ratschlags stellt jedenfalls dann weder eine Beihilfe i.S.d. § 27
StGB noch eine Anstiftung i.S.d. § 26 StGB zu einem Geheimnisverrat dar, wenn dies - wie hier
geschehen - innerhalb hierarchischer Strukturen gegenüber einem Vorgesetzten geschieht, dem - auch
aus der Sicht des Beratenden, dessen Willen alleine darauf gerichtet ist, pflichtgemäß Rat zu erteilen
- die letzte Prüfung und Entscheidungshoheit obliegt, zumal im vorliegenden Fall weder der Zeitpunkt
noch die Art und Weise der Informationsweitergabe abschließend erläutert worden sein sollen.“48

45 MAT A-Ber 18(27)5-1, Staatsanwaltschaft Berlin 276/Js 380/14, Bd. 1, Bl. 178a, Beschluss vom 10. September 2014.
46 MAT A-Ber 18(27)29, Bl. 1 (2), Anschreiben zur Übersendung von Aktendoppeln vom 13. Oktober 2014.
47 MAT A-Ber 18(27)29, Bl. 1, Anschreiben zur Übersendung von Aktendoppeln vom 13. Oktober 2014.
48 MAT A-Ber 18(27)29, Bl. 1 f., Anschreiben zur Übersendung von Aktendoppeln vom 13. Oktober 2014.

Drucksache 18/6700 – 48 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

3. Verfahren, denen der Verdacht zugrunde liegt, dass Sebastian Edathy vor den drohenden Ermittlungen
gewarnt worden ist

Die Staatsanwaltschaften Hannover und Lüneburg führten parallel zur Arbeit des Untersuchungsausschusses

Ermittlungsverfahren, denen der Verdacht zugrunde lag, dass Sebastian Edathy vor Ermittlungen gegen ihn im

Zusammenhang mit Kinder- und Jugendpornografie gewarnt worden sein könnte. Die Ermittlungsakten zu die-

sen Verfahren sind dem Ausschuss in Auszügen, die teilweise geheimschutzrechtlich eingestuft waren, zugäng-

lich gewesen.49

4. Kein Verfahren gegen den Präsidenten des Bundeskriminalamtes a. D. Jörg Ziercke

Nachdem der ehemalige Präsident des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke in der 18. Sitzung des 2. Untersu-

chungsausschusses am 18. Dezember 2014 als Zeuge vernommen worden war, berichtete das Nachrichtenportal

welt.de am 19. Dezember 2014, die Staatsanwaltschaft Wiesbaden sehe „keinen Anfangsverdacht, der uns ver-

anlassen könnte, konkrete Maßnahmen zu ergreifen“.50 Am 10. Februar 2015 teilte die Staatsanwaltschaft Lü-

neburg, die in anderer Sache um Übermittlung bestimmter Vernehmungsprotokolle des 2. Untersuchungsaus-

schusses gebeten hatte, mit, sie erwäge, die den Zeugen Jörg Ziercke betreffenden Protokolle zuständigkeitshal-

ber an die Staatsanwaltschaft Wiesbaden weiterzuleiten.51 Der Ausschuss hat in seiner 27. Sitzung am 25. Feb-

ruar 2015 einvernehmlich beschlossen, einer solchen Übermittlung zuzustimmen.52

II. Verfahren gegen den Abgeordneten Michael Hartmann

1. Prüfvorgang der Staatsanwaltschaft Lüneburg gegen den Zeugen Michael Hartmann wegen des Verdachts
einer Strafvereitelung

Die Staatsanwaltschaft Lüneburg leitete gegen den Zeugen Michael Hartmann ein Prüfverfahren wegen des

Verdachts einer Strafvereitelung ein. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg hat den 2. Untersuchungsausschuss zum

Zwecke der Prüfung eines diesbezüglichen Anfangsverdachts um Übersendung der Protokolle über die Verneh-

mungen der Zeugen Edathy, Hartmann, Ziercke und gegebenenfalls weiterer vom Ausschuss in diesem Zusam-

menhang vernommener Zeugen gebeten.53 Der Ausschuss ist diesem Ersuchen durch Übermittlung der Proto-

kolle der in der 19., 21., 24. und 26. Sitzung durchgeführten Zeugenvernehmungen nachgekommen.

49 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 18.
50 „Mit jedem Detail wächst das Risiko für die SPD", DIE WELT, http://www.welt.de/politik/deutschland/article135586272/Mit-jedem-Detail-

waechst-das-Risiko-fuer-die-SPD.html, zuletzt abgerufen am 10. Juni 2015.
51 Schreiben der Staatsanwaltschaft Lüneburg an die Vorsitzende des 2. Untersuchungsausschusses vom 10. Februar 2015, S. 2.
52 Kurzprotokoll-Nr. 27, S. 9.
53 Schreiben der Staatsanwaltschaft Lüneburg an die Vorsitzende des 2. Untersuchungsausschusses vom 10. Februar 2015.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 49 – Drucksache 18/6700

2. Verfahren der Staatsanwaltschaft Berlin gegen den Zeugen Hartmann wegen des Verdachts einer falschen
uneidlichen Aussage

Dem Ausschuss ist im Verlauf des Untersuchungsverfahrens bekannt geworden, dass bei der Staatsanwaltschaft

Berlin ein Prüfvorgang im Hinblick auf eine mögliche falsche uneidliche Aussage des Zeugen Hartmann in

Zusammenhang mit seiner Aussage vor diesem Untersuchungsausschuss existiert. Der Ausschuss hat der Staats-

anwaltschaft Berlin vor diesem Hintergrund die Protokolle der in der 19., 21., 24. und 26. Sitzung durchgeführten

Zeugenvernehmungen zur Verfügung gestellt. Presseberichten zufolge hat die Staatsanwaltschaft Berlin am

16. September 2015 wegen des Verdachts einer falschen uneidlichen Aussage vor dem Untersuchungsausschuss

ein Ermittlungsverfahren gegen den Zeugen Hartmann eingeleitet.54

III. Weitere Verfahren mit Bezug zum Untersuchungsgegenstand

Sebastian Edathy meldete am 12. Februar 2014 der Verwaltung des Deutschen Bundestages, dass sein Laptop

während einer Bahnfahrt auf der Strecke Hannover–Amsterdam am 31. Januar 2014 gestohlen worden sei.55 Die

Staatsanwaltschaft Hannover leitete wegen des von Sebastian Edathy als gestohlen gemeldeten Laptops zwei

Ermittlungsverfahren ein. Ein Verfahren gegen Unbekannt betraf den Verdacht des Diebstahls.56 Das zweite

Verfahren, das sich gegen Sebastian Edathy richtete, betraf den Verdacht des Vortäuschens einer Straftat.57 Die

Ermittlungsakten zu diesen Verfahren sind dem Ausschuss in Auszügen, die teilweise geheimschutzrechtlich

eingestuft waren, zugänglich gewesen. Beide Ermittlungsverfahren wurden nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt,

da sich trotz umfangreicher Maßnahmen ein hinreichend konkreter Sachverhalt nicht habe feststellen lassen.58

Im Zusammenhang mit der Anwesenheit eines Reporters der Zeitung „Die Harke“ bei einer Durchsuchungs-

maßnahme in der Wohnung von Sebastian Edathy am 10. Februar 2014 leiteten die Staatsanwaltschaften Han-

nover und Lüneburg Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verrats von Dienstgeheimnissen betreffend

diesen Journalisten ein.59 Die Staatsanwaltschaft Hannover leitete auf Grundlage dieses Sachverhalts ein weite-

res Verfahren betreffend diesen Journalisten wegen des Verdachts des Hausfriedensbruchs ein.60 Die Ermitt-

lungsakten zu diesen Verfahren sind dem Ausschuss in Auszügen, die teilweise geheimschutzrechtlich eingestuft

waren, zugänglich gewesen.

54 „Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen SPD-Politiker Michael Hartmann", HAMBURGER MORGENPOST, 9. Oktober 2015,
http://www.mopo.de/politik---wirtschaft/edathy-affaere-staatsanwaltschaft-berlin-ermittelt-gegen-spd-politiker-michael-hart-
mann,5066858,32123708.html, zuletzt abgerufen am 27. Oktober 2015.

55 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 9, lfd. Nr. 29, Bl. 116, Neue Osnabrücker Zeitung, 19. Februar 2014.
56 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 5, lfd. Nr. 31-33.
57 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 36-38.
58 Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Hannover vom 17. Juli 2014, http://www.staatsanwaltschaften.niedersachsen.de/portal/live.php?naviga-

tion_id=22875&article_id=126374&_psmand=165, zuletzt abgerufen am 17. September 2015.
59 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 8, lfd. Nr. 60.
60 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 9, lfd. Nr. 78-80.

Drucksache 18/6700 – 50 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Staatsanwaltschaft Hannover leitete wegen des unverschlossenen Umschlags, mit dem das Schreiben der

Staatsanwaltschaft Hannover vom 6. Februar 2014 zur Unterrichtung über die Einleitung eines Ermittlungsver-

fahrens gegen Sebastian Edathy an den Präsidenten des Deutschen Bundestages übersandt worden ist, ein Er-

mittlungsverfahren gegen Unbekannt ein.61 Die Ermittlungsakte zu diesem Verfahren ist dem Ausschuss in Aus-

zügen, die geheimschutzrechtlich eingestuft waren, zugänglich gewesen.

Die Staatsanwaltschaft Lüneburg leitete auf Grund einer Vielzahl entsprechender Strafanzeigen Verfahren gegen

Sigmar Gabriel, Thomas Oppermann und Dr. Frank-Walter Steinmeier wegen des Verdachts der Strafvereite-

lung ein.62 Diese Verfahren wurden mangels eines hinreichenden Tatverdachts eingestellt.63 Die Akten lagen

dem Ausschuss in Auszügen, die teilweise geheimschutzrechtlich eingestuft waren, vor.

Die Staatsanwaltschaft Bückeburg leitete gegen Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich ein Ermittlungsver-

fahren wegen des Verdachts des Geheimnisverrats anlässlich der von diesem am 14. Februar 2014 veranstalteten

Pressekonferenz zum Verfahren gegen Sebastian Edathy ein.64 Die Ermittlungsakte zu diesem Verfahren ist dem

Ausschuss in Auszügen, die teilweise geheimschutzrechtlich eingestuft waren, zugänglich gewesen.

Wegen des Verdachts des Geheimnisverrats durch Weitergabe eines LKA-Berichts zu dem Verfahren gegen

Sebastian Edathy wegen des Verdachts des Besitzes von Kinder- und Jugendpornografie leitete die Staatsan-

waltschaft Hannover ein Ermittlungsverfahren ein.65 Die Ermittlungsakte zu diesem Verfahren ist dem Aus-

schuss in Auszügen, die teilweise geheimschutzrechtlich eingestuft waren, zugänglich gewesen.

Aus einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Göttingen vom 1. Juni 2015 ergibt sich ferner, dass ein Er-

mittlungsverfahren gegen den Generalstaatsanwalt in Celle, den Zeugen Dr. Frank Lüttig, geführt worden ist.

Unter anderem seien die Ermittlungen zur „Weitergabe des Berichts des Landeskriminalamts Niedersachsen

vom 22. April 2014 und des Berichts der Staatsanwaltschaft Hannover vom 29. April 2014 im Ermittlungsver-

fahren gegen Edathy“ geführt worden. Das Verfahren gegen Dr. Lüttig ist mit der Begründung eingestellt wor-

den, die Ermittlungen hätten keinen genügenden Anlass zur Anklageerhebung geboten.66

C. Gang der Untersuchung

I. Rechtsgrundlagen für die Arbeit des Untersuchungsausschusses

Verfassungsrechtliche Grundlage der Arbeit des 2. Untersuchungsausschusses war Artikel 44 des Grundgesetzes

(GG), wonach ein Untersuchungsausschuss „in öffentlicher Verhandlung die erforderlichen Beweise erhebt“.

Auf einfachgesetzlicher Ebene bildeten das Gesetz zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des

61 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 5, lfd. Nr. 34–35.
62 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 8, lfd. Nr. 61–75 und 77.
63 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 20, Bl. 81 ff., Verfügung der Staatsanwaltschaft Lüneburg vom 24. Juni 2014.
64 MAT A-Nds 18(27) 10-11-1, Anlage 1, Ordner 5, lfd. Nr. 15 und 16.
65 MAT A-Nds 18(27)10-14, Anlage 1, Ordner 8, lfd. Nr. 57.
66 Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Göttingen vom 1. Juni 2015, http://www.staatsanwaltschaften.niedersachsen.de/portal/live.php?naviga-

tion_id=22920&article_id=134090&_psmand=165, zuletzt abgerufen am 8. August 2015.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 51 – Drucksache 18/6700
Deutschen Bundestages (Untersuchungsausschussgesetz – PUAG) vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1142), das

durch Artikel 4 Absatz 1 des Gesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) geändert worden ist, die Strafprozess-

ordnung (StPO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt geän-

dert durch Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10) in entsprechender Anwendung

auf Beweiserhebungen und die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages - insbesondere die dieser als An-

lage 3 beigefügte Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages - weitere Rechtgrundlagen für die Arbeit

des 2. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode.

II. Beschlüsse und Absprachen zum Verfahren

Der 2. Untersuchungsausschuss hat in seiner 2. Sitzung am 4. Juli 2014 folgende elf Beschlüsse zum Verfahren

gefasst:

„Beschluss 1

zum Verfahren
Zutritt von Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern

(zu § 12 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz)

Von den Fraktionen benannte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Zutritt zu allen Sitzungen des
Ausschusses, jedoch zu den VS-VERTRAULICH oder höher eingestuften Sitzungen nur, soweit sie
die persönlichen Voraussetzungen erfüllen.“

„Beschluss 2

zum Verfahren
Protokollierung der Ausschusssitzungen
(zu § 11 Untersuchungsausschussgesetz)

Die Protokollierung der Sitzungen des Untersuchungsausschusses gemäß § 11 Untersuchungsaus-
schussgesetz wird wie folgt durchgeführt:

1. Alle Sitzungen, die der Beweiserhebung oder sonstiger Informationsbeschaffung des Aus-
schusses dienen, sind stenographisch aufzunehmen. Die vorläufigen Protokolle der Ausschusssitzun-
gen sind grundsätzlich zwei Tage vor der nächsten Ausschusssitzung fertigzustellen und entsprechend
dem Beschluss Nr. 3 zu verteilen.

2. Ergebnisse und wesentliche Argumente aller Beratungssitzungen werden in einem durch das
Sekretariat vor der nächsten Beratungssitzung zu fertigenden Kurzprotokoll festgehalten. Das Proto-
koll gilt als genehmigt, wenn Einwände in der nächsten Sitzung nicht erhoben werden. In diesem Fall
entscheidet der Ausschuss.

3. Zum Zwecke der Protokollerstellung wird von Beratungssitzungen eine Bandaufnahme gefer-
tigt. Der Ausschuss kann vor Beginn der Beratung eines bestimmten Beratungsgegenstandes beschlie-
ßen, dass hierzu ausnahmsweise durch das Sekretariat ein Wortprotokoll in der Form einer Abschrift
der Bandaufnahme erstellt wird.“

„Beschluss 3

zum Verfahren
Behandlung der Ausschussprotokolle

Drucksache 18/6700 – 52 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Protokollierung der Sitzungen des Untersuchungsausschusses gemäß § 11 Untersuchungsaus-
schussgesetz wird wie folgt durchgeführt:

I. Protokolle nichtöffentlicher Sitzungen

1. Die Protokolle der nichtöffentlichen Sitzungen des Ausschusses erhalten die ordentlichen Mit-
glieder des Untersuchungsausschusses, ihre Stellvertreterinnen und Stellvertreter, die benannten Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen sowie die Beauftragten der Bundesregierung und des
Bundesrates. Die Übermittlung erfolgt elektronisch und als Ausdruck, wobei die Fraktionen für alle
von ihnen benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur je einen Ausdruck erhalten.

2. Dritte haben grundsätzlich kein Recht auf Einsichtnahme in Protokolle nichtöffentlicher Sit-
zungen und folglich auch nicht darauf, dass ihnen Kopien solcher Protokolle überlassen werden. Eine
Ausnahme besteht nur gegenüber Behörden, wenn der Untersuchungsausschuss entschieden hat,
Amtshilfe zu leisten.

II. Protokolle öffentlicher Sitzungen

1. Mit Protokollen öffentlicher Sitzungen beziehungsweise von Sitzungen zur Beweisaufnahme
wird ebenso wie unter Abschnitt I. beschrieben verfahren.

2. Einem Dritten kann Einsicht in die Protokolle öffentlicher Sitzungen gewährt werden, wenn er
ein ‚berechtigtes Interesse nachweist‘ (Abschnitt II der Richtlinien für die Behandlung der Aus-
schussprotokolle gemäß § 73 Abs. 3 GO-BT in der gültigen Fassung). Das Vorliegen des berechtigten
Interesses prüft der Vorsitzende. Die Entscheidung über die Gewährung von Einsicht trifft der Aus-
schuss.

3. Den Zeugen ist zur Prüfung der Richtigkeit der Protokollierung das Protokoll über ihre Ver-
nehmung zuzustellen (§ 26 Abs. 1 Untersuchungsausschussgesetz).

III. Protokolle VS-VERTRAULICH oder höher eingestufter Sitzungen

1. Der Zugang zu Protokollen von VS-Vertraulich oder höher eingestuften Sitzungen ist für den
unter Nummer I.1 genannten Personenkreis nach den Regeln über die Behandlung von VS-Dokumen-
ten möglich.

2. Ist das Protokoll über die Aussage einer Zeugin oder eines Zeugen VS-VERTRAULICH oder
höher eingestuft, so ist ihr beziehungsweise ihm Gelegenheit zu geben, dies in der Geheimschutzstelle
des Deutschen Bundestages einzusehen. Eine Kopie erhält sie beziehungsweise er nicht.“

„Beschluss 4

zum Verfahren
Verteilung von Ausschussdrucksachen,

Beweisbeschlüssen und Ausschussmaterialien

I. Die Ausschussmaterialien werden wie folgt bezeichnet:

1. MAT A sind Antworten auf Beschlüsse zur Beweiserhebung. Deren Bezeichnung soll die Art
des Beweismittels und bei Akten und Daten die herausgebende Stelle deutlich machen.

2. MAT B sind Beweismaterialien, die nicht aufgrund eines Beweisbeschlusses, sondern aufgrund
freiwilliger Zusendung eingehen. Deren Bezeichnung soll die herausgebende Stelle deutlich machen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53 – Drucksache 18/6700

3. MAT C sind Materialien, die einen Bezug zum Untersuchungsauftrag haben, aber nicht direkt
die zu untersuchenden Vorgänge dokumentieren. Unterlagen sind als MAT C zu berücksichtigen,
wenn dies eine Fraktion im Ausschuss verlangt.

II. Eine Verteilung von Ausschussdrucksachen, Beweisbeschlüssen und Ausschussmaterialien er-
folgt an:

1. ordentliche und stellvertretende Mitglieder,

2. Benannte Mitarbeiter/-innen der Fraktionen,

3. Beauftragte der Bundesregierung und des Bundesrates.

III. Verteilung in elektronischer Form

Ausschussdrucksachen, Beweisbeschlüsse und Ausschussmaterialien, die nicht VS-VERTRAULICH
oder höher eingestuft sind, werden vom Sekretariat in elektronischer Form zur Verfügung gestellt. Der
in Ziffer II genannte Personenkreis wird vom Sekretariat in elektronischer Form von jeder neu verfüg-
baren Unterlage unmittelbar nach Eingang auf geeignete Weise in Kenntnis gesetzt. Soweit Unterla-
gen dem Ausschuss nicht in elektronischer Form zur Verfügung gestellt werden, besorgt das Sekreta-
riat die Ablichtung.

IV. Verteilung in gedruckter Form

1. Ausschussdrucksachen, Beweisbeschlüsse, die Anschreiben der übergebenden Stellen zu Aus-
schussmaterialien und Ausschussmaterialien mit einem Umfang bis 100 Seiten sind an den in Ziffer
II. genannten Personenkreis zu verteilen.

2. Ausschussdrucksachen und Ausschussmaterialien mit einem Umfang von 101 bis 1 000 Seiten
werden in je zwei Exemplaren an alle Fraktionen verteilt.

3. Ausschussdrucksachen und Ausschussmaterialien mit einem Umfang ab 1 001 Seiten werden
in je einem Exemplar an alle Fraktionen verteilt.“

„Beschluss 5

zum Verfahren
Verteilung von Verschlusssachen

(zu § 16 Abs. 1 Untersuchungsausschussgesetz)

I. Grundsatz der Verteilung von zugeleiteten Verschlusssachen

Von den für den Ausschuss in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages eingehenden VS-
VERTRAULICH, GEHEIM oder entsprechend eingestuften Beweismaterialien sind Ausfertigungen
herzustellen und zwar für

1. die Fraktionen im Ausschuss je zwei (ab einem Umfang von 1 001 Seiten eines),

2. Sekretariat und Vorsitzenden zwei (ab einem Umfang von 1 001 Seiten eines).

Mitgliedern der Fraktionen sowie den von den Fraktionen benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
tern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sekretariats, die zum Umgang mit Verschlusssachen
ermächtigt und zur Geheimhaltung förmlich verpflichtet sind, werden auf Wunsch die jeweiligen
Exemplare ausgehändigt.

Drucksache 18/6700 – 54 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Geheimschutzbeauftragte des Deutschen Bundestages wird aufgefordert, den Mitgliedern des
Ausschusses und benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen in Räumen, die von
diesen bestimmt werden, Verwahrgelasse zur Aufbewahrung der Ausfertigung zur Verfügung zu stel-
len und unverzüglich die gegebenenfalls weiteren notwendigen technischen Sicherungsmaßnahmen
zu treffen.

II. Verteilung der vom Ausschuss eingestuften Verschlusssachen

Für die vom Ausschuss selbst VS-VERTRAULICH, VERTRAULICH gem. § 2a GSO, GEHEIM oder
GEHEIM gem. § 2a GSO eingestuften Unterlagen und Protokolle gilt Ziffer I. entsprechend.

III. Keine Verteilung von höher als ‚GEHEIM‘ eingestuften Unterlagen

STRENG GEHEIM oder entsprechend eingestufte Unterlagen stehen in der Geheimschutzstelle des
Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme zur Verfügung.

IV. Verteilung von „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuften Unterlagen

VS-NfD eingestufte Unterlagen werden verteilt und behandelt gemäß Beschluss 4 zum Verfahren in
Verbindung mit der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages.“

„Beschluss 6

zum Verfahren
Verpflichtung zur Geheimhaltung

1. Die Mitglieder des Ausschusses sind aufgrund des Untersuchungsausschussgesetzes, der Ge-
heimschutzordnung des Deutschen Bundestages, ggf. ergänzt um Beschlüsse des Ausschusses in Ver-
bindung mit § 353b Abs. 2 Nr. 1 StGB zur Geheimhaltung derjenigen Tatsachen und Einschätzungen
verpflichtet, die ihnen durch Übermittlung der von amtlichen Stellen als VS-VERTRAULICH bezie-
hungsweise VERTRAULICH und höher eingestuften Unterlagen bekannt werden. Der Ausschuss
wird mit Blick auf die Einstufung von übermittelten Unterlagen auf die Beachtung der Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juni 2009 (BVerfG, 2 BvE 2 3/07) dringen.

2. Diese Geheimhaltungsverpflichtung erstreckt sich auch auf solche Tatsachen und Einschätzun-
gen, die aufgrund von Unterlagen bekannt werden, deren VS-Einstufung beziehungsweise Behand-
lung als VS-VERTRAULICH oder höher sowie als VERTRAULICH oder höher durch den Untersu-
chungsausschuss selbst veranlasst oder durch den Vorsitzenden unter Berücksichtigung der Entschei-
dung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 1984 (BVerfGE 67, S. 100 ff.) zur Wahrung des
Grundrechtsschutzes (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Steuergeheimnisse und informationelles
Selbstbestimmungsrecht) vorgenommen wird.

3. Die Geheimhaltungsverpflichtung entfällt, wenn und soweit die aktenführende Stelle bezie-
hungsweise der Untersuchungsausschuss die Einstufung als VS-VERTRAULICH und höher bezie-
hungsweise die Behandlung als VERTRAULICH und höher aufheben.

4. Im Übrigen gilt die Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages.

5. Anträge, deren Inhalt geheimhaltungsbedürftig ist, sollen in der Geheimschutzstelle des Deut-
schen Bundestages hinterlegt werden. Über die Hinterlegung soll der Antragsteller das Ausschusssek-
retariat unterrichten.“

„Beschluss 7

zum Verfahren
Behandlung von Beweisanträgen

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55 – Drucksache 18/6700

Zur ordnungsgemäßen Vorbereitung der Beratungssitzungen werden Beweisanträge nur dann in einer
Beratungssitzung behandelt, wenn sie schriftlich bis zum Freitag der Vorwoche, 10.00 Uhr, im Sek-
retariat des Ausschusses eingegangen sind. Von dieser Frist kann einvernehmlich abgewichen wer-
den.“

„Beschluss 8

zum Verfahren
Verzicht auf Verlesung von Schriftstücken

(zu § 31 Untersuchungsausschussgesetz)

Gemäß § 31 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz wird auf die Verlesung von Protokollen und
Schriftstücken verzichtet, soweit diese vom Ausschusssekretariat allen Mitgliedern des Untersu-
chungsausschusses zugänglich gemacht worden sind.“

„Beschluss 9

zum Verfahren
Behandlung von Beweismitteln, die im Original nicht in deutscher Sprache formuliert sind

I. Sächliche Beweismittel

1. Sächliche Beweismittel, die dem Ausschuss nicht in deutscher Sprache übergeben werden, wer-
den vom Sprachendienst des Deutschen Bundestages unverzüglich ins Deutsche übersetzt, soweit min-
destens eine Fraktion im Ausschuss dies verlangt.

2. Die Übersetzung erhält eine dem Original zuordenbare MAT-Bezeichnung und wird entspre-
chend dem Verfahrensbeschluss zur Beweismittelverteilung an die Mitglieder verteilt.

3. Einwände gegen die Korrektheit der Übersetzung müssen innerhalb von zwei Wochen nach
Verteilung erhoben sein. Diese werden zur Stellungnahme an den Sprachendienst überwiesen. Im Üb-
rigen entscheidet der Ausschuss.

II. Zeugen- und Sachverständigenvernehmungen

1. Machen Zeugen oder Sachverständige vor dem Ausschuss ihre Angaben nicht in deutscher
Sprache, so werden deren Aussagen sowie die Fragen der Ausschussmitglieder während der Sitzung
für alle Anwesenden simultan übersetzt.

2. Das Protokoll der Sitzung wird sowohl in der vom Zeugen beziehungsweise Sachverständigen
verwendeten Sprache als auch in der Fassung der Simultanübersetzung niedergelegt.

3. Beide Fassungen werden dem Sprachendienst des Deutschen Bundestages zur Prüfung überge-
ben. Die Überprüfung erfolgt innerhalb von einer Woche. Anschließend werden dem Zeugen bzw.
dem Sachverständigen beide Fassungen zur Prüfung übersandt.

4. Im Übrigen erfolgt die Verteilung wie die der deutschsprachigen Protokolle.

5. Wegen der Übersetzung können Einwände gegen das Protokoll auch von Mitgliedern des Aus-
schusses erhoben werden. Diese müssen zwei Wochen nach der Verteilung des Protokolls im Aus-
schuss erhoben sein. Sie werden zur Stellungnahme an den Sprachendienst überwiesen. Im Übrigen
entscheidet der Ausschuss.“

„Beschluss 10

zum Verfahren
Fragerecht bei der Beweiserhebung

Drucksache 18/6700 – 56 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Das Fragerecht bei der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach § 24 Abs. 5 und § 28
Abs. 1 Untersuchungsausschussgesetz wird auf der Grundlage der Geschäftsordnung des Deutschen
Bundestages und der parlamentarischen Praxis bei Aussprachen im Plenum wie folgt gestaltet:

1. Zu Beginn stellt zunächst die Vorsitzende, nachdem der Zeugin beziehungsweise dem Zeugen
Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, weitere Fragen zur Aufklärung und Vervollständi-
gung der Aussage sowie zur Erforschung des Grundes, auf dem das Wissen der Zeugin beziehungs-
weise des Zeugen beruht.

2. Auf die Befragung durch die Vorsitzende folgen Befragungsrunden der Fraktionen. Für die
Bemessung des Zeitanteils der Fraktion innerhalb der Befragungsrunden wird die Verteilung der Re-
dezeiten im Plenum entsprechend angewendet.

- Für den Fall, dass die Vorsitzende von ihrem Recht zur Befragung des Zeugen in der Sache
Gebrauch gemacht hat, beginnt in allen Befragungsrunden die Fraktion DIE LINKE, danach
folgen die Fraktionen der CDU/CSU, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD.

- Wurde die erste Befragung des Zeugen durch den stellvertretenden Vorsitzenden durchge-
führt, beginnt in der ersten Befragungsrunden die Fraktion DIE LINKE, danach folgen die
Fraktionen der SPD, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU. In der zweiten
und allen weiteren Befragungsrunden beginnt die Fraktion DIE LINKE, dann folgen die Frak-
tionen der CDU/CSU, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD.

- Wurde durch den Vorsitz auf eine Befragung des Zeugen zur Sache verzichtet, beginnt in
allen Befragungsrunden die Fraktion der CDU/CSU, danach folgen die Fraktionen DIE
LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

3. Zwischenfragen können von der Vorsitzenden zugelassen werden, wenn das Ausschussmit-
glied zustimmt, das gerade die Befragung durchführt.

4. Bei Sachverständigenanhörungen und informatorischen Anhörungen wird entsprechend den
vorstehenden Regelungen verfahren.“

„Beschluss 11

zum Verfahren
Mitteilung aus nichtöffentlichen Sitzungen

(zu § 12 Abs. 3 Untersuchungsausschussgesetz)

Die Vorsitzende wird gemäß § 12 Abs. 3 PUAG dazu ermächtigt, die Öffentlichkeit über die in nicht-
öffentlicher Beratungssitzung erfassten Beschlüsse und Terminierungen des Ausschusses zu informie-
ren.

Hiervon unberührt bleibt das Recht der übrigen Ausschussmitglieder, ihre Position hierzu öffentlich
zu äußern.“

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 57 – Drucksache 18/6700

III. Vorbereitung der Beweiserhebung

1. Obleutebesprechungen

Zur Koordinierung und Strukturierung der Arbeit des Untersuchungsausschusses sind regelmäßig zur Vorberei-

tung wichtiger, den Untersuchungsausschuss betreffende Entscheidungen Obleutebesprechungen durchgeführt

worden.

2. Einholung von Sachverständigengutachten gemäß § 28 PUAG

In seiner öffentlichen 5. Sitzung am 24. September 2014 hat der Untersuchungsausschuss gemäß Beweisbe-

schluss 18(27)16 zu folgenden Themen eine Sachverständigenanhörung durchgeführt:

„‘1. Problemorientierte Darstellung der Rechtslage bezogen auf die Strafbarkeit der Verbreitung, des
Erwerbs und des Besitzes kinder- bzw. jugendpornografischer Schriften einschließlich der Kategori-
sierung entsprechender Schriften.‘

und

‘2. Problemorientierte Darstellung der

a. fachgesetzlichen Grundlagen des BKA (BKAG, StPO, StGB und jeweils konkretisierende
Bestimmungen) sowie

b. der strukturellen und funktionellen Grundlagen der Arbeit des BKA (insbesondere Zentral-
stellenfunktion und Zusammenwirken mit den staatsanwaltschaftlichen Zentralstellen zur Be-
kämpfung der Internetkriminalität sowie den Landeskriminalämtern),

jeweils in Bezug auf den Bereich der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes kinder- bzw. jugend-
pornografischer Schriften einschließlich der Kategorisierung entsprechender Schriften.‘“67

Zu Sachverständigen sind bestellt worden:

− Prof. Dr. Jörg Eisele, Eberhard Karls Universität Tübingen (Thema 1.),

− Prof. Dr. Joachim Renzikowski, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Thema 1.),

− Prof. Dr. Ralf Poscher, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Thema 2.),

− Prof. Dr. Thomas Feltes, M. A., Ruhr-Universität Bochum (Thema 2.).

67 Beweisbeschluss 18(27)16.
Drucksache 18/6700 – 58 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Mit der Anhörung der Sachverständigen sollte ein wissenschaftlicher Rahmen zur Unterstützung des sachorien-

tierten Ablaufs der Untersuchung und der Aufklärung durch den Ausschuss geschaffen werden. Die Sachver-

ständigen haben schriftliche Stellungnahmen abgegeben68 und sind in der 5. Sitzung des Ausschusses öffentlich

angehört worden. Die schriftlichen Stellungnahmen sind auf den Internetseiten des Ausschusses veröffentlicht.

IV. Beweiserhebung durch Beiziehung von Akten, Berichten, Protokollen und sonstigen
Unterlagen

1. Art, Herkunft und Umfang des Beweismaterials

Zum Zweck der Beweiserhebung hat der 2. Untersuchungsausschuss Akten, Berichte, Protokolle und sonstige

Unterlagen beigezogen. Hierbei hat es sich um Unterlagen folgender Stellen und Personen gehandelt:

- Deutscher Bundestag

- Innenausschuss

- Bundesregierung:

- Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes

- Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern

- Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz

- Bundesländer:

- Niedersächsische Staatskanzlei

- Geschäftsbereich des Niedersächsischen

Justizministeriums

- Geschäftsbereich des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport

- Geschäftsbereich des Hessischen Ministeriums der Justiz

- Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz

- Geschäftsbereich des Senators für Justiz und Verbraucherschutz Berlin

- Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder

- Präsident der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster

- Sonstige:

- Sebastian Edathy

- Rechtsanwalt Christian Noll

68 Ausschuss-Drs. 18(27)37 bis 18(27)39 – Stellungnahmen Sachverständige.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 59 – Drucksache 18/6700

2. Bitten um fristgemäße Aktenvorlage und Vollständigkeitserklärung gemäß § 18 Absatz 2 PUAG

Die um Aktenvorlage ersuchten Ministerien und Behörden von Bund und Ländern sowie Privatpersonen sind

ihrer Verpflichtung auf Vorlage der sächlichen Beweismittel durch die Herausgabe der in den Beweisbeschlüs-

sen benannten Unterlagen im geforderten Umfang nachgekommen. Bei den auf Grundlage der Beweisbeschlüsse

vorgelegten Unterlagen hat es sich nahezu durchgehend um Kopien gehandelt.

Das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie das Bundesminis-

terium des Innern haben Erklärungen über die Vollständigkeit des von ihnen jeweils vorgelegten Materials im

Hinblick auf nahezu alle vom Ausschuss gefassten Beweisbeschlüsse abgegeben. Die Vollständigkeitserklärung

des Bundesministeriums des Innern hat auch das aus dem Bundeskriminalamt stammende Material eingeschlos-

sen.

3. Absehen vom Vollzug eines auf die technische Überprüfung der Mobilfunkgeräte Sebastian Edathys ge-
richteten Beweisbeschlusses

Mit einem in der 20. Sitzung am 15. Januar 2015 gefassten Beweisbeschluss ersuchte der Untersuchungsaus-

schuss Sebastian Edathy um Herausgabe seiner Mobilfunkgeräte zur technischen Überprüfung der Manipulati-

onsfreiheit der von diesem Zeugen vorgelegten SMS-Kommunikation mit Michael Hartmann, Sigmar Gabriel

und Thomas Oppermann.69 In seiner 31. Sitzung am 19. März 2015 hat der Untersuchungsausschuss beschlos-

sen, von einem Vollzug dieses Beweisbeschlusses abzusehen.

4. Einstufungen von Beweismaterialien

Bei einem Teil der von Ministerien und Behörden übermittelten Materialien handelte es sich um Dokumente mit

einer Einstufung VS-NfD. Im Hinblick auf das Interesse des Untersuchungsausschusses, die Zeuginnen und

Zeugen möglichst in öffentlicher Sitzung zu vernehmen, gab der Beauftragte der Bundesregierung für den 2. Un-

tersuchungsausschuss in der 6. Sitzung am 9. Oktober 2014 die grundsätzliche Zustimmung, dass Dokumente

des Bundesministeriums des Innern und seines Geschäftsbereiches, die dem Ausschuss in Erfüllung von Be-

weisbeschlüssen übermittelt wurden und VS-NfD eingestuft sind, auch in öffentlichen Sitzungen vorgehalten

und zitiert werden können, soweit schutzwürdige Rechte Dritter nicht berührt seien. Eine geheimschutzrechtli-

che Herabstufung der Akten sei damit nicht verbunden.

Auf Bitte des Landes Rheinland-Pfalz hat der Untersuchungsausschuss in seiner 3. Sitzung am 10. September

2014 drei Ordner mit Akten der Staatsanwaltschaft Mainz zum Schutz von Persönlichkeitsrechten gemäß § 15

69 Beweisbeschluss 19(27)59.
Drucksache 18/6700 – 60 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Absatz 1 Satz 1 PUAG in Verbindung mit § 2a Absatz 2 der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages

mit dem Geheimhaltungsgrad VS-VERTRAULICH versehen.

Das Land Berlin hat dem Ausschuss mehrere Akten der Generalstaatsanwaltschaft Berlin und der Staatsanwalt-

schaft Berlin übersandt - darunter befanden sich auch die Ermittlungsakten zu dem Verfahren gegen Dr. Hans-

Peter Friedrich. Der Ausschuss hat diesbezüglich aus Berlin stammende Materialien mit Blick auf das noch

laufende Ermittlungsverfahren in seiner 3. Sitzung am 10. September 2014 sowie in seiner 10. Sitzung am 5. No-

vember 2014 gemäß § 15 Absatz 1 Satz 1 PUAG in Verbindung mit § 2 Absatz 1 der Geheimschutzordnung des

Deutschen Bundestages jeweils mit dem Geheimhaltungsgrad VS-NfD versehen.

Auf Bitte des Bundesministeriums des Innern wurden zum Schutz personenbezogener Daten gelieferte Akten zu

14 vom Bundeskriminalamt geführten Ermittlungsverfahren zunächst durch die Vorsitzende gemäß § 15 Absatz

1 Satz 2 PUAG in Verbindung mit § 2a Absatz 2 der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages vorläu-

fig eingestuft. In seiner 4. Sitzung am 24. September 2014 hat der Untersuchungsausschuss beschlossen, diese

Akten gemäß § 15 Absatz 1 Satz 1 PUAG in Verbindung mit § 2a Absatz 2 der Geheimschutzordnung des

Deutschen Bundestages endgültig als VERTRAULICH einzustufen.

Zudem hat der Untersuchungsausschuss in seiner 4. Sitzung am 24. September 2014 sowie in seiner 14. Sitzung

am 26. November 2014 beschlossen, vom Bundesministerium des Innern gelieferte Beweismaterialien zum Be-

amten „X” jeweils gemäß § 15 Absatz 1 Satz 1 PUAG in Verbindung mit § 2a Absatz 1 der Geheimschutzord-

nung des Deutschen Bundestages als GEHEIM einzustufen und die Akten zwar gemäß Verfahrensbeschluss 5

zu vervielfältigen, aber nicht zu verteilen, sondern diese zur Einsichtnahme in der Geheimschutzstelle des Deut-

schen Bundestages vorzuhalten.

Ebenfalls in seiner 4. Sitzung hat der Untersuchungsausschuss beschlossen, zwei Aktenbände aus dem Hessi-

schen Ministerium der Justiz sowie 84 Aktenstücke der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main gemäß

§ 15 Absatz 1 Satz 1 PUAG in Verbindung mit § 2a Absatz 1 der Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-

destages mit dem Geheimhaltungsgrad GEHEIM zu versehen. Zum wirksamen Schutz von Persönlichkeitsrech-

ten sind die Ausschussmitglieder übereingekommen, abweichend von Beschluss 5 zum Verfahren bestimmte

Akten nicht von der Geheimschutzstelle vervielfältigen zu lassen und die betroffenen Akten zu Einsichtnahme

ausschließlich in der Geheimschutzstelle vorzuhalten.

In seiner 32. Sitzung am 19. März 2015 hat der Untersuchungsausschuss gemäß § 15 Absatz 1 Satz 1 PUAG in

Verbindung mit § 2a Absatz 2 der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages dem Ausschuss auf Bitten

des Abgeordneten Uli Grötsch – nachdem Rücknahme des diesbezüglichen Beweisantrages 18(27)85 der Frak-

tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend die Herausgabe von SPD-Schriftverkehr mit

oder über Sebastian Edathy für den Fall der Vorlage der Unterlagen in der 25. Sitzung am 5. Februar 2015 in

Aussicht gestellt worden war – freiwillig vorgelegte Dokumente und Schriftverkehr der Abgeordneten Christine

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 61 – Drucksache 18/6700
Lambrecht und Thomas Oppermann sowie des SPD-Fraktionsmitarbeiters Heiner Staschen mit dem Geheim-

haltungsgrad VERTRAULICH versehen. Es wurde beschlossen, die Dokumente zur Einsichtnahme in der Ge-

heimschutzstelle des Deutschen Bundestages vorzuhalten und nicht zu vervielfältigen.

Ein Teil der vom Land Niedersachsen übermittelten Materialien war mit dem Zusatz „Vertraulich“ versehen.

Die Niedersächsische Staatskanzlei hat hierzu ausgeführt, Straf- und Ermittlungsakten sowie daraus stammende

Informationen in anderen Vorgängen könnten mit Rücksicht auf schutzwürdige Interessen Dritter nur vertraulich

zur Verfügung gestellt werden70. Das Land Niedersachsen hat zudem auf Grundlage landesrechtlicher Maßstäbe

Aktenbestandteile teilweise nicht vorgelegt.

Auf Bitten des Untersuchungsausschusses, vor dem Hintergrund des zwischenzeitlich eingestellten Strafverfah-

rens gegen Sebastian Edathy zu prüfen, ob die „Vertraulich“ eingestuften Dokumente komplett herabgestuft

werden könnten, hat das Land Niedersachen nach Abschluss der Zeugenvernehmungen Akten in geringem Um-

fang herabgestuft.

5. Weitere Aktenvorlage durch das Land Niedersachsen

Maßstab der Entscheidung zur Bereitstellung von Akten war für die Niedersächsische Landesregierung Artikel

24 Absatz 2 der Niedersächsischen Verfassung, welche die Niedersächsische Landesregierung aufgrund der ein-

schlägigen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung im Rechtsrahmen des Artikel 44 Absatz 3 GG als

auf die Aktenvorlage im Rahmen der Amtshilfe an den 2. Untersuchungsausschuss des Bundestages übertragbar

ansah.71

Das Land Niedersachsen hat mit Schreiben vom 26. August 2014 mitgeteilt, dass die Bitte des Ausschusses zur

Vorlage von Akten bis Anfang September 2014 „angesichts des Aktenvolumens und des damit verbundenen

Arbeitsumfangs“ nicht in vollem Umfang erfüllt werden könne.72 Vor diesem Hintergrund sind Akten zu den

Beweisbeschlüssen 18(27)10 bis 14 wie folgt zeitlich gestaffelt in insgesamt vier Tranchen vorgelegt worden.

1. Tranche am 27. August 201473, 2. Tranche am 6. Oktober 201474, 3. Tranche am 14. Oktober 201475 und

4. Tranche am 16. Dezember 201476. Akten zu noch laufenden Ermittlungsverfahren sind, um laufende Ermitt-

lungen nicht zu gefährden, im Zuge der Übersendung einzelner Tranchen vorgelegt und teilweise ergänzt wor-

den. Das Land Niedersachsen hat im Rahmen der sukzessiven Lieferungen mitgeteilt, welche Akten im Einzel-

nen nicht vorgelegt würden, weil diese keinen Bezug zum Untersuchungsgegenstand hätten. Auf Bitten des

Ausschusses sind im weiteren Verlauf auch solche Akten vorgelegt worden.

70 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Bl. 1 (2), Anschreiben vom 2. Oktober 2014.
71 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Bl. 1 f., Anschreiben vom 2. Oktober 2014.
72 MAT A-Nds 18(27)10-14, Anschreiben vom 26. August 2014.
73 MAT A-Nds 18(27)10-14, Anschreiben vom 26. August 2014.
74 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Bl. 1 ff., Anschreiben vom 2. Oktober 2014.
75 MAT A-Nds 18(27)13-1-VERTR, Schreiben vom 14. Oktober 2014.
76 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anschreiben vom 16. Dezember 2014.

Drucksache 18/6700 – 62 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zu Beweisbeschluss 18(27)9 erfolgte die Aktenvorlage unabhängig von den genannten vier Tranchen in insge-

samt fünf Lieferungen, mit denen ein vom Ausschuss durch den genannten Beweisbeschluss erbetenes Perso-

nenverzeichnis sukzessive ergänzt worden ist. Der Ausschuss hatte während dieser Lieferungen mehrfach gebe-

ten, die Vollständigkeit der vorgelegten Verzeichnisse zu prüfen. Die fünfte Lieferung zu Beweisbeschluss

18(27)9 erfolgte unter Berücksichtigung einer in der 35. Sitzung des Ausschusses gegenüber dem Chef der Nie-

dersächsischen Staatskanzlei übermittelten Bitte, den genannten Beweisbeschluss „großzügig“ auszulegen.77

Diese Bitte zielte im Ergebnis darauf ab, auch Personen in das erbetene Verzeichnis aufzunehmen, die eine

Möglichkeit hatten, von den Vorwürfen gegen Sebastian Edathy Kenntnis zu nehmen.

V. Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen

1. Behandlung von Beweisanträgen

Über Beweisanträge hat der Untersuchungsausschuss gemäß §§ 17 ff. PUAG entschieden. Nach § 17 Absatz 2

PUAG sind Beweise zu erheben, wenn sie von einem Viertel der Mitglieder des Ausschusses beantragt sind, es

sei denn, die Beweiserhebung ist unzulässig oder das Beweismittel ist auch nach der Anwendung der von diesem

Gesetz vorgesehenen Zwangsmittel unerreichbar. Die überwiegende Anzahl der Beweisanträge wurde von allen

vier Fraktionen gemeinsam in den Ausschuss eingebracht sowie von allen vier Fraktionen einvernehmlich an-

genommen.

2. Durchführung der Zeugenvernehmungen

a) Anzahl der Zeugenvernehmungen

In der Zeit vom 9. Oktober 2014 bis zum 1. Juli 2015 hat der 2. Untersuchungsausschuss insgesamt 57 Zeugen

vernommen.

b) Ort der Zeugenvernehmungen

Alle Zeugenvernehmungen und Beratungssitzungen des 2. Untersuchungsausschusses sind in den Liegenschaf-

ten des Deutschen Bundestages durchgeführt worden. Zeugenvernehmungen in öffentlicher und nichtöffentli-

cher Sitzung haben in den Sälen E 400, E 300, E 600, 2.600 des Paul-Löbe-Hauses, im Saal 3101 des Marie-

Elisabeth-Lüders-Hauses und im Saal 1128 des Jakob-Kaiser-Hauses stattgefunden. Als GEHEIM eingestufte

Sitzungen wurden in dafür geeigneten Sitzungssälen durchgeführt.

77 Kurzprotokoll der 35. Sitzung, S. 8.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 63 – Drucksache 18/6700

3. Einstufung der Vernehmungen in öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzungen

Die Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses ist gemäß § 13 PUAG grundsätzlich in öffentlicher Sitzung

erfolgt. Auf Beschluss des Ausschusses wurden gemäß § 14 PUAG einige Sitzungen nichtöffentlich durchge-

führt und teilweise zudem als VERTRAULICH oder GEHEIM eingestuft. Zu diesen Sitzungen haben aus-

schließlich Zeuginnen und Zeugen, Ausschussmitglieder, Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung und

der Bundesländer sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen Zutritt gehabt, soweit sie über entspre-

chende VS-Ermächtigungen verfügten und für die Teilnahme an Sitzungen des Untersuchungsausschusses be-

nannt waren.

a) Zeugenvernehmungen in nichtöffentlicher Sitzung

Die Vernehmung folgender Zeugin und Zeugen fand gemäß § 14 Absatz 1 Nr. 1 PUAG unter Ausschluss der

Öffentlichkeit statt:

Name Datum der Vernehmung Protokoll Nr.

Dennis Nocht 29.01.2015 24

Maik Schuparis 29.01.2015 24

Jens Jenssen 29.01.2015 24

Bärbel Tewes-Heiseke 29.01.2015 24

Heiner Staschen 11.06.2015 42

b) Zeugenvernehmung in als VERTRAULICH eingestuftem Sitzungsteil

Die Vernehmung des folgenden Zeugen wurde teilweise in einer als VERTRAULICH eingestuften Sitzung

durchgeführt:

Name Datum der Vernehmung Tgb.Nr.

Sebastian Edathy 15.01.2015 21/15

c) Zeugenvernehmungen in als GEHEIM eingestuften Sitzungsteilen

Auf Beschluss des Ausschusses (§ 14 PUAG) wurden Sitzungsteile als GEHEIM eingestuft, in denen folgende

Zeugin und Zeugen vernommen wurden:

Name Datum der Vernehmung Tgb. Nr.

StA Dr. Joachim Schumacher 13.11.2014 07/14

OStA Andrea Keller 13.11.2014 08/14

Drucksache 18/6700 – 64 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Jens Jenssen 29.01.2015 09/15

KD Jürgen Spaniol 25.02.2015 11/15

KR Christoph Becker 25.02.2015 11/15

RD Matthias Meyer 25.02.2015 11/15

LKD Dieter Schiffels 04.03.2015 12/15

Jürgen Hoffmann 04.03.2015 12/15

Beamter „X“ 19.03.2015 13/15

4. Aussagegenehmigungen

Zahlreiche Zeuginnen und Zeugen haben als Beamtinnen und Beamte für ihre Aussage vor dem Untersuchungs-

ausschuss eine Aussagegenehmigung benötigt, die sie vom Bundesministerium des Innern, vom Bundeskanz-

leramt, vom Bundeskriminalamt sowie von den zuständigen Landesbehörden erhalten und dem Untersuchungs-

ausschuss vorgelegt haben.

„Für Fragen, die vom Untersuchungsauftrag gedeckt sind“ hat Sebastian Edathy seinen Anwalt Christian Noll

für dessen Zeugenvernehmung durch den Ausschuss von seiner anwaltlichen Schweigepflicht entbunden.

Den Zeugen Bundesminister a. D. Dr. Hans-Peter Friedrich, MdB, Bundesminister Dr. Thomas de Maizière,

MdB, Bundesminister Sigmar Gabriel, MdB und Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier, MdB, ist jeweils

eine Aussagegenehmigung durch die Bundesregierung gemäß § 6 Absatz 2 BMinG erteilt worden. Zudem hat

der Präsident des Deutschen Bundestages nach § 44 c AbgG Aussagegenehmigungen für die Zeugen Bundes-

minister a. D. Dr. Hans-Peter Friedrich, MdB, Bundesminister Dr. Thomas de Maizière, MdB, Bundesminister

Sigmar Gabriel, MdB, Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier, MdB, Michael Hartmann, MdB, Burkhard

Lischka, MdB, Johannes Kahrs, MdB, Christine Lambrecht, MdB und Thomas Oppermann, MdB, erteilt. Der

Zeuge Heiner Staschen hat als Mitarbeiter der SPD-Fraktion eine Aussagegenehmigung des Vorsitzenden der

SPD-Fraktion gemäß § 49 Absatz 2 Satz 2 AbgG erhalten.

5. Rechtliche Beistände

Bei folgenden Zeugen wurde die Vernehmung im Beisein eines rechtlichen Beistandes durchgeführt:

Zeuge Rechtsbeistand Vernehmung

Sebastian Edathy RA Christian Noll 18. Dezember 2014

15. Januar 2015

Michael Hartmann, MdB RA Dr. Stefan König 18. Dezember 2014

5. Februar 2015

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 65 – Drucksache 18/6700

Jens Jenssen RA Dr. Sven Krüger 29. Januar 2015

Auf entsprechende Anträge hat der Untersuchungsausschuss gemäß § 35 Absatz 2 PUAG beschlossen, die Ge-

bühren der rechtlichen Beistände dieser Zeugen zu erstatten.

6. Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 22 Absatz 2 PUAG

a) Inanspruchnahme des Auskunftsverweigerungsrechts

Nach seiner Vernehmung durch den Ausschuss in der 19. Sitzung am 18. Dezember 2014 hat der Zeuge Michael

Hartmann im Rahmen seiner zweiten Vernehmung in der 26. Sitzung am 5. Februar 2015 zu Beginn der Ver-

nehmung zur Sache durch seinen rechtlichen Beistand, Dr. König, erklären lassen, dass er, der Zeuge Hartmann,

sich auf sein „wohl umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht aus § 55 der Strafprozessordnung bzw. seiner

entsprechenden Anwendung hier in diesem Untersuchungsausschuss“ berufe.78

Bereits vor Beginn der 26. Sitzung hatte Dr. König den Ausschuss am 5. Februar 2015 schriftlich über ein

Schreiben der Staatsanwaltschaft Berlin in Kenntnis gesetzt.79 Aus diesem Schreiben ergibt sich, dass ein

Schriftsatz von Dr. König an die Staatsanwaltschaft Berlin dort eingegangen und „[s]oweit es den Vorwurf der

- ggf. versuchten - Strafvereitelung zugunsten des Sebastian Edathy betrifft, Abtrennung […] erfolgt“ sei. Der

„entsprechende Vorgang“ werde zuständigkeitshalber an die Staatsanwaltschaft Hannover zur Übernahme über-

sandt.80 In dem dem Ausschuss von Dr. König zur Kenntnis gebrachten Schreiben der Staatsanwaltschaft Berlin

wird ferner ausgeführt, „hinsichtlich einer etwaigen Falschaussage vor dem 2. Parlamentarischen Untersu-

chungsausschuss bleibt dessen weiterer Verlauf abzuwarten“.81

Dr. König führte in der 26. Sitzung am 5. Februar 2015 aus, nach der einschlägigen Mosaiktheorie des Bundes-

gerichtshofes fielen bereits einzelne Angaben des Zeugen zu irgendwie den Untersuchungsgegenstand betref-

fenden Komplexen unter das Auskunftsverweigerungsrecht.82 Der Zeuge Hartmann erklärte auf Nachfrage der

Vorsitzenden, warum er sich über seinen Anwalt dem Ausschuss gegenüber inhaltlich einlasse, aber trotzdem

vor dem Ausschuss die Aussage verweigere:

„[…] Ich bleibe bei meinem umfassenden Aussageverweigerungsrecht; zum einen. Ich verweise da-
rauf, dass das in Rede stehende Schreiben ein Schreiben eines Anwalts ist, dass die Formulierungen
auch von ihm stammen, weshalb das hier weiter von mir nicht zu erörtern ist.“83

Die weitere Nachfrage der Vorsitzenden, ob er sein Auskunftsverweigerungsrecht auch auf die von seinem An-

walt gegenüber dem Ausschuss mitgeteilten Punkte erstrecke, bejahte der Zeuge Hartmann.84

78 Dr. König, Protokoll-Nr. 26, S. 49.
79 MAT B-Hart 18(27)54-5, Bl. 2 ff., Schreiben vom 5. Februar 2015.
80 MAT B-Hart 18(27)54-5, Bl. 2 (7), Schreiben vom 5. Februar 2015.
81 MAT B-Hart 18(27)54-5, Bl. 2 (7), Schreiben vom 5. Februar 2015.
82 Dr. König, Protokoll-Nr. 26, S. 50.
83 Hartmann, Protokoll-Nr. 26, S. 53.
84 Hartmann, Protokoll-Nr. 26, S. 53.

Drucksache 18/6700 – 66 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

b) Aussageaufforderung an Michael Hartmann, Übernahme Rechtsbeistandskosten

Der SPD-Bundesvorsitzende Gabriel führte in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ am 8. Februar 2015 aus:

„Natürlich würde ich mir wünschen, dass Michael Hartmann sich überlegt, doch eine klare Aussage
zu treffen. Denn die Aussageverweigerung mag ein Recht jedes Privatmanns sein; wenn es ein Politi-
ker macht, ist es der Anlass für alle möglichen Verschwörungstheorien. Und natürlich schadet das der
SPD. Mir wäre eine klare Aussage viel lieber.“

[…]

„Ehrlich gesagt möchte ich lieber alles dafür tun, dass er eine Aussage macht, als jetzt darüber zu
spekulieren, was danach kommt. Weil noch mal: Der Fall selber muss aufgeklärt werden. Wenn Fehler
gemacht worden sind, dann müssen die auf den Tisch. Und wenn nicht, dann ist die Aussage ja auch
kein Problem. Deswegen glaube ich, dass es richtig wäre, sich sozusagen zu dem zu bekennen, was
man gemacht hat. Das ist die Aufgabe von Politikerinnen und Politikern. Und dem kann man sich
nicht entziehen. Finde ich jedenfalls.“85

Der Zeuge Oppermann hat in seiner Vernehmung durch den Ausschuss auf die Frage, ob er sich dies zu Eigen

gemacht und warum er nicht auch selbst den Zeugen Hartmann zur Aussage aufgefordert habe, bekundet:

„Wir waren alle der gleichen Meinung. Nur, ich fand es aus - - für mich nicht statthaft, weil ich hier
auch Zeuge, genau wie er, dieses Gremiums bin, ihn über seine prozessualen Pflichten und Möglich-
keiten zu belehren. Deshalb habe ich mich einfach zurückgehalten, nicht mehr und nicht weniger.

[…]

Ich sage, dass er in eigener Verantwortung seine Entscheidungen zu treffen hat und in eigener Verant-
wortung zur Aufklärung beizutragen hat. Ich belehre ihn darüber nicht öffentlich - und auch andere
Zeugen nicht.“86

Einer dpa-Meldung vom 27. Februar 201587 zufolge, erklärte ein Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Abge-

ordnete der SPD-Bundestagsfraktion erhielten auf Antrag rechtliche Unterstützung, wenn Sie in Ausübung ihrer

Fraktionsfunktion rechtlichen Beistand benötigten. Michael Hartmann habe sich in seiner Funktion als innen-

politischer Sprecher um Sebastian Edathy gekümmert.

Der Zeuge Oppermann hat auf Befragen bestätigt, dass dies so üblich sei und der Rechtsbeistand des Zeugen

Hartmann bezahlt werde, soweit Kosten für dessen Funktion als Zeugenbeistand nicht vom Untersuchungsaus-

schuss erstattet werden.88

85 https://www.tagesschau.de/bab/bab-3171~_bab-sendung-177.html, zuletzt abgerufen am 2. November 2015.
86 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 57 f.
87 dpa-Meldung vom 27. Februar 2015, 17.04 Uhr.
88 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 60 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 67 – Drucksache 18/6700

7. Beschlossene, aber nicht geladene Zeugen

Bei zwei Zeugen wurde trotz bestehenden Beweisbeschlusses aus Gründen bereits erfolgter Beweisaufnahme

von einer Vernehmung abgesehen:

Zeuge Beschlossen BB

Daniel Szumilas 10.09.2014 18 (27) 26

Heiner Bartling, Minister a. D. 26.11.2014 18 (27) 52

8. Abschluss der Vernehmungen und Abschluss der Beweisaufnahme durch Anhörung von Zeugen

Am Ende jeder Vernehmung hat die Vorsitzende die Zeuginnen und Zeugen gemäß § 26 Absatz 3 PUAG darüber

belehrt, dass die Vernehmung erst durch Beschluss des Untersuchungsausschusses abgeschlossen wird. Die Ent-

scheidung darüber dürfe erst ergehen, wenn nach Zustellung des Vernehmungsprotokolls zwei Wochen verstri-

chen seien oder auf die Einhaltung dieser Frist verzichtet werde.

In seiner 27. Sitzung am 25. Februar 2015 hat der Untersuchungsausschuss folgenden Beschluss gefasst:

„Beschluss 12 zum Verfahren

Abschluss von Zeugenvernehmungen
(§ 26 Untersuchungsausschussgesetz)

Die Vernehmung folgender Zeugen, die das Stenografische Protokoll über ihre Vernehmung durch
den Untersuchungsausschuss erhalten und dazu Stellung genommen beziehungsweise auf eine Stel-
lungnahme verzichtet haben, sind abgeschlossen.

Name BB 18(27) - beschlossen am vernommen am Protokoll Nr.

Edathy, Sebastian 45 15.10.2014 18.12.2014
15.01.2015

19
21

Hartmann, Michael 54 18.12.2014 18.12.2014
05.02.2015

19
26

Hertinger, Wolfgang 62 16.01.2015 29.01.2015 24

Jenssen, Jens 65 16.01.2015 29.01.2015 24

Kahrs, Johannes 66 16.01.2015 29.01.2015 24

Nocht, Dennis 60 16.01.2015 29.01.2015 24

Schuparis, Maik 61 16.01.2015 29.01.2015 24

Tewes-Heiseke, Bärbel 63 16.01.2015 29.01.2015 24

Drucksache 18/6700 – 68 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

In seiner 44. Sitzung am 1. Juli 2015 hat der 2. Untersuchungsausschuss beschlossen:

„Beschluss 13

zum Verfahren

Ende der Beweisaufnahme und Abschluss von Zeugenvernehmungen

§ 26 Untersuchungsausschussgesetz (PUAG)

1. Die Beweisaufnahme durch Anhörung von Zeugen ist beendet. Nicht ausgeführte Beweisbeschlüsse
betreffend die Ladung von Zeugen gelten als erledigt.

2. Die Vernehmungen folgender Zeugen, die das Stenografische Protokoll über ihre Vernehmung
durch den Untersuchungsausschuss erhalten und dazu Stellung genommen bzw. auf eine Stellung-
nahme verzichtet haben, sind abgeschlossen.

Name BB 18- beschlossen am vernommen am Protokoll Nr.

Gruber, Florian 25 10.09.2014 09.10.2014 7

Liersch, Ronny 23 10.09.2014 09.10.2014 7

Wiegand, Julia 24 10.09.2014 09.10.2014 7

Greiner, Julia 25 10.09.2014 15.10.2014 9

Stahl, Gunter 27 10.09.2014 15.10.2014 9

Herb, Marco 28 10.09.2014 15.10.2014 9

Krause, Dr. Benjamin 31 24.09.2014 05.11.2014 11

Franosch, Rainer 32 24.09.2014 05.11.2014 11

Theissig, Jörn 30 24.09.2014 13.11.2014 13

Schumacher, Dr.
Joachim

33 24.09.2014 13.11.2014 13

Keller, Andrea 34 24.09.2014 13.11.2014 13

Schweickardt, Guido 35 24.09.2014 26.11.2014 15

Geyer, Christina 36 24.09.2014 26.11.2014 15

Hellenthal, Jan 37 24.09.2014 26.11.2014 15

Hockun, Jana 38 24.09.2014 26.11.2014 15

Hackel, Knut 39 24.09.2014 26.11.2014 15

Hoppe, Christian 40 24.09.2014 03.12.2014 17

Dorendorf, Christian 41 24.09.2014 03.12.2014 17

Lischka, Burkhard 55 18.12.2014 18.12.2014 19

Ziercke, Jörg 51 26.11.2014 15.01.2015 /
25.03.2015

21
34

Noll, Christian 64 16.01.2014 05.02.2015 26

Spaniol, Jürgen 42 15.10.2014 25.02.2015 28

Becker, Christoph 43 15.10.2014 25.02.2015 28

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 69 – Drucksache 18/6700

Name BB 18- beschlossen am vernommen am Protokoll Nr.

Meyer, Matthias 44 15.10.2014 25.02.2015 28

Schiffels, Dieter 46 26.11.2014 04.03.2015 30

Vogt, Dr. Sabine 47 26.11.2014 04.03.2015 30

Hoffmann, Jürgen 48 26.11.2014 04.03.2015 30

Beamter „X“ 68 04.03.2015 19.03.2015 32

Braß, Heiko 69 04.03.2015 19.03.2015 32

Fietz, Paul 50 26.11.2014 19.03.2015 32

Henzler, Peter 49 26.11.2014 19.03.2015 32

Leon, Hans-Joachim 70 19.03.2015 25.03.2015 34

Lange, Frank 72 25.03.2015 23.04.2015 36

Kreykenbohm, Frank 74 25.03.2015 23.04.2015 36

Kruse, Robert 75 25.03.2015 23.04.2015 36

Baum, Uwe 73 25.03.2015 06.05.2015 38

Pistorius, Boris 76 25.03.2015 06.05.2015 38

In seiner 45. Sitzung am 14. Oktober 2015 hat der Untersuchungsausschuss den Abschluss der Vernehmungen

der nachfolgenden Zeugen beschlossen.

„Beschluss 14

zum Verfahren

Abschluss von Zeugenvernehmungen

§ 26 Untersuchungsausschussgesetz (PUAG)

Die Vernehmungen folgender Zeugen, die das Stenografische Protokoll über ihre Vernehmung durch den

Untersuchungsausschuss erhalten und dazu Stellung genommen bzw. auf eine Stellungnahme verzichtet

haben, sind abgeschlossen.

Name BB 18- beschlossen am vernommen am Protokoll Nr.

Klinge, Thomas 77 25.03.2015 21.05.2015 40

Fröhlich, Dr. Jörg 78 25.03.2015 21.05.2015 40

Fritsche, Klaus-Dieter 81 25.03.2015 21.05.2015 40

de Maizière, Dr. Thomas 89 23.04.2015 10.06.2015 41

Lüttig, Dr. Frank 79 25.03.2015 11.06.2015 42

Niewisch-Lennartz, Antje 80 25.03.2015 11.06.2015 42

Lambrecht, Christine 82 25.03.2015 11.06.2015 42

Staschen, Heiner 83 25.03.2015 11.06.2015 42

Drucksache 18/6700 – 70 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Name BB 18- beschlossen am vernommen am Protokoll Nr.

Friedrich, Dr. Hans-Peter 84 25.03.2015 18.06.2015 43

Gabriel, Sigmar 85 25.03.2015 18.06.2015 43

Steinmeier, Dr. Frank-Walter 86 25.03.2015 18.06.2015 43

Oppermann, Thomas 87 25.03.2015 18.06.2015 /
01.07.2015

43

VI. Anderweitige Sachverhaltsaufklärung/Informationserlangung

1. Pressekonferenz mit Sebastian Edathy

Vor der Vernehmung von Sebastian Edathy als Zeuge durch den 2. Untersuchungsausschuss am 18. Dezember

2014 ab 13 Uhr führte die Bundespressekonferenz am selben Tag um 10.30 Uhr eine rund zweistündige Presse-

konferenz mit Sebastian Edathy durch. Darin äußerte sich Edathy zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen. In

diesem Zusammenhang nahm Edathy auf SMS-Verkehr mit Michael Hartmann und anderen sowie auf eine

gegenüber der Zeitschrift Stern abgegebene eidesstattliche Versicherung Bezug. Beide Dokumente sind auch

dem Untersuchungsausschuss auf Grundlage von entsprechenden Beweisbeschlüssen übergeben worden. Zuvor

hatte Edathy gegenüber der Zeitschrift Stern und stern online eine bisher unbekannte Version des Sachverhalts

präsentiert.89

2. Auskünfte zum Verlust des Krypto-Handys von Michael Hartmann

Eine vom Zeugen Hartmann benannte Person hat dem Ausschuss freiwillig einzelne Ereignisse desjenigen Ta-

ges dargelegt, an dem der Zeuge Hartmann sein Krypto-Handy verloren hat und an dem die genannte Person

ihn, den Zeugen Hartmann, begleitet habe.

3. Mitteilungen des Rechtsanwalts des Zeugen Hartmann

Der Rechtsanwalt des Zeugen Hartmann, Johannes Eisenberg, hat sich im Verlauf der Untersuchung mehrfach

an den Ausschuss gewandt und Unterlagen zur Verfügung gestellt. Mit Schreiben vom 5. Februar 2015 kündigte

der Anwalt an, der Zeuge Hartmann werde sein Auskunftsverweigerungsrecht in Anspruch nehmen und über-

sandte zugleich ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Berlin.90 Bereits zuvor hatte Rechtsanwalt Eisenberg einen

von ihm verfassten Schriftsatz an die Staatsanwaltschaft Berlin überreicht. Er hat dem Ausschuss des Weiteren

89 „Die Affäre Edathy", stern, Ausgabe vom 17. Dezember 2014; „Die SPD und ihre SMS", stern online, 16. Dezember 2014,
http://www.stern.de/investigativ/fall-sebastian-edathy--die-spd-und-ihre-sms-3477774.html, zuletzt abgerufen am 3. November 2015; „Edathy
gibt geheimen Informanten preis", stern online, 13. Dezember 2014, http://www.stern.de/investigativ/sebastian-edathy-gibt-geheimen-informan-
ten-preis-3237580.html, zuletzt abgerufen am 3. November 2015.

90 MAT B-Hart 18(27)54-5, Schreiben vom 5. Februar 2015.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71 – Drucksache 18/6700
das darauf ergangene Antwortschreiben der Staatsanwaltschaft Berlin nebst seinem hierauf erwidernden Schrift-

satz übersandt. 91 Ein drittes Schreiben des Rechtsanwalts Eisenberg92 umfasste eine von ihm verfasste Stellung-

nahme gegenüber der Staatanwaltschaft Berlin vor dem Hintergrund der Absicht des Ausschusses, die Protokolle

über die Vernehmung des Zeugen Hartmann, MdB, durch den 2. Untersuchungsausschuss an die Staatsanwalt-

schaft Berlin zu übersenden. Mit seinem vierten Schreiben93 hat er dem Ausschuss ein Schreiben an die Staats-

anwaltschaft Berlin mit Bezug zu Aussagen des Zeugen Bundesminister Dr. de Maizière im Rahmen von dessen

Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellt. Bei Sachangaben dieser Schreiben han-

delt es sich nicht um der Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht unterliegende Aussagen des Zeugen Michael

Hartmann, sondern um Darlegungen des Verteidigers im Zusammenhang staatsanwaltschaftlicher Prüfvor-

gänge/ Vorermittlungen.

4. Mitteilungen des Bundesministeriums des Innern und des Bundeskriminalamtes

Das Bundesministerium des Innern hat dem Ausschuss im Nachgang zur Vernehmung des Zeugen Bundesmi-

nister Dr. de Maizière zu der Frage, ob dem Zeuge Ziercke die Presseerklärung des Zeugen Oppermann am

13. Februar 2013 im Bundesministerium des Innern übergeben worden sei und ob die Presseerklärung des Bun-

deskriminalamts vom selben Tag mit dem Zeugen Ziercke abgestimmt worden sei, eine Mitteilung vorgelegt, in

der beides ausgeschlossen wurde.94

Das Bundeskriminalamt hat dem Ausschuss vor dem Hintergrund von Presseberichten einen Sachstand zu einem

angeblichen Gespräch zwischen dem Zeugen Oppermann und dem Zeugen Ziercke am 13. Februar 2014 sowie

einen Vermerk über die „Erstellung einer Chronologie zum Komplex EDATHY“, die am 14. Februar 2014 er-

stellt worden ist, zur Verfügung gestellt.95

Mit Schreiben vom 26. Juni 2015 hat das Bundesministerium des Innern des Weiteren im Zusammenhang mit

einer erfolgten Ablesung des Telefondisplays von BKA-Präsident Ziercke klarstellend mitgeteilt, dass zwar in

der Datenbank des Telefongerätes die tatsächliche Anrufzeit gespeichert werde, für die Darstellung im Telefon-

display jedoch eine Anpassung auf die zum jeweiligen Visualisierungszeitpunkt geltende Sommer- oder Win-

terzeit erfolge.96

Das Bundeskrimialamt hat einen Vermerk vom 18. März 2015 die dienstlichen Geräte des Beamten „X“ betref-

fend vorgelegt.

91 MAT B-Hart 18(27)54-1, Schreiben vom 13. Januar 2015.
92 MAT B-Hart 18(27)54-4, Schreiben vom 25. Februar 2015.
93 MAT B-Hart 18(27)54-3, Schreiben vom 11. Juni 2015.
94 MAT B-BMI 18(27)1, Schreiben des BMI vom 24. Juni 2015.
95 MAT B-BKA 18(27)1, Bl. 1, Schreiben des BKA vom 18. März 2015; MAT B-BKA 18(27)1, Bl. 1 (4), Schreiben des BKA vom 18. März 2015.
96 Ausschuss-Drs. 18(27)121, Schreiben des BMI vom 26. Juni 2015.

Drucksache 18/6700 – 72 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

5. Mitteilungen des Landes Niedersachsen

Das Land Niedersachsen hat dem Ausschuss mehrfach zu Einzelfragen des Untersuchungsauftrags Mitteilungen

vorgelegt.

Im Nachgang zur Vernehmung des Zeugen Dr. Lüttig hat die Niedersächsische Staatskanzlei dienstliche Erklä-

rungen von Amtsträgern aus dem Geschäftsbereich des Niedersächsischen Justizministeriums in Bezug auf eine

vom Zeugen Dr. Lüttig angeführte, angeblich bereits im November 2013 erfolgte Unterrichtung des Niedersäch-

sischen Justizministeriums zu dem Strafverfahren gegen Sebastian Edathy wegen des Verdachts des Besitzes

von Kinderpornografie übermittelt.97

Die Niedersächsische Staatskanzlei hat dem Ausschuss zudem eine SMS der niedersächsischen Regierungsspre-

cherin Anke Pörksen vom 9. Februar 2014 an den niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil übersandt

und mitgeteilt, diese SMS sei nicht von den das Land Niedersachsen betreffenden Beweisbeschlüssen umfasst

gewesen.98

6. Schriftwechsel von Mitgliedern und einem Mitarbeiter der SPD-Bundestagsfraktion

Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, der Zeuge Thomas Oppermann, MdB, die Erste Parlamentarische

Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, die Zeugin Christine Lambrecht, MdB, sowie der Büroleiter des

Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, der Zeuge Heiner Staschen, haben dem Ausschuss Schriftverkehr

aus dem Zeitraum vom 15. Oktober 2013 bis 15. Februar 2014 vorgelegt, der mit oder über Sebastian Edathy

geführt worden sei, Datenweitergaben zum Fall Edathy enthalte oder mit solchen Datenweitergaben in Zusam-

menhang stehe und einen Bezug zum Untersuchungsgegenstand aufweise.99

7. Auskünfte zu den Sondierungsgesprächen zwischen CDU, SPD und CSU am 17. Oktober 2013

In Beantwortung eines Schreibens der Vorsitzenden haben der Justiziar der CDU-Bundesgeschäftsstelle, die

Generalsekretärin der SPD und der Generalsekretär der CSU Auskünfte zu Teilnehmerinnen und Teilnehmern

sowie dem Ablauf der Sondierungsgespräche am 17. Oktober 2013 erteilt.100

97 MAT B-Nds 18(27)2, Bl. 1 ff., Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 29. Juni 2015.
98 MAT B-Nds 18(27)1, Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 24. Juni 2015.
99 MAT B-SPD 18(27)1.
100 MAT B-Generalsek.18(27)1, Bl. 1 f., Schreiben des CDU-Justiziars an den Ausschuss vom 5. Mai 2015; MAT B-Generalsek.18(27)2, Bl. 1 ff.,

Schreiben des CSU-Generalsekretärs an den Ausschuss, eingegangen am 8. Mai 2015; MAT B-Generalsek.18(27)3, Bl. 1 ff., Schreiben der
SPD-Generalsekretärin an den Ausschuss vom 6. Mai 2015. .

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 73 – Drucksache 18/6700

8. Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegtes Gutachten

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 4. August 2015 ein von ihr in Auftrag gege-

benes und von Prof. Dr. Ralf Poscher erstelltes „Gutachten zu Datenübermittlungspflichten des Bundeskrimi-

nalamtes und des Bundesministeriums des Innern im Zusammenhang mit dem Vorgang betreffend den Abge-

ordneten Edathy“ vorgelegt.101

VII. Zeit- und Arbeitsaufwand

Der Untersuchungsausschuss kam einschließlich der konstituierenden Sitzung zu 46 Sitzungen zusammen. In

21 Sitzungen fand die Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeuginnen und Zeugen statt, 25 Sitzungen wa-

ren nichtöffentliche Beratungssitzungen zur Herbeiführung von Beschlüssen und zur Beratung des weiteren Vor-

gehens sowie der Herbeiführung der erforderlichen Beschlüsse für die Erstellung des Abschlussberichtes.

Die Beschlussfähigkeit des Untersuchungsausschusses gemäß § 9 PUAG war in allen Sitzungen gewährleistet.

VIII. Abschlussbericht

1. Zeitplan

In seiner 44. Sitzung am 1. Juli 2015 hat der Untersuchungsausschuss den Zeitplan für die Erstellung seines

Abschlussberichtes auf Ausschussdrucksache 18(27)122 beschlossen. Die Arbeiten am Berichtsentwurf sind in-

nerhalb dieses Zeitplans abgeschlossen worden.

2. Behandlung von geheimschutzrechtlich eingestuften Teilen des Berichtsentwurfs

a) Von der Bundesregierung als VS-NfD eingestuftes Beweismaterial

Der Berichtsentwurf zum Gang der Untersuchung und zu den ermittelten Tatsachen im Sinne des § 33 PUAG

auf Ausschussdrucksache 18(27)129 hat sowohl Zitate als auch inhaltiche Wiedergaben aus von der Bundesre-

gierung mit dem Geheimhaltungsgrad VS-NfD versehen übermitteltem Beweismaterial aus dem Geschäftsbe-

reich des Bundesministeriums des Innern enthalten. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 auf Ausschussdruck-

sache 18(27)138 hat das Bundesministerium des Innern die entsprechenden VS-eingestuften Beweismaterialien

zur Zitierung und inhaltichen Wiedergabe im Abschlussbericht des Ausschusses auf offen herabgestuft.

101 MAT B-Bündnis 90/Die Grünen 18(27)1.
Drucksache 18/6700 – 74 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Entwurf des Anlagenteils des Berichtsentwurfs auf Ausschussdrucksache ???? sowie der Anlagenteil des

von den Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegten Sondervotums auf Ausschuss-

drucksache 18(27)127(neu-neu) hat die Wiedergabe von Dokumenten aus dem Geschäftsbereich des Bundesmi-

nisteriums des Innern vorgesehen, die von der Bundesregierung mit dem Geheimhaltungsgrad VS-NfD versehen

übermittelt worden sind. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2015 auf Ausschussdrucksache 18(27)139(neu) hat

das Bundesministerium des Innern diese als Anlagen vorgesehenen Dokumente auf offen herabgestuft. Das Bun-

desministerium des Innern hat diese Herabstufung mit der Bitte verbunden, personenbezogene Daten insbeson-

dere von Beschäftigten des Bundeskriminalamts und anderer beteiligeter Behörden in den Dokumenten zu

schwärzen und hierzu Vorschläge unterbreitet. Zudem hat das Bundesministerium des Innern gebeten, zu prüfen,

inwieweit die Wiedergabe von in den genannten Dokumenten enthaltenen Internetadressen und Unternehmens-

namen notwendig ist. Der Ausschuss hat dieses Ersuchen des Bundesministeriums des Innern bei der Erstellung

des Anlagenteils zum Abschlssbericht berücksichtigt, jedoch von einer Schwärzung der Namen derjenigen Per-

sonen, die er als Zeugen vernommen hat, abgesehen.

b) Vom Untersuchungsausschuss geheimschutzrechlich eingestufte Stenografische Protokolle und einge-
stuftes Beweismaterial

Der Berichtsentwurf auf Ausschussdrucksache 18(27)129 hat des Weiteren die Aufnahme von Zitaten und in-

haltliche Wiedergaben aus Stenografischen Protokollen über Zeugenvernehmungen vorgesehen, die der Unter-

suchungsausschuss in VERTRAULICH oder GEHEIM eingestuften Sitzungen durchgeführt hat. Diese zur Auf-

nahme in den Bericht vorgesehenen Textteile sind von der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages wäh-

rend der Erstellung des Berichtsentwurfs unter der Tagebuch-Nr. 16/15-geheim als GEHEIM vereinnahmt wor-

den. Der Berichtsentwurf auf Ausschussdrucksache 18(27)129 hat zudem Zitate und inhaltliche Wiedergaben

aus vom Ausschuss als VS-NfD eingestuftem Beweismaterial enthalten.

Zur Herabstufung dieser eingestuften Texteile hat der Ausschuss in seiner 45. Sitzung am 14. Oktober 2015

folgenden Verfahrensbeschluss gefasst:

„Beschluss 15

zum Verfahren

Herabstufung von Berichtsteilen

1. Der 2. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode stuft die als GEHEIM eingestuften Berichtsteile

in der Vorlage mit der Tagebuch-Nr. 16/15-geheim auf offen herab.

2. Der 2. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode stuft den Berichtsentwurf auf Ausschussdrucksa-

che 18(27)129 auf offen herab.“

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 auf Ausschussdrucksache 18(27)138 hat das Bundesministerium des In-

nern – vor dem Hintergrund erteilter Aussagegenehmigungen – Aussagen von Zeugen aus dem Geschäftsbereich

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 75 – Drucksache 18/6700
des Bundesministeriums des Innern auf offen herabgestuft, soweit eine Aussage in geheimschutzrechtlich ein-

gestufter Sitzung erfolgte.

3. Feststellungen zum Abschlussbericht

a) Gang des Verfahrens und ermittelte Tatsachen

In seiner 45. Sitzung am 14. Oktober 2015 hat der Untersuchungsausschuss einstimmig folgenden Beschluss

gefasst:

„Beschluss 16

zum Verfahren

Feststellung und Aufnahme von Berichtsteilen zum Gang des Verfahrens und zu den ermittelten Tatsa-

chen nach § 33 PUAG

Der 2. Untersuchungsausschuss stellt den Berichtsentwurf auf Ausschussdrucksache 18(27)129 in Verbindung

mit den Textteilen auf der Vorlage mit der Tagebuch-Nr. 16/15-geh. vorbehaltlich des zu gewährenden rechtli-

chen Gehörs gemäß § 32 PUAG als Berichtsteile zum Gang des Verfahrens (Verfahrensteil) und zu den ermit-

telten Tatsachen (Feststellungsteil) gemäß § 33 PUAG fest.

Das Sekretariat wird gebeten, den Verfahrens- und den Feststellungsteil im Einvernehmen mit den Fraktionen

bis zur Vorlage des Abschlussberichts für den Deutschen Bundestag insbesondere im Hinblick auf die Gewäh-

rung rechtlichen Gehörs und das weitere Verfahren nach Abschluss der Beweisaufnahme durch Zeugenverneh-

mung fortlaufend zu aktualisieren.

Das Sekretariat wird ermächtigt, orthografische, grammatikalische und sprachliche Unrichtigkeiten sowie Zi-

tierfehler und sonstige offensichtlich Unrichtigkeiten des Verfahrens- und des Feststellungsteils im Einverneh-

men mit den Fraktionen zu berichtigen.“

b) Ergebnis der Untersuchung

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 45. Sitzung am 14. Oktober 2015 mit den Stimmen der Fraktionen

der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

folgenden Beschluss gefasst:

„Beschluss 17

zum Verfahren

Feststellung und Aufnahme eines Berichtsteils zum Ergebnis der Untersuchung nach § 33 PUAG

Drucksache 18/6700 – 76 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der 2. Untersuchungsausschuss stellt die von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Bewertun-

gen auf Ausschussdrucksache 18(27)126 als Berichtsteil zum Ergebnis der Untersuchung (Bewertungsteil) ge-

mäß § 33 PUAG fest.“

c) Sondervotum

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 45. Sitzung am 14. Oktober 2015 mit den Stimmen der Fraktionen

DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen der CDU/CSU und SPD

folgenden Beschluss gefasst:

„Beschluss 18

zum Verfahren

Aufnahme eines Sondervotums nach § 33 PUAG

Der 2. Untersuchungsausschuss nimmt das von den Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

vorgelegte Sondervotum auf Ausschussdrucksache 18(27)127(neu-neu) als Sondervotum gemäß § 33 PUAG in

den Bericht auf.“

4. Rechtliches Gehör

Gemäß § 32 PUAG ist Personen, die durch die Veröffentlichung des Abschlussberichts des Untersuchungsaus-

schusses in ihren Rechten erheblich beeinträchtigt werden können, vor dem Abschluss des Untersuchungsver-

fahrens Gelegenheit zu geben, zu den sie betreffenden Ausführungen im Entwurf des Berichtes innerhalb von

zwei Wochen Stellung zu nehmen, soweit die Ausführungen nicht in einer Beweisaufnahmesitzung mit Ihnen

erörtert worden sind.

In seiner 45. Sitzung am 14. Oktober 2015 hat der Untersuchungsausschuss nach entsprechender Prüfung des

Berichtentwurfs folgenden Beschluss gefasst:

„Beschluss 19

zum Verfahren

Gewährung rechtlichen Gehörs zum Bericht

gemäß § 32 PUAG

Der 2. Untersuchungsausschuss stellt fest, dass zu den ermittelten Tatsachen (Feststellungsteil des Berichts) vor

einer Veröffentlichung des Berichts nach § 32 PUAG folgender Person Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu

geben ist:

Zeuge Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Jörg Fröhlich

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77 – Drucksache 18/6700
zur Aussage des Zeugen Generalstaatsanwalt Dr. Frank Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 48, im Berichtsentwurf auf

Ausschussdrucksache 18(27)129 wiedergegeben auf S. 799, Zeile 2-6.“

5. Feststellung der Teile des Abschlussberichts und Vorlage an den Deutschen Bundestag

In seiner 46. Sitzung am 12. November 2015 hat der Ausschuss zur Feststellung und Vorlage seines Abschluss-

berichts folgendes beschlossen:

„Beschluss 22

zum Verfahren

Feststellung der Teile des

Abschlussberichts nach § 33 PUAG und

Vorlage an den Deutschen Bundestag

1. Der 2. Untersuchungsausschuss stellt den in seiner 45. Sitzung am 14. Oktober 2015 beschlossenen
Verfahrens- und Feststellungsteil in der Fassung auf Ausschussdrucksache 18(27)143 als Berichtsteile
zum Gang des Verfahrens (Erster Teil) und zu den ermittelten Tatsachen (Zweiter Teil) gemäß § 33
Absatz 1 PUAG fest.

2. Der 2. Untersuchungsausschuss stellt den in seiner 45. Sitzung am 14. Oktober 2015 beschlossenen Be-
wertungsteil auf Ausschussdrucksache 18(27)126 als Berichtsteil zum Ergebnis der Untersuchung
(Dritter Teil) gemäß § 33 Absatz 1 PUAG fest.

3. Der 2. Untersuchungsausschuss stellt das in seiner 45. Sitzung am 14. Oktober 2015 vorgelegte Sonder-
votum der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Fassung auf Ausschuss-
drucksache 18(27)127(neu-neu) als Sondervotum (Vierter Teil) gemäß § 33 Absatz 2 PUAG fest.

4. Der 2. Untersuchungsausschuss stellt die aus Ausschussdrucksache 18(27)144 ersichtlichen Übersich-
ten und Verzeichnisse als Fünften Teil des Berichts fest.

5. Dem Bericht werden die aus Ausschussdrucksache 18(27)145 ersichtlichen Materialien mit den darin
vorgenommenen Schwärzungen als Anlagen in elektronischer Fassung beigefügt.

6. Die festgestellten Teile des Berichts werden als Bundestagsdrucksache veröffentlicht.

7. Die festgestellten Teile des Berichts werden dem Deutschen Bundestag mit folgender Beschlussemp-
fehlung vorgelegt:

„Der Bundestag wolle beschließen:

Der Bericht des 2. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode nach Artikel 44 des Grundgesetzes
wird zur Kenntnis genommen.“

8. Das Sekretariat wird gebeten, den Verfahrensteil im Einvernehmen mit den Fraktionen bis zur Vorlage
des Abschlussberichts an den Deutschen Bundestag insbesondere im Hinblick auf das weitere Verfah-
ren fortlaufend zu aktualisieren.

Drucksache 18/6700 – 78 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

9. Das Sekretariat wird ermächtigt, orthografische, grammatikalische und sprachliche Unrichtigkeiten so-
wie Zitierfehler und sonstige offensichtliche Unrichtigkeiten im Einvernehmen mit den Fraktionen zu
berichtigen.“

IX. Umgang mit Beweismitteln nach Vorlage des Berichtes

In seiner 45. Sitzung am 14. Oktober 2015 hat der 2. Untersuchungsausschuss beschlossen:

„Beschluss 20

zum Verfahren

Behandlung der Protokolle und Materialien nach Kenntnisnahme

des Berichtes durch den Deutschen Bundestag

1. Protokolle

Der Untersuchungsausschuss empfiehlt gemäß Ziffer II Nr. 2 der Richtlinien für die Behandlung der Aus-

schussprotokolle gemäß § 73 Abs. 3 GO-BT:

Protokolle über öffentliche und nichtöffentliche Sitzungen zur Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen

können in den der Verwaltung des Bundestages unterstehenden Räumen eingesehen werden.

Protokolle über nichtöffentliche Beratungssitzungen werden mit dem Zusatz „Nur zur dienstlichen Verwen-

dung“ versehen und nach Ziffer I der Richtlinien für die Behandlung der Ausschussprotokolle gemäß § 73 Abs.

3 GO-BT behandelt.

VS-VERTRAULICH beziehungsweise VERTRAULICH oder höher eingestufte Protokolle werden nach der

Geheimschutzordnung des Bundestages behandelt.

2. Beweismaterialien (MAT)

Die zu Beweiszwecken gemäß § 18 PUAG vorgelegten Materialien werden nach Kenntnisnahme des Abschluss-

berichtes durch den Deutschen Bundestag an die herausgebenden Stellen zurückgegeben oder mit Zustimmung

der herausgebenden Stellen vernichtet. Ausgenommen hiervon sind Ablichtungen von Materialien, die als Do-

kumente dem Abschlussbericht oder Teilen des Abschlussberichts beigefügt sind. Im Übrigen werden Ablich-

tungen ebenso wie die vom 2. Untersuchungsausschuss gefertigten Ablichtungen vernichtet, es sei denn, die

herausgebenden Stellen widersprechen. Die Vernichtung ist in einem Protokoll festzuhalten.

Die auf dem Gruppenlaufwerk R – Fraktionslaufwerk - des 2. Untersuchungsausschusses digital gespeicherten

Materialien werden bis zum 31. Dezember 2015 vorgehalten und danach durch das zuständige Referat der Ver-

waltung des Deutschen Bundestages gelöscht.“

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79 – Drucksache 18/6700

„Beschluss 21

zum Verfahren

Rückgabe von Beweismaterialien und Mehrausfertigungen von Protokollen nach Übergabe des Berich-

tes an den Deutschen Bundestag

1. Nach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch den Deutschen Bundestag gebendie Mitglieder des

2. Untersuchungsausschusses,

− die benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen,

− die Beauftragten der Bundesregierung sowie

− der Stenografische Dienst

gegenüber dem Sekretariat eine Erklärung ab, dass verteilte oder elektronisch bereitgestellte Kopien der

als VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH eingestuften Beweismaterialien sowie die davon gezo-

genen weiteren Kopien, soweit dies nicht bereits erfolgt ist, vernichtet werden.

2. Die von der Geheimregistratur des Deutschen Bundestages an

− die Mitglieder des 2. Untersuchungsausschusses,

− die benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen,

− die Beauftragten der Bundesregierung sowie

− den Stenografischen Dienst

verteilten

− Kopien der VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH oder höher eingestuften Beweismaterialien,

− Mehrausfertigungen der VS-VERTRAULICH beziehungsweise VERTRAULICH oder höher ein-

gestuften Protokolle des 2. Untersuchungsausschusses sowie

− Mehrausfertigungen der als VS oder VERTRAULICH oder höher eingestuften Berichtsteile

sind nach Kenntnisnahme des Berichts durch den Deutschen Bundestag der Geheimregistratur zum

Zwecke der Vernichtung zuzuleiten. Den Beauftragten der Bundesregierung wird gestattet, diese Ko-

pien und Mehrfertigungen mit Zustimmung des Sekretariats zu vernichten.“

Drucksache 18/6700 – 80 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zweiter Teil:
Feststellungen zum Sachverhalt

A. Vorgänge innerhalb des Bundeskriminalamts

I. Organigramm Bundeskriminalamt

1. Das Referat SO 12 innerhalb des Bundeskriminalamtes

a) Das Referat SO 12 innerhalb der Organisationsstruktur des Bundeskriminalamtes

Die Operation „Selm“102 wurde innerhalb des Bundeskriminalamtes im Referat SO 12 geführt. Das Referat SO

12 (Auswertung Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen) gehört neben weiteren Referaten

zur Gruppe SO 1 (Gewalt-, Schwer- und Eigentumskriminalität), die wiederum neben vier weiteren Gruppen

(SO 2 bis SO 5) zur Abteilung SO (Schwere und Organisierte Kriminalität) gehört. Das Bundeskriminalamt

besteht insgesamt aus neun Abteilungen.103

In den Organisations- und Geschäftsverteilungsplänen des Bundeskriminalamtes, Stand 1. Mai 2011 und Stand

1. Juni 2012, wurde die Zuständigkeit des Referats SO 12 wie folgt beschrieben:

„SO 12 Auswertung Sexualdelikte z. N. von Kindern und Jugendlichen

Zentralstellenaufgaben

Ermittlungsinitiierende und –unterstützende sowie fachstrategische Auswertung

Zentrale Angelegenheiten in den Phänomenbereichen

- Sexualdelikte z. N. von Kindern

- Kinderpornografie

- Jugendpornografie

- Kindersextourismus“104

In den Organisations- und Geschäftsverteilungsplänen mit den Ständen 1. Juni 2013 und 1. Juli 2014 war der

Referatszuschnitt von SO 12 wie folgt geändert:

„SO 12 Auswertung Sexualdelikte z. N. von Kindern und Jugendlichen

Zentralstellenaufgaben

102 Zur Entstehung der Bezeichnung siehe Zweiter Teil A.2.d)aa).
103 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 2, Bl. 2, Organisationsübersicht des BKA, Stand 1. September 2011.
104 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 1, Bl. 1 (16), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand 1. Mai 2011; MAT A- BKA 18(27)8,

Ordner 1, Bl. 93 (108), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand 1. Juni 2012.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 81 – Drucksache 18/6700

Ermittlungsinitiierende und –unterstützende sowie fachstrategische Auswertung

Grundsatz- und Gremienarbeit in den Phänomenbereichen

- Sexualdelikte z. N. von Kindern

- Kinderpornografie

- Jugendpornografie

- Kindersextourismus“105

Das Referat SO 12 ist in zwei Sachgebiete aufgeteilt, die als SO 12-1 und SO 12-2 bezeichnet werden.

b) Verhältnis der im Untersuchungsausschuss zeugenschaftlich vernommenen BKA-Beamten zum
Referat SO 12

Die durch den Untersuchungsausschuss vernommenen im Bundeskriminalamt eingesetzten Beamtinnen und Be-

amten hatten innerhalb des Bundeskriminalamtes im Untersuchungszeitraum die nachfolgend genannten Auf-

gaben:

aa) Zeuginnen Wiegand und Greiner, Zeugen Gruber und Liersch

Die Zeugin Greiner war als Kriminaloberkommissarin, die Zeugin Wiegand als Kriminalhauptkomissarin im

Referat SO 12 tätig. Auch die Zeugen Gruber und Liersch waren im Referat SO 12 als Kriminalbeamte tätig.

bb) Zeuge Stahl

Der Zeuge Stahl ist Erster Kriminalhauptkommissar und seit Januar 2010 Sachgebietsleiter eines der beiden

Sachgebiete innerhalb des Referats SO 12.106 Seine Aufgabe als Sachgebietsleiter hat der Zeuge Stahl wie folgt

beschrieben:

„[…] Es gibt zwei Sachgebiete, die, was die Sachbearbeitung betrifft, identisch sind, sich nur in den
Zusatzaufgaben sozusagen unterscheiden, die im Regelfall durch die Sachgebietsleiter dann wahrzu-
nehmen sind, diese Zusatz- oder Sonderaufgaben, die sich unterscheiden. Ich bin also selbst mit der
eigentlichen Sachbearbeitung in den wenigsten Fällen betraut.

[…]

105 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 1, Bl. 190 (205), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand 1. Juni 2013; MAT A- BKA
18(27)8, Ordner 1, Bl. 288 (304), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand 1. Juli 2014.

106 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 45.

Drucksache 18/6700 – 82 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zu meinem Sachgebiet selbst gehören die Eingangssteuerung und Eingangsüberwachung sämtlicher
Nachrichten, die das Referat erreichen in seiner Zuständigkeit, und damit auch dann die Prüfung: In-
wieweit gehört es zu bereits bestehenden Vorgängen, Ermittlungsverfahren, die schon laufen, oder
aber ist es ein Neuvorgang? […]“107

cc) Zeugen Herb und Theissig

Der Zeuge Kriminaloberrat Marco Herb war vom 1. Oktober 2009 bis 18. Oktober 2012 Referent im Referat

SO 12. Zum 19. Oktober 2012 wurde er in ein anderes Referat der Gruppe SO 1 umgesetzt. 108

Der Zeuge Herb hat seine Funktion innerhalb des Referats SO 12 wie folgt beschrieben:

„Im Referat SO 12 war ich seit Oktober 2009 tätig. Also vor gut fünf Jahren habe ich dort meinen
Dienst angetreten als Referent, zunächst als Referent der damaligen Referatsleitung Frau B. und ab
Januar 2009 des Referatsleiters Herrn Hoppe. Als Referent - - Vielleicht darf ich darauf hinweisen: Es
wird immer wieder die Bezeichnung ‚stellvertretender Referatsleiter‘ verwandt. Das ist ein Dienstpos-
ten, wie er im BKA nicht beschrieben ist. Als Referent ist man auch nicht in der Hierarchie zwischen
Sachgebietsleiter und Referatsleiter angesiedelt, sondern quasi für besondere Aufgaben, herausra-
gende Funktion und Abwesenheitsvertreter der Referatsleitung.

[…] Was die konkrete Operation ‚Selm‘ betrifft, war ich mit der Sachbearbeitung nicht befasst, son-
dern als Referent, ständiger Vertreter der Referatsleitung, wurde ich über die Fortgänge informiert.
[…]“109

Der Zeuge Kriminaloberrat Jörn Theissig ist seit dem 1. Oktober 2013 Referent im Referat SO 12.110 Er hat

seine Tätigkeit im Referat SO 12 wie folgt beschrieben:

„[…] Dort bin ich als Referent tätig. Ein Referent fungiert als Abwesenheitsvertreter der Referatslei-
tung, und ich unterstütze den Referatsleiter durch Beratung und Unterstützung seiner täglichen Ar-
beitsabläufe. […]“111

dd) Zeugen Hoppe, Dorendorf und Schiffels

Der Zeuge Kriminaldirektor Christian Hoppe war im Verlauf der Operation „Selm“ vom 1. Januar 2010 bis zum

14. Dezember 2013 Leiter des Referats SO 12.112

Der Zeuge Kriminaldirektor Christoph Dorendorf ist dem Zeugen Hoppe ab dem 20. Januar 2014 in seiner

Funktion als Leiter des Referats SO 12 nachgefolgt.

Der Zeuge Leitender Kriminaldirektor Schiffels ist seit dem 1. Oktober 2011 Leiter der Gruppe SO 1 (Gewalt

und Schwerkriminalität) im Bundeskriminalamt, zu der unter anderem das Referat SO 12 gehört.113

107 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 45.
108 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 100, Bl. 55 (55), Vermerk der Zeugin Greiner vom 16. Mai 2014 (gezeichnet durch den Zeugen Theissig) zu

Auftrag LS-UA Kanada vom 5. Mai 2014.
109 Herb, Protokoll-Nr. 9, S. 74.
110 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 6.
111 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 6.
112 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 7.
113 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 10.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 83 – Drucksache 18/6700

ee) Zeugin Dr. Vogt

Die Zeugin Direktorin beim Bundeskriminalamt Dr. Sabine Vogt ist seit dem 1. April 2013 Leiterin der Abtei-

lung SO (Schwere und Organisierte Kriminalität) im Bundeskriminalamt, zu der die Gruppe SO 1 und somit

auch das Referat SO 12 gehört.114 Sie folgte dem Zeugen Henzler auf diesem Dienstposten nach.

ff) Zeuge Henzler

Der Zeuge Vizepräsident beim Bundeskriminalamt Peter Henzler war seit dem 15. März 2010 bis zum 31. März

2013 Leiter der Abteilung SO im Bundeskriminalamt und somit Vorgänger der Zeugin Dr. Vogt auf diesem

Dienstposten. Seit dem 1. April 2013 ist Henzler Vizepräsident des Bundeskriminalamtes.115

gg) Zeuge Beamter „X“

Der Beamte „X“ war als Leitender Kriminaldirektor Leiter der Gruppe SO 2 (Rauschgift- und Arzneimittelkri-

minalität) innerhalb der Abteilung SO116 und somit innerhalb der Hierarchie des Bundeskriminalamtes nicht

dem Referat SO 12 vorgesetzt.117

2. Stab der Amtsleitung

a) Zuständigkeit

Der Stab der Amtsleitung hat - Stand 1. Juli 2014 - die nachfolgend genannten Zuständigkeiten:

„LS Stab der Amtsleitung

LS1 Leitungsbüro, operative Angelegenheiten, Koordination

Informationsversorgung, Unterstützung und Beratung der Amtsleitung in polizeifachlichen und
logistischen Leitungsangelegenheiten, insbesondere

- Vorgangssteuerung; Erlass- und Berichtssammlung

- operative Lage; Wochenlage; Lageberichte AG Kripo/AK II

- operativer Grundsatz, operatives Controlling

Vorzimmer der Amtsleitung

114 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 48.
115 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 50.
116 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 2, Bl. 2, Organisationsübersicht des BKA, Stand 1. September 2011.
117 Im Rahmen des gegen den Beamten „X“ geführten Disziplinarverfahrens wurde geklärt, inwiefern der Beamte „X“ mit Sachverhalten aus dem

Referat SO 12 befasst war. Siehe hierzu B.7.d)aa).

Drucksache 18/6700 – 84 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

LS 2 Pressearbeit, Vortragswesen

Pressearbeit, Presseauswertung und -dokumentation

Vorbereitung / Betreuung von Besuchen inländischer Gäste der Amtsleitung

Vortragswesen und Publikationen der Amtsleitung

Erstellung der Mitarbeiterzeitung

LS3 Nationale Zusammenarbeit

Beratung der Amtsleitung in Grundsatzfragen nationaler Zusammenarbeit (Polizeiliche Zusam-
menarbeit Bund-Länder)

Geschäftsführung der AG Kripo

Vor-/Nachbereitung der Sitzungen des AK ll

sonstige Gremienarbeit

LS4 Strategische Angelegenheiten

Beratung der Amtsleitung in Grundsatzvorgängen von strategischer Bedeutung

Abgleich der Zielsetzungen des Bundeskriminalamtes mit den tatsächlich von den Abteilungen
wahrgenommenen Aufgaben einschließlich des Aufzeigens von Defiziten und Handlungsbe-
darf

Strategisches Controlling, Erarbeiten steuerungsrelevanter Informationen

Verwaltungsangelegenheiten wie Personal, Haushalt, Organisation und Logistik“118

Der Zeuge Braß hat die Funktion des Leitungsstabes wie folgt beschrieben:

„[…] Der Stab der Amtsleitung ist, wie es so schön im Internetauftritt des BKA heißt, ein unterstüt-
zendes Element. Er unterstützt die Amtsleitung bei der Wahrnehmung der Aufgaben. Das heißt, bei
mir laufen im Grunde genommen alle Vorgänge aus den Fachabteilungen zusammen auf dem Weg
zur Amtsleitung. Andererseits sind wir quasi der Arm der Amtsleitung, wenn es darum geht, Weisun-
gen in Form von Aufträgen an die Abteilungen des Hauses zu steuern.

Wir haben vier Stabsreferate. Es sind ungefähr 60 Leute. Meine Aufgabe als Leiter des Stabes ist es,
die Zusammenarbeit, diese Unterstützungsfunktion für die Amtsleitung optimal zu gewährleisten.“119

Der Zeuge Leon hat sich hierzu wie folgt geäußert:

„[…] Der Leitungsstab ist eine feststehende Organisationseinheit. Wir haben vier Stabsbereiche: Der
Stabsbereich 1, den ich leite, für polizeiliche Lagedarstellung und Bewertung, Leitungsstab 2 ist die
Pressestelle, Leitungsstab 3 ist die Geschäftsführung der AG Kripo, und Leitungsstab 4 sind strategi-
sche Angelegenheiten. Der Stab der Amtsleitung unterstützt die Amtsleitung bei ihrer Aufgabenwahr-

118 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 1, Bl. 288 (293 f.), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand: 1. Juli 2014.
119 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 9.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 85 – Drucksache 18/6700

nehmung. Das heißt, alle Aufträge, die von der Amtsleitung gesetzt werden, werden vom Stab umge-
setzt in Richtung der Linie. Oder eben, wenn Anfragen aus dem BMI kommen; solche Sachen werden
bei uns im Stab der Amtsleitung für die Amtsleitung gemanagt.“120

b) Vernommene Zeugen

Der Untersuchungsausschuss hat aus dem Stab der Amtsleitung des Bundeskriminalamtes die Zeugen Braß und

Leon vernommen.

aa) Zeuge Braß

Der Zeuge Leitender Regierungsdirektor Heiko Braß ist jedenfalls seit dem 1. März 2012 Leiter des Leitungs-

stabes des Bundeskriminalamtes.121 Zu seiner bisherigen Verwendung innerhalb des Bundeskriminalamtes hat

der Zeuge Braß angegeben:

„[…] Ich habe verschiedene Verwendungen in Bundes- und Landesbehörden durchlaufen, bevor ich
in der Innenministerkonferenz für die Geschäftsstelle tätig war; ich muss das vorausschicken, damit
Sie begreifen, wie ich ins Bundeskriminalamt gekommen bin. In dieser Tätigkeit bei der Innenminis-
terkonferenz-Geschäftsstelle war ich unter anderem für die Betreuung des Arbeitkreises 2, Innere Si-
cherheit, der Polizei-Abteilungsleiter von Bund und Ländern zuständig und habe dort 1997 den dama-
ligen Abteilungsleiter des Landes Schleswig-Holstein, Herrn Jörg Ziercke, kennengelernt. Wie Sie
wissen, ist dann Herr Ziercke irgendwann Vorsitzender dieses Gremiums geworden und war das vier
Jahre. Das war dann natürlich für mich als Geschäftsstelle und ihn als Vorsitzenden die Gelegenheit,
sich etwas intensiver kennenzulernen.

Als Herr Ziercke dann 2004 die Berufung als Präsident des Bundeskriminalamtes erhielt, habe ich ihn
gefragt, ob er sich vorstellen könne, ob es für mich eine Verwendung in seiner Nähe im Bundeskrimi-
nalamt geben könne. So eine Verwendung gab es dann in der Tat. Herr Ziercke hat unter anderem
dafür Sorge getragen, dass im Leitungsstab der Amtsleitung eine neue Organisationseinheit eingerich-
tet wurde, die sich mit Fragen des strategischen Controllings innerhalb des Planungsprozesses des
Bundeskriminalamtes beschäftigt hat und zum Zweiten aber auch allgemeinstrategische Angelegen-
heiten anderer Fachabteilungen mit besonderer Relevanz für das Bundeskriminalamt begleiten sollte,
wie das halt ein Stab macht.

Ich hatte die Freude, diese Aufgabe als Gründung - - diese Einheit aufzubauen, in Berlin am BKA
voranzutreiben, habe das dann einige Jahre gemacht, bis mein Vorgänger als Leiter des Stabes der
Amtsleitung Abteilungsleiter im Amt wurde in der Abteilung ZD. In diesem Zusammenhang ist dann
natürlich die Frage aufgekommen: Wer wird denn Nachfolger? Herr Ziercke hat mich gefragt, ob ich
mir das zutraue. Ich habe das bejaht und bin dann halt Anfang des Jahres 2012 als Stabsleiter in diese
Verwendung gekommen.“122

120 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 18.
121 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 2, Bl. 14, Organisationsübersicht des BKA vom 1. März 2012;

MAT A- BKA 18(27)8, Ordner 2, Bl. 12, in der Organisationsübersicht vom 1. Februar 2012 wird der Zeuge Braß unter LS 4 genannt, als Leiter
des Leitungsstabes ist N. N. angegeben.

122 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 9.

Drucksache 18/6700 – 86 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

bb) Zeuge Leon

Der Zeuge Kriminaldirektor Hans-Joachim Leon ist jedenfalls seit Dezember 2013123 Leiter des Stabsbereichs

1 innerhalb des Leitungsstabes des Bundeskriminalamtes. Er hat seine Tätigkeit wie folgt beschrieben:

„[…] Ich bin Leiter des Stabsbereichs 1 - das ist polizeifachliche Beratung, Lagedarstellung, dieser
Bereich ‚Beratung der Amtsleitung‘ - und parallel dazu stellvertretender Stabsleiter, der Vertreter von
Herrn Braß, der letzte Woche hier als Zeuge geladen war. Zu meinen Aufgaben gehört es: das kom-
plette Berichtswesen des BKA in Richtung BMI, parlamentarischer Raum, Kleine Anfragen und sol-
che Sachen, aber auch die Lagedarstellung, die Amtsleitung jederzeit zu informieren über polizeilich
sicherheitsrelevante Sachverhalte. […]“124

3. Referate, die mit den dienstrechtlichen Maßnahmen gegen den Beamten „X“ befasst waren

a) ZD 25 - Zeuge Spaniol

Das Referat ZD 25 (Geheimschutz) ist innerhalb des Bundeskriminalamtes Bestandteil der Gruppe ZD 2 (Er-

kennungsdienst, Polizeilicher Informationsdienst, Geheimschutz). Diese wiederum ist Bestandteil der Abteilung

ZD (Zentrale kriminalpolizeiliche Dienste).125 Die Aufgaben des Referates ZD 25 werden in den Geschäftsver-

teilungsplänen des Bundeskriminalamtes vom 1. Mai 2011126, vom 1. Juni 2012127, vom 1. Juni 2013128 und

vom 1. Juli 2014129 jeweils wie folgt beschrieben:

„Geheimschutzbeauftragte (Wiesbaden, Berlin, Meckenheim)

Geheimschutzbeamte (Wiesbaden, Berlin, Meckenheim)

Personeller Geheimschutz

- Sicherheitsüberprüfungen

- Führen der Sicherheitsakten

- VS-Ermächtigungen und –Belehrungen

- Anträge für Reisen in und durch Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken einschließlich Rei-
sebelehrungen

Materieller Geheimschutz (Wiesbaden, Berlin, Meckenheim)

• VS-Registraturen

123 Erstmals wird der Zeuge Leon in der Organisationsübersicht des BKA vom 1. Dezember 2013 bei LS 1 genannt, MAT A-BKA 18(27)8, Ordner
2, Bl. 56 f.

124 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 9.
125 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 2, S. 12 f., Organisationsübersicht des BKA, Stand: 1. Februar 2012.
126 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 1, Bl. 1 (30), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand: 1. Mai 2011
127 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 1, Bl. 93 (122), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand: 1. Juni 2012.
128 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 1, Bl. 190 (220 f.), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand: 1. Juni 2013.
129 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 1, Bl. 288 (318), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand: 1. Juli 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 87 – Drucksache 18/6700

• Kryptoverwaltung und Schlüsselwesen

• Beratung und Kontrolle zum Schutz von VS

• Änderung der Zahlenkombinationen von VS-Verwahrgelassen und VS-Schlüsselbehältern“

Der Zeuge Spaniol hat die Aufgaben des Referates ZV 25 wie folgt beschrieben:

„Das Referat ZD 25 hat zwei Hauptthemenpunkte, zum einen den Geheimschutz. Ich bin also Ge-
heimschutzbeauftragter des Bundeskriminalamtes. Und der andere Block ist der Bereich der Verwal-
tungsermittlungen, also derjenigen Ermittlungen, die im Vorfeld von Disziplinarverfahren gegen ei-
gene Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes geführt werden.“130

Bezüglich der Rolle des Referates ZD 25 bei Verwaltungsermittlungen hat der Zeuge Spaniol ergänzend ausge-

sagt:

„[…] Verwaltungsermittlungen, um das zu erläutern, sind diejenigen Ermittlungen, die man im Vor-
feld eines möglichen Disziplinarverfahrens führt, haben also nichts mit dem Strafverfahren zu tun,
sondern es geht um die Abwicklung eines möglichen Disziplinarverfahrens. Das heißt, es werden auch
nicht Instrumente der StPO genutzt. Das ist auch der Unterschied zu internen Ermittlungen, nenne ich
es mal, in den Ländern, wo die Landesbeamten zum Teil eigene Zuständigkeiten haben, nach StPO zu
ermitteln. Die haben wir gar nicht. Das heißt, deswegen auch der erste Schritt zur Staatsanwaltschaft,
weil die strafrechtliche Abwicklung in den Händen der Staatsanwaltschaft liegt und deren Hilfsbeam-
ten, aber nicht im BKA.

Davon zu trennen, die Verwaltungsermittlungen, die den disziplinarrechtlichen Teil abdecken im Vor-
feld, wo es darum geht: Hat das die Schwelle des Disziplinarwürdigen erreicht? Und da hat man eben
keine strafprozessualen Möglichkeiten der Informationsgewinnung, sondern man hat nur die Möglich-
keiten der Informationsgewinnung über das Auskunftsrecht des Dienstherrn dem Beamten gegenüber
auf der einen Seite und der Auskunftspflicht des Beamten dem Dienstherren gegenüber nach Beam-
tenrecht. Darauf basierend werden eben diese Informationserhebungen gemacht.“131

Weiterhin hat der Zeuge Spaniol ausgeführt:

„Also, Verwaltungsermittlungen – allgemein gesprochen – dienen dazu, zu ermitteln, ob die Schwelle
des § 17 Bundesdisziplinargesetz, der eben gewisse tatsächliche Anhaltspunkte fordert, um ein Dis-
ziplinarverfahren einleiten zu können - - um eben diese tatsächlichen Anhaltspunkte entweder nach-
zuweisen oder eben abzulehnen. Und da muss man ja erst mal hinkommen. Es ist ja oft so, dass man
im Vorfeld erst mal gegen Unbekannt – man weiß, Stichwort ‚Durchstechereien‘, irgendeiner hat was
an die Presse weitergegeben - - aber Sie wissen ja noch gar nicht, gegen wen. Und da werden Verwal-
tungsermittlungen angestrebt, dass man guckt: Man kann den Personenkreis einengen, wer es war,
oder so. Das ist der eigentliche Sinn von Verwaltungsermittlungen.“132

Bezüglich der organisatorischen Einbindung innerhalb des Bundeskriminalamtes hat sich der Zeuge Spaniol wie

folgt geäußert:

„[…] Es ist so, dass der Bereich der Verwaltungsermittlungen wie auch der Bereich des Geheimschut-
zes sowohl dienst- als auch fachrechtlich direkt bei der Amtsleitung angesiedelt sind, um eben irgend-

130 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 9.
131 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 11.
132 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 14.

Drucksache 18/6700 – 88 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

welche Unter-/ Überordnungsverhältnisse auszuschließen. Das heißt, ich berichte direkt dem Vizeprä-
sidenten des Bundeskriminalamtes und habe dienstlich dann mit den anderen Bereichen nichts zu
tun.“133

Das Referat ZD 25 wird seit dem 1. Februar 2009 von dem Zeugen Kriminaldirektor Spaniol geleitet.134

b) ZV 15 - Zeugen Meyer und Becker

Das Referat ZV 15, das innerhalb der Abteilung ZV (Zentral- und Verwaltungsaufgaben) zur Gruppe ZV 1

(Personal, Recht) gehört, wird im Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des Bundeskriminalamtes vom

1. Juni 2012 wie folgt beschrieben:

„ZV 15 – Justiziariat

Allgemeine Rechtsangelegenheiten

Widerspruchsangelegenheiten

Mahnverfahren

Führung von Rechtsstreitigkeiten

Vertragsprüfungen

Schadensregulierung von Verkehrsunfällen

Regresse

Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch X

Disziplinarangelegenheiten

Dienstaufsichtsbeschwerden

Strafanträge und Strafanzeigen

Gutachten und Stellungnahmen, soweit nicht KI 15 zuständig ist“135

Die in den übrigen vorliegenden Organisations- und Geschäftsverteilungsplänen vorgenommene Beschreibung

des Referats stimmt mit der dargelegten Beschreibung überein.136

133 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 12.
134 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 9.
135 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 1, Bl. 190 (138 f.), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand: 1. Juni 2013.
136 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 1, Bl. 1 (44 f.), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand: 1. Mai 2011; MAT A-BKA

18(27)8, Ordner 1, Bl. 190 (235 f.), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand: 1. Juni 2013; MAT A-BKA 18(27)8, Ordner
1, Bl. 288 (333 f.), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand: 1. Juli 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Regierungsdirektor Matthias Meyer ist seit dem 1. November 2012 Leiter des Referats ZV 15.137

Zuvor wurde das Referat durch Regierungsdirektor Z. geleitet.138

Der Zeuge Kriminalrat Christoph Becker war von April 2012 bis zum 31. März 2014 im Referat ZV 15 tätig,139

und zwar als Leiter des Sachgebiets 2, das sich mit Disziplinarverfahren, Dienstaufsichtsbeschwerden und

Rechtsschutzfragen in Datenschutzfragen beschäftigt.140

Der Zeuge Meyer hat die Aufteilung der Aufgaben zwischen Referatsleiter und Sachgebietsleiter folgenderma-

ßen beschrieben:

„Im Wesentlichen ist es so, dass die materielle Arbeit von dem Sachgebietsleiter geleistet wird. Er hält
mich auf dem Laufenden, insbesondere bei Vorkommnissen, die er für bedeutsam hält. Es ist nicht so,
dass ich jetzt jeden Tag mir alle Vorgänge angucke. Das geht auch mengenmäßig schon gar nicht.
Aber immer dann, wenn er über Rechtsfragen im Zweifel ist oder über Fragen des weiteren Prozederes,
besprechen wir die entsprechenden Vorgänge; dann kommt er zu mir. Oder, wie gesagt, von sich aus,
wenn er irgendwelche Informationen hat, von denen er meint, dass ich sie bzw. unsere Hierarchie sie
wissen müsste. Dann werde ich damit befasst.“141

Der Zeuge Becker hat zu diesem Aspekt bekundet:

„Also, Herr Meyer ist im Herbst 2013 gekommen, ich glaube, im November war das Datum. Er war
Referatsleiter, und da die Vorgänge üblicherweise über den Dienstweg vorgelegt werden, sind alle
meine Vorgänge über Herrn Meyer in die Hierarchie gegangen. Vielleicht zum Verständnis: Das wa-
ren Vorschläge, die gemacht werden. Disziplinarvorgesetzter ist Herr Ziercke gewesen. Insofern ge-
hen diese Vorschläge den Dienstweg über Herrn Meyer, über die damalige Gruppenleiterin ZV 1, den
Abteilungsleiter und dann an Herrn Ziercke.“142

c) Zeuge Hoffmann

Der Zeuge Direktor beim Bundeskriminalamt Jürgen Hoffmann war bis zu seiner Pensionierung im Oktober

2014 seit dem 1. Dezember 2011 Leiter der Abteilung ZV (Zentral- und Verwaltungsaufgaben).143

137 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 47 f.
138 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 2, Bl. 30, Organisationsübersicht des BKA vom 1. Oktober 2012; MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 2, Bl. 32,

Organisationsübersicht des BKA vom 1. November 2012.
139 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 29.
140 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 47.
141 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 48.
142 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 29 f.
143 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 14.

Drucksache 18/6700 – 90 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

II. Operation „Selm“ - Einleitung und Verlauf

1. Operation „Spade“ der kanadischen Behörden

a) Hintergrund und Verlauf

Bei der durch das Bundeskriminalamt ab November 2011 durchgeführten Operation „Selm“ handelt es sich um

die Auswertung der im Rahmen der Operation „Spade“ durch die Polizei Toronto (Kanada) sichergestellten

Kundendaten, soweit Kunden aus Deutschland betroffen waren. In den durch das Bundeskriminalamt den ein-

zelnen Fallakten beigefügten Vermerken wird die Ausgangslage und der Hintergrund der Operation „Spade“

wie folgt beschrieben:

„l. Ausgangslage

Im Rahmen eines durch die Toronto Police - Child Exploitation Section (TPS-CES) und dem United
States Postal Inspection Service (USP.IS) koordinierten Verfahrens wegen des Besitzes / Verbreitens
von Kinderpornografie (‚Project Spade‘) wurden dem BKA, SO l2, umfangreiche. Unterlagen zur
Verfügung gestellt.

2. Hintergrund

Das ‚Project Spade‘ wurde 2010 durch die TPS-CES und den USPIS begonnen. Hintergrund waren
zahlreiche Anzeigen zwischen 2004 und 2010, die im Zusammenhang mit den Webseiten ‚b[…].com‘,
‚m[…].com‘ und ‚azovfilms.com‘ erstattet wurden und sich auf den angeblichen Verkauf von DVDs,
die nackte oder halbnackte vorpubertäre Jungen zeigen, bezogen.

Bei der Webseite ‚www.azovfilms.com‘ handelt es sich um die Hauptwebseite der Dachgesellschaft
[…]Productions Incorporated ([…] Inc.). […] Inc. war, zusammen mit Azov Films, ein in Kanada
eingetragenes Unternehmen, welches innerhalb der Jahre 2009 / 2010 über diese Webseite einen Um-
satz von über 1,6 Millionen kanadische Dollar (CDN) erzielte und Kunden aus insgesamt 94 Staaten
beliefert haben soll.

Im Rahmen der Auswertung wurden einzelne Produkte als kinderpornografisch nach kanadischem
Recht eingestuft. Ein Durchsuchungsbeschluss wurde im Mai 2011 durch die kanadischen Behörden
in den Geschäftsräumen der Firma […] Inc. sowie unter der Wohnanschrift des Firmeninhabers voll-
streckt. Der Firmeninhaber und ein Video-Redakteur konnten festgenommen werden. Sichergestellt
wurden unter anderem der Website-Server und die Kundendatenbank sowie für den Vertrieb be-
stimmte Filme und unbearbeitetes Filmmaterial.

Der technischen Auswertungseinheit der Toronto Police (‚TPS Technological Crime‘) gelang es, den
Website-Server sowie die Kundendatenbank zu rekonstruieren, um so in der gleichen Art und Weise
Zugriff auf die Datenbank zu nehmen, wie dies der Firmeninhaber vor seiner Festnahme konnte (Stand
Mai 2011).“144

144 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 85, Bl. 4 (4 f.), Mustervermerk zur Operation „Selm” – Anregung zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 91 – Drucksache 18/6700
Dem durch die kanadische Polizei erstellten zusammenfassenden Bericht, der dem Untersuchungsausschuss in

englischer Sprache vorliegt und der kein Datum trägt, lässt sich darüber hinaus entnehmen, dass die Durchsu-

chungsbeschlüsse am 1. Mai 2011 vollstreckt worden seien und dass sich der Firmeninhaber in Untersuchungs-

haft befinde, während der Videoredakteur seinen Prozess außerhalb der Haft erwarte. Die Polizei Toronto habe

„tausende“ kinderpornografische DVDs und Filme sichergestellt sowie insgesamt 40 Terrabyte digitaler Daten.

Aufgrund der umfangreichen Verkäufe von Azov Films sei es zu weitgehend, die Geschichte jedes einzelnen

Kunden aufzuarbeiten, weshalb man die Untersuchung in dieser Hinsicht auf die schlimmsten Filme, die Kin-

derpornographie enthielten, auf Verkäufe nach dem 1. Januar 2010 und auf Bestellungen beschränke, bei denen

mehr als ein Film, der Kinderpornographie enthalte, bestellt worden sei.145

Durch das TPS CES wurde nach den Durchsuchungsmaßnahmen eine 14-köpfige Projektgruppe zur Auswertung

des Beweismaterials gegründet, die aus fünf Beamten des TPS CES, vier Kriminaltechnikern und fünf weiteren

Fachbeamten aus auswärtigen kanadischen Polizeistellen bestand. Durch diese Projektgruppe wurden im weite-

ren Verlauf die über 400 sichergestellten Filme im Hinblick auf die kanadische Definition von Kinderpornogra-

fie kategorisiert.146

b) Beteiligung des Bundeskriminalamtes

Das Bundeskriminalamt war an der Operation „Spade“ der kanadischen Behörden vor der unter 2. beschriebenen

Kontaktaufnahme der kanadischen Behörden nicht beteiligt.

2. Kontakt zu den kanadischen Behörden - Übergabe der Daten

a) Grund für die direkte Kontaktaufnahme

Mit E-Mail vom 20. September 2011, die ausweislich der vorliegenden Kopfzeile an keinen speziellen Beamten

innerhalb von SO 12 gerichtet war, jedoch als Kopie an den SO 12 - Beamten F. F. gesandt wurde, wandte sich

eine Beamtin der Child Exploitation Section der Polizei Toronto/Kanada an das Bundeskriminalamt (SO 12) und

teilte zunächst mit, dass im Mai 2011 im Zusammenhang mit der Firma Azov Films Durchsuchungsbeschlüsse

vollstreckt worden seien. Bei dem Inhaber dieser Firma handele es sich um einen Unter-Vertriebshändler („sub

distributor“) der Firma P.; bei dieser Firma gehe die kanadische Polizei davon aus, dass diese von einer bereits

verstorbenen, in Deutschland wohnhaften Person, betrieben worden war. Die kanadische Polizei gehe ferner

davon aus, dass der Großteil der über die Firma Azov Films verkauften Filme aus der „Oskar-Serie“ stamme,

deren Produzent im Jahre 2010 in Deutschland verhaftet worden sei. Bei den in den Filmen als Darsteller fun-

145 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 1, Bl. 11 (13 f.), Report on the Toronto Police Service Investigation into Brian XX of […] Inc. and azovfilms.com.
146 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 1, Bl. 11 (15), Report on the Toronto Police Service Investigation into Brian XX of […] Inc. and azovfilms.com.
Drucksache 18/6700 – 92 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gierenden Kindern vermute die kanadische Polizei, dass ein Großteil aus der Ukraine stamme. Sollte sich her-

ausstellen, dass es auch Opfer aus Deutschland gebe und dass diese in den Filmen aufträten, so wäre man an

weiteren Informationen, wie Ablichtungen der Aussagen, Geburtsdaten und Namen interessiert, um diese den

eigenen Akten beifügen zu können. 147

Darüber hinaus wurde mitgeteilt, dass die gesamte Filmsammlung sowie die Kundendatei beschlagnahmt wer-

den konnte. 150 Filme seien nach kanadischem Recht als kinderpornografisch eingestuft worden. Die Beamtin

teilte mit, dass sie Ende Oktober 2011 einen Lehrgang in Selm/Deutschland besuchen werde. Es sei ihr möglich,

einige zusätzliche Tage in Deutschland zu bleiben, um sich mit Ermittlern zu treffen.148

Der Zeuge Gruber bestätigte sodann mit E-Mail vom 21. September 2011 in englischer Sprache gegenüber der

kanadischen Polizeibeamtin die genannten Informationen bezüglich des Produzenten. Sofern es Opfer mit Bezug

zu Deutschland gebe, so bitte er, die Filme anlässlich des Lehrgangs in Selm an die Kollegen Julia Wiegand und

Ronny Liersch zu übergeben. Diesen könnten auch die Informationen über die deutschen Kunden übergeben

werden. 149

Der Zeuge Gruber hat diese Vorgänge wie folgt geschildert:

„Ich wurde am 20.09.2011 von der kanadischen Kollegin kontaktiert, weil sie 150 Videos in Kanada
sichergestellt hat und bei Teilen dieser Videos der Verdacht bestand, dass sie für ein Ermittlungsver-
fahren in Deutschland wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern beweiserheblich sind, und
ich war Sachbearbeiter beim BKA von diesem Missbrauchsverfahren.

Ich habe dann am 21.09.2011 der kanadischen Kollegin mitgeteilt, dass ich die Videos, um sie für das
Missbrauchsverfahren zu prüfen, gerne übermittelt bekommen hätte. Ihr Vorschlag war, sie bei einem
EUROPOL-Lehrgang in Selm zu übergeben, weil zufällig zwei Kollegen von meinem Referat SO 12
auch diesen Lehrgang besucht hatten.

Nebenbei erwähnte die kanadische Kollegin, dass zu diesen 150 Videos eben auch eine Kundenliste
vorliegt, die bis ins Jahr 2006 zurückreicht, wo ersichtlich sein sollte, welche Kunden denn welche
mutmaßlichen kinderpornografischen Videos bestellt hatten.

Dann bin ich auf ihren Vorschlag eingegangen. Ich hatte mit ihr dann ausgemacht, dass ich meinen
Kollegen auf den Lehrgang eine mindestens 500 Gigabyte große Festplatte mitgeben werde, weil die
kanadische Kollegin mir berichtete, dass 400 Gigabyte an Beweismitteln für Deutschland relevant
wären.

Ich habe dann am 29.09. bei unserem Logistikreferat für die Abteilung SO - das ist das Referat SO 55
- eine 2-Terabyte-Festplatte, die leer war, ausgeliehen und sie dann der Kollegin Wiegand überreicht,
damit sie die Beweismittelübergabe während des Lehrgangs in Selm durchführen kann.

Nach dem Lehrgang habe ich am 02.11. die Festplatte mit den kanadischen Beweismitteln wiederer-
halten. Ich habe an diesem Tag dann die Beweismittel bei uns im Referat in die Beweismittelablage -

147 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 1, Bl. 5 f., E-Mail vom 20. September 2011.
148 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 1, Bl. 5 (6), E-Mail einer kanadischen Beamtin an SO 12 vom 20. September 2011, 18.14 Uhr.
149 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 1, Bl. 5 (6), E-Mail des Zeugen Gruber an eine kanadische Beamtin vom 21. September 2011, 17.34 Uhr.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 93 – Drucksache 18/6700

das ist ein Serverraum - aufgespielt. - Das war der Weg, wie die Beweismittel und warum die Beweis-
mittel von Kanada nach Deutschland kamen.“150

Der Zeuge Gruber schilderte, die E-Mail sei direkt an ihn gerichtet gewesen:

„Sie hat mir direkt eine E-Mail geschrieben. Ich kann mich nicht daran erinnern, ob ich sie von vorher
kannte; das liegt zu lange zurück. Ich weiß nur: Ich hatte praktisch einen Posteingang, der vermutlich
strafrechtlich relevant war. Wie sie auf mich kam, das kann ich nicht mehr nachvollziehen.“151

Als Hintergrund für die durch ihn genannte direkte Kontaktaufnahme vermutete der Zeuge Gruber:

„So, wie ich sie verstanden hatte, hat sie sich aus dem Grund bei mir gemeldet, weil sie gedacht hat,
sie kann die Ermittlungen in dem ‚Infrarot‘-Verfahren unterstützen. Und als Nebenprodukt hat sie mir
halt dadurch den Neuvorgang übermittelt.“152

An der Echtheit der E-Mail habe der Zeuge Gruber aus folgendem Grund nicht gezweifelt:

„[…] Mir ist aber in dem Moment gerade eingefallen, dass nachrichtlich ein Kollege von meinem
Referat an dieser E-Mail beteiligt war, und ich glaube, mich erinnern zu können, dass er diese Kollegin
kannte und ich auch kurz mit ihm darüber gesprochen hatte, über diese E-Mail. […]“153

Den Kollegen hat der Zeuge Gruber namentlich als den Beamten F. F. benannt, an den die E-Mail vom 20.

September 2011 ausweislich der Kopfzeile in Kopie gerichtet war.154

b) Übergabe der Daten anlässlich des Lehrgangs in Selm

aa) Anfrage bezüglich des Übergabemodus durch die kanadische Beamtin

Vor der Anreise zu dem Lehrgang habe sich die kanadische Polizeibeamtin bei dem Zeugen Gruber darüber

erkundigt, wie die Übergabe der Daten ablaufen solle:

„[…] Die ausländische Kollegin hat mich gefragt, wie konkret sie es herbringen soll und ob sie es
nach deutschem Recht darf. Dann habe ich ihr erklärt: Wenn sie es verschlüsselt mitbringt - und sie
bringt es ja dann in dienstlicher Funktion mit und nicht privat -, damit braucht sie keine Angst zu
haben, dass sie sich strafrechtlich etwas zuschulden kommen lässt nach 184 b. Daher weiß ich, wie sie
das gehandelt hat. […]“155

bb) Anlass und Teilnehmerkreis der Tagung in Selm

Die Tagung in Selm fand auf dem dortigen Gelände des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Perso-

nalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen statt. Die durch EUROPOL veranstaltete Tagung trug den

150 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 8.
151 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 13.
152 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 13.
153 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 19.
154 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 1, Bl. 5 f., E-Mail einer kanadischen Beamtin an SO 12 vom 20. September 2011, 18.14 Uhr.
155 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 16.

Drucksache 18/6700 – 94 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Titel „Combating the Sexual Exploitation of Children on the Internet“ - es handelte sich um den zwölften Kurs

dieser Art; der achttägige Kurs endete am 1. November 2011.156

Der Zeuge Liersch hat ausgesagt, dass er an dem Lehrgang im Rahmen seiner Einarbeitung im Referat SO 12

teilgenommen habe:

„[…] Im Rahmen der Einarbeitung nimmt man an mehreren Lehrgängen teil, und ein Lehrgang ist
unter anderem der internationale EUROPOL-Lehrgang, der stattgefunden hat Ende Oktober 2011, an
dem ich teilgenommen habe. […]“157

Der Zeuge Liersch hat im Hinblick auf den Lehrgang ausgeführt:

„[…] Der Lehrgang wird von Europol veranstaltet. Soweit ich mich erinnern kann, waren mehrere
europäische Länder vertreten: Deutschland, Spanien, Italien. Wir hatten litauische Kollegen, slowaki-
sche Kollegen. Ich kann mich an einen australischen Kollegen erinnern, an die kanadische Kollegin.
Mit mir im Lehrgang war ein FBI-Vertreter, zwei sogar. Eigentlich lädt EUROPOL sämtliche Poli-
zeidienststellen international ein, die mit diesem Thema befasst sind.

Zu der Anzahl der Teilnehmer: Ich weiß die genaue Anzahl nicht, aber es müssen ungefähr 70 gewesen
sein. Ich weiß noch: Wir waren in fünf Kurse aufgeteilt zu rund 12 bis 15 Teilnehmern pro Kurs. Also
müssen es so ungefähr 70 gewesen sein. Die genaue Anzahl weiß ich nicht. […]“158

Der Zeuge Liersch hat bekundet, dass aus dem Referat SO 12 nur er und die Zeugin Wiegand an dem Lehrgang

teilgenommen hätten.159 In Bezug auf weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Bundeskriminalamt

hat der Zeuge Liersch ausgeführt:

„Also, in manchen Lehrgängen ist es so, dass noch von anderen Referaten Betreuer dazukommen. In
diesem Fall kann ich mich nicht erinnern, ob noch andere Kollegen aus dem BKA da waren. Da das
aber ein EUROPOL-Lehrgang ist oder der von EUROPOL veranstaltet wird und wir als Fachdienst-
stelle direkt eingeladen werden, glaube ich, dass nur Julia Wiegand und ich an diesem Lehrgang teil-
genommen haben.“160

Die Zeugin Wiegand hat diesbezüglich ausgesagt:

„Ich weiß, dass noch ein deutscher Kollege teilgenommen hat. Ich kann Ihnen aber nicht mehr sagen,
von welcher Dienststelle der war. Aber der war nicht vom BKA. Aber mit dem gab es da eigentlich
keinen Kontakt.“161

cc) Ablauf der Übergabe in Selm

Zum Zwecke der Übergabe der Daten führten die Beamten Wiegand und Liersch eine Festplatte mit, die ihnen

durch den Zeugen Gruber zuvor mitgegeben worden war.162 Die Zeugin Wiegand hat diese Vorgänge wie folgt

beschrieben:

156 https://www.EUROPOL.europa.eu/latest_news/12th-EUROPOL-training-course-combating-sexual-exploitation-children-internet, zuletzt abge-
rufen am 23. Februar 2015.

157 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 28.
158 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 36.
159 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 30.
160 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 39.
161 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 51.
162 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 46.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 95 – Drucksache 18/6700

„[…] Ich war im Oktober 2011 auf einem Lehrgang in Selm, auf einem international organisierten
Lehrgang für Kinderpornografie. Ich wurde im Vorhinein von einem Kollegen, also von dem Herrn
Gruber, der hier auch schon ausgesagt hat, darum gebeten - - bzw. er hat mich angesprochen, dass auf
diesem Lehrgang von den kanadischen Kollegen Beweismittel zu einem Verfahren, was er gerade
führt, übergeben werden soll. Zu diesem Zweck hat er uns, also dem Kollegen Liersch und mir, eine
Festplatte mitgegeben. Auf diese Festplatte wurden die Daten dann von den kanadischen Kollegen
überspielt, und wir haben die Festplatte dann eben wieder mit zurück nach Wiesbaden gebracht.“163

„Wie gesagt, ich habe die in dem Glauben mitgenommen, dass es eben für das Verfahren von Herrn
Gruber relevant ist und ich die jetzt nicht für mich mitbringe oder dass da unwahrscheinlich viele
Daten jetzt für uns als neues Verfahren mit drauf sind, und habe sie ihm dann auch übergeben, als ich
wieder in Wiesbaden war. Er hat es dann aufgespielt, hat es durchgeschaut und hat dann festgestellt,
dass es für sein Verfahren nicht so relevant ist, dass da aber dann eben Beweismittel zu einem Um-
fangsverfahren drauf sind. […]“164

Konkret zum Ablauf der Übergabe hat die Zeugin Wiegand bekundet:

„Wir sind eben nach Selm gefahren und haben eine Festplatte von einem Kollegen mitbekommen, die
wir mit dahin genommen haben. Da hat uns die kanadische Kollegin angesprochen, dass sie eben
Daten für den Kollegen dabei hat, und gefragt, wann es die Möglichkeit gibt, diese Daten zu überspie-
len. Dann gab es eben den einen Tag, wo wir uns mit ihr kurz an den Rechner gestellt haben.

Es ist für mich wahnsinnig schwierig, mich daran zu erinnern, weil ich dem damals keine Bedeutung
beigemessen habe, muss ich ganz ehrlich sagen. Ich habe die Festplatte mitgenommen in dem Glau-
ben, dass ich für den Kollegen Material mitbringe. Dann hat sie aber meinem Kollegen und mir schon
ganz kurz einen Blick gewährt und hat irgendwas erklärt, und mein Kollege hat auf die Bilder geguckt
- da waren schon kurz Bilder - und hat gesagt: Na ja, es könnte strafrechtlich grenzwertig sein, aber
wir nehmen es mit, und wir überprüfen. - Ich, ziemlich neu im Referat, habe daneben gestanden, und
wir haben die dann eben mit zurückgebracht und dem Kollegen übergeben.“165

Der Zeuge Liersch hat die Übergabe der Daten wie folgt beschrieben:

„Die Kollegin von der kanadischen Polizei hat uns angesprochen. Wir wussten ja bereits von Herrn
Gruber, dass sie auf uns zukommen wird. In der ersten Woche hat sie uns zu sich gebeten, hat uns
kurz den Sachverhalt geschildert, uns zusammen an ihrem PC zwei Videos gezeigt, die Bestandteil
der Beweismittel waren. Die habe ich kurz nach meiner Einschätzung bewertet. Des Weiteren hat sie
uns eine Excel-Tabelle gezeigt, wie die angebliche Kundendatenbank ausgestaltet ist. […]“166

„[…] Ich kann mich an das erinnern, was ich gerade geschildert habe, dass die kanadische Kollegin
uns Videos gezeigt hat und auch diese Excel-Tabelle. Danach ist vereinbart worden, dass wir die Be-
weismittel mit nach Wiesbaden nehmen. Ich weiß noch, dass die Datenmenge so groß war, dass man
das nicht einfach so auf die Festplatte überspielen konnte, sondern das hat lange gedauert.“167

Im weiteren Verlauf hat der Zeuge Liersch hierzu ergänzt:

„Was ich damit meinte: Ich weiß nicht genau, ob ich vorhin gesagt habe: ‚Es war nicht so einfach‘
oder ‚Es hat länger gedauert aufgrund der großen Datenmenge‘. Ich meine, ich hätte gesagt, dass das
über Nacht überspielt werden muss oder musste.“168

163 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 45 f.
164 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 46.
165 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 51.
166 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 28.
167 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 36.
168 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 42.

Drucksache 18/6700 – 96 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Zeugin Wiegand hat im Hinblick auf den Ablauf der Datenübergabe bekundet:

„Während der kompletten Dauer des Überspielens waren wir nicht dabei, nein.“169

Der Überspielvorgang sei durch die kanadische Kollegin durchgeführt worden, die dann die fertig bespielte

Festplatte übergeben habe, wahrscheinlich am nächsten Morgen.170

Nach dem genauen Zeitpunkt der Übergabe befragt hat der Zeuge Liersch bekundet:

„Ich habe daran keine Erinnerung. Ich weiß, dass es nicht am Anfang des Lehrgangs war, sondern dass
schon Tage verstrichen sind. Es muss in der ersten Woche gewesen sein. Sonst hätte die Frau Wiegand
das nicht bearbeitet, weil sich das bei uns im Referat so darstellt: Wir sind zwei Sachgebiete, und je
nach Woche bekommt dann das eine Sachgebiet den Eingang oder Vorgänge zur Bearbeitung und in
der anderen Woche dann das andere Sachgebiet. […]“171

Bei der Übergabe habe man, so der Zeuge Liersch, die Daten kurz in Augenschein genommen:

„Die Kollegin, die kanadische Kollegin, hat an ihrem Laptop uns die Videos, die Videodateien vorge-
führt und auch die Excel-Tabelle geöffnet. Ich kann mich nicht daran erinnern oder nicht mehr genau
erinnern, was sie gesagt hat. Ich kann mich daran erinnern, dass das die Kundendatei ist. Sie hat da
rechts und links hin- und hergeschoben. Ich weiß noch ungefähr, dass ich gesagt habe, dass das gut
aufgearbeitet scheint. […]“172

An die Inaugenscheinnahme der Excel-Liste bereits zu diesem Zeitpunkt konnte sich die Zeugin Wiegand nicht

erinnern. Sie hat dahingehend geäußert:

„Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich mir die Excel-Liste angeschaut habe.“173

dd) Lagerung der Festplatte nach der Übergabe der Daten

Dazu, wo die Festplatte nach Überspielung der Daten bis zur Abreise aus Selm gelagert wurde, konnte die Zeugin

Wiegand keine konkreten Angaben machen. Auf eine entsprechende Frage hat sie geäußert:

„Ja, da können wir uns auch nicht mehr wirklich dran erinnern.“174

Sie wisse nicht mehr, ob die Festplatte in dem von ihr bezogenen Zimmer oder im Zimmer des Zeugen Liersch

gelagert worden sei.175

Auch der Zeuge Liersch hat sich in dieser Art geäußert:

„[…] Für mich war dann das Thema erledigt. Ich kann mich nicht daran erinnern, ob ich die Festplatte
mitgenommen habe oder die Frau Wiegand.“176

169 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 61.
170 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 61 f.
171 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 37.
172 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 38.
173 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 62.
174 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 62.
175 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 62.
176 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 36.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 97 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Gruber hat zu diesem Aspekt bekundet, er habe die Festplatte seiner Erinnerung nach der Zeugin

Wiegand mitgegeben. Ob er sie später von der Zeugin Wiegand oder von dem Zeugen Liersch wieder übernom-

men hatte, hat der Zeuge Gruber nicht mehr erinnert.177

c) Praxis direkter Datenübergaben - Normal- oder Ausnahmefall

Der Untersuchungsausschuss hat sich mit der Frage beschäftigt, ob die dargestellte Art und Weise der Übergabe

von Ermittlungsdaten üblich und angemessen ist.

Der Zeuge Gruber hat sich hierzu wie folgt geäußert:

„Es ist nichts Außergewöhnliches, diese Form der Übergabe, aber es kommt nicht täglich vor. Es gibt
internationale Tagungen, Fortbildungsveranstaltungen, wo man die Kollegen vom Ausland trifft, die
im gleichen Deliktsbereich arbeiten. Bei solchen Anlässen ist es nichts Ungewöhnliches, dass Beweis-
mittel übergeben werden, dass Fälle durchgesprochen werden, was ja auch teilweise Sinn der Tagun-
gen ist. Das ist eine Möglichkeit. In der Regel erfolgt die Beweismittelübermittlung aus dem Ausland
per Post oder über die Verbindungsbeamten.“178

Der Zeuge Liersch hat hierzu bekundet:

„[…] Für mich war die persönliche Übergabe der Beweismittel das erste Mal. Sonst bekommen wir
elektronisch die Beweismittel, oder die werden uns zugeschickt auf Datenträgern.“179

„Ich fand das nicht ungewöhnlich; denn der Kollege Gruber hat mich informiert darüber, dass er in
Kontakt steht mit der kanadischen Kollegin, die auch an diesem Lehrgang teilnimmt, wie Frau Wie-
gand und ich. Und er bat uns, die Beweismittel entgegenzunehmen und mitzubringen. Deswegen war
das für mich jetzt nichts Ungewöhnliches. Mir sind jetzt auch keine Vorschriften bekannt, die die
Übergabe von Beweismitteln irgendwie genau regeln. Da habe ich mir jetzt keine Gedanken weiter
drüber gemacht.“180

Der Zeuge Stahl hat im Hinblick auf diesen Aspekt erklärt:

„Das persönliche Zusammentreffen ist im Regelfall nicht der übliche Weg. Wenn man aber eh ein
persönliches Treffen hat, kann man das anbieten, weil die persönliche Übergabe nach meiner Ein-
schätzung die sicherste Übergabemöglichkeit zwischen zwei Berechtigten ist. Keiner, der irgendwie
einen Postversand oder sonst was hat, kommt überhaupt in den Besitz oder die Möglichkeit, sich den
Besitz von kinderpornografischen Dateien zu verschaffen.“181

Der Zeuge Hoppe hat sich folgendermaßen eingelassen:

„Also, es ist nicht der übliche Weg. Es ist aber ein Weg, der immer mal wieder vorkommt, dass an-
lässlich von bilateralen Treffen zwischen Polizeikollegen auch Beweismaterial übergeben wird. Weil
die Übersendung von 450 Gigabyte per E-Mail oder, sagen wir mal, auch per Post wäre in dem Fall
etwas, ich will nicht sagen: unmöglich, aber aufwendig gewesen. Deswegen wird das immer wieder
gemacht. Und das hat dann natürlich auch strafrechtlich keinerlei - - bereitet keinerlei Probleme, weil

177 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 20.
178 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 15.
179 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 36.
180 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 37.
181 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 59.

Drucksache 18/6700 – 98 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

beide Seiten von der Privilegierung umfasst sind. Das ist § 184 b Absatz 5. Die dürfen ja Kinderpor-
nografie besitzen zur Ausübung ihrer dienstlichen Aufgaben.“182

Befragt nach der strafprozessualen Verwertbarkeit der Daten hat der Zeuge Hoppe hinzugefügt:

„Ich hatte ja eben schon gesagt: Das ist nicht der übliche Vorgang. Es kommt aber mal vor, dass
Festplatten übergeben werden, dass vielleicht auch Festplatten überspielt werden. Wir haben ja in dem
Deliktsbereich ohnehin nicht das Problem, aber die Tatsache, den Umstand, dass alle Daten elektro-
nisch sind, dass auch die Daten, die die Kanadier dort vor Ort gesammelt haben - das konnten Sie
sicher in dem Protokoll lesen -, auch teilweise rekonstruiert wurden. Die Kundendatenbank ist ja nicht
so eins zu eins runtergeladen worden, sondern sie ist wieder rekonstruiert worden. Das heißt, die Daten
unterliegen alle der Frage: Sind die tatsächlich authentisch? Das ist dann Aufgabe letztlich des erken-
nenden Gerichts, im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu sagen: Ich erkenne diese Beweise an
oder erkenne sie nicht an.

Und diesem Risiko sind wir, ich sage mal, bei einem Großteil der Internetkriminalität ausgesetzt, dass
wir Daten, die wir aus dem Ausland bekommen, ja auf ihre Authentizität nicht mehr bis ins letzte SGV
(?)183 auch tatsächlich überprüfen können. Da müssen wir auf das vertrauen, was wir dort bekommen,
müssen das auf Plausibilität, auf Schlüssigkeit prüfen. Und letztlich ist ja ein Übergabeprotokoll ge-
schrieben worden, weil die kanadischen Kollegen geschrieben haben in ihrem Dienstreisebericht,
wenn sie nach Hause gekommen sind: Habe ich anlässlich der Dienstreise nach Deutschland den deut-
schen Kollegen, namentlich benannt - - Ich gehe mal davon aus - ich weiß es nicht; ich habe das nicht
gesehen, aber ich gehe mal davon aus -, dass so was geschrieben wird. Wir haben das ja für uns ge-
macht. Wir haben ja einen Dienstreisebericht geschrieben, bzw. die Kollegin war auf dem Lehrgang,
hat mir dann berichtet, dass die Daten eingegangen sind. Die Daten sind eingepflegt worden in unser
System. Damit ist ja der Nachweis geführt worden, dass sie bei uns eingegangen sind.“184

Der Zeuge Schiffels hat zur persönlichen Übergabe von Daten bekundet:

„[…] Eine persönliche Übergabe von Daten ist immer eine sehr sichere.“185

Im Hinblick auf die Dokumentation der Datenübergabe befragt äußerte der Zeuge Gruber:

„Diese Übergabe wird dadurch dokumentiert, dass eins zu eins der Schriftverkehr im VBS abgelegt
wird.“186

„Der E-Mail-Verkehr, die Kontaktaufnahme. Wenn es ein Telefonat gegeben hätte, hätte man einen
Gesprächsvermerk verfasst.”187

Ein Übergabeprotokoll bzw. -vermerk oder ein anderes Dokument, durch das die Übergabe der Daten dokumen-

tiert wird, findet sich nicht in den dem Untersuchungsausschuss vorgelegten Akten.

182 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 16.
183 Anmerkung des Sekretariats: Gemeint ist wohl die Redensart „bis ins letzte Essgefach“.
184 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 16 f.
185 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 26.
186 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 20.
187 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 20.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 99 – Drucksache 18/6700

d) Prüfung der übergebenen Daten im Hinblick auf die Relevanz für das „Infrarot“-Verfahren - Auf-
spielen der erhaltenen Daten auf den BKA-Server

aa) Aufspielen der Daten

Der Zeuge Gruber hat berichtet, dass er die Festplatte mit den aus Selm erhaltenen Daten am 2. November 2011

auf den Server „Paris“ aufgespielt habe.188 Er habe sich stichprobenartig davon überzeugt, dass die Dateien eins

zu eins überspielt werden. Nach dem Überspielen habe er die Festplatte gelöscht.189 Im Hinblick auf die hierbei

genutzten Server hat der Zeuge Gruber ausgeführt:

„In unserem Beweismittelserverraum haben wir verschiedene Server mit verschiedenen Namen. Diese
Namen bedeuten spezielle Dinge. ‚Paris‘ ist die Beweismittelablage, wo kontinuierlich nach Akten-
zeichen gearbeitet wird. Und ich hatte ja schon das schwere Missbrauchsverfahren in Bearbeitung.
Dadurch hatte ich natürlich schon ein Aktenzeichen dafür; das war hier speziell auf ‚London‘. ‚Lon-
don‘ ist die Ablage, wo die kinderpornografischen Videos gespeichert werden, die einen sexuellen
Missbrauch dokumentieren und wo entweder der Täter oder das Opfer oder der Tatort schon identifi-
ziert ist oder noch nicht identifiziert ist, aber es Ermittlungsansätze dazu gibt.

Aus dem Grund, weil ich ja gedanklich bei diesem Vorgang trennen musste - einerseits haben mich
nur die Videos interessiert, um das sexuelle Missbrauchsverfahren zu befördern -, wusste ich genauso,
dass der komplette Inhalt der externen Festplatte gleichzeitig ein Neuvorgang ist, also mit einem neuen
Aktenzeichen, nämlich das Umfangsverfahren OP ‚Selm‘, wie es dann ja genannt wurde, mit eben der
Kundendatenbank und den Bestellungen. Aus dem Grund habe ich es erst mal eins zu eins auf ‚Paris‘
kopiert, weil mir klar war, dass unter dem neuen Aktenzeichen dort diese Beweismittel zu speichern
sind. Ich habe aber kein Aktenzeichen vergeben, weil ich mir keine Vorgänge selber zuordne. Deswe-
gen habe ich mit ein paar beginnenden Nullen begonnen und dann in dem Dateinamen noch ‚Selm‘
eingegeben - meiner Erinnerung nach. Und dann habe ich es so erst mal liegen lassen, diesen Neuvor-
gang.“190

bb) Prüfung der eingegangenen Daten im Hinblick auf die Relevanz für das „Infrarot“-Verfahren

Der Zeuge Gruber hat sodann von der Auswertung der Daten Folgendes berichtet:

„Ich wusste von dem schweren sexuellen Missbrauchsverfahren, dass der Beschuldigte die Dateien
immer mit einem bestimmten Dateinamenbestandteil benennt. Also habe ich nach diesem Dateina-
menbestandteil erst mal gesucht bei diesen 150. Gleichzeitig habe ich durch eine Softwareunterstüt-
zung versucht, festzustellen, ob eines von diesen 150 Videos von dieser Missbrauchsserie bereits bei
uns auf ‚London‘ gespeichert ist.

Die Auswertung hat dann ergeben - - Ich bin dann bei drei Videos von den 150 hängen geblieben, die
ich aber nicht dem Missbrauchsverfahren zugeordnet habe, weil ich dort nämlich keine strafrechtlich
relevanten sexuellen Handlungen vorfinden konnte. Aber aufgrund der handelnden Personen und der
Tatörtlichkeit war es so, dass es zumindest zu dieser Videoserie, die der Beschuldigte hergestellt hat,
dazugehört hat. Deswegen habe ich die drei Videos dann auch auf ‚London‘ zu dieser Videoserie
gespeichert.“191

188 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 8 ff.
189 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 9.
190 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 9 f.
191 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 10.

Drucksache 18/6700 – 100 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Im Rahmen der Auswertung der übergebenen Daten habe der Zeuge Gruber auch eine Excel-Datei geöffnet. In

dieser Hinsicht hat er bekundet:

„Also, falls ich mich vorher missverständlich ausgedrückt habe: Ich habe eine Excel-Liste geöffnet.
Ich habe sie aber nicht geöffnet, um damit die Auswertung von den Videos, an denen ich interessiert
war, zu befördern, sondern ich wollte einzig und allein ausschließen - ich wusste, dass es eine Kun-
denliste ist - , dass nicht vielleicht auch die Lieferanten, die Verkäufer darin gespeichert sind, weil ich
die Erfahrung gemacht habe im internationalen polizeilichen Dienstverkehr - dadurch, dass Englisch
ja nicht die Muttersprache von allen ist -, dass manchmal die Beschreibungen von den Beweismitteln
und auch von den Tathandlungen, die angeblich in dem Beweismittel drin sind, eben fehlerhaft sind.
Und deswegen wollte ich ausschließen, dass halt nicht nur Kunden darin waren, sondern vielleicht
auch Lieferanten und vielleicht auch der Beschuldigte von meinem Missbrauchsverfahren.“192

„Ich habe die Excel-Tabelle aufgemacht. Anhand des Balkens an der rechten Seite kann man ja sehen,
ob eine Excel-Tabelle nur ein paar Zeilen enthält oder Hunderte, Tausende. Der Balken war ganz klein.
Aus dem Grund, um Zeit zu sparen, habe ich einfach nur auf ‚Bearbeiten‘/ ‚Suchen‘ geklickt und habe
personenbezogene Daten von dem Beschuldigten des Missbrauchsverfahrens eingegeben.“193

„Es war nur in der Hinsicht nutzbar, dass ich darin keine relevanten Informationen gefunden habe für
mein Missbrauchsverfahren.“194

Da das „Infrarot“-Verfahren durch eine Landespolizei geführt wurde und das Bundeskriminalamt in diesem

Zusammenhang lediglich im Rahmen der Zentralstellenfunktion Unterstützung geleistet habe, habe er das ge-

nannte Ergebnis seiner Erinnerung nach telefonisch der Landespolizei mitgeteilt.195

cc) Verschlüsselung der Daten bei Übergabe?

Der Untersuchungsausschuss ist der Frage nachgegangen, ob die Daten durch die kanadische Polizeibeamtin in

verschlüsselter Form übergeben wurden. Diese Frage konnte nicht abschließend geklärt werden. Der Zeuge Gru-

ber hat hierzu geäußert:

„Ich kann mich nicht erinnern - aufgrund der Zeit und aufgrund der Masse von über 10 000 Verfahren,
die ich in fünfeinhalb Jahren bei SO 12 bearbeitet habe -, ob ich in diesem konkreten Fall ein Passwort
angefordert habe, weil es verschlüsselt war. Dazu kann ich leider nichts sagen.“196

Auch der Zeuge Liersch hatte hierzu keine Erinnerung:

„Also, grundsätzlich zur Datensicherung: Bei uns im Referat wird es so gehandhabt, dass Beweismittel
grundsätzlich verschlüsselt werden, wenn sie weitergegeben werden. Inwieweit - - Ich hatte bei dem
Lehrgang keinen eigenen Laptop dabei, weil die Laptops oder die PCs, die man dort für den Lehrgang
braucht, die werden dort gestellt. Ich wusste nicht, dass es dort frei im Zimmer Internetzugang gab.
Für mich - - Ich brauche da keinen PC. Darum hatte ich keinen dabei. Grundsätzlich, wie die Kollegin
das gehandhabt hat, da kann ich nichts zu sagen.“197

192 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 21.
193 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 21.
194 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 21.
195 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 10.
196 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 12.
197 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 30.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101 – Drucksache 18/6700

„[…] Ich weiß nicht, ob es da eine Verschlüsselung gab. Ich habe die Daten nicht überspielt. Dazu
kann ich nichts sagen.“198

„[…] Ich war ja in dem Fall der Bote. Empfänger war der Herr Gruber. Inwieweit der da ein Passwort
angefordert hat, kann ich nicht sagen.“199

Die Zeugin Wiegand hat, hierzu befragt, geäußert:

„Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich habe die Daten ja auch nicht aufgespielt.“200

3. Vorarbeiten innerhalb des Bundeskriminalamtes bis zur Besprechung mit der Generalstaatsanwaltschaft
Frankfurt a. M. (ZIT) im Juli 2012

a) Anlegen eines Neuvorgangs - Zuweisung des Verfahrens an die Zeugin Wiegand

aa) Anlegen eines Neuvorgangs

Der Zeuge Gruber hat bekundet, ein Neuvorgang sei auf Grund seiner Entscheidung angelegt worden. Auf die

Frage, wer entschieden habe, dass ein neuer Vorgang angelegt werde, hat der Zeuge Gruber geantwortet:

„Das habe ich entschieden. Es ist ganz üblich, weil insbesondere in dem Deliktsbereich es an der
Tagesordnung ist, dass man wie nach einem Dominoprinzip von einem Ermittlungsverfahren zum
nächsten kommt. Aufgrund des Legalitätsprinzips habe ich ja eine neue Straftat entdeckt und dement-
sprechend entschieden, dass in diese Richtung halt ein Neuvorgang - - neue Ermittlungen zu führen
sind.

Dann habe ich mir nur im Kopf die Frage gestellt, weil es bei uns im Referat so geregelt ist: Wir haben
zwei Sachgebiete. Die Zuständigkeit für einen Neuvorgang wechselt nach der Kalenderwoche von
Sachgebiet zu Sachgebiet. Also habe ich mir nur die Frage gestellt: Welches Sachgebiet ist denn dafür
zuständig? Selbst wenn es jetzt meins gewesen wäre, dann hätte ich nicht mir den Vorgang selbst
zugeordnet, sondern meinen Sachgebietsleiter gefragt, wem denn der Vorgang zuzuordnen gewesen
wäre. Aber die Frage hat sich nicht gestellt, weil nämlich die Dateien in einer Kalenderwoche kopiert
wurden, wo das Sachgebiet 1 für die Neuvorgänge zuständig war. Das war reiner Zufall. Dementspre-
chend habe ich jemandem vom Sachgebiet 1 dann mitgeteilt, dass ich diesen Neuvorgang unten im
Serverraum unter ‚Paris‘ abgelegt habe und dass der eben zu bearbeiten ist und zu verteilen ist. Wem
ich das da mitgeteilt habe, daran habe ich keine Erinnerung mehr.“201

Die Mitteilung, so hat Gruber weiter geäußert, sei seiner Erinnerung nach am 3. November 2011 erfolgt.202

Am 3. November 2011 sandte die Zeugin Wiegand eine E-Mail an den Zeugen Stahl sowie in Kopie an die

Zeugen Gruber und Liersch. Hierin teilte sie mit, dass in der vorangegangenen Woche in Selm ein Vorgang

übergeben worden sei, der Bezüge zu einem bereits bestehenden Verfahren vorweise. Für dieses Verfahren seien

198 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 30.
199 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 30.
200 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 51.
201 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 11.
202 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 20.

Drucksache 18/6700 – 102 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

jedoch nur wenige Informationen von Bedeutung enthalten. Möglicherweise könnte der Vorgang als Neuvor-

gang erfasst und bearbeitet werden. 203

Für den Zeugen Gruber sei damit die Befassung mit dem Vorgang abgeschlossen gewesen. An der Operation

„Selm“ habe er nicht gearbeitet.204

Die Zeugin Wiegand hat ausgesagt, der aus den aus Selm mitgebrachten Daten hervorgegangene Neuvorgang

sei durch ihren Sachgebietsleiter angelegt worden.205

bb) Zuweisung des Verfahrens an die Zeugin Wiegand

Im Hinblick auf die Zuweisung des Neuvorgangs hat die Zeugin Wiegand bekundet, der Vorgang sei ihr Ende

November als Sachbearbeiterin übergeben worden:

„Ich habe den VBS-Vorgang in meiner Erinnerung am 21.11. zugewiesen bekommen. Damit verbun-
den ist natürlich dann auch der Auftrag, dieses Verfahren zu bearbeiten.“206

Die das Sachgebiet betreffende Zuständigkeit innerhalb des Referats SO 12 habe sich dabei nach der jeweiligen

Eingangswoche des Vorgangs gerichtet.207

Der Zeuge Stahl hat diesen Vorgang wie folgt beschrieben:

„Die Operation ‚Selm‘ bzw. die Erstinformation hatten ja zwei Kollegen mitgebracht, die auf dem
Lehrgang waren. Nachdem festgestellt worden war, dass es nicht mehr zu dem, was der Ausgang der
Kontaktaufnahme mit den Kanadiern war, dazugehörte, war es ein neuer Vorgang. Das war dann
meine Entscheidung. Insoweit habe ich es dann auch als neuen Vorgang in dieser Woche zuständig-
keitshalber an mein Sachgebiet zur Bearbeitung gegeben.“208

Befragt nach der Zuständigkeit der Sachgebiete und ob sich diese nach der Eingangswoche richte, hat der Zeuge

Stahl ausgeführt:

„Die Aussage ist korrekt. Wie die Sachgebiete 1 und 2 heißen, so haben wir dann - - Die ungeraden
Wochen gehören zum Sachgebiet 1 und die geraden Wochen im Kalender gehören zum Sachgebiet 2,
soweit es sich auf Neueingänge bezieht.“209

Zum weiteren Fortgang hat der Zeuge Stahl erläutert:

„[…] Ja gut, nach der Entscheidung, dass es ein neuer Vorgang war, wird der dann einem oder meh-
reren Sachbearbeitern - das kommt auf den Umfang an - zur weiteren Sachbearbeitung zugewiesen.
Es ist bei einem solchen Umfangsverfahren, was hier zur Rede steht, etwas schwierig, das ad hoc
konkret zu bestimmen, sodass man das erst mal einem Sachbearbeiter federführend gibt, der sich das
Datenmaterial anschaut und dann auch eine grobe Bewertung abgeben muss nach einer ersten Sich-

203 Mat A-BKA 18(27)1, Ordner 1, Bl. 5, E-Mail der Zeugin Wiegand an die Zeugen Stahl, Gruber und Liersch vom 3. November 2011, 10.43 Uhr.
204 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 11.
205 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 46.
206 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 52.
207 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 46.
208 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 46.
209 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 45.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 103 – Drucksache 18/6700

tung, wie umfangreich das Ganze dann wird. Dann muss man gucken: Kann man es bei einem Sach-
bearbeiter belassen, oder muss man eventuell einen zweiten oder dritten Sachbearbeiter unterstützend
mit hinzugeben?“210

„Der Kollegin Wiegand habe ich den Vorgang erst mal zugeordnet als federführende Sachbearbeiterin,
auch mit dem Hinweis darauf, dass sie sich erst mal überhaupt einen Überblick verschaffen soll, über
welche Datenstruktur wir uns unterhalten und über welchen Umfang wir uns überhaupt unterhalten,
weil sich danach ja auch die Entscheidung beläuft, wie die Vorgangsbearbeitung weitergeführt wird,
ob sie dann bei dem gleichen Sachbearbeiter bleibt oder ob unterstützend ein zweiter oder dritter Sach-
bearbeiter mit hinzugezogen werden muss, oder unter Umständen, ob er auch dann erst aufbereitet
werden muss, um überhaupt mal vorgelegt werden zu können bei einer Staatsanwaltschaft.“211

Die Zeugin Wiegand hat bekundet, dass sie den Vorgang dann erstmals am 10. Januar 2012 bearbeitet habe:

„[…] Ich war neu im Referat. Ich bin erst im August 2011 dahin gekommen und hatte nun diesen
Vorgang vor mir. Ich habe ja auch schon gesagt, aufgrund von Abwesenheiten bin ich erst am 10.
Januar dazu gekommen, mir diese Beweismittel auf dieser Festplatte mal anzuschauen. Dann ist es
zunächst mal so, dass man versucht, sich einen Überblick zu verschaffen: Was ist da alles drauf? Wie
hängt das miteinander zusammen? - Da habe ich eben auch diese Excel-Liste gesehen. Da waren ja
Daten drauf. Ich habe mir als Erstes mal angeschaut, wie die strukturiert ist und wie man die irgendwie
in Form bringen kann.“212

Der Zeuge Hoppe hat zu diesem Aspekt angegeben:

„[…] Ich habe, nachdem der Vorgang durch den Sachgebietsleiter der Frau Wiegand zugewiesen war,
dann auch gezielt die Frau Wiegand und die Frau Greiner ausgesucht für das Verfahren, weil ich bei
denen wusste, dass die sehr akribisch, sehr strukturiert - das war mir in dem Fall wichtig - sich dieses
Vorgangs annehmen, dass sie auch insbesondere diese rechtlichen Problematiken immer mit auf der
Rolle haben. Also, ich habe sie im Grunde gezielt für diese Aufgabe ausgesucht.“213

b) Umfang der durch die kanadischen Behörden übermittelten Daten

aa) Datenübergabe anlässlich der Tagung in Selm im Oktober 2011

Die durch die Beamten Wiegand und Liersch in Empfang genommenen Daten der Operation „Selm“ enthielten

die folgenden Dateien:

• Pdf-Datei „README1 – Project Spade Investigative Request and Restriction”: diese Datei

enthält eine drei Seiten umfassende Zusammenfassung der Ziele des Projekts Spade sowie

Beschränkungen im Hinblick auf mögliche Pressemitteilungen, wie z. B. die Bitte, die Er-

mittlungsergebnisse vertraulich zu behandeln und Pressemitteilungen zu vermeiden;214

• PDF-Datei „README2 – „Report into TPS Investigation into Azovfilms”: diese Datei ent-

hält eine zehn Seiten umfassende Übersicht, in der unter anderem der Gang des bisherigen

210 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 46.
211 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 46.
212 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 47.
213 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 19.
214 MAT-A BKA 18(27)1, Ordner 1, Bl. 8 ff., Project Spade Investigative Request and Restriction.

Drucksache 18/6700 – 104 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ermittlungsverfahrens in Kanada und der Aufbau der Datenbank dargestellt wurden. Außer-

dem werden die an den Ermittlungen beteiligten Polizeibeamten vorgestellt und es wird dar-

gestellt, wie Kinderpornografie nach dem kanadischen Strafrecht definiert wird;215

• eine Excel-Datei mit zwei Tabellenblättern („Germany Targets 2010“, und „Germany – All

Targets“);216

• insgesamt 8.208 Bestellformulare (sogenannte Invoices) zu Bestellvorgängen vermeintlich

deutscher Kunden;217

• eine Tabelle, in der insgesamt 361 Filme und Bildersätze aufgeführt sind, sowie das Ergebnis

der Bewertung der kanadischen Polizei, ob diese nach dortigem Recht Kinderpornografie ent-

halten;218

• Auswertevermerke der kanadischen Behörden zu insgesamt 305 Filmen bzw. Bildersätzen;219

• eine 77 Folien umfassende Power-Point-Präsentation der Polizei Toronto zum „Project

Spade“, aus der auch der Aufbau der Webseite hervorgeht;220

• circa 360 Filme und Fotosets.221

Der Zeuge Theissig hat den Umfang der Daten folgendermaßen beschrieben:

„[…] Alleine in der OP ‚Selm‘ waren es ja über 450 Gigabyte an Material. Das waren über 500 Stun-
den Filmmaterial, also 21 Tage reine Laufzeit an Filmen; das waren über 70 000 Fotos. Und unser
Anspruch ist: Wir müssen, damit es dann für die Strafverfolgung beweissicher aufgearbeitet wird - -
Jedes einzelne Bild, jede einzelne Filmsequenz muss bewertet werden: […]“222

bb) Nachlieferung der Polizei Toronto im Januar 2012

Im Januar 2012 kam es zur Übermittlung weiterer Unterlagen durch die kanadischen Behörden per E-Mail:

Nachdem es durch eine E-Mail vom 16. Januar 2012 zu einer Rückfrage der Zeugin Wiegand bei der Polizei in

Toronto gekommen war, die am Abend des 16. Januar 2012 durch eine kanadische Beamtin beantwortet wurde,

kam es am Nachmittag des 17. Januar 2012 zu einer weiteren Rückfrage, diesmal mit einer konkreten Frage zu

den dem Beamten „X“ zugeordneten Bestellvorgängen.

215 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 1, Bl. 11 ff., Report on the Toronto Police Service Investigation into Brian XX of […] Inc. and azovfilms.com.
216 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 21 bis 23, Toronto Police – Germany – Targets.
217 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 2 bis 20, Toronto Police – Germany – Invoices.
218 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 24, Bl. 2 ff., Toronto Police – Tabelle Auswerteergebnisse.
219 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 24, Bl. 15ff. bis Ordner 27, Toronto Police – Auswertevermerke.
220 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 28, Toronto Police – Power-Point-Präsentation zu Project Spade.
221 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 70, Bl. 269 (269), Die Anzahl wurde dem von SO 12 am 8. November 2012 erstellten Auswertevermerk entnom-

men.
222 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 9.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 105 – Drucksache 18/6700
Hintergrund für die Rückfragen vom 16. Januar 2012 war es zum einen herauszufinden, ob bei Azov erworbene

Links direkt an die bei der Bestellung angegebene E-Mail-Adresse versandt wurden oder ob der Link selbst auf

der Homepage von Azov geöffnet werden musste, zum anderen gab es zwei Rückfragen zum Ablauf der Bezahl-

vorgänge bei Azov.223 In der daraufhin am Abend des 16. Januar 2012 erfolgten Antwort wurde unter anderem

mitgeteilt, dass man davon ausgehe, dass in Fällen von „digital downloads“ der Link dem Käufer per E-Mail

übersandt worden sei und dass es dem kanadischen Kriminaltechniker („tech officer“) in diesen Fällen gelungen

sei festzustellen, ob der Link genutzt worden sei; auch die IP-Adresse des Anschlusses, von dem der Zugriff

erfolgte, habe festgestellt werden können.224

Aufgrund dieser Mitteilung kam es dann am Nachmittag des 17. Januar 2012 zu einer erneuten Rückfrage des

Bundeskriminalamtes. Hierin wurde darum gebeten mitzuteilen, ob die dem Beamten „X“ bei dessen Bestellun-

gen übersandten Links genutzt worden seien und von welchen IP-Adressen die Zugriffe erfolgt seien.225

Hiernach kam es zu zwei E-Mails der kanadischen Polizei:

Am 17. Januar 2012 um 19.38 Uhr wurde zunächst eine E-Mail an die Zeugin Wiegand weitergeleitet, der eine

Excel-Tabelle („spreadsheet“) mit dem Dateinamen „Azovfilms Digital Downloads – Video File Watermarks

By Order ID.xlsx“ angehängt war. Diese enthielt der Beschreibung in der E-Mail gemäß die Hashwerte für jeden

Download eines Videos. Die Betreiber von Azov Films hätten jedes einzelne heruntergeladene Video mit einem

elektronischen Wasserzeichen versehen („watermarked“), um auf diese Weise in Fällen der Weitergabe der Vi-

deos nachvollziehen zu können, durch welchen Kunden dies erfolgte. 226

Diese Datei liegt dem Untersuchungsausschuss ebenfalls vor.227

Am 17. Januar 2012 um 20.54 Uhr kam es dann zu einer weiteren E-Mail einer kanadischen Polizeibeamtin an

die Zeugin Wiegand. Die mit dem Betreff „new spreadsheet“ versehene E-Mail enthielt als Anhang eine Datei

mit dem Namen „Germany – Azovfilm Orders with Download Logs.xlsx“. In der E-Mail wurde mitgeteilt, dass

diese Datei die zuvor übersandte Datei ersetzen könne. Es wurde zudem darauf hingewiesen, dass die Datei drei

Datenblätter („tabs“) enthalte. 228

Diese Datei wurde dem Untersuchungsausschuss ebenfalls vorgelegt.229

223 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 107, Bl. 12 f., E-Mail der Zeugin Wiegand an eine kanadische Beamtin vom 16. Januar 2012, 4.50 Uhr.
224 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 107, Bl. 12, E-Mail einer kanadischen Beamtin an die Zeugin Wiegand vom 16. Januar 2012, 22.39 Uhr.
225 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 107, Bl. 16, E-Mail der Zeugin Wiegand an eine kanadische Beamtin vom 17. Januar 2012, 16.12 Uhr.
226 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 107, Bl. 19, Durch eine kanadische Beamtin weitergeleitete E-Mail an die Zeugin Wiegand vom 17. Januar

2012, 19.38 Uhr.
227 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 39 bis 41, Azovfilms Digital Downloads – Video File Watermarks By Order ID.xlsx.
228 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 107, Bl. 23, E-Mail einer kanadischen Beamtin an die Zeugin Wiegand vom 17. Januar 2012, 20.54 Uhr.
229 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 30a und 30b, Tabellenblatt „Germany 2010 Targets“; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 31 bis 32b, Tabellenblatt

„Germany – All Orders; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 28, Bl. 95 ff. sowie Ordner 29 und 33 bis 38, Tabellenblatt „Digital Download Logs“.

Drucksache 18/6700 – 106 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

cc) Datenübermittlung durch INTERPOL Ottawa im April / Mai 2012

Mit Schreiben vom 4. April 2012, beim Bundeskriminalamt eingegangen am 14. Mai 2012, übermittelte IN-

TERPOL Ottawa erneut eine Festplatte mit Beweismaterial.230 In dem Übersendungsschreiben wurde darauf

hingewiesen, dass das Passwort für die Festplatte per E-Mail beim National Child Exploitation Coordination

Centre (NCECC) in Kanada angefordert werden könne231, was durch das Bundeskriminalamt am 21. Mai 2012

erfolgte.232 Am 22. Mai 2012 teilte das NCECC das Passwort mit.233 Am 4. Juni 2012 erfragte INTERPOL

Ottawa sodann beim Bundeskriminalamt das dortige Aktenzeichen, welches daraufhin am 6. Juni 2012 durch

das Bundeskriminalamt an INTERPOL Ottawa mitgeteilt wurde.234

Die durch INTERPOL Ottawa übersandten Dateien umfassen:

• einen fünf Seiten umfassenden Vermerk des NCECC, in dem unter anderem der Hintergrund des Pro-

jekts „Spade“ sowie die weiteren beigefügten Daten beschrieben werden;235

• eine 77 Folien umfassende Power-Point-Präsentation der Polizei Toronto zum Projekt Spade;236

• eine Beispiel-E-Mail für den Fall einer Download-Bestellung;237

• ein Dokument „Project Spade Investigative Request and Restriction”: dieses Dokument enthält eine drei

Seiten umfassende Zusammenfassung der Ziele des Projekts „Spade“ sowie Beschränkungen im Hin-

blick auf mögliche Pressemitteilungen, wie beispielsweise die Bitte, die Ermittlungsergebnisse vertrau-

lich zu behandeln und Pressemitteilungen zu vermeiden;238

• ein Dokument „Report into TPS Investigation into Azovfilms”: dieses Dokument enthält eine zehn Sei-

ten umfassende Übersicht, in der unter anderem der Gang des bisherigen Ermittlungsverfahrens in Ka-

nada und der Aufbau der Datenbank dargestellt wurde. Außerdem werden die an den Ermittlungen be-

teiligten Polizeibeamten vorgestellt und es wird dargestellt, wie Kinderpornographie nach dem kanadi-

schen Strafrecht definiert wird;239

230 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 42, Bl. 2, Interpol Ottawa – Anschreiben zur Übersendung des Beweismaterials i.Z. mit Project Spade vom 4.
April 2012.

231 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 42, Bl. 2, Interpol Ottawa – Anschreiben zur Übersendung des Beweismaterials i.Z. mit Project Spade vom 4.
April 2012.

232 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 42, Bl. 4, E-Mail eines SO 12 Beamten mit dem National Child Exploitation Coordination Centre (NCECC) zur
Passwortübermittlung für das Beweismaterial vom 21. Mai 2012, 16.18 Uhr.

233 MAT A-BKA 18(27)1_42, Bl. 5, E-Mail des National Child Exploitation Coordination Centre (NCECC) an einen Beamten des SO 12 zur
Passwortübermittlung für das Beweismaterial vom 22. Mai 2012, 15.51 Uhr.

234 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 42, Bl. 7 ff., Schriftverkehr mit Interpol Ottawa zur Passwortübermittlung für das Beweismaterial sowie zur
Nennung des Aktenzeichens im BKA.

235 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 42, Bl. 15 ff., Interpol Ottawa – General Report.
236 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 42, Bl. 21 ff., INTERPOL Ottawa – Power-Point-Präsentation der Toronto Police zu Project Spade.
237 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 42, Bl. 100, Interpol Ottawa – Beispiel für eine Download-Bestellung.
238 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 42, Bl. 102 ff., INTERPOL Ottawa – Project Spade Investigative Request and Restriction.
239 MAT A-BKA 18(27)1_42, Bl. 105 ff., INTERPOL Ottawa – Report into TPS Investigation into Azovfilms.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 107 – Drucksache 18/6700

• Kontaktinformationen der Polizei Toronto;240

• insgesamt 6.590 Bestellformulare (sogenannte Invoices) zu Bestellvorgängen vermeintlich deutscher

Kunden;241

• eine Excel-Datei mit drei Tabellenblättern („Germany Targets 2010“, „Germany – All Targets“, „Ger-

many – Digital Download Logs“);242

• eine Tabelle, in der insgesamt 361 Filme und Bildersätze aufgeführt sind, sowie das Ergebnis der Be-

wertung der kanadischen Polizei, ob diese nach dortigem Recht Kinderpornografie enthalten;243

• Auswertevermerke der kanadischen Behörden zu insgesamt 308 Filmen bzw. Bildersätzen;244

• 299 Produktordner, die zum Teil jeweils Filme und Fotosets, zum Teil aber auch beides unter einer

Produktnummer enthielten.245

Die Zeugin Wiegand hat zum Ablauf der Übersendung der Festplatte durch INTERPOL Ottawa bekundet:

„[…] Ich kann anhand des Vorgangs sehen, dass die Festplatte bei uns im BKA bei SO 12 eingegangen
ist bzw. bei einem Sachbearbeiter aus einem anderen Sachgebiet. Dieser konnte augenscheinlich kei-
nen direkten Zusammenhang zu unserer Operation erst mal feststellen, hat dann diese Beweismittel
auch noch mal auf ‚Paris‘ aufgespielt, hat dann das Passwort bei der Interpol Ottawa angefragt, hat
die entschlüsselt und hat dann festgestellt, dass es sich um die Daten handelt, die der OP ‚Selm‘ ent-
sprechen, und hat uns das dann zum Verfahren gegeben.“246

Es habe sich hierbei, so die Zeugin Wiegand, um dieselben Daten gehandelt:

„Es handelte sich noch mal um dieselben Daten, wobei uns die kanadischen Behörden in Selm noch
mehr gegeben haben als das, was jetzt durch Interpol Ottawa übermittelt wurde.“247

c) Beginn der Auswertung des Materials im Januar 2012, sogenannte Grobsichtung

aa) Beginn am 10. Januar 2012

Wie bereits dargestellt, begann die Zeugin Wiegand am 10. Januar 2012 mit der Auswertung des auf der Fest-

platte übergebenen Materials. Die Zeugin Wiegand hat hierzu berichtet:

240 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 42, Bl. 117, Toronto Police Service Child Exploitation Section Contact Information.
241 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 43 bis 59, Interpol Ottawa – Germany – Invoices.
242 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 64 bis 68, Interpol Ottawa, Excel-Datei mit den Tabellenblättern „Germany Targets 2010“, „Germany All Tar-

gets“ und Germany – Digital Download Logs“.
243 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 60, Bl. 2 ff., Interpol Ottawa – Tabelle Auswerteergebnisse.
244 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 60, Bl. 15 ff. sowie Ordner 61 bis 63, Interpol Ottawa – Auswertevermerke.
245 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 42, Bl. 11 in Verbindung mit dem Vorblatt des Ordners 42, Interpol Ottawa – 299 Produktordner.
246 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 63.
247 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 63.

Drucksache 18/6700 – 108 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Vom 21.11. bis 10.01. ist eigentlich nichts damit passiert, zumindest nicht, dass ich mich daran
erinnern könnte. Am 10.01. ist eben diese Liste bearbeitet worden oder begonnen worden, zu bearbei-
ten.“ 248

bb) Art und Weise des Vorgehens hierbei

Zur Art und Weise ihres Vorgehens hat die Zeugin Wiegand weiter bekundet:

„[…] Ich wollte mir auch gerne erst mal ein eigenes Bild verschaffen, weil - ich glaube, das ist auch
schwierig - jedes Umfangsverfahren wieder ganz anders aufgebaut ist. Das war ja jetzt ein ganz eige-
nes. Wir konnten ja eine Kundendatenbank wiederherstellen, und das ist in einem ganz anderen Um-
fangsverfahren wieder eine ganz andere Vorgehensweise. Von daher musste man sich da schon selbst
mal einen Überblick verschaffen.“249

Zum konkreten Vorgehen bei dieser „Grobsichtung“ befragt, hat die Zeugin Wiegand ausgeführt:

„[…] Also Grobsichtung bedeutet, dass man, wie ich gesagt habe, sich erst mal einen Überblick ver-
schafft. Also, ich habe eine Excel-Liste. Auf der Excel-Liste standen ja Personaldaten, aber Personal-
daten nur dahin gehend, dass man eben keine Geburtsdaten hatte. Ich habe mich jetzt auch nicht für
einzelne Namen interessiert, sondern es ging erst mal darum, zu gucken: Was kann ich dieser Tabelle
entnehmen? Dieser Tabelle konnte man Familienname, Vorname entnehmen. Dann konnte man zum
Beispiel die Adressdaten entnehmen. Dann konnte man die Bestellnummer von der jeweiligen Bestel-
lung entnehmen. Dann musste man wieder in einen anderen Ordner gehen, diese Bestellnummer ein-
geben, und dann hat man das Bestellformular aufgerufen. In diesem Bestellformular hat man dann
zum Beispiel gesehen, welche Produkte bestellt wurden. So haben diese ganzen Beweismittel ja mit-
einander zusammengehangen. Es war ja nicht so, dass man in der Excel-Liste auf einen Blick gesehen
hat: Aha, zur Person X x Bestellungen. Das war einfach zusammenhängend, und diese Zusammen-
hänge musste man einfach mal feststellen, wie man sich durch diese Beweismittel klickt, um einer
Person eben das vorzuwerfen, was darin enthalten ist.“250

Der Zeuge Stahl hat den Hintergrund der Aufgabe, die die Zeugin Wiegand in diesem Zeitpunkt hatte, wie folgt

beschrieben:

„[…] Ja gut, nach der Entscheidung, dass es ein neuer Vorgang war, wird der dann einem oder meh-
reren Sachbearbeitern - das kommt auf den Umfang an - zur weiteren Sachbearbeitung zugewiesen.
Es ist bei einem solchen Umfangsverfahren, was hier zur Rede steht, etwas schwierig, das ad hoc
konkret zu bestimmen, sodass man das erst mal einem Sachbearbeiter federführend gibt, der sich das
Datenmaterial anschaut und dann auch eine grobe Bewertung abgeben muss nach einer ersten Sich-
tung, wie umfangreich das Ganze dann wird. Dann muss man gucken: Kann man es bei einem Sach-
bearbeiter belassen, oder muss man eventuell einen zweiten oder dritten Sachbearbeiter unterstützend
mit hinzugeben?“251

„Der Kollegin Wiegand habe ich den Vorgang erst mal zugeordnet als federführende Sachbearbeiterin,
auch mit dem Hinweis darauf, dass sie sich erst mal überhaupt einen Überblick verschaffen soll, über
welche Datenstruktur wir uns unterhalten und über welchen Umfang wir uns überhaupt unterhalten,
weil sich danach ja auch die Entscheidung beläuft, wie die Vorgangsbearbeitung weitergeführt wird,

248 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 63.
249 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 47.
250 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 47.
251 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 46.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 109 – Drucksache 18/6700

ob sie dann bei dem gleichen Sachbearbeiter bleibt oder ob unterstützend ein zweiter oder dritter Sach-
bearbeiter mit hinzugezogen werden muss, oder unter Umständen, ob er auch dann erst aufbereitet
werden muss, um überhaupt mal vorgelegt werden zu können bei einer Staatsanwaltschaft.“252

cc) Entdeckung des Beamten „X“ in diesem Rahmen

Die Entdeckung des Namens des Beamten „X“ in der Excel-Tabelle hat die Zeugin Wiegand sodann wie folgt

beschrieben:

„Letzten Endes war das ja am 10.01., als ich die Liste aufgerufen habe und versucht habe, mir den
Überblick über diese Liste zu verschaffen, dass ich runtergescrollt bin und dass ich - ich kann es nicht
erklären - durch Zufall auf diesen Namen gestoßen bin und mir dieser Name einfach bekannt war, vor
allem im Zusammenhang mit dem Wohnort. Ja, dann war ich natürlich erst mal kurz sprachlos. Dann
bin ich aber direkt zu meinem Sachgebietsleiter und habe ihm davon geschildert. Dann haben mein
Sachgebietsleiter und ich letzten Endes entschieden, bzw. er hat es für mich entschieden, dass wir
zunächst einmal versuchen müssen, die Person zu identifizieren, eindeutig, weil, wie gesagt, das waren
Kundendaten. Die waren jetzt ja auch nicht verifiziert. Da waren E-Mail-Adressen angegeben. Wir
haben dann Bestandsdaten erhoben zu diesen E-Mail-Adressen, bis sich dann über Abklärung ergeben
hat, dass es sich um die Person handeln muss.“253

Die Vorgänge betreffend den Beamten „X“ werden im Abschnitt B. dargestellt.

d) Massendatenabgleich im Juli 2012

Mit E-Mail vom 12. Juli 2012 sandte die Zeugin Wiegand eine Excel-Tabelle an den Zeugen Stahl, der diese

wunschgemäß am selben Tag an die E-Mail-Adresse IT01-POL-Betreuer weiterleitete. In der E-Mail wurde

durch die Zeugin Wiegand um Prüfung gebeten, „ob mit der beigefügten Excel-Tabelle ein Massendatenabgleich

durchgeführt werden kann.“ Wünschenswert sei dabei ein Abgleich von Familiennamen und Vornamen in IN-

POL-Z, IF-KIPO und VBS sowie mit der Anschrift und der E-Mail-Adresse nur in VBS und IF-KIPO. Das

Ergebnis werde aufgrund eines Termins bei der Staatsanwaltschaft bis zum 18. Juli 2012 benötigt.254

Die der E-Mail angehängte Excel-Tabelle enthielt sechs Spalten mit Familienname, Vorname, Anschrift, Post-

leitzahl, Ort und E-Mail-Adresse.255

Zum Hintergrund des Massendatenabgleichs hat die Zeugin Wiegand ausgeführt:

„[…] Wir haben aber davor - und zwar muss das vor dem Treffen mit der ZIT gewesen sein - auch für
diese unvollständige Liste hausintern einen Massenabgleich durchführen lassen, also was die E-Mail-
Adressen und was die Personaldaten angeht. Wenn wir da in der Liste Treffer hatten auf Personen, für

252 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 46.
253 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 49.
254 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 103, Bl. 76 f., E-Mail-Verkehr zwischen den Zeugen Stahl, Greiner und Wiegand mit dem Betreff: „Massen-

datenabfrage OP „Selm“ vom 12. Juli 2012.
255 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 103, Bl. 78 ff., Excel-Datei „Bereinigte Tabelle mit Familen…“.

Drucksache 18/6700 – 110 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

die zum Beispiel schon Vorerkenntnisse wegen sexuellem Missbrauch oder wegen Besitzes von Kin-
derpornografie bestanden, dann haben wir einen entsprechenden Eintrag in unsere Datenbank dazu
getätigt, dass wir eben diese Personen nachher auch wieder priorisiert abarbeiten.“256

Laut der Zeugin Greiner diente dieser Massendatenabgleich auch dazu, um Personen, zu denen bereits Vorer-

kenntnisse vorlagen, priorisiert abzuarbeiten. Die Zeugin Greiner hat hierzu bekundet:

„[…] Wir hatten im Juli 2012 bereits so einen Massendatenabgleich über unsere Abteilung IT machen
lassen. Das heißt, wir haben die Namen der Kunden in polizeilichen Systemen abfragen lassen - in
INPOL, in INPOL-Fall ‚Kinderpornografie‘, in unserem Vorgangsbearbeitungssystem. Das war da-
mals noch ohne Geburtsdatum, weil in der ursprünglichen Liste waren ja keine Geburtsdaten drin. Das
heißt, die Ergebnisse waren auch hier eher relativ; das heißt, wenn ich einen Kunden mit einem häu-
figen Namen hatte, haben mir diese Ergebnisse nicht viel gebracht, weil ich nicht wusste: Ist das jetzt
meiner oder ist das ein anderer Heinz Müller? - Bei selteneren Namen, wenn ich dann vorher Kennt-
nisse, einen Treffer hatte wegen Missbrauchs, dann haben wir die entsprechend später in unserer Da-
tenbank markiert. Und das war dann unser erster Punkt für eine Priorisierung, dass wir die dann vor-
gezogen haben. […]“257

Konkret wurden zwischen dem 13. und dem 17. Juli 2012 die folgenden Abgleiche durchgeführt:

Am 13. Juli 2012 erfolgte der Abgleich der vorhandenen E-Mail-Adressen mit der Datei INPOL-Fall-Kinder-

pornografie.258

Ebenfalls am 13. Juli 2012 erfolgte der Abgleich mit den im Vorgangsbearbeitungssystem (VBS) des Bundes-

kriminalamtes gespeicherten E-Mail-Adressen.259

Am 17. Juli 2012 erfolgte der Abgleich der Namen mit im VBS des Bundeskriminalamtes gespeicherten Na-

men.260 Hierbei trat erstmals der Name „Edathy, Sebastian“ zu Tage, zu dem im VBS ein Vorgang mit der VBS-

Vorgangsnummer 2008-000159 […] existierte.261 Dieser Vorgang war aufgrund einer Amtshilfe des Bundes-

kriminalamtes für die Polizei des Deutschen Bundestages angelegt worden.262 Ein Mitarbeiter des Abgeordne-

tenbüros von Sebastian Edathy hatte der Polizei im Dezember 2007 eine an Edathy gerichtete E-Mail eines

anonymen Verfassers weitergeleitet, die Beleidigungen mit rassistischem Hintergrund enthielt,263 woraufhin

durch das Bundeskriminalamt über INTERPOL Ermittlungen zum Absender der E-Mail aufgenommen wurden,

die jedoch ohne Ergebnis blieben.264

256 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 52.
257 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 10.
258 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 149, Bl. 5 f., Ergebnisliste.
259 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 149, Bl. 26, Ergebnisliste; MAT A- BKA 18(27)1-1, Ordner 103, Bl. 144 f., E-Mail eines Beamten des Referats

IT01 an die Zeugin Wiegand vom 13. Juli 2012, 10.18 Uhr.
260 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 149, Bl. 43 f., Ergebnisliste.
261 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 149, Bl. 40 f., Ergebnisliste: Abgleich mit VBS-Personen; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 103, Bl. 149 f.,

207 (208), Ergebnisliste: Abgleich mit VBS-Personen (Anhang zur E-Mail an die Zeugin Wiegand) vom 18. Juli 2012.
262 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 131, Bl. 2, Schreiben der Polizei des Deutschen Bundestages an das BKA vom 3. Juni 2008 mit handschriftlich

aufgebrachter Vorgangsnummer.
263 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 131, Bl. 5 f., E-Mail eines Mitarbeiters von Sebastian Edathy an die Polizei des Deutschen Bundestages vom

11. Dezember 2007, 12.29 Uhr.
264 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 131, Bl. 21, E-Mail eines BKA-Beamten an einen Beamten der Polizei des Deutschen Bundestages vom 4.

September 2008, 16.37 Uhr.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 111 – Drucksache 18/6700
Ebenfalls am 17. Juli 2012 erfolgte der Abgleich der Namen mit den in der Datei INPOL-Fall gespeicherten

Namen;265 am 18. Juli 2012 erfolgte schließlich der Abgleich der Anschriften mit den im VBS des Bundeskri-

minalamtes gespeicherten Anschriften266 und mit den in INPOL-Fall gespeicherten Anschriften.267

Die Ergebnisse der am 17. und 18. Juli 2012 durchgeführten Abgleiche wurden durch das Referat IT 01 mit E-

Mail vom 18. Juli 2012 an die Zeugin Wiegand übersandt. In der E-Mail wurde ausgeführt:

„Anbei, wie bereits besprochen, die fehlenden Abgleiche mit INPOL-Z, INPOL-F (KIPO) und VBS.

Bei den Abgleichen der Namen gibt es eine recht hohe Anzahl von Falschtreffern, weil lediglich Name
und Vorname verglichen wurden. […]“268

Die Zeugin Greiner hat bekundet, man habe sich bei der Auswertung der Ergebnisse des Massendatenabgleichs

auf die einschlägigen Delikte konzentriert:

„[…] Wir haben uns eben auch wirklich nur auf die einschlägigen konzentriert. Wenn da stand, eine
andere OP war relativ häufig aus dem Bereich Kinderpornografie oder eben Verdacht Missbrauch,
dann haben wir die Personen uns - - Dann sind wir quasi in der Tabelle wieder vor zum Namen und
haben uns da einen Merker zu der jeweiligen Person gemacht. Soweit ich weiß, ist Herr Edathy wegen
eines Beleidigungsvorgangs, glaube ich, in VBS drin gewesen. Deswegen ist er da dann nicht mehr
weiter angefasst worden in dieser Durchsicht.“269

Der Zeuge Hoppe hat sich in dieser Hinsicht wie folgt geäußert:

„[…] Bei einem automatischen Abgleich kriege ich die Trefferliste und habe dann den Namen, die
Vorgangsnummer und auch den Betreff dieses Vorgangs. Dann steht da ein Delikt drin, und dann
beurteilt sich die Einschlägigkeit nach dem, was ich meine, was für mein Delikt, das ich gerade aktuell
bearbeite, einschlägig ist. Und dann sage ich es noch mal:

[…]

Das wären dann die Sexualdelikte gewesen, die hier einschlägig wären. Ich hätte mich gewundert,
wenn man sich einen Vorgang dann nicht angeguckt hätte, wo dringestanden hätte Edathy und irgend-
ein Sexualdelikt. Das wäre ein einschlägiger Treffer gewesen, den hätte man sich angucken müssen.
Das ist richtig. Wenn da aber steht: Edathy Hausfriedensbruch, wäre das aus meiner Sicht kein ein-
schlägiger Vorgang gewesen. Weil diese Prüfung, die hier gemacht wurde, wurde auch deswegen ge-
macht, um noch mal die Unterkategorisierung, die Kategorisierung auch noch mal befördern zu kön-
nen oder beurteilen zu können: Gibt es Vorgänge, die ich vorziehen muss, weil ich erkennen kann
aufgrund dieses Abgleichs, dass ich hier einen Namen auf der Liste habe, der auf einen Täter hindeutet,
der aktuell noch im Sexualbereich als Täter auftritt?“270

265 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 149, Bl. 46 f., Ergebnisliste.
266 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 149, Bl. 55 f., Ergebnisliste.
267 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 149, Bl. 58 f., Ergebnisliste.
268 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 103, Bl. 149 f., 237 f., E-Mail einer Beamtin aus dem Referat IT 01 an die Zeugin Wiegand vom 18. Juli 2012.
269 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 25 f.
270 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 26.

Drucksache 18/6700 – 112 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

e) Tätigkeit der Zeugin Greiner im Referat SO 12 und im Rahmen der „Operation Selm“ - Abord-
nung zur BAO Transporter

Zu ihrer Tätigkeit im Referat SO 12 und speziell im Rahmen der Operation „Selm“ hat die Zeugin Greiner

bekundet:

„Ich habe meine Ausbildung beim BKA zum gehobenen Dienst 2001 bis 2004 gemacht, war dann in
Meckenheim beim BKA im Bereich Staatsschutz bis 2008, war zwischen 2008 und 2012 im Leitungs-
stab vom BKA in Wiesbaden und bin eben seit 23. Januar 2012 jetzt im Fachreferat SO 12. Vielleicht
ergänzend: Ich bin ja dann am 17. September 2012 abgeordnet worden von SO 12 in die BAO ‚Trans-
porter: und war dann dort bis Ende Juli 2013 eingesetzt.“271

Ihre Beteiligung an der Operation „Selm“ hat die Zeugin Greiner folgendermaßen beschrieben, wobei sie darauf

hinwies, dass die Zeugin Wiegand und sie selbst vom Tagesgeschäft freigestellt wurden:

„Ich bin so Ende Juni/Anfang Juli mit eingestiegen. Da gab es eben ein Gespräch mit dem damaligen
Referatsleiter Herrn Hoppe und mit meiner Kollegin Frau Wiegand, dass dann für die OP ‚Selm‘, für
die Bearbeitung der OP ‚Selm‘ zwei Sachbearbeiterinnen aus dem Tagesgeschäft freigestellt werden
sollten, und die zweite war ich. Das muss eben Anfang Juli 2012 gewesen sein. Wir haben dann am 5.
Juli 2012 das erste Telefonat mit der Staatsanwaltschaft in Gießen, mit der ZIT, gehabt. Wir hatten
das entsprechend auch vorbereitet, um der ZIT auch sagen zu können, was überhaupt an Informationen
vorliegt, was da zu erwarten ist aus unserer Sicht. Das heißt, ich bin da eben Ende Juni/Anfang Juli
2012 mit eingestiegen zur Vorbereitung dieser ersten Besprechung mit der ZIT - erst telefonisch.“272

Der Hintergrund der BAO Transporter geht aus einer Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes vom 13. No-

vember 2012 hervor, in der es heißt:

„Im Juli 2008 wurden in Deutschland erstmals Schüsse auf die Ladung von Autotransportern festge-
stellt. Über 700 Fälle wurden der Polizei seitdem bekannt.

Eine bundesweite Öffentlichkeitsfahndung, bei der die Bevölkerung ab Juli 2011 um Mithilfe gebeten
wird, führte bis heute nicht zu einer heißen Spur.

Um der anhaltenden Gefährdung des Straßenverkehrs auf Bundesautobahnen gemeinsam entschlossen
entgegenzutreten, wurde Mitte Oktober 2012 die ‚Besondere Aufbauorganisation (BAO) Transporter‘
eingerichtet. Ziel ist es, unter Beteiligung der schwerpunktmäßig betroffenen Bundesländer […] durch
überregionale Auswertung und zentrale Bearbeitung neue Ermittlungsansätze zu gewinnen, die zur
Ergreifung des oder der Täter führen.“273

Ihre Einbindung in die Arbeit im Rahmen der Operation „Selm“ im Zeitraum ihrer Abordnung zur BAO Trans-

porter hat die Zeugin Greiner folgendermaßen beschrieben:

„[…] Ich war ja, wie gesagt, ab 17.09. in der BAO ‚Transporter‘. Ich muss aber sagen: Ich habe eben
sporadisch weiter mitgearbeitet, soweit das eben möglich war, weil ich ja wusste, ich komme - ich
wusste nicht: wie lange geht die BAO ‚Transporter‘?; das war ja völlig offen - danach wieder in das
Verfahren zurück; ich wusste, ich werde nicht ersetzt. Deswegen habe ich eben versucht, gerade auch

271 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 7.
272 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 7.
273 „Bundesweite Serie von Schüssen auf Autotransporter: Pressekonferenz zur aktuellen Lageentwicklung und Intensivierung der Öffentlichkeits-

fahndung“, gemeinsame Pressemitteilung des BKA sowie der Staatsanwaltschaften Würzburg und Koblenz vom 13. November 2012,
http://www.bka.de/nn_233148/SharedDocs/Downloads/DE/Presse/Pressearchiv/Presse__2012/pm121113__EinladungPKTransporter.html, zu-
letzt abgerufen am 02. November 2015.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 113 – Drucksache 18/6700

bei wichtigen Besprechungen mit der ZIT dabei zu sein. Deswegen findet man auch mich da quasi in
den Unterlagen wieder. Aber trotzdem hat natürlich meine Kollegin, weil sie durchgängig im Büro
war, auch viel in dieser Zeit dann ja gemacht. Aber ich - - ja.

[…]

[…] Ich war ja auch vom Standort her dann an einem anderen Standort in Wiesbaden bei der BAO
‚Transporter‘. Ich war aber dann eben an einzelnen Tagen in Absprache mit meinen Vorgesetzten und
auch mit meiner Kollegin in meinem eigentlichen Büro und habe geschaut, dass ich bei den wichtigen
Sachen - - Weil wir uns ja auch immer abgestimmt haben: ‚Wie machen wir das jetzt?‘, und mit der
Staatsanwaltschaft abgestimmt haben. Das war ja alles eine sehr enge Abstimmung. Deswegen wollte
ich da auch dranbleiben. Und so war ich eben sporadisch auch in meinem eigentlichen Büro und habe
da weiter mitgearbeitet.“274

Dazu, ob man mit mehr Personal schneller hätte arbeiten können, hat die Zeugin Wiegand bekundet:

„Ich denke, was die erste Auswertung angeht, war das in Ordnung so, dass es zwei Kollegen waren.
Was die Aktenaufbereitung oder die Aktenerstellung angeht, ist es für mich logisch, dass, je mehr
Leute daran mitarbeiten, desto schneller geht es auch.“275

Der Zeuge Stahl wurde danach befragt, wie er den Erfahrungsstand der Zeuginnen Wiegand und Greiner ein-

schätze, woraufhin er ausführte:

„[…] Nein, die beiden Kolleginnen schätze ich sehr von ihrer Arbeit - das habe ich auch zu Anbeginn
schon getan - aufgrund der Tatsache, wie sie sich in ihrer Arbeit präsentiert haben, auch schon im
Vorfeld der OP ‚Selm‘ bzw. aufgrund der Vorverwendung, die sie schon hatten und was sie da an
Arbeit geleistet hatten. Also, ich kann sie jetzt nicht als unerfahren beschreiben, was das polizeiliche
Handeln betrifft, und auch nicht, was die Umsicht ihres Handelns damit dann betrifft.“276

4. Allgemeine Priorität der Operation „Selm“ gegenüber anderen Verfahren und grundsätzliche Belastung
des Referats SO 12

a) Vorgehensweise bei der Priorisierung

Auf die Frage nach der Rolle der Operation „Selm“ im Gesamtkontext der Aufgaben von SO 12 hat der Zeuge

Hoppe ausgeführt:

„Also, wir haben für das Referat Priorisierungen festgelegt. Oberste Priorisierung in der Bearbeitung
waren immer Fälle des sexuellen Missbrauchs. Fälle, in denen wir anhand der Bilder oder anhand
anderer Umstände den sexuellen Missbrauch von Kindern, der möglicherweise sogar aktuell andauert,
ermitteln konnten und damit unterbrechen konnten. Zweite Priorität waren Fälle der Verbreitung und
Besitzverschaffung von kinderpornografischen oder jugendpornografischen Schriften, und die dritte
Priorität war die Reduzierung des Angebots von Kinderpornografischem und Jugendpornografischem
im Internet. Das war die generelle abstrakte Prioritätenfestsetzung. Die Sachbearbeiter sollten sich bei
dem Vorgangsaufkommen, das sie tagtäglich zugewiesen bekommen haben, daran orientieren und die
Vorgänge mit sexuellem Missbrauch vorziehen und die anderen entsprechend nachrangig bearbeiten.
[…]“277

274 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 9.
275 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 78.
276 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 53.
277 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 9.

Drucksache 18/6700 – 114 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Zeuge Schiffels hat sich hierzu wie folgt geäußert:

„[…] Es gibt ja vielfältige Hinweise, Informationen, die dem Bundeskriminalamt zugehen, ca. 1 300
Hinweise pro Monat aus verschiedenen Quellen über Verbreitung von Kinderpornografie. Demzu-
folge muss natürlich auch eine sinnvolle Priorisierung erfolgen, und das Ganze steht immer unter die-
ser ersten Priorität, dass Informationen gescreent werden, gesichtet werden, Erstsichtungen vorgenom-
men werden, ob sich hier Informationen darunter befinden, dass wir es mit einem anhaltenden sexu-
ellen Missbrauch zu tun haben. Also Priorität, sexueller Missbrauch feststellen, beenden, Strafverfol-
gung einleiten; das hat, wie gesagt, höchste Priorität. […]“278

Der Zeuge Stahl hat die Priorisierung wie folgt beschrieben:

„Vorrangig sind für uns im Rahmen der Priorisierung immer Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs
von Kindern. Sobald die hereinkommen, sind die quasi immer wieder neu zu priorisieren und werden
dann auch vorgezogen gegenüber Ermittlungsverfahren wegen Verbreitung oder Besitz von Kinder-
pornografie. Das ist für uns der größte Maßstab. Das spricht für eigene Verfahren, die wir haben, bzw.
auch Verfahren, in denen wir in- oder ausländische Polizeidienststellen über Anfragen oder sonst was
unterstützen müssen. Das ist also der oberste Maßstab. Ansonsten ist, wenn es gleichbleibende Ver-
fahren oder gleichbedeutende Verfahren gibt - - Wenn ich jetzt zum Beispiel zwei Umfangsverfahren
habe wegen Verbreitung von Kinderpornografie, sind die gleichbedeutend. Da muss ich dann schauen,
wie viel Ressourcen ich einfach habe.“279

Der Zeuge Gruber hat diesbezüglich erklärt:

„Die Priorität des Falles orientiert sich immer an dem Rechtsgut, das verletzt wurde, und an dem
Rechtsgut, das es vielleicht zu schützen gilt. Der schlimmste Fall ist ein Gefahrenabwehrvorgang, wo
klar ist, dass aktuell in dieser Sekunde ein Säugling missbraucht wird, weil in diesem Moment vom
Ausland ein Fax reinkam oder eine sonstige Nachricht, wo das dokumentiert ist. Das ist der Worst
Case. In der zweiten Abstufung sind es dann repressive Verfahren nach der Strafprozessordnung we-
gen Verdachts des sexuellen Missbrauchs, wo nicht ausgeschlossen werden kann, dass der sexuelle
Missbrauch andauert, ohne dass man dafür konkrete Hinweise hat. Nächste Priorität: Repressive Ver-
fahren nach der Strafprozessordnung wegen Verdachts des sexuellen Missbrauchs, wo die Verdachts-
momente darauf hindeuten, dass der Täter aktuell keinen Missbrauch mehr durchführt. In der nächsten
Stufe darunter kommen die Kinderpornografieverfahren, wo es um Verkauf und Verbreitung von Kin-
derpornografie geht, und in der untersten Priorität die Ermittlungsverfahren, wo es um den Besitz von
Kinderpornografie als Verdachtsmoment geht.“280

b) Bedeutung flüchtiger Beweismittel für die Priorisierung

Im Verlauf seiner Vernehmung hat der Zeuge Hoppe zur Bedeutung eines möglichen Beweismittelverlustes für

die Priorisierung Folgendes ausgeführt:

„[…] Ich muss die Vorgänge vorziehen, wo der Beweismittelverlust droht, Stichwort IP-Adressen.
Jeder Mitarbeiter von mir war im Prinzip aufgefordert, jeden Tag zu gucken: Welche Vorgänge habe
ich auf dem Tag, wo ich morgen die IP-Adresse keinem Bestandsdatum mehr zuordnen kann, weil die
Provider ihn nicht mehr speichern? […]“281

Der Zeuge Schiffels hat hierzu bekundet:

278 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 12.
279 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 54.
280 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 16 f.
281 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 19.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 115 – Drucksache 18/6700

„[…] Es gibt noch weitere Fallkonstellationen. Also auch Flüchtigkeit von Daten spielt eine große
Rolle. Es wird immer dann priorisiert. Es gab so eine Operation ‚Downfall‘, wo IP-Adressen dann
gekommen sind, die man zügigst oder sehr schnell bei den Providem abfragen muss aufgrund der
fehlenden Speicherfristen. Insofern werden dort Prioritäten gelegt. […]“282

Der Zeuge Stahl hat auf die Frage, ob das Thema der Flüchtigkeit von Beweismitteln für ihn ein wichtiges

Entscheidungskriterium im Rahmen der Priorisierung sei, geantwortet:

„Selbstverständlich. Aber es stand jetzt hier bei der in Rede stehenden OP ‚Spade‘ die Flüchtigkeit
des Beweismittels nicht mehr im Raum. Sprich: Das waren keine IP-Adressen an der Stelle, wenn Sie
darauf hinauswollen, mehr abzuprüfen. Die Ermittlungsansätze waren ja über die Namen bzw. über
Adressen oder E-Mail-Adressen.“283

Auf die Frage, ob es Fälle gäbe, die vorgezogen würden, um möglicherweise noch Daten von Providern zu

erhalten, hat der Zeuge Franosch erklärt:

„Diese Fälle kommen in den bei uns geführten Verfahren in letzter Zeit nicht mehr vor, weil wir es
häufig - - Wir nehmen ja vor allen Dingen neben den allgemeinen Fällen - - Wenn Sie so eine Opera-
tion ‚Selm‘ nehmen, die Daten sind so alt, da ist nichts mehr zu wollen. Da kommt es auch nicht auf
ein oder zwei Tage an. Also, bei diesen großen Massendatenverfahren sind Sie immer außerhalb der
Frist, wo aktuell noch was zu holen ist. In bestimmten anderen Konstellationen müssen wir leider
feststellen, dass eben häufig auch Provider genommen werden, wo klar ist, die speichern gar nicht. Es
gibt ja nur die Telekom, die speichert.“284

Bezüglich der Vorhaltezeit von Daten bei Providern hat der Zeuge Stahl ausgesagt:

„In der Praxis gibt es einige Provider, die haben 48 Stunden maximal. Da gibt es, glaube ich, ein oder
zwei Provider mit sieben Tagen.“285

c) Einschätzung der Priorität der Operation „Selm“

Zur Priorität der Operation „Selm“ hat sich der Zeuge Hoppe wie folgt geäußert:

„[…] Bei der OP ‚Selm‘ war die Besonderheit, dass sie eigentlich, von dieser Prioritätenliste gesehen,
nicht an erster Stelle stand, weil es eben nicht um sexuellen Missbrauch ging; das war mir berichtet
worden. Es geht hier, in Anführungsstrichen, schlicht um die Verbreitung bzw. sogar nur den Kauf,
die Besitzverschaffung von kinderpornografischem Material. Der Verbreiter war im Grunde ja schon
durch die Kanadier festgenommen worden. Wir wollten uns um die Besitzverschaffer kümmern in
Deutschland, die deutschen Kunden. Das war von der Priorität, wie gesagt, an zweiter Stelle. Damit
war sie vom rein Polizeilichen, vom Strafrechtlichen nicht an erster Priorität.

[…]

Also, die Priorität der Operation ‚Selm‘ - um das noch mal auf den Punkt zu bringen - ergibt sich
eigentlich aus der Masse der Vorgänge, nicht so sehr aus den Straftaten, die dort begangen werden,

282 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 12.
283 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 54.
284 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 36 f.
285 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 55.
Drucksache 18/6700 – 116 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

weil es sich - ich sage es noch mal in Anführungsstrichen - um schlichte Konsumentendelikte handelt,
die bei uns jetzt nicht an oberster Priorität waren. […]“286

Der Zeuge Schiffels hat ausgeführt:

„[…] Was die Operation ‚Selm‘ betrifft, hat sich das dann, auch durch die entsprechenden Arbeiten,
die im Rahmen der Vorbereitung der OP ‚Selm‘ und dann im Rahmen der Sachbearbeitung getroffen
wurden, festgestellt: Es ist ein Kundenverfahren letztendlich. Wir haben es hier mit einer großen Liste
von Personen zu tun, die bei der Firma Azov Material bestellt, gekauft haben, In dem Zusammenhang
ist dann natürlich wichtig, ob zu diesem Zeitpunkt dann auch Informationen vorliegen, ob es hier
anhaltende sexuelle Missbräuche gibt. Das war zu dem Zeitpunkt nicht der Fall. Das bedeutet, dass
die Priorität eigentlich eines solchen Komplexes dann nicht die höchste ist und im Rahmen der Arbei-
ten, die auch ansonsten im Referat durchgeführt werden, eingereiht wird, wobei jetzt die Besonderheit
natürlich bei ‚Selm‘ die schiere Quantität an Material war, was die kanadischen Behörden zur Verfü-
gung gestellt haben, sowohl was die Filme und Fotos betrifft, aber auch die reinen Fachinformationen,
die Kundenliste an sich […].“287

Die Zeugin Greiner hat diesbezüglich ausgesagt:

„Ja, es war ein Verfahren wegen Erwerb und Besitz von Kinderpornografie. Wir haben direkt am
Anfang geklärt, ob es Hinweise auf aktuelle Missbräuche gibt. Gab es nicht. Das Beweismaterial war
gesichert in Kanada. Wir hatten keine IP-Adressen, die irgendwie so aktuell gewesen wären, dass man
die hätte irgendwie schnell angehen müssen. Von der Abschichtung zu einem Missbrauchsverfahren
zu einem Identifizierungsverfahren, zu einer OP ‚Downfall‘, die international angelegt war, auch auf
einen ganz festen Zeitraum, war sie eben nicht so hoch priorisiert.“288

Der Zeuge Franosch hat erklärt:

„[…] Nun vielleicht noch etwas in aller Deutlichkeit. OP ‚Selm‘ hat keine hohe Priorität genossen.
OP ‚Selm‘ war ein stinknormales Verfahren mit Leuten, die mit Kreditkarten so einen Kram gekauft
haben. Das war weder das erste noch wird es das letzte sein. Da ging es nicht um Realmissbrauch, der
von Anfang an im Raume stand. Also, man muss das einfach mal im Rahmen sehen. Wir machen so
etwas ständig. Da gibt es deutlich brisantere Verfahren, deutlich wichtigere Verfahren als die OP
‚Selm‘.“289

d) Grundsätzliche Belastung des Referats SO 12 und Umfang der Operation „Selm“

Der Zeuge Stahl hat in seiner Vernehmung zur grundsätzlichen Belastung von SO 12 ausgeführt:

„Wir haben mehrere Verfahren. Also im gesamten - - Oder parallel zur OP ‚Selm‘ sind im gesamten
Referat sieben oder acht Umfangsverfahren, -

[…]

- also Umfangsverfahren mit einer Gesamtmenge von an die 4 000 Tatverdächtigen bearbeitet worden,
zusätzlich natürlich auch noch die ganzen sogenannten Identifizierungsverfahren, Verfahren, wo es
um den Missbrauch geht. Deswegen war auch da eine interne Verschiebung oder sonst was im Referat

286 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 9.
287 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 12.
288 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 36.
289 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 18.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 117 – Drucksache 18/6700

jetzt vom einen zum anderen Sachgebiet oder sonst was in dem Zeitpunkt nicht mehr möglich, weil
parallel gleich viele Aktivitäten auch gelaufen sind.“290

Der Zeuge Schiffels hat hierzu erklärt:

„[…] Wir haben es hier mit einer sehr großen Arbeitslast zu tun, die monatlich hier auf die Schreibti-
sche kommt. […]“291

Der Zeuge Hoppe hat die Belastung von SO 12 folgendermaßen beschrieben:

„[…] Im Schnitt kann man davon ausgehen, dass wir so 2 500 bis fast 3 000 Vorgänge pro Monat an
Neuvorgängen bekommen.

Ein Vorgang kann sein dieser eine Hochladevorgang, oder ein Verfahren wie die OP ‚Selm‘ würde
dann erst mal als Vorgang gezählt werden mit allein 800 plus X Beschuldigten. Solche Umfangsver-
fahren kriegen wir natürlich nicht jeden Tag. ‚Tornado‘ und ‚Selm‘ waren schon ein bisschen die
Ausnahmen. […]“292

Auf die Frage nach der seinerzeitigen Situation und dem Verhältnis der Operation „Selm“ zu anderen Fällen hat

der Zeuge Stahl erklärt:

„[…] ‚Downfall‘, das war ein Umfangsverfahren, was vom Umfang her noch etwas größer war als die
Operation ‚Selm‘, also was die Tatverdächtigenzahl betroffen hat; die war etwas über 1 000. Das war
aber schon laufend zu dem Zeitpunkt. Das ist ja erst im Oktober 2012 beendet worden, ich sage mal,
oder parallel dazu auch schon bearbeitet worden; Im November 2011 ist ja ‚Selm‘ sozusagen erstmalig
bei uns, die Daten, hereingekommen. Die angesprochene Operation ‚Downfall‘, das war ein Verfah-
ren, wo es um den sexuellen bzw. schweren sexuellen Missbrauch von Kindern ging im Rahmen einer
internationalen Operation. Das ist dann vorgezogen worden, weil nicht auszuschließen war, dass da
direkt auch ein andauernder sexueller Missbrauch stattfindet, neben dem Verbreiten des kinderporno-
grafischen Materials.“293

Der Zeuge Ziercke hat hierzu vor dem Innenausschuss ausgeführt:

„[…] - nicht nur die Operation ‚Tornado‘ mit circa 1 100 Personen, sondern weitere Operationen mit
1 060 weiteren Personen. Hier möchte ich konkretisieren: Vorrangig nenne ich die Operationen
‚Marktplatz‘ mit 600, ‚Reveal‘ mit 150, ‚Tallow‘ mit 80 und ‚Sarma‘ mit 230 Tatverdächtigen, also
weitere 1 060, und dann erst die Operation ‚Downfall‘ […].“ 294

Die Zeugin Wiegand hat zum Umfang der Operation „Selm“ erklärt:

„Vielleicht muss ich da ein bisschen weiter ausholen, was jetzt andere Länder im Rahmen des ‚Project
Spade‘ angeht. Wir für Deutschland haben die Operation ‚Selm‘ sehr, sehr umfangreich gemacht. Es
gibt Länder wie Kanada oder Amerika, die eben nicht alle Kunden von 2005 bis 2011 bearbeitet haben,
nicht zu jeder Person eine Akte erstellt haben, sondern die haben sich konzentriert: entweder auf die
schlimmsten Filme und die Kunden, die diese Filme bestellt haben, oder aber die aktuellsten Fälle.
Das heißt, wir haben das vom Umfang her sehr, sehr ausgedehnt. Es war eigentlich dann klar, dass das
länger dauert als bei den anderen Ländern. Wir haben zum Beispiel auch die Kreditkartendaten erho-
ben. Das wüsste ich jetzt auch nicht, dass das jemand anderes gemacht hat.“295

290 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 53 f.
291 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 12.
292 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 18.
293 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 54.
294 MAT A-InnenA 18(27)6-D, S. 44, Protokoll der 7. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Ziercke.
295 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 75.

Drucksache 18/6700 – 118 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Zeuge Hoppe hat dem Untersuchungsausschuss seine Reaktion auf den Umfang der Operation „Selm“ ge-

schildert:

„[…] Aber ich habe dennoch dann im Sommer 2012 aufgrund des Umfangs der Operation, der OP,
aufgrund auch dessen, dass wir zwischen 800, 880, fast 1 000 Beschuldigte hatten, gesagt: Ich muss
zwei Sachbearbeiterinnen freistellen, damit die nicht immer wieder von diesen anderen Prioritäten
überholt werden; sonst wird das eine Never-ending Story, dieser Vorgang, und ich werde das in fünf,
sechs Jahren noch bearbeitet haben. Ich wollte mir vorbehalten, dass ich dann entscheide, in welchen
Fällen die beiden Sachbearbeiterinnen an anderer Stelle aushelfen, was ja auch in zwei, drei Fällen
stattgefunden hat. Sie haben uns bei Öffentlichkeitsfahndungen unterstützt. Sie haben uns in der Ope-
ration ‚Downfall‘ unterstützt, in Operationen und Sachverhalten, die genau die Priorität 1 zum Gegen-
stand hatten, nämlich den sexuellen Missbrauch von Kindern. Da habe ich sie dann rausgenommen,
und dann ruhte halt auch mal die Operation ‚Selm‘ für zwei, drei Tage, weil sie mit mir zusammen
alle bei der Öffentlichkeitsfahndung XY halt bis nachts um 24 Uhr Spuren bearbeitet haben, unter
meiner Leitung. […]“296

Im Weiteren hat der Zeuge Hoppe ausgeführt:

„[…] Derartige Großverfahren, Umfangsverfahren kriegen wir immer wieder ins Haus. Und 2009, wie
ich im Referat SO 12 anfing, hatten wir eine solche auch schon im Haus, die Operation ‚Tornado‘ -
davon werden Sie möglicherweise schon mal gehört haben -, eine ähnliche Größenordnung von Be-
schuldigten und Tatverdächtigen. Und da war eben die Erfahrung, dass durch die Nichtfreistellung,
die ich dann dort auch bekommen hatte und erlebt hatte, von Kollegen, die sich mit dieser Operation
beschäftigten, die Abarbeitung der Operation doch noch etwas länger dauerte. Dem wollte ich halt
vorbeugen, indem ich sage: Hier stelle ich die beiden frei, auch wenn es jetzt - ich sage es noch mal -
von der kriminalistischen Bedeutung her oder von der polizeilichen Bedeutung jetzt nicht die oberste
Priorität hatte.“297

e) Dauer der Operation „Selm“

Die Zeugin Greiner hat sich bezüglich der Dauer der Operation „Selm“ wie folgt eingelassen:

„[…] Dass über 800 Verfahren mit zwei Personen eine bestimmte Dauer brauchen, das war klar, denke
ich. Die Entscheidung wurde so getroffen. Wir wurden immerhin von dem Tagesgeschäft freigestellt.
Das ist jetzt auch nicht zwingend so bei solchen Operationen. Deswegen, glaube ich, war die Situation
klar. Ich von meiner Seite kann mich jetzt nicht konkret erinnern, dass ich da jetzt noch Personal
explizit gefordert hätte. Trotzdem denke ich, dass es allen klar war, dass wir jetzt zu zweit diese OP
auch nicht innerhalb von zwei Wochen fertig haben oder das jetzt kurzfristig vor einer Pressemittei-
lung noch schnell fertigmachen können.“298

Im Weiteren hat die Zeugin erklärt:

„Bis Juli 2012 war die Kollegin zum einen alleine und nicht hauptsächlich damit befasst. Das heißt,
ich würde diese Vorbereitungszeit auch fast bis Ende 2012 sehen, wo eben alles in die Datenbank
eingespielt wurde. Dann ging es in die Aktenerstellung, die dann auch eigentlich sehr strukturiert ab-
gelaufen ist und dadurch auch sehr effizient abgearbeitet werden konnte.

296 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 9.
297 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 9.
298 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 32.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 119 – Drucksache 18/6700

Wenn ich es beurteilen sollte: Ich finde es normal. Ich weiß, dass andere Umfangsverfahren mit der
gleichen Beschuldigtenzahl ähnlich lange oder länger gedauert haben. […]“299

„Was immer im Gespräch war, war eine Datenerfassungskraft, die uns eigentlich zugeteilt war, die
dann aber länger erkrankt war. […] Das haben wir auch teilweise schriftlich weitergegeben.

Ansonsten war die Staatsanwaltschaft darüber informiert und hat jetzt nicht explizit gesagt, wir müs-
sen das was beschleunigen. […]“300

Der Zeuge Fritsche hat hierzu bekundet:

„[…] Natürlich ist es bei jedem Vergehen und Verbrechen, bei beiden, wichtig schnell aufzuklären.
Das ist der Grundsatz, der für alles gilt. Aber Sie haben ja, glaube ich, […] gehört, dass es hier in den
letzten Jahren zu einer Fülle von Daten gekommen ist, die aufgearbeitet werden müssen. Ich habe
insoweit auch keinen Anlass, die Bearbeitungsdauer zu verurteilen, weil das mit der Staatsanwalt-
schaft im Wesentlichen, und das ist insoweit die Herrin des Verfahrens, abgesprochen war. […]“301

Der Zeuge Dorendorf hat die Dauer der Operation „Selm“ wie folgt erklärt:

„Das ist ganz klar; wenn man sich jetzt auf diesen Fall fokussiert, dann kommt einem das alles sehr
lange vor. Aber es ist auch nicht richtig, was teilweise gesagt wurde, dass es ein halbes Jahr dauerte,
bis wir den Vorgang zum ersten Mal angefasst haben.

[…]

Es ist immer mal wieder […] daran gearbeitet worden. Dann ist aber zum Beispiel die eine Kollegin
von den beiden wieder abgezogen worden, weil wir dann die BAO ‚Transporter‘ hatten; das wissen
Sie auch, Sie merken, wir müssen ständig neu priorisieren. Dann bleiben diese anderen Vorgänge halt
wieder - - müssen dann wieder warten, leider. Aber, wie gesagt, noch mal: Es handelt sich um Kin-
derpornografie, wo die Opfer nach der ersten Bewertung des Bildmaterials längst erwachsen sind, was
überwiegend 15 bis 20 Jahre alt ist. Und das können Sie dann nicht so hoch priorisieren. Da kommen
immer wieder andere Sachverhalte dazwischen, die uns dann das wieder zurückstellen lassen. Ist leider
so. Ist unbefriedigend, aber wird sich nicht optimieren lassen.“ 302

Der Zeuge Franosch hat in Bezug auf die Dauer des Verfahrens ausgesagt:

„[…] Dieses Verfahren hat keine hohe Priorität genossen, von Anfang an, weder beim BKA noch bei
uns, und zwar völlig zu Recht. Es gab in der Zeit viel wichtigere Verfahren. Eine Erkenntnis ist so:
Wenn wir einen Täter haben, der nur konsumiert und nur die Dinge bestellt und hortet, dann finde ich
bei dem eher mehr, wenn ich später durchsuche, als weniger; es sei denn, er wird gewarnt. Insofern
hatten wir noch keine zeitliche Dringlichkeit.“303

299 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 35 f.
300 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 33.
301 MAT A-InnenA 18(27)6-E, S. 29, Protokoll der 9. Sitzung des
Innenausschusses (Nachmittag), Zeuge Fritsche.
302 Dorendorf, Protokoll-Nr. 17, S. 63.
303 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 28.

Drucksache 18/6700 – 120 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

5. Maßnahmen im Hinblick auf die IT-Infrastruktur der Operation „Selm“

a) Allgemeines

Innerhalb des Bundeskriminalamtes wurden zum Umgang mit den Daten der Operation „Selm“ umfangreiche

Vorarbeiten im Bereich der IT durchgeführt. Ziel war es laut dem Zeugen Hoppe hierbei, mit den Daten auto-

matisiert weiter vorgehen zu können, unter anderem, um diese in das Vorgangsbearbeitungssystem des Bundes-

kriminalamtes einzuspielen und dann automatisiert Einzelvorgänge zu den einzelnen Personen anlegen lassen

zu können.304

Die Zeugin Greiner hat in diesem Zusammenhang zum grundsätzlichen Vorgehen bei der Bearbeitung der Ope-

ration „Selm“ ausgeführt:

„[…] Wir wussten, wir haben viel Beweismaterial; wir haben über 800 deutsche Kunden. Uns war
von Anfang an klar - - Wir haben uns ja auch mit Kollegen, die früher Umfangsverfahren bearbeitet
haben, vorher besprochen, und auch in Absprache mit denen und auch mit der Staatsanwaltschaft war
uns eigentlich gleich klar, dass wir das konzeptionell auf sichere Beine stellen wollen und eine Struktur
dahinterbringen wollen, dass wir diese Datenbank, die sich auch schon in anderen Umfangsverfahren
bewährt hatte, dass wir das nutzen wollen. Quasi am Anfang die Zeit reinstecken, die es benötigt, um
das Beweismaterial ordentlich aufzubereiten, um dann am Ende die Akten relativ schnell abarbeiten
zu können: Das war die Idee dahinter. […]“305

b) Kontakte zwischen SO 12 und SO 55 im Frühjahr 2012 zur Errichtung der Datenbank - Einspie-
len der Daten

aa) Erste Kontakte

Am 27. März 2012 kam es durch die Zeugin Wiegand zu einer ersten Anfrage bei dem für die Errichtung der

Datenbank zuständigen Referat SO 55.306 In der E-Mail wurde ausgeführt, dass SO 12 für die Bearbeitung einer

Großverfahrens Unterstützung benötige und es wurde angefragt, ob in der laufenden Woche Gelegenheit dazu

bestünde, sich den Vorgang gemeinsam mit den Zeugen Stahl und Wiegand einmal anzuschauen.307 Am

30. März 2012 wurde diese E-Mail innerhalb von SO 55 an einen weiteren Beamten weitergeleitet,308 der in der

Folgezeit mit der Zeugin Wiegand bei der Errichtung der Datenbank zusammenarbeitete.

304 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 17.
305 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 8.
306 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 2, Bl. 16, Aus der Organisationsübersicht des BKA vom 1. April 2012 lässt sich für das Referat SO 55 die

Aufgabe „Einsatz- und IT-Unterstützung“ entnehmen. Das Referat gehört innerhalb der Abteilung SO zur Gruppe SO 5 „Zentrale Angelegen-
heiten und Ermittlungsunterstützung“.

307 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 135, Bl. 2, E-Mail der Zeugin Wiegand an einen Beamten des Referats SO 55 vom 27. März 2012 10.28 Uhr.
308 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 135, Bl. 2, E-Mail eines Beamten des Referats SO 55 an einen weiteren Beamten des Referats SO 55 vom 30.

März 2012, 15.08 Uhr.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 121 – Drucksache 18/6700
Am 2. April 2012 übersandte die Zeugin Wiegand an den genannten Beamten aus dem Referat SO 55 eine E-

Mail, in der die Struktur der Daten aus der Operation „Selm“ unter Übersendung einzelner Dateien dargestellt

wurde und darüber hinaus bereits einzelne Anforderungen an die zu erstellende Datenbank formuliert wurden.309

bb) Verzögerung wegen Update der IT-Infrastruktur im Bundeskriminalamt im Mai 2012

Aus einer E-Mail eines Beamten des Referats SO 55, die dieser am 4. Mai 2012, 11.35 Uhr, an nahezu sämtliche

Referate der Abteilung SO sandte, wurde ausgeführt, dass das Programm „Access 97“ auf den Terminalservern

zum 30. Juni 2012 abgeschaltet werden solle. Ein entsprechender „Change Request“ sei gestellt und bereits

genehmigt. Nachdem zunächst geplant gewesen sei, die Ablösung von „Access“ nach und nach parallel zu den

sonstigen Aufgaben im Laufe des Jahres durchzuführen, zwinge der „plötzliche Aktionismus seitens IT“ auch

das Referat SO 55 zu Änderungen in der Prioritätensetzung. Dies bedeute, dass alle aktuellen Vorhaben „bis auf

Weiteres auf Eis gelegt“ werden sollen, was „aktuell insbesondere SO12 (Anwendung f. kanadische Kipo-Da-

ten)“ sowie andere Referate betreffe. 310

Vor dem Hintergrund dieser Information kam es am 4. Mai 2012, 15.35 Uhr zu einer E-Mail des Zeugen Stahl

an den Zeugen Hoppe, in der es heißt:

„Bei allen Problemen und Engpässen, die nunmehr SO55 drohen, können wir eine weitere Verschie-
bung der Anwendung, welche wir bereits mit SO55 durchgesprochen haben, nicht akzeptieren.

Ungeachtet der Tatsache, dass wir als BKA gegenüber der Justiz unglaubwürdig werden, sind wir h.E.
kraft Gesetzes verpflichtet, unverzüglich der StA die Unterlagen vorzulegen. Dass die Vorlage bei
einer StA bislang noch nicht erfolgt ist, ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass die Informationen
in der durch die kanadischen Behörden übermittelten Form nicht ‚justizfähig‘ sind.

Insoweit sollte hiesigerseits bei SO55 interveniert werden unter Hinweis auf unsere rechtliche Ver-
pflichtung gegenüber der Staatsanwaltschaft.“311

Hierzu befragt hat der Zeuge Stahl nach Vorlage seiner an den Zeugen Hoppe gerichteten E-Mail ausgeführt:

„Das bezog sich, wie auch in diesem weiteren Mail-Verlauf, jetzt nicht nur meine, sondern auch, was
ich schon mal hatte, der Herr Hoppe auch gegenüber dem IT-Servicereferat der Abteilung sozusagen
- - Das bezieht sich auf diese MySQL-Datenbankanwendung, mit der wir dann letztendlich die Daten
in aufbereiteter Form auch sichtbar machen konnten für die Verfahrensführung, und dass es hier darum
ging, eine weitere Verschiebung, weil dieses IT-Referat nicht nur für uns zuständig ist bei IT-Unter-
stützung, sondern für die gesamte Abteilung, und damals gesagt hat, sie hätten da noch einen anderen
Vorgang, den sie vorher abarbeiten wollten. Da haben wir dann remonstriert und haben gesagt: Wir
haben jetzt schon lange genug gewartet und getestet, und es geht jetzt darum, dass das Ding auch mal
umgesetzt wird, in eine lauffähige Phase kommt, weil wir ansonsten gegenüber der Justiz tatsächlich
unglaubwürdig werden, dass wir es nicht auf die Reihe bringen.“312

309 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 135, Bl. 4 f.; auch MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 2 f., E-Mail der Zeugin Wiegand an einen Beamten
von SO 55 vom 2. April 2012, 14.16 Uhr.

310 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 14 f., E-Mail eines Beamten von SO 55 an verschiedene Referate der Abteilung SO vom 4. Mai 2012,
11.32 Uhr.

311 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 14, E-Mail des Zeugen Stahl an den Zeugen Hoppe vom 4. Mai 2012, 15.35 Uhr.
312 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 70.

Drucksache 18/6700 – 122 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Unter Bezug auf die durch einen Beamten des Referates SO 55 am 4. Mai um 11.35 Uhr versandte oben be-

schriebene E-Mail richtete der Zeuge Hoppe am 8. Mai 2012 eine E-Mail an einen Beamten des Referates SO

55 - mehrere weitere Beamtinnen und Beamte von SO 55 wurden in Cc. gesetzt -, in der es unter anderem heißt:

„…gegen das beabsichtigte ‚auf Eis legen‘ der für SO 12 geplanten Anwendung (kanadische Kipo-
Seiten) möchte ich ausdrücklich und vehement Einspruch einlegen. Wir können dies nicht akzeptieren.
Hier geht es um die Unterstützung der Strafverfolgung. Ungeachtet der Tatsache, dass wir als BKA
gegenüber der Justiz unglaubwürdig werden und möglicherweise in die Verjährung laufen, sind wir h.
E. kraft Gesetzes verpflichtet, unverzüglich der StA die Unterlagen vorzulegen, die den Verdacht einer
Straftat begründen. Dass die Vorlage bei einer StA bislang noch nicht erfolgt ist, ist lediglich dem
Umstand geschuldet, dass die Informationen in der durch die kanadischen Behörden übermittelten
Form nicht ‚justizfähig‘ sind. Dazu bedarf es angesichts der Masse und der Struktur der dringenden
Unterstützung von SO 55. Diese war zugesagt und soll nun wegen eindeutig weniger prioritäten Ver-
pflichtungen aufgegeben werden. Für eine Strafverfolgungsbehörde sollten Aufgaben der Strafverfol-
gung eindeutig im Vordergrund stehen.

Vor diesem Hintergrund bitte ich dringend die mit Mail vom 04.05.2012 übermittelte Entscheidung
noch einmal zu überdenken.“313

Vor dem Hintergrund unter anderen an diesem Tag geführter Gespräche kam es am 30. Mai 2012 zu einer Ant-

wort eines Beamten des Referats SO 55 an den Zeugen Hoppe, in der unter anderem in Aussicht gestellt wurde,

dass sich „spätestens nächste Woche“ einer der Beamten von SO 55 um den Import der kanadischen Daten

kümmern werde und dass parallel dazu für die Abteilung SO vier Stand-Alone-Geräte mit Access 97 zur Absi-

cherung beantragt würden. Man gehe davon aus, dass die kanadischen Daten bis Mitte Juni „in MySQL zur

Verfügung“ stünden.314

c) Errichtung einer Zentraldatei „OP Selm“

aa) Entwurf des Antrags auf Anordnung der Zentraldatei innerhalb des Bundeskriminalamtes

Vor dem Hintergrund der zur Errichtung einer Zentraldatei im Bundeskriminalamt zu beachtenden gesetzlichen

Regelungen im BKA-Gesetz, hier insbesondere in § 34, kam es schließlich am 5. Juli 2012 zum Entwurf eines

Antrags auf Anordnung einer Zentraldatei „OP Selm“. In dem an den Datenschutzbeauftragten („DS“) gerich-

teten Schreiben wurde gebeten, das gemäß § 34 Abs. 1 BKA-Gesetz erforderliche Zustimmungsverfahren ein-

zuleiten - das Gesetz sieht für den Erlass einer Errichtungsanordnung die Zustimmung des Bundesministeriums

des Innern sowie die vorherige Anhörung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz vor. 315

Die für die Errichtungsanordnung benötigten Informationen über die Operation „Selm“ waren durch die Zeugin

Wiegand über den Zeugen Stahl am frühen Morgen des 5. Juli 2012 an die hierfür zuständige Beamtin des

313 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 17 (18), E-Mail des Zeugen Hoppe an einen Beamten des Referats SO 55 vom 8. Mai 2012, 7.29 Uhr.
314 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 17 (17), E-Mail eines Beamten des Referats SO 55 an den Zeugen Hoppe vom 30. Mai 2012, 15.01

Uhr.
315 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 26 ff., Entwurf eines Antrags auf Anordnung einer Zentraldatei „OP Selm“ vom 5. Juli 2012.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 123 – Drucksache 18/6700
Referates SO 55 gesandt worden;316 am selben Tag um 14.47 Uhr sandte diese bereits die Entwürfe des An-

schreibens und der Errichtungsanordnung an den Leiter des Referates SO 55, der diese am Abend an den Zeugen

Stahl zurücksandte.317

Der Entwurf des Antrags auf Anordnung einer Zentraldatei „OP Selm“ wurde sodann nach Zeichnung der in-

nerhalb der Abteilung SO beteiligten Stellen (SO 55, SO 12 (Stahl), SO 1 (Schiffels), SO-AS (Frau W.)) mit E-

Mail vom 13. Juli 2012 an die Referate DS-Recht und SO-AS-VGE mit der Bitte um weitere Veranlassung

übersandt.318 Der Antrag war am 12. Juli 2012 durch den Leiter der Gruppe SO 5 gezeichnet worden.319

In dem Entwurf der der E-Mail angehängten Errichtungsanordnung heißt es auf Seite 2 unter Ziffer 3:

„3. Personenkreis, über den Daten gespeichert werden

Aufnahme in die Datei finden Daten von

3.1 Beschuldigten (§ 8 Abs. 1 und 2 BKAG)

3.2 Verdächtigen, soweit erforderlich, weil wegen der Art und Ausführung der Tat (Tatbezug) und
der Persönlichkeit des Betroffenen als Täter oder Teilnehmer (Personenbezug) Grund zu der Annahme
besteht, dass der Verdächtige erneut (wiederholt) Straftaten begehen wird (§ 8 Abs. 2 BKAG)“320

Eine Weiterleitung des Antrags und des Entwurfs der Errichtungsanordnung an das Bundesministerium des In-

nern (ÖS I 3) erfolgte sodann durch einen Beamten des Referates DS - Rechtlicher Datenschutz - des Bundes-

kriminalamtes mit E-Mail vom 30. Juli 2012.321 In der Vorwoche war es zwischen dem 25. und 27. Juli 2012

nochmals zu E-Mailverkehr zwischen einem Beamten des Referates DS und der Beamtin des Referates SO 55,

die die Errichtungsanordnung und den Antrag entworfen hatte, gekommen, der Rückfragen in Bezug auf ein-

zelne Formulierungen in der Errichtungsanordnung enthielt,322 was zu Änderungen im ursprünglichen Entwurf

der Errichtungsanordnung geführt hatte.323 Am 13. August 2012 erfolgte dann nochmals eine Übersendung der

Dokumente an das Bundesministerium des Innern, nachdem die Dokumente - offensichtlich einer vorangegan-

genen Absprache gemäß - in das PDF-Format umgewandelt worden waren.324

Befragt zu Dauer und Verlauf der Erstellung und Freigabe der Errichtungsanordnung, hat der Zeuge Hoppe

bekundet:

316 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 22 f., E-Mail der Zeugin Wiegand an den Zeugen Stahl vom 5. Juli 2012, 7.30 Uhr.
317 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 24 f., E-Mails vom 5. Juli 2012 mit Betreff: „20120705 – Einrichtung der Zentraldatei „OP Selm“.
318 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 46, E-Mail eines Beamten des Stabes der Abteilung SO (SO-AS) an das Referat DS-Recht und an den

Bereich SO-AS-VGE vom 13. Juli 2012, 7.35 Uhr.
319 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 129, Bl. 2, E-Mail des Leiters der Gruppe SO 5 an SO-AS vom 12. Juli 2012, 18.04 Uhr.
320 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 48 (49), Entwurf der Errichtungsanordnung für die Datei OP Selm, Stand 5. Juli 2012.
321 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 254, Bl. 13, E-Mail eines Beamten des Referats DS an das BMI (ÖS I 3) vom 30. Juli 2012, 11.51 Uhr.
322 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 254, Bl. 9 ff., E-Mail-Verkehr zwischen einer Beamtin des Referats SO 55 und einem Beamten des Bereichs

DS vom 25. bis 27. Juli 2012.
323 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 254, Bl. 16 ff., Entwurf der Errichtungsanordnung für die OP Selm, Stand 27. Juli 2012.
324 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 254, Bl. 21 f., E-Mail eines Beamten des Bereichs DS des BKA an einen Beamten der Arbeitsgruppe ÖS I 3

im BMI vom 13. August 2012, 11.55 Uhr.

Drucksache 18/6700 – 124 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Und wenn Sie anspielen auf die - was war das? - Errichtungsanordnung, das haben wir nicht - -
das habe ich jetzt als Referatsleiter SO 12 nicht mehr allein in der Hand, die Dauer einer Errichtungs-
anordnung. Da gibt es die festen Regularien. Die Anträge müssen gestellt werden, die müssen von
einigen Stellen im Haus und, glaube ich, sogar außerhäusig bis hoch zum BMI geprüft werden. Und
dann kriegen wir irgendwann den Startschuss, was nicht in allen Fällen heißt, dass wir warten, bis die
Errichtungsanordnung dann auch tatsächlich da ist.“325

Auf mögliche rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Errichtungsanordnung angesprochen, hat der

Zeuge Hoppe ausgeführt:

„Ich sage mal, wenn die Errichtungsanordnung die Hürde unseres Datenschutzbeauftragten im eigenen
Haus schon genommen hat, dann ist so ein Zeitpunkt erreicht, wo man sagen kann: Es muss schon
ganz dicke kommen, dass zum Beispiel das BMI uns dann diese Errichtungsanordnung verbietet, zu-
mal wir ja auch die Erfahrung gemacht hatten mit der OP ‚Tornado‘; da hatten wir ja die gleiche
Datenbank oder eine sehr ähnliche Datenbank. Die hat man ein bisschen weiterentwickelt benutzt.
Und dafür hatten wir ja auch eine Errichtungsanordnung.“326

Konfrontiert mit der Aussage, dass der Zeitraum zwischen der ersten Kontaktaufnahme zum IT-Bereich Anfang

April 2012 bis hin zum Entwurf der Errichtungsanordnung im Juli 2012 lange erscheine, hat der Zeuge Hoppe

entgegnet:

„Das erscheint auf den ersten Blick relativ lange, ist aber möglicherweise dem geschuldet, dass die
Sachbearbeiterinnen nicht nur das gemacht haben, sondern by the way die Bilder sich angeguckt ha-
ben, by the way die Listen eingedampft haben und by the way mit den Kanadiern noch mal Nachfor-
derungen zu Beweisstücken besprochen haben und, und, und. Es ist ja nicht nur das gemacht worden.
Sie haben sich darüber hinaus mit den Kolleginnen, die die OP ‚Tornado‘ bearbeitet haben, bespro-
chen, weil dort - - Nicht in jedem Fall benutzen wir eine eigene Datenbank. Das hängt vom Umfang
des Umfangsverfahrens ab. Dort wurde die gleiche Datenbank - oder ähnliche Datenbank - schon mal
benutzt. Sie haben sich dort schlaugemacht hinsichtlich des To do der Datenbank: ‚ Was ist anpas-
sungsbedürftig? Was ist zu machen für eine Datenbank?‘, und haben dann, nachdem feststand, es läuft
auf ein Ermittlungsverfahren hinaus, ein Umfangsverfahren hinaus - das haben wir ja, die Staatsan-
waltschaft, erst Anfang/Mitte Juli gehabt; alles andere waren ja im Grunde noch die Vorarbeiten, die
wir im Rahmen unserer Zentralstellenaufgabe und Erforschungspflicht wahrgenommen haben - - und
deswegen folgerichtig der Antrag auf Errichtungsanordnung für eine Datenbank, mit der ich diese
Daten für dieses Verfahren verarbeiten wollte, Anfang Juni.

Sie haben recht: Es dauert viel zu lange; gar keine Frage. Aber Sie können, glaube ich, auch den Akten
entnehmen, dass an der einen oder anderen Stelle ich auch ein bisschen das IT-Referat angeschrieben
habe, um es so zu formulieren, dass sie sich mal - - dass sie die Arbeit nicht immer weit hintenan
schieben sollen. Da ging es, glaube ich, um die Struktur der Datenbank; die musste noch ein bisschen
umprogrammiert werden. Das wollte auch einer anderen Priorisierung zum Opfer fallen.“327

Im Hinblick auf die Vorbereitung des Antrags für die Errichtungsanordnung sei es, so der Zeuge Hoppe, erfor-

derlich gewesen, parallel auch andere Aspekte im Blick zu halten:

„Das kommt darauf an, was für ein Umfangsverfahren ich habe und ob ich überhaupt die IT-Unter-
stützung brauche. Manchmal brauche ich sie auch gar nicht. Ich muss mir doch erst mal - das war ja
die zentrale Aufgabe von Frau Wiegand ganz am Anfang - Gedanken machen: Wie arbeite ich diesen
Datenwust überhaupt ab? Es stellte sich ja auch die Frage: Benutze ich diese Datenbank? Benutze ich

325 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 20.
326 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 20.
327 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 40.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 125 – Drucksache 18/6700

eine ähnliche Datenbank? Was will ich mit der Datenbank erreichen? Neben der Frage, die sie parallel
bearbeitet hat: Was sind das überhaupt für Bilder? Sind die strafbar, sind die nicht strafbar? Was ist
das überhaupt für eine Liste mit den 6 600 Bestellungen? Sind das tatsächlich 6 000 Beschuldigte,
oder sind es dann, wie wir hinterher wissen, um die 880? - Die ganzen Fragen hat sie nebenbei auch
noch gemacht, und entsprechend hat sie dann Schritt für Schritt abgearbeitet und kam dann Anfang
Juni zu dem Punkt, wo die Errichtungsanordnung auf den Weg gegeben wurde, parallel zu dem, was
sie schon inhaltlich für die Datenbank mit dem IT-Unterstützungsreferat verhandelt hat. Das hatte ich
vorhin auch schon gesagt. Die wurde auch, glaube ich, in wenigen Teilen auch angepasst noch mal
und verändert. Wir mussten dann klären, ob das überhaupt so geht, wie die Kollegen sich das gedacht
haben, dass diese automatischen Überspielungen, Generierungen von Listen, Generierungen von Fern-
schreiben usw., ob das alles überhaupt so machbar ist. Und das dauert dann halt schon seine Zeit.“328

bb) Bearbeitung der Errichtungsanordnung innerhalb des Bundesministeriums des Innern - Beteiligung des
Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit

Innerhalb des Bundesministeriums des Innern wurde der Entwurf der Errichtungsanordnung sodann am 15. Au-

gust 2012 per E-Mail an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BFDI) unter

Hinweis auf § 34 Abs. 1 Satz 2 BKA-Gesetz weitergeleitet und um Stellungnahme bis zum 22. August 2012

gebeten.329

Eine Stellungnahme des BFDI erfolgte am 14. September 2012, wobei hierin im Hinblick auf zwei Aspekte des

Entwurfs der Errichtungsanordnung Anmerkungen enthalten waren.330

Die Stellungnahme des BFDI wurde am 24. September 2012 durch das BMI an das Bundeskriminalamt (Bereich

DS-Recht) weitergeleitet.331 Von dort aus wurde die Abteilung SO aufgefordert, bis zum 1. Oktober 2012 zu

den Anmerkungen des BFDI Stellung zu nehmen.332

Die durch das Referat SO 55 daraufhin erstellte Stellungnahme wurde gemeinsam mit einem auf Grundlage der

Stellungnahme des BFDI überarbeiteten Entwurf der Errichtungsanordnung am 28. September durch eine Be-

amtin des Referats SO 55 an SO-AS versandt333 und erreichte am 1. Oktober 2012 über den Leitungsbereich der

Abteilung SO den Bereich DS-Recht im Bundeskriminalamt.334

Am 9. Oktober 2012 wurden die Stellungnahme sowie der überarbeitete Entwurf der Errichtungsanordnung

durch den Bereich DS-Recht an das Bundesministerium des Innern versandt,335 von wo aus die Stellungnahme

sodann am 10. Oktober 2012 - unter Abschluss des Anhörungsverfahrens gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 BKA-Gesetz

328 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 40 f.
329 MAT A-BMI 18(27)2, Ordner 6, Bl. 1 f., E-Mail eines Beamten der Arbeitsgruppe ÖS I 3 im BMI unter anderem an den Bundesbeauftragten

für den Datenschutz und die Informationsfreiheit vom 15. August 2012, 11.29 Uhr.
330 MAT A-BMI 18(27)2, Ordner 6, Bl. 10 f., Schreiben des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit vom 14. Sep-

tember 2012.
331 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 129, Bl. 11 (12), E-Mail des BMI an das BKA (DS-Recht) vom 24. September 2012, 14.40 Uhr.
332 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 129, Bl. 11 (11 f.), E-Mail eines Beamten des Bereichs DS-Recht an SO-AS vom 24. September 2014, 14.55

Uhr.
333 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 129, Bl. 15 (15 f.), E-Mail einer Beamtin des Referats SO 55 an den Referatsleiter SO 55 vom 28. September

2012, 10.38 Uhr.
334 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 129, Bl. 24 (24 f.), E-Mail eines Beamten von SO-AS an DS-Recht vom 1. Oktober 2012, 17.25 Uhr.
335 MAT A-BMI 18(27)2, Ordner 6, Bl. 7 (7 f.), E-Mail eines Beamten des Bereichs DS-Recht des BKA an einen Beamten der Arbeitsgruppe ÖS I

3 des BMI vom 9. Oktober 2012, 14.16 Uhr.

Drucksache 18/6700 – 126 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

- an den BFDI zur Kenntnisnahme weitergeleitet wurde.336 Am selben Tag erfolgte ein entsprechender Erlass

des BMI zur Freigabe der Errichtungsanordnung.337

cc) Freigabe der Errichtungsanordnung durch die Amtsleitung des Bundeskriminalamtes

Nachdem mithin durch das Bundesministerium des Innern am 10. Oktober 2012 das Anhörungsverfahren gemäß

§ 34 Abs. 1 BKA-Gesetz beendet worden war, wurde die Errichtungsanordnung am 15. Oktober 2012 durch

BKA-Präsident Ziercke genehmigt.338 Am 11. Oktober 2012 war eine E-Mail mit einer entsprechenden Bitte

von dem Bereich DS-Recht an den Bereich LS 1 des Bundeskriminalamtes gesandt worden.339 Am 16. Oktober

2012 wurde die Zeugin Wiegand über die Freigabe in Kenntnis gesetzt.340

d) Errichtung einer Organisationseinheit für die Operation „Selm“ im VBS im Juli 2012

Am 11. Juli 2012 wurde durch das Referat SO55 bei IT03 darum gebeten, eine neue OE (wohl: Organisations-

einheit) mit dem Namen „SO 12 – SELM“ einzurichten.341 Dem vorausgegangen war eine entsprechende per E-

Mail über die Zeugen Hoppe und Stahl übermittelte Bitte der Zeugin Greiner.342

Ebenfalls am 11. Juli 2012 wurde durch das Referat SO 55 bezüglich der Zeugen Wiegand, Greiner und Stahl

bei IT 03 –Benutzerverwaltung die Einrichtung von Mitglieds- und Sichterrechten in VBS für die genannte

Organisationseinheit in die Wege geleitet.343 Am 13. Juli 2012 erfolgte dies bezüglich der Zeuginnen Wiegand

und Greiner im Hinblick auf Administratorenrechte für die Organisationseinheit.344

Im weiteren Verlauf der Operation „Selm“ wurden dann auch für weitere BKA-Mitarbeiter Mitgliedsrechte ein-

getragen, so etwa am 14. März 2013 für eine Kriminalkommissaranwärterin und eine Tarifbeschäftigte,345 am

336 MAT A-BMI 18(27)2, Ordner 06, Bl. 7, E-Mail eines Beamten der Arbeitsgruppe ÖS I 3 des BMI an den BFDI vom 10. Oktober 2012, 10.24 Uhr.
337 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 134, Erlass des BMI, ÖS I 3, 006 123 – 78 BKA / 879.
338 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 135 f., Mit „Einverstanden, ZI 15/10“ gezeichnetes Schreiben zur Errichtung der Zentraldatei OP

Selm vom 11. Oktober 2012;
auch MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 133, Bl. 145 f.; die finale Version der Errichtungsanordnung findet sich in MAT A-BKA 18(27)1-1,
Ordner 133, Bl. 135 ff. bzw. 157 ff.

339 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 131 (133), E-Mail eines Beamten aus dem Bereich DS-Recht an LS 1 vom 11. Oktober 2012,
15.02 Uhr.

340 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 131, E-Mail einer Beamtin des Bereichs SO 12 an die Zeugin Wiegand mit dem Zeugen Stahl im Cc
vom 16. Oktober 2012, 12.59 Uhr.

341 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 132, Bl. 2, E-Mail einer Mitarbeiterin des Referats SO 55 an das Referat IT 03 vom 11. Juli 2012, 8.11 Uhr.
342 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 35 f.; auch MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 132, Bl. 3 f., E-Mail des Zeugen Hoppe an das Referat

SO 55 vom 10. Juli 2012, 15.52 Uhr, mit dem Betreff: „WG: Errichtung eines VBS-Postfaches für die OP Selm“ und angehängten weiteren E-
Mails.

343 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 132, Bl. 6 f., E-Mail einer Mitarbeiterin des Referats SO 55 an IT02 nebst „SSO-Berechtigungsmeldung“ vom
11. Juli 2012, 9.26 Uhr.

344 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 132, Bl. 9 f., E-Mail einer Mitarbeiterin des Referats SO 55 an IT02 nebst „SSO-Berechtigungsmeldung“ vom
13. Juli 2012, 7.20 Uhr.

345 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 132, Bl. 14 (14, 16), E-Mail des Zeugen Stahl an das Referat SO 55 vom 14. März 2013, 14.22 Uhr, mit
angehängter „SSO-Berechtigungsmeldung“.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 127 – Drucksache 18/6700
18. November 2013 für eine weitere Kriminalkommissaranwärterin346 sowie - nach den Durchsuchungen im

Verfahren gegen Sebastian Edathy - Ende April 2014 für vier weitere Beamte.347

e) Migration der Daten in das Vorgangsbearbeitungssystem des Bundeskriminalamtes

aa) Vorarbeiten im Sommer 2012

Im Hinblick auf den genauen Aufbau der zu errichtenden MySQL-Datenbank, die verschiedenen Felder und

Abfragemöglichkeiten sowie im Hinblick auf die Darstellung der einzelnen Filme und Bildersets innerhalb der

Datenbank gab es im Zeitraum Juli bis Oktober 2012 immer wieder Kommunikation zwischen den Beamtinnen

Wiegand und Greiner von SO 12 und einem hierfür zuständigen Beamten des Referats SO 55.348

Aus den E-Mails lässt sich sowohl rückschließen, dass mehrmals Besprechungen stattfanden,349 als auch, dass

es im Hinblick auf den Aufbau der Datenbank im Verlauf der Zeit im Detail immer wieder Anpassungen gab.350

bb) Durchführung der Migration nach Vorliegen der Errichtungsanordnung im Oktober 2012

Nach Vorliegen der Errichtungsanordnung am 15. Oktober 2012 wurden am 30. Oktober 2012 die Daten in das

VBS exportiert, wodurch insgesamt 835 Vorgänge im VBS angelegt wurden.351 Dem vorausgegangen waren

weitere Detailabsprachen; insbesondere hatte die Zeugin Wiegand am 25. Oktober 2012 dem Referat SO 55

mitgeteilt, welchen Betreff („Besitz/Erwerb von Kinder-/ Jugendpornografie - OP Selm“), welches Eingangsda-

tum und welche Schlagworte in den jeweiligen Vorgängen im VBS angezeigt werden sollen.352

346 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 132, Bl. 26 f., SSO-Berechtigungsmeldung vom 18. November 2013.
347 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 132, Bl. 30 und 34, SSO-Berechtigungsmeldungen vom 22. und 23. April 2014.
348 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 135, Bl. 63 bis 128, E-Mails zwischen den Zeugen Wiegand bzw. Greiner und einem Mitarbeiter des Bereichs

SO 55 aus dem Zeitraum 23. Juli 2012 bis 12. Oktober 2012.
349 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 135, Bl. 101, Exemplarisch: E-Mail des Beamten aus dem Referat SO 55 an die Zeuginnen Greiner und

Wiegand vom 10. August 2012, 9.46 Uhr.
350 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 135, Bl. 79, Exemplarisch: E-Mail eines Beamten aus dem Referat SO 55 an die Zeuginnen Greiner und

Wiegand vom 8. August 2012, 9.55 Uhr.
351 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 102, Bl. 149, E-Mail eines Mitarbeiters des Referats SO 55 an die Zeugin Wiegand vom 30. Oktober 2012,

13.28 Uhr.
352 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 135, Bl. 140, E-Mail der Zeugin Wiegand an einen Mitarbeiter des Referats SO 55 vom 25. Oktober 2012,

11.38 Uhr.

Drucksache 18/6700 – 128 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

6. Zusammenarbeit zwischen dem Bundeskriminalamt und der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am
Main / Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität

a) Die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) als solche

aa) Gründung und Aufgabe

In einer Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 21. März 2011 wird die ZIT unter anderem

wie folgt beschrieben:

„Die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) ist eine Außenstelle der General-
staatsanwaltschaft Frankfurt am Main mit Sitz in Gießen. Entsprechend ihrer Konzeption dient sie den
örtlichen Staatsanwaltschaften als kompetenter Ansprechpartner in allen Fällen der Computer- und
Internetkriminalität. In Einzelfällen kann die ZIT als Task-Force Verfahren übernehmen und damit
die Staatsanwaltschaften in komplexen Verfahren entlasten. Aus- und Fortbildung der Dezernentinnen
und Dezernenten der örtlichen Staatsanwaltschaften ist ein weiterer wesentlicher Aufgabenbereich der
Zentralstelle. Bei der ZIT sind zwei Oberstaatsanwälte tätig. Zugleich steht eine weitere Vollzeitstelle
für zeitlich befristete Abordnungen von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten von den örtlichen
Staatsanwaltschaften an die ZIT bereit.“353

Der Zeuge Franosch hat die Aufgaben der ZIT im Rahmen seiner Vernehmung wie folgt beschrieben:

„Ich bin einer von zwei Leitern der hessischen Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität.
Wir sind als Außenstelle der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main in Gießen angesiedelt. Im
Bundesland Hessen besteht die Besonderheit, dass die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main
- wir haben in Hessen nur eine - im Gegensatz zu anderen Generalstaatsanwaltschaften auch operatives
Geschäft führt. Das heißt, wir führen eigene Ermittlungsverfahren, die der Generalstaatsanwalt nach
den §§ 145/147 Gerichtsverfassungsgesetz an sich zieht und entsprechend zuweist. Das ist keine Be-
sonderheit im Bereich der Internetkriminalität. Das gibt es in Hessen schon seit den 2000er-Jahren.
Und das ist auch unser Aufgabengebiet. Wir befassen uns mit Internetkriminalität im engeren und
weiteren Sinne. Dazu gehört auch die Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet. Und in diesem
Bereich sind wir eben zum einen tätig mit Grundlagenarbeit, Dienstaufsicht, Fachaufsicht, was eine
Generalstaatsanwaltschaft eben so macht. Darüber hinaus führen wir aber auch eigene Ermittlungs-
verfahren, und zwar Ermittlungsverfahren aus dem Bundesland Hessen. Aufgrund der örtlichen Lage
des Hauptsitzes des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden gibt es aber auch bereits seit 2010 eine enge
Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt. Und wir führen auch in diesem Zusammenhang Er-
mittlungsverfahren, bei denen eine örtliche Zuständigkeit zunächst noch nicht bekannt ist und demzu-
folge eine vorrangige Zuständigkeit nicht ersichtlich ist. In diesen Fällen sind wir tätig im Bereich der
Identifizierung und Erstermittlung zur Verhinderung von Datenverlust, um dann nach der Identifizie-
rung von Beschuldigten die Verfahren an die zuständigen Staatsanwaltschaften abzugeben. […]“354

bb) Verhältnis der ZIT zum Bundeskriminalamt

Im Hinblick auf das Verhältnis der ZIT zum Bundeskriminalamt hat der Zeuge Franosch weiter ausgeführt:

353 Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 21. März 2011, veröffentlicht im Internet auf dem Landesportal Hessen, http://ver-
waltung.hessen.de, zuletzt abgerufen am 31. März 2015.

354 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 7.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 129 – Drucksache 18/6700

„[…] Seit Juni 2011 gibt es ein nichtförmliches Übereinkommen der deutschen Generalstaatsanwäl-
tinnen und Generalstaatsanwälte, dass das Bundeskriminalamt im Bereich der Internetermittlungen
sich an uns wenden kann und wir dann eben hier diese Erstermittlungen führen. Das ist aber keine
ausschließliche Zuständigkeit. Selbstverständlich ist jede andere Staatsanwaltschaft bei ungeklärter
Zuständigkeit auch befugt, Ermittlungen durchzuführen. Der Tatort Internet bringt es eben mit sich,
dass sehr häufig solche Ermittlungen noch keine klare Zuständigkeit erkennen lassen.

Im Zuge dieser nun seit 2010 stattfindenden Zusammenarbeit haben wir eine ganze Reihe von Um-
fangsverfahren mit dem Bundeskriminalamt geführt. Diese Verfahren sind häufig dadurch gekenn-
zeichnet, dass sogenannte Massendaten zugeliefert werden von Strafverfolgungsbehörden anderer
Länder. Man bekommt eben bestimmte Hinweise in Form von Daten, die darauf schließen lassen, dass
deutsche Beschuldigte in irgendeiner Form sich strafrechtlich relevant verhalten haben. Oft ist es aber
so, dass zunächst mal Identifizierungen vorzunehmen sind, bevor dann tatsächlich die Verfahren an
die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften abgegeben werden können. Insbesondere im Bereich der
Kinderpornografie passiert das zum einen in Form von Massendaten, zum anderen gibt es aber auch
Identifizierungsverfahren, bei denen einzelne Filmaufnahmen oder Bildaufnahmen pornografischer
Natur den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen, wo man anhand der Bildinhalte erkennen kann,
dass Missbrauchsort wohl Deutschland ist, vielleicht weil die Täter Deutsch sprechen oder weil man
bestimmte Produkte oder Artikel auf den Bildern erkennen kann, die auf Deutschland als Tatort hin-
deuten. In diesen Fällen ist ebenfalls die örtliche Zuständigkeit ungeklärt. Auch diese Verfahren haben
wir in der Vergangenheit des Häufigeren mit dem Bundeskriminalamt geführt, die dann gelegentlich
in Öffentlichkeitsverhandlungen münden, um Täter oder Opfer zu identifizieren. […]“355

Aus Sicht des Bundeskriminalamtes hat der Zeuge Hoppe das grundsätzliche Verhältnis zur ZIT wie folgt be-

schrieben:

„Die Zusammenarbeit mit der ZIT, also der Zentralstelle für Internetkriminalität der Generalstaatsan-
waltschaft Frankfurt, war gut. Ich würde sogar sagen: sehr gut. Ich hatte selbst mit den beiden Staats-
anwälten Franosch und May auch mal die Vereinbarung getroffen und diskutiert, ob wir genau in den
Fällen, um die es jetzt hier geht, in solchen Großverfahren, wo wir keine eindeutige örtliche Zustän-
digkeit haben oder keine örtliche Zuständigkeit haben, auf sie zugehen können, um diese Großverfah-
ren mit ihnen abzuarbeiten. Ich hatte auch vorher schon mit ihnen die Frage diskutiert: Was ist eigent-
lich mit den Angeboten von kinderpornografischem Material, was im Internet angeboten wird, das wir
zur Löschung im Ausland anregen? Dann müsste doch eigentlich auch eine Straftat in Deutschland
eingeleitet werden, weil Tatort auch Deutschland ist. Würden die das auch übernehmen? Das haben
die dann nach Abstimmung zwischen den Generalstaatsanwälten auch gemacht.

Und im Grunde waren sie dann für uns eine, ich sage mal, Erst- und Notzuständigkeit in allen kinder-
pornografischen Straftatgelegenheiten oder Straftaten, für die wir keine örtliche Zuständigkeit hatten,
was eigentlich der Regelfall war, weil wir in 90 Prozent der Fälle Hinweise bekommen: Hier ist ein
Bild hoch- oder runtergeladen worden, IP-Adresse, E-Mail-Adresse. - Das waren dann die einzigen
Spuren, und dann haben wir natürlich gar keine örtliche Zuständigkeit in der Republik. […]“356

355 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 7 f.
356 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 10 f.

Drucksache 18/6700 – 130 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

b) Rechtsgrundlage der Zusammenarbeit zwischen Bundeskriminalamt und ZIT

aa) Kein Ermittlungsverfahren ohne Staatsanwaltschaft

Die Operation „Selm“ wurde als strafrechtliches Ermittlungsverfahren durch die ZIT unter dem Aktenzeichen

60 UJs 50072 / 12 ZIT geführt.357 Hintergrund ist zunächst die Regelung in § 160 StPO, nach der jede straf-

rechtliche Ermittlung durch eine Staatsanwaltschaft zu führen ist. Eine Polizeibehörde ist gemäß § 163 Abs. 2

StPO verpflichtet, ihre Verhandlungen ohne Verzug der Staatsanwaltschaft zu übersenden. Der Zeuge Franosch,

Leiter der ZIT, hat in seiner Vernehmung angegeben, dass seiner Ansicht nach diese Regelung auch bei der

Operation „Selm“ Anwendung fand:

„[…] Was mir aber wichtig ist: Es gibt kein staatsanwaltsfreies Ermittlungsverfahren. In dem Moment,
wo eine Polizeibehörde ein entsprechendes Ermittlungsverfahren führt, sind - so sagt es der § 163 -
nur solche Handlungen zu tätigen ohne Staatsanwalt, die eilbedürftig sind. Ansonsten ist das Verfah-
ren unverzüglich einer Staatsanwaltschaft zu übergeben, weil es gibt kein Ermittlungsverfahren ohne
staatsanwaltschaftliche Kontrolle. Wenn das also so rübergekommen sein sollte, als hätte das BKA da
monatelang Identifizierungen gemacht: Das stimmt nicht. Das BKA ist im Juli 2012 zu uns gekom-
men. Erst dann begannen die Identifizierungen, weil es gibt kein staatsanwaltsfreies Ermittlungsver-
fahren. Die Polizei kann nicht selbstständig monatelang rumermitteln und dann irgendwas machen;
das sieht die StPO nicht vor.“358

Die Tätigkeit im Bundeskriminalamt vor der Besprechung am 23. Juli 2012 hat der Zeuge Franosch rechtlich

folgendermaßen eingeschätzt:

„[…] Ich bewerte es so, dass in der OP ‚Selm‘ bis zu dem Juli 2012 keine Ermittlungen geführt worden
sind nach meiner Kenntnis beim BKA, die einen Staatsanwalt erfordert hätten; denn beim BKA wurde
bis dahin - so ist mein Kenntnisstand; ich kenne jetzt die Aussagen der Kolleginnen hier nicht - nur
danach geguckt: Sind die Daten überhaupt plausibel? Wie muss man es angehen? Da wurde ja noch
nicht nach außen ermittelt, sondern da wurde lediglich ein Vorgang vorgezogen, weil man über den
Namen gestolpert ist, was auch Sinn macht. Aber die eigentliche - - Ansonsten wurde da eben mal
geguckt: Wie ist die Datenqualität? Wie sind die Sachen aufgebaut? Es wurde letztlich der Schritt,
Gang zur Staatsanwaltschaft, Einleitung des Identifizierungsverfahrens, nur vorbereitet. […]“359

bb) Zuständigkeit der ZIT gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz

Die örtliche Zuständigkeit einer Staatsanwaltschaft folgt gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 GVG grundsätzlich der

gerichtlichen Zuständigkeit – Sie richtet sich also in der Praxis zumeist nach dem Tatort bzw. dem Wohn- oder

Aufenthaltsort des Beschuldigten, §§ 7 und 8 StPO. Ist weder der Tatort noch der Aufenthaltsort des Beschul-

digten bekannt noch sonst ein Gerichtsstand ersichtlich - ist also ein zuständiges Gericht noch nicht ermittelt -

so ist gemäß § 142 Abs. 1 Satz 2 GVG die zuerst mit der Sache befasste Staatsanwaltschaft zuständig.

357 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 180 (181), das Aktenzeichen wird z. B. genannt im Anschreiben der ZIT an SO 12 vom 12. Oktober
2012.

358 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 16 f.
359 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 28.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 131 – Drucksache 18/6700
Da die Regelung des § 143 Abs. 1 Satz 2 bis 4 GVG jedoch erst durch das Gesetz für Gerichtsstand bei beson-

derer Auslandsverwendung der Bundeswehr vom 21. Januar 2013360 mit Wirkung zum 1. April 2013 eingeführt

wurde, ergab sich die Zuständigkeit der ZIT nach Ansicht des Zeugen Franosch aus der seinerzeit schon gelten-

den Regelung über die Eilzuständigkeit gemäß § 143 Abs. 2 GVG. Der Zeuge Franosch hat hierzu geäußert:

„[…] Mit dem rechtlichen Rahmen möchte ich nicht missverstanden werden. Natürlich gab es auch
für die Handhabung vor dem 01.04.13 einen rechtlichen Rahmen. Der war nur nicht eindeutig. Da war
eben letztlich die originäre Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft im GVG nicht geregelt. Der zustän-
dige Staatsanwalt bis zum 31.03.2013 folgte immer der Zuständigkeit des Gerichts. Hatte man also
kein zuständiges Gericht, weil man keinen Tatort und keinen Wohnort hatte, gab es die Möglichkeit:
Jeder konnte tätig werden. Jeder Staatsanwalt ist verpflichtet, einzuschreiten. Und wenn man eben
Ersthandlungen außerhalb des eigenen Bezirks machen musste, dann gab der § 143 (2) GVG dazu die
entsprechende Grundlage. Also, einen rechtlichen Rahmen - ich habe das vielleicht etwas platt und
missverständlich ausgedrückt - gab es vorher auch. Wir haben uns nie in irgendeinem rechtsfreien
Raum bewegt. Aber das Entscheidende ist: Seit dem 01.04.13 ist es klar. […]“361

cc) Hintergrund der Zuständigkeit der ZIT für die Befassung mit Ermittlungsverfahren aus dem Bereich des
Internets aus dem Bundeskriminalamt

Der Zeuge Franosch hat hierzu bekundet:

„[…] Seit Juni 2011 gibt es ein nichtförmliches Übereinkommen der deutschen Generalstaatsanwäl-
tinnen und Generalstaatsanwälte, dass das Bundeskriminalamt im Bereich der Internetermittlungen
sich an uns wenden kann und wir dann eben hier diese Erstermittlungen führen. Das ist aber keine
ausschließliche Zuständigkeit. Selbstverständlich ist jede andere Staatsanwaltschaft bei ungeklärter
Zuständigkeit auch befugt, Ermittlungen durchzuführen. Der Tatort Internet bringt es eben mit sich,
dass sehr häufig solche Ermittlungen noch keine klare Zuständigkeit erkennen lassen. […]“362

Den Hintergrund dieses Übereinkommens sowie die Konsequenzen der seit dem 1. April 2013 geltenden neuen

Rechtslage hat der Zeuge Franosch folgendermaßen beschrieben:

„[…] Es gab eine Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der IuK-Kriminalität. Da hat man genau dieses
Problem beleuchtet, nämlich dass es in entsprechenden Verfahren eine Problematik gibt, dass es eben
schwierig ist, eine zuständige Staatsanwaltschaft zu bestimmen, wenn keiner so etwas freiwillig
macht. Und man hat dann versucht, einen Weg zu finden. Dazu hat die Arbeitsgruppe einen Vorschlag
gemacht, nämlich dass die Länderpolizeien sich in diesen Fällen über ihr jeweiliges LKA an die ent-
sprechend zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft wenden, sofern es eine gibt. Für BKA-Verfah-
ren wurde vorgeschlagen in diesem Bericht, dass das BKA sich an die in Hessen befindliche ZIT
wenden kann. Dieses Papier ist nicht förmlich beschlossen worden, dass danach verfahren wird. Aber
man ist ganz offensichtlich darin übereingekommen, danach zu verfahren. Jedenfalls regten sich da -
- ist man einfach danach so verfahren. Denn der Punkt ist ja der: Mit der Änderung des GVG zum
01.04.2013 war diese Regelung obsolet. Inzwischen kann die Polizei sich aussuchen, zu wem sie geht.
Das steht in § 143 (1) Satz 2: Bei nichtgeklärter Zuständigkeit ist die erstbefasste Staatsanwaltschaft
zuständig. Dieses Problem, dass man sich irgendwie einigen musste, gab es nur bis zum 31.03.2013.
Jetzt kann das BKA, wenn es das möchte, auch gerne zur Staatsanwaltschaft München gehen. Die
müssen nicht zu uns kommen. Dass sie das tun, beruht auf einer informellen Übereinkunft aller deut-
schen Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte.“363

360 BGBl I, 2013, S. 89.
361 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 16.
362 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 7.
363 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 14 f.

Drucksache 18/6700 – 132 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

dd) Personen, die innerhalb der ZIT an der Bearbeitung der Operation „Selm“ beteiligt waren

Innerhalb der ZIT waren an der Bearbeitung der Operation „Selm“ die Oberstaatsanwälte Franosch und May,

Staatsanwältin Mand und Staatsanwalt Dr. Krause sowie zwei Personen im Sekretariat364 beteiligt. Der Unter-

suchungsausschuss hat Oberstaatsanwalt Franosch und Staatsanwalt Dr. Krause als Zeugen vernommen.

Die Personalausstattung der ZIT wird auf der Internetseite des Hessischen Ministeriums der Justiz folgenderma-

ßen beschrieben:

„Bei der ZIT sind zwei Oberstaatsanwälte tätig. Zugleich steht eine weitere Vollzeitstelle für zeitlich
befristete Abordnungen von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten von den örtlichen Staatsanwalt-
schaften an die ZIT bereit.“365

Zur Bearbeitung der Operation „Selm“ innerhalb der ZIT hat der Zeuge Franosch bekundet:

„[…] Die Bearbeitung bei uns im Hause lief so ab, dass ein Kollege es dann übernommen hat. Ich
habe also nicht die ganze Zeit diesen Fall durchgängig selbst bearbeitet, sondern zunächst war eine
Kollegin damit befasst, die uns dann nach einem Jahr verlassen hat. Dann kam der Kollege Dr. Krause,
den Sie gleich noch hören, und danach hat es der Kollege Dr. Steinmetz übernommen. Bei uns ist es
so, dass der dritte Dienstposten eben rotierend besetzt ist. […]“366

Staatsanwältin Mand nahm an der Besprechung vom 23. Juli 2012 teil.367 Aus Oktober 2012368 und November

2012369 sind weitere Kontakte zwischen Staatsanwältin Mand und der Zeugin Wiegand aktenkundig.

An der Besprechung zwischen ZIT und Bundeskriminalamt am 9. Januar 2013 nahm dann bereits der Zeuge Dr.

Krause teil,370 der von Dezember 2012 bis Ende des Jahres 2013 bei der ZIT tätig war.371 Der Zeuge Dr. Krause

hat zur Bearbeitung der Operation „Selm“ bekundet:

„[…] Hinsichtlich des Untersuchungsgegenstandes kann ich hinsichtlich des Punkts OP ‚Selm‘ allge-
mein aus meiner Erinnerung Ihnen noch schildern, dass das Verfahren OP ‚Selm‘ bei der General-
staatsanwaltschaft bereits eingeleitet war, als ich an diese Generalstaatsanwaltschaft abgeordnet
wurde. Nachdem ich meinen Dienst begonnen hatte bei der ZIT, war das Verfahren durch den Herrn
Franosch schon in Bearbeitung, und er hat das Verfahren in meinem Dezernat dann angesiedelt. Ich
war also für dieses Verfahren dann der zuständige Dezernent. Alle Fragen hinsichtlich des Aktenauf-
baus, der Vorbesprechungen mit dem Bundeskriminalamt waren vor dem Beginn meiner Dienstzeit.
[…]“372

364 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 54.
365 Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 21. März 2011, veröffentlicht im Internet auf dem Landesportal Hessen, http://ver-

waltung.hessen.de, zuletzt abgerufen am 31. März 2015.
366 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 10.
367 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 168 ff., Vermerk der Zeugin Wiegand über die Besprechung zwischen Mitarbeitern des BKA und der

ZIT am 23. Juli 2012 vom 21. September 2012; siehe hierzu noch eingehend sogleich Zweiter Teil A.6.c).
368 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 175, Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand über ihr Gespräch mit StAin Mand vom 11. Oktober 2012;

MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 181, Schreiben der ZIT (Staatsanwältin Mand) an das BKA (SO 12, KOK’in Wiegand) vom 12. Ok-
tober 2012; siehe hierzu noch eingehend Zweiter Teil A. II. 6. c) dd) ddd).

369 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 250, Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand vom 12. November 2012 über ein Gespräch mit OStA
Franosch und StA’in Mand.

370 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 317 ff., Vermerk der Zeugin Wiegand über die Besprechung zwischen dem BKA - SO 12 - und der
Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main - ZIT - vom 9. Januar 2013.

371 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 46.
372 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 46.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 133 – Drucksache 18/6700
Oberstaatsanwalt May war jedenfalls im Zusammenhang mit der Pressekonferenz der kanadischen Behörden zur

Operation „Spade“ im November 2013 tätig.373

c) Besprechung am 23. Juli 2012 in Gießen

Am 23. Juli 2012, 13 Uhr, fand in Gießen in den Räumlichkeiten der ZIT eine Besprechung zwischen Mitarbei-

terinnen des Bundeskriminalamtes, SO 12 und einer Mitarbeiterin und einem Mitarbeiter der ZIT statt. Auf

Seiten von SO 12 nahmen hieran die Zeuginnen Wiegand und Greiner teil, auf Seiten der ZIT der Zeuge Fra-

nosch und Staatsanwältin Mand. 374

aa) Vorbereitung des Treffens - Kommunikation mit der ZIT

Der Termin für das Treffen war durch die Zeuginnen Wiegand und Greiner am Nachmittag des 5. Juli 2012

telefonisch vereinbart worden.375 Bereits hier wurde durch die Vertreter der ZIT die Übernahme des Vorgangs

zugesagt, nachdem ihnen ein kurzer Überblick über den Vorgang gegeben worden war. In einer durch die Zeugin

Wiegand verfassten E-Mail vom 6. Juli 2012, in der sie dem Sachgebiets- und dem Referatsleiter von dem Te-

lefonat am Vortag berichtet, heißt es weiter:

„Frau Greiner und ich werden am 23.07.2012 - 13 Uhr (der frühstmögliche durch die ZIT genannte
Termin) nach Gießen fahren, die Beweismittel übergeben und zusammen mit dem Sachverhalt aus-
führlich vorstellen. Es ist beabsichtigt, Problemstellungen zu diskutieren und eine gemeinsame Ver-
fahrensweise zu vereinbaren.

Damit beide Seiten bei dem Termin entsprechend vorbereitet sind, beabsichtigen wir, der GStA (ZlT)
zuvor einen allgemein gehaltenen Vermerk zukommen zu lassen, der auch die durch uns festgestellten
Problempunkte bereits enthält.“376

Der genannte Vermerk wurde sodann erstellt und der ZIT durch die Zeugin Wiegand am 18. Juli 2012 per E-

Mail übersandt.377 Im Wesentlichen wird in dem Vermerk der Inhalt der beiden „README“-Dateien378 in deut-

scher Sprache wiedergegeben sowie der Aufbau der Daten der Operation „Selm“ dargestellt. Beigefügt war

373 Exemplarisch: MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 445 f., E-Mail von OStA May an SO 12 (BKA) vom 14. November 2013, 9.11 Uhr,
mit dem Betreff: „AW: OP SELM – Entwurf Pressemitteilung Toronot Police“; zur eingehenden Darstellung der Thematik siehe Zweiter Teil
A. II. 8. b) bb) ddd).

374 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 168 ff., Vermerk der Zeugin Wiegand vom 21. September 2012 über die Besprechung zwischen
Mitarbeitern des BKA und der ZIT am 23. Juli 2012.

375 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 96, Bl. 2 f., E-Mail der Zeugin Wiegand an den Zeugen Stahl vom 6. Juli 2012, 8.57 Uhr.
376 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 96, Bl. 2 f., E-Mail der Zeugin Wiegand an den Zeugen Stahl vom 6. Juli 2012, 8.57 Uhr.
377 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 23, E-Mail der Zeugin Greiner an die ZIT vom 18. Juli 2012, 9.44 Uhr; MAT A-BKA 18(27)1-1,

Ordner 104, Bl. 24 ff., Vermerk der Zeugin Greiner vom 17. Juli 2012.
378 Siehe hierzu Zweiter Teil A.3.b)aa).

Drucksache 18/6700 – 134 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

darüber hinaus eine deutsche Übersetzung des Vermerks der Polizei Toronto, der Hinweise zum Umgang mit

der Presse enthielt379 sowie eine Darstellung des Aufbaus der Excel-Datei.380

Die Zeugin Wiegand hat im Hinblick auf die Vorbereitung des Treffens bekundet:

„[…] Und dann haben wir schon aufbereitet, um das Verfahren überhaupt der Generalstaatsanwalt-
schaft vorzustellen. Das heißt, wenn man die das erste Mal kontaktiert, muss man denen ja auch schon
präsentieren, was diese Beweismittel beinhalten. Das heißt, wir haben uns schon ein paar Videos und
Filme angeguckt, haben da schon so ein paar Problempunkte einfach aufgeschrieben, dass es zum Teil
grenzwertig ist. Wir haben eine ungefähre Beschuldigtenzahl angegeben. Wir haben uns einen Über-
blick über die Daten verschafft, zu der Person vorzulegen, und haben auch schon einen Vermerk er-
stellt, den wir der ZIT dann auch schon vorab geschickt haben.

Am 05.07. haben wir die telefonisch kontaktiert. Am Telefon haben wir ihnen das Verfahren erklärt,
und dann haben die mit uns einen Termin vereinbart für den 23.07. Für diesen Termin sollten wir eben
auch Film- und Videomaterial mitbringen, dass man sich das gemeinsam anschaut, um eben diese
Kategorisierung abzusprechen. Wir sollten eine PowerPoint-Präsentation erstellen, wo wir das Ver-
fahren eben einfach auch noch mal kurz vorstellen. Und das haben wir in der Zeit gemacht.“381

Die Zeugin Wiegand hat in dieser Hinsicht darüber hinaus bekundet, dass sie zu diesem Zeitpunkt auch mit in

die Bearbeitung der Operation „Selm“ eingestiegen sei:

„[…] Wir haben dann am 5. Juli 2012 das erste Telefonat mit der Staatsanwaltschaft in Gießen, mit
der ZIT, gehabt. Wir hatten das entsprechend auch vorbereitet, um der ZIT auch sagen zu können, was
überhaupt an Informationen vorliegt, was da zu erwarten ist aus unserer Sicht. Das heißt, ich bin da
eben Ende Juni/Anfang Juli 2012 mit eingestiegen zur Vorbereitung dieser ersten Besprechung mit
der ZIT - erst telefonisch.“382

Weiter hat die Zeugin Greiner hierzu ausgeführt:

„[…] Der erste Kontakt war ein Telefonat am 05.07.2012, wo wir angekündigt haben, was wir an
Beweismaterial haben, wie viele Kunden wir voraussichtlich haben, mit welchem Beweismaterial wir
es grob zu tun haben. Das diente eigentlich dann - - Es sollte in dem Telefonat ein Termin für eine
persönliche Besprechung auch ausgemacht werden. Das haben wir dann gemacht für den 23. Juli 2013.
[…]”383

bb) Vorbesprechung innerhalb des Bundeskriminalamtes mit Kriminaldirektor Hoppe

Vor dem Treffen am 23. Juli 2012 fand im Bundeskriminalamt eine Besprechung statt, zu der der Referatsleiter,

der Zeuge Hoppe, die Zeuginnen Greiner und Wiegand gebeten hatte. Hoppe hatte die beiden Beamtinnen in

einer E-Mail gebeten, sich an ihn zu wenden, nachdem er von der Terminvereinbarung für den 23. Juli 2012

379 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 31 f., Anlage 1 zur E-Mail der Zeugin Greiner an die ZIT vom 18. Juli 2012: Deutsche Übersetzung
des Vermerks der Polizei Toronto über den Umgang mit der Presse, Original: MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 1, Bl. 11 ff.

380 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 33 ff., Anlage 2 zur E-Mail der Zeugin Greiner an die ZIT vom 18. Juli 2012: Beschreibung der
übermittelten Beweismittel.

381 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 48.
382 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 7.
383 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 28.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 135 – Drucksache 18/6700
Kenntnis genommen hatte.384 In diesem Treffen ging es dem Zeugen Hoppe zufolge unter anderem darum, wie

in Fällen von Bestellungen nicht strafrechtlich relevanter Filme oder Fotosets zu verfahren sei:

„[…] Von der Frage ‚Was ist an Bildmaterial per se strafbar oder nicht strafbar?‘ ist ja immer die
Frage eines Anfangsverdachtes zu unterscheiden. Und die Frage haben wir grade in Bezug auf die OP
‚Selm‘ auch vor dem ersten Termin der beiden Kolleginnen bei der Staatsanwaltschaft diskutiert. Ist
für jemanden, der per se strafloses Material bestellt hat, schon ein Anfangsverdacht gegeben, wenn
keine weiteren Umstände hinzukommen, ja oder nein?

Da hatte ich den beiden Kolleginnen auch aus meiner Erinnerung den Auftrag gegeben, das mal aktiv
mit der Staatsanwaltschaft zu diskutieren, weil das auch nach unseren Erfahrungen hin und wieder
von Staatsanwaltschaften unterschiedlich gesehen wurde. Wir haben in anderen Großverfahren die
Erfahrung gemacht, dass wir gesagt haben: ‚Hier ist ein Anfangsverdacht gegeben‘, haben über die
ZIT - mit der ZIT oder für die ZIT - schon die Akten erstellt und auch an die zuständigen Staatsan-
waltschaften gegeben, an die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften, und es kam von dort ein Ein-
stellungsbeschluss, weil die dortige Staatsanwaltschaft das anders bewertet hat und gesagt hat: Es ist
aus meiner Sicht kein Anfangsverdacht, und es liegen schon gar keine zureichenden tatsächlichen
Anhaltspunkte dafür vor, um einen Durchsuchungsbeschluss zu beantragen. - In diesem Spannungs-
feld haben wir natürlich die Frage immer wieder diskutiert: Was ist strafbar per se, und was führt
möglicherweise dann auch zu dem Anfangsverdacht, der dann weitere Maßnahmen auch durch die
Staatsanwaltschaft diskutiert? […]“385

Weiter hat der Zeuge Hoppe ausgeführt:

„Die beiden Damen hatten mich darüber unterrichtet, dass sie ein Telefonat mit der Staatsanwaltschaft
geführt haben, um einen Termin zu vereinbaren, und haben mich auch darüber unterrichtet, dass sie
vorbereitende Unterlagen erstellen, die auch vorab der Staatsanwaltschaft schicken wollen. Die haben
sie auch mir geschickt. Daraufhin habe ich sie dann gebeten, wir sollten uns darüber noch mal unter-
halten, was mit der Staatsanwaltschaft besprochen wird. In der Tat haben wir in dieser Besprechung
nach meiner Erinnerung gesagt, es wäre gut, zielführend, wenn wir mit der Staatsanwaltschaft zu der
Vereinbarung kämen, in erster Linie zur Kategorie 1 einzuleiten.

[…]

Also man hätte da in verschiedenen Varianten Arbeit tatsächlich sparen können, ja. Da war der Auftrag
an die beiden Kolleginnen: Besprecht das offen mit der Staatsanwaltschaft. Aber letztlich entscheiden
muss es die Staatsanwaltschaft. Und die hat sich dann ja auch so entschieden: Sie möchte auch den
Anfangsverdacht bei Kategorie 2 annehmen und entsprechend verfahren. Der einzige Unterschied war,
dass dann nicht gleich die Durchsuchungsbeschlüsse beantragt werden sollten zentral durch die ZIT,
sondern durch den örtlich zuständigen Staatsanwalt, Staatsanwältin.“386

cc) Inhalt und Ergebnis der Besprechung mit der ZIT – Beauftragung des Bundeskriminalamtes

aaa) Mögliche Rechtsgrundlagen des Tätigwerdens des Bundeskriminalamtes

Unabhängig von der durch das GVG geregelten Frage der Zuständigkeit einer bestimmten Staatsanwaltschaft

wird die gesetzliche Grundlage der Tätigkeit des Bundeskriminalamts im Gesetz über das Bundeskriminalamt

384 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 96, Bl. 2, E-Mail des Zeugen Hoppe an den Zeugen Stahl (Cc. an die Zeuginnen Wiegand und Greiner) vom
9. Juli 2012, 11.02 Uhr.

385 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 10.
386 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 21.

Drucksache 18/6700 – 136 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (BKA-Gesetz)

geregelt. Grundlagen des Tätigwerdens des Bundeskriminalamts sind dabei unter anderem die Aufgabennormen

§ 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 BKA-Gesetz.

Gemäß § 2 Abs. 1 des BKA-Gesetzes unterstützt das Bundeskriminalamt als Zentralstelle für das polizeiliche

Auskunfts- und Nachrichtenwesen und für die Kriminalpolizei die Polizeien des Bundes und der Länder bei der

Verhütung und Verfolgung von Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung.

Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des BKA-Gesetzes nimmt das Bundeskriminalamt die polizeilichen Aufgaben

auf dem Gebiet der Strafverfolgung wahr, wenn eine zuständige Landesbehörde darum ersucht. In diesen Fällen

hat das BKA nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BKAG die für die Strafrechtspflege und die Polizei zuständigen obersten

Landesbehörden unverzüglich zu benachrichtigen, wenn das Bundeskriminalamt polizeiliche Aufgaben auf dem

Gebiet der Strafrechtspflege wahrnimmt; außerdem sind unverzüglich zu benachrichtigen die zuständigen Lan-

deskriminalämter […] und in den übrigen Fällen die Generalstaatsanwälte, in deren Bezirk ein Gerichtsstand

begründet ist.

bbb) Äußerung von Zeuginnen und Zeugen zu diesem Aspekt

Die Zeugin Greiner hat zur Grundlage der Tätigkeit des Bundeskriminalamtes bekundet:

„[…] Die ZIT ist meine zuständige Staatsanwaltschaft für das Gesamtverfahren, weil wir, wenn wir
diese Liste aus dem Ausland kriegen, noch keine örtliche Zuständigkeit für eine Staatsanwaltschaft
haben, weil wir die Person zuerst identifizieren müssen. Da gibt es eine Eil- und Auffangzuständigkeit,
und für die ist eben diese Zentralstelle in Gießen zuständig. Die hat uns beauftragt mit den Ermittlun-
gen im Gesamtverfahren. Das heißt, wir haben diese Personen identifiziert. Das machen wir mithilfe
der Landeskriminalämter und der örtlichen Polizeidienststellen, weil wir von uns aus zum Beispiel
nicht die Meldedaten erheben können. […]“387

Die Zeugin Wiegand hat im Hinblick auf den Termin bei der ZIT am 23. Juli 2012 ausgeführt:

„Wir haben uns dann mit der ZIT eben darauf geeinigt, dass es zwei Kategorien in der OP ‚Selm‘ gibt,
nämlich die Kategorie 1 ‚Kinder- und Jugendpornografie‘ und die Kategorie 2 ‚strafrechtlich nicht
relevantes Material‘. Wir hatten eben auch Beispielfilme mit hingenommen und sind diese Beispiel-
filme durchgegangen, anhand derer wir diese Kategorien gebildet haben. Wir sind dann zurückgekom-
men und hatten den Auftrag, uns das komplette Beweismaterial dahin gehend anzugucken, haben dann
Auswertevermerke erstellt. […]“388

Der Zeuge Franosch hat bezüglich der Wahrnehmung der Aufgaben durch die BKA-Beamtinnen ausgeführt:

„[…] Das Ganze funktionierte dann eben so, dass im Zuge der Identifizierungsermittlungen, die die
Kolleginnen und Kollegen des BKA weitgehend selbstständig gemacht haben, im Rahmen von Kre-
ditkartenauskünften geguckt wurde, inwieweit die Daten valide sind, inwieweit vielleicht einzelne
Personen solchen Abbuchungen widersprochen haben, wenn Widersprüche gegen Abbuchungen vor-
gelegen haben, ob das plausibel ist. Wenn dann letztlich einzelne Ermittlungsvorgänge so weit gedie-
hen waren, dass sie eben entsprechend als identifiziert gelten konnten, wurden diese an uns abgegeben.
Das habe ich schon gesagt. Zu diesem Teil, den das BKA selbstständig vorgenommen hat, gehört dann

387 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 40.
388 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 48.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 137 – Drucksache 18/6700

eben auch die sogenannte polizeiliche Erkenntnisabfrage. Das heißt, sobald eine Person als existent
ermittelt war, wurde natürlich auch überprüft, inwieweit hier die polizeilichen Erkenntnisse diese
Identifizierung als Person stützen und inwieweit hier gegebenenfalls Vorerkenntnisse aus dem Bereich
Sexualstraftaten, Kinderpornografie gegeben sind. […]“389

ccc) Fundstellen in den Akten, die möglicherweise Rückschlüsse auf die Rechtsgrundlage zulassen

(1) Protokoll über die Besprechung mit der ZIT am 23. Juli 2012

In dem vom 24. Juli 2012 datierenden Protokoll über die Besprechung bei der ZIT am Vortag, welches am 24.

Juli 2012 durch die Zeugin Wiegand an den Zeugen Hoppe übersandt wurde, heißt es im Betreff:

„Besprechung mit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main – ZIT – am 23. Juli 2012 in Gießen
zur Übernahme des Ermittlungsverfahrens“390

(2) Kreditkartenabfragen

Das durch die ZIT an das Bundeskriminalamt übersandte Musteranschreiben an die Kreditkartenunternehmen,

in dessen Briefkopf die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main genannt wird, enthält im Hinblick auf die

Grundlage der Tätigkeit der ZIT unter anderem die folgenden Formulierungen:

„Das Bundeskriminalamt, Referat SO 12, führt die Ermittlungen für die Generalstaatsanwaltschaft
Ffm, Außenstelle Gießen.

[…]

Um Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen oder den Zeitaufwand einer Vernehmung als
Zeuge zu vermeiden, wird um Übersendung der relevanten Daten an das in dieser Sache ermittelnde
Bundeskriminalamt […] gebeten.“391

Bereits in dem am 16. Oktober 2012 durch die Zeugin Wiegand an den Zeugen Stahl übersandten ersten Entwurf

eines Schreibens an die Kreditkartenunternehmen heißt es im Betreff:

„Kreditkartenabklärungen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens der Generalstaatsanwaltschaft
Frankfurt am Main – Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT), Az.: 60 UJs
50072/12 ZIT“392

(3) Abfrage von Bestandsdaten bezüglich Edathy

In dem Vermerk vom 16. Oktober 2013, in dem der Edathy betreffende Vorgang zusammenfassend beschrieben

wird, heißt es unter anderem:

389 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 10.
390 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 135, (136ff.), Email der Zeugin Wiegand an den Zeugen Hoppe vom 24. Juli 2012, 11.59 Uhr mit dem

Betreff: „OP Selm – Vermerk zur Besprechung mit der ZIT am 23.07.2012“ mit angehängtem Protokoll der Besprechung am 23. Juli 2012.
391 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 276f., 278f., E-Mail des Zeugen Franosch an die Zeugin Wiegand vom 10. Dezember 2012, 11.04

Uhr, mit angehängtem Entwurf eines Schreibens an die Kreditkartenunternehmen vom 10. Dezember 2012.
392 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 84, Bl. 8, 9f.,, E-Mail der Zeugin Wiegand an den Zeugen Stahl vom 16. Oktober 2012, 11.21 Uhr, mit Anhang

eines Entwurfs einer Telefaxnachricht an die Kreditkartenunternehmen.

Drucksache 18/6700 – 138 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„5.3. Auskunftsersuchen zu Bestandsdaten bei Telekommunikationsanbietern gemäß § 113 Abs. 1
TKG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 1 BKAG“393.

Der § 7 Abs. 3 des BKA-Gesetzes ist für das Bundeskriminalamt eine Befugnisnorm, wenn es Aufgaben als

Zentralstelle wahrnimmt.

(4) Auskunftsersuchen des Bundeskriminalamts vom 15. Oktober 2013

In einem an einen Anbieter von kostenlosen E-Mail-Postfächern gerichteten Auskunftsersuchen des Bundeskri-

minalamtes im Rahmen der Ermittlungen im Vorgang Edathy vom 15. Oktober 2013 heißt es unter anderem:

„das Bundeskriminalamt unterstützt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 BKAG als Zentralstelle für das polizeili-
che Auskunfts- und Nachrichtenwesen und für die Kriminalpolizeien die Polizeien des Bundes und
der Länder bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten mit länderübergreifender, internationaler
oder erheblicher Bedeutung.

Zur Erfüllung dieser Aufgabe […].“394

ddd) Ausführungen zur Rechtsgrundlage für die Zusammenarbeit zwischen der ZIT und dem Bundeskriminal-
amt im Frühjahr 2014

In einer an die Zeugin Wiegand gerichteten E-Mail vom 10. März 2014 wurde durch den Zeugen Franosch

ausgeführt, dass ein Tätigwerden auf dieser Grundlage seit der Erstbesprechung am 23. Juli 2012 vorgelegen

habe. Konkret heißt es in der E-Mail:

„Sehr geehrte Frau Wiegand,

bezugnehmend auf unser Telefonat teile ich Ihnen mit, dass die durchgeführte Erstbesprechung be-
züglich der OP Selm in unseren Diensträumen im Juli 2013 von uns als Vereinbarung einer Verfah-
rensführung durch das BKA nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BKAG betrachtet wurde.

Gesonderte schriftliche Ersuchen nach § 4 BKAG reichen wir in ähnlich gelagerten Fällen, d.h. nach
Herbeiführung einer mündlichen Vereinbarung über die Verfahrensführung, vor dem Hintergrund un-
serer institutionalisierten Zusammenarbeit mit dem BKA im Bereich Cybercrime i.w.S. üblicherweise
nur dann nach, wenn es ausdrücklich gewünscht wird.

Ich kann Ihnen bestätigen, dass für uns zu keinem Zeitpunkt Unklarheit über die Verfahrensführung
durch das Referat SO 12 auf Grundlage des § 4 Abs. 2 BKAG bestand, zumal lhre Referatsleitung
darüber informiert war.

In strafprozessualer Hinsicht ist es u. E. nicht zwingend erforderlich, ein Ersuchen nach § 4 Abs. 2
BKAG schriftlich zu stellen, wobei uns die interne Weisungslage des BKA hierzu nicht bekannt ist.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung

393 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 92ff., Vermerk der Zeuginnen Greiner und Wiegand vom 16. Oktober 2013 mit der Überschrift
„Sachstandsbericht zu Sebastian EDATHY, geb. 05.09.1969 in Hannover“ mit dem Aktenzeichen 2012 – 001641[…].

394 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 107 f., Telefaxnachricht von SO 12 an einen Anbieter kostenloser E-Mail-Konten vom 15. Oktober
2013.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 139 – Drucksache 18/6700

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Franosch“395

dd) Inhalt und Ergebnis der Besprechung mit der ZIT – Präsentation des Bundeskriminalamtes und Abspra-
chen, insbesondere zur Bildung von Kategorien

Die Operation „Selm“ wurde am 23. Juli 2012 durch die Zeuginnen Wiegand und Greiner mittels einer Power-

Point-Präsentation vorgestellt.396

aaa) Inhalt der Präsentation

Der dem Ausschuss vorliegenden Präsentation lässt sich entnehmen, dass dort jedenfalls die in den USA und in

Kanada jeweils gewählte Vorgehensweise in Bezug auf eine Beschränkung der Strafverfolgung auf einen Teil

der Besteller thematisiert wurde. So habe den Angaben in der Präsentation zufolge in den USA eine Beschrän-

kung auf die „schlimmsten“ fünf Filme und deren Käufer stattgefunden; in Kanada hätten sich die Ermittlungs-

behörden auf die „schlimmsten“ Kunden und die aktuellsten Verkäufe (ab 2010) konzentriert.397 Deutschland

betreffend ist in der Präsentation der Vorschlag enthalten, sich auf die Käufer der strafrechtlich relevanten Filme

zu konzentrieren; schätzungsweise betreffe dies fünf Prozent des vorliegenden Filmmaterials.398

Darüber hinaus enthielt die Präsentation Angaben zu Produzenten des vorliegenden Film- und Bildmaterials,

nämlich einem Produzenten, der aus dem Land Brandenburg stammte und einem Produzenten, der Filme und

Bildmaterial in Rumänien produziert hatte.399

bbb) Absprachen zur Kategorisierung des Video- und Bildmaterials

Teil der Besprechung war auch das Vorgehen bei der Kategorisierung des vorliegenden Film- und Bildmaterials.

Der Präsentation lässt sich entnehmen, dass die bei der Abgrenzung zwischen strafbarem und nicht strafbarem

Material zu nutzenden Kriterien anhand von beispielhaft vorgeführten Filmen erörtert wurden. Nach der im Juli

2012 geltenden Rechtslage war es für die Strafbarkeit eines Films, der Aufnahmen nackter Personen unter 14

Jahren (Kinder) enthielt, gemäß § 184b Abs. 1 StGB erforderlich, dass die Person eine „sexuelle Handlung“ (§

184g Nr. 1 StGB) vornahm, was im Einzelfall schwierig zu beurteilen sein konnte, insbesondere im Fall soge-

nannter Posing-Bilder, die dann strafbar waren (und bis heute sind), wenn die abgebildete Person (etwa auf

Weisung des Fotografen) aktiv eine bestimmte, die Geschlechtsmerkmale betonende Körperhaltung oder Posi-

tion eingenommen hat, nicht aber dann, wenn eine (z. B. beim Baden oder Spielen am FKK-Strand) natürliche

395 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 486, E-Mail des Zeugen Franosch an die Zeugin Wiegand vom 10. März 2014 11.13 Uhr.
396 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 39 ff., PowerPoint-Präsentation der Zeuginnen Greiner und Wiegand „Operation Selm“.
397 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 39 (47), PowerPoint-Präsentation der Zeuginnen Greiner und Wiegand „Operation Selm“.
398 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 39 (48), PowerPoint-Präsentation der Zeuginnen Greiner und Wiegand „Operation Selm“.
399 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 39 (60), PowerPoint-Präsentation der Zeuginnen Greiner und Wiegand „Operation Selm“.

Drucksache 18/6700 – 140 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Körperhaltung fotografiert wurde.400 Der Zeuge Franosch hat im Hinblick auf die Schwierigkeit der Abgrenzung

bekundet:

„[…] Also, diese trennscharfe Abgrenzung, strafbares Posing - das ist Kategorie 1 - und strafloses
FKK-Filmen, sage ich mal, oder Nudistenfilmen, das ist eine ganz schwierige Geschichte. Wenn Sie
100 Staatsanwälte fragen, kriegen Sie möglicherweise 85 verschiedene Antworten, weil das eben auch
im Auge des Betrachters liegt, und die Rechtsprechung gibt einem da wenig an die Hand. […]“401

Die Zeugin Greiner hat insoweit bekundet:

„[…] Es sollte in dem Telefonat ein Termin für eine persönliche Besprechung auch ausgemacht wer-
den. Das haben wir dann gemacht für den 23. Juli 2013. Persönlich deswegen ja auch, weil wir dann
das Beweismaterial - zumindest Beispielfilme und -fotos - mitgenommen haben, die für uns quasi die
Grenzfälle waren, und sie der ZIT dann auch tatsächlich vorgespielt haben und gesagt haben: Wir
würden es so oder so sehen. Wie seht ihr das? - Auch eben diese Begrifflichkeiten, KAT 1, KAT 2,
strafrechtlich nicht relevant. Das ist dann so in diesem Zusammenhang auch entstanden. Dann war
auch schnell klar, dass die ZIT noch weiteres Beweismaterial will. […]“402

Einem durch die Zeuginnen Wiegand und Greiner erstellten Vermerk über die Besprechung, der vom 24. Juli

2012 datiert, kann entnommen werden, dass das Beweismaterial komplett gesichtet und in zwei Kategorien ein-

gestuft werden sollte, und zwar:

„Kategorie 1 (KAT 1) – strafrechtlich relevant (Kategorie 11 – KIPO / Kategorie 12 – JUPO)

Kategorie 2 (KAT 2) – strafrechtlich nicht relevant“.403

Die Zeugin Wiegand hat hierzu bekundet:

„Wir haben uns dann mit der ZIT eben darauf geeinigt, dass es zwei Kategorien in der OP ‚Selm‘ gibt,
nämlich die Kategorie 1 ‚Kinder- und Jugendpornografie‘ und die Kategorie 2 ‚strafrechtlich nicht
relevantes Material‘. Wir hatten eben auch Beispielfilme mit hingenommen und sind diese Beispiel-
filme durchgegangen, anhand derer wir diese Kategorien gebildet haben. Wir sind dann zurückgekom-
men und hatten den Auftrag, uns das komplette Beweismaterial dahin gehend anzugucken, haben dann
Auswertevermerke erstellt.

Unsere erste Priorisierung war dann: Etwa die Hälfte der Beschuldigten hatte Produkte der Kategorie
1 bestellt. Das war unser erster Anfasser, dass wir erst mal das, was als kinderpornografisch eingestuft
wurde, abarbeiten. […]“404

Weiter hat die Zeugin Wiegand ausgeführt:

„Ja, wie gesagt, wir haben mit der ZIT Kriterien abgesprochen, haben uns einzelne Videos angeschaut,
dann zusammen mit der ZIT die einzelnen Videos kategorisiert und sind dann zurückgekommen und
haben anhand der Kriterien auch das restliche Beweismaterial kategorisiert. Man muss sagen, dass es
gerade in dem Verfahren schon schwierig war, diese Abgrenzung zu treffen, weil auch in Kategorie 1
jetzt kein schwerer sexueller Missbrauch in den Bildern gesteckt hat, sondern das waren auch Posing-

400 Gutachten Eisele, Nr. 1 b) aa), S. 4; Gutachten Renzikowski, Nr. 1 b), S. 4.
401 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 20.
402 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 28.
403 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 136 (137), Vermerk der Zeuginnen Wiegand und Greiner vom 24. Juli 2012 über die Besprechung am

23. Juli 2012.
404 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 48.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 141 – Drucksache 18/6700

Darstellungen. Da war die Grenze schon schwierig zu ziehen. Deswegen war auch diese enge Abstim-
mung mit der ZIT notwendig, dass die uns eben auch dabei helfen, das zu kategorisieren.“405

Zum Umgang mit den verschiedenen Kategorien durch Staatsanwaltschaften und Gerichte hat die Zeugin Grei-

ner bekundet:

„[…] Wir haben jetzt natürlich noch nicht so viele Rückmeldungen zu Kategorie-2-Fällen. Aber die,
die wir haben - und wir kriegen manchmal auch direkt Anrufe von Staatsanwaltschaften, weil die zum
Beispiel vielleicht noch Beweismaterial anfordern - , da war eben die Erfahrung, dass sie das ganz
unterschiedlich gesehen haben. Manche haben es strenger gesehen, manche haben es nicht so streng
gesehen. Manche haben KAT-1-Verfahren mit einschlägigen Vorerkenntnissen eingestellt. Manche
haben in KAT 2, nicht vollendete Bestellungen, Durchsuchungsbeschlüsse erlassen. Wie man es ja
manchmal auch denkt oder aus anderen Deliktbereichen kennt: Nord-Süd-Gefälle überhaupt nicht
feststellbar. Das, was wir feststellen konnten, war wirklich: Manchmal haben sie angerufen und ge-
sagt: ‚Das ist für mich eindeutig Kinderpornografie‘, was wir als KAT 2 hatten, und manchmal genau
in die andere Richtung. Das ist so die bisherige Erfahrung. Ich meine, das steht ihnen ja auch zu als
Staatsanwaltschaft und Gericht. Bei uns ist es ja quasi nur die polizeiliche Erstbewertung.”406

Der Zeuge Dr. Krause hat zu diesem Aspekt ausgeführt:

„[…] Weil es nach unserer oder meiner Erfahrung, insgesamt der Erfahrung der ZIT unterschiedliche
Auffassungen zur Bearbeitung solcher Verfahren bundesweit gibt. Auch in meiner kurzen Zeit der 13
Monate konnte ich feststellen, dass bei gewissen Staatsanwaltschaften die rechtliche Einordnung ganz
anders gesehen wurde. Es ist zum Beispiel so, dass wir Verfahren abgegeben haben der sogenannten
Kategorie 1, bei der wir die Kinderpornografie eindeutig bejaht haben, die aber von anderen Staatsan-
waltschaften mit der Begründung ‚Es liegt keine Kinderpornografie vor‘ eingestellt wurden. Das ist
üblich.”407

ccc) Absprachen zum Vorgehen im Hinblick auf die einzelnen Kategorien

Von der Frage der Kategorisierung zu trennen ist die Frage des weiteren Vorgehens, insbesondere in Fällen des

ausschließlichen Bezugs von nicht strafbarem Film- und Bildmaterial, wie dies bei den Sebastian Edathy betref-

fenden Erwerbsvorgängen gegeben war. In dieser Hinsicht ließ sich - wie dargestellt - der Präsentation der BKA-

Beamtinnen entnehmen, dass diese im Rahmen der Besprechung vorschlugen, sich auf Käufer, die strafrechtlich

relevantes Material erworben hatten, zu konzentrieren.

Dem durch die Zeuginnen Wiegand und Greiner am 24. Juli 2012 erstellten Protokoll lässt sich in dieser Hinsicht

folgende Vereinbarung zwischen Bundeskriminalamt und ZIT entnehmen:

„Bei Kunden mit mindestens einem KAT 1 - Produkt wird durch das BKA-SO12 / die ZIT ein Durch-
suchungsbeschluss angeregt und der Ermittlungsvorgang mit Durchsuchungsbeschluss an die zustän-
dige Staatsanwaltschaft übergeben.

Ausnahme bilden hier Kunden, die einschlägige Vorerkenntnisse haben und bei denen nach Tatzeit
bereits eine Durchsuchung stattgefunden hat. In diesen Fällen wird über die ZIT eine Abgabenachricht
ohne Durchsuchungsbeschluss an die zuständige Staatsanwaltschaft zur Kenntnisnahme übermittelt.

405 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 49.
406 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 37.
407 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 51.

Drucksache 18/6700 – 142 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bei den Kunden, die KAT 1 - Produkte erworben haben, kann bei der Abarbeitung priorisiert werden,
beispielsweise nach Kunden mit den meisten Bestellungen, mit den aktuellsten Bestellungen, mit ein-
schlägigen Vorerkenntnissen.

Bei Kunden, die ausschließlich KAT 2 - Produkte erworben haben, wird ein Anfangsverdacht durch
die ZIT zwar bejaht, allerdings werden hier keine Durchsuchungsbeschlüsse durch die ZIT beantragt.
Stattdessen sollen die Vorgänge nach Identifizierung des Tatverdächtigen mit einem ausführlichen
Vermerk, warum durch die ZIT ein Anfangsverdacht gesehen wird, an die örtlich zuständige StA ab-
gegeben werden. Die weitere Vorgehensweise bleibt der örtlichen Staatsanwaltschaft selbst überlas-
sen.“408

Die Zeugin Wiegand hat in dieser Hinsicht auf die Frage danach, ob es Überlegungen gab, in Fällen des Bezuges

von nicht strafbarem Material gar kein Ermittlungsverfahren einzuleiten, bekundet:

„[…] Ja, das waren möglicherweise Überlegungen ganz am Anfang. Aus meiner Erinnerung hat unsere
Referatsleitung dahin tendiert, also Herr Hoppe. Und in dem Gespräch mit der ZIT - - Die ZIT war da
aber anderer Meinung. Ich zum Beispiel, ehrlich gesagt, als Sachbearbeiter auch, und dann wurde
durch die ZIT entschieden, dass bei denen dieses abgestufte Verfahren ohne Durchsuchungsbeschluss-
anregung, aber mit Sachstandsbericht - - weil die ZIT diesen Anfangsverdacht bei KAT 2 sieht. Dazu
gibt es ja dann auch später einen ausführlichen Vermerk von der ZIT.“409

„[…] Aber wenn ich das jetzt so lese, gab es ganz am Anfang in meiner Erinnerung diese Diskussion,
also dass quasi Herr Hoppe gesagt hat, vielleicht bei KAT 2 eher gar nichts. Aber letztendlich waren
wir ja von unserer Staatsanwaltschaft abhängig, und die ZIT war da auch sehr klar. Wir als Sachbear-
beiter sind da eigentlich auch mitgegangen. So wurde das dann entschieden.“410

Der Zeuge Franosch hat hierzu bekundet:

„[…] Bei dieser Erstbesprechung wurde das Beweismaterial dann teilweise in Augenschein genom-
men. Die rechtliche Problematik hier lag darin, dass eben nicht alle Abnehmer Material bestellt hatten
und bezogen haben, welches nach unseren § 184 b oder auch 184 c als kinder- oder jugendpornogra-
fisch einzustufen war. Zum Teil handelte es sich um Filmaufnahmen, die eben kein Posing, das heißt,
kein betontes - - oder keine Einnahme einer geschlechtsbetonten Haltung beinhalteten, sondern letzt-
lich als sogenanntes Präferenzmaterial anzusehen waren, das heißt Filme ohne jede Handlung, ohne
jeden künstlerischen Wert, die nur aus einem Zweck erstellt werden, nämlich um als Masturbations-
vorlage für entsprechend veranlagte pädophile Abnehmer zu dienen.

Da war eben so die Frage: Wie geht man damit um? Wir vertreten in Hessen eigentlich schon lange
die Auffassung, dass für die Begründung des Anfangsverdachts es letztlich keine Rolle spielt, ob je-
mand explizit kinderpornografisches Material bezieht oder aber Material, welches eine entsprechende
sexuelle Präferenz erkennen lässt. Weil wir aus langjähriger kriminalistischer Erfahrung wissen, dass
es den Konsumenten, der nur legal Material bezieht, in der Praxis nicht gibt. Jedenfalls kenne ich das
nicht, habe ich in Ermittlungsverfahren noch nicht gehabt. Und demzufolge haben wir damals für
sämtliche zu diesem Zeitpunkt noch nicht identifizierten Abnehmer die Einleitung eines Ermittlungs-
verfahrens bejaht. […]“411

Franosch hat sodann ergänzt:

408 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 136 (137), Vermerk der Zeuginnen Wiegand und Greiner vom 24. Juli 2012 über die Besprechung am
23. Juli 2012.

409 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 30.
410 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 30 f.
411 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 8.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 143 – Drucksache 18/6700

„[…] Wir haben uns über Stunden die Filme angeguckt zusammen mit dem BKA, teilweise auch, um
eben zu gucken: Ist die Kategorisierung, so wie sie vom Bundeskriminalamt vorgenommen worden
ist - - Das sind sehr erfahrene Beamte. Wir haben jetzt nicht jeden einzelnen Film gesehen. Das ist
auch nicht notwendig. Denn das Referat SO 12 ist schon ausschließlich damit befasst. Wir haben das
sozusagen uns in Einzelfällen angeguckt, insbesondere in den Fällen, wo nach einer juristischen Ein-
schätzung noch mal nachgefragt worden ist.

Wir haben also in diesen Fällen, in denen Kategorie-1-Material bestellt worden war, Durchsuchungs-
beschlüsse erwirkt. Diese Durchsuchungsbeschlüsse sind für die Kollegen, wenn wir an Bundesländer
außerhalb Hessens abgegeben haben, nicht verbindlich. Das sind Durchsuchungsgestattungen, das
heißt, der übernehmenden Staatsanwaltschaft ist es in jedem Fall freigestellt, ob die Durchsuchungs-
gestattung umgesetzt wird. Es ist ja möglich, dass ein anderes Bundesland, ein anderer Staatsanwalt
außerhalb Hessens eine andere Einschätzung vornimmt, sei es der Verhältnismäßigkeit, sei es der
Stärke des Tatverdachts, sei es aber auch des Anfangsverdachts. Insofern bindet ein solcher Beschluss
nicht. Wir haben es aus Gründen der Arbeitserleichterung einfach vorgenommen, um eben auch Ver-
jährungen zu unterbrechen. In den Fällen, in denen das Material als Kategorie 2 einsortiert worden ist
oder eingeschätzt worden ist, haben wir davon abgesehen, entsprechende Beschlüsse zu erwirken.
Hintergrund dafür ist, dass es bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus diesem Jahr
oder bis zu diesen zwei Entscheidungen nicht ganz so unumstritten war, in welchen Fällen man den
Anfangsverdacht bejahen kann oder nicht. Da ist mir durchaus bekannt, dass es Kollegen außerhalb
Hessens gibt, die diesen Schritt, den wir gehen, nicht gegangen sind in der Vergangenheit. Da haben
wir dann eben gesagt, wir schreiben unsere Meinung in die Akten rein, dass wir den Anfangsverdacht
sehen, haben aber die Erwirkung der Beschlüsse dann jeweils den Kollegen in den anderen Bundes-
ländern überlassen. Von den Verfahren in Hessen haben wir einen kleinen Teil abgegeben. Die meis-
ten haben wir bei uns behalten, um dann entsprechend die Beschlüsse selber zu vollstrecken. - Das
war so der grobe Ablauf. […]“412

Der Zeuge Franosch hat darüber hinaus angeführt, dass es im Vorfeld einer Stellungnahme für das Bundesver-

fassungsgericht bei der hessischen Polizei seinerseits eine Abfrage gegeben habe. Im Hinblick auf die Frage, ob

es Fälle gebe, in denen eine Person lediglich nicht strafbares Material besessen hätte, könne man sagen:

„[…] Es ist in der Tat so, dass der prozentuale Anteil sich bei - keine Ahnung - 1 bis 2 Prozent bewegt,
wo das so ist. Ich habe tatsächlich in meiner Praxis noch nie einen Fall deswegen einstellen müssen.
[…]“413

ddd) Vorschlag zur Änderung des abgesprochenen Vorgehens bei Bezug von ausschließlich nicht strafrechtlich
relevantem Video- und Bildmaterial

Nachdem die Zeuginnen Greiner und Wiegand nach der Besprechung am 23. Juli 2012 der Absprache mit dem

Bundeskriminalamt gemäß mit der Kategorisierung der Filme und Bildersets begonnen und diese Arbeit Mitte

September 2012 abgeschlossen hatten,414 sendeten diese am 21. September 2012 insbesondere im Hinblick auf

das weitere Vorgehen in Fällen ausschließlichen Bezugs nicht strafrechtlich relevanten Bild- und Videomaterials

eine E-Mail an die ZIT, in der der Vorschlag unterbreitet wurde, in Fällen des ausschließlichen Bezugs straf-

rechtlich nicht relevanten Bild- und Videomaterials kein Ermittlungsverfahren einzuleiten.415 Die E-Mail war

dem Referatsleiter, dem Zeugen Hoppe, zuvor zugeleitet worden, der mit der Formulierung einverstanden

412 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 9 f.
413 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 16.
414 Siehe hierzu Zweiter Teil A.7.b).
415 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 166 f., E-Mail der Zeugin Wiegand an die ZIT vom 21. September 2012, 13.54 Uhr.

Drucksache 18/6700 – 144 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

war.416 An die E-Mail angehängt war eine vom 21. September 2012 datierende überarbeitete Version des Ver-

merks vom 24. Juli 2012 über die Besprechung mit der ZIT am 23. Juli 2012.417

Konkret heißt es in der am 21. September 2012 um 13.54 Uhr an die ZIT gesandten E-Mail unter anderem:

„Guten Tag,

anbei übermitteln wir das Protokoll zu unserem Treffen vom 23.07.2012 i. S. OP Selm. Es wurde
bereits durch die in der Zwischenzeit getätigten Abklärungen ergänzt.

BKA-SO12-interne Absprachen wurden gehalten.

KD Hoppe (L/SO12) ist mit der vereinbarten Vorgehensweise einverstanden.

Mittlerweile wurde das hier vorliegende Beweismaterial gesichtet und bewertet.

Demnach fallen

o 280 Produkte in die Kategorie 2 – strafrechtlich nicht relevant

o 33 Produkte in die Kategorie 11 – KIPO und

o 4 Produkte in die Kategorie 12 – JUPO.

Aufgrund der nun doch höheren Zahl der als relevant eingestuften Produkte besteht hier die Überle-
gung, ob man die – dann wahrscheinlich recht wenigen – Käufer, die ausschließlich nicht relevante
Produkte bestellt haben, nicht ganz außen vor lassen sollte und wir uns nur auf die Kunden, die min-
destens ein relevantes Produkt bestellt haben, konzentrieren sollten (mit Durchsuchungsbeschlussan-
regung).

Sollte die ZIT diesem Vorschlag zustimmen, müsste der entsprechende Abschnitt im Protokoll abge-
ändert werden:

,Bei Kunden, die ausschließlich KAT 2 – Produkte erworben haben, wird ein Anfangsverdacht (Besitz
Kinderpornographie) durch die ZIT zwar bejaht, allerdings werden hier keine Durchsuchungsbe-
schlüsse durch die ZIT beantragt. Stattdessen sollen die Vorgänge nach Identifizierung des Tatver-
dächtigen mit einem ausführlichen Vermerk, warum durch die ZIT ein Anfangsverdacht gesehen wird,
an die örtliche Staatsanwaltschaft abgegeben werden. Die weitere Vorgehensweise bleibt der örtlichen
Staatsanwaltschaft selbst überlassen.‘

stattdessen

‚Bei Kunden die ausschließlich KAT 2 – Produkte erworben haben, wird kein Ermittlungsverfahren
eingeleitet.‘“418

Seitens der ZIT erfolgte am 11. Oktober 2012 eine Reaktion auf dieses Ansinnen, zunächst telefonisch am 11.

Oktober 2012 und sodann mit Schreiben vom 12. Oktober 2012.

416 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 155 ff., E-Mail des Zeugen Hoppe an die Zeugin Wiegand (Cc. an die Zeugen Herb und Greiner und
an einen weiteren Beamten) vom 21. September 2012.

417 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 168 ff., Vermerk der Zeugin Wiegand vom 21. September 2012 über die Besprechung zwischen
Mitarbeitern des BKA und der ZIT am 23. Juli 2012.

418 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 166 f., E-Mail der Zeugin Wiegand an die ZIT vom 21. September 2012, 13.54 Uhr.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 145 – Drucksache 18/6700
Am 11. Oktober 2012 meldete sich Staatsanwältin Mand von der ZIT telefonisch bei der Zeugin Wiegand. Aus-

weislich des von der Zeugin Wiegand angelegten Telefonvermerks teilte Staatsanwältin Mand mit, dass an der

zunächst vereinbarten Vorgehensweise festgehalten werde. Es werde durch die ZIT zwar ein Anfangsverdacht

bejaht, jedoch würden keine Durchsuchungsbeschlüsse beantragt. Darüber hinaus habe Staatsanwältin Mand in

Aussicht gestellt, dass am Folgetag ein Schreiben übersandt werde, aus dem die Begründung des Anfangsver-

dachts für solche Fälle hervorgehe. 419

In einem Schreiben vom 12. Oktober 2012 an das Bundeskriminalamt wurde die Frage des Bestehens des An-

fangsverdachts durch Staatsanwältin Mand von der ZIT näher ausgeführt:

„In obiger Angelegenheit wird der Anfangsverdacht auch hinsichtlich der Personen bejaht, die es un-
ternahmen, sich Produkte der Kategorie 2 zu verschaffen, soweit diese Produkte unbekleidete Kinder
/ Jugendliche zeigen, ohne dass es jedoch zu sexuellen Handlungen kommt oder eine Fokussierung
auf den Genitalbereich gegeben ist.

Ein Tätigwerden der Strafverfolgungsbehörden setzt das Vorliegen zureichender tatsächlicher An-
haltspunkte für die Verwirklichung eines Straftatbestandes voraus, also konkrete Hinweise auf tat-
sächlicher, nachprüfbarer Grundlage, die darauf hindeuten, dass über die allgemein denkbare Mög-
lichkeit der Begehung einer Straftat hinaus eine nach materiellem Strafrecht tatbestandsmäßige sowie
rechtswidrige und schuldhafte Handlung begangen wurde. Sprechen lediglich Vermutungen dafür,
dass das Straftaten begangen worden sind, ist der Staatsanwaltschaft ein Tätigwerden noch nicht er-
laubt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 50. Auflage, § 152, Rdnr. 4). Bei der Beantwortung der Frage, ob
ein Verdacht ,zureicht‘, um anzunehmen, dass auch nach kriminalistischer Erfahrung eine verfolgbare
Straftat gegeben ist, steht der Staatsanwaltschaft ein Beurteilungsspielraum zu (BVerfG MDR 84, 284;
BGHNJW 89, 96, 97).

Im vorliegenden Fall waren auch die Produkte der Kategorie 2 nur gegen Zahlung eines entsprechen-
den Entgelts zu erhalten. Auch wenn in diesen Fällen der Pornographiebegriff der §§ 184b, 184c StGB
noch nicht erfüllt sein mag, spricht der (versuchte) Erwerb kostenpflichtiger Aktbilder von Kindern
und Jugendlichen dafür, dass bei dem Besteller eine pädophile Neigung besteht, aufgrund derer er die
jeweilige Handlung vornahm. Aufgrund kriminalistischer Erfahrung aus einer Vielzahl gleichgelager-
ter Fälle ist davon auszugehen, dass der jeweilige Besteller auch inkriminiertes Material besitzt.

Daher ist auch gegen die Besteller der Kategorie 2 ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.“420

Das Schreiben ging im Bundeskriminalamt am 16. Oktober 2012 ein und wurde am gleichen Tag von der Zeugin

Wiegand per E-Mail zunächst an den Zeugen Stahl und von diesem dann an den Zeugen Hoppe weitergeleitet.421

In der E-Mail des Zeugen Stahl an den Zeugen Hoppe heißt es:

„Anbei die Begründung der GStA FFM – ZIT zur Begründung des Anfangsverdachts.

Wenngleich die generelle Linie der GStA FFM – ZIT bereits aus der Besprechung (Referatsbesuch)
bekannt ist, so halte ich die Argumentation im konkreten Fall, insbesondere der Hinweis auf den kos-
tenpflichtigen Erwerb für nicht zwingend.

419 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 175 f., Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand über ihr Gespräch mit StAin Mand vom 11. Oktober 2012.
420 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 180 (181), Schreiben der ZIT (Staatsanwältin Mand) an das BKA (SO 12, KOK’in Wiegand) vom 12.

Oktober 2012; Hervorhebungen wie im Original.
421 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 180, E-Mail des Zeugen Stahl an den Zeugen Hoppe vom 16. Oktober, 17.29 Uhr und E-Mail der

Zeugin Wiegand an den Zeugen Stahl vom 16. Oktober 2012, 13.25 Uhr.

Drucksache 18/6700 – 146 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Vor dem Hintergrund der heute hier eingegangenen Begründung der GStA FFM – ZIT wurde auch in
der EPost an die LKÄ vom heutigen tage explizit unter Pkt 4 darauf verwiesen, dass es sich um die
Bewertung der GStA FFM – ZIT und nicht des BKA handelt.“422

Der Zeuge Franosch hat seine Ansicht bezüglich der Frage des Anfangsverdachts bei Bezug von Material der

Kategorie 2 folgendermaßen dargestellt:

„Es ist aus unserer Sicht völlig irrelevant, ob eine Person Kategorie 1 oder Kategorie 2 bestellt. Das
ist aus Sicht des Staatsanwalts am Beginn eines Ermittlungsverfahrens irrelevant. Weil Kategorie 2
bestellt keiner, der nicht pädophil ist. Ganz einfach. […]“423

„[…] Wir haben einfach gesagt: Es gibt Personen, die haben Material bestellt, das für sich genommen
nicht strafbar ist, aber als Präferenzmaterial jedenfalls den Schluss auf eine sexuelle Präferenz zu Kin-
dern zulässt. Und auf der anderen Seite gibt es Material, wo bereits durch das Bestellen der Straftat-
bestand der Eigenbesitzverschaffung von Kinderpornografie erfüllt ist, was für uns - ich sage es noch
mal - keinen Unterschied macht. Wir durchsuchen bei allen.“424

Der Zeuge Franosch hat hinzugefügt, man hätte das Material der Kategorie 2 besser als „Präferenzmaterial“

bezeichnen sollen:

„[…] Insofern, ich bereue heute wirklich, dass wir nicht von Anfang an in die Akte geschrieben haben
statt KAT 2 ,Präferenzmaterial‘. Dann hätte es das klarer gemacht. Wir reden von Präferenzmaterial.
[…] Aber wenn jemand einen 45-minütigen Film kauft, […] wo sich nackte Kinder Babyöl sonst wo
hinschmieren und sinnloses Zeug machen, wer so etwas kauft, da kann die Erfahrung schon sagen:
Das hat keinen anderen Sinn als sexuelle Stimulation. […]“425

eee) Absprachen bezüglich der Identifizierung der Tatverdächtigen

Im Hinblick auf die Identifizierung der Tatverdächtigen lässt sich dem Vermerk über die Besprechung am 23.

Juli 2012 Folgendes entnehmen:

„Die Tatverdächtigen werden zunächst über ihre angegebenen Daten (Name, Anschrift, Wohnort)
identifiziert. In Zweifelsfällen werden einzelfallbezogen alle weiteren vorliegenden Daten (Telefon-
nummer, E-Mail-Adresse) zur Verifizierung herangezogen. Parallel dazu soll über die ZIT ein staats-
anwaltschaftliches Auskunftsersuchen an die Kreditkartenorganisationen […] gerichtet werden, um
über die in den Zahlungsbelegen enthaltene Händler-ID (MID) die vollständigen Kreditkartendaten zu
allen deutschen Kunden zu erlangen.“426

fff) Weitere Absprachen - Aufgaben für SO 12

Aus dem durch die Zeuginnen Greiner und Wiegand am 24. Juli 2012 erstellten Vermerk lässt sich über die

Kategorisierung des Film- und Videomaterials und die hiermit verbundene jeweilige Vorgehensweise hinaus im

422 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 180, E-Mail des Zeugen Stahl an den Zeugen Hoppe vom 16. Oktober 2012, 17.29 Uhr.
423 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 17.
424 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 17.
425 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 23.
426 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 168 (169), Vermerk der Zeugin Wiegand vom 21. September 2012 über die Besprechung zwischen

Mitarbeitern des BKA und der ZIT am 23. Juli 2012.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 147 – Drucksache 18/6700
Hinblick auf weitere Absprachen entnehmen, dass das Bundeskriminalamt / SO 12 die folgenden weiteren Maß-

nahmen durchführen sollte:

„KREDITKARTEN:

Das BKA-SO12 soll sich informieren, ob es möglich ist, über die MID eine Anfrage an VISA/MAS-
TER CARD/AMEX zu halten und als Ergebnis alle deutschen Personen mitgeteilt zu bekommen, die
im fraglichen Zeitraum entsprechende Umsätze zu verzeichnen haben.

Das staatsanwaltschaftliche Auskunftsersuchen würde dann direkt durch die ZIT an VISA/MASTER
CARD/AMEX gestellt werden.

Telefonische Nachfrage bei SO 33/ WPD am 24.07.2012 ergab, dass nach dortigem Kenntnisstand
solche Anfragen möglich sind, Erfahrungswerte bestehen dort zu dieser Problematik noch nicht.

RÜCKFRAGEN AN KANADA:

In Kanada soll Rückfrage gehalten werden, welche Vorschaumöglichkeiten der Besteller im Einzelnen
hatte (Bilder, Inhaltsangabe etc.).

Des Weiteren bittet die ZIT, bei den kanadischen Behörden die Anklageschrift / das Urteil zum Er-
mittlungsverfahren gegen den Firmeninhaber anzufordern.

Der E-Mail-Verkehr soll in Deutschland nicht ausgewertet werden (es sei denn, ein Tatverdächtiger
beruft sich z. B. auf für ihn entlastende Momente im entsprechenden E-Mail-Verkehr). Eine Übersen-
dung mittels Datenträger an die ZIT wäre jedoch wünschenswert.

BEWEISMATERIAL:

Die ZIT bittet darum, BKA-intern abklären zu lassen, ob eine Möglichkeit der Komprimierung des
Beweismaterials besteht, damit jeder Akte die jeweils gekauften Produkte auf DVD beigefügt werden
können. Hierzu werden entsprechende Abklärungen durchgeführt.

PRODUZENTEN:

Der ZIT wurde zugesagt, die Urteile zu (geschwärzt) und (geschwärzt) zu übermitteln. Die Urteile zu
(geschwärzt) wurden am 24.07.2012 bereits übermittelt. Die Übersetzung des Urteils zu (geschwärzt)
wurde bereits durch SO 12 beim Bundessprachenamt in Auftrag gegeben und wird sobald vorliegend
an die ZIT übermittelt. Die darin enthaltenen Erkenntnisse sollen zur Untermauerung der Begründung
des Anfangsverdachts in den zu fertigende Einleitungsvermerk einfließen.

Zusammenfassung

Es wurde vereinbart, dass zunächst sowohl BKA / SO12-intern als auch StA-intern über die o. g.
Vorgehensweise diskutiert werden soll (Anmerkung: OStA May befindet sich für drei Wochen im
Urlaub).

Durch das BKA soll vorab mit der Sichtung und Kategorisierung des Beweismaterials begonnen wer-
den. Des Weiteren sollen die noch offenen Fragen geklärt werden.“427

427 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 136 (138 f.), Vermerk der Zeuginnen Wiegand und Greiner vom 24. Juli 2012 über die Besprechung
am 23. Juli 2012.

Drucksache 18/6700 – 148 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

d) Besprechung mit der ZIT am 9. Januar 2013

Am 9. Januar 2013 fand bei der ZIT in Gießen eine zweite Besprechung statt, an der seitens des Bundeskrimi-

nalamtes die Zeuginnen Wiegand und Greiner, seitens der ZIT die Zeugen Franosch und Dr. Krause teilnahmen.

In diesem Treffen ging es ausweislich des durch die Zeuginnen Wiegand und Greiner verfassten Protokolls unter

anderem um den Umgang mit den vorliegenden Beweismitteln, die Problematik, dass bezüglich bestimmter

Bestellvorgänge keine Beweismittel vorlagen, um den Umgang mit Vorgängen der Kategorie 2, um Verjäh-

rungsfragen sowie um eine durch die kanadischen Behörden bereits für das Frühjahr 2013 geplante Pressekon-

ferenz.428

Bezüglich des Umgangs mit Bestellungen, die lediglich Produkte der Kategorie 2 betrafen, findet sich im Pro-

tokoll die folgende Ausführung:

„2. KAT 2- Bestellungen

Bei Beschuldigten, die ausschließlich Produkte der KAT 2 bestellt haben, fertigt SO 12, statt einer
Durchsuchungsbeschlussanregung einen Sachstandsbericht, in dem unter Punkt 6 noch einmal auf die
Begründung des Anfangsverdachts auch bei diesen Kunden durch die ZIT hingewiesen wird. Die ZIT
weist darauf im entsprechenden Abgabevermerk an die örtliche Staatsanwaltschaft zusätzlich noch
einmal deutlich hin.“429

Zudem erfolgte eine Absprache im Hinblick auf die den einzelnen Vorgängen beizulegenden Beweismittelda-

tenträger. Hierzu heißt es in dem Protokoll:

„1.2. Inhalt der Beweismitteldatenträger

Die Beweismitteldatenträger (DVDs bzw. USB-Sticks – je nach Datenmenge) beinhalten:

o alle von den jeweiligen Kunden bestellten Produkte, die als kinder- bzw. jugendpornografisch
eingestuft wurden, in kompletter Form

o zu allen bestellten und als strafrechtlich nicht relevant eingestuften Produkten genügt es, die
durch SO 12 gefertigten Auswertevermerke auf den Datenträger zu überspielen (PDF-Format)

o alle relevanten Bestellformulare im html-Format (so aus Kanada angeliefert)

o in Ausnahmefällen Excel-Liste der Download-Logs (falls zu umfangreich)“430

Im Hinblick auf die in Kanada geplante Pressemitteilung enthält das Protokoll den folgenden Passus:

„8. Geplante Presseveröffentlichung der Kanadier im Frühjahr 2013:

428 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 317 ff., Vermerk der Zeugin Wiegand über die Besprechung zwischen dem BKA - SO 12 - und der
Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main - ZIT - vom 9. Januar 2013.

429 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 317 (319), Vermerk der Zeugin Wiegand über die Besprechung zwischen dem BKA - SO 12 - und der
Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main - ZIT - vom 9. Januar 2013.

430 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 317 (318), Vermerk der Zeugin Wiegand über die Besprechung zwischen dem BKA - SO 12 - und der
Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main - ZIT - vom 9. Januar 2013.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 149 – Drucksache 18/6700

Die ZIT wurde über die Unterrichtung durch die kanadischen Behörden in Kenntnis gesetzt, dass dort
für Frühling 2013 eine Presseveröffentlichung zum Projekt ‚Spade‘ geplant sei. Den kanadischen Be-
hörden soll mitgeteilt werden, dass sich Deutschland noch am Beginn der operativen Maßnahmen
befindet und eine Presseveröffentlichung zu diesem Zeitpunkt eher schädlich für das hiesige Verfahren
sei. Demnach soll zumindest darauf hingewirkt werden, dass eine Beteiligung Deutschlands nicht ex-
plizit angesprochen wird. Eine Presseveröffentlichung in Deutschland zur OP Selm soll nach Abgabe
aller Verfahren herausgegeben werden, dann auch bereits mit ersten Ergebnissen.“431

7. Ablauf der Ermittlungen im Rahmen der Operation „Selm“ nach der Besprechung mit der Generalstaats-
anwaltschaft Frankfurt a. M. (ZIT) am 23. Juli 2012

a) Organisation des grundsätzlichen Vorgehens, insbesondere Erstellung der Einzelakten

aa) Entwurf von Blankoakten

Durch die Zeugin Wiegand wurden bis zum 9. November 2012 für die verschiedenen Fallkonstellationen Muster

(Blankoakten) entworfen, und zwar für die folgenden Konstellationen:

- Vollendete Bestellungen von Material der Kategorie 1432

- Nicht vollendete Bestellungen von Material der Kategorie 1433

- Nicht vollendete Bestellungen von Material der Kategorie 1 und vollendete Bestellungen von Material

der Kategorie 2434

- Vollendete Bestellungen von Material der Kategorie 2435

- Vollendete Bestellungen von Material der Kategorie 1 bei in anderen Ermittlungsverfahren bereits er-

folgten Durchsuchungen nach der Tatzeit436

- Vollendete Bestellungen von Material der Kategorie 2 bei in anderen Ermittlungsverfahren bereits er-

folgten Durchsuchungen nach der Tatzeit437

Die Entwürfe der in den Musterakten enthaltenen Dokumente (Strafanzeige, Einleitungsvermerk nebst einer

Anlage, Durchsuchungsbeschlussanregung, Rückmeldebogen) wurden am 9. November 2012 per E-Mail durch

431 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 317 (320), Vermerk der Zeugin Wiegand über die Besprechung zwischen dem BKA - SO 12 - und der
Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main - ZIT - vom 9. Januar 2013; vertiefend im Hinblick auf die geplante Pressemitteilung der kanad-
sichen Behörden siehe Zweiter Teil A.8.b), insbesondere aaa).

432 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 85, Bl. 2 f., Blankoakten für Bestellungen von Material der Kategorie 1 (vollendet).
433 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 85, Bl. 25 f., Blankoakten für Bestellungen von Material der Kategorie 1 (nicht vollendet).
434 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 85, Bl. 44 f., Blankoakten für Bestellungen von Material der Kategorie 1 (nicht vollendet) und der Kategorie 2

(vollendet).
435 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 85, Bl. 84 f., Blankoakten für Bestellungen von Material der Kategorie 2 (vollendet).
436 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 85, Bl. 106 ff., Blankoakten für Bestellungen von Material der Kategorie 2 (nicht vollendet).
437 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 85, Bl. 113 f. und Bl. 127 f., Blankoakten für Bestellungen von Material der Kategorie 1 bzw. 2 im Falle von

nach der Tatzeit bereits durchgeführten Durchsuchungsmaßnahmen.

Drucksache 18/6700 – 150 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

die Zeugin Wiegand an die E-Mail-Adresse der ZIT gesandt.438 Mit einer durch den Zeugen Franosch gezeich-

neten E-Mail vom 10. Dezember wurden der durch die ZIT überarbeitete Muster-Einleitungsvermerk sowie die

ebenfalls überarbeitete Muster-Strafanzeige an die Zeugin Wiegand zurückgesandt.439 Der so überarbeitete Ein-

leitungsvermerk wurde für sämtliche der genannten Konstellationen mit Ausnahme von Fällen nicht vollendeter

Bestellungen von Material der Kategorie 2 und von Fällen bereits durchgeführter Durchsuchungen (in anderen

Ermittlungsverfahren) bei Bestellungen von Material der Kategorie 2 genutzt.440 Die Überarbeitung durch die

ZIT betraf im Wesentlichen die Abschnitte, in denen es um die Begründung des Anfangsverdachts bei Bezug

von Material der Kategorie 1 und der Kategorie 2 ging. Im Hinblick auf den Anfangsverdacht bei Bezug von

Material der Kategorie 1 wurde folgender Abschnitt eingefügt:

„Zudem ist zu erwarten, dass das kostenpflichtig erworbene, exklusive Material durch die pädophilen
Täter dauerhaft als Masturbationsvorlage verwahrt wird. Weiterhin besteht aus kriminalistischer Sicht
Grund zu der Annahme, dass die pädophilen Täter Material auch aus anderen Quellen des Internets
bezogen haben. Zahlreiche Ermittlungsverfahren haben gezeigt, dass die Täter sich kinderpornografi-
sches Material auf jede ihnen bekannt werdende und mögliche Weise verschaffen. Selbst wenn also
die ursprünglich verschafften Dateien nicht mehr vorhanden sein sollten, ist es höchstwahrscheinlich,
dass danach andere kinderpornografische Dateien bezogen wurden, denn eine einmal vorhandene pä-
dophile sexuelle Neigung, die den Auslöser für den Erwerb des Materials darstellt, bleibt vorhanden
und treibt die Täter immer wieder zu neuen Taten.“441

Im Hinblick auf den Anfangsverdacht bei Bezug von Material der Kategorie 2 war im Entwurf von SO 12 zu-

nächst beabsichtigt, bezüglich der Begründung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main auf eine An-

lage zum Einleitungsvermerk zu verweisen. Durch die ZIT wurde der Begründungstext hierfür jedoch in den

Einleitungsvermerk - als Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft kenntlich gemacht - mit aufgenommen. Hierin

heißt es unter anderem:

„Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Verdacht ‚zureicht‘, um anzunehmen, dass nach kriminalis-
tischer Erfahrung eine verfolgbare Straftat gegeben ist, steht der Staatsanwaltschaft ein Beurteilungs-
spielraum zu (BVerfG MDR 84, 284; BGH NJW 89, 96, 97).

Im vorliegenden Fall waren auch Produkte der Kategorie 2 nur gegen Zahlung eines entsprechenden
Entgeltes zu erhalten. Auch wenn in diesen Fällen der Pornographiebegriff der §§ 184b, 184c StGB
noch nicht erfüllt sein mag, spricht der (versuchte) Erwerb kostenpflichtiger Aktbilder von Kindern
und Jugendlichen dafür, dass bei dem Besteller eine pädophile Neigung besteht, aufgrund derer er die
jeweilige Handlung vornahm. Aufgrund kriminalistischer Erfahrung aus einer Vielzahl gleichgelager-
ter Fälle ist davon auszugehen, dass der jeweilige Besteller auch inkriminiertes Material besitzt.“442

438 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 252 f., E-Mail der Zeugin Greiner an die ZIT vom 12. November 2012, 11.01 Uhr, mit dem Betreff:
„OP Selm – 60 UJs 50072/12 ZIT“.

439 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 289 ff., E-Mail der ZIT an die Zeugin Wiegand und die Zeugin Greiner im Cc vom 10. Dezember
2012, 12.32 Uhr, mit dem Betreff: „AW: OP Selm – weitere Fragen“.

440 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 85, Bl. 4 ff.; 27 ff.; 46 ff.; 64 ff.; 86 ff.; 115 ff., Einleitungsvermerke in Blankoakten bzgl. sämtlicher Konstel-
lationen.

441 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 289 ff.; 292 (294 f.), Vermerk von SO 12, datierend auf den 9. November 2012, als Anhang einer E-
Mail der ZIT an die Zeugin Greiner vom 10. Dezember 2012, 12.32 Uhr.

442 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 289 ff.; 292 (295 f.), Vermerk von SO 12, datierend auf den 9. November 2012, als Anhang einer E-
Mail der ZIT an die Zeugin Greiner vom 10. Dezember 2012, 12.32 Uhr.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 151 – Drucksache 18/6700

bb) Ermittlungsmaßnahmen durch das Bundeskriminalamt - Identifizierung der Besteller

Vor dem Hintergrund der bereits dargestellten Absprachen mit der ZIT bezüglich der Identifizierung der Bestel-

ler443 oblag es dem Bundeskriminalamt, diese Maßnahmen vorzubereiten und durchzuführen, was insbesondere

mittels der Erkenntnisanfragen bei den Bundesländern444 sowie durch die Ermittlungen bei den Kreditkartenun-

ternehmen445 erfolgte.446 Im Hinblick auf die Bestandsdatenabfrage bezüglich der aus Kanada übermittelten E-

Mail-Adressen der Besteller wurde in der Besprechung am 9. Januar 2013 festgelegt, dass Bestandsdaten hier

nicht generell erhoben werden sollen, „sondern nur dann, wenn anderweitig keine eindeutige Identifizierung des

Beschuldigten möglich“ sei.447

cc) Aufwand bei der Erstellung der Einzelakten

Den Aufwand bei der Erstellung der Einzelakten hat die Zeugin Wiegand folgendermaßen beschrieben:

„Ja, das ist ganz schwierig, das zu sagen, weil es in jedem Fall anders war. Insbesondere, was die
ersten Akten anging, die Kategorie-1-Akten, war es wahnsinnig umfangreich, weil man wirklich auch
gesehen hat, dass bei diesen Kategorie-1-Bestellern viele waren, die hatten an die 70, 80 Bestellungen.
Das ist es einfach auch ein Mehraufwand gewesen. Es mussten die einzelnen Bestellformulare ausge-
druckt werden. Wenn Kreditkarten dazu da lagen, mussten wir auch nachvollziehen, ob die Kreditkar-
ten zu den einzelnen Bestellungen passten. Es mussten Beträge umgerechnet werden. Bei so einer
Kategorie-1-Akte mit ganz vielen Bestellungen hat zum Beispiel auch das Brennen des Beweismate-
rials wahnsinnig lange gedauert; weil das waren sehr, sehr große Daten. Bei den Kategorie-1-Materi-
alien haben wir die kompletten Film- oder Fotomaterialien auch eben auf Sticks, die wir extra dafür
beschafft haben. Teilweise ist so ein Stick dann über die ganze Nacht gelaufen, bis das Beweismaterial
dafür zusammengestellt war.

Was jetzt zum Schluss die Kategorie-2-Akten und weniger Bestellungen - - Da war eine Akte dann
auch mal in einer Stunde fertig. Aber, wie gesagt, die anfänglichen ganz vielen Bestellungen, das hat
schon viel Zeit in Anspruch genommen.“448

Um zu prüfen, wie die einzelnen Bundesländer mit der Kategorisierung weiter umgegangen seien, habe man, so

die Zeugin Greiner, den erstellten Akten Rückmeldebögen beigefügt:

„[…] Wir haben in jeder Akte Rückmeldebögen - das ist auch so vorgesehen in Umfangsverfahren,
für die Polizeibehörden dann aber -, wo dann auch verschiedene Frage noch mal drauf sind zum An-
kreuzen, damit wir von den Polizeibehörden eigentlich direkten Rücklauf bekommen, weil es für uns
natürlich schon wichtig ist, diese Rückläufe aus den Ländern zu bekommen, weil solch ein Umfangs-
verfahren ja auch Möglichkeiten bietet, ein bisschen mehr über den Phänomenbereich zu erfahren,
und eben auch, um zu erfahren: Wie sind die Länder jetzt mit der Kategorisierung weiter umgegangen?

443 Siehe hierzu bereits Zweiter Teil A.6.c)dd)eee); MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 168 (169), Vermerk über die Besprechung zwischen
Mitarbeitern des BKA und der ZIT am 23. Juli 2012 vom 21. September 2012.

444 Siehe hierzu eingehend Zweiter Teil A.7.c)bb), insbesondere bb).
445 Siehe hierzu eingehend Zweiter Teil A.7.d).
446 Zum geplanten weiteren Vorgehen: MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 25 ff., EPOST-Nachricht vom 16. Oktober 2012, 15.45 Uhr, an

„alle lka (Ansprechstellen Kinderpornografie)“.
447 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 317 (319), Vermerk der Zeugin Wiegand über die Besprechung zwischen dem BKA - SO 12 - und der

Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main - ZIT - vom 9. Januar 2013
448 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 58.

Drucksache 18/6700 – 152 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Denn letztendlich obliegt es ja den Staatsanwaltschaften und den Gerichten, zu sagen: Das ist für uns
Kinderpornografie und das nicht.“449

b) Maßnahmen bezüglich des Filmmaterials

aa) Auswertung der Filme / Bilderserien

Nach der Besprechung bei der ZIT am 23. Juli 2012 begann im Bundeskriminalamt die Auswertung der dort

vorliegenden Filme und Bilderserien.450 Zu jedem Produkt wurden die ermittelbaren Informationen dargestellt,

wie beispielsweise die Gesamtdauer des Films, das Datum der Sichtung, die Anzahl der Darsteller, deren ge-

schätztes Alter und ihr im Film genannter Name, das vermutete Aufnahmedatum, die Sprache, die im Film auf-

tauchenden Örtlichkeiten, der vermutete Produzent und Drehort. Zudem wurde dargestellt, ob auch eine dem

Film entlehnte Bilderserie existiert und es wurden exemplarisch einzelne Filmszenen dargestellt, insbesondere

diejenigen, die zur Einordnung des Films in die jeweiligen Kategorien entscheidend waren.451

Jedenfalls am 21. September 2012 war die Sichtung und Einkategorisierung abgeschlossen.452

bb) Erkenntnisse des Bundeskriminalamtes zu Produzenten und Darstellern in den über Azov vertriebenen
Filmen

Aus einem Vermerk der Zeuginnen Greiner und Wiegand vom 8. November 2012 ergibt sich im Hinblick auf

die Produzenten der Filme und Bilderserien, dass vier deutsche Produzenten, 15 vermutlich nichtdeutsche Pro-

duzenten und sechs Filme bzw. Filmserien ohne Produzentenangabe, jedoch mit vermutetem Deutschlandbezug

in dem Beweismaterial der Operation „Selm“ enthalten waren.453

Exemplarisch seien hierbei die nachfolgend genannten Produzenten herausgegriffen:

aaa) Peter P. Productions

Von diesem Produzenten wurden durch das Bundeskriminalamt insgesamt 52 Produkte kategorisiert. Hiervon

fielen 28 unter die Kategorie 1.1 - Kinderpornographie, zwei unter die Kategorie 1.2 - Jugendpornographie und

22 unter die Kategorie 2 - strafrechtlich nicht relevant. Die strafrechtlich relevanten Produkte stammten zum

449 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 28 f.
450 Wenige Produkte waren bereits vor der Besprechung am 23. Juli 2012 ausgewertet worden, um die Besprechung vorzubereiten, vgl. exemplarisch

MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 71, Bl. 9 ff., bzgl. des Films „B[…] “; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 39 ff., 49 ff., Präsentation
„Operation Selm“.

451 Exemplarisch: MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 71, Bl. 9 ff., bzgl. des Films „B[…]“; die Auswertungsvermerke lagen dem Untersuchungsaus-
schuss ohne die dazugehörigen Abbildungen vor und finden sich in MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 71 bis 74.

452 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 158 f., E-Mail der Zeugin Wiegand an den Zeugen Hoppe vom 21. September 2012, 12:00 Uhr, mit
dem Betreff: „OP SELM – Protokoll zur Besprechung am 23.07.2012 sowie Fragen zur weiteren Vorgehensweise“.

453 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 70, Bl. 275 ff., Vermerk SO 12 zur Auswertung zu den „Produzenten und Darstellern des Beweismaterials sowie
zu dem Firmeninhaber“ vom 8. November 2012.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 153 – Drucksache 18/6700
größten Teil aus der „Boy Fights“-Serie. Bei dem Produzenten handelt es sich um einen deutschen Staatsange-

hörigen, der den Ermittlungen zufolge in Rumänien leben soll. Im Dezember 2010 wurde er dort wegen Herstel-

lung von Kinderpornografie zu drei Jahren Haft verurteilt und wurde in Rumänien inhaftiert. Aus der dem Bun-

deskriminalamt vorliegenden deutschen Arbeitsübersetzung des Urteils des rumänischen Gerichts geht hervor,

dass der Produzent gemeinsam mit einer anderen Person zwischen 2007 und 2010 in Rumänien pornograpfische

Filme, in denen Minderjährige gezeigt wurden, herstellte. Im Jahr 2008 wurde er von der Firma Azov Films

beauftragt, Filme mit entkleideten Minderjährigen herzustellen und zu übersenden. Daraufhin habe er Filme

hergestellt, in denen Minderjährige teilweise den Sexualakt gemimt hätten. Für jeden Film soll er zwischen 1.000

und 3.000 kanadische Dollar (CAD) erhalten haben. Aussagen der Opfer ließe sich entnehmen, dass diese teil-

weise durch den Produzenten bedroht worden seien und angewiesen wurden, ihren Eltern nichts zu berichten.

Andere Opfer hätten berichtet, dass der Produzent Ausflüge in andere Städte organisiert habe. Die Eltern hätten

hierzu die Erlaubnis erteilt, weil er als Grund die Teilnahme an Karateveranstaltungen und -wettbewerben an-

gegeben habe.454

bbb) Produzent aus dem Bundesland Brandenburg

Die in der Operation „Selm“ vorliegenden 36 Produkte dieses Produzenten wurden durch das Bundeskriminal-

amt alle als strafrechtlich nicht relevant eingestuft.

Der Produzent war in den Jahren 1991 und 2002 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Herstellung

kinderpornografischer Schriften rechtskräftig zu Freiheitsstrafen verurteilt worden. Bei Ermittlungsverfahren in

2002 und 2009 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern konnte kein Tatnachweis geführt werden. Am 21.

Januar 2011 wurde der Produzent durch das Landgericht P. wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tat-

einheit mit der Verbreitung kinderpornografischer Schriften zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn

Monaten verurteilt. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil später auf. Hintergrund des Verfahrens war die Her-

stellung von neun Filmen der sogenannten „Infrarot“-Serie, die bereits im Jahr 2008 bei einer Durchsuchung in

T. sichergestellt worden waren. Diese waren zwischen 2000 und 2002 auf dem Gartengrundstück des Produzen-

ten hergestellt worden und enthielten eindeutig kinderpornografisches Material. Die über die Firma Azov ver-

triebenen Filme sind derart geschnitten, dass sie keine sexuellen Handlungen zeigen. Diese Filme verkaufte der

Produzent an eine Firma in L., deren Inhaber nach Ermittlungen der kanadischen Polizei in direktem Kontakt zu

Azov Films stand. 455

454 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 70, Bl. 275 (276 ff.), Vermerk SO 12 zur Auswertung zu den „Produzenten und Darstellern des Beweismaterials
sowie zu dem Firmeninhaber“ vom 8. November 2012.

455 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 70, Bl. 275 (280 ff.), Vermerk SO 12 zur Auswertung zu den „Produzenten und Darstellern des Beweismaterials
sowie zu dem Firmeninhaber“ vom 8. November 2012.

Drucksache 18/6700 – 154 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

c) Zusammenarbeit mit Behörden der Bundesländer bei den Ermittlungen

aa) Ankündigung der Operation „Selm“ am 16. Oktober 2012

Am 16. Oktober 2012 wurden sämtliche Ansprechstellen für Kinderpornografie der Landeskriminalämter durch

das Bundeskriminalamt mittels EPost-Nachricht über die Operation „Selm“ informiert. In der EPost-Nachricht

wurden der Sachverhalt, der Hintergrund der Operation „Selm“, die bisherigen Auswerteergebnisse (unter an-

derem die Anzahl der Verdächtigen und das System der Kategorisierung des Materials) sowie das geplante wei-

tere Vorgehen auf drei Seiten dargestellt. Eine Identifizierung der Tatverdächtigen solle mithilfe der Ansprech-

stellen Kinderpornografie der Landeskriminalämter über die in der Kundendatenbank eingetragenen Personal-

und Adressdaten erfolgen. Parallel dazu werde geprüft, ob über die beim Betreiber der Webseite sichergestellten

Kontounterlagen weitere Erkenntnisse gewonnen werden könnten. Zuletzt wurde angekündigt, dass in den kom-

menden Monaten vermehrt mit Erkenntnisanfragen seitens des Bundeskriminalamtes zu rechnen sei und dass

der Sachverhalt nicht pressefrei sei.456

bb) Erkenntnisanfragen im Einzelnen

aaa) Erkenntnisanfrage vom 2. November 2012

Die erste Erkenntnisanfrage erfolgte dann bereits kurz darauf, und zwar am 2. November 2012. Beigefügt war

eine Tabelle, die aus der Kundendatenbank ersichtliche Daten von insgesamt 444 Bestellern enthielt. 457

In der E-Mail, bei der die Adressangaben der Empfänger Rückschlüsse auf die für Kinderpornografie zuständi-

gen Dienststellen aller 16 Bundesländer zulassen, heißt es:

„Betreff: OP SELM – Verdacht auf Erwerb und Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im In-
ternet V 2011 – 001143 […]

Hier:

Erste Erkenntnisanfrage zu tatverdächtigen Personen (KAT 11 – KIPO)

Bezug:

Hiesige EPost-Nachricht vom 16.10.2012 (…)

Auf Grund der Excel-Tabelle in der Anlage wird das Ersuchen per E-Mail versendet.

1.

456 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 25 ff., EPOST-Nachricht vom 16. Oktober 2012, 15.45 Uhr an „alle lka (Ansprechstellen Kinderpor-
nografie)“.

457 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 37 ff., E-Mail der Zeugin Wiegand an 16 Empfänger aus allen Bundesländern vom 2. November 2012,
14.05 Uhr.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 155 – Drucksache 18/6700

Unter Bezugnahme auf den mit o. g. EPost-Nachricht übermittelten Grundsachverhalt bitten wir um
Mitteilung folgender Informationen zu in Ihrem Bundesland ermittelten Tatverdächtigen, die mindes-
tens ein Produkt der ‚Kategorie 1 – strafrechtlich relevant – Unterkategorie 11 – KIPO‘ erworben
haben:

o vollständige Personalien

o polizeiliche Erkenntnisse

o Erkenntnisse zu weiteren in diesem Haushalt lebenden Personen.

Zudem wird – insbesondere zur Vorbereitung der Durchsuchungsbeschlüsse – um Übermittlung

o aller aktuell gemeldeten / bekannten Wohnsitze des Tatverdächtigen,

o des genauen Termins der letzten Durchsuchung, falls bei dem Tatverdächtigen bereits Durch-
suchungen stattgefunden haben (relevant ist der Zeitraum ab 2005) sowie

o der jeweils zuständigen Staatsanwaltschaft

gebeten.

2.

Aus der Excel-Liste in der Anlage gehen auch die durch die Personen genutzten E-Mail-Adressen
hervor. Es wird um Mitteilung ersucht, ob zu den jeweiligen E-Mail-Adressen Informationen, z. B.
aus bereits anhängigen Ermittlungsverfahren vorliegen. (Anmerkung: Eine Inpol-Abfrage ist bereits
von hier erfolgt, eine Bestandsdatenabfrage beim Provider erfolgt bei Bedarf ebenfalls von hier).

Bei Rückantwort wird um Angabe der jeweiligen Vorgangsnummer zur Person gebeten, damit eine
Zuordnung erfolgen kann.

Bitte nicht an die Personen herantreten.“458

Bezüglich des Landes Niedersachsen erfolgte der Versand an die Adresse „[…]@lka.polizei.niedersach-

sen.de“.459

Die Zeugin Wiegand hat dazu, wie die Erkenntnisanfragen durch die Bundesländer bearbeitet werden, die fol-

genden Angaben gemacht:

„Und dann muss aber das LKA letzten Endes entscheiden - das ist auch bei jedem LKA unterschiedlich
-, inwiefern die das dann eben an die PDen steuern oder direkt an die örtliche Polizei. Das wird ganz
unterschiedlich gehandhabt.

[…]

458 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 37 f., E-Mail der Zeugin Wiegand an 16 Empfänger aus allen Bundesländern vom 2. November 2012,
14.05 Uhr.

459 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 37 f., E-Mail der Zeugin Wiegand an 16 Empfänger aus allen Bundesländern vom 2. November 2012,
14.05 Uhr.

Drucksache 18/6700 – 156 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Das geben wir nicht vor, nein.“460

bbb) Erkenntnisanfrage vom 15. Oktober 2013

Die zweite Erkenntnisanfrage vom 15. Oktober 2013 wird ausführlich unten im Abschnitt A. V. 2. dargestellt.

d) Ermittlungen bei Kreditkartenunternehmen

aa) Beginn der Ermittlungen bei Kreditkartenunternehmen im Januar 2013

Die im Rahmen der Operation „Selm“ bei zahlreichen Kreditkartenunternehmen geführten Ermittlungen began-

nen Anfang Januar 2013.461 Durch SO 12 wurden hierbei die gängigen Kreditkartenunternehmen in Deutsch-

land462 mittels eines bereits im Oktober 2012 durch die Zeugin Wiegand entworfenen Schreibens463 angeschrie-

ben. Das Schreiben, das zunächst im Bundeskriminalamt einem Kollegen der Zeugin Wiegand aus dem Referat

SO 12,464 danach - im November 2012 - dann auch der ZIT465 zur Durchsicht übersandt worden war, trug -

ebenfalls in Absprache mit der ZIT - den Briefkopf der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, als Kon-

taktanschrift war jedoch „c/o BKA, SO 12“ und die Anschrift des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden angege-

ben worden.466

Nachdem Anfang Januar 2013 zahlreiche Kreditkartenunternehmen angeschrieben worden waren und in der

Besprechung zwischen SO 12 und der ZIT am 9. Januar 2013467 geklärt worden war, dass die den Kreditkarten-

unternehmen nach dem Justizvergütungs- und –entschädigungsgesetz zustehende Entschädigung durch die Ge-

neralstaatsanwaltschaft Frankfurt übernommen werde,468 kam es bereits Mitte Januar 2013 zu Rückmeldungen

einzelner Kreditkartenunternehmen.

Zu den Ermittlungen bei den Kreditkartenunternehmen hat der Zeuge Dr. Krause ausgeführt:

„[…] Es waren sehr, sehr schwierige Ermittlungen bei den Kreditkartenunternehmen noch zu veran-
lassen. Das ist in den übrigen Fällen, die man hat, oftmals nicht der Fall. Da sind die Ermittlungen

460 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 55 f.
461 Die Antwortschreiben der Kreditkartenunternehmen nehmen oftmals Bezug auf Schreiben vom 4. Januar 2013, exemplarisch hierzu: Schreiben

der Uni […] Bank vom 4. Januar 2013, MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 83, Bl. 336 f., Schreiben der T. […]bank vom 22. Januar 2013, MAT A-
BKA 18(27)1-1, Ordner 83, Bl. 315, in MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 82 bis 84 sind zahlreiche weitere ähnliche Schreiben mehrerer Banken
enthalten.

462 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 84, Bl. 282 ff., Es wurden die im Bundeskriminalblatt Nr. 001 / 2010 (Sonderausgabe – Ansprechpartner im
Zahlungskartenbereich in Deutschland) genannten Unternehmen angeschrieben).

463 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 84, Bl. 9 f., Entwurf eines Telefaxschreibens zur Kreditkartenabklärung vom 15. Oktober 2012.
464 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 183 f., 208 f., E-Mail eines Beamten von SO 12 an die Zeugin Wiegand vom 7. November 2012,

13.50 Uhr, mit angehängtem Entwurf einer Telefaxnachricht an Kreditkartenunternehmen.
465 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 211 f., 213 f., E-Mail der Zeugin Wiegand an die ZIT vom 8. November 2012, 13.37 Uhr, mit ange-

hängtem Entwurf eines Schreibens an die Kreditkartenunternehmen vom 08. November 2012.
466 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 276 f., 278 f., E-Mail des Zeugen Franosch an die Zeugin Wiegand vom 10. Dezember 2012, 11.04 Uhr,

mit angehängtem Entwurf eines Schreibens an die Kreditkartenunternehmen vom 10. Dezember 2012.
467 Siehe hierzu bereits die Darstellung in Zweiter Teil A.6.d).
468 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 317 (319), Vermerk der Zeugin Wiegand über die Besprechung zwischen dem BKA - SO 12 - und der

Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main - ZIT - vom 9. Januar 2013

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 157 – Drucksache 18/6700

einfacher. Die Kreditkartenunternehmen hatten sich anfangs gesperrt, wollten keine Auskunft geben.
Damit hatten wir auch viel zu tun ganz am Anfang des Verfahrens. Also, insofern war das Verfahren
aus meiner Sicht schwieriger für die ZIT zu bearbeiten, weil mehr Aufwand, mehr Organisationsauf-
wand mit dem BKA, mehr Anleitungsaufwand für das BKA war.“469

Die durch die Zeugin Wiegand entworfenen Musterakten sahen vor, dass die zu den jeweiligen Kunden ermit-

telten Kreditkartendaten in den zu erstellenden Bericht eingefügt werden, nicht zuletzt um hierdurch den Nach-

weis zu führen, dass die Bestellungen tatsächlich mittels der jeweiligen Kreditkarten bezahlt worden waren.470

bb) Inhalt des Auskunftsersuchens - Rechtsgrundlage

In den an die Kreditkartenunternehmen gerichteten Schreiben wurden die Kreditkartenunternehmen darum er-

sucht, die Daten derjenigen deutschen Kunden herauszugeben, mit deren Kreditkarten zwischen Januar 2005

und März 2011 eine Transaktion zu Gunsten des Empfängers „[…] Films“ in Williamsville, einem an der kana-

dischen Grenze gelegenen Vorort von Buffalo im US-Bundesstaat New York, durchgeführt wurde, wobei zur

Identifikation die „Merchant-ID“ sowie als weiteres Identifikationsmerkmal die „TID“ angegeben war. Darüber

hinaus wurde darum gebeten, die vollständigen Personalien der betroffenen Kunden, das Datum der jeweiligen

Transaktionen und die entsprechende Summe mitzuteilen sowie, ob im relevanten Zeitraum eine Sperrung der

betroffenen Kreditkarte veranlasst worden war. In diesem Fall wurde gebeten, Zeitpunkt und Grund der Sperrung

mitzuteilen.471

Die Zeugin Greiner hat hierzu ausgeführt:

„[…] Das war dann am 04.01.2013, da haben wir diese Rückwärtssuche bei den Kreditkartenunter-
nehmen gemacht, also ohne Übersendung der Kundendaten, sondern nur anhand dieser Händler-ID
von Azov Films, von dem Vertreiber. […]“472

„Ja, es gibt da so eine Merchant ID - „Händler-ID“ nennt sich das -, die einem Händler zugeordnet
wird. Wir haben eine Rückwärtssuche gemacht bei den Kreditkartenunternehmen, welcher ihrer Kun-
den in dem infrage stehenden Zeitraum, also zwischen 2005 und 2011, quasi Kontobewegungen im
Zusammenhang mit dieser Merchant ID verzeichnet hat.“473

Im Hinblick auf die Rechtslage wurde in den Schreiben darauf hingewiesen, dass durch die Erteilung der gefor-

derten Auskunft eine Zeugenvernehmung von Mitarbeitern des jeweiligen Unternehmens bzw. Durchsuchungs-

und Beschlagnahmemaßnahmen entbehrlich würden, die ansonsten zwangsweise durchgesetzt werden könnten.

469 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 50.
470 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 85, Bl. 10 (16 ff.), Muster-Durchsuchungsanregung für vollendete Kategorie 1 – Fälle; MAT A-BKA 18(27)1-

1, Ordner 85, Bl. 92 (96 ff.), Muster-Sachstandsbericht für vollendete Kategorie 2 – Fälle.
471 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 278 f., Entwurf eines Anschreibens an Kreditkartenunternehmen, angehängt an eine E-Mail des Zeugen

Franosch an die Zeugin Wiegand vom 10. Dezember 2012.
472 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 9.
473 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 20.

Drucksache 18/6700 – 158 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

cc) Rückläufe der Kreditkartenunternehmen - Konsequenzen hieraus

Die Antworten der einzelnen Kreditkartenunternehmen fielen unterschiedlich aus.

Aus einer durch SO 12 erstellten Übersicht, die am 28. Juni 2013 an die ZIT übersandt wurde, geht hervor, dass

zwischenzeitlich 20 Unternehmen geantwortet hatten, wobei durch drei der angeschriebenen Unternehmen auf

andere Unternehmen verwiesen wurde.474 Laut der Zeugin Greiner seien 18 Kreditkartenunternehmen ange-

schrieben worden.475 Auskünfte waren laut der Übersicht bis zu diesem Zeitpunkt zu insgesamt 435 Bestellern

erteilt worden.476

Die Zeugin Greiner hat hierzu bekundet:

„[…] Die Rückläufe kamen dann sukzessive rein. Wenn die reinkamen - die kamen auch ganz unter-
schiedlich, manchmal elektronisch, manchmal in Papierform tatsächlich -, dann haben Frau Wiegand
oder ich uns diese Daten genommen und haben das in diese MySQL-Datenbank händisch eingetragen
und die Vorgänge sozusagen markiert, dass da Kreditkartendaten vorliegen, damit man sich die dann
eben ziehen kann, wenn man den Vorgang bearbeitet. Das war das, was händisch gemacht wurde.
[…]”477

Bereits bis auf die Kreditkartenauskünfte fertig erstellte Einzelakten wurden offensichtlich auch bereits vor Vor-

liegen der Kreditkartenauskünfte an die ZIT übersandt:

Die Zeugin Wiegand hatte diese Frage bereits in einer E-Mail an den Zeugen Franosch vom 10. Dezember 2012

aufgeworfen, in der es hierzu heißt:

„3. Identifizierung auch ohne Bankdaten

Benötigen wir die Antworten der Banken für eine eindeutige Identifizierung der Person bzw. die spä-
tere eindeutige Beweisführung?

Können wir erst nach Eingang einer Antwort mit der Bearbeitung beginnen?

Bisherige Erfahrungen zeigen, dass nahezu in allen Fällen die korrekte Adresse angegeben wurde.
Darüberhinaus haben wir in Zweifelsfällen auch noch die Möglichkeit, Bestandsdaten zur E-Mail-
Adresse zu erheben.“478

Aus einem Telefonvermerk der Zeugin Wiegand, ebenfalls vom 10. Dezember 2012, geht hervor, dass die ge-

stellte Frage erörtert wurde. Hierzu heißt es:

474 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 105, Bl. 36 (37), E-Mail der Zeugin Wiegand an den Zeugen Dr. Krause vom 28. Juni 2013, 10.32, Uhr mit
angehängter Tabelle bzgl. der Kreditkartenauskünfte.

475 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 21.
476 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 105, Bl. 36 (37), E-Mail der Zeugin Wiegand an den Zeugen Dr. Krause vom 28. Juni 2013, 10.32 Uhr, mit

angehängter Tabelle bzgl. der Kreditkartenauskünfte.
477 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 20.
478 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 281 f., E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Franosch vom 10. Dezember 2012, 12.04 Uhr, mit

dem Betreff: „OP Selm – weitere Fragen“.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 159 – Drucksache 18/6700

„Die Ersuchen an die Emittenten sollen zeitnah übermittelt werden. Dennoch kann mit der Abarbei-
tung der Vorgänge begonnen werden.“479

Darüber hinaus geht aus einer E-Mail der Zeugin Greiner an die Zeugin Wiegand vom 26. Juni 2013 in diesem

Zusammenhang hervor:

„Wir können unsere Akten weiter ohne Kreditkartenauskünfte schicken, das Büro von der ZIT fügt
diese dann geschwärzt bei.“480

Bis zu diesem Zeitpunkt waren - inklusive der Kurierfahrt am 26. Juni 2013 selbst - durch das Bundeskriminal-

amt bereits 259 Akten an die ZIT übersandt worden.481

dd) Kreditkartenauskünfte bezüglich Edathy

Im Rahmen der Ermittlungsmaßnahmen bei Kreditkartenunternehmen wurde im Juni 2013 durch eines der Kre-

ditkartenunternehmen auch Kreditkartendaten von Sebastian Edathy übermittelt, aus denen Zahlungen zu Guns-

ten der Firma […] Films hervorgehen. Die so nachgewiesenen Kreditkartenzahlungen aus den Monaten August

und September 2006482 und Februar 2010483 entsprachen der Höhe nach den aus Lieferscheinen hervorgehenden

Beträgen von Bestellungen, die an die Anschrift von Edathy in Rehburg-Loccum gesandt wurden484 bzw. die -

unter Nennung der Anschrift auf dem Lieferschein - zum Download bereit gestellt wurden.485

Die Zeugin Greiner hat auf die Frage, ob aufgrund einer Anfrage auch Edathy festgestellt worden sei, ausgeführt:

„Der ist aufgetaucht bei einem Kreditkartenunternehmen, das dann im Juni 2013 die Erkenntnisse zu
mehreren Personen mitgeteilt hat, übergeben hat bei uns. Da waren auch Kreditkartendaten zu ihm
darunter.“486

Die zu Edathy erlangten Daten seien dann laut der Zeugin Greiner händisch durch die Zeugin Wiegand einge-

geben worden:

„Na, die Grunddaten wurden automatisiert mit dieser kompletten Liste eingespielt, also nicht händisch
von uns. Die Kreditkartendaten, das hat meine Kollegin gemacht.”487

479 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 283 f., Gesprächsnotiz der Zeugin Greiner über ein Telefonat mit dem Zeugen Franosch vom 10.
Dezember 2012.

480 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 391, E-Mail der Zeugin Greiner an die Zeugin Wiegand vom 26. Juni 2013, 11.39 Uhr, mit dem
Betreff: „130626 – Anruf ZIT“.

481 Siehe hierzu noch ausführlich die Darstellung in Abschnitt A II. 6. g) aa).
482 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 82, Bl. 238 ff. und Bl. 241 ff., Kreditkartenabrechnungen Edathy vom 10. August 2006 und vom 14. September

2006.
483 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 82, Bl. 244 f., Kreditkartenabrechnungen Edathys vom 11. Februar 2010.
484 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 2, Bl. 94, Lieferschein vom 7. August 2006, Ordnernummer 10486; MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 2, Bl. 99,

Lieferschein vom 8. August 2006, Ordernummer 10509.
485 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 2; Bl. 336, Lieferschein vom 9. Februar 2010, Ordernummer 70504.
486 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 20.
487 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 21.

Drucksache 18/6700 – 160 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Aus einem Schreiben von SO 12 an die ZIT vom 27. Juni 2013 geht hervor, dass an diesem Tag - entsprechend

einer an die Zeugin Greiner telefonisch übermittelten Bitte des Zeugen Dr. Krause vom 26. Juni 2013488 - eine

CD mit den Kreditkartenauskünften des Kreditkartenunternehmens, das auch Daten von Sebastian Edathy über-

mittelt hatte, an die ZIT versandt wurde.489

Am 24. Juni 2013 fand ein Zugriff auf den Sebastian Edathy betreffenden Vorgang mit der der Zeugin Wiegand

zugeordneten Benutzernummer statt. Der Betreff des Vorgangs wurde hiernach in „EDATHY, Sebastian – KKD

eingegangen – Besitz/Erwerb von Kinder-/ Jugendpornografie – OP Selm (KAT 2)“ geändert.490

e) Open-Source-Recherchen zu den Beschuldigten

aa) Anlass der Befassung des Untersuchungsausschusses

Aus einer E-Mail, die die Zeugin Greiner am 8. Juli 2013 an den Zeugen Stahl sandte, geht hervor, dass im

Hinblick auf die von der Operation „Selm“ betroffenen Personen vor Abgabe der jeweiligen Vorgänge an die

ZIT eine sogenannte Open-Source-Recherche durchgeführt wurde. Konkret heißt es in der E-Mail:

„[…]

Wollte dir kurz zu zwei Vorgängen im Rahmen der OP Selm berichten.

Wir haben am Freitag ja wieder fast 70 Akten an die ZIT abgegeben (inzwischen über 220). Eine
davon betrifft die Person (geschwärzt). Die obligatorische Open-Source-Recherche ergab, dass es sich
bei ihm wahrscheinlich um […] handelt. Das steht auch so in der Durchsuchungsbeschlussanregung.

Heute bin ich auf einen Beschuldigten gestoßen, bei dem ich – als ich den Namen gegoogelt habe –
einen Eintrag auf ‚www.(geschwärzt).de‘ gefunden habe, wonach es sich um einen Mitarbeiter des
(geschwärzt) (Sachbearbeiter (geschwärzt) handeln könnte. Würde ich ebenfalls so mit in die Anre-
gung aufnehmen (ohne vorher weitere Abklärungen dazu zu machen, das würde ich dem Land / Berlin
überlassen).

Ansonsten haben wir natürlich auch weiterhin alles mögliche in der OP Selm (Kinderärzte, Urologen,
Zauberer, Sozialpädagogen usw.). In diesen Fällen würde ich Dich nicht gesondert informieren.
[…]“491

Der Zeuge Stahl antwortete der Zeugin Greiner hierauf:

„[…]

Die Verfahrensweise geht grundsätzlich in Ordnung. […]

488 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 391, E-Mail der Zeugin Greiner an die Zeugin Wiegand vom 26. Juni 2013, 11.39 Uhr, mit dem
Betreff: „130626 – Anruf ZIT“.

489 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 399, Schreiben des BKA (SO 12) an die ZIT vom 27. Juni 2013.
490 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 142, Bl. 14 f. (VS-NfD), Protokoll über die Zugriffe auf den Vorgang mit der Nummer 2012-001641[…],

bezeichnet mit „AH99_17116/H 18.03.2014"; siehe hierzu die Darstellung unten Zweiter Teil A.4.a)bb)bbb).
491 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 96, Bl. 16, E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Stahl vom 8. Juli 2013, 12.13 Uhr, mit dem Betreff:

„130708 – Sensible Vorgänge OP Selm“.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 161 – Drucksache 18/6700

Sollte im Einzelfall dennoch einer gänzlich von der Norm abweichend sein, bitte kurz Bescheid ge-
ben.“492

Vor dem Hintergrund dieser E-Mails hat der Untersuchungsausschuss die Durchführung von Open-Source-Re-

cherchen im Rahmen der Operation „Selm“ hinterfragt.

bb) Zweck der Open-Source-Recherchen

Hintergrund der Durchführung der Open-Source Recherche war nach Angaben der Zeugin Wiegand herauszu-

finden, ob es sich um Personen handelt, die Umgang mit Kindern haben oder mit Kindern arbeiten.493

Die Zeugin Greiner hat hierzu ergänzt:

„[…] Deswegen sind wir dann auch in die Aktenaufbereitung, in die Einzelverfahren sozusagen, ein-
gestiegen im Januar 2013. Und die Open-Source-Recherche, die jetzt auch hier gemeint ist, das ist
eben die Open-Source-Recherche, die bei uns immer, wenn ich eine Einzelakte erstellt habe - - Ich
habe ja dann die Erkenntnismitteilung aus dem Land bekommen; das ist für mich eigentlich der erste
Anfasser. Ich trage die Erkenntnisse zu den Kreditkartendaten zusammen, wenn die vorliegen. Ich
nehme mit auf in die Durchsuchungsbeschlussanregung bei KAT 1 Erkenntnisse zu genutzten E-Mail-
Adressen, wenn das von Relevanz ist. Und dann gibt es immer einen Punkt ‚Sonstige Erkenntnisse‘.
Und dazu haben wir ganz am Ende bei der Aktenerstellung eine Open-Source-Recherche durchge-
führt. Wir haben also die Erkenntnisse, die wir zur Person bis dahin hatten, gegoogelt hauptsächlich.
[…]“494

Die so gewonnenen Erkenntnisse seien, so die Zeugin Greiner, wie folgt in die Akten aufgenommen worden:

„[…] Wichtig ist für uns dabei: Wir haben das eben nach fachlichen Gesichtspunkten gemacht. Also,
wir wollten damit herausfinden: Hat die Person einen Beruf, bei dem sie in Kontakt zu Kindern oder
Jugendlichen steht? Oder ist sie in der Freizeit ehrenamtlich Sporttrainer zum Beispiel? Die kann man
ja über solche Recherchen vielleicht herausfinden. Das war für uns der Hintergrund, das am Ende noch
als Ergänzung zu machen für die Akte, die dann an die Staatsanwaltschaft geht. Die Staatsanwaltschaft
würde in so einem Fall dann schon von uns einen Hinweis bei Abgabe bekommen. Die haben dann
immer eine Excel-Tabelle: Welche Vorgänge werden diese Woche abverfügt an die Staatsanwalt-
schaft? Besonderheit, vielleicht Beruf, Trainer in dem und dem Verein, dort auch für Kinder zuständig.
Und wir haben eben auch das immer in die Abverfügung in die Akte mit aufgenommen, einfach auch
für die Länder, damit diese die Erkenntnisse eben auch haben, damit sie bei einer möglichen Durch-
suchung auf mögliche Hinweise auf Missbrauchstaten achten können, wenn wir wissen: Der hat auf
jeden Fall irgendwie nach unseren Erkenntnissen Kontakt zu Kindern.“495

Der Zeuge Stahl hat hierzu ergänzend ausgeführt:

„Die Berufsgruppe ist für uns grundsätzlich kein Kriterium, nach dem wir sozusagen eigenständig
recherchieren. Sie wird automatisch abgefragt, aber vor dem Hintergrund, ob es Berufe sind, die na-
türlich Zugang zu Kindern haben, weil wir da davon ausgehen müssen, dass, auch wenn das Ermitt-
lungsverfahren wegen Besitz oder Verbreitung von Kinderpornografie läuft, die Gefahr höher ist, dass
unter Umständen auch Missbrauchshandlungen möglich sind. Aus diesem Grund wird die Berufs-

492 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 96, Bl. 16, E-Mail des Zeugen Stahl an die Zeugin Greiner vom 8. Juli 2013, 12.47 Uhr, mit dem Betreff:
„AW: 130708 – Sensible Vorgänge OP Selm“.

493 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 50.
494 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 10.
495 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 10.

Drucksache 18/6700 – 162 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gruppe abgefragt. Wenn das, wie Sie das eben gesagt haben, die Äußerung von mir über unsere Kli-
entel - - Das ist eigentlich gängigerweise feststellbar, dass es über verschiedenste Berufsgruppen geht.
Aber gerade für uns sind eben die Berufsgruppen maßgeblich, wenn man überhaupt etwas sagt, die
Zugang zu Kindern haben.“496

Die Zeugin Wiegand hat jedoch darauf hingewiesen, dass Erkenntnisse zum Beruf nicht immer mittels Open-

Source-Recherche erlangt wurden:

„Also, es ist ja nicht in allen Fällen über Open-Source-Recherche rausgekommen. Der erste Anfasser
ist ja für uns, dass das zuständige Landeskriminalamt oder die zuständige örtliche Dienststelle die
Person überprüft und uns dann schon den Beruf mitteilt, der dann gesichert ist. Dann wird zusätzlich
diese Open-Source-Recherche gemacht. Diese Erkenntnisse zu den Berufsgruppen stammen nicht alle
aus Open-Source-Recherchen.“497

cc) Zeitpunkt der Durchführung im Rahmen der Einzelaktenerstellung

Zum Zeitpunkt, in dem die Open-Source-Recherchen durchgeführt wurden, haben die Zeuginnen Wiegand und

Greiner erläutert, dass sie dies im Rahmen der Erstellung der Einzelakten in zeitlicher Nähe zur Abgabe der

Einzelvorgänge an die ZIT durchgeführt hätten.

Die Zeugin Wiegand hat hierzu ausgeführt:

„Wir haben das gemacht in dem Moment, wo wir die Person identifiziert hatten über das jeweilige
Landeskriminalamt, wir also komplette Personalien zu der Person hatten, und in dem Moment, wo wir
die Akte zu der einzelnen Person erstellt hatten.“498

„Das war ja fortlaufend. Wir haben jetzt im Laufe der Zeit über 800 Akten abgearbeitet. Wenn ich
eine Person habe, an deren Akte ich jetzt gerade dran bin, die zusammenzustellen, dann mache ich in
dem Zusammenhang, wenn ich eine Erkenntnismitteilung aus dem Inland zurückbekomme und die
Person gilt als identifiziert, eine Open-Source-Recherche, und das wird dann eben auch in der Akte
entsprechend dokumentiert.”499

Die Zeugin Greiner hat darüber hinaus bekundet, dass sich die Ausführungen in der E-Mail vom 8. Juli 2013500

auf die Personen bezögen, deren Akten in diesem Zeitraum erstellt wurden:

„Diese Open-Source-Recherche wird tatsächlich erst gemacht, wenn ich die Einzelakte erstelle, wenn
ich mir eine Person aus der Datenbank - - […]

Das war auch in dieser Mail: Die Vorgänge, die darin genannt wurden, waren die, die eben gerade um
diesen Anfang Juli bis Ende Juli an die ZIT abverfügt wurden, die also in der Zeit erstellt wurden. Das
habe ich dann zu dem Zeitpunkt an meinen Sachgebietsleiter berichtet. Dass wir die zwei besonderen
Fälle hatten und dass diese anderen Fälle - - Gut, das ist eben leider so: Kinderärzte oder Ärzte insge-
samt, Sozialpädagogen, das ist leider keine Besonderheit mehr in dem Verfahren Kinderpornografie.

496 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 48.
497 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 68.
498 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 48.
499 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 48.
500 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 96, Bl. 16, E-Mail des Zeugen Stahl an die Zeugin Greiner vom 8. Juli 2013, 12.47 Uhr, mit dem Betreff:

„AW: 130708 – Sensible Vorgänge OP Selm“.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 163 – Drucksache 18/6700

So war meine Formulierung in der Mail zu verstehen. Da handelte es sich aber wirklich um Akten
KAT 1, die in dem Zeitraum auch abverfügt wurden.“501

Die Zeugen Theissig und Herb haben ausgeführt, dass die Open-Source-Recherche erst nach der durch die Lan-

desbehörden durchgeführten Identifizierung der einzelnen Tatverdächtigen durchgeführt worden sei.

Der Zeuge Theissig bekundete hierzu:

„[…] Und nachdem dann durch die EMA-Auskünfte etc. pp. wirklich festgestellt werden konnte, es
handelt sich eindeutig um die Person, da - und das jetzt zu Ihrer Phase - haben wir am Schluss - -
wurden noch Open-Source-Recherchen durchgeführt von den Kollegen, bevor dann letztendlich die
Einzelakte zu jedem Tatverdächtigen zusammengestellt worden ist und an die Generalstaatsanwalt-
schaft Frankfurt am Main abverfügt wurde.“502

Der Zeuge Herb äußerte konkret:

„Also, für mich erklärt sich das so, dass ich natürlich Open-Source-Recherchen erst dann durchführen
kann, wenn ich die Person identifiziert habe, weil vorher kann ich mir nicht sicher sein, dass ich auch
dann die richtige Person abkläre, sodass dieser Arbeitsschritt so festgelegt ist: erst eine einigermaßen
oder nahezu hundertprozentige Identifizierung und dann die weiteren Open-Source-Recherchen.“503

Der Zeuge Stahl hat hervorgehoben, dass eine Open-Source-Recherche vor eindeutiger Identifizierung der Per-

son nichts nütze:

„Die Google-Abfrage ist durchaus eine Möglichkeit, ergänzende Informationen zu kriegen, setzt aber
voraus, dass ich im Vorfeld schon relativ klar weiß, um wen es denn geht. Das heißt, für uns steht im
Vordergrund erst einmal die eindeutige Identifizierung einer Person, und wenn diese Informationen
vorliegen, dann können wir auch die Akte dazu erstellen. In dem Moment kann ich dann auch eine
Google-Abfrage, wenn man so sagen will, oder eine Internetrecherche noch mal machen, um ergän-
zende Informationen zu kriegen. Aber vorher gibt es Treffer, die ich nicht zuordnen kann, weder zu
einer oder zu anderen Personen. Das ist ein aus meiner Sicht unnützer Arbeitsaufwand, der da betrie-
ben wird zu diesem Zeitpunkt.“504

Vor dem Hintergrund geäußerter Kritik an dem Zeitpunkt der Open-Source-Recherche hat sich der Zeuge Hoppe

wie folgt geäußert:

„[…] Es wurde ja im Innenausschuss gefragt, warum ich nicht gleich am Anfang oder warum wir nicht
gleich am Anfang die Liste gegoogelt haben - um einfach mal pauschal ‚googeln‘ zu sagen. Das ein-
fach deswegen, weil die Namen für uns noch gar nicht valide waren. Das waren Namen mit vielleicht
Adressen, die da noch waren, vielleicht E-Mail-Adressen, aber keine Geburtsdaten. Für uns sind ja
Namen erst valide, wenn ich mindestens mal das Geburtsdatum habe und die Adresse durch das Ein-
wohnermeldeamt bestätigt ist. Dann ist der Name für uns valide. Dann wissen wir, dass diese Person
konkret stimmt und fast schon identifiziert ist. Identifiziert wäre immer noch eine andere Sache, aber
bevor ich eine solche Person nicht so weit konkretisiert habe, macht für mich googeln keinen Sinn,
erst recht dann nicht, wenn ich es mit dem Namen Hoppe beispielsweise zu tun habe. Dann kriege ich
hunderttausend Hinweise, und ich kann ja gar nicht beurteilen, welcher dieser Hoppes dann mein
Hoppe ist, den ich hier jetzt gegoogelt habe. Selbst wenn ich dann die Adresse habe, hatte ich zu dem
Zeitpunkt ja noch das Problem, dass ich gar nicht wusste, ob die Adresse überhaupt die echte Adresse
ist. Ist das eine Fantasieadresse? Missbraucht da jemand Namen oder Adressen? - Alles das meinte

501 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 16 f.
502 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 10.
503 Herb, Protokoll-Nr. 9, S. 80.
504 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 63.

Drucksache 18/6700 – 164 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

ich mit ‚verzetteln‘. Wenn ich eine Liste mit nichtvaliden Daten googele und glaube, dann zu erken-
nen, wenn mir ein ‚Hoppe‘ angezeigt wird, der in irgendeiner Hinsicht prominent ist, das ist jetzt der
und den verfolge ich jetzt mal und bei dem beantrage ich einen Durchsuchungsbeschluss oder den
mache ich jetzt zum Gegenstand des Verdachts, er hätte Kinder- und Jugendpornografie herunterge-
laden: Das würde ich als ‚verzetteln‘ bezeichnen, wenn man so vorgeht.

Die beiden Kolleginnen hatten sich, wie ich finde, sehr gut und sehr strukturiert Gedanken gemacht,
wie sie diese Liste abarbeiten, in welcher Reihenfolge sie den Verdacht konkretisieren, und waren
dann zu dem Punkt gekommen: Wenn die Person konkretisiert ist, dann googele ich sie auch mit dem
Ziel, festzustellen: ‚Hat diese Person Kontakt zu Kindern? Muss ich hier schneller einschreiten wie
bei anderen, um möglicherweise Schlimmeres zu verhindern?“, was wir uns in dem Zusammenhang
ja alles an Möglichkeiten vorstellen könnten.”505

dd) Bezüglich Edathy (noch) keine Open-Source-Recherche durchgeführt

Die Zeugin Wiegand hat bekundet, dass im Falle Edathys die Rückmeldung aus dem Land bereits gekommen

sei, bevor man eine Open-Source-Recherche durchgeführt habe:

„Wir haben die Open-Source-Recherchen zu jedem Beschuldigten gemacht, egal ob Kategorie 1 oder
Kategorie 2. Aber der Zeitpunkt spielt da die entscheidende Rolle. Der Zeitpunkt war der, zu dem
diese Person durch das Bundesland identifiziert wurde, also das heißt, wo wir eine Rückmeldung zu
dem Beschuldigten hatten und dabei waren, die Akte für den Beschuldigten aufzubereiten und fertig-
zustellen. Und zu dem Zeitpunkt haben wir eine Open-Source-Recherche durchgeführt. Bei Herrn
Edathy war das eben so, dass da die Rückmeldung kam, bevor wir die Open-Source-Recherche durch-
führen konnten.“506

Die Zeugin Greiner hat ergänzt, dass Edathy im Rahmen einer Open-Source-Recherche jedoch sicherlich auf-

gefallen wäre:

„[…] Die Abfrage noch mal zur Person wird nicht nach der Aktenerstellung, sondern während der
Aktenerstellung - - Ich muss dann die polizeilichen Erkenntnisse mit in meine Durchsuchungsbe-
schlussanregung oder bei KAT 2 in den Sachstandsbericht mit aufnehmen, und in diesem Rahmen
mache ich das noch mal. Das heißt: Klar, da wäre er allerspätestens aufgefallen. Aber natürlich ist er
im allerersten Schritt - nämlich: ich frage das Land an - direkt aufgefallen.“507

ee) Open-Source-Recherche und Priorisierung

Die Zeugin Wiegand hat auf die Frage, inwiefern Berufsgruppen bei der Open-Source-Recherche eine Rolle

spielten, ausgeführt:

„Ja, das spielt für uns dahin gehend eine Rolle, dass das ein weiterer Faktor für die Priorisierung war.
Wir haben, wie ich eben schon gesagt habe, zunächst mal die Kategorie 1 priorisiert. Innerhalb der
Kategorie 1 haben wir dann noch mal priorisiert zum Beispiel Personen, die in direktem Umgang mit
Kindern stehen. Das heißt, wenn wir bei einer Open-Source-Recherche festgestellt haben, das ist eine
Berufsgruppe, die direkten Kontakt zu Kindern hat, dann war das für uns noch mal eine Priorität. Also
dahin gehend spielte es schon eine Rolle für uns.“508

505 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 36 f.
506 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 66.
507 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 26.
508 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 50.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 165 – Drucksache 18/6700
Die Zeugin Greiner hat ausgeführt, dass die Open-Source-Recherche zusätzlich zu den zuvor durchgeführten

Ermittlungsmaßnahmen stattfinde - die Priorisierung bestimmter Vorgänge habe bereits zuvor stattgefunden:

„[…] Die Reihenfolge, in der ich mir diese Person aus der Datenbank ziehe, das ist meine Priorisie-
rung, die ich vorher festgelegt habe mit diesen einschlägigen Vorerkenntnissen oder Kontakten zu
Kindern. Wie ich das herausfinde, hatte ich vorhin ja kurz geschildert, mit diesem Massendatenab-
gleich, mit der Erkenntnismitteilung aus den Ländern. Die tatsächliche Open-Source-Recherche findet
einfach zusätzlich zu allem, was ich eben wirklich auch auf polizeilichem Wege erhebe, bei der Ak-
tenerstellung statt, wenn ich den Einzelvorgang anfasse.”509

ff) Umgang mit den Ergebnissen der Open-Source-Recherche

Die Zeugin Wiegand hat, danach befragt, in welchen Fällen sie es aufgrund der Prominenz einer abgefragten

Person für erforderlich erachte, ihre Vorgesetzten zu informieren, bekundet:

„Das ist, glaube ich, immer auch eine Entscheidung des jeweiligen Sachbearbeiters, wann er denkt,
dass er seinen Vorgesetzten über etwas informieren muss. Also es gibt Fälle, wo man schon über einen
Kinderarzt informiert. Es geht immer darum, dass man denkt: Könnte so etwas zu Wellen führen, die
irgendwie dadurch veranlasst werden, weil jemand irgendwie im öffentlichen Interesse steht? Gerade
auch im Amt des Pfarrers zum Beispiel, der dann in Kontakt mit Messdienern oder wie auch immer
steht. Aber das ist so eine persönliche Entscheidung, die der Sachbearbeiter im jeweiligen Fall selbst
treffen muss.“510

Daraufhin danach befragt, ob es für solche Fälle eine dienstliche Regelung gebe und, falls nein, ob sie eine solche

dienstliche Regelung für erforderlich halte, hat die Zeugin Wiegand angegeben:

„Mir ist keine Regelung bekannt. Ich finde aber auch nicht, dass es fehlt, weil ich persönlich halte als
Erstes Rücksprache mit meinem Sachgebietsleiter, und der trifft dann eben die Entscheidung, ob es
gemeldet werden muss oder nicht.“511

gg) „Promicheck“ mittels Open-Source-Recherche

Der Zeuge Hoppe wurde unter anderem danach gefragt, wie er die Suche nach prominenten Personen in diesem

Zusammenhang einschätze:

„Ich persönlich bin nach wie vor der Auffassung, dass es einen solchen Prominentencheck nicht geben
sollte, weil es einfach der Gleichbehandlung widerspricht, was auch für das Verfahren gilt. Strafpro-
zessrecht ist angewandtes Verfassungsrecht; da bin ich dazu gehalten, Gleiches gleich und Ungleiches
ungleich zu behandeln und Willkür auszuschließen. Wenn ich natürlich einen ungleichen Fall feststelle
wie im Fall des Beamten X oder dann zu einem späteren Zeitpunkt im Fall des Abgeordneten Edathy,
dann behandle ich den auch ungleich, dann ziehe ich den vor aus guten Gründen. Aber bis dahin würde
ich keinen Prominentencheck machen. […]“512

Daraufhin danach befragt, ob er sich überhaupt Filter für einen „Promicheck“ vorstellen könne, hat der Zeuge

Hoppe geäußert:

509 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 16.
510 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 60.
511 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 60.
512 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 36.

Drucksache 18/6700 – 166 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Sie werden ja in den Unterlagen auch gelesen haben, dass wir in der Führungsinformation vom 16.,
glaube ich, mal die Möglichkeit angedeutet haben oder eine andere Verfahrensweise angedeutet haben
- die habe ich auch mitgezeichnet - und gesagt haben, dass wir zukünftig, bevor die Listen in die
Länder rausgehen - - dass ein Beamter des höheren Dienstes, ein Beamter des gehobenen Dienstes
noch mal drüberguckt. Das war so eine erste Idee, die auch so im Dialog mit den Vorgesetzten, mit
meinen Vorgesetzten, entstanden ist: Kann man das machen? Immer noch mit der ganzen Argumen-
tationslinie, die ich eben vorgetragen hatte, im Hintergrund. Aber das war so die erste Reaktion.

Mittlerweile ist es so, dass bei uns im Amt eine Arbeitsgruppe eingerichtet wurde, um genau die Frage
mal zu erörtern: Kann es einen automatisierten Treffermechanismus geben für, ich sage mal in An-
führungsstrichen, Prominente? - An der Arbeitsgruppe bin ich jetzt leider nicht beteiligt; den Stand
kenne ich nicht, deswegen kann ich dazu auch nichts sagen. Ich persönlich hatte damals schon gesagt:
Wenn ich sicherstellen möchte, dass mir Prominente automatisiert oder auch manuell angezeigt wer-
den, müsste ich mir erst mal darüber Gedanken machen: Was sind denn Prominente? Sind es die Bun-
destagsabgeordneten - in Anführungsstrichen: nur? Oder sind es dann auch die Landtagsabgeordne-
ten? Sind es Vorstandsvorsitzende von DAX-Unternehmen? Sind es Abteilungsleiter in Ministerien?
Was sind überhaupt Prominente? - Da hoffe ich, dass diese Arbeitsgruppe sich sehr, sehr genau dar-
über Gedanken macht, wie man das gestalten kann, über welchen Personenkreis wir überhaupt reden
und, und, und.“513

Der Zeuge Franosch hat im Hinblick auf diesen Aspekt bekundet:

„[…] Was wir auf keinen Fall leisten können, ist eine Durchsuchung von großen Datenbeständen nach
Personen des öffentlichen Lebens; machen wir nicht. Das machen wir nicht, weil das ist nicht der erste
Bundestagsabgeordnete - entschuldigen Sie - mit Kinderpornografie und wird wohl auch nicht der
letzte sein. […]“514

f)Priorisierung von bestimmten Vorgängen innerhalb der Operation „Selm“

Innerhalb der Operation „Selm“ wurden im Hinblick auf die Bearbeitung der einzelnen Vorgänge folgende Pri-

orisierungen vorgenommen:

- Personen, die im Rahmen des im Juli 2012 durchgeführten Massendatenabgleichs insofern auffielen,

als dass Vorerkenntnisse zu sexuellem Missbrauch von Kindern oder zu Besitz kinderpornografischer

Schriften vorlagen, wurden priorisiert abgearbeitet;515

- Besteller von Produkten der Kategorie 1 wurden gegenüber den Bestellern von Produkten der Kategorie

2 priorisiert.516

Eine weitere Priorisierung bei Bestellern der Kategorie 1 hat die Zeugin Wiegand folgendermaßen beschrieben:

513 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 37.
514 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 25.
515 Vergleiche hierzu bereits die Darstellung unter Zweiter Teil A. II. 3. d) sowie Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 52, Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 13.
516 Die erste Erkenntnisanfrage an die Länder enthielt ausschließlich Besteller von Produkten der Kategorie 1, vergleiche hierzu die Darstellung

unter Zweiter Teil A.7.c)bb)aaa); MAT A-BKA 18(27)1-1_106, Bl. 37 ff., E-Mail mit dem Betreff: „OP Selm – Verdacht auf Erwerb von
Kinder- /Jugendpornografie im Internet“ vom 2. November 2012, 14.05 Uhr; Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 50.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 167 – Drucksache 18/6700

„[…] Innerhalb der Kategorie 1 haben wir dann noch mal priorisiert zum Beispiel Personen, die in
direktem Umgang mit Kindern stehen. Das heißt, wenn wir bei einer Open-Source-Recherche festge-
stellt haben, das ist eine Berufsgruppe, die direkten Kontakt zu Kindern hat, dann war das für uns noch
mal eine Priorität. […]“517

Den Zeitpunkt der Feststellung des Berufs hat die Zeugin Wiegand wie folgt dargestellt:

„[…] Wenn wir so etwas festgestellt haben, dann war das zu dem Zeitpunkt, wo wir entweder eine
Rückmeldung vom Inland bekommen haben, oder aber, wo wir bei der Aktenerstellung eine Open-
Source-Recherche durchgeführt haben und über eine Open-Source-Recherche da etwas herausgefun-
den haben.“518

g) Abgaben von Einzelverfahrensakten über die ZIT an die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften

aa) Versand der Akten durch das Bundeskriminalamt an die ZIT

Die durch SO 12 erstellten Einzelverfahrensakten wurden ab dem 18. Januar 2013 an die ZIT abgegeben. Die

Akten wurden dabei jeweils mittels eines Kuriers an die Dienststelle der ZIT in Gießen überbracht. Stets wurden

ein Übersendungsschreiben sowie eine tabellarische Übersicht über die übersandten Vorgänge beigefügt. In der

tabellarischen Übersicht wurde zuweilen auf Besonderheiten einzelner Vorgänge hingewiesen sowie auf die

Existenz von im Einzelfall zuvor erfolgten Rücksprachen zwischen ZIT und SO 12 im Hinblick auf Einzelvor-

gänge. Im Einzelnen wurden im Verlauf der Operation „Selm“ die folgenden Kurierfahrten durchgeführt:

Kurierfahrt am 18. Januar 2013 mit vier Akten;519

Kurierfahrt am 20. Februar 2013 mit 19 Akten;520

Kurierfahrt am 15. März 2013 mit 46 Akten;521

Kurierfahrt am 19. April 2013 mit 39 Akten;522

Kurierfahrt am 10. Mai 2013 mit 44 Akten;523

Kurierfahrt am 5. Juli 2013 mit 68 Akten;524

Kurierfahrt am 26. Juli 2013 mit 39 Akten - im Übersendungsschreiben wurde darauf hingewiesen, dass nunmehr

auch Einzelvorgänge übersandt würden, in denen ausschließlich Material der Kategorie 2 bezogen worden war

beziehungsweise in denen von den Bestellern keine Kreditkartendaten vorlagen;525

517 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 50.
518 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 50.
519 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 335 ff.
520 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 342 ff.
521 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 352 ff.
522 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 372 ff.
523 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 383 ff.
524 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 393 ff.
525 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 403 ff.

Drucksache 18/6700 – 168 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Kurierfahrt am 17. September 2013 mit 61 Akten;526

Kurierfahrt am 18. Oktober 2013 mit 15 Akten, darunter auch die Akte betreffend Sebastian Edathy, in der

tabellarischen Übersicht mit S. E. abgekürzt und versehen mit dem Hinweis „wie besprochen, im Umschlag“;527

Kurierfahrt am 25. Oktober 2013 mit 20 Akten;528

Kurierfahrt am 10. Dezember 2013 mit 34 Akten, darunter 20 Akten mit Kategorie 2 - Vorgängen betreffend

Niedersachsen, die von dort aus angefordert worden waren;529

Kurierfahrt am 24. Januar 2014 mit 67 Akten;530

Kurierfahrt am 11. April 2014 mit 32 Akten;531

Kurierfahrt am 9. Mai 2014 mit 54 Akten;532

Kurierfahrt am 30. Mai 2014 mit 64 Akten;533

Kurierfahrt am 13. Juni 2014 mit 41 Akten;534

Kurierfahrt am 27. Juni 2014 mit 67 Akten.535

Anzumerken ist, dass es sich bei den übersandten Akten zum Teil auch um Nachlieferungen zu bereits zuvor

übersandten Vorgängen handelte, die erforderlich wurden, weil im Bundeskriminalamt nachträglich weitere In-

formationen, wie etwa Kreditkartendaten, eingegangen waren.

bb) Abgabe der Verfahren durch die ZIT an die Staatsanwaltschaften anderer Bundesländer

Nach Übergabe der Einzelverfahrensakten an die ZIT sollten diese an die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaf-

ten abgegeben werden.536

Aus einer Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand vom 16. April 2013 ergibt sich im Hinblick auf den Stand der

Bearbeitung durch die ZIT Folgendes:

„Auf telefonische Nachfrage teilt OSTA Franosch Folgendes mit:

526 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 411 ff.
527 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 429 ff.; siehe hierzu im Einzelnen unter Zweiter Teil A.9.a).
528 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 439 ff.
529 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 448 ff.; siehe hierzu im Einzelnen unter Zweiter Teil A. V. 10. d).
530 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 470 ff.
531 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 105, Bl. 8 ff.
532 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 105, Bl. 209 ff.
533 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 105, Bl. 234 ff.
534 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 105, Bl. 266 ff.
535 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 105, Bl. 338 ff.
536 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 25 ff., EPOST-Nachricht vom 16. Oktober 2012, 15.45 Uhr, an „alle lka (Ansprechstellen Kinderpor-

nografie)“.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 169 – Drucksache 18/6700

[…]

Zum jetzigen Zeitpunkt wurden noch keine OP – Selm – Akte durch die ZIT bearbeitet, ausgenommen
die Sonderfälle, die entsprechend gekennzeichnet waren.“537

Aus einer Gesprächsnotiz der Zeugin Greiner vom 24. Juli 2013 über ein Telefonat mit dem Zeugen Dr. Krause

ergibt sich in dieser Hinsicht:

„Herr Dr. Krause teilt auf Nachfrage mit, dass aktuell schon wöchentlich ca. 10-20 Durchsuchungs-
beschlüsse an das zuständige Bundesland abverfügt werden und so langsam mit Rückmeldungen ge-
rechnet werden kann.“538

Aus einer E-Mail des Zeugen Dr. Krause an die Zeuginnen Wiegand und Greiner vom 1. Oktober 2013 ergibt

sich im Hinblick auf den Stand der Bearbeitung:

„Stand heute (1.10.2013) sind bei der ZIT insgesamt 208 Js-Verfahren eingeleitet worden. […] Insge-
samt 92 Verfahren sind offiziell von außerhessischen Staatsanwaltschaften übernommen worden. Die
Zahlen ändern sich jedoch täglich.“539

Am 17. Oktober 2013, 16.52 Uhr, teilte der Zeuge Dr. Krause sodann folgenden Stand mit:

„Stand heute (17.10.2013) sind bei der ZIT insgesamt 325 Js-Verfahren eingeleitet worden. […] Ins-
gesamt 116 Verfahren sind offiziell von außerhessischen Staatsanwaltschaften übernommen wor-
den.“540

Der Zeuge Dr. Krause hat die Bearbeitung der aus der Operation „Selm“ stammenden Verfahren folgenderma-

ßen beschrieben:

„[…] Ich habe dann in der Zeit in der ZIT eine Masse an Verfahren als Dezernent bearbeitet. Es waren
ungefähr 350 Verfahren, die ich im Rahmen dieser 13 Monate dort bearbeitet habe. Die Bearbeitung
hat im Wesentlichen darin bestanden, dass ich die Akten, die vom Bundeskriminalamt vorgelegt wur-
den, geprüft habe. Ich habe diese eingeleitet. Ich habe insbesondere die Aktenvollständigkeit geprüft.
Ich habe in einzelnen Fällen noch ergänzende Ermittlungen selbst durchgeführt, habe dann in den
Fällen, in denen eine Abgabe in Betracht kam, einen Durchsuchungsbeschluss beim zuständigen Er-
mittlungsrichter beantragt, und sofern dieser ergangen ist, habe ich die Verfahren dann abgegeben.
Die hessischen Verfahren mit hessischen Beschuldigten habe ich selbst persönlich weitergeführt und
weiterermittelt. In diesem Zusammenhang der Bearbeitung dieser Operation ‚Selm‘ war dann das Ver-
fahren gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Edathy eins von diesen 350 Verfahren.

Den Alltag oder die typische Tätigkeit habe ich Ihnen beschrieben. Es war eine Masse von Verfahren
in der Operation ‚Selm‘, aber als Durchläufer bei der ZIT hat man auch noch viele andere Aufgaben
und viele andere Verfahren. Als Durchläufer bei der ZIT ist man nicht nur im Bereich der Ermittlungs-
arbeit tätig, sondern auch beispielsweise im Bereich der Aus- und Fortbildung. Meine Aufgabe war

537 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 370, Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand vom 16. April 2013 über ein Telefonat mit dem Zeugen
Franosch.

538 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 401, Gesprächsnotiz der Zeugin Greiner vom 24. Juli 2013 über ein Gespräch mit dem Zeugen Dr.
Krause vom 24. Juli 2013.

539 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 419, E-Mail des Zeugen Dr. Krause an die Zeugin Wiegand (Cc. an die Zeugin Greiner) vom 1.
Oktober 2013, 16.52 Uhr, mit dem Betreff: „AW: Aktueller Sachstand OP Selm“.

540 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 419, E-Mail des Zeugen Dr. Krause an die Zeugin Wiegand (Cc. an die Zeugin Greiner) vom 1.
Oktober 2013, 16.52 Uhr, mit dem Betreff: „AW: Aktueller Sachstand OP Selm“.

Drucksache 18/6700 – 170 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

es, Rechtsgutachten zu schreiben, Grundsatzfragen im Rahmen der Generalstaatsanwaltschaft zu klä-
ren, Berichte an Ministerien etc. Also, es war nicht so, dass ich nur für die Operation ‚Selm‘ zuständig
war, sondern auch für andere Ermittlungsverfahren und für andere Bereiche.

Zusammenarbeit in der Operation ‚Selm‘ mit dem BKA war bei mir auf der Ebene der Sachbearbei-
tung immer nur mit den Beamtinnen Greiner und Wiegand des BKA. Die Arbeit lief so ab, dass wir
entweder telefonisch oder per E-Mail in Kontakt waren und die Übersendung von weiteren durch das
BKA aufbereiteten Akten angekündigt wurde. Die wurden dann paketweise übersendet, wurden im
Rahmen der ZIT registriert und dann durch mich weiter bearbeitet. Dabei kam es nicht selten dazu,
dass Akten liegen blieben, zunächst einmal, weil wichtigere Dinge oder vorrangige Dinge, zu priori-
sierende Dinge und Aufgaben erledigt werden mussten. Es war letztlich so, dass ich immer in gewissen
Zeitabschnitten, beispielsweise in einigen Wochen, mich dann verstärkt diesen Akten widmen konnte,
dann verstärkt in diesem Bereich tätig war, in anderen Wochen aber schlicht aufgrund wichtigerer
Dinge diese Akten nicht weiter bearbeiten konnte. Es war also immer - vielleicht mit anderen Worten
gesagt - ein gewisser Stapel an Akten da, die nach und nach abgearbeitet werden mussten. […]“541

8. Maßnahmen im Hinblick auf erfolgte bzw. angekündigte Presseveröffentlichungen in Zusammenhang mit
dem Gesamtverfahren Operation „Spade“

a) Presseveröffentlichungen in Spanien 2012

aa) Inhalt und Zeitpunkt der Pressemeldungen

Am Abend des 8. Dezember 2012, einem Samstag, kam es in verschiedenen deutschen Medien zu Meldungen

über Ermittlungen gegen einen internationalen Kinderpornoring in Spanien.542 Durch die spanische Polizei seien

19 minderjährige Jungen befreit worden, einige stammten auch aus Deutschland.

Wörtlich heißt es in der am 8. Dezember 2012, 18.46 Uhr, auf Spiegel Online erschienenen Meldung:

„Razzia in Spanien: Deutsche Jungen aus Hand von Kinderschändern befreit

Sie wurden beim Missbrauch gefilmt, die Videos danach in alle Welt verkauft: Die spanische Polizei
hat 19 Minderjährige aus den Klauen eines internationalen Kinderporno-Rings befreit. Einige der Op-
fer stammen aus Deutschland.

Madrid - Im Kampf gegen Kinderpornografie hat die spanische Polizei 19 minderjährige Jungen aus
den Händen eines Kinderpornografie-Rings befreit - von denen einige offenbar auch aus Deutschland
stammen. Wie die nationale Polizeidirektion am Samstag in Madrid mitteilte, waren die missbrauchten
Kinder deutscher, rumänischer und ukrainischer Herkunft zwischen 11 und 16 Jahre alt. Weitere De-
tails zu den Opfern wurden zunächst nicht bekannt.

Die Polizei entdeckte die Jungen in der ostspanischen Küstenstadt Alicante, der Hauptsitz des Rings
soll aber in der kanadischen Stadt Toronto sein. Die Kinder waren demnach unter anderem für die
Aufnahme von Videos missbraucht worden - die dann verkauft wurden. Bei der Operation ‚Schwert‘
nahm die Polizei in 14 spanischen Städten 28 Menschen fest, gegen zehn weitere wird ermittelt.

541 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 46 f.
542 Exemplarisch: MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 267, "Deutsche Jungen aus Hand von Kinderschändern befreit", Spiegel-Online vom

8. Dezember 2012, 18.46 Uhr; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 278, Sächsische Zeitung Online vom 8. Dezember 2012.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 171 – Drucksache 18/6700

Die spanische Zeitung ‚El Mundo‘ berichtet, dass der Ring offenbar seit 2004 aktiv gewesen sein soll.
Er habe drei Webseiten betrieben, um das illegale Material zu vertreiben. Auf diesem Weg seien kin-
derpornografische Inhalte in insgesamt 94 Länder verkauft worden - nach Asien, Amerika und Europa.
Der jährliche Umsatz soll sich auf 1,6 Millionen Dollar belaufen haben.

Sichergestellt wurde bei der Aktion auch umfangreiches Beweismaterial, darunter 20 Computer, 81
Festplatten, 1881 CDs und DVDs, 27 USB-Sticks sowie mehrere Mobiltelefone, Foto- und Videoka-
meras.“543

Bereits am Abend des 8. Dezember 2012 um 22.29 Uhr erreichte das Bundeskriminalamt eine E-Mail einer der

bei der Polizei Toronto für die Operation „Spade“ zuständigen Polizeibeamtinnen, die auf die offensichtlich auch

in Kanada bekannt gewordene Presseberichterstattung hinwies und darüber hinaus mitteilte, dass das Vorgehen

der spanischen Behörden den kanadischen Behörden nicht mitgeteilt worden sei und man versuche, mit den

spanischen Kollegen Kontakt aufzunehmen.544

Am darauffolgenden Montag, dem 10. Dezember 2012, kam es zu einer Mitteilung der in Spanien ermittelnden

Polizeibeamten an die Polizei Toronto, die von dort aus auch an das Bundeskriminalamt, SO 12, weitergeleitet

wurde. Hierin heißt es, dass es aufgrund der Tatsache, dass in Spanien mehr als 40 Gerichte in die Ermittlungen

eingebunden gewesen seien, zu Informationsweitergaben an lokale Medien gekommen sei. Das hätte dazu ge-

führt, dass das spanische Innenministerium eine Pressemitteilung herausgegeben hätte, um einige Punkte klar-

zustellen und um die weiteren Daten des Verfahrens zu schützen. Es seien weder die Internetseiten genannt

worden noch weitere Verdächtige in anderen Ländern, die Opfer oder andere Daten, sondern lediglich die Infor-

mation, dass der Ausgangspunkt des Verfahrens in Toronto liege und dass es in Spanien zu Verhaftungen ge-

kommen sei.545

bb) Klärung des Hintergrundes und Bericht an das Bundesministerium des Innern

Innerhalb des Bundeskriminalamtes konnte insbesondere die folgende aus den Presseveröffentlichungen hervor-

gehende Aussage nicht nachvollzogen werden:

„…befreite die Polizei bei der Operation ,Schwert‘ in Madrid und der Küstenstadt Alicante 19 Jungen
im Alter von 11 bis 16 Jahren. Die meisten von ihnen seien inzwischen identifiziert und in ihre Her-
kunftsländer überführt worden…“546

Vor diesem Hintergrund wurde der in Madrid ansässige Verbindungsbeamte des Bundeskriminalamtes am 10.

Dezember 2012 darum ersucht, die dort vorliegenden Erkenntnisse mitzuteilen,547 was noch am Nachmittag mit

einer E-Mail um 16.20 Uhr erfolgte. Der Verbindungsbeamte teilte mit, dass sich einer umfangreichen Presse-

543 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 267, "Deutsche Jungen aus Hand von Kinderschändern befreit", Spiegel-Online vom 8. Dezember
2012, 18.46 Uhr

544 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 263, E-Mail einer kanadischen Beamtin an die Zeugin Wiegand vom 8. Dezember 2012, 22.29 Uhr.
545 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 271, E-Mail an eine kanadische Beamtin vom 10. Dezember 2012, 13.37 Uhr.
546 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 282 f., E-Mail von SO 12 an SO 51 vom 10. Dezember 2012, 08.17 Uhr.
547 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 285 f., Telefaxnachricht von SO 12 an den Verbindungsbeamten Madrid vom 10. Dezember 2012.

Drucksache 18/6700 – 172 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

mitteilung auf der Internetseite des spanischen Innenministeriums entnehmen lasse, dass es in Spanien zu insge-

samt 31 Wohnungsdurchsuchungen und 28 Festnahmen gekommen sei. In einer Wohnung in Alicante hätten

zwei Minderjährige festgestellt werden können, die „dorthin gekommen waren, um nackt für sexuelle Handlun-

gen aufzutreten“ (sic!). Die Aussage in der deutschen Presse, dass in Madrid und Alicante 19 Jungen im Alter

von elf bis 16 Jahren befreit worden seien, sei nicht zutreffend - in der Pressemitteilung hieße es lediglich, dass

die Mehrheit der im Rahmen aller international anhängigen Operationen festgestellten minderjährigen Miss-

brauchsopfer bereits identifiziert und gerettet seien. Die Zahl „19“ sei vermutlich im Rahmen der Pressekonfe-

renz mündlich genannt worden. Eine persönliche Rücksprache mit der spanischen Polizei habe zudem ergeben,

dass im Rahmen der Maßnahmen der spanischen Polizei deutsche Staatsangehörige weder als Opfer noch als

Täter angetroffen worden seien. Vielmehr stamme die Information, dass eines der Missbrauchsopfer deutscher

Staatsangehöriger sei, aus der Ausgangsmitteilung von INTERPOL Kanada. 548

cc) Erlass des Bundesministeriums des Innern aus Anlass der Pressemeldungen

Vor dem Hintergrund der erfolgten Presseveröffentlichungen kam es am Nachmittag des 10. Dezember 2012

mit E-Mail von 15.19 Uhr durch das Referat ÖS I 1 des Bundesministeriums des Innern zu einem Erlass an das

Bundeskriminalamt,549 in dem darum gebeten wurde, die zu den Presseveröffentlichungen im Bundeskriminal-

amt vorliegenden Erkenntnisse mitzuteilen. Der durch die Zeugin Wiegand erstellte Antwortentwurf wurde am

11. Dezember 2012, 11.55 Uhr, an SO 1 mit der Bitte um Zustimmung und Weiterleitung übersandt.550

In dem Antwortentwurf wurde zunächst der Hintergrund des im Bundeskriminalamt geführten Umfangsverfah-

rens beschrieben, insbesondere der in Kanada liegende Ursprung des Verfahrens, der Name der Webseite

„www.azovfilms.com“, der Umsatz der Webseite und die Herkunft der Opfer. Sodann wurden im Rahmen einer

Bewertung der aktuellen Presseberichterstattung die über den Verbindungsbeamten ermittelten Informationen

mitgeteilt, insbesondere, dass die Information, dass 19 Jungen befreit worden seien, nicht zutreffe und dass im

Rahmen der Ermittlungen in Spanien keine Bezüge zu Deutschland festgestellt werden konnten. Zuletzt wurde

darauf hingewiesen, dass sich das beim Bundeskriminalamt geführte Umfangsverfahren noch in der operativen

Phase befände und weitere Presseveröffentlichungen den Erfolg der anstehenden Exekutivmaßnahmen gefähr-

den könnten. 551

548 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 287 f., E-Mail des BKA-Verbindungsbeamten aus Madrid an das BKA vom 10. Dezember 2012, 16.20
Uhr.

549 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 291 (292), E-Mail des BMI, ÖS I, an das BKA (LS1) vom 10. Dezember 2012, 15.19 Uhr.
550 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 312, E-Mail des Zeugen Stahl an SO1 vom 11. Dezember 2012, 11.55 Uhr.
551 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 316 ff., Entwurf eines Schreibens des BKA (SO 12) an das BMI, datierend vom 11. Dezember 2012,

mit Bezug zu einem Erlass vom Vortag.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 173 – Drucksache 18/6700
Die Weiterleitung des erstellten Berichts552 an das Bundesministerium des Innern erfolgte durch den Leitungs-

stab der Abteilung SO des Bundeskriminalamtes mit E-Mail vom 12. Dezember 2012, 12.56 Uhr.553 Gegenüber

dem durch die Zeugin Wiegand erstellten Entwurf waren lediglich redaktionelle Änderungen in geringem Um-

fang vorgenommen worden.

dd) Anfrage der Abgeordneten Judith Skudelny an das Auswärtige Amt aus Anlass der Pressemeldungen

Ebenfalls vor dem Hintergrund der aktuellen Presseberichterstattung richtete die Bundestagsabgeordnete Judith

Skudelny am 10. Dezember 2012 eine Anfrage an das Auswärtige Amt, in der sie ebenfalls Bezug auf die Mel-

dung nahm, dass 19 minderjährige Jungen, unter anderem aus Deutschland, im Rahmen der polizeilichen Maß-

nahmen befreit worden seien. Unter anderem wurde die Frage gestellt, inwiefern deutsche Sicherheitsbehörden

an der Razzia in Spanien beteiligt gewesen seien.554

Die Anfrage wurde durch das Auswärtige Amt bearbeitet, wobei der Text eines durch die Deutsche Botschaft

Madrid entworfenen Antwortbeitrages dem Bundeskriminalamt, SO 12, durch den Verbindungsbeamten des

Bundeskriminalamtes zugeleitet wurde.555 Hierin findet sich unter anderem der Passus:

„In Zusammenhang mit diesen Mitteilungen und aufgrund einer Ursprungsmitteilung der kanadischen
Polizei laufen auch im Bundeskriminalamt Ermittlungen.“556

Durch den Zeugen Stahl konnte zudem in Erfahrung gebracht werden, dass sich das Auswärtige Amt im Hinblick

auf die Frage, inwieweit überhaupt Auskunft erteilt werden könne, an das BMI, Referat ÖS I 4, gewandt habe.

Dort sei eine Zusammenführung mit dem oben unter bb) beschriebenen Erlassvorgang erfolgt und eine Bearbei-

tung erfolge nunmehr im Referat ÖS I 1. Das Auswärtige Amt wurde durch den Zeugen Stahl darauf hingewie-

sen, dass aus ermittlungstaktischen Gesichtspunkten ein Hinweis auf den Ursprung des Verfahrens in Kanada

möglichst unterbleiben solle. 557

552 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 161, Bl. 29 ff., auch MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner115, Bl. 7 ff., Finale Version des Berichts an das BMI
mit ausgefüllter Zeichnungsleiste.

553 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 161, Bl. 18 f., auch MAT A-BKA 18(27)1-1 Ordner 115, Bl. 5 f., E-Mail von BKA-SOAS an das BMI vom
12. Dezember 2012, 12.56 Uhr.

554 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 304, Schreiben von Judith Skudelny, MdB, an das Auswärtige Amt vom 10. Dezember 2012.
555 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 329 f., E-Mail des BKA-Verbindungsbeamten an der Deutschen Botschaft Madrid an das BKA (SO

12) vom 11. Dezember 2012, 12.13 Uhr.
556 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 329 f., E-Mail des BKA-Verbindungsbeamten an der Deutschen Botschaft Madrid an das BKA (SO

12) vom 11. Dezember 2012, 12.13 Uhr.
557 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 335 f., E-Mail des Zeugen Stahl an die Zeugin Wiegand und an einen weiteren Beamten von SO 12

vom 11. Dezember 2012, 18.27 Uhr.

Drucksache 18/6700 – 174 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

b) Pressekonferenz der kanadischen Polizei am 14. November 2013

aa) Kontakte zwischen dem Bundeskriminalamt und der kanadischen Polizei im Hinblick auf Presseveröf-
fentlichungen im Jahr 2013

aaa) Kontakt im Januar 2013

Am 4. Januar 2013 sandte eine Beamtin der Polizei Toronto eine E-Mail an mehrere, in verschiedenen Ländern

mit dem „Project Spade“ befasste Polizeibeamte, darunter auch an die Zeuginnen Greiner und Wiegand. In der

in englischer Sprache versandten E-Mail wird mitgeteilt, dass nationale Medien aufgrund der sehr erfolgreichen

polizeilichen Maßnahmen in den USA, in Kanada und in Spanien das Projekt bereits aufgegriffen hätten. Sodann

heißt es:

„We will be meeting next week to discuss when we will go to press, what I would like to know is whot
the stotus of your investigations are and ask if you all have an interest in participating in an eventual
press conference.”558

In der am 10. Januar 2013 durch die Zeugin Wiegand an die kanadische Polizeibeamtin gesandten Antwort-E-

Mail heißt es dann unter anderem:

„we have approximately 900 suspects in Germany for whom the operational measures have not yet
been carried out.

If a press release was published now, the success of our individual investigations would be endangered.

If a press release is published in Canada, we expressly ask you not to indicate links to Germany.”559

Die Antwort des Bundeskriminalamtes an die kanadische Polizei war auch eines der Themen der Besprechung

zwischen dem Bundeskriminalamt und der ZIT am 9. Januar 2013 in Gießen.560

bbb) Kontakt im Februar und März 2013

Am 19. Februar 2013 sandte eine kanadische Polizeibeamtin erneut eine E-Mail an die Zeugin Wiegand, in der

darauf hingewiesen wird, dass aufgrund der zahlreichen Festnahmen und gerichtlicher Schuldeingeständnisse in

Kanada bereits viele Details über das Projekt an die Öffentlichkeit gelangt seien. Das Projekt sei mitsamt seinem

Namen in Pädophilen-Chatlogs bekannt und es sei sogar eine Webseite erstellt worden, auf der die Festnahmen

verfolgt werden könnten. Aus diesem Grund bliebe nichts anderes übrig, als baldmöglichst mit dem Projekt an

558 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 347 (348), E-Mail einer Beamtin der Polizei Toronto an mehrere Polizeibeamte, darunter die Zeuginnen
Greiner und Wiegand, vom 4. Januar 2013, 15.21 Uhr, mit dem Betreff: „Project Spade“.

559 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 349, E-Mail der Zeugin Wiegand an die kanadische Polizeibeamtin vom 10. Januar 2013, 12.08 Uhr,
mit dem Betreff: „Project Spade / OP Selm – press release Canada“.

560 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 317 (320), Vermerk der Zeugin Wiegand über die Besprechung zwischen dem BKA - SO 12 - und der
Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main - ZIT - vom 9. Januar 2013

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 175 – Drucksache 18/6700
die Presse zu gehen. Die Pressemitteilung sei für Anfang Mai 2013 vorgesehen. Die E-Mail enthielt darüber

hinaus vier Fragen, in denen der Ermittlungsstand abgefragt wurde.561

In der Antwort-E-Mail der Zeugin Wiegand vom 27. Februar 2013, in der die gestellten Fragen beantwortet

werden, heißt es im Hinblick auf die im Raume stehende Presseveröffentlichung:

„We understand that there will have to be a press release in Canada.

However, you are urgently requested in this context to indicate no German connections so as not to
jeopardise our ongoing investigations“.562

In der darauf erfolgten Antwort-E-Mail vom 5. März 2013 sagte die kanadische Beamtin der Zeugin Wiegand

zu, dass der Stand der Ermittlungen in Deutschland nicht mitgeteilt werde.563

ccc) Kontakt im Juli/August/September 2013

Mit E-Mail vom 30. Juli 2013 teilte eine Beamtin der Polizei Toronto der Zeugin Wiegand mit, dass die Presse-

konferenz in die dritte Septemberwoche verschoben worden sei, da man noch abwarte, bis in den USA weitere

Festnahmen erfolgt seien.564

Daraufhin übersandte die Zeugin Wiegand am 12. August eine Antwort-E-Mail, in der sie beschrieb, dass es in

Deutschland etwa 800 Verdächtige gebe, dass man zwischen zwei Kategorien unterschieden habe, dass man

Durchsuchungsbeschlüsse für diejenigen Verdächtigen einhole, die jedenfalls ein Produkt der Kategorie 1 er-

worben hätten (etwa 400, bereits 260 hiervon seien abgearbeitet), dass jedoch erst wenige Durchsuchungen

durchgeführt worden seien. Die Verzögerung begründete die Zeugin Wiegand in der E-Mail damit, dass die

Staatsanwaltschaft gewollt habe, dass bezüglich jedes Verdächtigen Kreditkartendaten eingeholt werden soll-

ten.565

In der noch am selben Tag versandten Antwort-E-Mail hierauf zeigte sich die Beamtin der Polizei Toronto hier-

von sehr beeindruckt („WOW!!“) und teilte mit, dass ihre Kollegin (Empfängerin der E-Mails der Zeugin Wie-

gand aus dem Februar und März 2013) möglicherweise einem Missverständnis aufgesessen sei. Weiter heißt es:

„That is excellent news. We definitely do not want to affect the German arrests. Is November better
timing? We cannot wait much longer.“566

561 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 357 (358 f.), E-Mail einer kanadischen Polizeibeamtin an die Zeugin Wiegand vom 19. Februar 2013,
18.16 Uhr, mit dem Betreff: „Canada – Project Spade“ nebst deutscher Arbeitsübersetzung; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 360 f.

562 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, 357 (357 f.), E-Mail der Zeugin Wiegand an eine kanadische Polizeibeamtin vom 27. Februar 2013, 03.17
Uhr, mit dem Betreff: „press release Canada – Project Spade“.

563 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 357 (357), E-Mail einer kanadischen Polizeibeamtin an die Zeugin Wiegand vom 5. März 2013, 12.56
Uhr, mit dem Betreff: „RE: press release Canada - Project Spade“.

564 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 367 (368 f.), E-Mail einer kanadischen Polizeibeamtin an die Zeugin Wiegand vom 30. Juli 2013,
18.51 Uhr, mit dem Betreff: „Spade“.

565 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 367 (367 f.), E-Mail der Zeugin Wiegand an eine Beamtin der Polizei Toronto vom 12. August 2013,
09.12 Uhr, mit dem Betreff: „AW: Spade“.

566 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 367 (367), E-Mail einer kanadischen Polizeibeamtin an die Zeugin Wiegand vom 12. August 2013,
17.05 Uhr, mit dem Betreff: „RE: Spade“.

Drucksache 18/6700 – 176 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Zeugin Wiegand antwortete der kanadischen Kollegin am 13. August 2013, dass November ein viel besserer

Zeitpunkt sei.567

Am 30. August 2013 fand eine Telefonkonferenz zwischen den Zeuginnen Wiegand und Greiner und zwei Be-

amten der Polizei Toronto statt, über die der ZIT in einer an den Zeugen Dr. Krause gerichteten E-Mail vom 2.

September 2013 berichtet wurde. Unter „Aktueller Stand“ heißt es in der E-Mail an den Zeugen Dr. Krause:

„Aufgrund der in Kanada schon seit einiger Zeit abgeschlossenen operativen Maßnahmen ist für Ende
September eine Pressekonferenz vorgesehen. Der Termin könnte sich noch einmal verzögern, sollten
die US-Behörden bis zu diesem Zeitpunkt ihre operativen Maßnahmen noch nicht beendet haben. Den
kanadischen Kollegen wurde der aktuelle Sachstand in Deutschland mitgeteilt und es wurde darum
gebeten, Deutschland in ihrer Presseveröffentlichung nicht explizit zu erwähnen.“568

Darüber hinaus bat die Zeugin Wiegand in der E-Mail darum, ihr einen Ansprechpartner für Presseanfragen zu

nennen, an den durch die kanadischen Behörden verwiesen werden könnte, da es dort bereits zu einer Kontakt-

aufnahme durch eine für eine deutsche Publikation tätige Journalistin gekommen sei.569

In einer E-Mail an eine Beamtin der Polizei Toronto vom 10. September 2013 benannte die Zeugin Wiegand

den Pressesprecher der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Wittig, als Ansprechpartner für Pressean-

fragen in Deutschland, der ihr am 10. September 2013 durch den Zeugen Dr. Krause telefonisch genannt worden

war.570

bb) Ankündigung der Pressekonferenz durch die kanadische Polizei gegenüber dem Bundeskriminalamt

aaa) Kontakt zur kanadischen Polizei in Bezug auf die geplante Pressekonferenz

In einer E-Mail der Zeugin Greiner an einen Beamten der Polizei Toronto vom 1. November 2013 mit dem

Betreff „131101 – Project Spade – OP Selm – press release in Canada on 14.11.2013“, in der auf ein vorange-

gangenes persönliches Treffen zwischen der Zeugin Greiner und dem kanadischen Beamten Bezug genommen

wird, wurden dem kanadischen Beamten erneut die Kontaktdaten des Pressesprechers der Generalstaatsanwalt-

schaft Frankfurt am Main, Wittig, mitgeteilt und es wurde im Hinblick auf die Pressemitteilung gebeten:

„Would be great if you send us the draft of the press release before the 14th of November, that we can
inform our press relations officers, too.“571

567 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 367 (367), E-Mail der Zeugin Wiegand an eine Beamtin der Polizei Toronto vom 13. August 2013,
15.48 Uhr, mit dem Betreff: „AW: Spade“.

568 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 376, E-Mail der Zeugin Wiegand an den Zeugen Dr. Krause vom 2. September 2013, 15.13 Uhr, mit
dem Betreff: „OP SELM – geplante Presseveröffentlichung der Toronto Police“.

569 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 376, E-Mail der Zeugin Wiegand an den Zeugen Dr. Krause vom 2. September 2013, 15.13 Uhr, mit
dem Betreff: „OP SELM – geplante Presseveröffentlichung der Toronto Police“.

570 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 377, E-Mail der Zeugin Wiegand an eine Beamtin der Polizei Toronto vom 10. September 2013,
14.46 Uhr, mit dem Betreff: „WG: Project Spade – OP Selm – press release in Canada“; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 418, Ge-
sprächsnotiz über ein Telefonat zwischen den Zeugen Wiegand und Dr. Krause vom 10. September 2013.

571 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 378 (378 f.), E-Mail der Zeugin Greiner an einen Beamten der Polizei Toronto vom 1. November
2013, 11.54 Uhr, mit dem Betreff: „131101 – Project Spade – OP Selm – press release in Canada on 14.11.2013“.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 177 – Drucksache 18/6700
In der Antwort-E-Mail vom 2. November 2013 wird die Übersendung einer Kopie der Pressemitteilung zugesagt

und versichert, dass keine Angaben in Bezug auf Deutschland gemacht würden.572

Mit E-Mail vom 12. November 2013 wurde die geplante Pressemitteilung durch den Beamten der Polizei

Toronto an die Zeuginnen Wiegand und Greiner übersandt.573 In der übersandten Pressemitteilung wurde unter

anderem mitgeteilt, dass die Durchsuchungsmaßnahmen bei dem Betreiber der Webseite www.azovfilms.com

am 1. Mai 2011 stattgefunden hatten. Es wurden insgesamt zehn Polizeibehörden außerhalb Kanadas genannt,

die am „Project Spade“ beteiligt waren - das Bundeskriminalamt war nicht hierunter.574

bbb) Mitteilung der bevorstehenden Pressekonferenz an die Ansprechstellen Kinderpornografie in den Bun-
desländern

Mit EPost vom 5. November 2013, 10.43 Uhr, die an „alle lka (Ansprechstelle Kinderpornografie)“ gerichtet

war, wurden unter dem Betreff „OP SELM – Verdacht auf Erwerb und Besitz von Kinder-/ Jugendpornografie

im Internet“ unter Bezugnahme auf die EPost vom 16. Oktober 2012 und den weiteren Schriftverkehr bezüglich

der Operation „Selm“ darüber informiert, dass die kanadischen Behörden für den 14. November 2013 eine Pres-

sekonferenz planen. Man habe sich einigen können, auf eine Nennung Deutschlands zu verzichten. Soweit trotz-

dem Medienvertreter anfragen sollten, solle auf den Pressesprecher der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am

Main, Wittig, verwiesen werden, dessen Kontaktdaten in der EPost mitgeteilt wurden. Weiter heißt es:

„Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch diese Presseveröffentlichung in Einzelfällen der
Ermittlungserfolg in Deutschland gefährdet werden könnte, wird gebeten, bereits vorliegende Durch-
suchungsbeschlüsse vor diesem Termin umzusetzen.“575

ccc) Mitteilung der bevorstehenden Pressekonferenz innerhalb der BKA-Hierarchie

Am 5. November 2013, 12.53 Uhr, sandte die Zeugin Wiegand eine E-Mail an den Zeugen Stahl, in der sie

„MdBu Kenntnisnahme, Genehmigung und Weiterleitung über L/SO12 an LS 2 – P“, in der sie, unter Beifügung

der Führungsinformationen 1 und 2 in der Anlage, ähnlich wie in der unter bbb) dargestellten EPost über die

bevorstehende Pressekonferenz der Polizei Toronto am 14. November 2013 sowie darüber informierte, dass bei

Presseanfragen an den Pressesprecher der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main verwiesen werden solle.

Weiter hieß es:

572 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 378 (378), E-Mail eines Beamten der Polizei Toronto vom 2. November 2013, 14.34 Uhr, an die
Zeugin Greiner mit dem Betreff: „RE: 131101 – Project Spade – OP Selm – press release in Canada on 14.11.2013“.

573 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 423 (423 f.), E-Mail eines Beamten der Polizei Toronto an die Zeuginnen Wiegand und Greiner vom
12. November 2013, 22.29 Uhr, mit dem Betreff: „Draft Press Release – Project Spade“.

574 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 425 ff., Toronto Police Service News Release.
575 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 386 f., EPost vom 5. November 2013, 10.43 Uhr, von „bu wiesbaden bka“ an „alle lka (Ansprechstelle

Kinderpornografie)“ mit dem Betreff: „OP SELM – Verdacht auf Erwerb und Besitz von Kinder-/ Jugendpornografie im Internet“.

Drucksache 18/6700 – 178 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Die Landeskriminalämter – Ansprechstellen Kinderpornografie – wurden am heutigen Tage per E-
Post – Nachricht vom Sachverhalt in Kenntnis gesetzt und darum gebeten, bereits dort vorliegende
Durchsuchungsbeschlüsse vor diesem Termin umzusetzen.“576

Die E-Mail wurde durch den Zeugen Stahl am 5. November 2013, 13.17 Uhr, an den Zeugen Hoppe weiterge-

sandt,577 der diese am 5. November 2013, 16.42 Uhr, an die E-Mail-Adresse SO 1 (BKA) weiterleitete.578 Die

E-Mail war am 5. November 2013 auch von dem Zeugen Schiffels und durch einen Mitarbeiter des Abteilungs-

stabes der Abteilung SO (SO-AS) zur Kenntnis genommen worden und um 17.25 Uhr durch einen Mitarbeiter

des Abteilungsstabes der Abteilung SO an „LS2 – zwV“ weitergeleitet worden.579

Am 6. November 2013, 7.05 Uhr, sandte der Zeuge Hoppe dem Zeugen Schiffels (Cc. an die Zeugen Theissig

und Stahl) eine E-Mail, in der es hieß:

„- Wegen der Sensibilität der Information bitte die Steuerung nur über die persönlichen Postfä-
cher bereits informierter Personen veranlassen –

Nachfolgende Mitteilung an LS 2 zur Ankündigung einer Pressemitteilung zu einem internationalen
Umfangsverfahren mit umfänglicher deutscher Beteiligung wird vorsorglich zum Anlass genommen,
unter Nutzung der persönlichen Postfächer darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um das Umfangs-
verfahren/die OP handelt im Rahmen dessen auch die Personen (geschwärzt – Beamter X) Mitarbeiter
des BKA) und Sebastian E. (MdB) aufgefallen waren. Eine Information der Amtsleitungsmitglieder
auf dem angesprochenen Weg wird angeregt.“580

Nachdem am 12. November 2013 die Pressemitteilung der kanadischen Polizei an das Bundeskriminalamt ge-

sandt worden war (siehe oben aaa)), sandte der Zeuge Stahl am 13. November 2013 eine E-Mail, in der als

Anhang die Pressemitteilung enthalten war, an den Zeugen Theissig, in der er bat, diese auch an „LS2-P“ wei-

terzuleiten.581

ddd) Mitteilung der bevorstehenden Pressekonferenz an die ZIT

Mit E-Mails vom 6. November 2013 wurde der Zeuge Dr. Krause und Oberstaatsanwalt May von der ZIT dar-

über informiert, dass am 14. November 2013 die Pressekonferenz der kanadischen / US-amerikanischen Behör-

576 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 388 (389), E-Mail der Zeugin Wiegand an den Zeugen Stahl vom 5. November 2013, 12.53 Uhr, mit
dem Betreff: „OP Selm – Verdacht auf Erwerb und Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“.

577 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 388 (388 f.), E-Mail des Zeugen Stahl an den Zeugen Hoppe vom 5. November 2013, 13.17 Uhr, mit
dem Betreff: „WG: OP Selm – Verdacht auf Erwerb und Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“.

578 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 388 (388), E-Mail des Zeugen Hoppe an SO 1 (BKA) vom 5. November 2013, 16.42 Uhr, mit dem
Betreff: „WG: OP Selm – Verdacht auf Erwerb und Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“.

579 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 397 (397); auch MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 161, Bl. 60 f., E-Mail eines Mitarbeiters des Abtei-
lungsstabes der Abteilung SO an LS 2 (BKA) vom 5. November 2013, 17.25 Uhr, mit dem Betreff: „131105 - OP Selm – Verdacht auf Erwerb
und Besitz von Kinder-/ Jugendpornografie im Internet“.

580 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 405 (405), E-Mail des Zeugen Hoppe an SO1 (BKA) vom 6. November 2013, 07.05 Uhr, mit dem
Betreff: „WG: 131105 - OP Selm – Verdacht auf Erwerb und Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“.

581 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 428 (428), E-Mail des Zeugen Stahl an den Zeugen Theissig vom 13. November 2013, 18.13 Uhr, mit
dem Betreff: „OP Selm –Verdacht auf Erwerb und Besitz von Kinder-/ Jugendpornografie – Draft Press Release der kanadischen behörden“.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 179 – Drucksache 18/6700
den im Rahmen des „Project Spade“ (Operation „Selm“) stattfinden werde, dass hierüber bereits die Länder-

dienststellen informiert worden seien und dass Leitender Oberstaatsanwalt Wittig als zuständiger Ansprechpart-

ner für Presseanfragen in Deutschland angegeben worden sei.582

Am 13. November 2013 wurde Oberstaatsanwalt May von der ZIT durch den Zeugen Stahl der Entwurf der

Pressemeldung der kanadischen Behörden per E-Mail übersandt.583

Oberstaatsanwalt May antwortete dem Zeugen Stahl sodann per E-Mail am 14. November 2013. In der E-Mail

hieß es unter anderem:

„Nach Rücksprache mit dem Kollegen Franosch sind wir der übereinstimmenden Auffassung, dass
der Bericht im Wesentlichen für unsere beabsichtigten Maßnahmen unschädlich ist. Insbesondere ist
positiv, dass Deutschland als beteiligtes Land am ‚Project Spade‘ nicht genannt wird. Höchst bedenk-
lich erscheint allerdings, dass die Kollegen die betroffene, inkriminierte Webseite vollständig benen-
nen. Dies ist u. E. überflüssig und gefährdet schon deshalb in hohem Maße die Ermittlungen, da es
sich bei der Fa. Azov-Films um die einzige betroffene Firma handelt und daher eine Zuordnung durch
die Beschuldigten leicht zu treffen ist. Es steht zu befürchten, dass die Beschuldigten ihre Datenträger
zerstören oder löschen, sollte sich der Name der von den Maßnahmen betroffenen Webseite im Netz
verbreiten.“584

Diese E-Mail wurde durch den Zeugen Stahl am selben Tag an die Zeuginnen Greiner und Wiegand (Cc. auch

an den Zeugen Hoppe) weitergeleitet. Im Rahmen der Weiterleitung heißt es in der E-Mail des Zeugen Stahl:

„Ich habe gerade mal versucht OStA May telefonisch zu erreichen. OStA May ist gemeinsam mit
seinem Amtskollegen OStA Franosch aktuell auf Dienstreise.

Am Telefon hatte ich StA Dr. Krause. Er, als sachbearbeitender Staatsanwalt, sieht die Bedenken von
OStA May nicht ganz so hart. Vielmehr schließt er sich hiesiger Auffassung an, dass die PM sich im
Schwerpunkt auf USA-Kanada bezieht. Die Nennung von AZOV sieht er ebenfalls nicht ganz so kri-
tisch.“585

cc) Kenntnis von der bevorstehenden Presseveröffentlichung in Niedersachsen

Inwiefern in Niedersachsen mit dem Vorgang befasste Stellen Kenntnis von der bevorstehenden Pressemittei-

lung erlangt haben und welche Konsequenzen hieraus gezogen wurden, wird unten im Teil C. XIII. 3. dargestellt.

582 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 414 f., E-Mails der Zeugin Wiegand an den Zeugen Dr. Krause und an OStA May vom 6. November
2013.

583 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 441, E-Mail des Zeugen Stahl an OStA May vom 13. November 2013, 19.04 Uhr, mit dem Betreff:
„OP Selm – Entwurf Pressemitteilung Toronto Police“.

584 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 445 (445 f.), E-Mail von OStA May an SO 12 (BKA) vom 14. November 2013, 16.00 Uhr, mit dem
Betreff: „AW: OP SELM – Entwurf Pressemitteilung Toronot Police“.

585 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 445 (445), E-Mail des Zeugen Stahl an die Zeuginnen Wiegand und Greiner vom 14. November 2013,
16.00 Uhr, mit dem Betreff: „WG: OP SELM – Entwurf Pressemitteilung Toronot Police“.

Drucksache 18/6700 – 180 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

III. Der Vorgang Edathy als Suchtreffer bei Recherchen im Vorgangsbearbeitungssystem
des Bundeskriminalamtes vor dem 15. Oktober 2013

1. Hintergrund

Am 3. März 2014 wurde durch die Abgeordneten Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg,

Volker Beck (Köln), Britta Haßelmann, Katja Keul, Renate Künast, Monika Lazar, Özcan Mutlu, Hans-Christian

Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung mit der

Überschrift „Offene Fragen zu den Ermittlungen des Bundeskriminalamtes im Fall ‚Edathy‘ vor allem unter dem

Aspekt der Organisationsabläufe und Personalstrukturen“ gerichtet.586 Die Fragen 14 und 15 dieser Anfrage

lauteten wie folgt:

„14. Werden die Zugriffe auf die übermittelten Daten durch BKA-Mitarbeiter protokolliert, und wenn
nein, warum nicht?

15. Wie viele Mitarbeiter innerhalb des BKA hatten eine Zugriffsmöglichkeit auf die Daten, und wie
viele Mitarbeiter hatten konkret Zugriff auf die aus Kanada übermittelten Daten der Operation
‚Spade‘?“587

Am 17. März 2014 fand im Bundeskriminalamt eine Besprechung statt, deren Gegenstand die Beantwortung der

Fragen 14 und 15 aus der genannten Kleinen Anfrage war. Hieran nahmen neben BKA-Präsident Ziercke der

Leiter des Stabes der Amtsleitung, der Zeuge Braß, der Leiter des Leitungsreferates LS 1, der Zeuge Leon,

dessen Stellvertreter Dr. J., der Leiter des Leitungsreferates LS 4, Dr. K. und der stellvertretende Datenschutz-

beauftragte F. teil.588

In dieser Besprechung wurde durch den Zeugen Ziercke der Auftrag erteilt, mittels einer Protokolldatenauswer-

tung zu erheben, wer seit Anlage der Einzelvorgänge der Operation „Selm“ im VBS am 30. Oktober 2012589 bis

zum 15. Oktober 2013 im VBS Zugriff auf den SO 12-Vorgang betreffend Edathy genommen habe.590

Noch am selben Tag wurde durch den stellvertretenden Datenschutzbeauftragten die nachfolgende E-Mail an

einen Mitarbeiter des Referats IT01-Auswertung gesandt:

„zur Durchführung einer datenschutzrechtlichen Kontrolle wird um eine Protokolldatenauswertung
dahingehend gebeten, ob und durch wen (welche Mitarbeiter des BKA – bk-Nummer) die unten auf-
geführte Person in VBS abgefragt wurde bzw. nach dieser gesucht wurde.

586 BT-Drs. 18/713 vom 3. März 2014.
587 BT-Drs. 18/713 vom 3. März 2014, S. 2.
588 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 142, Bl. 61 (62), Entwurf eines Schreibens des Leiters des BKA-Leitungsstabes an den Sekretariatsleiter des

Bundestags-Innenausschusses vom 27. März 2013.
589 Zur Anlage der Einzelvorgänge an diesem Tag siehe unter Zweiter Teil A.5.e)bb).
590 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 142, Bl. 61 (62), Entwurf eines Schreibens des Leiters des BKA-Leitungsstabes an den Sekretariatsleiter des

Bundestags-Innenausschusses vom 27. März 2013.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 181 – Drucksache 18/6700

Sebastian EDATHY, geb. am 05.09.1969; Vorgangsnummer 2012-001641[…] (läuft aktuell nicht
mehr unter ‚Edathy‘, sondern nur noch unter ‚E‘).

Der Vorgang wurde in VBS zunächst ohne besondere Zugriffsberechtigungen geführt; erst ab dem
15.10.2013 wurde die Zugriffsmöglichkeit auf Mitarbeiter eines bestimmten Referats beschränkt.

Der Vorgang in VBS wurde am 30.10.2012 angelegt, die PDA sollte somit den Zeitraum 30.10.2012
bis heute umfassen.“591

2. Das Vorgangsbearbeitungssystem des Bundeskriminalamtes

a) Allgemein

Das Vorgangsbearbeitungssystem (VBS) des Bundeskriminalamtes wurde dem Untersuchungsausschuss durch

den Zeugen Schweickardt umfassend erläutert.592

Rechtsgrundlage des VBS des Bundeskriminalamtes ist § 30 Abs. 2 1. Alternative BKA-Gesetz.593

In der Einleitung des Fachkonzepts VBS wird zum Hintergrund des VBS ausgeführt:

„In Anlehnung an die bestehende, konventionelle Vorgangsbearbeitung im BKA soll ein möglichst
intuitiv erfassbares, browserbasiertes Vorgangsbearbeitungssystem realisiert werden, welches es er-
möglicht, Vorgänge elektronisch anzulegen, weiterzuleiten, zu bearbeiten und zu recherchieren. Das
VBS soll in der vorgesehenen, vorläufigen Endausbaustufe über Schnittstellen zu Inpol-Z und Inpol-
F sowie über Anbindungen an E-Mail, EPOST810, Fax- und Fernschreib-Funktionen verfügen. Fach-
lich baut die Anwendung auf den Planungen der PG BIVAS auf, in der von 1997 bis Mai 2001 an der
Entwicklung und Einführung eines Vorgangsbearbeitungssystems im BKA gearbeitet wurde.“594

Den Nutzungsumfang des VBS hat der Zeuge Schweickardt wie folgt beschrieben:

„[…] Wir kommen mal kurz zu der Statistik. Knapp 3 400 aktive Nutzer von VBS jeden Tag, natürlich
nicht immer 3 394 pro Tag, aber in der Regel 3 000, um den Dreh rum. Das zeigt bei einer Gesamt-
personalstärke von weit über 5 000 Leuten, dass es eigentlich das Hauptsystem ist, mit dem wir im
BKA arbeiten. Vorgänge, Nachrichten, Aufträge - das sind verschiedene Kategorien innerhalb von
VBS -: 11,6 Millionen, 9,3 Millionen Nachrichten, 2,3 Millionen Aufträge, die man eben an andere
Organisationseinheiten innerhalb von VBS versenden kann, um Dinge abzuarbeiten. Gespeicherte
Personalien: 15,3 Millionen, Kriminalakten: knapp 1,1 Millionen, Dokumente: 72,5 Millionen, und
tägliche Änderungen an Vorgangsdatensätzen, an Dokumenten: Da haben wir 386 000 Änderungen
jeden Tag. Tägliche Änderungen an Personalien: 11 000, genau, und die Erfassung von Personen in
einem Zeitraum, in einem Monat, Neuerfassungen nur von Personen: 302 000. […]“595

Im Folgenden hat der Zeuge Schweickardt weitere Details zum VBS ausführlich dargelegt, insbesondere den

Nachrichteneingang,596 die Anbindung an weitere polizeiliche Informationssysteme wie etwa INPOL-Z und

591 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 142, Bl. 2 (2), E-Mail des stv. Datenschutzbeauftragten des BKA an einen Mitarbeiter des Referats IT01-
Auswertung vom 17. März 2014, 17.53 Uhr.

592 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 7 ff.
593 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 8.
594 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 159, Bl. 157 (174), Fachkonzept VBS.
595 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 8.
596 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 8.

Drucksache 18/6700 – 182 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

NSIS,597 die Ansicht der persönlichen Nutzeroberfläche („Arbeitsplatz“) eines Mitarbeiters,598 die Art und

Weise der Vergabe der Vorgangsnummern599 und damit in Zusammenhang die Zuordnung von Nachrichten.600

Der Zeuge Schweickardt hat sodann dargelegt, dass bei den Vorgängen im Wesentlichen zwischen sogenannten

Allgemeinen Vorgängen und Kriminalpolizeilichen Vorgängen unterschieden werde.601

b) Protokollierung von Veränderungen in Vorgängen

Im Hinblick auf mögliche Änderungen in Vorgängen hat der Zeuge Schweickardt ausgeführt, dass Änderungen

in den Vorgängen stets protokolliert würden und dass es möglich sei, den Vorzustand wiederherzustellen.602 Auf

die Frage, ob einzelne Mitarbeiter Einträge löschen könnten, hat der Zeuge Schweickardt ausgeführt:

„Ja. Aber noch mal: Es wird alles protokolliert, alles, alles. Also, es kann wiederhergestellt werden -
alles.“603

In diesem Zusammenhang hat der Zeuge weiter ausgeführt:

„[…] Nein, wir lassen automatische Protokolle mitlaufen. Wie Sie ja sehen, was im Ausschuss auch
vorgelegt worden ist: Es sind viele Sachen ja einfach wiederhergestellt worden. Die sind nichts anderes
als die Protokolldaten. Ein großer Bestandteil unseres Speichersystems sind Protokolldaten, und die
heben wir auf. Da ist nichts weg. Selbst die Filterfunktionen werden mitprotokolliert.”604

Er hat sodann nochmals klargestellt:

„[…] Wir können, wie gesagt, jeden Vorgang zu jedem Zeitpunkt wiederherstellen, und zwar chrono-
logisch durchgehend. […]“605

Konkret zur Betreffzeile eines Vorgangs befragt hat der Zeuge Schweickardt bekundet:

„Die Betreffzeile wird in der Regel vom Sachbearbeiter angelegt. In der Regel, es gibt aber auch au-
tomatisierte Sachen, wo die Betreffzeile vorgegeben ist, zum Beispiel bei den ganzen ViKon- und
VISA-49-Geschichten. Oder wenn man große Datenbestände, Riesenlisten in Excel bekommt, dann
kann man die automatisiert reinschieben in VBS, und dann wird VBS automatisch immer den gleichen
Betreff anlegen. Das geht, ja. Das gibt es auch bei automatisierten Anlagen, zum Beispiel großen
Namensbeständen in Excel-Tabellen. Tausende von Namen werden nicht händisch erfasst, die werden
automatisiert reingeschoben in VBS, und da wird immer wieder der gleiche Betreff genommen. Aber
in der Regel, wenn man Einzelvorgänge hat, legt den Betreff der Sachbearbeiter fest. Da gibt es keine
klaren Regeln. […]“606

Zu der Frage, ob für den Sachbearbeiter eines Vorgangs erkennbar sei, ob innerhalb des Vorgangs durch einen

vorherigen Sachbearbeiter etwas entfernt worden sei, hat der Zeuge Schweickardt ausgeführt:

597 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 8 f.
598 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 9.
599 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 10.
600 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 10.
601 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 11 f.
602 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 15.
603 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 15.
604 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 15.
605 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 17.
606 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 15.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 183 – Drucksache 18/6700

„Der Nächste, der reinguckt, sieht den Vorgang so, wie er aktuell ist.“607

Auf nochmalige Nachfrage, ob eine vorangegangene Veränderung für den Sachbearbeiter erkennbar sei, hat der

Zeuge Schweickardt bekundet:

„Nein. Er muss dann genau reingucken und suchen. Nein. Die Oberfläche sagt jetzt ja nicht: Bei der
letzten Sitzung von der Person XYZ wurden genau diese Sachen gemacht. - Dieses geht nur über die
Wiederherstellung, über die Protokolldaten - das allerdings umfassend.“608

Hierzu hat der Zeuge Schweickardt nochmals konkretisiert:

„[…] Wir können, wie gesagt, jeden Vorgang zu jedem Zeitpunkt wiederherstellen, und zwar chrono-
logisch durchgehend. Wenn Sie also Verdachtsmomente hätten, kann man die chronologisch wieder-
herstellen. Das ginge, und dann sehen Sie auch den Werdegang eines Vorgangs, hoch und runter.“609

c) Zugriff auf die Protokolldaten

Im Hinblick auf die Frage, wer Zugriff auf die Protokolldaten habe, hat der Zeuge Schweickardt ausgeführt:

„Nur IT und die Superadministratoren. Nur wir. Also nur bei uns in der Abteilung IT in den Bereichen
der Entwicklung. Das sind Superadministratoren. Da kommt kein anderer rein. Und ganz ehrlich, ich
persönlich würde sehr wahrscheinlich überhaupt nicht verstehen, was ich da machen müsste. Das ist
dann wirklich sehr, sehr tief in der IT-Materie drin. Also reine Spezialisten, ja.

[…]

[…] Wenn wir eine Protokollierung und eine Wiederherstellung aufrufen, wenn das erforderlich ist,
dann gilt auch hier das Mehr-Augen-Prinzip. Dann kommen Aufträge. Das macht der nicht aus freien
Stücken, weil er mal Lust hat, sondern da kommt ganz klar - - Auch das übrigens wird protokolliert.
Der Protokollant wird bei uns auch protokolliert, ja.“610

Zu den einzelnen Protokollarten des VBS hat der Zeuge Schweickardt bekundet:

„[…] Übersicht der VBS-Protokollarten: Anmelde-/Abmeldeprotokoll, Änderungsprotokoll (alle Vor-
gangsdaten inklusive aller Fachobjekte), Abfrageprotokoll, Trefferprotokoll, Aktenzugriffsprotokoll,
Vorgangszugriffsprotokoll - also anklicken -, Fehlerprotokoll - die Seite ging nicht auf; Error -, Ach-
tung: Fremdsystemzugriffsprotokolle, auch die vollumfänglich eine Protokollierung - -

Das wollte ich auch noch mal verdeutlichen, was das bedeutet. Das ist auch rein technisch - - Und
auch für die Abteilung IT, für die ich ja hier auch ein Stück weit sitze, ist das ein Riesenkostenfaktor,
weil das alles gespeichert werden muss, alles. Und VBS ist nicht das einzige System, das einer Voll-
protokollierung unterliegt; wir haben derer viele. Insbesondere die, die alle hier dranhängen und im
Bestand hinten herum mit abgeglichen werden, laufen in ähnlichen Protokollmechanismen ab. Das ist
ein Riesending. Das muss man noch mal sehr verdeutlichen. Man sagt so schnell: Schnell mal die
Protokolldaten sichern. - Das bedeutet einiges. Und das bedeutet immer: Die werden nicht gelöscht.
Und ganz klar ist: Auch Daten, die schon gelöscht worden sind, sind dann komplett umfänglich wie-
derherstellbar. Auch die Daten, die nach gesetzlichen Vorschrieben gelöscht werden müssen, sind
dann wiederherstellbar. Das muss man wissen, wenn man Protokolldaten vorhalten lässt. Es wird

607 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 17.
608 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 17.
609 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 17.
610 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 37.

Drucksache 18/6700 – 184 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

nichts weggeschmissen. Auch wenn es offensichtlich schon raus ist aus dem System: Es ist wieder-
herstellbar. Das muss man immer im Hinterkopf behalten. Das ist eine Riesenarie, eine solche Proto-
kollierung.“611

d) Recherchemöglichkeiten

Die verschiedenen innerhalb des VBS vorhandenen Recherchemöglichkeiten hat der Zeuge Schweickardt eben-

falls dargestellt.612

Bei der Suche werde zwischen einfacher Suche, erweiterter Suche, freier Suche, Nachrichtensuche und Doku-

mentensuche unterschieden, wobei sowohl nach Personen als auch nach Sachen gesucht werden könne613.

Zur Anzeige bei mehreren Suchtreffern hat der Zeuge Schweickardt ausgeführt:

„[…] Das heißt, wenn Sie da 150 Treffer haben, dann haben Sie bei 20 Trefferanzeigen pro Seite
sieben, siebeneinhalb Seiten, die Sie scrollen müssen. Und da unten sehen Sie dann: Seite 1, 2, 3, 4,
5, 6, 7 - ganz viele. Wenn die freie Suche zu so einem erheblichen Trefferaufkommen führt, bricht
man in der Regel ab und detailliert, verfeinert den Suchgrad, um eigentlich zielgenauer reinzukom-
men. Das ist natürlich, wenn man dann durchklicken muss - lesen, lesen, lesen, lesen -, Aufwand.
[…]“614

Auf Nachfrage hat der Zeuge Schweickardt klargestellt, dass bei Eingabe eines Namens bei der Personensuche

lediglich Kriminalpolizeiliche Vorgänge angezeigt würden.615 Danach befragt, ob dies auch Opfer von Straftaten

betreffe, hat der Zeuge Schweickardt dargestellt:

„Sie finden die Opfer. Ja, klar, logisch.“616

Auf die Frage, ob auch hier nur Kriminalpolizeiliche Vorgänge dargestellt würden:

„Ja, aber als Opfer ausgewiesen. Da steht ‚Opfer‘ dahinter, da steht ‚Zeuge‘ dahinter, da steht ‚Opfer‘
dahinter. Da steht nicht ‚Beschuldigter‘. Sie sehen, man kann auch Personen angeben, die sind tatver-
dächtig, die sind beschuldigt, die haben dann eine Überschrift, und da steht dann auch ‚Opfer‘ drüber
und ‚Zeuge‘. Also, man kann die Personen auch mit Gruppen versehen, dass man auch sehen kann:
Okay, Beschuldigter, Beschuldigter, Tatverdächtiger, Opfer, Opfer, Opfer.“617

Als weitere Recherchemöglichkeit hat der Zeuge Schweickardt darüber hinaus den sogenannten Allgemeinen

Dateienrundlauf im VBS genannt. Hierzu hat er ausgeführt:

„[…] Das heißt, aus VBS heraus kann man über BKA-weit einheitlich definierte mehrstufige Abfragen
in mehreren Ebenen verschiedene Systeme und Dateien - das sind derzeit 35 - automatisiert abfragen,
und man kriegt eine automatisierte Dokumentation des Ergebnisses als Dokument im sogenannten
Hit-/No-Hit-Verfahren. […] Der wird sehr häufig auch genutzt bei Neueingängen. Um sich einen
Überblick zu verschaffen - Was wissen wir darüber? Kennen wir die Person? -, greift man häufig zum
allgemeinen Dateienrundlauf.

611 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 47.
612 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 19 ff.
613 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 19.
614 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 20.
615 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 21.
616 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 23.
617 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 23.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 185 – Drucksache 18/6700

Wie startet man ihn? Man hat eine anfragende Person. Wir sind also jetzt im Vorgang zu einer Person.
Man hat eine Person angelegt, und ich bin mittendrin bei der Person. Ich kann aus der Person sagen:
Ich würde jetzt gern mal über die Person mehr wissen. Was wissen wir denn darüber? Dann sehen Sie
unten das rot umkreiste Feld ‚Dateienrundlauf beauftragen (zentral)‘. Anklicken, und die Suche geht
los. Das war es schon. Die ganzen Daten, die hier hinterlegt sind von der Person, werden automatisch
in die Recherche eingepflegt, und dann geht es durch die Systeme durch und führt dann zu so einem
Trefferergebnis. […]”618

e) Berechtigungsstruktur

Auch die Berechtigungsstruktur des VBS wurde durch den Zeugen Schweickardt dargestellt:

„Das ist die sogenannte Berechtigungsstruktur.

Das heißt, wir legen Rollen und Berechtigungen fest. Das, was ich eben alles erzählt habe - was kann
man sehen, was kann man nicht sehen? -, hängt im Wesentlichen davon ab: Welche Aufgabe hat der
Sachbearbeiter? In welchem Bereich ist er eingesetzt? Wenn er in einer Organisationseinheit - das ist
das ‚OE‘ - beschäftigt ist, als Sachbearbeiter in einem Referat, in einem Phänomenbereich - Rausch-
gift, Kinderpornografie, Cybercrime - oder im Bereich von Staatsschutzbereichen, dann ist er feder-
führender Sachbearbeiter, FFSB, oder Sachbearbeiter, SB, oder nachrichtlich beteiligter Sachbearbei-
ter, NBSB. - Ich weiß, wir neigen zu Abkürzungen. - Das heißt, es könnte für einen anderen innerhalb
meines Referates auch interessant sein. Dann kriegt er einen Haken gesetzt, dann kann er das le-
sen.“ 619

„Also ‚Cc‘, das ist quasi ‚Cc‘. - Der federführende Sachbearbeiter ist der Hauptverantwortliche für
den Vorgang, und zwar durchgängig, solange er federführender Sachbearbeiter ist. Der Sachbearbeiter
selbst arbeitet dem federführenden Sachbearbeiter zu. Der ‚Cc‘ oder NBSB: mit Interesse, guck mal
drüber, könnte auch interessant sein. - Die haben die vollen Rechte. Das ist der grüne Balken. Ich habe
extra ‚Datenschutz“ dahin schreiben lassen. Das ist quasi dieser Vorgang, da brauchen Sie umfangrei-
che Kenntnisse. Volle Rechte, alles lesen, bestücken, lesenden und schreibenden Zugriff auf alles, was
im Vorgang ist. Alles. Das ist die Rolle.

Kommen wir jetzt zum Sichter oder Mitglied. Wir sind immer noch in einer Organisationseinheit.
Sichter ist derjenige, der die Vorgänge sieht und zuweist zu federführenden Sachbearbeitern. Das sind
in der Regel erfahrene Beamte, die schon länger im Geschäft sind und die dann eben die Arbeit auf-
teilen - so sage ich es jetzt mal -: Sie machen das, Sie machen das, Sie machen das, nur automatisch.
Sie sind federführender Sachbearbeiter hier und dort. - Der hat eingeschränkte Rechte. Er kann zwar
alles lesen, aber er kann nur die Bearbeitung festlegen: Sie machen dies, Sie machen das. - Oder aber
er kriegt dann die vollen Rechte, wenn er sich selbst den Vorgang zuweist. Das geht. Dann ist er aber
federführender Sachbearbeiter, kein Sichter mehr. Dann gibt er sich quasi die höchste Rolle mit den
höchsten Möglichkeiten.

Wir verlassen jetzt die Organisationseinheit und kommen zur OH - Achtung! -, Organisationshierar-
chie. Sie sind zum Beispiel immer noch in Ihrer Abteilung, aber nicht mehr in dem Referat, vielleicht
noch in derselben Gruppe, aber auf jeden Fall noch in Ihrer Abteilung. Sie sehen, Sie kommen immer
mehr nur zum Lesen. Jetzt sehen Sie die Metadaten. Das ist Betreff, Vorgangsnummer, Kategorie. Das
sind die sogenannten Metadaten eines Vorgangs. Die sehen Sie. Wenn Sie mehr wissen wollen, rufen
Sie dann entsprechend an oder auch nicht. Das ist Organisationshierarchie.

Und jetzt kommen wir - und da bewegen wir uns in der Regel bei der freien Suche - zu VBS_OH_Fin-
der, Organisationshierarchie Finder, ganz weg von der Organisation, irgendeine andere Abteilung. Sie

618 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 26.
619 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 28 f.

Drucksache 18/6700 – 186 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gehen rein, suchen. In der Regel nutzen die die freie Suche. Die können auch mit jeder anderen Suche
arbeiten, aber in der Regel nutzt man dort die freie Suche. Sie finden einen Vorgang. Sie finden viele
Vorgänge. Sie suchen Ihren und finden den unter den ganzen. Dann haben sie Glück. Wenn sie da
draufklicken, geht der auf. Wenn sie einen anderen finden oder wenn sie ihn gesehen hätten und woll-
ten draufklicken, passiert da original nichts. Außer dass dieser Vorgang nicht mir gehört, und wenn es
mich interessiert oder ich will das wissen, dann muss ich nachgucken im elektronischen Telefonbuch
- das geht jetzt nicht über VBS - und sagen: Okay. Wer arbeitet da? Ich rufe an. - Dann muss ich
Kontakt aufnehmen. Sie sehen nichts, nur dass es da was gibt. Das ist ‚Kenntnis nur, wenn nötig‘. Das
ist Datenschutz in VBS. Die Rollen und Berechtigungen werden exakt festgelegt. Und je weiter man
davon weg ist, desto weniger kann man sehen, bis hin man sieht nur noch auf einer Riesenlatte an
Trefferergebnissen: Da ist was. Aber man sieht nicht genau, was. Und man könnte, selbst wenn man
es wollte und wenn man draufklickt, nichts weiter machen. Man muss dann den Hörer in die Hand
nehmen und anrufen. Oder aber man bewertet den Vorgang und sagt: Das ist nicht meine Baustelle.
Damit habe ich jetzt nichts zu tun. Ich suche meinen Vorgang. Ich verfeinere die Suche, gehe noch
mal detaillierter rein, weil ich meine, dass es zu viel ist, oder aber ich habe ihn gefunden und gehe
drauf. Fertig. - Das ist das Rollen- und Berechtigungskonzept. […]“620

Daneben hat der Zeuge Schweickardt auch auf die Möglichkeit, einen Vorgang besonders zu schützen, hinge-

wiesen:

„[…] Ich kann innerhalb meines Vorgangs, wenn ich sage: ‚Der ist so schützenswert, das muss aber
aktiv der Sachbearbeiter machen‘, einen Haken setzen. Dann ist der nicht mehr uneingeschränkt re-
cherchierbar und auch nicht mehr uneingeschränkt lesbar, egal welche Rechte man in dem Fall hat,
um von außen draufzugucken. Man sieht das in der Organisationshierarchie - zum Beispiel noch Leser,
die auch Vorgänge noch rudimentär einsehen könnten - nicht. Gar nichts. Dann ist dieser Vorgang
quasi nur Treffer. Der wird dann bearbeitet, aber man hat keine Möglichkeit, auch wenn man vielleicht
mehr Rechte hätte in dem Fall, außer Lesen, in den Vorgang reinzugehen. Das geht. Man kann den
Vorgang sozusagen - - Das nennt man ‚Vorgang schützen‘.“621

Im Hinblick auf eine Erweiterung der Zugangsberechtigung hat der Zeuge Schweickardt ausgeführt:

„[…] Eine Rollen- und Berechtigungserweiterung kann nur erfolgen von der federführenden Organi-
sationseinheit und den Sachbearbeitern. Die muss das prüfen. Nur die kann eine Berechtigung erwei-
tern. Das ist aber bei weitem nicht die Regel. Also nur die kann - - Man kann sich das nicht einfach
bei der Benutzerverwaltung - - anschreiben: Ich brauche mal eine größere Berechtigung. - Das geht
nicht. Da muss zugestimmt werden, und zwar von der Organisationseinheit, die die größte Berechti-
gung hat, die alles lesen und schreiben kann in dem Vorgang. Nur die kann sagen: Jawohl, ich möchte,
dass diese Berechtigung erteilt wird.

Achtung: Und das bedarf der aktiven Anfrage. Da muss man aktiv nachfragen. Da muss man auf die
Organisation zugehen: Ich habe das und das gesehen; das interessiert mich jetzt. - Dann muss man
sagen: Es interessiert mich aus folgendem Grund, und ich hätte darüber gerne Informationen. Kann
ich die Informationen sehen? Könnt ihr mir das rüberschicken, oder kann ich Leserecht kriegen? - Das
muss aktiv angefragt werden. Und nur dann kann es erfolgen. Es gibt keinen irgendwie gearteten Au-
tomatismus, dass der selbst irgendwie ein paar Knöpfchen drückt, und schwupps, hat er Leserecht.
Das geht definitiv nicht, nein. Das wäre auch vom Datenschutzbeauftragten sofort - - würde das sofort
wieder abgeschaltet. Das darf keiner.“622

620 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 29 f.
621 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 34.
622 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 43.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 187 – Drucksache 18/6700

f)Eingabe der Betreffzeile eines Vorgangs

Im Hinblick auf die Eingabe der Betreffzeile eines Vorgangs hat der Zeuge Schweickardt dargestellt:

„[…] Das ist sowohl beim allgemeinen Vorgang so als auch beim Kriminalpolizeilichen Vorgang oder
bei anderen Vorgängen mit Personennamen, die nicht kriminalpolizeilich sind. Da können Sie den
Betreff eingeben, oder aber das System, wenn Sie Riesen-Excel-Listen reinschieben, gibt einmal den
Betreff durch, automatisiert. Das geht auch. Diese Verwaltungsdaten können sowohl selbst angelegt
werden als auch automatisiert angelegt werden. Beides geht. […]“623

g) Hintergrundrecherche bei Neuanlage von Vorgängen

Der Zeuge Schweickardt hat bekundet, dass bei Neuanlage eines Vorganges automatisch eine Hintergrund-

recherche ablaufe, nicht jedoch in den Fällen, in denen die Neuanlage eines Vorgangs automatisch erfolge:

„Es gibt eine sogenannte Hintergrundrecherche bei der Neuanlage von Vorgängen. Deswegen sagte
ich, es ist elementar wichtig: Aus welchem Grund recherchiere ich? Wenn ich einen Neuvorgang an-
lege, läuft automatisch eine Hintergrundrecherche, und VBS zeigt mir: Achtung, eins, zwei, drei, vier,
fünf, ganz viele gibt es schon davon. Aber wenn Sie jetzt Neuanlage zum Beispiel machen, ein Kri-
minalpolizeilicher Vorgang im kriminalpolizeilichen Bereich - was gibt es da? -, da läuft eine soge-
nannte Hintergrundrecherche ab. Ja.“624

„Also, immer da, wo der Name dieser Person schon mal hinterlegt ist und recherchierbar ist, kriegt
jeder bei einer Anlage eines Neuvorgangs in einer sogenannten Hintergrundrecherche die Treffer an-
gezeigt. Ja, die kriegt er angezeigt. Das ist so. Aber, wie gesagt, wenn er selbst anlegt - Achtung! -,
nicht wenn automatisiert angelegt wird. Dann nicht. Dann hat das System das irgendwo für sich, aber
nicht die Person. Wenn automatisiert angelegt wird, rauscht das durch.“625

3. Projektgruppe Informationsmanagement im Bundeskriminalamt

Das Bundeskriminalamt richtete im August 2014 im Hinblick auf mögliche Schwachstellen, die im Fall Edathy

zu Tage getreten waren, eine interne Projektgruppe „Informationsmanagement“ ein. In einer Informations-E-

Mail der Projektgruppe vom 11. August 2014 heißt es unter anderem:

„Ziel soll u.a. eine zeitnahe Verbesserung des Umgangs mit den insbesondere in VBS gespeicherten
Informationen des BKA durch Erstellung eines Anzeigemechanismus (bei Zugriff auf den Datenbe-
stand durch mehrere Bearbeiter / Abteilungen) sei. Dabei geht es insb. um die Erarbeitung einer tech-
nischen Unterstützung, um die Kommunikation bzw. die Informationsverdichtung mehrerer betroffe-
ner Bereiche zu Datenbeständen des BKA zu optimieren.

Zum einen soll der Abfragende besser erkennen, dass weitere ggf. relevante Informationen in den
Dateien des BKA vorhanden sind, zum anderen soll insb. der federführende Bearbeiter des ‚getroffe-
nen‘ Datenbestandes aktiv und standardisiert darauf hingewiesen werden, dass ‚sein Datenbestand‘
getroffen bzw. darin recherchiert wurde. Dies einschränkend auf zuvor im VBS besonders markierte

623 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 28.
624 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 33.
625 Schweickardt, Protokoll-Nr. 15, S. 34.

Drucksache 18/6700 – 188 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Personen; die Entscheidung, welche Personen markiert werden, obliegt der jeweiligen Fachabtei-
lung.“626

Die Umsetzung sollte bis Mitte September 2014 erfolgen, voraussichtlich bis Mitte November 2014 war der

Einsatz von Filtern zur Vermeidung unnötiger Nachrichten geplant.627 Die hierzu befragte Zeugin Dr. Vogt hat

dem Untersuchungsausschuss in ihrer Vernehmung Ende März 2015 – ohne auf die Projektgruppe Informati-

onsmanagement konkret einzugehen – berichtet, dass innerhalb des Bundeskriminalamtes über Änderungen im

Bereich des VBS gesprochen werde.628 Der Zeuge Henzler hat ausgeführt, dass „bestimmte Features“ innerhalb

des Vorgangsbearbeitungssystems „nachjustiert“ worden seien – bei bestimmten Personen seien Merker gesetzt

worden, um zu vermeiden, dass ein Name erscheine und nicht auffalle.629

4. Die Recherchen mit dem Suchbegriff „EDATHY“

a) Ergebnis der Feststellungen des Datenschutzbeauftragten

Das Ergebnis der Feststellungen hinsichtlich der Zugriffe auf den Vorgang mit der Vorgangsnummer 2012-

001641[…] aufgrund der Protokolldatenauswertung wurde am 18. März 2014 per E-Mail durch den stellvertre-

tenden Datenschutzbeauftragten an den Zeugen Braß als Leiter des Leitungsstabes sowie an andere Mitarbeiter

des Leitungsstabes übermittelt.630

aa) Kein lesender Zugriff auf den Vorgang durch unberechtigte Personen

Die Feststellungen ergaben, dass zwischen dem 30. Oktober 2012 und dem 17. März 2014 auf den Vorgang

betreffend Sebastian Edathy lediglich drei Mitarbeiterinnen lesend zugegriffen haben, und zwar neben der Zeu-

gin Wiegand und der Zeugin Greiner lediglich eine Mitarbeiterin des Datenschutzbeauftragten anlässlich der

Vorbereitung der Protokolldatenauswertung am Vortag (17. März 2014) auf Veranlassung des stellvertretenden

Datenschutzbeauftragten.631

626 MAT A BKA 18(27)1-2, Ordner 359, Bl. 49 f., E-Mail einer Mitarbeiterin der PG Informationsmanagement an die Abteilungsstäbe innerhalb
des BKA vom 11. August 2014.

627 MAT A BKA 18(27)1-2, Ordner 359, Bl. 49 f., E-Mail einer Mitarbeiterin der PG Informationsmanagement an die Abteilungsstäbe innerhalb
des BKA vom 11. August 2014.

628 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 80 f.
629 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 85;
630 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 142, Bl. 26 (26), E-Mail des Stellvertretenden Datenschutzbeauftragten an Mitarbeiter des BKA-Leitungsstabes

vom 18. März 2014, 15.17 Uhr.
631 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 142, Bl. 26 (26), E-Mail des Stellvertretenden Datenschutzbeauftragten an Mitarbeiter des BKA-Leitungsstabes

vom 18. März 2014, 15.17 Uhr; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 142, Bl. 14 f., Protokoll über die Zugriffe auf den Vorgang mit der Nummer
2012-001641[…], bezeichnet mit „AH99_17116/H 18.03.2014".

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 189 – Drucksache 18/6700

bb) Zugriff durch die Zeuginnen Wiegand und Greiner vor dem 15. Oktober 2013

aaa) Lesender Zugriff vor dem 15. Oktober 2013

Aus dem Protokoll über die Zugriffe auf den Vorgang gehen für den Zeitraum vor dem 15. Oktober 2013 fünf

Zugriffe hervor. Bei zwei Zugriffen, und zwar bei den Zugriffen vom 24. Juni 2013 durch die Zeugin Wiegand

und vom 15. Juli 2013 durch die Zeugin Greiner, wird als „Obj-Status“ der Begriff „NEU“ im Zugriffsprotokoll

aufgeführt; bei drei weiteren Zugriffen durch die Zeugin Wiegand am 26. Juli 2013 (ein Zugriff, 13.01 Uhr) und

am 8. Oktober 2013 (zwei Zugriffe, 10.45 Uhr und 10.50 Uhr) wird als „Obj-Status“ der Begriff „BEA“ ge-

nannt.632

Die Zeugin Greiner hat zu dem unter Angabe ihrer Kennung protokollierten Zugriff ausgeführt:

„[…] Ich kann mich an keinen Zugriff vor dem 15.10. erinnern. Es gab ja diese Protokollierung. Da
taucht ein wie auch immer gearteter Zugriff von meiner Kennung auf den Vorgang auf. Ich wollte das
dann nachher auch klären. Mir wurde es so erklärt, das ist irgendeine Art von technischem Zugriff,
der irgendwas mit Sichterrechten, die ich für diesen Gesamtvorgang auch habe, zu tun haben muss,
und dass es deswegen durchaus sein kann, dass ich mich jetzt an den Einzelvorgang nicht erinnern
kann.“633

„Das betraf ja auch ein Datum, als ich noch in der BAO ‚Transporter‘ war. Es hätte jetzt fachlich zu
dem Zeitpunkt keinen Sinn gemacht, auf diesen Einzelvorgang zuzugreifen für mich.“634

Auch innerhalb des Bundeskriminalamtes wurde durch den stellvertretenden Datenschutzbeauftragten die Frage

aufgeworfen, wie sich der Objektstatus „NEU“ erklären lasse. Deshalb kam es zu einer E-Mail an einen Mitar-

beiter des Referats IT-01-2.635 In der Antwort des Mitarbeiters des Referats IT-01-2 auf diese E-Mail hieß es:

„wie Frau [M., Anm.] bereits erläuterte, bedeutet der Status ‚NEU‘, dass der Vorgang keinem Sach-
bearbeiter zugewiesen ist. Der VG befindet sich dann beim sog. ‚Sicher Arbeitsplatz‘ bei den ‚Neu-
eingängen‘. Sobald der VG einem Sachbearbeiter zugewiesen wird, wechselt er in den Status ‚BEA‘
und erscheint dann im Bereich ‚Bearbeitung‘ im Bereich ‚Mein Arbeitplatz‘ des zugewiesenen Sach-
bearbeiters. Wird der Sachbearbeiter entfernt oder der Vorgang delegiert, wechselt der Status wieder
zurück auf ‚NEU‘ und der VG erscheint im Sichterarbeitsplatz der jeweiligen Org-Einheit. Dieser
Wechsel von ‚NEU‘ auf ‚BEA‘ und zurück kann beliebig oft wiederholt werden.

Auf einen Vorgang kann auch ohne vorherige Suche zugegriffen werden, wenn man direkt über den
Strukturbaum geht. Diese Art des Zugriffs ist allerdings möglich, wenn man Sichterrechte für die Org-
Einheit des Vorgangs hat. Weiterhin muss sich ein Zugriff auf einen Vorgang nicht unbedingt in der
Vorgangshistorie wiederspiegeln. Denn in der VG-Historie werden nur Änderungen am Zustand eines
Vorgangs protokolliert. Z.B. Erstellung eines VG, Zuweisung eines Sachbearbeiters, Binden von

632 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 142, Bl. 14 f., Protokoll über die Zugriffe auf den Vorgang mit der Nummer 2012-001641[…], bezeichnet mit
„AH99_17116/H 18.03.2014".

633 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 21.
634 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 21.
635 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 142, Bl. 71 (71 f.), E-Mail des stellvertretenden Datenschutzbeauftragten des BKA an einen Mitarbeiter des

Referats IT-01-2 vom 10. April 2014, 9.07 Uhr, mit dem Betreff: „140410_Protokolldatenauswertung“.

Drucksache 18/6700 – 190 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Nachrichten, Delegierung, Schließen eines VG, etc Ein rein lesender Zugriff auf einen Vorgang wird
in der Vorgangshistorie nicht protokolliert. Lediglich im Zugriffsprotokoll.“636

bbb) Bearbeitung des Vorgangs vor dem 15. Oktober 2013

Das Protokoll über den Bearbeitungsverlauf des Vorgangs enthält erstmals unter dem 30. Oktober 2012 zwei

Einträge (13.55 Uhr (Status „BEA“) und 14.01 Uhr (Status „NEU“)), jeweils unter Nennung der Benutzernum-

mer der Zeugin Wiegand. Drei weitere Einträge sind unter dem 24. Juni 2013 aufgeführt, und zwar mit dem

Status „BEA“ um 13.01 Uhr, mit dem Status „BEA“ um 13.02 Uhr und mit dem Status „NEU“ um 13.02 Uhr.

Beim zweiten Eintrag von diesem Tag wird der Betreff des Vorgangs mit „EDATHY, Sebastian – KKD einge-

gangen – Besitz/Erwerb von Kinder-/ Jugendpornografie – OP Selm (KAT 2)“ angegeben.637 Bei den zeitlich

davor liegenden Einträgen nennt der Betreff demgegenüber lediglich „Besitz/Erwerb von Kinder-/Jugendporno-

grafie – OP Selm“, also insbesondere ohne Namensnennung. Bei sämtlichen Einträgen wird die Benutzernum-

mer der Zeugin Wiegand genannt. 638

Die Zeugin Greiner hat ausgeführt, dass im Juni 2013 durch ein Kreditkartenunternehmen Auskünfte unter an-

derem mit Bezug zu Edathy erteilt worden seien:

„Der ist aufgetaucht bei einem Kreditkartenunternehmen, das dann im Juni 2013 die Erkenntnisse zu
mehreren Personen mitgeteilt hat, übergeben hat bei uns. Da waren auch Kreditkartendaten zu ihm
darunter.“639

Die zu Edathy erlangten Daten seien dann laut der Zeugin Greiner händisch durch die Zeugin Wiegand einge-

geben worden:

„Na, die Grunddaten wurden automatisiert mit dieser kompletten Liste eingespielt, also nicht händisch
von uns. Die Kreditkartendaten, das hat meine Kollegin gemacht.”640

Unter dem 26. Juli 2013 werden sodann zwei Einträge aufgeführt, und zwar um 11.38 Uhr und um 11.46 Uhr,

in beiden Fällen mit dem Status „BEA“ und unter Nennung der Benutzernummer der Zeugin Wiegand. Beim

zweiten Eintrag lautet der Betreff des Vorganges nunmehr „VORZIEHEN /// EDATHY, Sebastian – Besitz/Er-

werb von Kinder-/ Jugendpornografie – OP Selm (KAT 2)“.

Die Ergänzung des Betreffs um den Begriff „VORZIEHEN“ wurde innerhalb des Bundeskriminalamtes im Vor-

feld der Sitzung des Innenausschusses am 2. April 2014 thematisiert. In einer E-Mail eines Mitarbeiters des

Leitungsstabes an einen Mitarbeiter des Stabes der Abteilung SO heißt es hierzu unter der Überschrift „Hinter-

grund für PR Ziercke“:

636 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 142 Bl. 71 (71), E-Mails eines Mitarbeiters des Referats IT-01-2 an den stellvertretenden Datenschutzbeauf-
tragten vom 10. April 2014, 11.43 Uhr, mit dem Betreff: „AW: 140410_Protokolldatenauswertung“.

637 Siehe im Hinblick auf den Zeitpunkt des Eingangs zu Sebastian Edathy betreffende Kreditkartenauskünfte die Darstellung unter Zweiter Teil
A.7.d)dd).

638 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 142, Bl. 48 f., Bearbeitungsverlauf des Vorgangs „2012-001641[…]“, bezeichnet mit „AH99 24.03.2014 13:14
vbs99_17149“.

639 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 20.
640 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 21.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 191 – Drucksache 18/6700

„In unregelmäßigen Abständen wurden die Vorgänge mit Eintragungen zum Verfahrensstand im Be-
treffend im neutralen Postfach aufgerufen, einem Sachbearbeiter zugewiesen [in diesem Fall KOK’in
Wiegand] und mit weiteren Bearbeitungsmerkern versehen. Daher stammt auch der Eintrag ‚VOR-
ZIEHEN‘. Dabei handelt es sich um einen lediglich durch die Sachbearbeiterin vergebenen Merker,
der signalisiert, dass bei diesem Vorgang bereits Informationen eingegangen sind und eine Bearbei-
tung zeitnaher erfolgen kann als bei Vorgängen ohne entsprechenden Informationseingang.

Der Begriff „VORZIEHEN“ wurde willkürlich gewählt, an den Anfang des Betreffs gestellt, um diese
Vorgänge entsprechend sortieren zu können und einen entsprechenden Überblick zu haben.

Dieser Merker wurde auch bei einer Vielzahl weiterer Vorgänge der OP ‚Selm‘ gesetzt.

Es handelt sich somit lediglich um ein Ordnungskriterium, damit die zu bearbeitenden Vorgänge
geclustert angezeigt wurden. Es hätte auch jeder andere Begriff oder beispielsweise eine Zahlenkom-
bination [000] gewählt werden können.“641

Ein weiterer Eintrag im Bearbeitungsverlauf ist sodann unter dem 8. Oktober 2013 aufgeführt, erneut unter Nen-

nung des Status „BEA“ und der Benutzernummer der Zeugin Wiegand. Der Betreff des Vorgangs lautete nun-

mehr „VORZIEHEN /// EDATHY, Sebastian, - Besitz/Erwerb von Kinder-/ Jugendpornografie – OP Selm

(KAT 2 – EKM fehlt)“.

Zwei weitere Einträge im Bearbeitungsprotokoll - ebenfalls unter Nennung der Bearbeiternummer der Zeugin

Wiegand - sind unter dem 10. Oktober 2013 (13.05 Uhr - Status „NEU“ und 13.07 Uhr - Status „BEA“) ver-

zeichnet - Änderungen am Betreff des Vorgangs sind gegenüber dem unter dem 8. Oktober 2013 nicht ersicht-

lich.

Die Zeugin Greiner hat bekundet, dass die Zeugin Wiegand am 8. Oktober 2013 die am 15. Oktober 2013 ver-

sandte E-Mail an die Landeskriminalämter642 vorbereitet habe.643

Die Zeugin Wiegand hat zu den durch sie erfolgten Zugriffen auf den Vorgang im Zeitraum vor dem 15. Oktober

2013 vor dem Innenausschuss erklärt:

„Ja gut, ich habe in dem Zeitraum dreimal auf den Vorgang zugegriffen. Das ist sehr sehr schwierig
nachzuvollziehen im Einzelnen, warum ich auf den Vorgang zugegriffen habe, weil ich in dem Zeit-
raum auch auf 500 andere Vorgänge zugegriffen habe. Ich habe am 24.6., das ist definitiv, da habe ich
mir den Vorgang zugewiesen, in den Betreff eingetragen, dass Kreditkarten eingegangen sind. Und
dann habe ich an einem anderen Zeitpunkt im Juli auch nochmal darauf zugegriffen und habe den
Betreff nochmal dahingehend geändert, dass es eine Kategorie 2 ist. Das sind verschiedene Zugriffe,
die ich jetzt auch nicht mehr… Im Einzelnen kann ich mich jetzt nicht mehr erinnern, an welchem Tag
ich genau auf welchen Vorgang zugegriffen habe, weil er für mich in dem Moment nicht besonders
war. Aber ich war diejenige, die vor dem 15.10. auf den Vorgang zugegriffen hat, ja.“644

Die Zeugin Wiegand hat, danach befragt, ob sie nach der Information, dass es sich bei dem Besteller Edathy um

den Bundestagsabgeordneten handele, gekannt habe oder gewusst habe, „wer der eigentlich ist“, bekundet:

641 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 287, Bl. 3 ff., E-Mail eines Mitarbeiters des Leitungsstabes des BKA an einen Mitarbeiter des Abteilungsstabes
der Abteilung SO des BKA vom 31. März 2014, 9.28 Uhr, mit dem Betreff: „140331 – A (SO 12 – Sitzung des Innenausschusses am 02.04.2014
zum Fall EDATHY – VBS-Recherchen).

642 Siehe hierzu noch eingehend Zweiter Teil A.2.a).
643 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 12.
644 MAT A-InnenA 18(27)6-E, S. 39, Protokoll der 9. Sitzung des Innenausschusses (Nachmittag), Zeugin Wiegand (Frau B).

Drucksache 18/6700 – 192 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Ich kannte ihn nicht. Das ist für mich ja auch nicht leicht zuzugeben, und es ist auch schwierig. Aber
ich kannte ihn auch in dem Moment nicht. Mir wurde natürlich klar aufgrund der Tatsache - - Es ist
klar: Mitglied des Deutschen Bundestages, als das dann - - Da wusste ich schon: Oh Gott, was haben
wir da gemacht? Aber der Name, wie gesagt, hat mir nichts gesagt.“645

Unter dem 15. Oktober 2013 finden sich zwei Einträge im Bearbeitungsverlauf - jeweils unter Nennung der

Benutzernummer der Zeugin Greiner - und zwar einmal um 17.52 Uhr und einmal um 21.53 Uhr. Beim zweiten

Eintrag lautet der Betreff nunmehr „VORZIEHEN /// E. Sebastian, - Besitz/Erwerb von Kinder-/ Jugendporno-

grafie – OP Selm (KAT 2 – EKM fehlt)“.

Zwei weitere Einträge unter Nennung der Bearbeiternummer der Zeugin Greiner werden im Bearbeitungsverlauf

sodann unter dem 23. Oktober 2013 und dem 6. März 2014 aufgeführt.

cc) Recherche nach der Person „Edathy“

Eine Recherche nach der Person „Edathy“ (z. B. nach Nachname - auch in Verbindung mit dem Vornamen)

wurde im Auswertezeitraum durch 24 Beschäftigte durchgeführt.646

dd) Anzeige des SO 12-Vorgangs als Suchtreffer

Suchanfragen, die als Treffer unter anderem den Vorgang „2012-001641[…]“ enthielten, wurden vor dem 15.

Oktober 2013 von vier Beschäftigten durchgeführt, und zwar am 21.12.2012 durch die Person mit der UserID

02XXX2 (zwei Suchtreffer), am 1. August und am 29. August 2013 durch die Person mit der UserID 02XXX6

(jeweils 14 Suchtreffer), am 18. September 2013 durch die Person mit der UserID 01XXX2 (14 Suchtreffer) und

- ebenfalls am 18. September 2013 durch die Person mit der UserID 01XXX9 (72 Suchtreffer).647

Die Einzelheiten der Abfragen sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:

Tabellarische Übersicht der Protokolldatenauswertung zum VBS-Vorgang 2012-001641[…]648

Nutzer Datum Such-
begriff

Suchort Treffer Zu-
griffs-
mög-

lichkeit

Zu-
griff

Angezeigter
Betreff

Geyer 21.12.2013 EDATHY Namensfeld
in Nach-
richten

2 Ja, Be-
rechti-
gung

Nein „Besitz/Er-
werb von

645 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 54.
646 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 142, Bl. 26 (26), E-Mail des Stellvertretenden Datenschutzbeauftragten an Mitarbeiter des BKA-Leitungsstabes

vom 18. März 2014, 15.17 Uhr.
647 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 142, Bl. 50, Übersicht über Suchanfragen, die als Treffer den Vorgang „2012-001641[…]“ enthielten, bezeich-

net mit „AH99 24.03.2014 15:26 vbs99_17122“.
648 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 159, Bl. 72 ff., Protokolldatenauswertung zum VBS-Vorgang 2012-001641[…], Vermerk von KHK W. vom

24. März 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 193 – Drucksache 18/6700

Vor-
gänge
der Ab-
teilung
SO zu
lesen

Kinder-/Ju-
gendporno-
grafie – OP
Selm“

Hellenthal 01.08.2013
29.08.2013

EDATHY Betreffzeile
bei Vorgän-
gen und
Aufträgen
(ohne Nach-
richten)

14 Ja, Be-
rechti-
gung
Vor-
gänge
der Ab-
teilung
SO zu
lesen

Nein „EDATHY,
Sebastian –
KDD einge-
gangen –
Besitz / Er-
werb von
Kinder- / Ju-
gendporno-
grafie – OP
Selm
(Kat2)“

Hackel 18.09.2013 EDATHY Betreffzeile
bei Vorgän-
gen und
Aufträgen
(ohne Nach-
richten)

14 Nein,
keine
Be-
rechti-
gung
zum
Lesen
von
SO-
Vor-
gängen.
Nur
Tref-
fer-an-
zeige

Nein „EDATHY,
Sebastian –
KDD einge-
gangen –
Besitz / Er-
werb von
Kinder- / Ju-
gendporno-
grafie – OP
Selm
(Kat2)“

Drucksache 18/6700 – 194 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Hockun 18.09.2013 EDATHY Freitext-
recherche
im Gesamt-
bestand von
VBS (ohne
Eingren-
zung)

72 Nein,
keine
Be-
rechti-
gung
zum
Lesen
von
SO-
Vor-
gängen.
Nur
Tref-
fer-an-
zeige

Nein „EDATHY,
Sebastian –
KDD einge-
gangen –
Besitz / Er-
werb von
Kinder- / Ju-
gendporno-
grafie – OP
Selm
(Kat2)“

b) Einholung von Stellungnahmen durch den BKA-Leitungsstab bei den Beamten, die Suchen
durchgeführt haben

Im Anschluss an die Feststellungen, dass den genannten vier Beamten der genannte Vorgang bei Suchanfragen

als Ergebnis angezeigt worden war, wurden die vier Beamten durch einen Mitarbeiter des BKA-Leitungsstabes

mit E-Mail vom 25. März 2014 gebeten, die Hintergründe für ihre Abfragen in einer schriftlichen Stellungnahme

darzustellen. 649

In der E-Mail an den Zeugen Hellenthal, aus der hier exemplarisch zitiert wird, heißt es hierzu:

„wie in der heutigen TSK bereits vorbesprochen, wird derzeit in den Medien spekuliert, dass im BKA
bereits vor dem 15.10.2013 bekannt war, dass gegen MdB Edathy Ermittlungen in Zusammenhang
mit dem Erwerb/Besitz von Kipo liefen und diese Informationen gezielt zurück gehalten wurden. Fest-
zustellen ist, dass neben den Kolleginnen/Kollegen von SO 12, die bereits glaubhaft im Innenaus-
schuss darstellten, dass sie erst am 15.10.2013 Kenntnis von der Personenidentität erlangten, zumin-
dest vier Beschäftigte, die gezielt Vorgänge in Zusammenhang mit MdB Edathy bearbeiteten auch
den Vorgang von SO 12 angezeigt bekommen haben. Die Abgeordneten und die Medien können nicht
nachvollziehen, dass diese Beschäftigten auf Basis ihrer konkreten Suchanfrage (und den angezeigten
Vorgangsnachweisen) keinen Zusammenhang zu MdB Edathy hergestellt haben. Wie ist das zu erklä-
ren? Warum wurde hier nicht gezielt nachgefragt?

Gerade bei der Gefährdungsermittlung zum Nachteil einer Schutzperson oder im Rahmen von Er-
kenntnisanfragen sollten doch alle vorhanden Informationen zur Grundlage einer kriminalpolizeili-
chen Bewertung heran gezogen werden.

Daher wurde im Rahmen einer datenschutzrechtlichen Kontrolle am 18.03.2014 (14:09 Uhr) mittels
einer Protokolldatenauswertung zum VBS-Vorgang 2012-001641[…] überprüft, welche Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeiter den im Vorgangsbearbeitungssystem des Bundeskriminalamtes von SO 12 an-
gelegten Vorgang zu Sebastian EDATHY im Zeitraum 30.10.2012 (Tag der automatischen Generie-
rung des Vorgang) bis zum 15.10.2013 (Tag der Identifizierung von Sebastian Edathy als MdB und

649 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 13 (13 ff.), E-Mail eines Mitarbeiters des BKA-Leitungsstabes an den Zeugen Hellenthal vom 25.
März 2014, 16.10 Uhr; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 27 (27 ff.), E-Mail eines Mitarbeiters des BKA-Leitungsstabes an den Zeugen
Hackel vom 25. März 2014, 16.23 Uhr; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 13 ff., E-Mail eines Mitarbeiters des BKA-Leitungsstabes an
die Zeugin Hockun vom 25. März 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 195 – Drucksache 18/6700

Sperrung des Vorgangs) gesehen haben. Darüber hinaus erfolgte eine Auswertung, welche Beschäf-
tigten in diesem Zeitraum auf diesen Vorgang zugriffen und ihn mithin inhaltlich zur Kenntnis ge-
nommen hatten. Dieses Vorgehen wurde mit der Amtsleitung und DS-Recht unter Einbindung von
IT01 und IT02 abgestimmt/durchgeführt.

Diese Überprüfung erbrachte, dass Sie am 01.08.2013, 15:52 Uhr sowie am 29.08.2013, 15:23 Uhr
mit Ihrer UserID BK02XXX6 mit einer sog. ‚Erweiterte Suche‘ Vorgänge und Aufträge mit dem Be-
griff EDATHY im Namensfeld suchten. Als Ergebnis dieser Recherche wurden Ihnen 14 Fundstellen
angezeigt. Darunter war auch der in Rede stehende Vorgang zum damaligen MdB EDATHY, welcher
den Betreff ‚EDATHY, Sebastian - KDD eingegangen - Besitz/Erwerb' von Kinder-/Jugendpornogra-
fie - OP Selm [Kat2]‘ hatte. Auf diesen Vorgang haben Sie aber nicht zugegriffen.

Auf Basis Ihrer Stellungnahme wird LS versuchen, PR Ziercke für die kommende Sitzung des Innen-
ausschusses auf die zu erwartenden Fragen der Abgeordneten vorzubereiten. Es geht ausdrücklich
nicht darum, Ihre Arbeit, in irgendeiner Art und Weise in, Frage zu stellen. Ihre Einlassung wird zur
Aufhellung des Sachverhaltes benötigt.

Bitte:

Vor diesem Hintergrund werden Sie gebeten, Ihrer Erinnerung gemäß [soweit möglich] die nachfol-
genden Fragen zu beantworten.

• Aus welchem Grund wurde im VBS zum protokollierten Zeitpunkt nach Sebastian EDATHY
gesucht?

• Wonach wurde konkret gesucht?

• Was war der konkrete Anlass?

o Eingang einer Nachricht/Suche eines Dokuments zwecks Sachbearbeitung? Suche
nach einem bestimmten Vorgang zwecks Ablage eines bestimmten Dokuments?

• Warum war der angezeigte Vorgangsnachweis bei SO 12 für die eigene Sachbearbeitung nicht
von Interesse?

Der ab Juni 2013 verwendete Betreff ‚EDATHY, Sebastian - KKD eingegangen Besitz/Er-
werb von Kinder-/Jugendpornografie - OP Selm [KAT 2 - EKM fehlt]‘ muss doch für eine
gewisse Aufmerksamkeit gesorgt haben.

• Warum wurde im weiteren Verlauf der Sachbearbeitung nicht erneut nach dem Namen ‚E-
DATHY' gesucht? Oder wurde unter anderen Parametern gesucht, sodass der Vorgang von
SO 12 nicht mehr angezeigt wurde? War da ggfls. eine Vorgangsnummer bekannt, so dass
sich eine weitere Suche erübrigte?

• Was geschah nach der Recherche? Welche weiteren Bearbeitungsschritte erfolgten anschlie-
ßend?

• [Hintergrund: Wir müssen plausibel darlegen können, dass der Vorgangsnachweis bei SO 12
für die eigene Sachbearbeitung nicht von Interesse war].

o Wenn nach heutigem Stand für die Sachbearbeitung des Vorgangs eigentlich eine
Informationserhebung bei SO 12 erforderlich gewesen wäre, so sollte dies auch ohne
Umschweife eingestanden werden. Es geht, hier nicht darum, Schwachstellen bei der

Drucksache 18/6700 – 196 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Sachbearbeitung aufzudecken, sondern um eine plausible Darstellung der damaligen
Arbeitsschritte.

Folgende Gliederung wird vorgeschlagen:

A) Darstellung des eigenen Aufgabengebiets.

B) Darstellung der in diesem Zusammenhang wahrzunehmenden Aufgaben?

(insbesondere mit Fokus auf VBS)

C) Darstellung der konkreten Arbeitsschritte an dem betreffenden Tag [siehe oben], soweit, erinner-
lich.

D) Bezugnahme auf den Vorgangsnachweis Edathy bei SO 12 [Zur Kenntnis genommen?]“650

c) Abfrage durch die Zeugin Kriminalkommisssarin Geyer

aa) Angaben zur Tätigkeit innerhalb des Bundeskriminalamtes im Abfragezeitpunkt

Die Zeugin Geyer hat in ihrer Stellungnahme angegeben, dass sie zum Zeitpunkt der Abfrage als Kriminalkom-

missarin im Referat ST 14 des Bundeskriminalamtes eingesetzt gewesen sei.651 Das Referat ST 14 ist Bestandteil

der Abteilung ST (Polizeilicher Staatsschutz) und der Gruppe ST 4 (Politisch motivierte Kriminalität - links und

rechts) und zuständig für „Ermittlungen, Fahndung“. Nach eigenen Angaben sei die Zeugin Geyer zuständig für

Delikte innerhalb des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen und stellvertretend für das Bundesland Niedersach-

sen.652 Im Zeitraum vom 6. bis 21. Dezember 2012 habe die originäre und die stellvertretende Zuständigkeit für

das Bundesland Niedersachsen jedoch bei zwei anderen Kollegen des Referats ST 14 gelegen.

bb) Begründung der Datenabfrage gegenüber dem Bundeskriminalamt

aaa) Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt

(1) Grund für die Durchführung der Suche

Zu der Abfrage sei es, so die Zeugin Geyer in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Bundeskriminalamt, aufgrund

der folgenden Abläufe gekommen:

Nachdem es am 6. Dezember 2012 aufgrund einer Explosion zu einer Sachbeschädigung an einem Briefkasten

des Büros des SPD-Stadtverbandes Stadthagen gekommen war, in dessen Räumlichkeiten auch der damalige

650 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 13 (13 ff.), E-Mail eines Mitarbeiters des BKA-Leitungsstabes an den Zeugen Hellenthal vom 25.
März 2014, 16.10 Uhr.

651 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 24 ff., Stellungnahme der Zeugin Geyer vom 26. März 2014 (unkorrigiert).
652 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 24 ff., Stellungnahme der Zeugin Geyer vom 26. März 2014 (unkorrigiert).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 197 – Drucksache 18/6700
Abgeordnete Edathy ein Büro unterhielt, sei durch das Referat ST 14 am 6. Dezember 2012 eine Führungsinfor-

mation erstellt worden, in der die Amtsleitung über die vorliegenden Informationen zum Sachstand, zu den Erst-

aussagen sowie zu dem verwendeten Sprengstoff informiert wurde. Die federführende Bearbeitung habe bei

einem Sachbearbeiter (Kriminalkommissar) gelegen. Am 21. Dezember 2012 habe sich dieser Kollege bereits

im Urlaub befunden, weshalb die Bearbeitung einer telefonischen Anfrage aus dem Referat SG 22 zum aktuellen

Sachstand des Vorgangs sowie zu der Erreichbarkeit der zuständigen Bearbeiter im Landeskriminalamt Nieder-

sachsen von ihr, der Zeugin Geyer, bearbeitet worden sei. Hintergrund der Anfrage des Referats SG 22 (Lage,

Gefährdungsbewertung, Objektberatung) innerhalb der Gruppe SG 2 (Andere Schutzaufgaben) der Abteilung

SG (Sicherungsgruppe) sei gewesen, dass dem Zeugen Edathy vor dem Hintergrund der Sachbeschädigung am

Briefkasten und in dessen Eigenschaft als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses ein Sicherungs-

und Beratungsgespräch durch das Bundeskriminalamt habe angeboten werden sollen. 653

Zur konkreten Recherche hat die Zeugin Geyer gegenüber dem Bundeskriminalamt sodann angegeben:

„Die Abfrage bei VBS mit dem Begriff ‚Edathy‘ im Namensfeld am 21.12.2012, erfolgte um zu über-
prüfen, ob der für den Sachverhalt ‚Explosion des Briefkastens im Wahlkreisbüro der SPD Stadthagen,
Wahlkreisbüro des Sebastian Edathy‘ federführende Kollege bereits einen ST-Vorgang angelegt hat,
um eine Doppelerfassung zu vermeiden, bzw. diesen ggf. ergänzen zu können.

Des Weiteren wurde die Recherche durchgeführt, um das GAR-Protokoll mit Bezug zu diesem Sach-
verhalt ausfindig machen zu können.“654

Da die Suche nicht zu den gewünschten Fundstellen geführt habe, habe sie sodann, so die Zeugin Geyer weiter,

ihre Suche verändert und sei die einzelnen GAR-Protokolle eigenhändig durchgegangen.

(2) Wahrnehmung des Vorgangs aus dem Referat SO 12

Dazu, ob sie den aus SO 12 stammenden Vorgang wahrgenommen habe, hat die Zeugin Geyer ausgeführt:

„Die, wie in der Protokolldatenauswertung zum VBS-Vorgang von SO 12 aufgeführten Fundstellen
im Rahmen meiner Suche nach dem Namen ‚Edathy‘, waren für mich nicht von Interesse und für die
Bearbeitung meines Auftrages auch nicht relevant, da ich lediglich das GAR-Protokoll, bzw. den ak-
tuellen Sachstand an SG 22 weiterleiten wollte. Aufgrund der Tatsache, dass ich nach einem bestimm-
ten Vorgang im Zusammenhang mit der ‚Explosion des Briefkastens‘ gesucht habe und sich meine
Zuständigkeit zudem auf den Bereich Staatsschutz und dort den Bereich Rechtsextremismus be-
schränkt, war der Vorgang von SO keine Fundstelle im Sinne der Suchanfrage, so dass es mir aus
datenschutzrechtlichen Gründen nicht erlaubt ist, aus reiner Neugier in Vorgängen von SO zu recher-
chieren. Des Weiteren wird bei einer Suche mit einem Namen im Namensfeld und einer im weiteren
Verlauf angezeigten Fundstelle, aus dem Betreff nicht ersichtlich, ob es sich zum ersten um eine Per-
sonenidentität handelt, und zum anderen wird ebenfalls der Status der eingetragenen Person nicht
deutlich, da bei VBS jegliche Stati von Personen gespeichert werden können, von Antragsteller, über
Geschädigter, Zeuge und Beschuldigter und weitere.“655

653 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 24 ff., Stellungnahme der Zeugin Geyer vom 26. März 2014 (unkorrigiert).
654 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 24 (25), Stellungnahme der Zeugin Geyer vom 26. März 2014 (unkorrigiert).
655 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 24 ff., Stellungnahme der Zeugin Geyer vom 26. März 2014 (unkorrigiert).

Drucksache 18/6700 – 198 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

bbb) Änderungsvorschläge durch einen Mitarbeiter des Leitungsstabes

Nachdem die Zeugin Geyer ihre unter aaa) dargestellte Stellungnahme am Vormittag des 26. März 2014 per E-

Mail an einen Mitarbeiter des Leitungsstabes versandt hatte,656 wurde ihr ihre Stellungnahme mit im Korrektur-

modus des Textverarbeitungsprogrammes vorgenommenen Änderungsvorschlägen am Nachmittag des 26. März

2014 zurückgesandt.657 Hierbei wurde der Zeugin Geyer vorgeschlagen, unter anderem den soeben unter aaa)

(2) dargestellten letzten Absatz der Stellungnahme zu kürzen und anders zu fassen, und zwar wie folgt:

„Die laut Protokolldatenauswertung angezeigte Fundstelle bei SO 12 war für mich nicht von Interesse
und für die Bearbeitung und für die Bearbeitung meines Auftrages auch nicht relevant, da ich lediglich
das GAR-Protokoll, bzw. den aktuellen Sachstand an SG 22 weiterleiten wollte. Den Fundstellennach-
weis bei SO 12 habe ich bewusst nicht wahrgenommen.“658

Unter Nutzung der Kommentarfunktion des Textverarbeitungsprogrammes war im Hinblick auf die unter aaa)

(2) dargestellten Ausführungen, soweit sie über den nunmehr vorgeschlagenen Text hinausgingen, vermerkt

worden:

„Kommentar (b2): Widerspricht der generellen Zugriffsberechtigung von ST auf SO – Vorgänge, von
daher sollten wir solche Aussagen nicht treffen.“659

ccc) Endgültige Fassung der Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt

In der daraufhin durch die Zeugin Geyer an einen Mitarbeiter des Leitungsstabes zurückgesandten endgültigen

Fassung ihrer Erklärung heißt es schließlich:

„Die laut Protokolldatenauswertung angezeigte Fundstelle bei SO 12 habe ich nicht bewusst wahrge-
nommen, weil diese für die Bearbeitung meines Auftrages nicht relevant war, da ich nach dem ST
Vorgang i.Z.m. der ‚Explosion des Briefkastens‘ gesucht habe, um das GAR-Protokoll, sowie den
aktuellen Sachstand im Sinne der Anfrage an SG 22 weiterzuleiten.“660

Zu den Änderungen in der Stellungnahme befragt hat die Zeugin Geyer vor dem Untersuchungsausschuss be-

kundet:

„[…] Bei mir waren es auch keine inhaltlichen Änderungen, weil es ist ja auch, wie Frau Hockun
gerade sagte, meine Stellungnahme. Und da achte ich ja auch drauf, dass es meine Aussage ist. Es
waren auch eigentlich lediglich stilistische Änderungen oder halt, weil - - Ich glaube, ich hatte ein
bisschen zu viel geschrieben, und das wollte man einfach ein bisschen kürzen, weil es ja als Informa-
tionsmaterial diente und - - Ja, genau. Das war - - Also: Es gab keine inhaltlichen Änderungen.“661

656 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 66, E-Mail der Zeugin Geyer an einen Mitarbeiter des Leitungsstabes (LS1-3) vom 26. März 2014,
09.55 Uhr, mit dem Betreff: „Stellungnahme in Sachen Suchanfrage ‚Edathy‘ bei VBS am 21.12.2012“.

657 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 125 (126), E-Mail des Zeugen Leon an die Zeugin Geyer vom 26. März 2014, 14.50 Uhr, mit dem
Betreff: „WG: 140326 – Geyer (Darstellung – Protokolldatenauswertung i. S. EDATHY) 2014-0001772694"; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner
160, Bl. 67 ff., Stellungnahme der Zeugin Geyer vom 26. März 2014 (Änderungsmodus).

658 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 67 ff., Stellungnahme der Zeugin Geyer vom 26. März 2014 (Änderungsmodus).
659 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 67 ff., Stellungnahme der Zeugin Geyer vom 26. März 2014 (Änderungsmodus).
660 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 128 f., Stellungnahme der Zeugin Geyer vom 26. März 2014 (endgültige Fassung).
661 Geyer, Protokoll-Nr. 15, S. 55.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 199 – Drucksache 18/6700

ddd) Aktenlage

Aus den Akten lässt sich im Hinblick auf die Erklärung der Zeugin Geyer entnehmen, dass am Spätnachmittag

des 6. Dezember 2012 eine Führungsinformation zu dem in der vorherigen Nacht erfolgten Sachbeschädigung

am Briefkasten des SPD-Stadtverbandes Stadthagen durch das Referat ST 14 erstellt wurde, in der Informationen

zu diesem Vorfall aufgeführt waren662. Diese Führungsinformation wurde noch am gleichen Tag an die Abtei-

lung SG geleitet und erreichte am Morgen des 7. Dezember 2012 auch das Referat SG 22.663

Durch das Referat SG 22 sollte dem Zeugen Edathy ein Sicherheits- und Beratungsgespräch angeboten werden,

was am 21. Dezember 2012 auch telefonisch und per E-Mail erfolgte.664

Am 21. Dezember 2012 um 12.57 Uhr sandte die Zeugin Geyer an einen Mitarbeiter des Referats SG 22 eine E-

Mail, in der sie mehrere Dokumente übersandte, in denen der Anschlag auf das Bürgerbüro in Stadthagen er-

wähnt wurde (Beitrag zur ND-Lage am 10. Dezember 2012, GAR-Protokoll vom 11. Dezember 2012) und in

der sie die Namen und telefonische Erreichbarkeiten der in Niedersachsen mit dem Vorfall befassten Polizeibe-

amten angab.665

cc) Angaben gegenüber dem Innenausschuss

Gegenüber dem Innenausschuss hat die Zeugin Geyer zum Grund für die Durchführung der Suchanfrage ange-

geben:

„[…] Am 21.12., als ich diese Anfrage getätigt habe, gab es vorher einen Anruf seitens der Siche-
rungsgruppe, da an diesem 21.12. ein Sicherheits- und Beratungsgespräch mit Herrn Edathy in Erwä-
gung gezogen wurde, bzw. es sollte besprochen werden, ob das durchgeführt wird. Ich wurde gefragt,
ob wir Erreichbarkeiten des LKA Niedersachsen haben bzw. eventuell einen aktuellen Sachstand zu
dem Vorgang dieses Böllers in dem Briefkasten.

Da der Kollege an dem Tag nicht da war, habe ich an diesem Tag diese Anfrage übernommen. Da ich
nicht wusste, ob der Kollege einen Vorgang angelegt hat bei uns in dem VBS, in dem Vorgangsbear-
beitungssystem, habe ich erst mal nach dem Namen recherchiert. Da mir am einleuchtendsten war,
mit dem Namen ‚Edathy‘ zu suchen anstatt mit ‚Briefkasten‘, habe ich das getan. […]“666

Dazu, was ihr dann als Ergebnistreffer angezeigt wurde, hat die Zeugin Geyer vor dem Innenausschuss ausge-

führt:

662 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 153, Bl. 64 f., Führungsinformation Nr. 1 vom 6. Dezember 2012 „Explosion eines Briefkastens am Wahl-
kreisbüro der SPD Stadthagen, Wahlkreisbüro Sebastian EDATHY“.

663 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 153, Bl. 60 ff., E-Mail-Verkehr innerhalb der Abteilung SG vom 6./7. Dezember 2012 zum Vorgang „Edathys
Büro offenbar Ziel von Sprengstoffanschlag - Explosion in Briefkasten des SPD-Politikers“.

664 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 153, Bl. 372 f., Schreiben des BKA, Referat SG 22 – GE, an das BMI, Referat ÖS II 1, vom 28. Dezember
2012 mit dem Betreff: „Schutzmaßnahmen für Mitglieder der Verfassungsorgane des Bundes“.

665 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 154, Bl. 65 f., E-Mail der Zeugin Geyer an die E-Mail-Adresse des Referats SG 22 vom 21. Dezember 2012,
12.57 Uhr, mit dem Betreff: „Anschlag auf Büro des MdB Edathy“.

666 MAT A-InnenA 18(27)6-E, S. 47, Protokoll der 9. Sitzung des Innenausschusses (Vormittag), Zeugin Geyer (Frau I).

Drucksache 18/6700 – 200 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Der Vorgang von SO 12 wurde mir ja laut Protokolldatenauswertung angezeigt. Die Nachfrage
bei SO 12 erfolgte nicht, weil ich dafür keine Zuständigkeit habe. Ich bin für politisch motivierte
Kriminalität rechts zuständig und nicht für schwere und organisierte Kriminalität und schon gar nicht
für Kinderpornografie. Da ist ein Vorgang angelegt bei VBS. Wir legen ja tagtäglich Vorgänge an.
Wenn ein Vorgang angelegt ist, geht man davon aus, dass derjenige damit arbeitet, wie auch immer
die Bearbeitung da aussieht. Da habe ich keine Veranlassung, da nochmal zu fragen, ob da richtig
gearbeitet wird oder Sonstiges. Es gibt verschiedene Organisationseinheiten, und ich bin für politisch
motivierte Kriminalität zuständig. Deshalb ist da keine Anfrage erfolgt, weil es auch für meine Auf-
gabenbewältigung an diesem Tag nicht erforderlich war, da nochmal nachzufragen, weil ich auch
keine Gefährdungseinschätzung vornehme. […]“667

Im Anschluss hat die Zeugin Geyer noch hinzugefügt:

„[…] In dem Betreff stand, wie gesagt, kein Name ‚Sebastian Edathy‘ oder Sonstiges, sondern einfach
nur der Betreff. Ich habe den Betreff vermutlich überhaupt gar nicht wahrgenommen, weil ich nur
nach der Organisationseinheit gegangen bin; die steht rechts. Da habe ich bei ST 14 – was mein Referat
ist, wo ich geschaut habe, ob der Kollege einen Vorgang angelegt hat – nicht gefunden und da auch
nicht weiter geschaut.“668

dd) Angaben gegenüber dem Untersuchungsausschuss

Gegenüber dem Untersuchungsausschuss hat die Zeugin Geyer den Grund für die Suchabfrage wie folgt be-

schrieben:

„[…] Eigentlich war es nur so, dass die Sicherungsgruppe angerufen hatte und nach einem aktuellen
Sachstand gefragt hat und auch nach Ansprechpartnern des Landeskriminalamtes Niedersachsen, da
ein sogenanntes Sicherheits- und Beratungsgespräch für, ich glaube, Januar irgendwie im Folgejahr
geplant war oder angedacht war. Und da hatte man mich nach Ansprechpartnern und einem aktuellen
Sachstand gefragt. […]“669

Das Vorgehen bei ihrer Recherche hat die Zeugin Geyer folgendermaßen beschrieben:

„[…] Weil ich ja in diesem Sachverhalt nicht federführend beschäftigt war, habe ich dann im VBS-
System - ich kürze das jetzt einfach immer ab - auch mit dem Namen ‚Edathy‘ recherchiert, allerdings
im Namensfeld, habe die Fundstelle, die ich gesucht habe, und zwar den Vorgang meines Kollegen,
nicht gefunden. Ich habe da nach der Organisationseinheit geschaut, also nach ST 14, habe das dann
sofort wieder geschlossen, bin dann über unser Outlook gegangen, also das Mailsystem, und habe da
die Ansprechpartner vom LKA Niedersachsen rausgesucht. Und den Sachverhalt habe ich in unserer
elektronischen Ablage bzw. aus dem GAR-Protokoll rausgesucht und dann an die Sicherungsgruppe
versandt. […]“670

Sie hat sodann hinzugefügt:

„[…] Also, ich habe den Namen eingegeben, ‚Edathy‘, und habe dann zwei Vorgänge, so wie es jetzt
hier steht, anscheinend angezeigt bekommen. Das weiß ich jetzt nicht mehr. Ich weiß es nur, weil es
da steht. Kann ich mich nicht dran erinnern.

Aber ich suche dann immer nur nach der Organisationseinheit, weil wenn ich am Tag Recherchen
durchführe, dann schaue ich in erster Linie: Ist da meine Organisationseinheit dabei? Und den Rest

667 MAT A-InnenA 18(27)6-E, S. 49, Protokoll der 9. Sitzung des Innenausschusses (Vormittag), Zeugin Geyer (Frau I).
668 MAT A-InnenA 18(27)6-E, S. 50, Protokoll der 9. Sitzung des Innenausschusses (Vormittag), Zeugin Geyer (Frau I).
669 Geyer, Protokoll-Nr. 15, S. 52.
670 Geyer, Protokoll-Nr. 15, S. 52.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 201 – Drucksache 18/6700

blende ich aus. Ich gehe da nicht die einzelnen Betreffzeilen durch. Genau. Und so habe ich das hier
auch gemacht, da ich ja nur den einen Vorgang gesucht habe und da keine Ermittlungen jetzt in dem
Sachverhalt getätigt habe oder dergleichen.“671

d) Abfragen durch den Zeugen Kriminalkommissar Hellenthal

aa) Angaben zur Tätigkeit innerhalb des Bundeskriminalamtes zu den Abfragezeitpunkten

Der Zeuge Hellenthal hat seinen Aufgabenbereich innerhalb des Bundeskriminalamtes in seiner persönlichen

Stellungnahme wie folgt beschrieben:

„Uz. ist als Sachbearbeiter Gefährdung bei ST 44.1 eingesetzt. ST 44 ist die Zentralstelle der Polizei
bei der Bearbeitung von Gefährdungssachverhalten im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität
(PMK) in Deutschland. Dabei nimmt das Sachgebiet ST 44.1 u.a. personenbezogene Gefährdungsein-
schätzungen vor bzw. teilt (auch auf Nachfrage) entsprechende, ggf. dem BKA vorliegende Erkennt-
nisse mit Gefährdungsrelevanz den jeweiligen Bedarfsträgern mit.

Im Rahmen seiner Tätigkeit ist Uz. primär für die Bewertung und Steuerung von Gefährdungssach-
verhalten mit Schwerpunkt der PMK – rechts – zuständig."672

bb) Befassung des Zeugen Hellenthal mit dem Sachverhalt „Sachbeschädigung Briefkasten“

Nachdem es in der Nacht auf den 6. Dezember 2012 in Stadthagen / Niedersachsen zu einer Sachbeschädigung

am Briefkasten des SPD-Stadtverbandes, in dessen Büroräumen sich auch ein Bürgerbüro des Abgeordneten

Edathy befand, gekommen war, wurde im Bundeskriminalamt am 6. Dezember 2012 ein Dokument mit dem

Titel „Gefährdungseinschätzung hinsichtlich der Explosion des Briefkastens des SPD-Stadtverbands Stadtha-

gen“ erstellt. Als Bearbeiter wird im Kopf des Dokuments der Zeuge Hellenthal aufgeführt.673

Am 6. Dezember 2012 um 17.08 Uhr wurde dieses Dokument durch den Zeugen Hellenthal per E-Mail an zwei

Mitarbeiter des Referats ST 14 sowie an Mitarbeiter anderer Referate übersandt674. In der E-Mail heißt es:

„Beiliegende Einschätzung ST 44 wird zur Kenntnis und zur Übernahme in die FI für PR über-
sandt.“675

Die erstellte Gefährdungseinschätzung fand sodann Eingang in die am 6. Dezember 2012 erstellte Führungsin-

formation mit dem Titel „Explosion eines Briefkastens im Wahlkreisbüro der SPD-Stadthagen, Wahlkreisbüro

Sebastian Edathy“.676

671 Geyer, Protokoll-Nr. 15, S. 53.
672 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 17 ff., Stellungnahme des Zeugen Hellenthal gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (unkorrigiert).
673 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 154, Bl. 317 f., Gefährdungseinschätzung hinsichtlich der Explosion des Briefkastens des SPD-Stadtverbands

Stadthagen vom 6. Dezember 2012.
674 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 154, Bl. 316, E-Mail des Zeugen Hellenthal an Mitarbeiter des Referats ST 14 vom 6. Dezember 2012, 17.08

Uhr, mit dem Betreff: „Edathy“.
675 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 154, Bl. 316, E-Mail des Zeugen Hellenthal an Mitarbeiter des Referats ST 14 vom 6. Dezember 2012, 17.08

Uhr, mit dem Betreff: „Edathy“.
676 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 154, Bl. 324 f., Führungsinformation „Explosion eines Briefkastens im Wahlkreisbüro der SPD-Stadthagen,

Wahlkreisbüro Sebastian Edathy“, Stand 6. Dezember 2012, 17.20 Uhr.

Drucksache 18/6700 – 202 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

cc) Begründung der Datenabfragen gegenüber dem Bundeskriminalamt

aaa) Erste Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt

In seiner Stellungnahme gegenüber dem Bundeskriminalamt hat der Zeuge Hellenthal im Hinblick auf beide

von ihm durchgeführte Abfragen ausgeführt:

„Intention der jeweiligen Datenabfrage war ausschließlich das Auffinden des seinerzeit durch Uz. fe-
derführend bearbeiteten Gefährdungssachverhalts aus Dezember 2012 zum Zwecke der Einsicht-
nahme bzw. der Ablage.“677

Zu der Frage, ob im Rahmen der Abfragen weitere Vorgänge zur Kenntnis genommen wurden, hat der Zeuge

Hellenthal in der Stellungnahme ausgeführt:

„Von weiteren generierten Treffern in VBS außerhalb des Bereichs der PMK, beispielsweise dem
Vorgang bei SO 12, wurde dabei keine Notiz genommen, da diese für die konkrete Sachbearbeitung
keine unmittelbare Relevanz hätten erkennen lassen.“678

(1) Abfrage am 1. August 2013

Zum Hintergrund der von ihm am 1. August 2013, 15.52 Uhr, durchgeführten Abfrage hat der Zeuge Hellenthal

angegeben, dass diesem eine eilige Erkenntnisanfrage des Landeskriminalamtes Niedersachsen im Hinblick auf

einen dort bearbeiteten Gefährdungsvorgang bezüglich eines niedersächsischen Politikers vorausgegangen sei,

der am 1. August 2013 Opfer einer offensichtlich aus dem rechten Spektrum stammenden Bedrohung und einige

Tage zuvor einer damit in Verbindung stehenden Sachbeschädigung geworden sei. Das Landeskriminalamt Nie-

dersachsen habe in diesem Zusammenhang das Bundeskriminalamt unter anderem gebeten, kurzfristig Erkennt-

nisse zu vergleichbaren Drohungen gegen Politiker und deren Einschätzung sowie zu schädigenden Ereignissen

zuzuliefern. Hierbei sei der durch den Zeugen Hellenthal im Dezember 2012 bearbeitete Vorgang als mögliche

Informationsbasis in Betracht gezogen worden. 679

(2) Abfrage am 29. August 2013, 15.23 Uhr

Zum Hintergrund für diese Abfrage gab der Zeuge Hellenthal an, dass am 22. August 2013 ein Schreiben des

Landeskriminalamtes Berlin im Bundeskriminalamt eingegangen sei, durch das - im Anschluss an ein Schreiben

des Landeskriminalamtes Berlin vom 13. August 2013 - um Prüfung gebeten wurde, ob die zum Sachverhalt der

677 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 17 (19), Stellungnahme des Zeugen Hellenthal gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (unkorrigiert).
678 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 17 (19), Stellungnahme des Zeugen Hellenthal gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (unkorrigiert).
679 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 17 (18), Stellungnahme des Zeugen Hellenthal gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (unkorrigiert).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 203 – Drucksache 18/6700
Sachbeschädigung am Briefkasten des SPD-Büros in Stadthagen durch das Bundeskriminalamt gefertigte Ge-

fährdungsbewertung für das Abgeordnetenhaus Berlin freigegeben werden könne.680 Der Zeuge Hellenthal hat

hierzu konkretisiert:

„Diesbezüglich wurde am 29.08.2013 um 15.23 Uhr durch Uz. noch einmal der Vorgang aus dem Jahr
2012 mit dem Schlagwort ‚Edathy‘ in VBS recherchiert, um die Ablage (Einstellung in VBS am
29.08.2013, 15.26 Uhr) des vorgenannten Schriftstücks sowie der Stellungnahme ST 44 im Vorgang
vorzunehmen. Ziel war hierbei die Verknüpfung beider Vorgänge wegen des identischen Sachzusam-
menhangs.“681

bbb) Änderungsvorschläge durch einen Mitarbeiter des Leitungsstabes

Nachdem die schriftliche Stellungnahme dem BKA-Leitungsstab am Vormittag des 26. März 2014 zugeleitet

wurde, sandte der Zeuge Leon am Nachmittag des 26. März 2014 eine E-Mail an den Zeugen Hellenthal, in der

es heißt:

„Anbei wie besprochen m.d.B. um kritische Prüfung und Rückmeldung.“682

Angehängt war eine im Korrekturmodus des Textverarbeitungsprogramms überarbeitete Version der Stellung-

nahme des Zeugen Hellenthal, in der unter anderem vorgeschlagen wurde, den Abschnitt, in dem dargestellt

wird, ob bei den Abfragen weitere Vorgänge zur Kenntnis genommen wurden, im Gegensatz zu der oben unter

aaa) dargestellten Version wie folgt zu fassen:

„Von weiteren generierten Treffern in VBS außerhalb des Bereiches der PMK, beispielsweise dem
Vorgang bei SO 12, wurde keine Notiz genommen. Die Anzeige des Vorgangs ist mir nicht erinner-
lich.“683

ccc) Endgültige Fassung der Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt

In der endgültigen Fassung der Erklärung, die durch den Zeugen Hellenthal am Spätnachmittag des 26. März

2014684 an den Zeugen Leon übersandt wurde, heißt es zur Frage der Kenntnisnahme weiterer Vorgänge nun-

mehr:

„Von weiteren generierten Treffern in VBS außerhalb des Bereiches der PMK, beispielsweise dem
Vorgang bei SO 12, wurde keine Notiz genommen, da diese für die konkrete Sachbearbeitung keine
unmittelbare Relevanz hätten erkennen lassen. Die Anzeige des Vorgangs ist mir nicht erinnerlich.“685

680 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 17 (19), Stellungnahme des Zeugen Hellenthal gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (unkorrigiert).
681 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 17 (19), Stellungnahme des Zeugen Hellenthal gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (unkorrigiert).
682 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 71, E-Mail des Zeugen Leon an den Zeugen Hellenthal vom 26. März 2014, 14.12 Uhr, mit dem

Betreff: „WG: 140326 - Hellenthal (Darstellung - Protokolldatenauswertung i. S. EDATHY) 2014-0001772694“.
683 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 75 (77), Stellungnahme des Zeugen Hellenthal gegenüber dem BKA (Änderungsmodus) vom 26.

März 2014.
684 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 134 (134 ff.), E-Mail des Zeugen Hellenthal an den Zeugen Leon vom 26. März 2014, 16.36 Uhr, mit

dem Betreff: „AW: 140326 - Hellenthal (Darstellung - Protokolldatenauswertung i. S. EDATHY) 2014-0001772694“.
685 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 139 (141), Stellungnahme des Zeugen Hellenthal gegenüber dem BKA (endgültige Version) vom 26.

März 2014.

Drucksache 18/6700 – 204 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zu den durch den Stab der Amtsleitung vorgeschlagenen Änderungen in der Stellungnahme befragt, hat der

Zeuge Hellenthal ausgeführt:

„Mein Eindruck dazu war auch, dass es sich da nur um sprachliche Änderungsvorschläge gehandelt
hat, die dann kritisch geprüft werden konnten. Und inhaltlich hat sich da meiner Ansicht nach nichts
getan. Also: Der Inhalt steht da so, wie ich ihn vermitteln wollte.“686

dd) Angaben gegenüber dem Innenausschuss

Sein Tätigkeitsfeld hat der Zeuge Hellenthal vor dem Innenausschuss wie folgt beschrieben:

„[…] Vielleicht erst mal zu meinem Tätigkeitsfeld. Ich bin im BKA zuständig für die Gefährdungs-
sachbearbeitung im Hause. Das macht das Referat ST 44, Staatsschutz 44. Dort bin ich hauptsächlich
für den Bereich der politisch motivierten Kriminalität rechts zuständig.

Wenn wir jetzt über diesen Vorgang des vermeintlichen Sprengstoffanschlags auf das Wahlkreisbüro
des Herrn Edathy sprechen: Ich habe das erste Mal damit Kontakt gehabt am 6. Dezember, habe dort
eine Ersteinschätzung vorgenommen. Die ist dann sowohl dem Referat ST 14 zugegangen als auch
später der Sicherungsgruppe. […]“687

Zum Hintergrund seiner Anfragen hat der Zeuge Hellenthal vor dem Innenausschuss die nachfolgenden Aus-

führungen gemacht und dabei auch dazu Stellung genommen, inwiefern er andere Vorgänge wahrgenommen

habe:

„Ausgang der am 1. 8. durchgeführten Abfrage war eine eilige Erkenntnisanfrage des LKA Nieder-
sachsen. Hintergrund war eine Bedrohung eines niedersächsischen Politikers aus dem Bereich des
Rechtsextremismus. Aufgrund der räumlichen Nähe hatte ich seinerzeit den Vorgang Sebastian Eda-
thy und Briefkasten noch im Hinterkopf und hatte zunächst angenommen, dass man da eventuell dieses
als Informationsbasis heranziehen könnte. Der Modus Operandi war dann allerdings doch unterschied-
lich, die Ersteinschätzung allerdings in Grundzügen vergleichbar. Das war der Hintergrund für die
Recherche am 1.8. Der Hintergrund für die Recherche am 29.8. war eine Anfrage des LKA Berlin.
Konkret ging es um ein Freigabeersuchen zu der am 7.6.2012 gefertigten Gefährdungsbewertung für
Parteienrichtung, die dort im Abgeordnetenhaus vorgelegt werden sollte. Die Recherche ist von mir
mit dem Schlagwort ‚Edathy‘ durchgeführt worden. Dabei habe ich natürlich fokussiert den Vorgang
gesucht, den ich seinerzeit, also im Dezember 2012, auch mit bearbeitet habe. Andere Vorgänge habe
ich dabei nicht zur Kenntnis genommen. Es wird ja neben der Vorgangsnummer und dem Betreff auch
die damals oder jeweils zuständige Organisationseinheit mit angezeigt. Von weiteren Vorgängen, ins-
besondere außerhalb des Bereichs der politisch motivierten Kriminalität, habe ich da keine Kenntnis
genommen.“688

Zur Frage eines möglichen Zugriffs auf den Vorgang von SO 12 hat der Zeuge Hellenthal ausgeführt:

„[…] Ich habe auf diesen in Rede stehenden Vorgang von SO 12 keinen Zugriff genommen. Das muss
vielleicht noch einmal klargestellt werden. Ich habe den Vorgang nicht wahrgenommen, als er mir in
der Trefferliste oder in der Fundstellenliste angezeigt wurde. Dementsprechend habe ich auch mit
niemandem über diesen Vorgang gesprochen.

686 Hellenthal, Protokoll-Nr. 15, S. 55.
687 MAT A-InnenA 18(27)6-E, S. 48, Protokoll der 9. Sitzung des Innenausschusses (Vormittag), Zeuge Hellenthal (Herr II).
688 MAT A-InnenA 18(27)6-E, S. 12, Protokoll der 9. Sitzung des Innenausschusses (Nachmittag), Zeuge Hellenthal (Herr 2).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 205 – Drucksache 18/6700

Auf die weiteren Fragen: Ich habe ja nicht nach dem Vorgang von SO 12 gesucht. Das sind unter-
schiedliche Vorgänge, über die wir uns hier unterhalten. Es gibt diesen Vorgang bei SO 12. Es gibt
einen Vorgang bei ST 44, in der Edathy behandelt wird. Dementsprechend, da ich nur diesen einen
Vorgang gesucht habe, … und es ging ja auch nicht darum, noch einmal neue gefährdungsrelevante
Erkenntnisse zu der Person von Herrn Edathy zu erheben, sondern noch einmal konkret diesen Vor-
gang zu verwalten bzw. noch einmal Einsicht zu nehmen in ein seinerzeit erstelltes Dokument, das in
diesem Vorgang abgelegt ist in VBS. Oder im zweiten Fall noch einmal eine Ablage vorzunehmen in
diesem konkreten Vorgang. […]“689

ee) Angaben gegenüber dem Untersuchungsausschuss

Gegenüber dem Untersuchungsausschuss hat der Zeuge Hellenthal zum Hintergrund seiner Suchanfrage bekun-

det:

„[…] Ich bin ebenfalls eingesetzt in der Abteilung Polizeilicher Staatsschutz des Bundeskriminalam-
tes, dort im Referat ST 44. ST 44 beschäftigt sich mit der Gefährdungssachbearbeitung, ist die Zent-
ralstelle für die Bewertung von Gefährdungssachverhalten aus dem Bereich der politisch motivierten
Kriminalität. Ich bin dort schwerpunktmäßig zuständig für die Bewertung und Steuerung von Sach-
verhalten aus dem Bereich der politisch motivierten Kriminalität rechts.

Ich war im Dezember 2012 mit diesem Briefkastenvorgang betraut; ich habe diesen Sachverhalt unter
Gesichtspunkten der PMK - ich kürze das an dieser Stelle auch einmal ab - bewertet. Und um diesen
Altvorgang aus Dezember 2012 noch einmal zu finden, habe ich dann am 01. und am 29.08.2013 mit
dem Schlagwort ‚Edathy‘ den Vorgang im VBS recherchiert.“690

Auf die Frage, warum ihm der Vorgang aus dem Referat SO 12 nicht aufgefallen sei, hat der Zeuge Hellenthal

bekundet:

„[…] Die Frage war ja, warum mir dieser Sachverhalt nicht aufgefallen ist. Ich habe seinerzeit diesen
Vorgang recherchiert, um quasi noch mal Arbeiten in der digitalen Registratur vorzunehmen. Am
01.08. ging es darum, noch mal die Bewertung vom Dezember 2012 zu sichten, und am 29.08. musste
ich zwei Schreiben ablegen in diesem Altvorgang, damit die Akte vollständig ist.

Ich bin dementsprechend an beiden Tagen nicht gefährdungsermittelnd tätig geworden. Es ging mir
gezielt darum, diesen Altvorgang aus Dezember 2012 wieder aufzufinden, und für diese Tätigkeit ist
eben auch nur mein Vorgang relevant gewesen. Alle anderen Vorgänge spielen in dem Kontext keine
Rolle.“691

e) Abfrage durch die Zeugen Kriminalhauptkommissar Hackel und Kriminaloberkommissarin
Hockun

aa) Tätigkeit im Referat SG 22

Die Zeugen Hackel und Hockun waren zum Zeitpunkt ihrer Abfragen im Referat SG 22 (Lage, Gefährdungsbe-

wertung, Objektberatung) beschäftigt, das innerhalb der Gruppe SG 2 (Andere Schutzaufgaben) zur Abteilung

689 MAT A-InnenA 18(27)6-E, S. 15, Protokoll der 9. Sitzung des Innenausschusses (Nachmittag), Zeuge Hellenthal (Herr 2).
690 Hellenthal, Protokoll-Nr. 15, S. 52 f.
691 Hellenthal, Protokoll-Nr. 15, S. 53.

Drucksache 18/6700 – 206 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

SG (Sicherungsgruppe) des Bundeskriminalamtes gehört.692 Der Zeuge Hackel war seinerzeit kommissarischer

Sachgebietsleiter, die Zeugin Hockun war als Kriminalkommissarin Sachbearbeiterin.693

Das Referat SG 22 war - wie bereits bei der Darstellung zur Zeugin Geyer ausgeführt - im Zusammenhang mit

der Sachbeschädigung am Briefkasten des SPD-Büros in Stadthagen tätig geworden. 694

bb) Begründung des Zeugen Hackel für die Datenabfragen gegenüber dem Bundeskriminalamt

aaa) Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt

In seiner gegenüber dem Bundeskriminalamt abgegebenen Stellungnahme hat der Zeuge Hackel die Hinter-

gründe für seine Recherche wie folgt dargestellt:

„Zu Sebastian Edathy, der zu diesem Zeitpunkt noch Schutzperson des BKA war, lag eine WE-Mel-
dung des Polizeikommissariates Stadthagen vom 06.12.2012 vor. In dieser wurde mitgeteilt, dass am
06.12.2012 der Briefkasten des SPD-Stadtverbandes-Stadthagen (Wahlkreisbüro o. g. Schutzperson)
durch eine Explosion beschädigt wurde.

Zu diesem Sachverhalt lagen SG 22 bis September 2013 keine Ermittlungsergebnisse bzw. keine Ab-
schlussinformation vor. Daher erhielt KK’in Hockun (SG 22) von Uz. (zu dieser Zeit kommissarischer
Sachgebietsleiter) den Auftrag, bei der Abteilung ST anzufragen, ob dort abschließende Informationen
zum Vorgang vorliegen. Die Erkenntnisse von ST 14, die am 18.09.2013 per E-Mail mitgeteilt wur-
den, enthielten die Daten eines dringend Tatverdächtigen. Um diese Erkenntnisse in der elektronischen
Akte, der gemeinsamen Ablage, zu hinterlegen, wurde eine Recherche im VBS durchgeführt, um diese
Akte überhaupt zu finden.

Dazu stellten KK’in Hockun sowie KHK Hackel jeweils getrennte und eigene Suchanfragen im VBS
und verwendeten dazu den Suchbegriff ‚Edathy‘.“695

Den Hintergrund für die Recherche durch zwei Sachbearbeiter hat der Zeuge Hackel folgendermaßen beschrie-

ben:

„Da sich KK’in Hockun bei SG 22 – GE noch in der Einarbeitungsphase befand, diente meine Re-
cherche lediglich der Kontrolle, welche Schlagwörter zur Anzeige des o. g. Vorgangs führen (Explo-
sion des Briefkastens im Wahlkreisbüro Edathy) führen.“696

Sein Vorgehen bei der Suche hat der Zeuge Hackel wie folgt beschrieben:

„Für die Suche nach diesem Vorgang gab ich im Suchfeld des VBS die Suchoption ‚Edathy‘ im Da-
tenfeld ‚Betreff‘ ein.

Meine persönliche Suchmaske im VBS ist so eingestellt, dass nur im Bestand der Organisationsein-
heit: ‚SG 22 – GE‘, gesucht werden soll:

692 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 2, Bl. 34, Organisationsübersicht des BKA, Stand 1. Dezember 2012.
693 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 31 (31), Stellungnahme des Zeugen Hackel gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (unkorrigiert).
694 Siehe hierzu bereits Zweiter Teil A.4.c)bb)ddd).
695 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 31 (31), Stellungnahme des Zeugen Hackel gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (unkorrigiert).
696 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 31 (32), Stellungnahme des Zeugen Hackel gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (unkorrigiert).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 207 – Drucksache 18/6700

Warum das IT-Protokoll zu meiner Recherche etwas anderes aussagt, entzieht sich meiner Kenntnis.
Es wäre mir unerklärlich, wozu ich die Recherche auf den Bestand des gesamten BKA ausgeweitet
haben soll, wenn ich einen Vorgang suche, der ausschließlich bei SG 22 – GE zu suchen ist.

Welche Fundstellen im Einzelnen angezeigt wurden, kann nicht angegeben werden. Bei der hier er-
folgten Anfrage ging es einzig darum, die bei SG 22 geführte Akte zu einem einzigen Sachverhalt zu
finden und nicht personenbezogene Daten über die Schutzperson: Sebastian Edathy, zu sammeln oder
zu erheben. Auf andere Eintragungen im VBS habe ich nicht geachtet, weil diese nicht Ziel meiner
Suchanfrage waren.“697

bbb) Änderungsvorschläge durch einen Mitarbeiter des Leitungsstabes

Nachdem die schriftliche Stellungnahme dem BKA-Leitungsstab am Vormittag des 26. März 2014 zugeleitet

wurde, sandte ein Mitarbeiter des BKA-Leitungsstabes am Nachmittag des 26. März 2014 eine E-Mail an den

Zeugen Hackel, in der es unter anderem heißt:

„Sehr geehrter Herr Hackel,

vielen Dank für die Übermittlung Ihrer Stellungnahme.

Im Hinblick auf den Gesamtkomplex ergeben sich aus Sicht von LS1 die nachfolgenden Verständnis-
fragen. Diese habe ich wie besprochen in das Dokument eingefügt bzw. Formulierungsvorschläge
gemacht.

Bitte prüfen Sie meine Formulierungsvorschläge kritisch und ergänzen Sie Ihre Stellungnahme ent-
sprechend.“698

Angehängt war eine im Korrekturmodus des Textverarbeitungsprogramms überarbeitete Version der Stellung-

nahme des Zeugen Hackel, in der im Rahmen der Darstellung des Hintergrundes für die Recherche folgender

Absatz - unterstrichen und in anderer Schriftart - eingefügt worden war:

„Bitte ergänzen – soweit bekannt – Warum der Vorgang im September 2012 von SG22-GE ‚angefasst‘
bzw. weiter bearbeitet wurde.

Formulierungsvorschlag: Im August 2013 wurde der bisher für die Gefährdungsbewertung von MdB
EDATHY zuständige Sachbearbeiter pensioniert. Seine noch offenen Vorgänge wurden von KHK
Hackel und KK Hockun übernommen. Bei einer Sachstandsprüfung im September 2013 wurde fest-
gestellt, dass …

Darauf hin erfolgte eine Erkenntnisanfrage bei ST14…“699

697 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 31 (32), Stellungnahme des Zeugen Hackel gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (unkorrigiert).
698 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 56 (56), E-Mail eines Mitarbeiters des BKA-Leitungsstabes an den Zeugen Hackel vom 26. März

2014, 15.18 Uhr, mit dem Betreff: „140326 – A (Ergänzungsfrage – Hackel (Darstellung – Protokolldatenauswertung i. S. EDATHY) 2014 –
0001772694“.

699 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 60 (61), Stellungnahme des Zeugen Hackel gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (Änderungsmo-
dus).

Drucksache 18/6700 – 208 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Im Rahmen der Ausführungen des Zeugen Hackel, er habe die Recherche durch seine persönliche Suchmaske

auf den Bestand der Organisationseinheit „SG22-GE“ beschränkt,700 war unter Nutzung der Kommentarfunktion

des Textverarbeitungsprogramms angemerkt worden:

„Diese Passage würde ich auch löschen, da die zitierte individuelle Einstellung so nicht möglich ist.
Eine mögliche plausible Erklärung wäre, dass bei der Anzeige der Fundstellen, diejenigen zuerst an-
gezeigt werden, die auf das Referat SG22-GE hinweisen und dass durch die Beschränkung der Anzahl
der Fundstellen pro Ansicht, der SO-Vorgang auf eine späteren Seite gezeigt wurde Dies ist aber für
die Beantwortung nicht relevant!“701

Im Anschluss wurde eine nach wie vor im Änderungsmodus des Textverarbeitungsprogrammes bestehende Ver-

sion der Stellungnahme durch den Zeugen Hackel an den Mitarbeiter des Leitungsstabes zurückgesandt.702 In

Bezug auf den soeben beschriebenen, unter Nutzung der Kommentarfunktion eingefügten Hinweis, war der fol-

gende Satz in den Text eingefügt worden:

„Das habe ich in unserem Telefonat bewiesen, dass dies doch möglich ist.“703

Im Anschluss daran erfolgte erneut eine E-Mail des Mitarbeiters des Leitungsstabes an den Zeugen Hackel, in

der es hieß:

„…wie soeben telefonisch besprochen, bitte ich Sie, die mir am 26.03.2014 übersandte ergänzende
Stellungnahme (Anlage 1) zu überarbeiten und ein einheitliches zusammenfassendes Dokument zu
erstellen, welches PR Ziercke vorgelegt werden kann (ohne Änderungsmodus und Kommentarfunk-
tion).

Ich weise darauf hin, dass dies ihre Stellungnahme ist und die von mir gemachten Anmerkungen /
Nachfragen zum Verständnis des Sachverhaltes dienten.“704

ccc) Endgültige Fassung der Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt

In der am 27. März 2014 durch den Zeugen Hackel an einen Mitarbeiter des BKA-Leitungsstabes übersandten

endgültigen Version der Erklärung heißt es zum Hintergrund der Suchanfragen nunmehr:

„Zu Sebastian Edathy, der bis zu seinem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag im Februar 2014
eine Schutzperson des BKA war, lag eine WE-Meldung des Polizeikommissariates Stadthagen vom
06.12.2012 vor. In dieser wurde mitgeteilt, dass am 06.12.2012 der Briefkasten des SPD-Stadtverban-
des Stadthagen (Wahlkreisbüro o. g. Schutzperson) durch eine Explosion beschädigt wurde.

Im August 2013 wurde der Sachgebietsleiter von SG 22 – GE pensioniert, dem bis zu diesem Zeitpunkt
auch die Bearbeitung des eingangs genannten Einzelsachverhaltes (WE-Meldung vom 06.12.2012)

700 Siehe hierzu Zweiter Teil A.4.c)bb)aaa).
701 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 60 (62), Stellungnahme des Zeugen Hackel gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (Änderungsmo-

dus).
702 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 80, E-Mail des Zeugen Hackel an einen Mitarbeiter des BKA-Leitungsstabes vom 26. März 2014,

16.00 Uhr, mit dem Betreff: „Nachfrage LS1_VBS-Recherche_SG22-GE_26032014.doc.
703 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 81 (83), Stellungnahme des Zeugen Hackel gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (Änderungsmo-

dus).
704 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 111 (111), E-Mail eines Mitarbeiters des BKA-Leitungsstabes an den Zeugen Hackel vom 26. März

2014, 17.41 Uhr, mit dem Betreff: „140326 – A2 (Ergänzungsfrage – Hackel (Darstellung – Protokolldatenauswertung i. S. EDATHY) 2014 –
0001772694.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 209 – Drucksache 18/6700

oblag. Dieser übergab mir seine bis dahin noch offenen Papiervorgänge. Da ich als kommissarischer
Sachbearbeiter diese Vorgänge, die mir in Papierform vorlagen, nach und nach abarbeitete, habe ich
im September 2013 festgestellt, dass u. a. der Vorgang zur o. g. WE-Meldung noch offen war. D. h.
es gab weder eine Erkenntnismitteilung noch eine Abschlussmeldung.

Darauf hin habe ich KK’in Hockun (SG 22 – GE) beauftragt, zu prüfen, ob weitere Informationen zu
diesem Sachverhalt vorliegen.

Die Erkenntnisse von ST 14, die am 18.09.2013 SG 22 per E-Mail mitgeteilt wurden, enthielten die
Daten eines dringend Tatverdächtigen. Um diese Erkenntnisse in der elektronischen Akte, der gemein-
samen Ablage, zu hinterlegen, wurde eine Recherche in VBS durchgeführt, um diese Akte überhaupt
zu finden.

Dazu stellten KK’in Hockun sowie KHK Hackel jeweils getrennte und eigene Suchanfragen im VBS
und verwendeten dazu den Suchbegriff ‚Edathy‘.“705

Sein Vorgehen bei der Suche wurde durch den Zeugen Hackel in der endgültigen Version seiner Erklärung nach

wie vor so beschrieben wie in der ersten unveränderten Version seiner Erklärung, die bereits oben unter aaa)

dargestellt wurde.706

Zu den durch den Stab der Amtsleitung vorgeschlagenen Änderungen in der Stellungnahme hat der Zeuge Ha-

ckel vor dem Untersuchungsausschuss bekundet:

„Ich kann Ihnen sagen, wie das bei mir war. Ich wurde aufgefordert, dazu mich zu äußern, schriftlich,
was ich mache, wie ich das mache, wie ich es eben auch getan habe. Und Änderungen, ja, die gab es,
allerdings nur in stilistischer Form, weil - wie soll ich das - - Mit einfachen Worten kann ich das
erklären. Ich muss das jemandem rüberbringen, auch bei uns. Dem höheren Dienst musste ich erklären,
was ich getan habe. Der höhere Dienst arbeitet mit diesem System auch nicht. Ich muss das einfach
erklären. Da gab es natürlich Verständnisfragen. Ich musste bestimmte Sachen anders formulieren,
aber nicht, dass sich an der Grundaussage irgendetwas geändert hätte. Das wurde eigentlich nicht ge-
macht, nein.

Oder Formulierungsvorschläge wurden gemacht, weil das nicht ganz deutlich rumkam oder so etwas.
Aber grundsätzlich war ich frei in meiner Darstellung. Es wurde auch nichts geändert, nichts gestri-
chen, was ich da zu Protokoll gegeben habe.“707

cc) Begründung der Zeugin Hockun für die Datenabfragen gegenüber dem Bundeskriminalamt

aaa) Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt

In ihrer Stellungnahme gegenüber dem Bundeskriminalamt hat die Zeugin Hockun zum Hintergrund ihrer Suche

ausgeführt:

„Zu Sebastian Edathy, der eine Schutzperson des BKAs war, lag eine Meldung des Polizeikommissa-
riates Stadthagen vom 06.12.2012 vor. In dieser Meldung wurde mitgeteilt, dass am 06.12.2012 der

705 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 156 (157), Stellungnahme des Zeugen Hackel gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (finale Ver-
sion).

706 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 156 (157), Stellungnahme des Zeugen Hackel gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (finale Ver-
sion).

707 Hackel, Protokoll-Nr. 15, S. 54.

Drucksache 18/6700 – 210 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Briefkasten des SPD-Stadtverband-Stadthagen (Wahlkreisbüro o.g. Schutzperson) durch eine Explo-
sion beschädigt wurde.

Zu dem Sachverhalt lagen SG 22 bis September 2013 keine Ermittlungsergebnisse bzw. keine Ab-
schlussinformationen vor. Von KHK Hackel (zu dieser Zeit kommissarischer Sachgebietsleiter) er-
hielt ich den Auftrag, bei der Abteilung ST anzufragen, ob dort abschließende Informationen zum
Vorgang vorliegen.

ST 14 übermittelte in der Folge neue Erkenntnisse, welche zum Vorgang hinzugefügt werden sollten.

Daraufhin sollte mittels einer Recherche in VBS mit dem Suchbegriff ‚Edathy‘ der entsprechende
Vorgang herausgesucht werden.“708

Dazu, ob sie den Vorgang betreffend Edathy aus dem Referat SO 12 wahrgenommen habe, hat sie die folgenden

Angaben gemacht:

„Unter den angezeigten Fundstellen zum Suchbegriff ‚Edathy‘ konzentrierte ich mich ausschließlich
auf Vorgänge der Abteilung SG. Dazu betrachtete ich die Spalte ‚Organisationseinheit‘ um mir nach-
folgend nur SG-Vorgänge anschauen zu können. Dabei wurde insbesondere den ‚Betreffzeilen‘ ande-
rer Abteilungen keine Aufmerksamkeit geschenkt.

Einen Vorgang von SO habe ich nicht bewusst wahrgenommen.“709

bbb) Änderungsvorschläge durch einen Mitarbeiter des Leitungsstabes

Nachdem die Stellungnahme am Vormittag des 26. März 2014 an den BKA-Leitungsstab gesandt worden war,

sandte am Mittag ein Mitarbeiter des BKA-Leitungsstabes eine E-Mail an die Zeugin Hockun, durch die die

Zeugin Hockun aufgefordert wurde, in das Dokument unter Nutzung des Änderungsmodus des Textverarbei-

tungsprogrammes eingefügte Formulierungsvorschläge kritisch zu prüfen und die Stellungnahme entsprechend

zu ergänzen.

Im Hinblick auf die Formulierung zum Hintergrund der Suchanfrage enthält das Dokument die folgenden An-

merkungen:

„Bitte ergänzen – soweit bekannt – seit wann der WE-Meldung vom 06.12.2012 bei SG22-GE vor-
lag.“710

Sowie:

„Bitte ergänzen – soweit bekannt – Warum der Vorgang im September 2013 von SG22-GE ‚angefasst‘
bzw. weiter bearbeitet wurde.

Formulierungsvorschlag: Im August 2013 wurde der bisher für die Gefährungsbewertung von MdB
Edathy zuständige Sachbearbeiter pensioniert. Seine noch offenen Vorgänge wurden von KHK Hackel

708 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 38 (39), Stellungnahme der Zeugin Hockun gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (unkorrigiert).
709 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 38 (40), Stellungnahme der Zeugin Hockun gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (unkorrigiert).
710 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 50 (51 f.), Stellungnahme der Zeugin Hockun gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (Änderungs-

modus).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 211 – Drucksache 18/6700

und KK Hockun übernommen. Bei einer Sachstandsprüfung im September 2013 wurde festgestellt,
dass… Darauf hin erfolgte eine Erkenntnisanfrage bei ST 14 …“711

Zu den Angaben der Zeugin Hockun zu der Frage, ob sie einen Vorgang des Referats SO 12 wahrgenommen

habe, wurden keine Anmerkungen gemacht und auch keine Änderungen vorgeschlagen.712

Im Zusammenhang mit der Formulierung kam es am 26. März 2014 zwischen der Zeugin Hockun und dem

Mitarbeiter des Leitungsstabes noch zu weiterem E-Mail-Verkehr.713

ccc) Endgültige Fassung der Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt

In der endgültigen Fassung der Erklärung der Zeugin Hockun gegenüber dem Bundeskriminalamt heißt es so-

dann zum Hintergrund der Suche im VBS nach Sebastian Edathy:

„Zu Sebastian Edathy, der eine Schutzperson des BKAs war, ging im Dezember 2012 eine Meldung
ein, dass am 06.12.2012 der Briefkasten des SPD-Stadtverband-Stadthagen (auch Wahlkreisbüro von
Sebastian Edathy) durch eine Explosion beschädigt wurde.

Am 20.12.2012 erhielt SG 22 den Auftrag, dem MdB Edathy ein Sicherheitsgespräch anzubieten. Der
Auftrag zu diesem Angebot erging aus dem BMI, ‚vor dem Hintergrund des Vorkommnisses am Brief-
kasten des Bürgerbüros von Herrn Edathy‘ (Mail aus dem BMI an LS1 vom 20.12.2012).

Das Angebot von Herrn Edathy erfolgte am 21.12.2012 per Mail. (Erlassbeantwortung vom
28.12.2012)

Eine Sichtung der Papierunterlagen von EKHK F., welcher im August 2013 in den Ruhestand gegan-
gen war ergab, dass zu dem Sachverhalt keine weiteren Ermittlungsergebnisse bzw. keine Abschlus-
sinformationen vorlagen. Die Sichtung der Unterlagen erfolgte durch KHK Hackel, der zu dieser Zeit
kommissarischer Sachgebietsleiter war. Von ihm erhielt ich den Auftrag, bei der Abteilung ST anzu-
fragen, ob dort abschließende Informationen zum Vorgang vorliegen.

ST 14 übermittelte in der Folge neue Erkenntnisse, welche zum Vorgang hinzugefügt werden sollte.
Daraufhin sollte mittels einer Recherche in VBS mit dem Suchbegriff ‚Edathy‘ der entsprechende
Vorgang herausgesucht werden.“714

Die Angaben der Zeugin Hockun dazu, ob sie einen Vorgang aus der Abteilung SO wahrgenommen habe, ent-

sprechen in der endgültigen Version der Stellungnahme der unter aaa) dargestellten Fassung.715

Zu den durch die Amtsleitung vorgeschlagenen Änderungen in der Stellungnahme hat die Zeugin Hockun vor

dem Untersuchungsausschuss bekundet:

711 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 50 (51 f.), Stellungnahme der Zeugin Hockun gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (Änderungs-
modus).

712 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 50 (53), Stellungnahme der Zeugin Hockun gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (Änderungsmo-
dus).

713 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 86 sowie Bl. 94 ff., E-Mails zwischen der Zeugin Hockun und einem Mitarbeiter des BKA-Leitungs-
stabes.

714 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 144 (145), Stellungnahme der Zeugin Hockun gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (finale Ver-
sion).

715 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 160, Bl. 144 (147), Stellungnahme der Zeugin Hockun gegenüber dem BKA vom 26. März 2014 (finale Ver-
sion).

Drucksache 18/6700 – 212 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Bei mir war das auch so, dass es einmal stilistisch war: Wie sieht das jetzt aus? Ich hatte erst einen
anderen Aufbau gewählt. Da wurde mir dann einfach nur gesagt, dass es vom Bild her anders gestaltet
werden sollte. Und es gab eben auch Verständnisnachfragen, wie Herr Hackel das schon erklärt hat.
Wir arbeiten ja tagtäglich mit diesem System, so wie wir das für unsere Bedürfnisse nutzen, und das
sollte dann eben entsprechend noch mal genauer dargestellt werden, sodass es wirklich verständlich
ist. Das war wohl in der ersten Fassung dann eben nicht so verständlich.

Und inhaltlich: Da das ja meine Aussage und meine Schilderung war, habe ich da inhaltlich sicherlich
nichts verändert.“716

dd) Angaben des Zeugen Hackel gegenüber dem Innenausschuss

Der Zeuge Hackel hat zum Hintergrund der durch ihn durchgeführten Suche vor dem Innenausschuss erklärt:

„[…] Hier ist also nichts weiter passiert, als dass wir von einer Polizeidienststelle im Rahmen des
polizeilichen Meldedienstes Informationen erhalten haben, dass am 6. Dezember 2012 ein Briefkasten
im Wahlkreisbüro des Herrn Edathy explodiert ist. Das hat ein Kollege, der sich heute leider in Pension
befindet, aufgenommen und bearbeitet. Dieser Kollege war gleichzeitig Sachgebietsleiter von mir. Ich
habe dann, nachdem er im August vorigen Jahres in Pension gegangen ist, kommissarisch die Leitung
dieses Sachgebiets übernommen. […] Ich habe von meinem Sachgebietsleiter sämtliche Papierakten
übernommen. Das war ungefähr so ein Stapel. Die muss ich dann sukzessive abbauen. […] Nachdem
ich diesen ganzen Aktenwust abgebaut hatte, fiel mir eben auf, dass ein Haufen Papier hin- und her-
geschoben wurde zu diesem Einzelsachverhalt – sprich Anschlag, Explosionsanschlag auf den Brief-
kasten des Bundestagsabgeordneten. […] Ich wollte aber diese Akte rundmachen. […] Ich habe die
Kollegin auch beauftragt, weil das noch offen war, sie möchte bitte nachfragen, ob das zum Abschluss
kommen könnte, dass wir diese Akte […] zumachen können. Das habe ich gemacht. Es ist nachweis-
lich bei uns, dass wir am 18. um 11.42 Uhr, nageln Sie mich nicht auf die Minute fest, an diesem Tag
ein Dokument in diese Akte Edathy in unseren Bestand eingegeben haben. […]“717

ee) Angaben der Zeugin Hockun gegenüber dem Innenausschuss

Die Zeugin Hockun hat zu den Hintergründen der Recherche und zum Vorgehen bei Anzeige der Suchergebnisse

vor dem Innenausschuss Folgendes bekundet:

„[…] Im vorliegenden Sachverhalt habe ich das erste Mal mit dem Sachverhalt zu tun gehabt am
18.9.2013. Da habe ich quasi den Sachverhalt übergeben bekommen. Es handelte sich dabei auch um
die Sachbeschädigung des Briefkastens. Da habe ich die Papierakte bekommen und habe noch einmal
nachgesehen, ob es einen abschließenden Vermerk gibt, ob der Sachverhalt für unsere Sachbearbei-
tung abgeschlossen ist und habe deswegen beim Staatsschutz noch einmal nachgefragt […]. Ich habe
dann nochmal entsprechend einen abschließenden Bericht bekommen und wollte den auch nur bei uns
in die Akte einfügen, in unsere gemeinsame Ablage. Um diese zu finden, habe ich eine Recherche in
VBS gemacht, dem Vorgangsbearbeitungssystem, um den Vorgang bei uns in der Ablage zu finden.
Dazu habe ich den Suchbegriff ‚Edathy‘ verwendet. Ich habe eine relativ große Trefferliste bekommen
und habe dann ebenso wie der Kollege von ST, um das für mich schon einmal optisch zu filtern, nur
nach der Organisationseinheit geschaut. Ich habe geguckt, gibt es einen Vorgang bei SG, um dann
entsprechend diesen Sachverhalt bei uns elektronisch ablegen zu können.“718

716 Hockun, Protokoll-Nr. 15, S. 54 f.
717 MAT A-InnenA 18(27)6-E, S. 19 f., Protokoll der 9. Sitzung des Innenausschusses (Nachmittag), Zeuge Hackel (Herr 4).
718 MAT A-InnenA 18(27)6-E, S. 19, Protokoll der 9. Sitzung des Innenausschusses (Nachmittag) , Zeugin Hockun (Frau 3).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 213 – Drucksache 18/6700

ff) Angaben des Zeugen Hackel vor dem Untersuchungsausschuss

Vor dem Untersuchungsausschuss hat der Zeuge Hackel den Hintergrund seiner Recherche wie folgt beschrie-

ben:

„[…] Ja, wie gesagt, ich bin Gefährdungsermittler bei der Abteilung SG im Bundeskriminalamt Berlin,
und unserem Fachreferat unterliegt es eigentlich, Sachverhalte zu analysieren, die Schutzpersonen des
Bundeskriminalamtes tangieren, und zu prüfen, ob diese Sachverhalte in irgendeiner Art zu einer Ge-
fährdung der Schutzpersonen sich ausarten könnten, und die gegebenen Abwehrmaßnahmen zu initi-
ieren, damit es eben zu keiner Beeinträchtigung von Leben, Leib und Freiheit von Schutzpersonen
kommt.

Im Rahmen dieser Arbeit hatte ich zu dieser Zeit die kommissarische Leitung der Abteilung Siche-
rungsgruppe Gefährdungsermittlung inne für das Sachgebiet, weil mein Vorgesetzter, der ehemalige
Sachgebietsleiter, in Pension gegangen ist im August des vorigen Jahres, und hatte von diesem ver-
schiedene Papierunterlagen zu anderen Vorgängen noch, die die Schutzpersonen des Bundes betref-
fen, vor mir liegen, und die wollte ich nach und nach sukzessive abarbeiten.

Dabei, unter vielen anderen, befand sich auch ein Vorgang zu der Schutzperson Edathy. Dieser be-
fasste sich mit einem Sprengstoffanschlag, angeblichen Sprengstoffanschlag auf den Briefkasten in
Stadthagen an seinem Wahlkreisbüro, der in Zusammenarbeit mit der Abteilung ST des BKA abgear-
beitet wurde.

Zu dieser Zeit war auch neu meine Kollegin Frau Hockun bei uns im Sachgebiet, und ich bat diese,
abschließende Erkenntnisse einzuholen, weil dieser Vorgang noch nicht ganz rund war für uns, wie
wir sagen, und, um diesen abschließen zu können, bei der Abteilung ST nachzufragen, ob diese zu
diesem einen Sachverhalt neue Erkenntnisse hätten oder auch sogar, dass ein Tatverdächtiger dazu
schon vorläge. […]“719

Zum Vorgehen bei Durchsicht der angezeigten Suchergebnisse hat der Zeuge Hackel ausgeführt:

„[…] Ihnen liegt jetzt dieser Auszug vor. Meine Abfrage ist die Seite 8 und 9. Wenn Sie dort bitte
nachschauen, dann steht meine Abfrage im Betreff. Das heißt also, ich habe nach einer Akte gesucht;
denn ich hätte unten noch die Möglichkeit gehabt, nach dem Namen zu suchen. Dort befinden sich
aber nur Störer oder Tatverdächtige. Die geben wir so ein. Herr Edathy war für mich kein Tatverdäch-
tiger, und wir speichern auch keine Schutzpersonen in diesen Daten drin, sondern ich muss bloß den
Fall Edathy und den jeweiligen Sachverhalt zusammenbringen. So. Das andere findet sich ja in der
elektronischen Ablage.

Also habe ich jetzt ‚Edathy‘ gesucht, habe dann folgend das auf Seite 9 ausgedruckte Ergebnis be-
kommen und gucke nicht vorne hin, sondern ich gucke jetzt in die OE, also hinten. Was ST 33, ST 44
- - das ist alles nicht meines. Da komme ich sowieso nicht rein; das interessiert mich nicht. Ich suche
einen einzigen Vorgang zu dem Briefkasten und gucke jetzt weiter. Mich interessieren jetzt nur die
für SG 22 GE, die unten. Das ist der aber nicht, der andere auch nicht. Und der andere ist es auch
nicht. Also fehlt der schlicht und ergreifend. Nach mehr habe ich nicht geguckt. Wir haben diesen
Vorgang gesucht, nicht die Person.“720

719 Hackel, Protokoll-Nr. 15, S. 50 f.
720 Hackel, Protokoll-Nr. 15, S. 54.

Drucksache 18/6700 – 214 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gg) Angaben der Zeugin Hockun vor dem Untersuchungsausschuss

Die Zeugin Hockun hat die Hintergründe ihrer Recherche bezüglich Sebastian Edathy vor dem Untersuchungs-

ausschuss wie folgt dargestellt:

„Ja, also, wie Herr Hackel eben ausgeführt hat, hatte er mir diesen Vorgang der Sachbeschädigung an
dem Briefkasten im Wahlbüro, Wahlkreisbüro von Herrn Edathy übergeben. Wir hatten auch kurz
besprochen, wie ich dann vorgehen sollte. Ich habe dann zunächst bei unserer Partnerdienststelle beim
Staatsschutz nachgefragt, ob es denn neue Erkenntnisse geben würde, ob sich da noch etwas ergeben
hat oder einen Abschlussbericht zur Sache, ob es den vielleicht gibt.

Die Unterlagen wurden mir dann auch übermittelt, und ich wollte die dann halt in dem Vorgang able-
gen, habe im Vorgangsbearbeitungssystem, also VBS, gesucht nach dem Vorgang, eben auch nur, um
diesen Vorgang zu finden, um auf der elektronischen Ablage, wie Herr Hackel das gerade erklärt hat,
die neuen Dokumente abzulegen, damit wir diesen Vorgang abschließen können. Also, es waren jetzt
keine Erkenntnisse, die eine Gefährdung begründet hätten. Es war wirklich so, dass es wirklich ab-
schließende Mitteilungen waren.

Ich habe dann eine andere Recherchemöglichkeit gesucht, die wesentlich mehr Treffer auch produziert
hat. Ich habe dann eben geguckt, wo sind jetzt die SG-Vorgänge, weil es eben ein sehr umfassendes
Fundstellenbild war, und ich habe halt, wie gesagt, nach SG-Vorgängen, SG 22 direkt gesucht, weil
wir eben auch zu anderen Vorgängen gar keinen Zugriff haben, habe den dann eben dort auch nicht
aufgefunden. Wir haben das dann über einen anderen Weg gemacht und haben dann für uns diesen
Vorgang auch abschließen können.

Ich habe dann eben auch mit dem Suchbegriff ‚Edathy‘ gesucht, aus den eben genannten Gründen,
weil das eben für uns bedeutet hätte, dass wir wahrscheinlich nicht allzu viele Fundstellen finden
würden, was dann die Einschränkung natürlich etwas besser macht.“721

Ihr Vorgehen nach Anzeige der Suchergebnisse hat die Zeugin Hockun folgendermaßen beschrieben:

„[…] Wie Herr Hackel das ausgeführt hat, nutzen wir dann VBS, um zu gucken: Wo genau befindet
sich der Vorgang auf der gemeinsamen Ablage? Habe dann daraufhin recherchiert, habe, so wie ich
das dann auch erfahren habe, über 70 Ergebnisse bekommen. Das sind dann, wie man das auch sehen
kann, vier Seiten, sehr umfangreich. Um das dann entsprechend filtern zu können für mich, optisch,
habe ich dann auch nach der Organisationseinheit geguckt. Man sieht auch, dass es sehr viele, auch
unterschiedliche, waren. Und dann gucke ich eben: Wo ist jetzt SG 22 GE? Gucke: Ist da mein Vor-
gang dabei? Der war dann eben nicht dabei. Dann schließe ich das System. […]”722

721 Hockun, Protokoll-Nr. 15, S. 51 f.
722 Hockun, Protokoll-Nr. 15, S. 54.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 215 – Drucksache 18/6700

IV. Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen in Bezug auf Kinder- und Jugendpornografie in-
nerhalb des Bundeskriminalamtes

1. Server- und Auswerteraum von SO 12 innerhalb des Bundeskriminalamtes

a) Zugangsregelung

Der Zeuge Hoppe hat beschrieben, wie kinderpornografische Dateien innerhalb des Bundeskriminalamtes auf-

bewahrt werden:

„Aufgrund der Tatsache, dass wir kinderpornografische Schriften, Dateien, Bilder usw. eigentlich total
aus unserer Bürokommunikation verbannt haben möchten, haben wir einen extra Serverraum geschaf-
fen, um die Daten dort verarbeiten zu können. Der Server steht bei uns im Keller. Wir haben ein
eigenes Gebäude, das ist auf der Liegenschaft W3, wo bis auf den Gruppenleiter nur ausschließlich
SO-12-Mitarbeiter sind. Der Serverraum im Keller ist total gesichert, da kommt gar keiner rein, hat
eigentlich nur aus feuerpolizeilicher Sicht mal die Wache einen Schlüssel, und dann muss auch hin-
terlegt werden, wer da wie reingekommen ist. […]“723

Auf die Dateien könne von einem Auswerteraum aus zugegriffen werden, dessen Zugang, so der Zeuge Hoppe,

folgendermaßen geregelt sei:

„[…] Der Auswerteraum, wo die Geräte drinstehen, der auf diesen Server zugreift, darüber gibt es ein
Schlüsselverwaltungsmanagement, so würde ich es jetzt mal nennen. Die Schlüssel werden durch den
Referatsleiter verwaltet. Ich habe das gemeinsam mit dem Herrn Stahl gemacht. Den haben Sie ja
schon kennengelernt, den Sachgebietsleiter. Wir haben die Liste geführt, haben die Schlüssel ausge-
geben oder wieder eingezogen. Und Schlüssel für den Auswerteraum hatten nur Mitarbeiter, aktuelle
Mitarbeiter des Referates SO 12.“724

Der Zeuge Stahl hat Angaben im Hinblick auf die Ausgabe der Schlüssel gemacht:

„Dieser Raum ist sondergeschützt und zutrittsgesichert, und zwar nur über einen Schlüssel zu öffnen.
Im Besitz des Schlüssels sind nur Mitarbeiter des Referats SO 12. Das heißt, bei Dienstbeginn bei dem
Referat wird den Kollegen gegen Empfangsquittung ein Schlüssel ausgehändigt. Die Schlüssel sind
auch nummeriert. Wenn ein Kollege das Referat verlässt, ist der Schlüssel wieder abzugeben und wird
dann wieder in Verwahrung genommen, sodass also nur Mitarbeiter von SO 12 eigenständig den Raum
überhaupt betreten können, Servicepersonal oder sonst was nur in Begleitung eines Mitarbeiters von
SO 12. Egal, ob das jetzt kleinere oder größere Reparaturen sind oder IT-technische Maßnahmen sind:
nur in Begleitung eines Mitarbeiters von SO 12.”725

Aus den dem Untersuchungsausschuss vorliegenden Protokollen über die Ausgabe der Schlüssel für den Raum

K 107 im Bundeskriminalamt geht hervor, dass der Empfang und die Rückgabe der ausgegebenen Schlüssel

jeweils unter Angabe des Datums und der Schlüsselnummer quittiert wurde.726 Aus den Protokollen ergibt sich

723 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 29.
724 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 29.
725 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 52.
726 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 96, Bl. 195 f. sowie 197 f., Protokolle „Schlüsselausgabe für den Raum K 107“.

Drucksache 18/6700 – 216 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

weiterhin, dass der Schlüssel Nr. 20 seit dem 21. August 2008 im Notkasten vor K 107 lagert. In der zweiten

Zeile der beiden vorliegenden Protokolle heißt es in dieser Hinsicht jeweils:

„(Schlüssel (Nr. 20) für Notkasten K 107 im Schlüsselkasten (Waffenfächer) K 405)“727

Die Zeugin Wiegand hat, danach befragt, ob sie wisse, wer Zugriff auf die PCs im Auswerteraum habe, bekundet:

„Zugriff haben die Mitarbeiter, die einen Schlüssel von dem Auswerteraum haben.“728

Einen Schlüssel hätten, so die Zeugin Wiegand weiter, ihres Wissens nur Mitarbeiter von SO 12.729

b) Ausstattung

Auf die Frage, ob die PCs in dem Auswerteraum mit Laufwerken ausgestattet seien, die offen seien, so dass man

Daten „runterziehen“ könne, hat der Zeuge Liersch bekundet:

„Ja. Die haben USB-Anschlüsse und CD-ROM-Laufwerke, weil wir sowohl Festplatten übergeben
bekommen, gesendet bekommen, CDs, von denen wir die Beweismittel auf die Serverlandschaft über-
spielen müssen. Wenn wir die Beweismittel von dem Server herunterziehen, müssen wir auch eine
CD brennen oder, wenn es große Datenmengen sind, Festplatten anschließen. Deswegen sind die of-
fen.“730

2. Zutritt des Beamten „X“ in den Server- beziehungsweise Auswerteraum

Befragt danach, ob er ausschließen könne, dass der Beamte „X“ Zugang zum Auswerteraum und zu dem Server

„Paris“ hätte haben können, hat der Zeuge Hoppe ausgeführt:

„Er hat keinen Schlüssel gehabt. Insofern hat er eigentlich auch keinen, hat keinen Zugang. Ich streiche
‚eigentlich‘, er hat keinen Zugang. Er hat auf die Ablage, die ja noch mal passwortgeschützt ist, dar-
über hinaus auch deswegen keinen Zugriff, weil er das Passwort mit Sicherheit nicht kennt.“731

In den Protokollen bezüglich der Schlüsselausgabe für den Raum K 107 wird der Name des Beamten „X“ nicht

aufgeführt.732

Bereits vor dem Innenausschuss hatte der Zeuge Hoppe in Beantwortung der Frage, ob der Beamte „X“ „Zugriff

hatte“ oder die Möglichkeit, auf die Dateien zuzugreifen:

„[…] Das kann ich eigentlich ausschließen. Zu dem Stand-alone-Netzwerk, das wir bei SO 12 haben,
haben nur die Mitarbeiter von SO 12 Zugriff. Dazu gehörte der Herr X733 nicht. Die Räume sind durch
einen Schlüssel gesichert, und die Schlüssel verwalte ich selber als Referatsleiter bzw. jetzt mein

727 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 96, Bl. 195 f. sowie 197 f., Protokolle „Schlüsselausgabe für den Raum K 107“.
728 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 63.
729 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 63.
730 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 43.
731 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 29 f.
732 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 96, Bl. 195 f. sowie 197 f., Protokolle „Schlüsselausgabe für den Raum K 107“.
733 In den Ausführungen vor dem Innenausschuss nutzte der Zeuge Hoppe den Anfangsbuchstaben des Nachnamens des Beamten „X“.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 217 – Drucksache 18/6700

Nachfolger. Also kann ich hier eigentlich ausschließen, dass der Herr X Zugriff auf diese Daten hatte
– zu jedwedem Zeitpunkt.“734

Die Zeugin Wiegand hat, danach befragt, ob der Beamte „X“ Zugang zu den PCs im Auswerteraum gehabt habe,

erklärt:

„Also, nicht, dass ich wüsste, und auch nicht, dass er einen Schlüssel dafür gehabt hätte oder dass ich
ihn jemals bei uns gesehen hätte zu der Zeit, in unserem Gebäude.“735

V. Abläufe innerhalb des Bundeskriminalamt betreffend den Vorgang „Edathy“ ab dem 15.
Oktober 2013 bis zu den Durchsuchungsmaßnahmen im Februar 2014

1. Keine Kenntnis innerhalb des Bundeskriminalamtes vor dem 15. Oktober 2013

a) Angaben der Zeugen

Der Untersuchungsausschuss ist der Frage nachgegangen, ob und inwiefern innerhalb des Bundeskriminalamtes

bereits vor dem 15. Oktober 2013 bekannt war, dass der Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy eine der im

Rahmen der Operation „Selm“ bekannt gewordenen Personen war.

Die Zeugin Wiegand hat hierzu angegeben, dass sie Sebastian Edathy im Rahmen der Bearbeitung des Vorgangs

nach Eingang der Kreditkartendaten im Juni 2013 nicht erkannt habe.736 Sie sei vor dem 15. Oktober 2013 von

niemandem gebeten worden, nach diesem bestimmten Namen zu suchen, auch keine Anfrage erhalten, bei der

man sagen könne, es sei eigentlich eine unbefugte Anfrage gewesen.737 Am 15. Oktober 2013 selber sei sie nicht

im Dienst gewesen, sondern erst wieder am darauf folgenden Montag.738

Bereits vor dem Innenausschuss hatte die Zeugin Wiegand ausgeführt:

„[…] Nein, mir hätte der Herr Edathy im Zusammenhang mit Mitglied des Bundestages nichts ge-
sagt.“739

Die Zeugin Greiner hatte vor dem Innenausschuss im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Kenntnisnahme bekun-

det:

„[…] Ich habe bewusst […] erfahren, dass MdB Edathy in unserer Operation ist, am 15.10. durch den
Anruf. […]“740

Auf die Frage, ob eine andere Person, die sie informiert habe, nicht überrascht gewesen sei, hat die Zeugin

Greiner vor dem Untersuchungsausschuss bekundet:

734 MAT A-InnenA 18(27)6-E, S. 35, Protokoll der 9. Sitzung des Innenausschusses (Vormittag), Zeuge Hoppe.
735 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 73.
736 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 53.
737 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 53.
738 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 53.
739 MAT A-InnenA 18(27)6-D, S. 61, Protokoll der 7. Sitzung des Innenausschusses, Zeugin Wiegand (Frau B).
740 MAT A-InnenA 18(27)6-E, S. 33, Protokoll der 9. Sitzung des Innenausschusses (Nachmittag), Zeugin Greiner (Frau C).

Drucksache 18/6700 – 218 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Nein. Ich hatte das Gefühl, dass alle genauso überrascht waren wie ich.“741

Der Zeuge Hoppe hat, gefragt nach den Reaktionen bei den Personen, die er informiert habe, angegeben:

„Also, ich habe mir jetzt die einzelnen Reaktionen nicht gemerkt. Ich konnte aber bei allen, die ich
informiert habe, eine gewisse Betroffenheit feststellen ob der Tatsache, wen wir jetzt vor uns haben.
[…]“742

Er sei, so der Zeuge Hoppe, der Frage nachgegangen, weshalb der Name im Referat so spät aufgefallen sei:

„Ich bin der Frage natürlich nachgegangen. Ich habe gesagt: Ist euch der Name nicht aufgefallen? -
Die spontane Antwort war, nein, der Name ist ihnen schon aufgefallen, aber da ist kein Zusammen-
hang zu dem Abgeordneten - - Es ist ja nicht so, dass sie den Namen einfach nicht gesehen haben,
sondern sie haben ihn gesehen, aber sie haben nicht registriert, wer sich dahinter verbirgt. Mir wurde
der Name vorgelegt, und ich wusste sofort, um wen es geht; da brauchte ich gar keine weiteren For-
schungen und Ermittlungen anzustellen. Ich habe dann gefragt: In den Ermittlungsschritten, die ihr zu
diesem Namen gemacht habt, ist euch da irgendwas aufgefallen vorher schon? Hätte das sein können?
- Da wurde mir ja - und ich denke mal, das werden sie hier auch so gesagt haben - immer gesagt: Nein,
wir haben den Namen beamtshandelt, indem wir die ganzen Ermittlungsschritte, die wir uns vorge-
nommen hatten, die wir ja auch mit Ihnen, Herr Hoppe, abgesprochen hatten am Anfang des Verfah-
rens, durchgezogen, auch in Bezug auf diesen Namen. Und erst bei der Erkenntnisanfrage beim Woh-
nort letztlich über das Landeskriminalamt ist der Bezug zu dem Beruf, zu der Aufgabe, zu dem Stand
hergestellt worden. […]”743

Der Zeuge Gruber hat bekundet, an der Operation „Selm“ als solcher nicht beteiligt gewesen zu sein.744

Der Zeuge Liersch hat angegeben, dass ihm der Name Edathy vor den Presseveröffentlichungen im Februar

2014 nicht bekannt gewesen sei.745

Der Zeuge Stahl hat angegeben, er habe mit dem Namen Edathy nicht sofort etwas anfangen können.746

Der Zeuge Herb hat angegeben, dass er im Dezember 2013 durch den Zeugen Hoppe dahingehend befragt wor-

den sei, ob ihm der Name „Edathy“ aufgefallen sei, als er im Zusammenhang mit den Maßnahmen bezüglich

des Beamten „X“ die Excel-Datei angeschaut habe, was er gegenüber dem Zeugen Hoppe verneint habe.747

Dazu, wann er danach das nächste Mal von dem Vorgang erfahren habe, hat der Zeuge Herb bekundet:

„Das nächste Mal, als ich von dem Fall Edathy gehört habe, war am - - Ich glaube, es war der 8.
Februar, dass ich in den Nachrichten mitbekommen habe, dass der ehemalige MdB Edathy auf sein
Mandat verzichtet. Mein erster Gedanke war da, dass die Geheimhaltung scheinbar funktioniert hat,
dass eigentlich die polizeilichen Ermittlungen wahrscheinlich jetzt abgeschlossen sind und im Nach-
gang dessen man versucht, leise auszusteigen, was sich aber zwei Tage später dann widerrufen hatte,
nachdem ich dann mitbekommen habe in der Presse, dass hier eine Durchsuchung stattgefunden hat,
erst nach dem Rücktritt.“748

741 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 22.
742 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 35.
743 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 36.
744 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 11.
745 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 30.
746 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 49.
747 Herb, Protokoll-Nr. 9, S. 76 f.
748 Herb, Protokoll-Nr. 9, S. 77.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 219 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Theissig, der erst seit dem 1. Oktober 2013 im Referat SO 12 tätig war749, hat angegeben, mit der

Operation „Selm“ so gut wie gar nicht tangiert gewesen zu sein, da diese viel eher angefangen habe; ab dem

15.Oktober sei er dann involviert gewesen.750

Der Zeuge Dorendorf hat angegeben, dass er am 20. Januar 2014 seine Tätigkeit im Referat SO 12 begonnen

habe. Bei der Begrüßung sei ihm durch den Gruppenleiter und durch seinen Vertreter von der Operation „Selm“

berichtet worden sowie „auch von den zwei Personen, die da auch involviert“ seien.751

Der Zeuge Ziercke hat angegeben, er habe erstmals am Nachmittag des 15. Oktober 2013 von dem Verdacht

gegen den Zeugen Edathy erfahren, nicht vorher.752

Der Zeuge Schiffels hat auf die Frage, ob er schildern könne, wie er darüber informiert wurde, dass sich der

Name des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy auf der Kundenliste der Firma Azov Films

befand, ausgeführt, dass er dies durch den Zeugen Hoppe erfahren habe.753 Der Name habe ihm „natürlich was

gesagt“.754

Die Zeugin Dr. Vogt hat angegeben, dass sie auf der Dienstreise in Spanien am Nachmittag des 15. Oktober

2013 telefonisch durch den Zeugen Schiffels informiert worden sei, dass eine „prominente Person“ auf der Liste

stehe.755 Das habe sie dem Zeugen Ziercke mitgeteilt, „aber wir wussten beide nicht, wer es ist.“756

Der Zeuge Braß hat bekundet:

„Ich habe keine Erinnerung daran, dass ich bereits am 15. Oktober Kenntnis von diesem Sachverhalt
hatte. Ich habe den Sachverhalt nach meiner Erinnerung zum ersten Mal zur Kenntnis genommen, als
ich eine Führungsinformation der Abteilung SO am 16. bekommen habe.“757

Der Zeuge Henzler hat angegeben, vom „Edathy-Fund“ am 15. Oktober 2013 nachmittags erfahren zu haben.758

Der Zeuge Leon hat angegeben, erst nach den Durchsuchungen 2014 davon erfahren zu haben, dass Edathy „auf

der Kundeliste steht“, und nicht bereits am 15. Oktober 2013.759

749 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 6.
750 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 6.
751 Dorendorf, Protokoll-Nr. 17, S. 49 f.
752 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 9.
753 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 14.
754 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 15.
755 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 49.
756 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 50.
757 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 10.
758 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 62.
759 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 41.

Drucksache 18/6700 – 220 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

b) Dienstliche Erklärungen

aa) Zeuginnen Dr. Vogt, Greiner und Wiegand sowie Zeugen Schiffels, Hoppe, Theissig, Stahl und einen
weiteren Beamten aus dem Referat SO 12

Durch die Zeuginnen Dr. Vogt, Greiner und Wiegand sowie Zeugen Schiffels, Hoppe, Theissig, Stahl und durch

einen weiteren Beamten aus dem Referat SO 12 wurden am 24. Februar 2014 jeweils dienstliche Erklärungen

abgegeben. In der vorangestellten Belehrung waren die genannten Personen unter anderem auf ihr Auskunfts-

verweigerungsrecht bei straf- oder disziplinarrechtlicher Relevanz der Aussage, auf die aus dem Bundesbeam-

tengesetz folgende Wahrheitspflicht sowie auf ihre aus § 52 Abs. 1 StPO folgenden Rechte hingewiesen wor-

den.760 In der dienstlichen Erklärung hieß es konkret:

„In verschiedenen Medien wird in Zweifel gezogen, dass das Bundeskriminalamt – obwohl seit 2011
im Besitz der Beweismittel aus Kanada – erst auf Hinweis aus Niedersachsen am 15.10.2013 erkennt,
dass der damalige MdB Edathy dort als Besteller genannt wird. Hiermit gebe ich in Kenntnis etwaiger
straf- und disziplinar- bzw. arbeitsrechtlicher Konsequenzen vor diesem Hintergrund mit der Beant-
wortung der nachstehenden Fragen folgende dienstliche Erklärung ab:

1. Frage

a) Haben Sie im Zusammenhang mit der Bearbeitung der Beweismittel OP ‚Selm‘ vor dem 15. Ok-
tober 2013 Kenntnis davon erhalten, dass der Name Sebastian Edathy dort genannt wird?

b) Wann haben Sie diese Kenntnis erlangt und was waren die näheren Umstände der Kenntniserlan-
gung?

2. Frage

War Ihnen bei dieser Kenntniserlangung bewusst, dass es sich bei Herrn Edathy um ein Mitglied des
Deutschen Bundestages handelt?“761

Aus den Angaben der genannten Personen geht jeweils hervor, dass diese vor dem 15. Oktober 2013 keine

Kenntnis davon hatten, dass der Name Sebastian Edathy in den Beweismitteln der Operation „Selm“ genannt

wird.762

760 Exemplarisch: MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 122, Bl. 14 f., Dienstliche Erklärung des Zeugen Stahl vom 24. Februar 2014.
761 Exemplarisch: MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 122, Bl. 14 f., Dienstliche Erklärung des Zeugen Stahl vom 24. Februar 2014.
762 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 122, Bl. 4 f., Dienstliche Erklärung der Zeugin Dr. Vogt vom 24. Februar 2014; MAT A-BKA 18(27)1-1,

Ordner 122, Bl. 6 f., Dienstliche Erklärung des Zeugen Schiffels vom 24. Februar 2014; MAT A- BKA 18(27)1-1, Ordner 122, Bl. 8 f., Dienst-
liche Erklärung des Zeugen Hoppe vom 24. Februar 2014; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 122, Bl. 10 f., Dienstliche Erklärung des Zeugen
Theissig vom 24. Februar 2014; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 122, Bl. 12 f., Dienstliche Erklärung der Zeugin Greiner vom 24. Februar
2014; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 122, Bl. 14 f., Dienstliche Erklärung des Zeugen Stahl vom 24. Februar 2014; MAT A-BKA 18(27)1-1,
Ordner 122, Bl. 16 f., Dienstliche Erklärung eines weiteren, bei SO 12 tätigen Beamten vom 24. Februar 2014; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner
122, Bl. 18 f., Dienstliche Erklärung der Zeugin Wiegand vom 24. Februar 2014,.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 221 – Drucksache 18/6700

bb) Dienstliche Erklärungen weiterer Beamter aus dem Referat SO 12

Durch drei weitere Beamte aus dem Bereich SO 12 wurden unter dem 24. Februar 2014 ebenfalls dienstliche

Erklärungen abgegeben, die auf Grundlage der unter aa) bereits dargestellten Fragen erfolgten.763

Im Vorfeld der Sitzung des Innenausschusses am 2. April 2014 wurden darüber hinaus im Auftrag des Leitungs-

stabes des Bundeskriminalamtes764 bei 22 weiteren BKA-Beamten bzw. Mitarbeitern dienstliche Erklärungen

eingeholt. In der bereits unter aa) dargelegten Weise wurde auch hier zunächst auf die bestehenden Rechte und

Pflichten hingewiesen. Sodann heißt es im vorgegebenen Text:

„In verschiedenen Medien wird in Zweifel gezogen, dass das Bundeskriminalamt – obwohl seit 2011
im Besitz der Beweismittel aus Kanada – erst auf Hinweis aus Niedersachsen am 15.10.2013 erkennt,
dass der damalige MdB Edathy dort als Besteller genannt wird. Hiermit gebe ich in Kenntnis etwaiger
straf- und disziplinar- bzw. arbeitsrechtlicher Konsequenzen vor diesem Hintergrund mit der Beant-
wortung der nachstehenden Fragen folgende dienstliche Erklärung ab:

1. Frage

a) Ist Ihnen im Rahmen Ihrer dienstlichen Tätigkeit bei SO 12 vor dem 15.10.2013 der Name Sebastian Edathy
in kriminalpolizeilichem Zusammenhang zur Kenntnis gelangt oder aufgefallen.

b) Wann haben Sie diese Kenntnis erlangt und wie waren die näheren Umstände dieser Kenntniserlangung?

2. Frage

War Ihnen bei dieser Kenntniserlangung bewusst, dass es sich bei Herrn Edathy um ein Mitglied
des Deutschen Bundestages handelt?“765

Aus den Antworten der Beamten geht hervor, dass bei keiner der Personen vor dem 15. Oktober 2013 der Name

Sebastian Edathy in kriminalpolizeilichem Zusammenhang zur Kenntnis gelangt war.766

2. Erkenntnisabfrage an die Bundesländer am 15. Oktober 2013, 12.57 Uhr

Am 15. Oktober 2013, 12.57 Uhr, sandte die Zeugin Greiner eine E-Mail an alle 16 Ansprechstellen Kinderpor-

nografie der Landeskriminalämter sowie – zusätzlich – an eine namentlich benannte Beamtin der Polizei des

Landes Brandenburg, die unter anderem als Anlage eine Excel-Liste enthielt, auf der sich auch Angaben zu

Sebastian Edathy, wie beispielsweise dessen Name und dessen Adressen, befanden767.

763 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 122, Bl. 64 f., 70 f. sowie 102 f., Dienstliche Erklärung dreier BKA-Beamter vom 24. Februar 2014.
764 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 117, Bl. 2 (2 f.), E-Mail eines Mitarbeiters des Leitungsstabes an den Zeugen Dorendorf vom 27. März 2014,

15.40 Uhr.
765 Exemplarisch: MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 122, Bl. 68 f., Erklärung eines Beamten des Referats SO 12.
766 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 122, Bl. 68 f., Erklärung eines Beamten des Referats SO 12, die Erklärungen der weiteren Beamten bzw.

Mitarbeiter finden sich unter MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 122, Bl. 66 f.,72 f.,74 f., 76 f., 78 f., 80 f., 82 f., 84 f., 86 f., 88 f., 90 f., 92 f., 94 f.,
96 f., 98 f., 100 f., 104 f., 106 f., 108 f., 110 f., 112 f., 114 f..

767 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 266 f., E-Mail der Zeugin Greiner mit dem Betreff: „131015 – OP SELM – Verdacht auf Erwerb und
Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“ vom 15. Oktober 2013, 12.57 Uhr; MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 274 ff., Tabel-
larische Aufstellung.

Drucksache 18/6700 – 222 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

a) Abläufe bis zum Versand der E-Mail

Die Zeugin Greiner hat zum Versand der Erkenntnisanfrage am 15. Oktober 2013 ausgeführt:

„Das war ja genau vor einem Jahr, 15. Oktober. Ich habe um 12.57 Uhr diese Erkenntnisanfrage an
alle LKÄ, aber auch wieder nur an die Ansprechstellen Kinderpornografie, rausgeschickt zu zwei ver-
schiedenen Kategorien: Zum einen waren das noch offene KAT 1; da ging es um nicht vollendete
Bestellungen und Bestellungen von Jugendpornografie. In der zweiten Liste ging es dann schon um
Bestellungen nur von KAT-2-Produkten ausschließlich, und zu den Kunden lagen Kreditkartendaten
vor. Das war dann noch eine Abstufung, die wir gemacht haben. Die zweite Liste beinhaltete 80 Per-
sonen, die erste 56, also insgesamt 136. Das waren Excel-Listen, sortiert nach Bundesländern. Bei
manchen Beschuldigten - die hatten ja an verschiedene Adressen bestellt - waren auch unterschiedliche
Bundesländer betroffen; das war dann noch mal manuell in diese Liste eingefügt worden. […]“768

Die E-Mail und die angehängten Tabellen seien, so die Zeugin Greiner weiter, bereits in der Vorwoche durch

die Zeugin Wiegand vorbereitet worden:

„[…] Dazu muss man sagen: An sich wurden die Listen automatisiert aus unserer MySQL-Datenbank
generiert, und wir konnten das dann nachher noch nachvollziehen. Das hat meine Kollegin gemacht
am 08.10.2013. Sie hatte das vorbereitet. Sie hatte eigentlich auch schon die komplette Mail an die
Landeskriminalämter vorbereitet, wollte das eigentlich am 09. rausschicken, ist dann aber kurzfristig
erkrankt. Ich dachte dann - - Ich wollte es nicht direkt übernehmen. Es ging ja auch nicht um einen
Tag; wir waren ja aktuell noch in der Aktenerstellung zu KAT 1. Wir wollten das nur schon mal
parallel machen, weil es bei manchen Rückmeldungen ja länger dauert, bis die Länder sich dann auch
melden. Das heißt, ich habe es dann nicht direkt am nächsten Tag rausgeschickt; ich wusste auch nicht,
wie lange sie krank ist. Es war dann irgendwie Wochenende, und am nächsten Montag war dann klar,
sie wird diese Woche wahrscheinlich auch noch nicht kommen. Dann habe ich an dem Dienstag, an
dem 15.10., die Liste verschickt. Ich habe mir die Mail vorher noch einmal angeschaut - ich muss
sagen, ich habe nicht mehr explizit in die Listen geschaut - und habe die um 12.57 Uhr rausgeschickt.
Ich habe die Listen vielleicht noch aufgerufen, aber ich habe mir jetzt nicht jede einzelne Person an-
geschaut. […]“769

In den Akten befindet sich ein mit der Grußformel der Zeugin Wiegand versehener Entwurf der E-Mail vom 15.

Oktober 2013, dem bereits ebenfalls die beiden Tabellen angehängt waren (jedoch nicht nach Bundesländern

geordnet)770.

Zum Inhalt der E-Mail hat die Zeugin Greiner weiter ausgeführt:

„Es war eine E-Mail an die E-Mail-Adressen der Ansprechstellen Kinderpornografie der 16 LKÄ, und
es waren zwei Excel-Listen nach den unterschiedlichen Kategorien angehängt. Die waren nach Bun-
desländern sortiert. Das hat mit Baden-Württemberg angefangen; das war dann in einer Spalte. Aber
es waren alle Daten an alle LKÄ.“771

Zu den angehängten Tabellen hat sich die Zeugin Greiner wie folgt geäußert:

768 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 12.
769 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 12 f.
770 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 248 ff., Entwurf einer E-Mail mit dem Betreff: „OP Selm – Verdacht auf Erwerb und Besitz von

Kinder-/ Jugendpornografie im Internet“, undatiert, mit den Dateien „Tabelle 1 – 131008 nicht vollendet KAT 1 und nicht vollendet KAT2.xlsx“
und „Tabelle 2 – 131008 KAT 2 mit KKD.xlsx“.

771 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 35.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 223 – Drucksache 18/6700

„[…] Das waren dann zwei Tabellen, eine Tabelle noch mit den Restfällen Kategorie 1, also nicht
vollendete Kinderpornografiefälle und Jugendpornografiefälle. Das war die erste Liste, und die zweite
Liste war quasi der erste Part von den Kategorie-2-Fällen, zu denen zusätzlich Kreditkartendaten vor-
lagen. […]“772

Auf die Frage, ob der Versand der Listen an alle Bundesländer ein normales Verfahren sei, hat die Zeugin Grei-

ner geäußert:

„Ja, das war auch so mit der ZIT abgestimmt. Hintergrund war eben, dass es auch Personen mit Ne-
benwohnsitzen gab. Das wurde dann auch in einer extra Spalte noch mal - - Das stand auch in der E-
Mail, dass manche Personen mehrere Wohnsitze haben und mehrere Bundesländer bei einer Person
betroffen sind, damit eigentlich alle direkt ihre ganzen Erkenntnisse zuliefern können. Das war der
Hintergrund.”773

Der Zeuge Stahl hat sich ebenfalls zu dieser Thematik geäußert:

„Die Verteilung, dass zeitgleich sämtliche betroffenen Bundesländer angeschrieben würden, das ist
als normal zu bezeichnen in dem Deliktsbereich. Das hängt damit zusammen, dass ja durchaus auf-
grund der Zeitabläufe, die da im Vorfeld schon waren, auch verschiedene Tatverdächtige verzogen,
umgezogen sein können - sprich: einen anderen Wohnort haben - und dass auch Erkenntnisse im einen
Bundesland vorliegen können, die im anderen noch nicht vorliegen, also polizeilicher Art, die nur im
Landesbestand eines Bundeslandes erfasst sind und nicht bundesweit bekannt sind.“774

Der Zeuge Dorendorf hat zur Debatte über diese Frage angegeben:

„[…] Wir haben es zum Beispiel auch auf der Expertentagung der Ansprechstellen Kinderpornografie
der LKÄ mit dem BKA in Schwerin vor einigen Wochen lebhaft diskutiert, übrigens auch unter da-
tenschutzrechtlichen Gesichtspunkten, und es gab zwei Auffassungen. Das ist noch nicht finalisiert.
Also, nach normalem kriminalistischem Vorgehen werden immer alle Tatverdächtigen eines Komple-
xes an alle mitgeteilt, damit man eben Tatzusammenhänge, Täterzusammenhänge auch feststellen
kann, Wohnortabweichungen, Bestellorte abweichend von Wohnorten usw. Es gibt aber Bundeslän-
der, die sagen, ihr Landesdatenschutzbeauftragter besteht darauf, dass zukünftig die Listen getrennt
werden. Und Nordrhein-Westfalen - war es, glaube ich - will nur noch die Liste Nordrhein-Westfalen
haben. Beziehungsweise wenn sie selber so ein Verfahren haben, werden sie es so machen, dass sie
das getrennt nach Bundesländern übermitteln.

Wir haben da die Staatsanwaltschaft, die letztendlich die Entscheidung darüber hat. Sie ist nach wie
vor der Meinung - das hat sicher Herr Franosch hier auch vorgetragen; weiß ich nicht -, dass das alles
so korrekt war, wie wir es gemacht haben, dass wir die Komplettliste an alle geschickt haben. Insofern
ist das, glaube ich, noch nicht final entschieden, wie wir das in zukünftigen Fällen, die wir, wie gesagt,
noch nicht hatten, machen werden.“775

772 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 39 f.
773 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 35.
774 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 56.
775 Dorendorf, Protokoll-Nr. 17, S. 59.

Drucksache 18/6700 – 224 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

b) Inhalt der Erkenntnisabfrage

aa) Text der E-Mail

Die am 15. Oktober 2013 um 12.57 Uhr unter dem Betreff „131015 – OP SELM – Verdacht auf Erwerb und

Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“ versandte E-Mail enthält den folgenden Text:

„Hier:

Erkenntnisanfrage zu tatverdächtigen Personen (KAT 11 – KIPO – nicht vollendet)

Erkenntnisanfrage zu tatverdächtigen Personen (KAT 12 – JUPO – vollendet und nicht vollendet)

Erkenntnisanfrage zu tatverdächtigen Personen (KAT 2 – strafrechtlich nicht relevant – Kreditkarten-
daten liegen vor)

Bezug:

Ursprungs-EPost-Nachricht vom 16.10.2012 – ID.: buhebk 154538:1610 – Ankündigung OP SELM
E-Mail vom 02.11.2012 – Erkenntnisanfrage zu tatverdächtigen Personen (KAT 11 – KIPO – vollen-
det) sowie weiterer Schriftverkehr im Rahmen der OP SELM

Hinweis:

Aufgrund der Excel-Tabellen in der Anlage wird das Ersuchen per E-Mail versendet.

1.

Unter Bezugnahme auf den mit o. g. EPost-Nachricht vom 16.10.2012 übermittelten Grundsachverhalt
bitten wir um Mitteilung folgender Informationen zu in ihrem Bundesland ermittelten Tatverdächti-
gen, die

Tabelle 1:

-es unternommen haben, mindestens ein Produkt der ‚Kategorie 1 – strafrechtlich relevant – Unterka-
tegorie 11 – KIPO‘ zu erwerben oder

-mindestens ein Produkt der ‚Kategorie 1 – strafrechtlich relevant – Unterkategorie 12 – JUPO‘ er-
worben haben oder es unternommen haben, mindestens ein Produkt der ‚Kategorie 1 – strafrechlich
relevant – Unterkategorie 12 – JUPO‘ zu erwerben oder

Tabelle 2

-mindestens ein Produkt der ‚Kategorie 2 – strafrechtlich nicht relevant‘ erworben haben (auch hier
wird ein Anfangsverdacht für den Besitz von Kinderpornografie bejaht) und zu deren Bestellungen
Kreditkartendaten vorliegen:

- vollständige Personalien

- polizeiliche Erkenntnisse

- Erkenntnisse zu weiteren in diesem Haushalt lebenden Personen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 225 – Drucksache 18/6700

Zudem wird – insbesondere zur Vorbereitung des Durchsuchungsbeschlusses – um Übermittlung

-aller aktuell amtlich gemeldeten / bekannten – auch historische – Wohnsitze / Nebenwohnsitze
des Tatverdächtigen (relevant ist der Zeitraum ab 2005)

- des genauen Termins der letzten Durchsuchung, falls bei dem Tatverdächtigen bereits Durch-
suchungen stattgefunden haben (relevant ist der Zeitraum ab 2005) sowie

- der jeweils zuständigen Staatsanwaltschaft

gebeten.

2.

Aus den Excel-Listen in der Anlage gehen auch die durch die Personen genutzten E-Mail-Adressen
hervor.

Es wird um Mitteilung ersucht, ob zu den jeweiligen E-Mail-Adressen Informationen, z.B. aus bereits
anhängigen Ermittlungsverfahren vorliegen.

(Anmerkung: Eine Inpol-Fall-Abfrage ist bereits von hier erfolgt, eine Bestandsdatenabfrage beim
Provider erfolgt bei Bedarf ebenfalls von hier).

Bei Rückantwort wird um Angabe der jeweiligen Vorgangsnummer zur Person gebeten, damit
eine Zuordnung erfolgen kann.

Bitte nicht an die Personen herantreten.

Anlagen:

Tabelle 1 mit KAT 11 (KIPO) nicht vollendet und KAT 12 (JUPO) vollendet und nicht vollendet

Tabelle 2 mit KAT 2 vollendet (zu denen bereits Kreditkartendaten vorliegen)

Die Tabellen sind bereits nach Bundesländern geordnet. Mecklenburg-Vorpommern ist als einziges
Bundesland nicht betroffen, der Vollständigkeit halber aber mit angeschrieben. Bei manchen Personen
sind zwei oder mehr Bundesländer betroffen (s. Spalte G).“776

bb) Angehängte Tabellen

An die E-Mail waren zwei Excel-Tabellen mit den Dateinamen „Tabelle 1 – 131008 nicht vollendet KAT1 und

JUPO.xlsx“ und „Tabelle 2 – 131008 KAT 2 mit KKD.xlsx“ angehängt.777

776 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 266 f., E-Mail der Zeugin Greiner mit dem Betreff: „131015 – OP SELM – Verdacht auf Erwerb und
Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“ vom 15. Oktober 2013, 12.57 Uhr.

777 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 266 f., E-Mail der Zeugin Greiner mit dem Betreff: „131015 – OP SELM – Verdacht auf Erwerb und
Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“ vom 15. Oktober 2013, 12.57 Uhr.

Drucksache 18/6700 – 226 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die als „Tabelle 1 - 131008 nicht vollendet KAT1 und JUPO.xlsx“ bezeichnete Datei enthielt eine Tabelle mit

den Spalten „VBS-Nr.“, „Nachname“, „Vorname“, „Adressen“, „E-Mail-Adressen“, „Bundesland“ und „zusätz-

lich Bundesland“, die eine Aufstellung von 56 Personen, geordnet nach Bundesländern, umfasste.778

Die als „Tabelle 2 – 131008 KAT 2 mit KKD.xlsx“ bezeichnete Datei enthielt ebenfalls eine Tabelle mit den

Spalten „VBS-Nr.“, „Nachname“, „Vorname“, „Adressen“, „E-Mail-Adressen“, „Bundesland“ und „zusätzlich

Bundesland“. Auch diese Tabelle war nach Bundesländern geordnet. Ihr war eine Aufstellung von 80 Personen

zu entnehmen. 779

Bei der 49. Person in dieser Tabelle fanden sich die folgenden Einträge:

Spalte „VBS-Nr.“: „2012-001641[…]“

Spalte „Nachname“: „Edathy“

Spalte „Vorname“: „Sebastian“

Spalte „Adressen“:

„Sebastian Edathy, [Straßenname] 1a Rehburg-Loccum, Lower Saxony 31547 Germany Rechnungs-
anschrift

---

Sebastian Edathy, [Straßenname] 1a Rehburg-Loccum, Niedersachsen 31547 Germany Rechnungs-
anschrift

---

Sebastian Edathy, [Straßenname] 1a Rehburg-Loccum, Lower Saxony 31547 Germans Rechnungsan-
schrift“

Spalte „E-Mail-Adressen“:

„[…]@edathy.de

---

[…]@web.de“

Spalte „Bundesland“: „Niedersachsen“

Spalte „zusätzlich Bundesland“: Spalte war nicht beschriftet.780

778 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 268 ff., Tabellarische Aufstellung.
779 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 274 ff., Tabellarische Aufstellung.
780 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 274 (279), Tabellarische Aufstellung.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 227 – Drucksache 18/6700

cc) Adressaten der Erkenntnisabfrage

Die E-Mail wurde an insgesamt 17 Adressaten gesandt; es handelte sich in 16 Fällen um E-Mail-Adressen, die

nicht Personen zugeordnet sind und in einem Fall um eine E-Mail-Adresse, in der der Name einer Person genannt

wird und die die Endung „@polizei.brandenburg.de“ trägt. Die E-Mail-Adressen lassen Rückschlüsse auf sämt-

liche Bundesländer zu. Bezüglich des Landes Niedersachsen erfolgte der Versand an die E-Mail-Adresse

„[…]@lka.polizei.niedersachsen.de“.781

c) Mögliche Wahrnehmung der Nennung der Daten Edathys auch durch Stellen in anderen Bundes-
ländern

Auf die Frage, ob nach Bekanntwerden der Tatsache, dass der Name von Sebastian Edathy in der an Stellen aller

Bundesländer versandten E-Mail genannt wurde, darüber nachgedacht worden sei, auch diese Stellen zu infor-

mieren und um restriktive Handhabung zu bitten, hat die Zeugin Greiner bekundet:

„Kurz darüber nachgedacht, aber dann gedacht: Lieber keine schlafenden Hunde wecken. Wir haben
keine Rückmeldungen gekriegt, und ich wusste eben auch nicht - - Ich bin davon ausgegangen, dass
das LKA, wenn es sieht, es ist nach Bundesländern sortiert - das stand auch in der Mail drin -, sich
ihre Personen anguckt. Deswegen bin ich nicht davon ausgegangen, dass jetzt jeder zwingend diesen
Namen wahrnimmt. Ich habe ihn ja auch nicht wahrgenommen, als ich es versandt habe. Es war eher
nach dem Motto: Jetzt lieber nicht noch eine größere Welle machen. Sagen wir es mal so.“782

Der Zeuge Stahl hat im Hinblick auf diesen Aspekt ausgeführt:

„[…] Wie gesagt, der Name Edathy war bei uns nicht aufgefallen. Er war erst bei der örtlichen Dienst-
stelle, in deren Bereich er gewohnt hat, aufgefallen. Theoretisch bestand die Möglichkeit, nachdem es
uns zurückgemeldet worden war, dass weitere oder sämtliche angeschriebenen Landeskriminalämter
davon Kenntnis haben könnten, ja.“783

3. Kontakte mit der niedersächsischen Polizei am 15. und 16. Oktober 2013

a) Reaktion auf die Erkenntnisanfrage gegenüber dem Bundeskriminalamt durch einen Beamten der
Polizei Nienburg784

Die Zeugin Greiner hat geschildert, dass sie am 15. Oktober 2013 um 15.21 Uhr einen Anruf eines Beamten der

Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg, dem Zeugen Baum, erhielt:

„[…] Ich habe dann um 15.21 Uhr einen Rückruf bekommen vom Leiter vom Fachkommissariat 1 der
PI Nienburg/Schaumburg, der eigentlich direkt fragte: Wissen Sie, wer Sebastian Edathy ist? - Ich war
in der Datenbank drin, und ich habe natürlich direkt aufgerufen, ob ich ihn drin habe, und sagte: ‚Oh

781 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 266 f., E-Mail der Zeugin Greiner mit dem Betreff: „131015 – OP SELM – Verdacht auf Erwerb und
Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“ vom 15. Oktober 2013, 12.57 Uhr.

782 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 43.
783 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 62.
784 Die Kommunikation zwischen dem BKA und Stellen in Niedersachsen wird ausführlich Zweiter Teil C.7. dargestellt. Die Darstellung im hiesi-

gen Abschnitt beschränkt sich auf die für die Darstellung der Abläufe innerhalb des BKA erforderlichen Teile.

Drucksache 18/6700 – 228 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Gott, sind Sie sicher, ist es wirklich der Sebastian Edathy?‘, was er mir dann auch versichert hat. Er
fragte schlichtweg, wie wir jetzt mit dem Vorgang umgehen: Ich solle es eben an meine Hierarchie
transportieren und dass wir uns dann noch mal kurzschließen, wie es mit dem Vorgang weitergeht. Es
war für uns klar: Das wird jetzt kein ganz normaler Vorgang werden. […]“785

Am 15. Oktober 2013 um 15.42 Uhr sandte der Zeuge Baum sodann eine E-Mail an die Zeugin Greiner, in der

es unter anderem heißt:

„unter Bezugnahme auf unser Telefonat von eben bitte ich Sie, die Angelegenheit zunächst mit Ihrer
Dezernatsleitung zu erörtern. Als Ansprechpartner für das weitere Procedere stehen bei der PI NI/SHG
der Leiter des ZKD, Herr KD Walter (Durchwahl: - XXX) und der Uz. zur Verfügung.“786

In der E-Mail waren darüber hinaus Internetlinks zu Homepages mit Bezug zu Sebastian Edathy aufgeführt.787

b) Weitere Kontakte mit niedersächsischen Stellen am 15. und 16. Oktober 2013788

Die Zeugin Greiner hat den weiteren Kontakt zu Stellen in Niedersachsen im Anschluss an den Anruf des Zeu-

gen Baum am 15. Oktober 2013, 15.21 Uhr, und die E-Mail vom selben Tag, 15.42 Uhr, wie folgt dargestellt:

„[…] Ich habe zuerst noch um 16.45 Uhr das noch mal an den Kollegen in Nienburg rückgekoppelt
per E-Mail, dass ich also meine Hierarchie unterrichtet habe, dass ich die Staatsanwaltschaft unter-
richtet habe. Der Staatsanwalt hatte mir einen Rückruf dann für den nächsten Tag, wenn er sich mit
seiner Hierarchie abgesprochen hatte, zugesagt. Ich habe Nienburg aber angekündigt, dass wir dann
vermutlich in der Woche noch die Akte fertigmachen würden und über die ZIT abgeben würden, ver-
mutlich an die Generalstaatsanwaltschaft Celle, dass ich da aber noch auf die endgültige Rückmeldung
warte. Ich habe noch mal darum gebeten, eine EMA, also einen Auszug vom Einwohnermeldeamt,
aus Nienburg zu bekommen, um die Person wirklich abschließend identifizieren zu können, und auch
für meine Akte natürlich, und darum gebeten, dass von Nienburg aus keine weiteren Maßnahmen
getroffen werden und man halt restriktiv mit dem Sachverhalt umgehen soll. Das war meine Mail.
[…]“789

Bezüglich der Niedersachsen betreffenden Kontakte am 16. Oktober 2013 hat die Zeugin Greiner weiter ausge-

führt:

„[…] Ich bin dann am nächsten Tag ins Büro gekommen. Ich hatte dann morgens um 8 Uhr einen
Anruf vom Landeskriminalamt Niedersachsen, von einem Kollegen von der Ansprechstelle Kinder-
pornografie, der mir zunächst sagte, ihnen sei der Name bei der Weiterleitung auch nicht aufgefallen
in der Liste, sie wüssten jetzt eben auch vom Sachverhalt. Er hat mir dann gesagt, dass die Staatsan-
waltschaft Hannover dafür zuständig wäre, weil das eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft sei, und um
8.11 Uhr hat er mir dann noch mal eine Mail geschickt mit der Anschrift der Staatsanwaltschaft Han-
nover, wobei das für mich ja zweitrangig war, weil ich wusste, ich werde den Vorgang sowieso über
die ZIT abgeben wie alle Vorgänge eigentlich.

785 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 13.
786 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 289, E-Mail von „Baum, Uwe (PI Nienburg/Schaumburg FK 1)“ an „Greiner, Julia (BKA-SO12-1)“

vom 15. Oktober 2013, 15.42 Uhr, mit dem Betreff: „PI NI/SHG in Sachen Sebastian EDATHY“.
787 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 289, E-Mail von „Baum, Uwe (PI Nienburg/Schaumburg FK 1)“ an „Greiner, Julia (BKA-SO12-1)“

vom 15. Oktober 2013, 15.42 Uhr, mit dem Betreff: „PI NI/SHG in Sachen Sebastian EDATHY“.
788 Die Kommunikation zwischen dem BKA und Stellen in Niedersachsen wird ausführlich unter Zweiter Teil C.7. dargestellt. Die Darstellung im

hiesigen Abschnitt beschränkt sich auf die für die Darstellung der Abläufe innerhalb des BKA erforderlichen Teile.
789 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 13.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 229 – Drucksache 18/6700

Ich habe dann um 9.21 Uhr noch mal eine Mail aus Nienburg von dem Kommissariatsleiter bekom-
men. Die enthielt dann diesen EMA-Auszug und noch Informationen zu den Büroanschriften von
Herrn Edathy. Ich hatte dann noch zwei, drei Rückfragen; die habe ich dann noch mal telefonisch
durchgegeben. Da wurde mir dann auch eine Rückmeldung zugesagt. […]“790

Zu der zugesagten Rückmeldung hat die Zeugin Greiner sodann dargestellt:

„[…] Um die Mittagszeit wahrscheinlich bin ich dann wieder ins Büro zurückgekommen und hatte
um 12.46 Uhr noch mal eine E-Mail aus Nienburg mit den klärenden Antworten zu meinen Nachfra-
gen. […]“791

In Bezug auf das Land Niedersachsen, so die Zeugin Greiner, habe sie stets Kontakt mit dem Leiter des Fach-

kommissariats in Nienburg, dem Zeugen Baum, gehabt.792 Auf die Frage, ob dieser ihr mitgeteilt habe, wie die

Information in Nienburg aufgenommen worden sei und in welchem Kreis die Information dort bekannt sei, hat

die Zeugin Greiner ausgeführt:

„Ich kann mich jetzt nicht erinnern, dass wir jetzt groß darüber gesprochen haben. Ich habe an dem E-
Mail-Verteiler dann gesehen, dass er eben auch - - Das war ja auch Inhalt unseres Gesprächs, dass
man die Hierarchie an sich informieren werde. Er hatte mir dann noch mal in die Mail mit dem Auszug
aus dem Einwohnermeldeamt auch reingeschrieben, welcher Kollege das erhoben hatte. Das war der
Leiter der Polizeistation in Rehburg. Und es gab noch mal ein Telefonat - da konnte ich das Datum
nicht mehr genau nachvollziehen; das muss aber auch in dieser Woche dann noch gewesen sein -, wo
mich der Kollege noch mal zurückgerufen hat, also der Leiter des Fachkommissariats, und in dem
Gespräch erwähnt hat oder auch anrief, weil er wissen wollte, wie jetzt der Sachstand sei und wann
die Akte wohin abgegeben werde, weil er seine Hierarchie informieren müsse. In meiner Erinnerung
hat er da eben auch erwähnt, auch der Polizeipräsident müsse informiert werden.“793

4. Meldeabläufe nach der Rückmeldung aus Niedersachsen am 15. Oktober 2013

a) Meldungen an die Hierarchie bis hin zu Präsident Ziercke am 15. Oktober 2013

aa) Meldung der Zeugin Greiner an die Zeugen Stahl und Hoppe

Im Hinblick auf die Information ihrer Vorgesetzten hat die Zeugin Greiner ausgeführt, dass die Information

ihres unmittelbaren Vorgesetzten direkt im Anschluss an den um 15.21 Uhr erfolgten Anruf des Zeugen Baum

erfolgt sei:

„[…] Ich habe dann aufgelegt und bin direkt zu meinem Sachgebietsleiter, zu Herrn Stahl, habe ihm
von dem Anruf berichtet. Wir sind dann eigentlich auch direkt hoch ins Büro von unserem damaligen
Referatsleiter, von Herrn Hoppe, haben ihm das weiterberichtet. Er sagte dann, er wird dann die Hie-
rarchie weiter nach oben informieren. Wir sind dann wieder runter. […]”794

Der Zeuge Stahl hat den Verlauf folgendermaßen beschrieben:

790 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 14.
791 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 14.
792 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 23.
793 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 23.
794 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 13.

Drucksache 18/6700 – 230 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Dass an diesem Tag eine Erkenntnisanfrage gestellt wurde, die besagte am 15. Oktober, das war
mir jetzt explizit nicht bewusst, dass sie an diesem Tag rausgegangen ist. Von dieser Erkenntnisan-
frage bzw. von dem Anruf von der Polizeiinspektion Nienburg, von dem Leiter, habe ich durch die
Frau Greiner erfahren am späten Nachmittag des Tages, als die mir dann mitgeteilt hat, dass da ein
Rückruf gewesen sei und auf der Liste würde sich eine Personalie befinden, der Name des ehemaligen
Bundestagsabgeordneten.“795

„Mit dieser Information bin ich mit der Kollegin Greiner, wenn ich mich recht entsinne, gemeinsam
zu dem Vorgesetzten, zu dem Herrn Kriminaldirektor Hoppe, damals Referatsleiter, gegangen und
habe ihm diesen Umstand mitgeteilt, dass der Anruf von der örtlichen Dienststelle gekommen ist, dass
es sich bei einer Person auf der Liste um ein Mitglied des Deutschen Bundestags handelt.“796

Auf die Frage, ob er mit dem Namen „Sebastian Edathy“ etwas habe anfangen können, hat der Zeuge Stahl

bekundet:

„Ehrlich gesagt: Nein.“797

Auf die Bitte, den Geschehensablauf nochmals genau zu schildern und auf die Frage, ob Frau Greiner zuerst bei

ihm gewesen sei, hat der Zeuge Stahl bekundet:

„Das ist korrekt. Sie hat mich direkt angesprochen unter Hinweis darauf, dass sie soeben einen Anruf
von der PI Niedersachsen - ich glaube, von dem Leiter des Kommissariats - bekommen hatte, der ihr
gesagt hatte - ich sage es jetzt mal sinngemäß, soweit ich mich erinnern kann -, ob wir wüssten, wen
wir da abgefragt hätten. Da wäre auch der Name Edathy, und das wäre ein Mitglied des Deutschen
Bundestages, was mich dann etwas irritiert hat, wie ich eben auch schon mal gesagt habe, weil Mit-
glieder des Deutschen Bundestages heißt erst mal für uns direkte Unterrichtung nicht nur gegenüber
dem Vorgesetzten, sondern auch gegenüber der Staatsanwaltschaft aufgrund einer anderen strafpro-
zessualen Vorgehensweise. Das haben wir dann auch direkt getan. Sprich: Frau Greiner hat auch dann
mit der Staatsanwaltschaft gesprochen, mit der ZIT in dem Fall, und wir waren dann auch gemeinsam
beim direkten Vorgesetzten und haben das dort berichtet zum Ablauf, dass die Liste versandt worden
ist und dass sich die PI Nienburg gemeldet hat unter Hinweis darauf, dass sich auf der Liste eine Person
befindet, die Mitglied des Deutschen Bundestags ist.“798

Der Zeuge Stahl hat bezüglich der Weiterunterrichtung durch den Zeugen Hoppe ausgesagt:

„Wir haben, wie gesagt, ihm kurz genau das berichtet, was uns soeben über das Telefonat mitgeteilt
worden ist, und daraufhin ist er dann zur Weiterunterrichtung.“799

Der Zeuge Hoppe hat die Unterrichtung folgendermaßen dargestellt:

„Am 15. Oktober 2013 saß ich ahnungslos in meinem Büro, und da kamen die Kollegin Wiegand und
der Kollege Stahl zu mir und legten mir einen Namen auf den Tisch bzw. eine Liste, glaube ich - dann
war es die Liste mit dem Namen -, auf den Tisch und sagten: Schauen Sie sich mal diesen Namen an.
Der ist in der Operation ‚Selm‘ vertreten.

Es war zu dem Zeitpunkt auch schon weitgehend abgeklärt, dass es sich tatsächlich dann um ihn auch
handelt, also die Personenidentifizierung war sehr weit vorangeschritten. Man konnte nicht von einem

795 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 49.
796 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 49.
797 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 49.
798 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 57.
799 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 57.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 231 – Drucksache 18/6700

Missbrauch der Namen oder einem Vertauschen der Namen ausgehen, sondern es war ein valides
Datum, dass er das war. […]“800

Seine Reaktion auf die Information hat der Zeuge Hoppe wie folgt beschrieben:

„[…] Mein erster Gedanke war ja auch erst mal ein Kraftausdruck, den ich jetzt bei mir behalten
möchte, und sagte, das glaubt einem ja keiner, dass ich am 10. Mai oder 11. Mai hier im Ausschuss
war als Zeuge und jetzt der Referatsleiter bin in dem Verfahren, wo der Abgeordnete eine Rolle spielt.
Das sind Zufälle, die kann man wahrscheinlich nur schwer erklären, und das wird bedeuten, dass wir
eine ganze Menge an Papier zu beschreiben haben. - Und so ist es dann ja auch am Ende gekom-
men.“801

Auf die Frage, ob zwischen dem 15. Oktober und dem 18. Oktober 2013 noch weitere Personen mit dem Vorgang

befasst waren, hat die Zeugin Greiner bekundet:

„Direkt die Akte habe ich erstellt. Ich habe dann aber auch meine direkte Führung, die Referatsleitung,
Sachgebietsleitung, auf dem Laufenden gehalten und die Hierarchie auch weiter nach oben. Da wurden
ja auch mehrere Führungsinformationen geschrieben. Zwischendurch gab es noch den Bericht an den
Staatssekretär Fritsche. Den gab es auch am 17. noch. Aber ansonsten aus meiner Kenntnis waren im
BKA, wie gesagt, im Referat nur die, die damit etwas zu tun hatten, und dann die ganze Führung bis
zur Amtsleitung.“802

bb) Meldung des Zeugen Hoppe an den Zeugen Schiffels

Der Zeuge Hoppe hat sich im Hinblick auf die seinerseits erfolgte Information an den Zeugen Schiffels wir folgt

geäußert:

„[…] Es war für mich natürlich klar, dass das ein berichtenswerter Vorgang auch wieder entsprechend
dem Vorgang aus dem Frühjahr 2012 war. Entsprechend habe ich dann meinen Gruppenleiter wieder
informiert, der wiederum den Abteilungsleiter. Die weiteren Informationsstränge habe ich dann nicht
mehr weiterverfolgt. […]”803

Der Zeuge Theissig hat bekundet, er sei ebenfalls am 15. Oktober 2013 durch den Zeugen Hoppe informiert

worden:

„[…] Es war am 15.10. Laut Aktenstudium hat die Sachbearbeiterin um 15.21 Uhr einen Anruf von
der PI Nienburg bekommen, von einem Kollegen, der den Hinweis gegeben hat, dass er festgestellt
hat, dass sich der MdB Edathy darauf befand. Ich bin - das war 10 oder 20 Minuten später - durch
meinen damaligen Referatsleiter darüber unterrichtet worden, der mir gesagt hat, dass eben gerade die
Sachbearbeiterin und der zuständige Sachgebietsleiter bei ihm waren. Und wir beide sind dann zu-
sammen zu unserem zuständigen Gruppenleiter, haben ihn darüber informiert, und der hat dann, wie
es in einer Behörde üblich ist, die Hierarchie über das Ereignis informiert und in Kenntnis gesetzt.
[…]“804

Der Zeuge Schiffels hat ausgeführt:

800 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 13.
801 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 35.
802 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 24.
803 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 13.
804 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 6.

Drucksache 18/6700 – 232 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Herr Hoppe kam zu mir ins Zimmer und hat mir dann berichtet, dass Herr Edathy sich auf dieser
Kundenliste befindet. Auch hier sind dann wieder diese beiden Fragestellungen relevant geworden,
die ich eben schon mal erwähnt habe: Ist das, was die Person betrifft, eine wirkliche Identifizierung?
Handelt es sich um den Abgeordneten Edathy? Sind andere Möglichkeiten gegeben, dass diese Perso-
nendaten missbraucht werden? - Also die üblichen Fragen, die man dann so stellt. Das ist entsprechend
verneint worden, auch im Hinblick darauf, dass durch die Rückmeldung der Polizeiinspektion in Ni-
enburg jetzt diese Bestätigung erfolgt ist: Ja, es handelt sich um den Abgeordneten Edathy. - Eine
andere Frage war dann gewesen: Was für ein Material ist das? Um welches Material geht es? - Dazu
ist dann diese Aussage erfolgt: Ja, das ist sogenanntes Kategorie-2-Material, nicht strafbar.

Herr Hoppe hat dann noch mal vorgetragen, wie die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt solche Fälle
rechtlich einstuft und auch behandelt, nämlich dermaßen, dass man hier auch einen Anfangsverdacht
für weitere Ermittlungen sieht, aber letztendlich bei dieser Fallgruppe keine eigenen Durchsuchungs-
beschlüsse beim Amtsgericht beantragt, sondern die Akten an die örtliche zuständige StA zur weiteren
Bearbeitung abgibt. Das war die Information. […]”805

cc) Meldung des Zeugen Schiffels an die Zeugin Dr. Vogt und den Zeugen Henzler

aaa) Meldungen des Zeugen Schiffels am Nachmittag

Der Zeuge Schiffels hat angegeben, er habe zunächst mit der Zeugin Dr. Vogt gesprochen und sodann auch den

Zeugen Henzler kontaktiert:

„[…] Ich habe dann Frau Dr. Vogt angerufen, unmittelbar danach, auch direkt im Beisein von Herrn
Hoppe. Frau Vogt war auf Auslandsdienstreise zu diesem Zeitpunkt. Es war ein Gespräch über Mo-
biltelefon, und ich habe ihr den Namen am Telefon nicht gesagt. Es ging nur um die - - Ich habe ihr
gesagt: Es ist ein Abgeordneter, der hier festgestellt wurde, und natürlich der Bedarf besteht, zügigst
die Amtsleitung zu informieren. - Wir sind dann so verblieben, dass ich Herrn Henzler anrufe, Vize-
präsident Henzler, was ich dann auch gemacht habe. Ich habe ihm dann diese Information zugegeben,
wie ich eben erwähnt habe, und Herr Henzler hat dann um Feststellung gebeten, dann auch um Mit-
teilung an ihn, wie die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt gedenkt, mit diesem Fall umzugehen, also:
Was ist die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt? […]“806

Mit der Zeugin Dr. Vogt sei zudem Folgendes weiter besprochen worden:

„[…] Wir haben dann verabredet - das ist dann auch erfolgt -, wenn sie abends wieder in Wiesbaden
ist, dass wir uns dann noch mal im Detail dazu unterhalten. […]“807

Die Reaktion des Zeugen Henzler hat der Zeuge Schiffels folgendermaßen beschrieben:

„Also, er hat das zur Kenntnis genommen. Es kann sein, dass er dann auch erwähnt hat, er wird jetzt
den Präsidenten unterrichten, was für mich aber auch zwangslogisch war, dass, wenn ich ihm eine
solche Information gebe, er den Präsidenten unterrichtet.“808

Auf diese Rückfrage des Zeugen Henzler sei dann, so der Zeuge Schiffels, nochmal eine Abstimmung im Hin-

blick auf das weitere Vorgehen mit dem sachbearbeitenden Staatsanwalt erfolgt:

805 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 14.
806 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 14.
807 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 23.
808 Schiffels, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 9.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 233 – Drucksache 18/6700

„[…] Insoweit ist dann zwischendurch auch noch mal eine kurze Zeit später eine Abstimmung erfolgt
- ich glaube, von Frau Greiner - mit dem sachbearbeitenden Staatsanwalt, der dann mitgeteilt hat, er,
der sachbearbeitende Staatsanwalt, beabsichtige, den Fall an die Generalstaatsanwaltschaft Celle ab-
zugeben. Dazu müsse er sich aber mit seiner Behördenleitung abstimmen. Er hat wohl einen Rückruf
für den nächsten Tag, also 16. Oktober, zugesagt. Das habe ich dann Herrn Henzler wieder zugegeben
als Information, […].“809

Der Zeuge Henzler habe daraufhin den Ausführungen des Zeugen Schiffels zufolge, darum gebeten, eine Prä-

sentation für den Präsidenten Ziercke am nächsten Tag vorzubereiten:

„[…] und er hat dann darum gebeten, dass vorbereitet wird eine Präsentation für den Präsidenten, für
Herrn Ziercke, am nächsten Tag. Die Mitteilung war: Er ist sowieso am Standort W 3, wie das heißt,
wo wir uns in Wiesbaden befinden, und dann sollte ein Termin mit ihm dann durchgeführt werden,
um ihm das zu präsentieren. Das ist dann auch erfolgt, also am Vormittag des 16. Oktober.“810

Die Zeugin Dr. Vogt hat die Information durch den Zeugen Schiffels am Nachmittag des 15. Oktober 2013 fol-

gendermaßen beschrieben:

„Also, am 15.10.2014 [sic!] befand ich mich auf Dienstreise - also, ich war nicht in Deutschland ge-
wesen - und habe dann von Herrn Schiffels, mit dem Sie eben gesprochen haben und den Sie vernom-
men haben, in den Nachmittagsstunden des - also, genau weiß ich es nicht mehr; es muss zwischen
15.30, würde ich mal sagen, 16 Uhr ungefähr - - einen Anruf habe ich von ihm erhalten, wo er gesagt
hat - so sinngemäß; ich habe keine Notiz darüber -: Wir haben im Rahmen der OP ‚Selm‘ auf der Liste
einen Namen gefunden von einer politisch prominenten Person, und ich möchte jetzt weiter nichts
dazu sagen - sagte er sinngemäß -; wir sprechen, wenn ich wieder zurück in Deutschland bin. […]“811

Im Hinblick darauf, was zwischen ihm und der Zeugin Dr. Vogt bezüglich der Information des Zeugen Henzler

besprochen wurde, hat der Zeuge Schiffels bekundet:

„Das weiß ich nicht mehr im Detail. Also, wir haben definitiv verabredet: Ich rufe Vizepräsidenten
Henzler an.“812

Der Zeuge Henzler hat bekundet, er habe die Information bezüglich des Vorgangs betreffend Sebastian Edathy

am Nachmittag von dem Zeugen Schiffels erhalten.813 Er habe niemanden darüber informiert.814 Danach befragt,

ob er auch nicht den Präsidenten informiert habe, hat der Zeuge Henzler bekundet:

„Nein, weil mir Herr Schiffels mitgeteilt hatte - was ich zwar schon wusste -, dass der Präsident in
Spanien war. Das war mir sowieso bekannt, und dass er mit der Leiterin SO in Spanien war, war mir
auch bekannt. Und der Kollege hat mir dann gesagt: Wir haben die Leiterin SO informiert, ohne Na-
mensnennung, und die wird den Präsidenten nach Landung - - die kriegt eine Information nach Lan-
dung mit dem Namen und wird den Präsidenten informieren. […]”815

Auf nochmalige Nachfrage, ob er die Information komplett für sich behalten habe, hat der Zeuge Henzler dar-

gelegt:

809 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 14 f.
810 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 15.
811 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 49.
812 Schiffels, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 9.
813 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 62.
814 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 62.
815 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 63.

Drucksache 18/6700 – 234 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Ich habe keine Erinnerung, aber ich bin mir ziemlich sicher: Ich habe da mit niemandem drüber
gesprochen.“816

Im Hinblick auf die Weitergabe der Information durch den Zeugen Schiffels an die Zeugin Dr. Vogt hat der

Zeuge Henzler ausgesagt:

„[…] Also, er hat nur gesagt, er informiert mich. Er hat mir gesagt, wie der Vorlauf war: Anruf aus
Nienburg, und dass vorgesehen ist, eben die Abteilungsleiterin, die in Begleitung des Präsidenten in
Spanien war, zu unterrichten, aber nur mit der Information, es gibt einen prominenten Politiker, ohne
Namen, und dann nach Landung auf deutschem Boden mündlich, persönlich den Namen.“817

Auf den Vorhalt der Aussage des Zeugen Schiffels, er, Henzler, sei im Anschluss an die Information wieder auf

den Zeugen Schiffels zugegangen und habe von einer Besprechung unter Beteiligung des Präsidenten am nächs-

ten Tag um 10 Uhr gesprochen, hat der Zeuge Henzler bekundet:

„Kann ich mich überhaupt nicht dran erinnern, das weitergegeben zu haben oder in Erwägung gezogen
zu haben. Sagt mir nichts. Ich weiß aus den Akten - aber ich betone: aus den Akten -, dass am nächsten
Morgen eine Besprechung des Präsidenten unmittelbar vor Ort im Referat Kinderpornografie stattge-
funden hat. Und ich meine sogar, das wäre ohnehin geplant gewesen, aber da bin ich mir nicht mehr
so ganz sicher. Also die Besprechung hat vor Ort stattgefunden, aber zu der habe ich nicht eingeladen
oder aufgerufen. […]“818

bbb) Meldung des Zeugen Schiffels an die Zeugin Dr. Vogt am Abend des 15. Oktober 2013

Bezüglich eines weiteren telefonischen Kontakts mit der Zeugin Dr. Vogt am Abend des 15. Oktober 2013 hat

der Zeuge Schiffels zunächst im Hinblick auf die Uhrzeit ausgeführt:

„Ja, das muss am Abend gewesen sein, als sie wieder in Wiesbaden war; vielleicht nach 21 Uhr, ir-
gendwann am späteren Abend.“819

Auf die Frage, ob die Zeugin Dr. Vogt hierbei zu erkennen gegeben habe, dass sich der BKA-Präsident in ihrer

Nähe aufhalte, hat der Zeuge Schiffels bekundet:

„Nein. Nein, nicht dass ich wüsste.“820

Die Zeugin Dr. Vogt hat zu dem Telefonat mit dem Zeugen Schiffels am Abend des 15. Oktober 2013 dargelegt:

„[…] Ich bin dann an demselben Abend zurückgeflogen, planmäßig. Ankunft war laut Flugplan 20.25
Uhr. Es war auch, soweit ich mich erinnere, keine Verspätung. Wir haben dann zusammen telefoniert,
Herr Schiffels und ich, und dann hat er mir den Namen gesagt von Herrn Edathy. […]“821

Bereits im Rahmen dieses Telefonats sei, so die Zeugin Dr. Vogt, von dem Briefing am nächsten Tag die Rede

gewesen:

816 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 63.
817 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 66.
818 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 66 f.
819 Schiffels, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 9.
820 Schiffels, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 9.
821 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 49.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 235 – Drucksache 18/6700

„[…] Wir haben an der Stelle nur vereinbart, Herr Schiffels und ich, dass wir uns alle gemeinsam
treffen an dem Tag drauf, am 16., mit Herrn Ziercke zusammen, um ein Briefing auch zu machen über
den Sachverhalt.“822

Ihre Gedanken bei der Mitteilung des Namens durch den Zeugen Schiffels hat die Zeugin Dr. Vogt wie folgt

beschrieben:

„[…] Also, ich kann Ihnen sagen, wie ich mich gefühlt habe, als Herr Schiffels mir das gesagt hatte,
um wen es sich handelt. Da war mir klar, dass wir einen besonders sensiblen Vorgang haben und
natürlich alles dokumentieren müssen und sehr sorgfältig vorgehen müssen.“823

dd) Meldung der Zeugin Dr. Vogt an den Zeugen Ziercke

aaa) Aussage des Zeugen Ziercke vor dem Innenausschuss und in seiner ersten Vernehmung vor dem Unter-
suchungsausschuss

Vor dem Innenausschuss hat der Zeuge Ziercke seine erste Kenntnisnahme der Tatsache, dass der Name von

Sebastian Edathy im Rahmen der Operation „Selm“ zu Tage getreten war, wie folgt beschrieben:

„[…] Die Amtsleitung des BKA, also ich, wurde erstmals am 15. Oktober gegen 15:45 Uhr über den
Sachverhalt informiert, 15:21 Uhr kam es aus Niedersachsen, ich wurde 15:45 Uhr darüber informiert.
Ich verabredete dann sofort einen Besprechungstermin mit dem zuständigen Sachgebiet und Referat
am nächsten Vormittag, dem 16. Oktober um 10:30 Uhr. […]“824

In seiner ersten Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss hat der Zeuge Ziercke im Hinblick auf seine

Kenntnisnahme bekundet:

„[…] Ich beginne mit dem 15. Oktober 2013. Erstmals erfahre ich am Nachmittag von dem Verdacht
gegen Herrn Edathy, nicht vorher. […]“825

Im Hinblick auf die Art und Weise der Kenntnisnahme hat der Zeuge Ziercke im weiteren Verlauf seiner Ver-

nehmung präzisiert:

„Telefonisch von meiner Abteilungsleiterin.“826

bbb) Meldung am Nachmittag in Spanien

Die Zeugin Dr. Vogt hat im Hinblick auf die Information des Zeugen Ziercke am Nachmittag ausgesagt:

„Herrn Ziercke konnte ich nur sagen: Ich habe einen Anruf von meinem Gruppenleiter bekommen.
Wir haben eine prominente Person auf dieser Liste. - Das habe ich Herrn Ziercke gesagt. Aber wir
wussten beide nicht, wer es ist.“827

822 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 50.
823 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 50.
824 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 11, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Ziercke.
825 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 9.
826 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 58.
827 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 50.

Drucksache 18/6700 – 236 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Auf Nachfrage hat die Zeugin Dr. Vogt wiederholt:

„Ich habe ihm in Spanien diese Aussage gesagt: Da ist eine politisch prominente Person auf der Liste.
Das habe ich ihm persönlich gesagt aufgrund des Telefonats von Herrn Schiffels.“828

Auf den Vorhalt der Aussage des Zeugen Ziercke, er habe die Information telefonisch von seiner Abteilungslei-

terin erhalten, hat die Zeugin Dr. Vogt bekundet:

„Also, ich habe ein Telefonat erhalten von Herrn Schiffels. Diese Aussage ‚telefonisch‘ kann man ja
auch anders verstehen. Also, ich bin angerufen worden und habe gesagt - das, was ich jetzt schon ein
paarmal gesagt habe -, eine politisch bekannte Person, prominente Person ist auf der Liste.“829

In seiner zweiten Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss hat der Zeuge Ziercke bezüglich des Zeitpunkts

seiner Informationserlangung ausgeführt:

„[…] Drittens. Zeitpunkt meiner Informationserlangung über den Verdacht gegen Herrn Edathy. Auf
einer Dienstreise in Spanien am 15.10. - nach meiner Aktenkenntnis müsste dies gegen 15.45 Uhr
gewesen sein - erreichte mich der Anruf oder der Zuruf meiner Abteilungsleiterin, Frau Dr. Vogt, die
selbst aus Deutschland angerufen worden war und mich auf der Dienstreise begleitete. Allerdings ging
es nur um den Sachverhalt um eine prominente Persönlichkeit. So erinnere ich das jedenfalls. Der
Name Edathy wurde nach meiner Erinnerung zu diesem Zeitpunkt nicht genannt. Das weiß ich aber,
ehrlich gesagt, nicht genau. Genau erinnere ich aber, dass ich mit Frau Dr. Vogt nach meiner Ankunft
in Frankfurt am 15.10. gegen 20.30 Uhr ein Gespräch hatte, in dem der Name Edathy präsent war.
[…]“830

Weiter hat der Zeuge Ziercke ausgeführt:

„[…] Wie gesagt, der Name Edathy, das kann ich nicht erinnern. Ich weiß nur sicher, dass er in Frank-
furt dann gefallen war, dieser Name Edathy. Ich weiß auch nicht, ob Frau Vogt mich angerufen hatte
in Spanien, über das spanische Telefonnetz oder - wovon ich aber ausging - dass sie einen Anruf aus
Deutschland bekommen haben musste und mir das dann zugerufen hat. […]“831

Auf seine Darstellung des Vorgangs vor dem Innenausschuss angesprochen hat der Zeuge Ziercke bekundet:

„Und wenn ich es richtig erinnere, war das eine Zusammenfassung in kurzer Form, um noch mal zu
rekapitulieren, welche Fakten und welche Arbeitsabläufe tatsächlich bisher waren. Das ist eine ganz
starke Verdichtung im Grunde, wenn ich sage: Ich habe sofort, ich habe um 14.45 Uhr - - Das war
Aktenkenntnis; das hatte ich ja auch gesagt. Richtig ist, dass man dies viel breiter hätte sonst darstellen
müssen; aber das war nicht Ziel der Anhörung zu dem Zeitpunkt, zu diesem Punkt jetzt in dieser Form
ausführlich befragt zu werden. Das kann ich so jedenfalls nicht erinnern. Es war nur noch mal, um das
auf den Weg zu bringen, wie der Informationsablauf war, wie die Arbeitsabläufe letztlich waren. Da
stimme ich Ihnen zu: Da müssen Sie aus dieser sehr verkürzten Darstellung diesen Eindruck gewinnen.
Da stimme ich Ihnen ausdrücklich zu. […]”832

828 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 72.
829 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 72.
830 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 45 f.
831 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 97.
832 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 96.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 237 – Drucksache 18/6700

ccc) Meldung am Abend am Flughafen Frankfurt

Die Informationsweitergabe nach der Landung am Flughafen in Frankfurt am Main hat die Zeugin Dr. Vogt wie

folgt beschrieben:

„[…] Ich bin dann an demselben Abend zurückgeflogen, planmäßig. Ankunft war laut Flugplan 20.25
Uhr. Es war auch, soweit ich mich erinnere, keine Verspätung. Wir haben dann zusammen telefoniert,
Herr Schiffels und ich, und dann hat er mir den Namen gesagt von Herrn Edathy. Ich war zusammen
mit Herrn Ziercke auf Dienstreise, und ich habe, soweit ich mich erinnern kann, ihn dann auch davon
informiert, dass es Herr Edathy ist, der auf der Liste ist.“833

Im Hinblick auf weitere Details der Situation, in der sie dem Zeugen Ziercke die Mitteilung machte, hat die

Zeugin Dr. Vogt auf die Frage, in welcher Situation sie mit den Zeugen Schiffels telefoniert habe, ausgeführt:

„Also, das kann ich Ihnen nicht sagen. Es muss letztlich gewesen sein direkt nach Landung und dann
beim Ausstieg aus dem Flugzeug, dass ich schon telefoniert habe, um zu wissen, was es denn da genau
an Informationen geben muss. Also, es muss nach 20.25 Uhr, 20.30 Uhr gewesen sein.“834

Auf die Frage, ob sie mit dem Zeugen Ziercke zusammen im Flugzeug gewesen sei, hat die Zeugin Dr. Vogt

ausgeführt:

„Wir haben getrennt gesessen. Wir haben nicht zusammen gesessen.“835

Auf die weitere Frage, ob sich Herr Ziercke in der Nähe aufgehalten habe und sie ihn dann unmittelbar informiert

habe, hat die Zeugin Dr. Vogt geantwortet:

„Ich meine aus meiner Erinnerung, dass das so war. Aber ich kann Ihnen nicht mehr sagen, ob das am
Gepäckband war oder wo das letztlich war. Das weiß ich nicht mehr.”836

Bereits zuvor hatte die Zeugin Dr. Vogt ausgeführt:

„Ich meine, dass ich noch Herrn Ziercke direkt bei mir hatte und habe ihn informiert. Aber ich bin mir
nicht mehr ganz sicher in dem Zusammenhang. […]“837

Im weiteren Verlauf ihrer Vernehmung hat die Zeugin Dr. Vogt auf die Frage, ob sie den Zeugen Ziercke am

Abend des 15. Oktober 2013 informiert habe oder erst am nächsten Tag, bekundet:

„Also, wenn ich ihn informiert habe, was wahrscheinlich der Fall ist, dann muss es an dem Abend
gewesen sein, noch direkt dort im Flughafengelände.“838

Auf nochmalige Nachfrage, warum sie sich an die Vorgänge am Nachmittag samt der Uhrzeit erinnere, sich aber

bezüglich einer möglichen Information des Zeugen Ziercke am Abend nicht sicher sei, hat die Zeugin Dr. Vogt

ausgeführt:

833 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 49.
834 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 50 f.
835 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 51.
836 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 51.
837 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 50.
838 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 57.

Drucksache 18/6700 – 238 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Ich sitze hier, und ich habe nachgegrübelt. Ich bekomme an der Stelle die Dinge nicht ordentlich
zusammen. Ich weiß nur dann wieder, dass wir alle verabredet waren am 16. und dass ich das abends
schon in Erfahrung gebracht habe, dass vereinbart worden ist, dass wir uns am 16. treffen.“839

Der Zeuge Ziercke hat bekundet, er habe in Frankfurt definitiv gewusst, dass es um Sebastian Edathy ging:

„Ich habe eben gesagt, ich habe nach Aktenlage die Uhrzeit 15.45 Uhr, und ich gehe davon aus, dass
das der Zeitpunkt war, zu dem Frau Vogt informiert worden ist, in Spanien. Daher kommt dieses
Datum. Ob sie mir dann gesagt hat, es geht um Edathy, das weiß ich definitiv nicht. Das weiß ich erst
definitiv, als wir in Frankfurt waren und ich - - Da war mir klar, um wen es geht. Und dass ich gesagt
habe, am nächsten Tag möchte ich darüber sprechen. […]“840

Der Zeuge Ziercke hat später ergänzt:

„[…] Wie gesagt, der Name Edathy, das kann ich nicht erinnern. Ich weiß nur sicher, dass er in Frank-
furt dann gefallen war, dieser Name Edathy. Ich weiß auch nicht, ob Frau Vogt mich angerufen hatte
in Spanien, über das spanische Telefonnetz oder - wovon ich aber ausging - dass sie einen Anruf aus
Deutschland bekommen haben musste und mir das dann zugerufen hat. Beide Möglichkeiten gehen
auch aus der Formulierung, meine ich, hervor, die ich im Untersuchungsausschuss gegeben hatte, wo
ich von einem Anruf meiner Abteilungsleiterin sprach. Aber auch an der Ecke kann man durchaus der
Meinung sein: Ist das ein Anruf, oder war das ein Zuruf? Das kann - - wusste ich aber nicht mehr so
genau jetzt.

Der Ablauf, wie ich ihn jetzt rekapituliere, ist eindeutig: dass ich in Spanien diese Information als
Erstinformation bekommen hatte von Frau Vogt - das muss aber ein Zuruf gewesen sein oder, wie
gesagt, ein Telefonanruf im spanischen Netz - und dass ich dann, als wir zurück in Frankfurt waren,
am Abend gesagt habe: Ich werde aufgrund dieser Sache, nachdem ich von dem Namen Edathy erfah-
ren hatte, jetzt nicht einen Schnellschuss machen, um dann den Staatssekretär noch am Abend zu
informieren. Ich werde mich erst selbst mit meinen Mitarbeitern unterhalten, um eine Gewissheit zu
haben, dass wir keine Fehler gemacht haben, dass die Identifizierung, wo ich großen Wert drauf gelegt
habe, eindeutig ist. […]“841

ddd) Mögliche Kenntnisnahme des Zeugen Ziercke auf anderem Wege?

Der Zeuge Ziercke hat die Frage, ob die Information nur über die Zeugin Dr. Vogt an ihn herangetragen wurde

mit den Worten

„Exakt. Ganz genau.“842,

bestätigt und hat darüber hinaus auf die Nachfrage „und von keinem andern?“ bekundet:

„Ganz genau.“843

Auf die Frage, ob er selbst am 15. Oktober 2013 niemanden angerufen und sich weitere Informationen habe

geben lassen, hat der Zeuge geantwortet:

839 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 57.
840 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 49.
841 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 97.
842 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 98.
843 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 98.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 239 – Drucksache 18/6700

„Nein, absolut nicht. Nein.“844

Der Zeuge Schiffels hat geschlossen, dass der Zeuge Ziercke durch den Zeugen Henzler informiert worden sei;

auf die Frage nach der Reaktion Zierckes auf die Information hat er bekundet:

„Das ist mir nicht bekannt, weil ich habe Herrn Henzler unterrichtet, der dann in der Folge - muss ich
jetzt schließen - mit Herrn Ziercke gesprochen hat, sodass ich zur Reaktion von Herrn Ziercke nichts
sagen kann bei dieser Erstinformation zu dem Namen am 15. Oktober.“845

Die Zeugin Dr. Vogt hat auf die Frage, was der Zeuge Ziercke nach Kenntnisnahme von dem Vorgang veranlasst

habe, bekundet, dass sowohl dem Zeugen Ziercke als auch ihr selbst der Besprechungstermin am nächsten Tag

bekannt gewesen sei:

„Also, meine Erinnerung ist so weit gewesen, dass wir beide wussten, dass wir einen Termin dann
haben am nächsten Tag. Das ist das, was ich noch erinnere.“846

Auf die Frage nach einem möglichen alternativen Informationsweg zum Zeugen Ziercke hat die Zeugin Dr. Vogt

dargelegt:

„Über den Stab der Amtsleitung. Das kann natürlich auch schon im Laufe des Nachmittags passiert
sein, weil ich ja nicht permanent um ihn rum war.“847

b) Kontakte mit der ZIT am 15. und 16. Oktober 2013

Den Kontakt mit der ZIT am 15. Oktober 2013 hat die Zeugin Greiner folgendermaßen beschrieben:

„[…] Ich habe dann um 16.13 Uhr die Staatsanwaltschaft in Gießen unterrichtet, Oberstaatsanwalt - -
nein, Staatsanwalt Dr. Krause, und habe ihm von dem Sachverhalt berichtet, eben auch mit der Frage,
wie man damit umgehen will, insbesondere eben auch Immunität und: Über wen wird die Akte abge-
geben? Er sagte dann, die Leiter der ZIT seien an dem Tag mal nicht da, aber er sagte zu mir: Eben
ganz normal aufbereiten wie einen Kategorie-2-Fall; er würde klären, wie die Abgabe erfolgen würde,
vielleicht direkt über die Generalstaatsanwaltschaft in Celle. Immunität, das wolle er auch klären, wie
das dann laufen würde. […]“848

Am 16. Oktober 2013, so die Zeugin Greiner, habe sie dann eine Rückmeldung von der ZIT erhalten:

„[…] Um 14.15 Uhr habe ich dann auch die Rückmeldung von der ZIT bekommen, dass man sich dort
so abgestimmt hätte, dass der Vorgang von Generalstaatsanwaltschaft zu Generalstaatsanwaltschaft
abgegeben werden soll, also Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, Außenstelle Gießen, an die Gene-
ralstaatsanwaltschaft in Celle. Ich habe mit der ZIT vereinbart, dass ich ihnen den Sachstandsbericht,
der ja üblich ist bei KAT-2-Fällen, wo ich alle Infos reinpacke, vorher elektronisch übermittle, weil es
klar war, dass die Akte am Freitag der Woche per Kurier an die ZIT geht, in Papierform natürlich.
Dass das da eben von den Formulierungen, gerade weil es eben auch um Immunitätsfragen ging, alles

844 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 98.
845 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 23.
846 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 51.
847 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 65.
848 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 13.

Drucksache 18/6700 – 240 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

juristisch einwandfrei ist - - habe ich eben vereinbart, dass ich vorher das noch mal elektronisch schi-
cke, was ich an dem 16. abends noch gemacht habe. Ansonsten liefen die Berichtspflichten weiter.
[…]”849

Der Zeuge Dr. Krause hat den Kontakt mit der Zeugin Greiner am 15. und 16. Oktober 2013 folgendermaßen

beschrieben:

„[…] Zum Verfahren hinsichtlich des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Edathy ist mir noch in
Erinnerung, dass ich da auch telefonisch direkt von dem BKA durch die Beamtin Greiner zunächst
unterrichtet wurde. Wenn Sie mich nach dem genauen Datum fragen, so ist mir das nicht mehr erin-
nerlich, weil ich jetzt seit Anfang dieses Jahres auch in dem Bereich, in der ZIT, nicht mehr tätig bin,
mich aber gleichwohl am Montag dieser Woche auf dieses Verfahren noch einmal vorbereitet habe.
Ich habe noch mal im Rahmen der ZIT Akteneinsicht genommen, um meine Erinnerung aufzufrischen.
Da habe ich dann gesehen, dass es wohl am 15. Oktober gewesen sein muss. Ich habe auch gesehen,
dass ich dann einen Vermerk am folgenden Tag an meinen Abteilungsleiter, den Leitenden Oberstaats-
anwalt Wittig bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, per E-Mail verfasst habe und ihn
über diesen Vorgang informiert habe und ihn darüber informiert habe, dass dieses Verfahren nicht als
Ermittlungsverfahren bei der ZIT eingetragen werden soll, sondern aufgrund der Immunität als soge-
nannter AR-Vorgang im Allgemeinen Register. Das wollte ich mit dem - - oder das musste ich auch
mit dem Abteilungsleiter so absprechen, und das wurde mit dem Abteilungsleiter so vereinbart.

Das habe ich dann wiederum dem BKA so mitgeteilt, damit das BKA die entsprechenden Akten auf-
bauen konnte. Das BKA hatte mich gefragt, wie denn diese Akte aufgebaut werden sollte, ob es ir-
gendwie besonders priorisiert, einen besonderen Aufbau erhalten sollte. Das habe ich auch in Rück-
sprache mit einerseits Herrn Franosch und andererseits dem Abteilungsleiter, Leitenden Oberstaats-
anwalt Wittig, verneint und habe dem BKA die Anweisung gegeben, dass das Verfahren genau wie
jedes andere Verfahren aufgebaut werden soll, also insofern keine Sonderbehandlung erfahren sollte.
[…]“850

Der Zeuge Franosch hat sich zu den Abläufen am 15. und 16. Oktober 2013 folgendermaßen geäußert:

„[…] Jetzt zum Oktober 2013, der Identifizierung des vormaligen Bundestagsabgeordneten. Am 15.
und 16. Oktober verdichtete sich das. Ich habe meinen Kalender noch mal konsultiert. Meiner Erinne-
rung nach war ich an dem Tag im Büro. Es muss am 15. gewesen sein, dass der Kollege Dr. Krause
mich darüber informierte, dass er einen Anruf vom BKA bekommen hat, dass dort eben der Herr
Edathy identifiziert worden ist, und zwar sei das dergestalt geschehen, dass die Kollegen in Nieder-
sachsen beim BKA zurückgerufen haben, dass der Name auf der Liste derjenigen gewesen sei, bei
denen eben die Erkenntnisabfrage gesteuert worden ist.

Wir haben daraufhin entsprechend unserer internen Berichtspflichten unseren Abteilungsleiter unter-
richtet. Und ansonsten wurde eben entschieden, dass das Verfahren, wie jedes andere auch, abzuar-
beiten ist, natürlich, wenn Immunität gegeben ist, mit bestimmten Besonderheiten. Da war kein Js-
Vorgang einzuleiten. Es wurde dann schon auch darauf geachtet, dass man das nicht noch unnötig
liegen lässt, sondern dann möglichst schnell an die Kollegen in Niedersachsen steuert. […]“851

849 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 14.
850 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 47.
851 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 10.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 241 – Drucksache 18/6700

5. Briefing des Präsidenten am 16. Oktober 2013 – Erstellung der Führungsinformationen Nr. 3 und Nr. 4
vom 15. bis 17. Oktober 2013

Am 16. November 2013 wurde der Zeuge Ziercke durch die Zeugin Greiner über die vorliegenden Erkenntnisse

bezüglich Sebastian Edathy in Kenntnis gesetzt.852

Bereits am Vorabend hatte die Zeugin Greiner eine Führungsinformation zu dem Sachverhalt verfasst.853

a) Vorbereitung des Briefings durch die Zeugin Greiner – Zustandekommen des Briefings

Die Zeugin Greiner hat erläutert, wie sie das Briefing des Zeugen Ziercke bereits am 15. Oktober 2013 vorbe-

reitet habe:

„[…] Ich habe dann angefangen, die Akte an sich aufzubereiten, weil dann auch die Nachricht kam,
dass Herr Ziercke am nächsten Tag an unserem Standort sein würde in anderer Sache und sich dann
wahrscheinlich kurzfristig von uns briefen lassen würde morgens. Das heißt, ich habe schon mal an-
gefangen, entsprechende Abfragen, Abklärungen zur genutzten E-Mailadresse, zu Telefonnummern -
- Ich habe mir die Kreditkartendaten angeschaut, ich habe mir das Beweismaterial angeschaut und
auch die Auswertevermerke ausgedruckt, damit ich Herrn Ziercke das vorlegen kann und ihm zeigen
kann, wovon wir sprechen. Ich habe das alles so weit fertiggestellt und habe auch parallel eine Füh-
rungsinformation geschrieben und habe, soweit wie ich eben konnte, die Informationen so zusammen-
geführt. […]“854

Der Zeuge Schiffels hat angegeben, dass ihm durch den Zeugen Henzler am 15. Oktober 2013 mitgeteilt worden

sei, dass sich der Zeuge Ziercke am 16. Oktober 2013 ohnehin am Standort W3 des Bundeskriminalamtes in

Wiesbaden aufhalten werde:

„[…] Die Mitteilung war: Er ist sowieso am Standort W 3, wie das heißt, wo wir uns in Wiesbaden
befinden, und dann sollte ein Termin mit ihm dann durchgeführt werden, um ihm das zu präsentieren.
Das ist dann auch erfolgt, also am Vormittag des 16. Oktober.“855

Der Zeuge Ziercke hat das Zustandekommen des Termins vor dem Innenausschuss wie folgt dargestellt:

„[…] Die Amtsleitung des BKA, also ich, wurde erstmals am 15. Oktober gegen 15:45 Uhr über den
Sachverhalt informiert, 15:21 Uhr kam es aus Niedersachsen, ich wurde 15:45 Uhr darüber informiert.
Ich verabredete dann sofort einen Besprechungstermin mit dem zuständigen Sachgebiet und Referat
am nächsten Vormittag, dem 16. Oktober um 10:30 Uhr. […]“856

In seiner zweiten Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss hat der Zeuge Ziercke dahingehend präzisiert:

„[…] Ich weiß nur: Ich hatte vorher schon einen Termin in der Abteilung Schwere und Organisierte
Kriminalität, bin sehr früh rübergefahren in die Abteilung. Die ist nicht in dem Haupthaus in Wiesba-
den in der Thaerstraße, sondern in der Äppelallee. Und danach, im Anschluss an diesen ersten, habe
ich den zweiten gemacht mit dem Referat Kinderpornografie, mit Frau Vogt, mit dem Gruppenleiter,

852 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 14.
853 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 118, E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Stahl mit dem Betreff „ FI“ vom 15. Oktober 2013,

19.57 Uhr.
854 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 13 f.
855 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 15.
856 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 11, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Ziercke.

Drucksache 18/6700 – 242 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

mit den Referatsleitern, und habe mich da dann informiert darüber. Das müsste so um 11 Uhr herum,
zwischen 11 und 12 eigentlich gewesen sein.”857

Der Zeuge Theissig hat hierzu bekundet:

„[…] Er war aus einem anderen Anlass in unserer Liegenschaft, aber er bat - dadurch, dass er natürlich
am Vortag auch darüber informiert worden ist - um ein persönliches Briefing. […]“858

b) Erstellung der Führungsinformation Nr. 3 am 15. und 16. Oktober 2013

Am 15. Oktober 2013 um 19.57 Uhr sandte die Zeugin Greiner per E-Mail den ersten Entwurf einer Führungs-

information zur Operation „Selm“ an den Zeugen Stahl, der ihr diese am selben Tag um 20.30 Uhr mit einigen

Änderungen zurücksandte.859 Am 15. Oktober 2013 um 21.15 Uhr sandte die Zeugin Greiner sodann eine über-

arbeitete Version der Führungsinformation per E-Mail an den Zeugen Stahl,860 die sodann um 21.19 Uhr von

diesem an den Zeugen Theissig weitergesandt wurde.861 Dieser leitete die E-Mail, die die Führungsinformation

als Anlage enthielt, sodann am 16. Oktober 2013 um 7.26 Uhr an den Zeugen Schiffels weiter,862 der die E-Mail

mit dem Vermerk „1. Gezeichnet, 2. VL/SO12 z. w. V.“ um 8.48 Uhr an den Zeugen Theissig zurücksandte.863

Durch den Zeugen Theissig erfolgte dann am 16. Oktober 2013 um 8.57 Uhr der Versand per E-Mail an den

Zeugen Braß und, in Cc., an die Zeugin Dr. Vogt.864 Die E-Mail enthielt den Zusatz:

„Bezug nehmend auf unser Gespräch übersende ich Ihnen folgende FI mit der Bitte um persönliche
Vorlage bei PR. Aufgrund der Sensibilität des Vorgangs bitte nur an persönliche Postfächer übermit-
teln. In Absprache mit L/SO1 wird darauf hingewiesen, dass SO1/SO12 anlässlich des Aufenthalts
von PR heute im W3 auch kurzfristig (bei Bedarf) für eine Erörterung mit PR zur Verfügung ste-
hen.“865

In der Führungsinformation wird ausgeführt, in welchem Zeitraum durch Sebastian Edathy welche Produkte

über die Webseite www.azovfilms.com bestellt worden seien (hier: allein Produkte der Kategorie 2 bzw. drei

Produkte ohne weitere Beweismittel), dass drei Bestellungen bereits durch Kreditkartendaten belegt seien und

welche E-Mail-Adressen und Telefonnummern bei den Bestellungen angegeben worden seien. Auffällig sei,

dass bei dem Kreditkartenunternehmen die Anschrift „[Straßenname] 3D“ angegeben sei. Darüber hinaus wird

857 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 98.
858 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 7.
859 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 118, E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Stahl mit dem Betreff „FI“ vom 15. Oktober 2013,

19.57 Uhr und E-Mail des Zeugen Stahl an die Zeugin Greiner mit dem Betreff: „WG: FI“ vom 15. Oktober 2013, 20.30 Uhr.
860 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 137 (139), E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Stahl mit dem Betreff: „131015 – FI OP Selm“

vom 15. Oktober 2013, 21.15 Uhr.
861 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 137 (138), E-Mail des Zeugen Stahl an den Zeugen Theissig mit dem Betreff: „WG: FI zu OP Selm“

vom 15. Oktober 2013, 21.19 Uhr.
862 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 137 (138), E-Mail des Zeugen Theissig an den Zeugen Schiffels mit dem Betreff: „WG: FI zu OP Selm“

vom 16. Oktober 2013, 07:26 Uhr.
863 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 137 (138), E-Mail des Zeugen Schiffels an den Zeugen Theissig mit dem Betreff: „WG: FI zu OP Selm“

vom 16. Oktober 2013, 08:48 Uhr.
864 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 137 (137), E-Mail des Zeugen Theissig an den Zeugen Braß mit dem Betreff: „WG: FI zu OP Selm“

vom 16. Oktober 2013, 08:57 Uhr.
865 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 137 (137), E-Mail des Zeugen Theissig an den Zeugen Braß mit dem Betreff: „WG: FI zu OP Selm“

vom 16. Oktober 2013, 08:57 Uhr.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 243 – Drucksache 18/6700
die in dem mit der ZIT abgestimmten Mustervermerk enthaltene Begründung der ZIT für das Vorliegen eines

Anfangsverdachts auch bei Bestellungen allein von Produkten der Kategorie 2 wiedergegeben.866

Auf der letzten Seite der Führungsinformation heißt es:

„4. Geplantes weitere Vorgehen

Nach mündlicher Rücksprache von L/SO12 erfolgte am 15.10.2013, 16.13 Uhr telefonische Rück-
sprache mit dem zuständigen Staatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Zentral-
stelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT), Herrn Dr. Krause.

Herr Dr. Krause bittet um Aufbereitung des Vorgangs analog zu den anderen Vorgängen, bei denen
ausschließlich Material der Kategorie 2 bestellt wurde. (…)

Aktuell plant die GStA FFM-ZIT im vorliegenden Fall allerdings die Weitergabe des Vorgangs an die
zuständige Generalstaatsanwaltschaft Niedersachsen. Dr. Krause stimmt sich dazu aktuell mit seiner
Behördenleitung ab, auch zu Fragen einer evtl. Aufhebung der Immunität, und hat eine entsprechende
Rückmeldung für den 16.10.2013 zugesagt.

Der zuständige Kommissariatsleiter der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg wurde schriftlich
zum aktuellen Sachstand informiert und um Adressabklärung zur Person (über online-Zugriff auf das
Einwohnermeldesystem) und zum weiterhin restriktiven Umgang mit dem Vorgang gebeten.

Es wird nachberichtet.“867

Die ursprünglich nicht mit einer Nummer versehene Führungsinformation wurde später, am 17. Oktober 2013,

als Führungsinformation 3 bezeichnet.868

c) Ablauf des Briefings – Bitte um Entwurf eines Berichts an das Bundesministerium des Innern
schon hier?

Zum konkreten Ablauf des Briefings am 16. Oktober 2013 hat die Zeugin Greiner bekundet.

„[…] Gegen 10.30 Uhr ungefähr war das Briefing mit Herrn Ziercke. Da waren mein stellvertretender
Referatsleiter, mein Gruppenleiter, die Abteilungsleiterin - dort fand das Gespräch auch statt - und die
stellvertretende Stabsleiterin der Abteilungsleiterin bei dem Gespräch anwesend und Herr Ziercke
eben. Dort haben wir ausführlich darüber gesprochen. Ich habe dargestellt, welche Informationen und
Erkenntnisse wir bis dahin haben, Beweismaterial kurz gezeigt. Um die Mittagszeit wahrscheinlich
bin ich dann wieder ins Büro zurückgekommen und hatte um 12.46 Uhr noch mal eine E-Mail aus
Nienburg mit den klärenden Antworten zu meinen Nachfragen. […]“869

Der Zeuge Theissig hat hierzu angegeben:

„[…] Er war aus einem anderen Anlass in unserer Liegenschaft, aber er bat - dadurch, dass er natürlich
am Vortag auch darüber informiert worden ist - um ein persönliches Briefing. Das haben wir dann
gegeben in Gegenwart unserer zuständigen Abteilungsleiterin; die Leiterin des Stabes der Abteilung

866 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 140 ff., Führungsinformation (unnummeriert) vom 15. Oktober 2013.
867 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 140 (143), Führungsinformation (unnummeriert) vom 15. Oktober 2013.
868 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 172,, E-Mail des Zeugen Hoppe an den Zeugen Schiffels vom 17. Oktober 2013, 10.59 Uhr, mit dem

Betreff: „WG: 131017 – OP SELM – Führungsinformation 4.doc“; MAT A-BKA 18(27)1-1_97, Bl. 186 ff., Führungsinformation 3 als Anlage
zur E-Mail des Zeugen Hoppe vom 17. Oktober 2013.

869 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 14.

Drucksache 18/6700 – 244 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

SO war noch zugegen, Herr Ziercke, die Sachbearbeiterin, mein Gruppenleiter und ich. Und die Sach-
bearbeiterin hat dann die Beweislage vorgetragen, die wir bis zu dem Zeitpunkt hatten, nachdem uns
auch die Kollegen aus Nienburg schon bestätigt haben, dass es sich dabei um den Herrn Sebastian
Edathy handelt. Das heißt, Herr Ziercke wollte natürlich wissen, ob die Beweislage wirklich valide
ist, ob das abgeprüft worden ist. Wir haben ihm bis dato all das, was wir an Verfügungen hatten,
vorgetragen hinsichtlich der Kreditkartenabrechnung, die wir hatten, sodass er sich ein erstes Gesamt-
bild machen konnte, direkt von unserer zuständigen Fachdienststelle.“870

Der Zeuge Schiffels hat den Verlauf des Briefings folgendermaßen geschildert:

„Das war konkret so gewesen, dass Frau Greiner, eine der beiden Sachbearbeiterinnen der OP ‚Selm‘,
Herrn Ziercke über die Feststellung des Abgeordneten unterrichtet hat. Sie hatte auch einen Vermerk
mit dabei, also die Sachinformationen, die sie hatte. Es bestand dann auch die Gelegenheit - - oder
Herr Ziercke hat auch konkret nachgefragt wiederum zur Frage der Identifizierung, wie wir auf ihn
gekommen sind. Das hat Frau Greiner dann alles erwähnt. Auch die Frage des Materials - Kategorie
1, Kategorie 2 - ist erörtert worden, ist ihm dargelegt worden. Das war so der Gegenstand dieser knapp
einstündigen - - Eine Dreiviertelstunde, maximal eine Stunde hat das gedauert, die Besprechung.“871

Danach befragt, ob bereits im Rahmen des Briefings darüber gesprochen worden sei, ob der Sachverhalt dem

Bundesministerium des Innern berichtet werden solle, hat der Zeuge Schiffels geäußert:

„Das weiß ich jetzt im Detail nicht mehr. Aber wir haben bereits am 16.10., glaube ich, den Auftrag
bekommen, einen Entwurf zu fertigen für einen BMI-Bericht, sodass ich jetzt nicht mehr weiß, ob er
den Auftrag direkt gegeben hat, diesen Entwurf zu schreiben. Aber es war auf jeden Fall, glaube ich,
am 16., weil da haben schon die ersten Vorbereitungsarbeiten stattgefunden. Ich glaube, der Entwurf
ist auch bereits am 16. an LS gegangen, also an den Führungsstab. Ich weiß, am 17. Oktober ist er ans
BMI übermittelt worden durch LS. Also muss in diesem Zeitfenster auch dieser Auftrag gekommen
sein von der Amtsleitung, das BMI zu unterrichten.”872

Auf die Frage, ob er sich zu der Reaktion des Zeugen Ziercke auf die Nachricht äußern könne, hat der Zeuge

Schiffels angegeben:

„Also, bei der Besprechung am 16. Oktober, als Frau Greiner diesen Fall dann im Detail vorgestellt
hat, hat er das ruhig zur Kenntnis genommen. Es gab eine Reihe Nachfragen von ihm, fachlich-sach-
liche Nachfragen - ich glaube, das hatte ich eben auch erwähnt -, ob das belastbare Informationen sind:
Sind wir uns sicher? Stimmt das? Welches Material liegt vor? - Aber das ist in einem rein sachlichen
Zusammenhang erfolgt.“873

Die Zeugin Dr. Vogt hat zum Ablauf des Briefings geäußert:

„Wir haben uns morgens getroffen am 16. Ich hatte eigentlich dienstfrei an dem Tag. Mir war aber der
Vorgang natürlich wichtig. Also bin ich reingekommen ins Büro. Das ging ungefähr um 10.30 Uhr
los, rund, würde ich sagen. Dabei waren Herr Ziercke, Herr Schiffels, Vertreter von SO 12, meine
stellvertretende Stabsleiterin, Frau W., und meine Person. Wir sind dann grob informiert worden über
den Sachverhalt: Wer hat was eigentlich entdeckt? Was ist auch noch mal mit der OP ‚Selm‘? In
welchem Kontext steht das? Also, es war eine grobe Information über die wesentlichen Erkenntnisse
und dann natürlich auch die Frage: Wie schreiten wir weiter voran, dass dieser Vorgang auch vertrau-
lich ist, dass er eben nicht über die neutralen Postfächer gesteuert wird? Das ist im Wesentlichen das

870 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 7.
871 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 15.
872 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 15 f.
873 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 23.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 245 – Drucksache 18/6700

gewesen, was für uns wichtig war. Zu dem Zeitpunkt war auch klar: Wir müssen natürlich schon einen
Bericht auch für das BMI entwerfen.“874

Auf nochmalige Nachfrage zu den Einzelheiten des Briefings hat die Zeugin Dr. Vogt dargestellt:

„Also, Herr Ziercke war dabei. Herr Schiffels war dabei. Meine stellvertretende Stabsleiterin, Frau
W., war dabei. Wer genau von den Mitarbeitern SO 12 jetzt dabei war, kann ich im Moment auch
nicht mehr sagen; das weiß ich nicht.

Dargestellt worden ist der Sachverhalt, also dass der Name von Herrn Edathy auf der Liste gewesen
ist. Dann wurde dargestellt: Welche Liste ist das denn überhaupt? Um was handelt es sich hier noch
mal?

Dann wurde erörtert, wie man den Vorgang auch handhaben muss, das heißt, sensibler Vorgang, bitte
nicht an die neutralen Postfächer, und, soweit ich mich erinnere, auch dann noch mal das Thema: Wir
müssen sicherlich einen Berichtsentwurf machen, auch für das Innenministerium, weil damit konnte
man schon mal arbeiten, und natürlich auch das Thema, die Akte selber auch ordentlich zu bearbeiten.
Aber das war dann eher Sachbearbeitungsthema.“875

Auf die Frage, ob der Zeuge Ziercke anlässlich des Briefings mitgeteilt habe, durch wen er informiert worden

sei, hat die Zeugin Dr. Vogt angegeben:

„Wir haben das gar nicht mehr erörtert, weil die Information war allen bekannt. Das heißt, es war gar
nicht mehr der Gegenstand: Wer hat wen jetzt informiert? Also, darüber haben wir uns nicht weiter
ausgelassen. Wir hatten alle den Kenntnisstand, dass Herr Edathy auf der Liste ist, und es ging nur
noch um die Frage: Wie arbeiten wir jetzt sauber diesen Vorgang ab? Wie dokumentiert man das?
Wer muss was berichten und aufschreiben? Das war eigentlich eher der Gegenstand.“876

Vor dem Innenausschuss hat der Zeuge Ziercke zu dem Briefing bekundet:

„[…] Ich habe mich dabei umfänglich informieren lassen. Da habe ich das erste Mal in der Tiefe von
diesem Vorgang überhaupt Kenntnis nehmen können. […]“877

Der Zeuge Hoppe hat angegeben, dass er an dem Briefing nicht teilgenommen habe und hat seinen Kenntnisstand

folgendermaßen beschrieben:

„[…] Am 16. war ich allerdings nicht im Hause - da war ich auf einer Veranstaltung von WhiteIT in
Hannover, meine ich - und bin eigentlich immer nur so mündlich über den Fortgang telefonisch un-
terrichtet worden, dass Führungsinformationen geschrieben werden und dass Berichte in Auftrag ge-
geben wurden. Ich weiß daher aus der Erzählung, dass am 16. der Präsident sich persönlich hat infor-
mieren lassen bei der Sachbearbeiterin. Bei dem Termin war ich allerdings nicht anwesend.“878

874 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 51.
875 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 60.
876 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 67.
877 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 11, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Ziercke.
878 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 13 f.

Drucksache 18/6700 – 246 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

d) Erstellung der Führungsinformation Nr. 4 am 16. und 17. Oktober 2013

Am 16. Oktober 2013 um 15.24 Uhr sandte die Zeugin Greiner den Entwurf einer weiteren Führungsinforma-

tion, der Führungsinformation Nr. 4, an den Zeugen Stahl.879 Nachdem es sodann unter Einbeziehung des Zeu-

gen Theissig zu mehreren Änderungen gekommen war,880 wurde die finale Version der Führungsinformation

Nr. 4 am Vormittag des 17. Oktober 2013, 9.24 Uhr, von der Zeugin Greiner dem Zeugen Hoppe (Cc. an die

Zeugen Stahl und Theissig) per E-Mail übersandt,881 der sie am selben Tag um 10.59 Uhr an den Zeugen Schiffels

(Cc. an die Zeugen Theissig, Greiner und Stahl) weiterleitete.882 In der Übersendungs-E-Mail des Zeugen Hoppe

an den Zeugen Schiffels heißt es unter anderem:

„Der genaue (auch zeitliche) Ablauf kann dieser und den bisherigen FI (als Anlagen erneut beigefügt)
in der Sachen entnommen werden. Er wird zusammenhängend auch noch einmal in dem Bericht an
StS Fritsche beschrieben werden. Dieser wird bis 12.00 Uhr VP-H auf dem Dienstweg vorgelegt.“883

In der dann durch den Zeugen Hoppe gezeichneten Version der Führungsinformation Nr. 4 wurde zunächst der

Ausgangssachverhalt der Operation „Selm“ sowie der Versand der Erkenntnisanfrage am 15. Oktober 2013 de-

tailliert dargestellt sowie das beabsichtigte Vorgehen bei zukünftigen Erkenntnisanfragen (Versand selektiert

nach Bundesländern, manuelle Durchsicht der Listen durch Angehörige des höheren oder gehobenen Dienstes)

referiert. Im Hinblick auf die vorliegenden Erkenntnisse bezüglich der durch Sebastian Edathy getätigten Be-

stellungen wurde dargestellt, dass die im Rahmen der Anfrage bei dem Kreditkarteninstitut mitgeteilte Anschrift

„[Straßenname] 3D“ in Rehburg-Loccum „laut Auskunft der örtlich zuständigen Polizei nicht existent“ sei, je-

doch auf der Seite www.edathy.de als Büroanschrift verzeichnet sei. Die per Postversand bestellten Produkte

seien unter der Anschrift „[Straßenname]1A“ bestellt worden, der Hauptwohnsitz sei nach Mitteilung der örtli-

chen Polizei an der Anschrift „[Straßenname] 1“. Während in den Bestandsdaten einer der bei einer Bestellung

angegebenen E-Mail-Adresse die Anschrift „[Straßenname] 1A“ angegeben sei, sei die Telefonnummer, die in

den Bestandsdaten einer weiteren bei einer Bestellung angegebenen E-Mail-Adresse angegeben sei, auf Sebas-

tian Edathy unter der Anschrift „[Straßenname] 3“ eingetragen.884

Im Hinblick auf das geplante weitere Vorgehen enthält die Führungsinformation die folgenden Ausführungen:

879 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 151, E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Stahl vom 16. Oktober 2013, 15:24 Uhr, mit dem
Betreff: „OP Selm – FI Nr. 4“.

880 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 158 ff., E-Mails des Zeugen Stahl an den Zeugen Theissig vom 16. Oktober 2013, 16:27 Uhr und 16:34
Uhr, mit den Betreffen: „WG: OP Selm – FI Nr. 4“, mit zwei Entwürfen der Führungsinformation Nr. 4 im Änderungsmodus des Textverarbei-
tungsprogramms.

881 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 172 f., E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Hoppe vom 17. Oktober 2013, 9:24 Uhr, mit dem
Betreff: „131017 - OP SELM – Führungsinformation 4.doc“.

882 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 172 f., E-Mail des Zeugen Hoppe an den Zeugen Schiffels vom 17. Oktober 2013, 10:59 Uhr, mit dem
Betreff: „WG: 131017 - OP SELM – Führungsinformation 4.doc“.

883 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 172 f., E-Mail des Zeugen Hoppe an den Zeugen Schiffels vom 17. Oktober 2013, 10:59 Uhr, mit dem
Betreff: „WG: 131017 - OP SELM – Führungsinformation 4.doc“.

884 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 174 ff., Führungsinformation Nr. 4, gezeichnet durch L/SO12 am 17.10.2013, Stand 16.10.2013.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 247 – Drucksache 18/6700

„Am 16.10.2013 um 14:15 Uhr erfolgte telefonische Rücksprache mit dem zuständigen Staatsanwalt
der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkrimina-
lität (GStA FFM-ZIT), Herrn Dr. Krause.

Nach Erörterung mit seiner Behördenleitung bittet Herr Dr. Krause, wie gestern bereits angekündigt,
um Aufbereitung des Vorgangs analog zu den anderen Vorgängen, bei denen ausschließlich Material
der Kategorie 2 bestellt wurde.

Die GStA FFM-ZIT wird den Vorgang dann mit entsprechend ausführlichem Abgabevermerk als AR-
Vorgang (nicht mit Js-Aktenzeichen, da hierfür bereits eine Aufhebung der Immunität geprüft werden
müsste) an die Generalstaatsanwaltschaft Celle/NI abgeben. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle ist
für die StA Hannover, die wiederum Zentralstelle für die Bekämpfung gewaltdarstellender pornogra-
fischer oder jugendgefährdender Schriften ist, übergeordnet zuständig.

Der Vorgang wird umgehend an die GStA FFM-ZIT übersandt.

Gem. Auftrag von PR Ziercke wird noch heute ein Bericht (einschließlich Vorgangshistorie) an StS
Fritsche erstellt.“885

6. Wahrung von Vertraulichkeit bezüglich des Vorgangs

Im Hinblick auf die Wahrung der Vertraulichkeit bezüglich des Vorgangs hat die Zeugin Greiner ausgesagt:

„Ich würde es eher so beschreiben, dass es für alle irgendwie klar war. Es gab ja auch schon halbwegs
vergleichbare Fälle vielleicht, aber dass man ja schon aus dem Umgang mit solchen Vorgängen ir-
gendwie weiß, dass man damit anders umgehen muss. Es wurden direkt natürlich immer alle Türen
zugemacht bei den Besprechungen. Es hat sich einfach - - Es war klar für alle, dass man restriktiv
damit umgehen würde und dass man jetzt nicht noch einen größeren Kreis dazu informieren würde.
Ich kann mich nicht erinnern, dass ich da jetzt eine Weisung bekommen habe. Es war einfach klar.

Ich denke, dass wir bei dem Briefing mit Herrn Ziercke darüber vielleicht noch mal gesprochen haben.
Ich kann mich aber nicht im Einzelnen daran erinnern, aber auch da war klar, dass da schon eigentlich
ein kleiner Personenkreis nur hinzugezogen wurde und dass es über den auch nicht hinausgehen soll.
Ich denke, dass das wahrscheinlich in dem Briefing auch noch mal angesprochen wurde, wobei das ja
schon nach meiner E-Mail war. Für mich war das klar, dass es für mich gilt. Ich wollte eben auch,
dass es dort keine größeren Kreise zieht, dieser Vorgang.“886

Im weiteren Verlauf ihrer Vernehmung hat die Zeugin Greiner hierzu ausgeführt:

„Aus meiner Erinnerung war das schon Thema in dem Briefing an dem 16. mit Herrn Ziercke. Es
wurde, wie gesagt, auch gleich betont, dass jetzt eigentlich ein kleiner Kreis gewählt wurde und dass
es über den nicht hinausgehen soll. Es war auch dann im Folgenden zu merken, dass jeder so damit
umgegangen ist. Wenn zum Beispiel der Referatsleiter hereingekommen ist, hat er die Tür zugemacht,
wenn er zu dem Fall irgendwas mit mir besprochen hat. Es wurde einfach so umgesetzt. Deswegen
gehe ich davon aus, dass das alle so gehandhabt haben. Was es da für konkrete Absprachen mit meinen
Vorgesetzten vielleicht noch gab, weiß ich nicht. Aber in dem Briefing war das sicherlich ein Thema,
dass das in dem Raum bleiben muss.“887

Der Zeuge Theissig hat zu diesem Aspekt die folgenden Ausführungen gemacht:

885 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 174 (178), Führungsinformation Nr. 4, gezeichnet durch L/SO12 am 17.10.2013, Stand 16.10.2013.
886 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 22.
887 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 42.

Drucksache 18/6700 – 248 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Das machen wir in dem Deliktsbereich eigentlich immer so. Und hier haben wir auch das Prinzip der
geschlossenen Tür gewählt. Das war auch - - Also, in der OP ‚Selm‘ waren ja zwei Hauptsachbear-
beiterinnen tätig. Zum Zeitpunkt der Informationsgewinnung, dass Herr Edathy auf der Liste steht,
war nur eine da. Ich hatte sie dann gebeten - das war am Montag der Folgewoche -, sobald die zweite
Sachbearbeiterin - die war derzeit im Krankenstand - wiederkommt, dass sie mir kurz ein Zeichen
gibt. Ich habe dann auch die Tür zugemacht in ihrem Büro und habe sie darüber informiert, dass wir
den Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy auf der Liste stehen haben.

Wir haben grundsätzlich da ein sehr, sehr restriktives Vorgehen gewählt. Das war auch die klare Wei-
sungslage noch von unserer Abteilungsleiterin und auch von unserem Amtsleiter: Prinzip der ge-
schlossenen Tür, Steuerung ausschließlich an persönliche Postfächer, um halt den Mitwisserkreis von
Anfang an ziemlich gering zu halten.“888

Auf nochmalige Nachfrage hat der Zeuge Theissig hierzu weiter ausgeführt:

„Hinsichtlich der Vertraulichkeit kann ich eigentlich nur meine Aussage von vorhin wiederholen. Es
gab eine Weisung sowohl der Abteilungsleitung als auch von der Amtsleitung zur absoluten Ver-
schwiegenheit in diesem Fall. Das heißt, auch bei uns im Referat waren nur die beiden Hauptsachbe-
arbeiterinnen der OP ‚Selm‘ involviert, die Sachgebietsleitung, der Referatsleiter und ich, der zustän-
dige Gruppenleiter. Wir haben sämtliche Maßnahmen ergriffen, die uns möglich sind oder die auch
das Austauschen und Weiterleiten von Informationen vorgeben, wie zum Beispiel nur ausschließlich
das Ansteuern von persönlichen Postfächern, wenn es darum ging, neue Sachverhaltsdarstellungen an
die nächsthöhere Instanz in der Hierarchie zu übermitteln. Und wir haben auch bei uns im Referat
komplett das Prinzip der geschlossenen Tür praktiziert. Also immer wenn ich mit den Hauptsachbe-
arbeiterinnen über den Fall gesprochen habe, wurde das nur hinter verschlossener Tür durchge-
führt.“889

7. Bericht der Amtsleitung des Bundeskriminalamtes an das Bundesministerium des Innern am 16./17. Ok-
tober 2013890

a) Telefonische Information Ziercke – Fritsche

Der Zeuge Ziercke hat unter vorheriger Bezugnahme auf den 16. Oktober 2013891 im Hinblick auf die Informa-

tion des Zeugen Fritsche bezüglich des Sachverhalts vor dem Innenausschuss ausgesagt:

„[…] Ich habe mich gegen 12:00 Uhr mit Sts Fritsche im BMI verbinden lassen. Dieser Anruf erfolgte
auf Grundlage der Weisung des BMI vom 8. November 2010 – Aktenzeichen Z2006211 – 2/1, der
mich zur unverzüglichen Unterrichtung des BMI über wichtige Ereignisse verpflichtete. […] Auf-
grund des bereits hier geschilderten möglichen Verbreitungsgrades der Information und im Hinblick
auf den hohen Bekanntheitsgrad des Abgeordneten entschied ich mich für eine telefonische Vorausin-
formation des Staatssekretärs. Ich berichtete, dass der Name des MdB Sebastian Edathy im Rahmen
internationaler Ermittlungen aufgefallen sei. Für Deutschland liegen seit 2011 zu ca. 800 Personen aus
einem kanadischen Ermittlungsverfahren, in dem die Kundendatenbank eines Anbieters für Kinder-
und Jugendpornographie sowie für Bildmaterial mit Ausrichtung pädophiler Szene sichergestellt wor-
den ist, die Klarnamen und Rechnungsanschriften bzw. Bestelladressen… Im Fall des Bundestagsab-
geordneten handelt es sich um Film- und Fotomaterial von unbekleideten männlichen Kindern im

888 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 7.
889 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 20.
890 Der Untersuchungsausschuss hat im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Weitergabe der Information an das BMI ein Gutachten des Sachver-

ständigen Prof. Dr. Poscher eingeholt, der sein Gutachten in der 5. Sitzung des Untersuchungsausschusses erstattet hat.
891 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 11, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Ziercke.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 249 – Drucksache 18/6700

Alter von unter 14 Jahren sowie vereinzelt um Jugendliche. Ich wies auf die Schwierigkeit der ein-
deutigen strafrechtlichen Zuordnung des Film- und Fotomaterials hin. Die Fachleute des BKA würden
von nicht strafrechtlich relevantem Film- und Fotomaterial ausgehen. Allerdings bestehe aus krimina-
listischer und kriminologischer Erfahrung und des Wissens der Kriminologie, aufgrund des eindeutig
pädophilen Film- und Fotomaterials für die Staatsanwaltschaft ein Beurteilungsspielraum, sich für
oder gegen die Einleitung von Ermittlungen in derartigen Fallkonstellationen zu entscheiden. Dies
werde bei den Staatsanwaltschaften in Deutschland unterschiedlich gehandhabt. Soweit meine Infor-
mation an Sts Fritsche. […]“892

In seiner ersten Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss hat der Zeuge Ziercke bekundet:

„[…] Am 16. Oktober 2013 ließ ich mir von meinen Mitarbeitern über die Identifizierung von Herrn
Edathy durch die Polizei an seinem Wohnort in Niedersachsen berichten. Ich vollzog selbst die bishe-
rigen Untersuchungsschritte des Falles Edathy nach und unterrichtete den Staatssekretär. […]“893

Der Zeuge Ziercke hat darüber hinaus auch angegeben, dass er sich vor einer Information erst umfassend habe

informieren lassen wollen, bevor er die Information weitergegeben habe an das Bundesministerium des Innern:

„[…] Der Ablauf, wie ich ihn jetzt rekapituliere, ist eindeutig: dass ich in Spanien diese Information
als Erstinformation bekommen hatte von Frau Vogt - das muss aber ein Zuruf gewesen sein oder, wie
gesagt, ein Telefonanruf im spanischen Netz - und dass ich dann, als wir zurück in Frankfurt waren,
am Abend gesagt habe: Ich werde aufgrund dieser Sache, nachdem ich von dem Namen Edathy erfah-
ren hatte, jetzt nicht einen Schnellschuss machen, um dann den Staatssekretär noch am Abend zu
informieren. Ich werde mich erst selbst mit meinen Mitarbeitern unterhalten, um eine Gewissheit zu
haben, dass wir keine Fehler gemacht haben, dass die Identifizierung, wo ich großen Wert drauf gelegt
habe, eindeutig ist. Das hat man mir genau dargelegt, wer das gemacht hat, wie das gemacht worden
ist, wie man das abgeglichen hat vor Ort, und habe dann in dem Zusammenhang gesagt: Okay, dann
werde ich jetzt den Staatssekretär informieren. Das war aber am 16. dann danach.

Ich hatte die volle Gewissheit, dass wir keinen Fehler gemacht hatten, dass die Identifizierung richtig
war. Dieses konkrete feste Wissen und diese Überzeugung hatte ich am 15. noch nicht, und deshalb
habe ich niemanden informiert. Ich habe nicht telefoniert, gar nichts, sondern ich habe dann erst nach
dieser Geschichte am 16. den Staatssekretär angerufen.“894

„[…] Und insofern war für mich die Besprechung am 16. entscheidend dafür, ob ich diese Information
weitergebe oder nicht. Ich kann sie am 15. oder bis nach der Besprechung nicht weitergegeben haben,
weil ich selbst nicht davon überzeugt war, dass diese Information richtig ist.“895

Der Zeuge Fritsche hat den Anruf des Zeugen Ziercke folgendermaßen geschildert:

„[…] Ich habe am 16. oder 17. Oktober - da bin ich mir nicht mehr sicher; ich gehe aber davon aus,
dass es wahrscheinlicher ist, am 16. Oktober - telefonisch vom Präsidenten des BKA erfahren. Er hat
mich angerufen, der damalige Präsident Ziercke, dass sie ein Verfahren haben zur Kinderpornografie
und Jugendpornografie mit deutschen Staatsangehörigen und dass der Ausgangspunkt dieses Verfah-
rens kanadische und US-amerikanische Behörden sind. Zuständig sei die Generalstaatsanwaltschaft
Frankfurt am Main als die Zentralstelle für Internetkriminalität, und das BKA sei im Polizeibereich,
also im Kriminalpolizeibereich, die Zentralstelle für die polizeilichen Arbeiten, und deswegen sind
die Informationen auch an alle 16 LKÄs gegangen.

892 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 11 f., Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Ziercke.
893 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 9.
894 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 97.
895 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 97.

Drucksache 18/6700 – 250 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Er habe am 15.10. von seinen Leuten erfahren, die ebenfalls am 15.10. das von der niedersächsischen
Polizei erfahren hätten, dass sich auf der Liste, die Niedersachsen gegeben worden ist, der Name des
Abgeordneten Edathy befinde, und er hat mir gesagt, dass es bisher keine strafrechtlich relevanten
Vorwürfe gegen den Abgeordneten Edathy gibt, er aber mir das trotzdem telefonisch mitteilt, weil bei
dem großen Verteiler, der hinsichtlich der Listen existiert, bald davon auszugehen ist, dass das Ganze
an die Öffentlichkeit gelangt. Ich habe mir das angehört und habe gesagt: Dafür bedanke ich mich,
aber ich möchte dazu einen schriftlichen Bericht haben vom BKA. […]“896

Auf nochmalige Nachfrage hinsichtlich des Datums hat der Zeuge Fritsche bestätigt, eher zum 16. Oktober als

zum 17. Oktober zu tendieren.897 Bezüglich einer Uhrzeit hat der Zeuge Fritsche geäußert:

„Vormittags.“898

Auf nochmalige Nachfrage in Bezug auf das Datum hat der Zeuge Fritsche weiter ausgeführt:

„[…] Aber ich kann Ihnen noch mal von den Abläufen sagen, dass es mir wahrscheinlicher erscheint,
dass es am 16. war, weil wenn ich am Vormittag des 17. das alles gemacht hätte, also telefonisch, dann
glaube ich nicht, dass dieser relativ ausführliche Bericht des BKA schon um 13 Uhr bei mir auf dem
Schreibtisch gelegen hätte; denn meine ganze Erfahrung mit allen Behörden, nicht nur in diesem Ge-
schäftsbereich, auch mit anderen, ist nicht - - Das sind ja mehrere Seiten gewesen; ich weiß jetzt nicht,
wie viele, aber da ist es ja ziemlich ausführlich dargestellt, auch hinsichtlich der E-Mail-Adressen und
was da alles eine Rolle gespielt hat. Ich glaube nicht, dass das irgendwo schon da lag, weil wenn ich
am Vormittag, also 9, 10, 11, telefoniere und um 13 Uhr liegt das schon auf meinem Schreibtisch,
dann ist das schon erstaunlich. Das ist aber ein Erfahrungswert. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
[…]“899

Seine Ansicht bezüglich des Erlasses, der ihn zur Information des Ministeriums verpflichte, hat der Zeuge

Ziercke folgendermaßen dargestellt:

„Es gibt eine klare Erlasslage, die ich für unabdingbar halte, und in einem solchen Fall, wo ein so
prominenter Politiker Gegenstand des öffentlichen Interesses wird, hat das Ministerium das Recht, das
zu erfahren.“900

b) Rückfrage Fritsche bei Henzler

Der Zeuge Fritsche hat bekundet, es habe sich sodann eine Rückfrage ergeben, nachdem er den Minister infor-

miert habe:

„[…] Kurz darauf - ich kann nicht sagen, wie lang, am gleichen Tag jedenfalls; es war vormittags, als
Herr Ziercke mich angerufen hat - habe ich versucht, den Minister zu erreichen. Der Minister war
nicht im Haus; ich habe ihn aber telefonisch erreicht, habe ihm diesen Sachverhalt dargestellt, und er
hat die Rückfrage gestellt: Ja, kein strafrechtlicher Vorwurf. Was heißt denn das, wenn er auf der
Liste, die von den Amerikanern und Kanadiern gekommen ist, steht? Ich solle bitte noch mal beim
BKA nachfragen, warum Herr Ziercke zu dieser Aussage kommen konnte. - Ich habe dann sofort nach
meiner Erinnerung den BKA-Präsidenten versucht zu erreichen. Es ist mir aber gesagt worden, dass
er in irgendeiner Tagung ist.

896 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 130.
897 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 136.
898 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 136.
899 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 139 f.
900 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 75.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 251 – Drucksache 18/6700

Deswegen habe ich gesagt, dann möchte ich mit dem Vizepräsidenten Henzler sprechen. Den habe ich
auch erreicht und habe ihm die Frage des Ministers gestellt: Ja, warum gibt es denn aus Sicht des BKA
keinen strafrechtlichen Vorwurf? - Dann hat er mir erklärt, dass es zwei Kategorien gibt: die Kategorie
1, in der zweifelsohne ein strafrechtlicher Vorwurf existiert, und die Kategorie 2, in der es eben um
Nacktbilder - ich verkürze das jetzt - geht und nach Ansicht des BKA kein strafrechtlicher Vorwurf
im Raum steht. Aber er hat auch betont, dass trotzdem die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ent-
schieden hat, dass das an die örtlichen zuständigen Staatsanwaltschaften - also auch die Kategorie 2 -
abgegeben wird; und ich habe noch mal den schriftlichen Bericht angemahnt, und er hat mir bestätigt,
dass dieser schriftliche Bericht noch kommt. Ich habe dann den Minister wieder telefonisch erreicht
und habe die Frage beantwortet, so wie ich es Ihnen gerade geschildert habe. […]“901

Danach befragt, wann das Telefonat mit dem Zeugen Henzler stattgefunden habe, hat der Zeuge Fritsche auf die

mit Bezug auf das erste Telefonat mit dem Zeugen Dr. Friedrich gestellte Frage: „Das heißt, das Telefonat mit

Herrn Henzler war auch am 16.10.?“, geantwortet:

„Das war an dem gleichen Tag.“902

Der Zeuge Henzler hat zu dem Telefonat mit dem Zeugen Fritsche erklärt:

„[…] Bezogen auf den Abschnitt, der sich mit dem ehemaligen Abgeordneten befasst, war ich insoweit
beteiligt, als ich - aber dazu werden wir, denke ich, noch kommen - am 15.10. die Information, dass
der Abgeordnete identifiziert worden ist, entgegengenommen habe und am 17.10. zunächst telefonisch
und dann schriftlich Staatssekretär Fritsche über den Sachverhalt informiert habe. […]“903

Der Zeuge Ziercke hat bekundet, der Zeuge Henzler habe ihm von der Rückfrage des Zeugen Fritsche berichtet:

„Es muss nachher eine Rückfrage von Herrn Fritsche nach dem Gespräch - habe ich noch in Erinne-
rung - mit dem Minister gegeben haben, weil der Minister noch etwas Zusätzliches wissen wollte. Er
wollte mich wohl erreichen. Ich war irgendwie nicht erreichbar, und er hat dann mit Herrn Henzler
gesprochen. Herr Henzler hat ihm dann noch mal berichtet. Ich glaube, um den Punkt: ‚Ist das nun
strafbar, oder ist es kein strafbares Material?‘ - - dass es um diese Facette ging in diesem Verfahren.
Diese Rückfrage gab es, ja.”904

c) Schriftlicher Bericht vom 17. Oktober 2013

Am 17. Oktober 2013 um 12.56 Uhr wurde durch den Leiter des Leitungsstabes des Bundeskriminalamtes, den

Zeugen Braß, ein schriftlicher Bericht über den Sebastian Edathy betreffenden Vorgang an das Bundesministe-

rium des Innern gesandt, und zwar an den persönlichen Referenten des Zeugen Fritsche, Dr. D..905

aa) Inhalt des Berichts

Der sechs Seiten umfassende Bericht datiert vom 17. Oktober 2013 und endet mit:

901 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 130.
902 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 137.
903 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 50.
904 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 99.
905 MAT A-BMI 18(27)2, Ordner 05, Bl. 1, E-Mail des Zeugen Braß an Herrn Dr. D. vom 17. Oktober 2013, 12.56 Uhr; Braß, Protokoll-Nr. 32, S.

14.

Drucksache 18/6700 – 252 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„In Vertretung

gez. Henzler

Vizepräsident

beglaubigt

gez. Braß, LRD“906

In dem Bericht wird auf den ersten vier Seiten zunächst der Hintergrund der Operation „Selm“ beschrieben, die

Kategorisierung dargestellt und die bereits in der Führungsinformation 3 enthaltene Darstellung der ZIT refe-

riert, weshalb auch in Fällen des Bezugs von Produkten der Kategorie 2 ein Anfangsverdacht gegeben sei. Auf

der vierten und fünften Seite wird dann der bisherige Verlauf des Vorgangs dargestellt, wobei hierbei insbeson-

dere die Erkenntnisanfragen vom 2. November 2012 und vom 15. Oktober 2013 aufgeführt werden sowie, dass

bei der Erkenntnisanfrage am 15. Oktober 2013 zwei Tabellen mit 56 bzw. 80 Tatverdächtigen an die Kinder-

pornografie-Dienststellen aller Bundesländer gesandt wurden. 907

Auf der fünften Seite heißt es im Abschnitt 3 des Berichts:

„3. Konkreter Sachverhalt MdB EDATHY

Laut der hier vorliegenden und durch die kanadischen Behörden übermittelten Kundendaten wurden
durch eine Person

Sebastian EDATHY

wohnhaft in

31547 Rehburg-Loccum

[Straßenname] 1A

unter Nutzung der E-Mail-Adressen

[…]

und

[…]

zwischen dem 21.10.2005 und dem 18.06.2010 insgesamt neun Bestellungen über 31 Produkte über
die Webseite www.azovfilms.com getätigt (Zeitzone EST / EDT).

Sieben der neun Bestellungen sind als abgeschlossen markiert.

906 MAT A-BMI 18(27)2, Ordner 5, Bl. 2 (7), Sachstandsbericht des Bundeskriminalamts an das Bundesministerium des Innern, StS Fritsche, vom
17. Oktober 2013.

907 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 174 ff., Führungsinformation Nr. 4, gezeichnet durch L/SO12 am 17.10.2013, Stand 16.10.2013.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 253 – Drucksache 18/6700

Die Produkte wurden teilweise elektronisch in Form von Downloadlinks an die angegebenen E-Mail-
Adressen und teilweise per Postversand an die o.g. Anschrift bestellt.

Es wurden 28 Produkte der Kategorie 2, nach hiesiger Bewertung also strafrechtlich nicht relevante
nichtpornografische Nacktaufnahmen von Kindern und Jugendlichen und drei Produkte, zu denen hier
kein Beweismaterial vorliegt, bestellt.“908

Auf der fünften und sechsten Seite wird sodann das Ergebnis der getätigten Abklärungen der angege-
benen Adressen, der Kreditkartendaten, der E-Mail-Adressen, der Telefonnummern und der Down-
loadlogs dargestellt.

Auf der letzten Seite des Berichts heißt es:

„5. Geplantes weiteres Vorgehen

Auf Weisung der GStA FFM-ZIT wird durch das BKA aktuell eine Akte erstellt, die analog zu den
anderen Verfahren, bei denen ausschließlich Produkte der Kategorie 2 bestellt wurden, einen Sach-
standsbericht mit den vorliegenden Erkenntnissen enthält und über die GStA FFM-ZIT mit der Bitte
um weitere Veranlassung in eigener Zuständigkeit an die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft abver-
fügt wird.

Im vorliegenden Fall wird aufgrund der Sensibilität des Sachverhalts und der Immunität von MdB
Edathy die Akte an die GStA FFM-ZIT abverfügt und von dort als AR-Vorgang zur weiteren Ent-
scheidung an die Generalstaatsanwaltschaft Celle/NI abgegeben.“909

bb) Erstellung, Zeichnung und Versand des Berichts

Die Zeugin Greiner hat bekundet, der Bericht sei von ihr erstellt worden und sodann weitergeleitet worden an

den Stab der Amtsleitung, und zwar direkt an den Stabsleiter, der dann den Versand übernommen habe.910

Der Zeuge Theissig hat hierzu angegeben, seine Aufgabe als Referent sei die Qualitätssicherung gewesen911 und

hat betont, dass die Weiterleitung des Berichts ausschließlich über persönliche Postfächer erfolgt sei.912

Die Zeugin Dr. Vogt hat die Phase der Erstellung des Berichts folgendermaßen beschrieben:

„Berichtsentwurf war, wie vereinbart, zu erstellen von SO 12. Die haben einen Entwurf vorgelegt. Der
ist dann über die nicht neutralen Postfächer, sondern die persönlichen Postfächer gegangen. Das heißt,
von SO 12 an Herrn Schiffels, von Herrn Schiffels zu mir. Also immer die namentliche Benennung
dann. Ich selber habe das weitergeleitet an den Stabsstellenleiter persönlich, weil wir vereinbart hatten,
dass wir einen möglichst kleinen Kreis nur von Mitarbeitern im BKA haben wollen, der mit diesem
Vorgang zu tun hat.“913

Der Zeuge Braß hat sich zu diesem Aspekt folgendermaßen geäußert:

908 MAT A-BMI 18(27)2, Ordner 5, Bl. 2 (5), Sachstandsbericht des Bundeskriminalamts an das Bundesministerium des Innern, StS Fritsche, vom
17. Oktober 2013.

909 MAT A-BMI 18(27)2, Ordner 5, Bl. 2 (7), Sachstandsbericht des Bundeskriminalamts an das Bundesministerium des Innern, StS Fritsche, vom
17. Oktober 2013.

910 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 24.
911 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 7.
912 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 7.
913 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 52.

Drucksache 18/6700 – 254 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Diese Berichtsbitte ist ja von Herrn Staatssekretär Fritsche an Herrn Präsidenten Ziercke herangetra-
gen worden, und dann ist - das erinnere ich jetzt wirklich nicht mehr - entweder über mich oder direkt
über Herrn Ziercke eine Weisung ergangen - die kann auch über Herrn Henzler ergangen sein - an die
Abteilung SO, aus der schon vorliegenden Führungsinformation Nr. 3 halt einen Bericht an das BMI
zu erstellen. Und dieser Bericht kam dann bei mir über die Abteilung SO, über die Leiterin SO an, und
ich habe diesen dann dem Vizepräsidenten Herrn Henzler vorgelegt. Herr Henzler hat daran verschie-
dene Änderungen vorgenommen. Insbesondere aus einem längeren Titel, in dem es darum ging, es
gebe einen Verdacht gegen MdB Edathy, hat er dann einfach schlicht Sachstandsbericht gemacht. Und
dann erinnere ich noch verschiedene redaktionelle Dinge. Das wurde erstellt, und dann habe ich im
Auftrag von Herrn Henzler dafür Sorge getragen, dass daraus ein PDF-Format erstellt wurde, also
damit man nicht ein normales Word-Format hat, und habe dann diesen Bericht weitergegeben.

Da war ich im Grund genommen nur der Bote. Ich habe also da nichts erstellt selbst, sondern die
Abteilung SO hat das erstellt, und Herr Henzler hat die Änderung vorgenommen.“914

cc) Personen, die den Bericht innerhalb des Bundesministeriums des Innern zur Kenntnis nahmen

Der Zeuge Fritsche hat zu diesem Aspekt ausgeführt:

„[…] Ich habe ja selber vorhin einleitend gesagt, dass ich auch meine Vorzimmerkräfte da rausgehal-
ten habe. Der Bericht vom 17. Oktober ist per Mail direkt an den Büroleiter gegangen, und dann hat
der zweite Büroleiter das erfahren und der Leiter Leitungsstab Schlatmann, dem ich den Bericht über-
geben habe zur Kenntnisnahme des Ministers. Ich habe mal überlegt, ob ich mit der Abteilung ÖS
darüber rede - das ist ja die fachliche Dienst- und Fachaufsicht über das BKA -, habe das aber dann
nicht gemacht. Denn was hätte die ÖS auch machen können? Es ging ja eigentlich auch wirklich nur
um die Information. Das ganze Verfahren liegt dann - da haben wir auch Erfahrungen aus der Vergan-
genheit - bei der Staatsanwaltschaft, und da halten wir uns raus. Es ist ja auch nicht so, dass wir dann
irgendwo in den Ruch kommen sollten, dass wir uns in irgendwelche staatsanwaltschaftlichen Ermitt-
lungsverfahren einschalten. Das ist für mich ein Credo. Deswegen wären ja auch keinerlei Tätigkeiten
in den zuständigen Fachabteilungen notwendig gewesen.“915

Auf nochmalige Nachfrage hat der Zeuge Fritsche konkretisiert:

„Also, ich habe ja den Büroleiter deswegen informiert, weil ja - Mitte Oktober, als das Ganze war -
die Mail - der Bericht ist gemailt worden vom BKA - am 17. um 1 Uhr bei uns eingegangen ist. Ich
wollte nicht, dass das im Vorzimmer ist; also habe ich nur den Büroleiter unterrichtet, und der hat mir
das dann auf den Tisch gelegt, die ausgedruckte Mail, also den Bericht des BKA. Daraufhin habe ich
dem Leiter Leitungsstab, dem damaligen Leiter Leitungsstab, dieses in die Hand gedrückt mit der Bitte
um Unterrichtung des Ministers, weil mündlich habe ich ihn ja telefonisch unterrichtet, und ich wollte,
dass er ihm auch den schriftlichen Bericht gibt. Dann habe ich, nachdem ich gesehen habe, dass ich
ins Kanzleramt wechsle - das war Mitte Dezember -, mein Büro aufgeräumt, und da war mein zweiter
Büroleiter - weil ich keinen dauernden hatte; die haben sich immer abgewechselt - mit beim Aufräu-
men, und dabei hat er den Vermerk gesehen, den ich dort hatte vom BKA. Dann habe ich gesagt: Der
ist - - Dadurch hat er von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt.“916

Der Zeuge Dr. Friedrich hat zu der Frage, ob er den Bericht zur Kenntnis genommen habe, bekundet:

„[…] Ich weiß auch nicht, ob ich den schriftlichen Bericht, den der Staatssekretär angefordert hat,
jemals angeschaut habe, weil, wie gesagt, wir hatten damals ja die Situation, dass wir eine Regierung

914 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 20 f.
915 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 148.
916 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 163.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 255 – Drucksache 18/6700

bilden mussten. Wir mussten entscheiden, mit welcher Fraktion wir koalieren, und dann ging es um
die Inhalte. […]”917

Auf die Frage, ob er nach den Telefonaten nochmals mit dem Zeugen Fritsche über den Sachverhalt gesprochen

habe oder den schriftlichen Bericht des Bundeskriminalamtes zur Kenntnis genommen habe, hat der Zeuge Dr.

Friedrich geantwortet:

„Also, ich weiß nicht, ob ich am - - War der 17. ein Donnerstag? Ich weiß nicht, ob ich am nächsten
Tag im Ministerium war. Also, wenn ich am nächsten Tag im Ministerium war, dann ist es wahr-
scheinlich, dass ich dem Fritsche noch mal gesagt habe, entweder: ‚Ich habe den Gabriel informiert‘,
oder: ‚Hast du da schon einen Bericht?‘, oder - - also dass ich irgendwie noch mal auf den Sachverhalt
zu sprechen gekommen bin. Das wäre wahrscheinlich. Ich kann es Ihnen aber nicht sicher sagen.”918

d) Weisung von Vizepräsident Henzler, die Berichterstattung an das Bundesministerium des Innern
gegenüber der ZIT nicht zu erwähnen

Aus einem von der Zeugin Greiner gezeichneten Gesprächsvermerk über ein Telefonat zwischen dem Zeugen

Hoppe und der Zeugin Greiner am 17. Oktober 2013, 16.10 Uhr, geht Folgendes hervor:

„Heute um 16.10 Uhr teilte mir L/SO12 mit, dass er gerade mit VP Henzler telefoniert hat und dieser
entschieden habe, dass die ZIT nicht unterrichtet werden soll, dass das BKA einen Bericht an StS
Fritsche versandt hat. Dadurch soll verhindert werden, dass die ZIT in Zugzwang gerät, ihren zustän-
digen StS ebenfalls informieren zu müssen und damit der Empfängerkreis der Information noch weiter
ausgeweitet würde.“919

Der Zeuge Henzler hat auf die Frage nach dem Hintergrund dieser Veranlassung bekundet:

„Diese Information - - Das ist ja allgemein bekannt, dass es sich bei dem Sebastian Edathy um den
damaligen MdB Sebastian Edathy handelte. Das war ja jedem, der damit befasst war, klar, dass das
von größter Bedeutung ist für viele Bereiche des politischen Lebens und auch seines eigenen privaten
Lebens. Und deshalb musste diese Information natürlich, bevor - - Und da darf ich wieder darauf
hinweisen: Zu diesem Zeitpunkt hat es sich um einen Verdacht gehandelt. Und ich muss noch mal
darauf hinweisen: Auch in dem Fall war es so wie bei unserem eigenen Mann, dass unsere Leute zum
Ergebnis gekommen sind: grenzwertig, nicht erwiesen. Und von daher musste, wie bei jedem Zeitge-
nossen, aber in besonderem Maße bei Herrn Edathy, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass er ja
großes Ansehen hatte durch seine Arbeit im NSU-Untersuchungsausschuss, auf die besondere Situa-
tion NSU-Untersuchungsausschuss einerseits, BKA andererseits - - dass das für größte Komplikatio-
nen, Verwirrungen führen könnte, wenn eine solche Information außerhalb eines formalen, formierten
Verfahrens mit größter Geheimhaltung irgendwohin geht. Das war der Grund, weshalb ich gesagt
habe: Wir haben jetzt schon - das war mir ja bekannt - dem BMI berichtet. Mir war bekannt, dass
natürlich die PI Nienburg nach oben berichten muss; das ist so in unserer Welt. Und ich wollte da auf
jeden Fall sicherstellen, dass jetzt nicht auch noch die ZIT - - Wenn die hört, dass ich den Staatssek-
retär unterrichtet habe, ja, dann zehn Sekunden später - -“920

Auf die Frage, ob es sich um die Intention des Zeugen Henzler oder die des Präsidenten gehandelt habe, hat der

Zeuge Henzler bekundet:

917 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 11.
918 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 17.
919 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 145, Gesprächsnotiz der Zeugin Greiner vom 17. Oktober 2013.
920 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 65.

Drucksache 18/6700 – 256 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Nein, meine eigene. Der war nicht da.“921

Der Zeuge Braß hat, hiernach befragt, angegeben, dass diese Weisung durch Herrn Henzler ergangen sei und er

hiervon nur aus den Akten Kenntnis erlangt habe.922

Die Zeugen Franosch923 und Dr. Krause924 haben angegeben, von der Berichterstattung des Bundeskriminal-

amtes an das Bundesministerium des Innern durch das Bundeskriminalamt keine Kenntnis erlangt zu haben. Der

Zeuge Franosch hat hierzu ergänzt:

„Das habe ich aus der Presse erfahren. Aber für mich ist das doch selbstverständlich, dass die Kollegen
auf der Arbeitsebene sofort das Gleiche tun wie wir auch, nämlich nach oben berichten.“925

8. Keine Information über das Telefonat Oppermann – Ziercke am 17. Oktober 2013 innerhalb des Bundes-
kriminalamtes

Das Telefonat zwischen den Zeugen Ziercke und Oppermann am 17. Oktober 2013 wird im Rahmen des Ab-

schnitts D I. 5. detailliert beschrieben.

Dazu, ob und wann sie Kenntnis von diesem Telefonat erhalten haben, haben die Zeugen die nachfolgend ge-

nannten Angaben gemacht.

Der Zeuge Henzler hat auf die Frage, wann er das erste Mal von diesem Telefonat erfahren habe, bekundet:

„Im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Präsidenten auf die Innenausschusssitzung oder auf die,
ich weiß nicht, auf die erste - - Nein, nein, das war eher: mit der Erklärung von Herrn Oppermann, der
Presseerklärung von Herrn Oppermann und der Antwort des Präsidenten darauf.“926

Der Zeuge Henzler hat sodann auf die Frage, ob der Zeuge Ziercke ihn über den Anruf seiner Ansicht nach hätte

informieren sollen, hinzugefügt:

„Ich habe jetzt nicht den Impuls, als ich dann im Nachhinein gehört habe, dass es dieses Telefonat
gegeben hat, gehabt: Das hätte der mir sagen müssen.“927

Der Zeuge Braß hat bezüglich des Anrufs am 17. Oktober 2013 unter Bezug auf den 13. Februar 2014, an dem

eine Besprechung in der Bundesdruckerei stattfand, angegeben:

„Wir hatten nach meiner Erinnerung - und die ist im Gegensatz zu der anderen Erinnerung jetzt sehr
präzise - bereits am Vormittag vor Beginn dieser Abteilungsleiterbesprechung in der Bundesdruckerei
Kenntnis. Ich weiß das so genau, weil mir an diesem Morgen Herr Ziercke erstmals davon berichtete,
dass es am 17.10. den Anruf von Herrn MdB Oppermann gegeben hat.“928

921 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 65.
922 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 45.
923 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 43.
924 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 62.
925 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 43.
926 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 63.
927 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 64.
928 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 20.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 257 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Ziercke hatte an dieses Gespräch keine Erinnerung.929

Die Zeugin Dr. Vogt hat zu der Frage, was sie über das Telefonat zwischen den Zeugen Oppermann und Ziercke

am 17. Oktober 2013 wisse, ausgesagt:

„Also, ich habe persönlich keine Informationen erhalten. Ich habe das letztlich erfahren natürlich aus
Presse und den Umständen, die dann folgten, auch mit dem Rücktritt von Herrn Minister Friedrich.
Ansonsten war ich da in keiner Weise eingebunden oder informiert.“930

Der Zeuge Schiffels hat dazu Folgendes ausgesagt:

„Also, von diesem Telefonat habe ich erfahren durch die Presseveröffentlichung von Herrn Opper-
mann, glaube ich.“931

Vorher sei ihm dieses Telefonat, so der Zeuge Schiffels weiter, nicht bekannt gewesen.932

Der Zeuge Leon wurde danach befragt, ob die Vorzimmerdame des BKA-Präsidenten von ihm anlässlich seiner

im Februar 2014 durchgeführten Recherche zum genauen Zeitpunkt des Anrufs am 17. Oktober 2013 noch eine

Erinnerung gehabt habe. Der Zeuge Leon hat hierzu angegeben:

„Also, Sie wusste von dem Gespräch nichts mehr. Sie hat auch vage Erinnerungen gehabt - deshalb
konnten wir das so eingrenzen auf diesen 15. bis 20. -, dass Sie meinte, da könnte was gewesen sein;
aber genau konnte sie sich da auch nicht mehr dran erinnern. Weil gerade in den Vorzimmern, die
machen nichts anderes als Gespräche annehmen, auch von vielen Abgeordneten.“933

9. Versand des Vorgangs betreffend Edathy an die ZIT und Abgabe an die Generalstaatsanwaltschaft Celle

a) Zusammenstellung der Akten und Versand nach Gießen

Die Akten betreffend den Vorgang Sebastian Edathy wurden am 18. Oktober 2013 gemeinsam mit weiteren aus

der Operation „Selm“ stammenden Vorgängen per Kurier an die ZIT überbracht.934 Bis dahin waren die Akten

durch die Zeugin Greiner zusammengestellt worden.935

Die Akten enthielten jedenfalls die folgenden Dokumente:

- den allgemeinen Einleitungsvermerk zu den Verfahren der Operation „Selm“ vom 9. November 2012

zu Bestellern der Kategorie 2, der nicht im Hinblick auf Einzelkunden individualisiert war936;

929 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 103.
930 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 64.
931 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 33.
932 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 34.
933 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 23.
934 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 431, Verzeichnis über abzugebende Unterlagen bzgl. „1 Karton mit – Verfahrensakten zur OP Selm“,

„Weiterleitung an die GenSta FFM, Außenstelle Gießen, ZIT“ vom 18. Oktober 2013.
935 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 14.
936 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 85 ff., Vermerk des BKA mit dem Aktenzeichen 2011 – 0011432296 vom 9. November 2012 mit dem

Betreff: „Verdacht auf Erwerb und Besitz von Kinder-/ Jugendpornografie.“

Drucksache 18/6700 – 258 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

- einen Vermerk vom 16. Oktober 2013 mit dem Aktenzeichen 2012-001641[…], der unter anderem die

Überschrift „Sachstandsbericht zu Sebastian EDATHY, geb. 05.09.1969 in Hannover, wohnhaft in

31547 Rehburg-Loccum, [Straßenname] 1“ trug. In dem elf Seiten umfassenden Vermerk wurden unter

„4. Konkreter Sachverhalt“ zunächst die einzelnen Bestellungen aufgeführt. Unter „5. Erkenntnisse zum

Beschuldigten“ wurde unter „5.1. Polizeiliche Erkenntnisse“ aufgeführt:

„Auf Erkenntnisanfrage vom 15.10.2013 an das Landeskriminalamt Hannover teilte die zuständige PI
Nienburg / Schaumburg, FK 1, EKHK Baum, am 15.10.2013 telefonisch und ergänzend am
16.10.2013 schriftlich mit, dass es sich bei der angefragten Person um das Mitglied des Deutschen
Bundestages (MdB) Sebastian Edathy (…) handelt, (…).“

Darüber hinaus enthielt der Vermerk die Darstellung der Ermittlungsergebnisse zu den bei den Bestel-

lungen verwendeten Kreditkarten, den angegebenen Telefonnummern und E-Mail-Adressen. Ein Hin-

weis darauf, dass die Erkenntnisanfrage vom 15. Oktober 2013 als Excel-Liste an die für Kinderporno-

grafie zuständigen Dienststellen aller Bundesländer gesandt worden war, war in dem Vermerk nicht

enthalten. Ebenfalls nicht enthalten ist ein Hinweis darauf, dass das Bundeskriminalamt am 17. Oktober

2013 Kenntnis von der Informierung der SPD-Spitze (Gabriel, Steinmeier, Oppermann) erhalten hatte.

Auch ein Hinweis darauf, dass in der Operation „Selm“ weitere Fälle mit Bestellern aus Niedersachsen

existieren, die bisher noch nicht aufbereitet wurden, ist nicht enthalten;937

- ein Begleitschreiben an die ZIT, in dem unter anderem auf den beiliegenden Datenträger verwiesen

wurde, der die „relevanten Beweismittel in elektronischer Form“ enthalte;938

- jedenfalls acht weitere Einzeldokumente, wie etwa Kreditkartenabrechnungen, Darstellung der Ermitt-

lungsergebnisse zu den Telefonnummern und E-Mail-Adressen.939

In dem der Übersendung an die ZIT beigefügten Schreiben der Zeugin Greiner an den Zeugen Dr. Krause wurde

der Vorgang bezüglich Edathy nicht erwähnt.940 In der als Anlage beigefügten Excel-Tabelle, in der insgesamt

15 an diesem Tag an die ZIT übergebene Vorgänge aufgeführt werden, ist in der ersten Zeile unter Nennung der

VBS-Nr. 2012-001641[…] der Nachname „E“, der Vorname „S“ und der Zusatz „wie besprochen, im Um-

schlag“ genannt.941

Die Zeugin Greiner hat hierzu bekundet:

„An dem Freitag - das ist dann der 18. gewesen, der Freitag, genau - per Kurier. Ein Fahrer vom BKA,
der hat die dann direkt dahingebracht freitags morgens, am 18.“942

937 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 92ff., Vermerk des BKA vom 16. Oktober 2013 mit der Überschrift „Sachstandsbericht zu Sebastian
EDATHY, geb. 05.09.1969 in Hannover“ mit dem Aktenzeichen 2012 – 0016419732.

938 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 104 ff., Schreiben des BKA an die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main – ZIT – vom 17.
Oktober 2013 mit dem Aktenzeichen SO 12 117 – 2012 – 0016419732“.

939 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 107 ff., Telefaxnachricht von SO 12 an die 1&1 Mail & Media GmbH mit dem Betreff: "Auskunftser-
suchen zu Bestandsdaten bei Anbietern von Telekommunikationsdiensten gem. § 113 Abs. 1 TKG i.V.m. § 7 Abs. 3, 4 BKAG".

940 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 429, Schreiben des BKA an die ZIT vom 18. Oktober 2013.
941 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 430, Excel-Tabelle als Anlage zum Schreiben des BKA an die ZIT vom 18. Oktober 2013.
942 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 14.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 259 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Dr. Krause hat angegeben, gegenüber dem Bundeskriminalamt die Vorgabe gemacht zu haben, dass

der Vorgang bezüglich Edathy so aufgebaut werden solle, wie alle anderen Verfahren auch.943

b) Maßnahmen der ZIT vor Abgabe der Akten an die Generalstaatsanwaltschaft Celle

Der Zeuge Dr. Krause hat ausgeführt, welche Maßnahmen im Hinblick auf den Edathy betreffenden Vorgang

seinerseits noch durchgeführt wurden:

„[…] Das BKA hat dann gleichwohl priorisiert dieses Verfahren sofort zusammengestellt, hat die ent-
sprechenden Dokumente zusammengestellt, hat die entsprechenden Ermittlungen durchgeführt und
sehr zeitnah - ich meine, noch in der Woche - per Kurier die Papierakte an die ZIT überbringen lassen.
Ich habe dann das Verfahren eintragen lassen, wie gesagt, als AR-Vorgang, habe - da kann ich mich
noch dran erinnern - einen weiteren Ermittlungsschritt noch zur Vervollständigung der Akte durchge-
führt. Ich habe noch eine Anfrage bei der DENIC durchgeführt, um zu klären, wer Inhaber der Inter-
netdomain www.edathy.de war, um abzuklären, wer verantwortlich für die im Rahmen der Bestellung
aufgetretene E-Mail-Adresse […]@edathy.de war - das war ein Punkt, der aus meiner Sicht zur Ver-
vollständigung in der Akte noch gefehlt hat -, und habe dann nicht nur mit dem Abteilungsleiter, Lei-
tenden Oberstaatsanwalt Wittig, darüber gesprochen, wie dieses Verfahren an die zuständige Staats-
anwaltschaft oder Generalstaatsanwaltschaft abgegeben werden soll, sondern auch mit dem Behör-
denleiter, dem Generalstaatsanwalt Blumensatt. […]“944

aa) Abfrage bei der DENIC

Im Hinblick auf die DENIC-Anfrage hat der Zeuge Dr. Krause erläutert, dass es sich hierbei um eine über die

Internetseite www.denic.de frei durchführbare Anfrage gehandelt habe; der dortige Datenbestand sei quasi öf-

fentlich abfragbar. Das Ergebnis der Abfrage sei ausgedruckt und zu den Akten genommen worden.945

bb) Erfüllung von Berichtspflichten

Zum Bestehen von Berichtspflichten hat der Zeuge Franosch ausgeführt:

„[…] Es gibt in Hessen einen Erlass über die Berichtspflichten in Strafsachen. Und aus diesem Erlass
ergibt sich, in welchen Fällen der Staatsanwalt seinen Vorgesetzten zu berichten hat. Darüber hinaus
ist es dem Staatsanwalt aufgegeben, in jedem Verfahren, das nicht den dort aufgeführten Fällen ent-
spricht, wo er aber, aus welchen Gründen auch immer, einen sachlichen Grund erkennt, dass die Vor-
gesetzten darüber informiert werden müssen, dass er das tut. […]“946

„Ich habe keine Berichtspflichten gegenüber der Polizei. Ich habe nur eine Berichtspflicht gegenüber
meinem Vorgesetzten und gegenüber meinem Ministerium. Ein Abgeordneter, ein Bundestagsabge-
ordneter ist ein Fall, der der Berichtspflicht unterliegt. Da ist zu berichten. In welcher Form das ge-
schieht, also ob ich jetzt einen Bericht direkt aufsetze an das Ministerium über meinen Abteilungslei-
ter, über den Herrn Generalstaatsanwalt, oder ob man sich damit begnügt - - So ist es in unserem Falle

943 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 54.
944 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 47 f.
945 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 51.
946 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 33.

Drucksache 18/6700 – 260 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gewesen. Weil ich keinen Berichtsauftrag gesondert erhalten habe, gehe ich davon aus, dass die Mel-
dung, die Herr Dr. Krause an unseren Abteilungsleiter gemacht hat, entsprechend weitergegangen ist.
Und ich glaube, es ist später noch mal ein Bericht an das Ministerium gegangen. […]“947

Auf die Frage, an wen zu berichten sei, hat der Zeuge Franosch ausgeführt:

„Zunächst mal an die Vorgesetzten, und dann ist die Frage, ob der Vorgesetzte ans Ministerium be-
richtet oder ob ich den Auftrag kriege, einen Bericht an das Ministerium durch die Hände meiner
Vorgesetzten zu fertigen.“948

Zur Erfüllung der Berichtspflicht durch den Zeugen Dr. Krause hat der Zeuge Franosch ausgeführt:

„[…] Ich habe ihm dann gesagt: ‚Da ist entsprechend dem Abteilungsleiter zu melden‘, und ich meine,
er hätte das telefonisch und dann am nächsten Tag noch mal per Mail gemacht, und dann meine ich,
hätten wir noch darüber gesprochen. Das müssen Sie ihn noch mal fragen. Ich weiß es nicht mehr
genau. Wissen Sie, das ist auch eine ganze Weile her.“949

Der Zeuge Dr. Krause hat seine Kenntnisse im Hinblick auf das Bestehen von Berichtspflichten folgendermaßen

dargestellt:

„Offen gesagt, kann ich Ihnen keine Rechtsgrundlage nennen. Es ist aufgrund der Erfahrung bei mir
in der staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit so, dass ich ein gewisses Gefühl entwickelt habe, wann ich
die entsprechende Abteilungsleitung über einen Vorgang zu informieren habe. Ich bin fest davon über-
zeugt, dass es auch beispielsweise in der OrgStA oder wo auch immer, vielleicht in der RiStBV, Be-
richtsanordnungen gibt. Ich weiß, dass es Berichtsanordnungen gegenüber dem Ministerium gibt.
Aber gleichwohl ist es so, dass ich in meiner beruflichen Tätigkeit es immer so gehalten habe, dass in
einem Fall, in dem es in Betracht kommen könnte, ich meinen unmittelbaren Dienstvorgesetzten, den
Abteilungsleiter, darüber informiert habe, und ich habe es so verstanden, dass es dessen Aufgabe ge-
wesen wäre, die entsprechenden Berichtspflichten einzuhalten.“950

Zu Kontakten mit seinem Abteilungsleiter in der Angelegenheit hat der Zeuge Dr. Krause ausgeführt:

„Also, ich kann mich erinnern, dass ich an dem Tag, an dem ich telefonisch durch das BKA informiert
wurde, den Abteilungsleiter in Frankfurt nicht erreicht habe, sondern ihn erst am nächsten Tag telefo-
nisch darüber informiert habe und auch per Kurzvermerk, per E-Mail darüber informiert habe. Ich
kann mich noch dran erinnern, dass der Abteilungsleiter zu mir gesagt hat: Ich bestätige Ihre Auffas-
sung, dass wir das als AR-Vorgang einleiten und dann aber so schnell wie möglich, aber auch so
sauber wie möglich abgeben. - Das waren die Aufgabe und die Vorgabe seitens der Abteilungsleitung.
Ich kann mich auch noch dran erinnern, dass der Leiter der ZIT, der Herr Oberstaatsanwalt Franosch,
auch mit der Abteilungsleitung in dieser Sache kommuniziert hat und auch mit der Behördenleitung.
Das war aber unabhängig jetzt von der Dezernatsarbeit, von der Sachbearbeiterebene.“951

Bei dem Abteilungsleiter habe es sich um den Leitenden Oberstaatsanwalt Wittig gehandelt.952

Der Zeuge Dr. Krause hat weiter hierzu ausgeführt:

„Ich habe auf meine Vermerke an die Abteilungsleitung und an die Behördenleitung keine Mitteilung
bekommen. Ich habe in einem Gespräch mit dem Generalstaatsanwalt hinsichtlich der Modalitäten der

947 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 34.
948 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 34.
949 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 39.
950 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 52 f.
951 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 53.
952 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 53.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 261 – Drucksache 18/6700

Abgabe nichts gehört; aber ich bin zwischen den Zeilen davon ausgegangen, dass der Generalstaats-
anwalt seinen Generalstaatsanwalt auf der Gegenseite darüber informiert. Dass das Ministerium ein-
gebunden war, habe ich nie gehört. Ich gehe deswegen davon aus, dass es nicht eingebunden war.”953

Den von ihm für den Abteilungsleiter erstellten Vermerk habe er, so Dr. Krause, einige Tage später an den

Generalstaatsanwalt senden sollen:

„[…] Mir ist noch nicht mal bekannt, ob der Abteilungsleiter den Behördenleiter informiert hat, weil
das muss der mir ja nicht mitteilen; das ist ja seine eigene Verantwortung. Ich habe das nicht mitbe-
kommen. Ich kann mich daran erinnern, dass der Herr Franosch mich ein paar Tage später gebeten
hat, diesen Vermerk, den ich für den Abteilungsleiter erstellt hatte, auch an den Behördenleiter zur
Kenntnisnahme zu schicken. Ich hatte aber über die weitere Meldung keine Erkenntnisse.“954

Am 21. Oktober 2013, 10.29 Uhr, sandte der Zeuge Dr. Krause eine E-Mail an den Leiter der Generalstaatsan-

waltschaft Frankfurt am Main, den hessischen Generalstaatsanwalt Blumensatt, in der es unter anderem heißt:

„in Absprache mit Herrn OStA Franosch leite ich Ihnen anliegend den Kurzvermerk zur OP Selm und
dem (unleserlich wegen Lochung)standenen Verdacht gegen den Bundestagsabgeordneten Sebastian
EDATHY weiter.“955

In dem in der E-Mail enthaltenen Vermerk wird zunächst die Operation „Selm“ als solche beschrieben. Im Hin-

blick auf den konkreten Vorgang bezüglich Sebastian Edathy heißt es unter anderem:

„Am 15.10.2013 teilte das BKA vorab telefonisch mit, dass sich bei der Aufarbeitung der dort vorlie-
genden Informationen (insbesondere Kunden- und Kreditkartendaten) ein Verdacht gegen den deut-
schen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy ergeben hat.

[…]

Es ist beabsichtigt, den Vorgang nach Eingang aufgrund der Immunität als AR-Vorgang zu registrie-
ren und ohne die Beantragung strafprozessualer Zwangsmaßnahmen unverzüglich an die für den Woh-
nort des EDATHY zuständige GStA Celle abzugeben.“956

c) Abgabe des Vorgangs nach Niedersachsen

aa) Hintergrund der Abgabe an die Generalstaatsanwaltschaft Celle

Auf die Frage, weshalb der Sebastian Edathy betreffende Vorgang an die Generalstaatsanwaltschaft Celle ge-

sandt wurde und nicht direkt an die Staatsanwaltschaft Hannover, hat der Zeuge Franosch bekundet:

„Ist doch klar: ebenengerecht.

[…]

953 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 57 f.
954 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 60.
955 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 1 f., E-Mail vom 21. Oktober 2013, 10.19 Uhr, von der Adresse ZIT GSTA

Frankfurt an „Blumensatt, Hans-Josef“ mit dem Betreff: „WG: OP Selm – Verdacht gegen Bundestagsabgeordneten“.
956 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 1 f., E-Mail vom 21. Oktober 2013, 10.19 Uhr, von der Adresse ZIT GSTA

Frankfurt an „Blumensatt, Hans-Josef“ mit dem Betreff: „WG: OP Selm – Verdacht gegen Bundestagsabgeordneten“.

Drucksache 18/6700 – 262 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

In dem Falle ebenengerecht. Weil es handelt sich natürlich bei einer Person, einem Abgeordneten, um
ein Verfahren, das von der Sachbearbeitung her sich unterscheiden muss: einfach im Hinblick auf die
Sensibilität der Daten und Sensibilität eines solchen Verfahrens. Das, denke ich, liegt auf der Hand.
Oder soll ich Ihnen das noch näher erläutern, warum es durchaus Sinn macht, einen Abgeordneten ab
diesem Punkt anders zu bearbeiten, zumindest was das Handling der Akten angeht?

Es ist allgemein bekannt, dass es Personen gibt im Bereich von Behörden, die sich gerne auch mal ein
Zubrot damit verdienen, dass sie Informationen nach außen geben. Wir beobachten immer wieder,
dass bestimmte Informationen vorzufinden sind, wo sie nicht hingehören. Wir fragen uns: Wie kann
das passieren? Wir beobachten eben auch, dass es dann durchaus nicht schaden kann, wenn Dinge
eine gewisse Öffentlichkeitwirksamkeit haben, sie dann etwas vertraulicher zu behandeln, sodass also
hier in diesem Fall die Entscheidung getroffen worden ist von meinem Behördenleiter: Diese Akte
geht persönlich-vertraulich von Behördenleiter zu Behördenleiter. Das halte ich auch für richtig. Die
Entscheidung habe ich aber nicht getroffen; dazu bin ich ein zu kleines Licht.“957

Die Entscheidung, so der Zeuge Franosch weiter, habe sein „Chef“ getroffen.958

bb) Direkte Übersendung durch die ZIT aus Gießen nach Celle

Der Zeuge Dr. Krause hat bekundet, der Generalstaatsanwalt habe entschieden, dass die Akte bezüglich Edathy

direkt durch die ZIT aus Gießen an die Generalstaatsanwaltschaft Celle übersandt werden könne:

„[…] Da wurde vom Generalstaatsanwalt entschieden, dass diese Akte, dieser Vorgang, dieser AR-
Vorgang, unmittelbar an die Generalstaatsanwaltschaft Celle abgegeben werden soll, und zwar unmit-
telbar durch die ZIT, nicht beispielsweise durch den General persönlich, sondern der hatte in einem
Gespräch, in einem Telefongespräch, mir gesagt, dass die ZIT das selbst eigenständig zur Beschleu-
nigung der Sache machen kann und die Akte nicht erst noch nach Frankfurt versendet werden muss
und dann von Frankfurt nach Celle. […]“959

cc) Kontakt zwischen der ZIT und der Generalstaatsanwaltschaft Celle

Der Zeuge Franosch hat geschildert, er habe vor Übersendung des Vorgangs an die Generalstaatsanwaltschaft

Celle bereits auf Arbeitsebene mit dem dort für Internetkriminalität zuständigen Kollegen Kontakt aufgenom-

men:

„[…] Ich habe dann in der Folgezeit, bevor der Vorgang abgegeben worden ist, noch mal mit den
Kollegen in Celle telefoniert, und zwar mit meinem auf Arbeitsebene angesiedelten Kollegen, der dort
für Internetkriminalität zuständig ist, und habe in Absprache mit meinen Vorgesetzten dort eben schon
mal mündlich gemeldet, was da im Anrollen ist. Die Abgabe des Verfahrens erfolgte dann, nachdem
die Akte bei uns eingegangen ist. […]“960

Die oben unter b) bb) am Ende genannte E-Mail, mittels derer der Zeuge Dr. Krause den von ihm zunächst für

seinen Abteilungsleiter erstellten Vermerk über die Angelegenheit bezüglich Edathy an den hessischen Gene-

ralstaatsanwalt Blumensatt übersandte, wurde am 21. Oktober 2013 um 12.51 Uhr an die Generalstaatsanwalt-

957 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 24.
958 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 24.
959 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 48.
960 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 10 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 263 – Drucksache 18/6700
schaft Celle weitergesandt. In der dem Untersuchungsausschuss vorliegenden E-Mail, durch die die Weiterlei-

tung erfolgte, wird als Empfängeradresse der E-Mail mit dem Betreff „Vertraulich; OP Selm – Verdacht gegen

Bundestagsabgeordneten Edathy“ die Adresse „Poststelle (GenStA Celle)“ genannt. In der durch den hessischen

Generalstaatsanwalt Blumensatt gezeichneten E-Mail heißt es:

„Lieber Herr Lüttig,

im Anschluss an unser Telefonat eine kurze schriftliche Mitteilung der Fachabteilung.“961

Der Zeuge Dr. Lüttig hat sich hierzu wie folgt geäußert:

„[…] Das geht los mit dem Eingang dieses Verfahrens, das mir telefonisch vom Kollegen Blumensatt,
Generalstaatsanwalt in Frankfurt, mitgeteilt worden ist, der mich angerufen hatte und gesagt hatte: Da
kommt was auf dich zu. Da haben wir hier eine Akte mit dem Namen Edathy. - Da war relativ klar,
was dahintersteckte. Dann hat er so ein bisschen die Rahmenbedingungen erzählt, also ganz kurz - ich
habe das auch nicht mehr so richtig im Kopf - über das ‚Spade‘-Verfahren, über die kanadischen Be-
hörden. […]“962

Auf die Frage, wann genau er von dem hessischen Generalstaatsanwalt Blumensatt angerufen worden sei, hat

der Zeuge Dr. Lüttig bekundet:

„Das war - - müsste der 21. gewesen sein - kann ich jetzt aber nicht ganz genau sagen -, weil von dem
Tag stammt eine E-Mail. Ich glaube, er hat mich an diesem Tag auch direkt angerufen. […]“963

dd) Erstellung und Abstimmung des Abgabevermerks

Am 28. Oktober 2013 wurde der Sebastian Edathy betreffende Vorgang durch den Zeugen Dr. Krause an die

Generalstaatsanwaltschaft Celle abverfügt.964

aaa) Inhalt des Abgabevermerks

In der sechs Punkte umfassenden Verfügung ist unter Ziffer 1 vermerkt, dass die Verfügung den auf Dienstreise

befindlichen Leitern der ZIT, dem Zeugen Franosch und OStA May, elektronisch übersandt wurde und dass

diese fernmündlich ihre Billigung zum Absenden der Verfügung erteilten. Unter Ziffer 2 der Verfügung findet

sich ein weiterer Vermerk, in dem zunächst dargestellt wird, dass „der Tatverdächtige“ zwischen 2005 und 2010

insgesamt 31 Videos und Fotosets über den Onlineshop www.azovfilms.com erworben habe. 965

Weiter heißt es in der Verfügung:

961 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 1 f., E-Mail des Generalstaatsanwaltes der Generalstaatsanwaltschaft Frank-
furt am Main Blumensatt an die Poststelle der Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 21. Oktober 2013, 12.51 Uhr.

962 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 9.
963 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 16.
964 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 111, Bl. 47 f., Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Az. 60 AR 16/13 ZIT, vom 28.

Oktober 2013.
965 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 111, Bl. 47 f., Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Az. 60 AR 16/13 ZIT, vom 28.

Oktober 2013.

Drucksache 18/6700 – 264 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Die von dem Tatverdächtigen bestellten Videos und Fotosets sind so geartet, dass männliche Kinder
im Alter eindeutig unter 14 Jahren sowie vereinzelt Jugendliche im Genitalbereich vollständig entklei-
det beim Baden, Spielen, Klettern, Sporttreiben und in sonstigen Alltagssituationen so dargestellt wer-
den, dass die primären Geschlechtsmerkmale den Mittelpunkt des Bildes ausmachen. Bei diesen von
dem Tatverdächtigen bestellten Videos und Fotosets kommt es zwar weder zu sexuellen Handlungen
der Kinder und Jugendlichen noch durchgängig zu einer ausschließlichen Fokussierung auf den Geni-
talbereich. Es ist daher zweifelhaft, ob es sich bei den Videos und Fotosets mithin um gemäß §§ 184b,
184c StGB strafbare so genannte ‚Posing‘-Darstellungen handelt. Da die Kinder und Jugendlichen
aber in vielen Fällen ohne jeden sinnstiftenden Kontext vollständig entkleidet abgelichtet werden und
dabei durchaus gelegentlich auf den Genitalbereich fokussiert wird, ist gleichwohl davon auszugehen,
dass die Darstellung allein auf die sexuelle Erregung des Betrachters abzielen.

[…]

Aus Sicht der ZIT ist im vorliegenden Fall ein Anfangsverdacht für den Besitz kinder- und jugend-
pornografischer Dateien gegeben, auch wenn es sich bei den von dem Tatverdächtigen bestellten Vi-
deos und Fotosets um strafrechtlich nicht relevante Darstellungen handeln sollte.

Die von dem Tatverdächtigen bestellten Produkte waren nur gegen Zahlung eines entsprechenden
Entgeltes zu erhalten. Auch wenn in diesen Fällen der Pornografiebegriff der §§ 184b, 184c StGB
noch nicht erfüllt sein mag, spricht der Erwerb kostenpflichtiger Aktbilder von Kindern und Jugend-
lichen dafür, dass bei dem Besteller eine pädophile Neigung besteht, aufgrund derer er die jeweilige
Handlung vornahm. Aufgrund kriminalistischer Erfahrung aus einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle
ist davon auszugehen, dass der jeweilige Besteller auch inkriminiertes Material besitzt.

Aus kriminalistischer Sicht besteht zudem Grund zu der Annahme, dass der Verdächtige auch aus
anderen Quellen des Internets Material bezogen hat. Zahlreiche Ermittlungsverfahren haben gezeigt,
dass die Verdächtigen sich kinder- und jugendpornografisches Material auf jede ihnen bekannt wer-
dende und mögliche Weise verschaffen. Es ist daher höchstwahrscheinlich, dass auch andere kinder-
und jugendpornografische Dateien bezogen wurden. Denn eine einmal vorhandene pädophile sexuelle
Neigung, die den Auslöser für den Erwerb des Materials darstellt, bleibt vorhanden und treibt die
Verdächtigen immer wieder zu neuen Taten. Vor diesem Hintergrund besteht der Verdacht, dass sich
der Verdächtige auch aktuell im Besitz von kinder- und jugendpornografischem Material befindet.

Rückläufer aus der OP Selm haben gezeigt, dass diese rechtliche Bewertung u. a. auch von den Staats-
anwaltschaften Augsburg, Dresden, Flensburg und München I geteilt wurde. Diese Staatsanwaltschaf-
ten haben in vergleichbaren Fällen ebenfalls einen Anfangsverdacht des Besitzes kinder- und jugend-
pornografischer Schriften gemäß §§ 184b Abs. 4 Satz 2, 184c Abs. 4 Satz 2 StGB bejaht.“966

Ausführungen dazu, dass durch Staatsanwaltschaften ein Anfangsverdacht verneint wurde, enthält die Abgabe-

verfügung nicht.

Unter Ziffer 6 der Verfügung heißt es abschließend:

„U. m. A. und Sonderband (1 Datenträger)

der Generalstaatsanwaltschaft Celle

-Herrn GStA Dr. Lüttig persönlich o. V. i. A. (Vertrauliche Personalsache)

966 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 111, Bl. 47 f., Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Az. 60 AR 16/13 ZIT, vom 28.
Oktober 2013.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 265 – Drucksache 18/6700

unter Hinweis auf den obigen Vermerk (Ziffer 2)

übersandt mit der Bitte um Übernahme.

Die Straftat wurde im dortigen Bezirk begangen (§ 7 Abs. 1 StPO, Nr. 2 Abs. 1 RiStBV). Der Ver-
dächtige hat seinen Hauptwohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im dortigen Bezirk (§ 8 StPO).

Um Übernahmebestätigung wird gebeten.“967

Zum Inhalt des Abgabevermerks hat der Zeuge Franosch ausgeführt:

„Wir hätten es als unkollegial empfunden, jetzt nicht deutlich reinzuschreiben, wie wir es sehen, auch
vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen aus der OP. Das hätten wir jetzt als unfair empfun-
den, und deswegen haben wir unsere Einschätzung deutlich da reingeschrieben, um auch keinen Zwei-
fel daran aufkommen zu lassen, wie wir diese ganze Operation bewerten und wie wir diesen konkreten
Fall bewerten.“968

Der Zeuge Franosch hat sodann noch ergänzt:

„[…] Wir haben - wenn ich das noch kurz einflechten darf; Sie verzeihen - nicht den Standardabga-
bevermerk gemacht, sondern - das können Sie den Kollegen Dr. Krause nachher noch mal fragen - -
Sie sehen es ja, wenn Sie das mit anderen Abgabevermerken vergleichen; Sie haben ja mehrere Akten
von uns gesehen. Wir haben hier natürlich in diesem Falle insbesondere auch Hinweise noch mit ein-
geflochten, die der Kollege Dr. Krause noch eingeholt hat, nämlich die Bewertungen anderer Staats-
anwaltschaften. Das haben wir hier einfach gemacht, um die Arbeit zu erleichtern für die Kollegen in
Niedersachsen.“969

bbb) Einholung von Informationen für den Abgabevermerk

Der Zeuge Franosch hat erläutert, dass der Zeuge Dr. Krause bei anderen Staatsanwaltschaften hinsichtlich der

dortigen Praxis in Bezug auf die Annahme eines Anfangsverdachts bei Bezug von Produkten der Kategorie 2

angefragt habe:

„[…] Der Kollege Dr. Krause hatte noch ein paar Ermittlungen durchgeführt. Der hatte, glaube ich,
noch mal eine Domain abgefragt und hat dann noch mal angefragt, ob in den Fällen, in denen andere
Staatsanwaltschaften Kategorie-2-Verfahren bekommen haben, unsere Einschätzung geteilt worden
ist, um den Kollegen in Niedersachsen auch einen vernünftigen Abgabevermerk schreiben zu können.
[…]“970

Der Zeuge Dr. Krause hat hierzu ausgeführt:

„[…] Ich habe in Vorbereitung der Abgabe noch weitere Ermittlungsschritte durchgeführt. Ich habe
bei den Staatsanwaltschaften, die die sogenannten Kategorie-2-Verfahren bereits von uns bekommen
hatten, nachgefragt, wie deren rechtliche Einschätzung zu der Frage war: ‚Kann in diesem Verfahren
ein Anfangsverdacht bejaht werden?‘, und habe mir selbst eine Woche Zeit gegeben, um auf die Ant-
worten der Staatsanwaltschaften zu warten. Verschiedene Staatsanwaltschaften haben auf diese An-
frage, die man per Fax dann dahin geschickt hat, teilweise geantwortet und haben beispielsweise ge-
sagt: Ja, wir haben auch ein Verfahren eingeleitet; ja, wir haben auch einen Durchsuchungsbeschluss

967 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 111, Bl. 47 (48), Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Az. 60 AR 16/13 ZIT, vom 28.
Oktober 2013.

968 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 32.
969 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 32.
970 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 11.

Drucksache 18/6700 – 266 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

beantragt. - Teilweise haben aber auch Staatsanwaltschaften geantwortet: Wir haben das Verfahren
unmittelbar eingestellt. - Diese Erkenntnisse habe ich in den Abgabevermerk mit einfließen lassen,
um der GStA Celle ein breiteres Meinungsbild zur Rechtsfrage ‚Anfangsverdacht ja oder nein‘ mitge-
ben zu können.

Teilweise, wenn ich mich richtig erinnere, gab es keine vollständigen Rückmeldungen der Staatsan-
waltschaften, aber nach Abschluss dieser einen Woche, die ich mir selbst gesetzt hatte, habe ich diesen
Abschlussvermerk fertiggestellt, habe den Abschlussvermerk der Abteilungsleitung zur Freigabe per
E-Mail übersendet. Dieses wurde seitens der Abteilungsleitung freigegeben, und dann wurde der Vor-
gang unmittelbar an die Generalstaatsanwaltschaft Celle, unmittelbar an den dortigen Generalstaats-
anwalt als vertrauliche Personalsache in Papierform übersendet. […]“971

ccc) Abstimmung des Abgabevermerks und des Versandes mit den Vorgesetzten

Zur Erstellung und Abstimmung des Abgabevermerks hat der Zeuge Franosch bekundet:

„Das hat der Kollege Dr. Krause gemacht. Den hat er mir am Telefon vorgelesen seinerzeit, weil ich
auf Dienstreise war. Und das deckt sich - - Das ist, was wir alle mittragen. […]“972

d) Kenntnis des Bundeskriminalamtes von der Abgabe des Vorgangs durch die ZIT an die General-
staatsanwaltschaft Celle

Bezüglich der Abgabe des Vorgangs durch die ZIT an die Generalstaatsanwaltschaft Celle wurde innerhalb des

Bundeskriminalamtes die Führungsinformation Nr. 5 verfasst.973 Dem am 28. Oktober 2013 verfassten Doku-

ment lag die Abgabeverfügung der ZIT bei. In der Führungsinformation Nr. 5 heißt es unter anderem:

„Gemäß schriftlicher Mitteilung der GStA FFM-ZIT wurde die Akte mit beiliegender Abgabeverfü-
gung am heutigen Tag (28.10.2013) an die zuständige Generalstaatsanwaltschaft Celle weitergelei-
tet.“974

Die Führungsinformation Nr. 5 wurde per E-Mail am 28. Oktober 2013 durch den Zeugen Stahl an den Zeugen

Schiffels (Zeuge Hoppe in Cc.) versandt.975

971 Dr. Krause, Protokoll-Nr. 11, S. 48.
972 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 32.
973 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 202., Führungsinformation Nr. 5 vom 28. Oktober 2013.
974 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 202., Führungsinformation Nr. 5 vom 28. Oktober 2013.
975 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 200, E-Mail des Zeugen Stahl an den Zeugen Schiffels vom 28. Oktober 2013, 14.29 Uhr, mit dem

Betreff: „WG: 131028 – OP Selm – Führungsinformation Nr. 5“.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 267 – Drucksache 18/6700

10. Anforderung der weiteren, Niedersachsen betreffenden KAT-2-Vorgänge durch die Staatsanwaltschaft
Hannover

a) Anforderung der Vorgänge durch den Zeugen Klinge beim Bundeskriminalamt

Aus einer Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand vom 26. November 2013 ergibt sich, dass an diesem Tage ein

Anruf des Zeugen Klinge bezüglich des Edathy betreffenden Vorgangs erfolgte.976 Konkret heißt es in der Ge-

sprächsnotiz:

„1.

Am heutigen Tag meldet sich StA Klinge der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Hannover telefonisch
und teilt mit, dass er zuständig für die Akte E. ist.

Er signalisiert, dass er in diesem Fall gerne eine Durchsuchung anregen möchte, bittet aber um Prüfung
der zeitnahen Übermittlung der weiteren Vorgänge im Rahmen der OP Selm von Beschuldigten, die
nur KAT2-Produkte erworben habe, um dann eine Gesamtentscheidung, die für alle Vorgänge Gül-
tigkeit haben soll, treffen zu können.“977

Aus der Gesprächsnotiz geht weiter hervor, dass aufgrund des Anrufs eine Recherche durchgeführt wurde, die

ergeben habe, dass es derzeit „noch 26 weitere Beschuldigte aus Niedersachsen“ gäbe, die ausschließlich Pro-

dukte der Kategorie 2 erworben hätten. Zu 13 dieser Personen lägen bereits Erkenntnismitteilungen vor. Der

Zeuge Hoppe, der hierüber und über den Anruf des Zeugen Klinge informiert worden sei, habe um Fertigung

und Erstellung einer Führungsinformation gebeten, um die Amtsleitung informieren zu können. Eine Liste mit

den 13 Beschuldigten, zu denen noch keine Erkenntnismitteilungen vorlägen, solle erstellt und dem Zeugen

Hoppe zur Durchsicht vorgelegt werden. Weder der Zeuge Franosch noch der Zeuge Dr. Krause noch das Lan-

deskriminalamt Hannover hätte telefonisch erreicht werden können.978

Abschließend heißt es in dem Gesprächsvermerk:

„7.

Aufgaben für den 27.11.2013:

Kontaktaufnahme mit der GStA ZIT

Rückmeldung an StA Klinge

Übersendung der FI

976 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 313 f., Gesprächsnotiz von KOK’in Wiegand vom 26. November 2013 mit Gesprächspartner StA
Klinge mit dem Betreff: „Vorgang E.“.

977 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 313 (313 f.), Gesprächsnotiz von KOK’in Wiegand vom 26. November 2013 mit Gesprächspartner
StA Klinge mit dem Betreff: „Vorgang E.“.

978 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 313 f., Gesprächsnotiz von KOK’in Wiegand vom 26. November 2013 mit Gesprächspartner StA
Klinge mit dem Betreff: „Vorgang E.“.

Drucksache 18/6700 – 268 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Rücksprache mit dem LKA Hannover“979

Die Zeugin Wiegand hat hierzu bekundet:

„Also, der Staatsanwalt hat mich persönlich angerufen und hat mir geschildert, dass er gerne alle Ka-
tegorie-2-Vorgänge, die Niedersachsen betreffen, an ihn abverfügt hätte, wenn möglich, priorisiert,
weil er gerne für die Verfahren in Niedersachsen der Kategorie 2 eine Gesamtentscheidung treffen
möchte und keine Einzelentscheidung für den besonderen Fall.“980

Auf die Frage, was der Zeuge Klinge ihr am Telefon zu dem Fall mitgeteilt habe und ob er ihr mögliche Abgren-

zungsschwierigkeiten erläutert habe, hat die Zeugin Wiegand angegeben:

„Also, er hat es mir nicht lange erläutert. Er hat eben nur gesagt, dass er keinen speziellen Einzelfall
für Herrn Edathy möchte, sondern dass er sich einen Überblick verschaffen möchte über die Gesamt-
verfahren der Kategorie 2 und dann eine Entscheidung treffen möchte, die alle Personen betreffen. Bei
den Kategorie-2-Vorgängen war es ja so, dass wir keine Durchsuchungsbeschlussanregung mit in die
Akte aufgenommen haben, sondern wir haben einen Sachstandsvermerk geschrieben, und die örtliche
Staatsanwaltschaft konnte dann selbst entscheiden, ob ihr das ausreicht für eine Durchsuchung oder
eben nicht. Er wollte eine Entscheidung für alle treffen: also entweder bei allen durchsuchen oder bei
niemandem durchsuchen. Das hat er mir so erläutert.“981

Der Zeuge Hoppe hat über diesen Vorgang in Beantwortung der Frage, wann er nach Abgabe des Edathy betref-

fenden Vorgangs an die ZIT das nächste Mal wieder von dem Vorgang erfahren oder nachgefragt habe, berichtet:

„Das nächste Mal ist nach meiner Erinnerung das Datum gewesen, an dem der Staatsanwalt aus Han-
nover, der dann letztlich zuständig war, bei der Kollegin angerufen hat, bei der Mitarbeiterin angerufen
hat und gesagt hat: Ich habe den Vorgang jetzt auf meinem Tisch. Es handelt sich ja um Kategorie-2-
Vorgänge. Habt ihr noch andere Kategorie-2-Vorgänge? - Das war, glaube ich, der Dialog zwischen
den beiden. - Kann ich die dann auch haben?

Dann haben wir wieder verabredet gemeinsam mit der ZIT: Können wir diese Vorgänge vorziehen?
Weil das Umfangsverfahren war ja noch in Händen der ZIT. Die Zustimmung kam. Wir haben diese
Vorgänge vorgezogen. Und die Kollegin hat dann schnellstmöglich, glaube ich, an die 16 Vorgänge -
die auch das Land Niedersachsen betrafen - der Kategorie 2 nach Hannover abgegeben, weil es sich
ohnehin um die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für solche Delikte handelte und die sich ein Gesamt-
bild darüber machen wollte. […]“982

Der Zeuge Klinge hat zu seiner Kontaktaufnahme mit dem Bundeskriminalamt bekundet:

„[…] Einen Vermerk habe ich aufgenommen - der war vom 15.11. -, weil ich da mal dokumentieren
wollte, dass ich auch was gemacht habe und da nachgehakt habe. Danach habe ich angerufen, mehr-
fach, beim BKA, habe da aber niemanden erreicht, bzw. jedenfalls Frau Wiegand und Frau Greiner
waren nicht zu erreichen, und das hat also dann länger gedauert. Wann ich dann das erste Gespräch
mit Frau Wiegand und Frau Greiner geführt habe, kann ich leider nicht mehr nachvollziehen.“983

979 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 313 (314), Gesprächsnotiz von KOK’in Wiegand vom 26. November 2013 mit Gesprächspartner StA
Klinge mit dem Betreff: „Vorgang E.“.

980 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 72.
981 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 72.
982 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 14.
983 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 67.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 269 – Drucksache 18/6700
Die Versuche der Kontaktaufnahme des Zeugen Klinge mit dem Bundeskriminalamt werden ausführlich im

Abschnitt C.2.b) dargestellt.

b) Führungsinformation Nr. 6

aa) Inhalt und Steuerung der Führungsinformation Nr. 6

Am 27. November 2013 um 9.50 Uhr wurde die Führungsinformation Nr. 6 durch die Zeugin Greiner an den

Zeugen Hoppe übersandt,984 der die Führungsinformation kurz darauf, um 9.57 Uhr, an den Zeugen Schiffels

weiterleitete.985

In der E-Mail des Zeugen Hoppe an den Zeugen Schiffels heißt es:

„Anbei die FI Nr. 6 zur OP Selm mit der Bitte um Weiterleitung – über die persönlichen Postfächer
von L’in SO an LS, Herrn Braß.“986

In der Führungsinformation Nr. 6, in der unter Punkt „1. Ausgangssachverhalt“ auf die vorangegangenen Füh-

rungsinformationen verwiesen wird, wird zunächst mitgeteilt, dass sich die Staatsanwaltschaft Hannover, wo

der Vorgang zu MdB Edathy inzwischen vorliege, am 26. November 2013 gemeldet habe.987 Weiter heißt es im

zweiten Absatz des Punktes „2. Aktueller Sachstand“:

„Der zuständige Staatsanwalt, Herr Klinge, signalisierte, dass er grundsätzlich gerne eine Durchsu-
chung bei MdB Edathy anregen würde, bat aber um zeitnahe Übermittlung aller gleichgelagerten Vor-
gänge von Personen, die in Niedersachsen wohnhaft sind und ausschließlich Produkte der KAT2 be-
stellt haben, um dann eine Gesamtentscheidung, die für alle Vorgänge Gültigkeit haben soll, treffen
zu können.“988

bb) Kenntnisnahme der Führungsinformation auf der Leitungsebene des Bundeskriminalamtes

Der Zeuge Schiffels leitete die Führungsinformation Nr. 6 am 27. November 2013, 11.42 Uhr, an die Zeugin Dr.

Vogt weiter.989 In der E-Mail heißt es:

„1. Gezeichnet.

2. L’in/SO m. d. B. um Mitzeichnung und Weiterleitung an das persönliche Postfach von L/LS“990

984 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 208, E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Hoppe vom 27. November 2013, 9.50 Uhr, mit dem
Betreff: „131127 – OP Selm – Führungsinformation Nr. 6“.

985 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 208, E-Mail des Zeugen Hoppe an den Zeugen Schiffels vom 27. November 2013, 9.57 Uhr, mit dem
Betreff: „WG: 131127 – OP Selm – Führungsinformation Nr. 6“.

986 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 208, E-Mail des Zeugen Hoppe an den Zeugen Schiffels vom 27. November 2013, 9.57 Uhr, mit dem
Betreff: „WG: 131127 – OP Selm – Führungsinformation Nr. 6“.

987 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 209, Führungsinformation Nr. 6 vom 27. November 2013.
988 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 209, Führungsinformation Nr. 6 vom 27. November 2013.
989 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 121, Bl. 83 (83), E-Mail des Zeugen Schiffels an die Zeugin Dr. Vogt vom 27. November 2013, 11.42 Uhr, mit

dem Betreff: „WG:131127 – OP SELM – Führungsinformation 6“.
990 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 121, Bl. 83 (83), E-Mail des Zeugen Schiffels an die Zeugin Dr. Vogt vom 27. November 2013, 11.42 Uhr, mit

dem Betreff: „WG:131127 – OP SELM – Führungsinformation 6“.

Drucksache 18/6700 – 270 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Zeugin Dr. Vogt nahm die E-Mail am 27. November 2013, 14.36 Uhr, zur Kenntnis. 991

Der Zeuge Ziercke hat angegeben, der Inhalt der Führungsinformation Nr. 6 sei ihm bekannt gewesen.992 Er hat

jedoch hinzugefügt, dass er die Führungsinformation nicht selbst gelesen habe, da er sich zu dieser Zeit in Saudi-

Arabien aufgehalten habe, weshalb er davon ausgehe, dass er einen Anruf des Stabes erhalten habe.993 Auf die

Frage, ob er die Information, dass grundsätzlich eine Durchsuchung geplant sei, zur Kenntnis genommen habe,

hat der Zeuge Ziercke bekundet:

„Ja, weil ich die Entscheidung nämlich getroffen hatte - das kann ich auch erinnern -, dass wir nicht
berichten. Das ist der Punkt.“994

cc) Reaktion des Zeugen Ziercke bezüglich der Führungsinformation

Aus einem Vermerk des Zeugen Schiffels, der sich in einer durch den Zeugen Schiffels am 29. November 2013,

16.55 Uhr, an sich selbst gesandten E-Mail befindet, lässt sich im Hinblick auf die Reaktion des Zeugen Ziercke

auf die Führungsinformation Nr. 6 Folgendes entnehmen:

„Vermerk:

Anruf L’in SO bei mir am 27.11.13, 16.30 Uhr:

H. Braß, L/LS, hat L’in/SO telefonisch die Weisung PR übermittelt, dass in vorliegender Angelegen-
heit keine Unterrichtung BMI erfolgt und bittet bei SO sicherzustellen, dass alle bei SO mit dem Fall
befassten Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter sich daran halten.

Ich habe L/SO 12 am 27.11.13, 16.45 Uhr, die Weisung PR m. d. B. um Umsetzung im Referat SO 12
telefonisch übermittelt.“995

Der Zeuge Ziercke hat in seiner ersten Vernehmung am 15. Januar 2014 in Bezug auf die Führungsinformation

Nr. 6 bekundet:

„Davon habe ich Kenntnis gehabt. Das hatte ich mit meinem Vertreter auch diskutiert. Wir waren dann
vor der Frage, wenn ich es richtig erinnere - jetzt auch aus der Vorbereitung zu dieser Sitzung -, dass
wir entschieden hatten, darüber das Innenministerium nicht zu informieren, weil wir der Meinung
waren, dass diese Aussage nichts wesentlich Neues ist, dass dies nur sozusagen so eine Art Zwischen-
ergebnis war, aber dass wir dem Ministerium, wenn es denn dazu gekommen wäre, wegen der öffent-
lichen Wirkung auch einer solchen Polizeiaktion oder Staatsanwaltschaftsaktion nur berichtet hätten,
wenn eine Entscheidung getroffen worden ist. Das konnte ich diesem Vermerk nicht entnehmen.“996

Im weiteren Verlauf der Vernehmung hat der Zeuge Ziercke nach Vorlage des soeben zitierten Vermerks des

Zeugen Schiffels ausgeführt:

991 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 121, Bl. 83 (83), Verlaufsanzeige der E-Mail des Zeugen Schiffels an die Zeugin Dr. Vogt vom 27. November
2013, 11.42 Uhr, mit dem Betreff: „WG:131127 – OP SELM – Führungsinformation 6“.

992 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 65.
993 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 66.
994 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 66.
995 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 121, Bl. 83 (83), E-Mail des Zeugen Schiffels an den Zeugen Schiffels vom 29. November 2013, 16.55 Uhr,

mit dem Betreff: “AW: 131127 – OP SELM – Führungsinformation 6”.
996 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 22.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 271 – Drucksache 18/6700

„[…] Die Info von Herrn Schiffels ist vom 29. Ich war ja nicht im BKA zu der Zeit in Wiesbaden.
Dann muss das mein Stabsleiter mit mir telefonisch erörtert haben; denn ich war ja nicht im Hause.
Insofern kann das sein, weil einmal der Hinweis war, dass die Staatsanwaltschaft Hannover
usw. - - dass der jetzt vorliegt. Das war die eine Information, und das Zweite war: ‚… grundsätzlich
eine Durchsuchung … anregen würde, bat aber um … Übermittlung …‘. Also, ich habe deshalb diese
Entscheidung getroffen, weil das kein neuer Sachverhalt war, weil die Frage für das Ministerium in-
soweit uninteressant ist. Wenn jetzt erst die Prüfung weitergeht in Hannover und man erst weitere
Informationen heranzieht, dann hätte ich entschieden, dass erst in dem Moment, wo die Entscheidung
der Staatsanwaltschaft vorliegt, dann auch eine Meldung an das Ministerium erfolgt. Das ist der
Grund, warum ich gesagt habe, diese Information - - Wenn er sagt: ‚… grundsätzlich eine Durchsu-
chung … anregen würde …‘, dann ist das genau der Sachstand, den wir am Anfang schon hatten.“997

In seiner zweiten Vernehmung am 25. März 2014 hat der Zeuge Ziercke auf die Frage, ob er sich daran erinnern

könne, eine Weisung erteilt zu haben, dass keiner der Mitarbeiter das Bundesministerium des Innern unterrichten

dürfe, ausgeführt:

„Ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern. Es kann sein, dass wir irgendwann mal besprochen
haben, wie die Informationsstränge zum Innenministerium sein sollen, aber ich habe in keiner Weise
eine solche Weisung - - Wüsste ich überhaupt nicht. Ist das irgendwo dokumentiert, dass ich das als
konkrete Anweisung gegeben haben soll? Wenn Sie mir das mal zeigen könnten vielleicht, damit ich
weiß, was das ist.“998

Auf die sodann erfolgte Vorlage des eingangs zitierten Vermerks des Zeugen Schiffels hat der Zeuge Ziercke

sodann bekundet:

„Ich habe das jetzt hier vorliegen. Das ist ja eine Information vom Hörensagen sozusagen, dass Herr
Schiffels meint, Herr Braß habe ihm das mitgeteilt, und ich habe das Herrn Braß mitgeteilt.

Da habe ich ganz große Zweifel. Ich kann mich nur an eine Weisung erinnern. Da ging es darum, dass
in einer Führungsinformation ein Hinweis war, wie der Prüfprozess bei der Staatsanwaltschaft aussieht
- - immer noch unklar. Ich glaube, das war auch das Schreiben oder die Führungsinformation, wo es
nachher bei dem Staatsanwalt diese Zweifel gab - Stichwort ‚Loyalitätskonflikt‘ - und wir darüber
gesprochen hatten, ob wir dieses schon dem Ministerium mitteilen sollten, und ich war der Meinung,
dass dies kein Fortschritt in der Sache war, sondern dass das nur eine Information war, die noch mal
wieder bestätigt hat: ‚Die Staatsanwaltschaft prüft noch‘, und deshalb man diesen Vorgang nicht wei-
terreichen musste. Das kann ich nur erinnern.

Aber eine Weisung gegeben zu haben, dass keine Unterrichtung erfolgt in vorliegender - - Welche
vorliegende Angelegenheit ist denn gemeint hier? Ist das Herr Schiffels gefragt worden?“999

Nachdem ihm im weiteren Verlauf der Vernehmung zusätzlich die Führungsinformation Nr. 6 vorgelegt worden

war, hat der Zeuge Ziercke auf die nochmalige Frage, weshalb er nicht gewollt habe, dass einer der Mitarbeiter

mit dem Innenministerium in dieser Sache spreche, ausgeführt:

„Das ist nicht der Fall. Das ist eine Überinterpretation eines Gesprächs, das ich mit Herrn Braß hatte.
Wenn ich den Vorgang hier lese, dann ist dieses aus meiner Sicht nicht weitergabe-, nicht berichtsfähig
gewesen für das Ministerium. Hier war keine Neuerung in diesem Verfahren im Grunde, und ich kann

997 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 65.
998 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 100.
999 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 100.

Drucksache 18/6700 – 272 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

mir überhaupt nicht vorstellen, dass dieses dann von den Mitarbeitern nicht zu einer Rückfrage geführt
hätte bei mir auch. Da müssen Sie Herrn Schiffels und Herrn Braß noch mal fragen.

Ich habe eine solche Weisung, wie das hier jetzt dargestellt und verkürzt ist auch in der Formulierung
von Herrn Schiffels - - die ist von mir nicht erteilt worden.“1000

Der Zeuge Braß hat angegeben, sich nicht an eine Anweisung des Zeugen Ziercke, dass vor dem Hintergrund

der Führungsinformation Nr. 6 keiner der bei SO mit dem Fall befassten Mitarbeiter das Bundesministerium des

Innern unterrichten dürfte, erinnern zu können.1001 Auch eine Übermittlung dieser Weisung an die Zeugin Dr.

Vogt sei ihm, Braß, nicht erinnerlich.1002

Die Zeugin Dr. Vogt hat, zum möglichen Grund für die genannte Weisung befragt, ausgeführt:

„Also, wenn das in den Akten so steht, wird das auch so gewesen sein. Für mich ist das eigentlich
erkennbar und klar, dass wir einfach wirklich eine klare Informationsstruktur da drin haben möchten,
also dass jeder auch im Haus Bescheid weiß, wer informiert wen an der Stelle, weil das - - Wir wollten,
wie gesagt, verhindern, dass es hier an der Stelle einfach auch zu viele, ich sage mal, nicht mit der
Bearbeitung betraute Leute gibt, die dann irgendwo reingezogen werden. Also, für mich ist das jetzt
nichts Besonderes gewesen, gerade in dem Fall immer in den hierarchischen Strukturen zu berich-
ten.“1003

Der Zeuge Schiffels hat hierzu bekundet:

„Ich weiß, dass eine solche Weisung telefonisch weitergegeben wurde. Ich glaube, Frau Vogt hat mich
dann auch angerufen, und ich habe es an SO 12 entsprechend gesteuert. Das müsste auch in den Akten
dann so dokumentiert sein.“1004

Dazu, wie sich allgemein der Kontakt zwischen dem Bundesministerium des Innern und Mitarbeitern des Bun-

deskriminalamtes gestalte, hat der Zeuge Schiffels in diesem Zusammenhang ausgeführt:

„Generell kann es schon mal sein, dass mit Referenten oder Referatsleitern im Bundesinnenministe-
rium Telefonate erfolgen zu diesen oder jenen Fachfragen, Erlassen, die seitens des BMI an das BKA
gestellt werden. Das ist nicht unüblich. In diesem konkreten Fall, aufgrund der besonderen Sensibilität,
war für mich klar - aber auch sinnvoll -, dass solche Kontakte nur über die Amtsleitung laufen zum
Bundesinnenministerium, schon allein um zu vermeiden, dass Leute mit dem Fall befasst werden oder
Informationen bekommen, wo die Informationen nicht gesteuert werden sollten.”1005

c) Absprache mit der ZIT in Bezug auf die Priorisierung der Vorgänge betreffend Niedersachsen

Aus einer Gesprächsnotiz der Zeugin Greiner vom 27. November 2013 ergibt sich, dass an diesem Tag um 9

Uhr telefonisch Rücksprache mit dem Zeugen Franosch gehalten wurde. Dieser habe der „priorisierten Abar-

beitung der Vorgänge aus Niedersachsen zugestimmt.“1006 Weiter heißt es in der Gesprächsnotiz:

1000 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 108.
1001 Braß, Protokoll-Nr. 32, S.15.
1002 Braß, Protokoll-Nr. 32, S.15.
1003 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 61.
1004 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 24.
1005 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 24.
1006 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 457, Gesprächsnotiz der Zeugin Greiner vom 27. November 2013 mit dem Gesprächspartner OStA

Franosch.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 273 – Drucksache 18/6700

„Die Vorgänge sollen in einem gesonderten Paket mit einer aufgehefteten Sammelverfügung an die
ZIT übersandt werden. Die Sammelverfügung soll sich auf die Absprache mit der StA Hannover und
der ZIT von heute beziehen und zum UJs-Vorgang genommen werden.“1007

Der Zeuge Franosch hat auf die Frage, ob er wisse, weshalb aus Niedersachsen der Wunsch gekommen sei, die

weiteren Kategorie-2-Fälle zu erhalten, ausgeführt:

„Das kann ich Ihnen nicht sagen. Das weiß ich nicht. Ich weiß nur - das kann ich Ihnen jetzt aber auch
nicht genau sagen, ob ich es veranlasst habe oder der Kollege Dr. Krause -, dass die Kollegen in
Niedersachsen gerne die anderen Fälle auch haben wollten. Aber ich kann mich nicht erinnern, ob mir
ein Grund genannt worden ist. Möglicherweise einfach, um dann zu sagen: Wir gucken uns die an und
behandeln sie alle gleich. Wäre ja denkbar gewesen. Um einfach deutlich zu machen auch, dass der
Beruf letztlich keine Rolle spielt, sondern es sind gleichgelagerte Fälle, die behandeln wir gleich, und
vielleicht machen wir es auch der Einfachheit halber so, dass wir sie alle gleichzeitig vollstrecken oder
so was. Aber das kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich es nicht weiß.“1008

Am 27. November 2013 wurde durch die Zeugin Greiner eine E-Mail an das Landeskriminalamt Hannover (E-

Mail-Adresse des Sachgebiets 38) gesandt, der eine Tabelle beigefügt war, in der 13 Personen aufgeführt waren.

In der E-Mail wurde – analog zu der am 15. Oktober 2013 versandten Erkenntnisanfrage1009 – um Überprüfung

der vorliegenden Erkenntnisse zu den in der Anlage zur E-Mail genannten Personen gebeten. 1010

d) Bearbeitungsdauer innerhalb des Bundeskriminalamtes und Versand der Vorgänge an die ZIT

Die Bearbeitung der weiteren KAT2-Vorgänge, die das Land Niedersachsen betrafen, war am 10. Dezember

2013 abgeschlossen. In einer E-Mail der Zeugin Wiegand an den Zeugen Dr. Krause vom 10. Dezember 2013,

8.34 Uhr, heißt es unter anderem:

„Wir haben soeben die Akten für die StA Hannover fertigstellen können. Wir sind von ursprünglich
26 Beschuldigten mit KAT 2 – Vorgängen für Niedersachsen ausgegangen, die Zahl müssen wir nun
auf 20 korrigieren.

Gründe:

- eine Person ist zwischenzeitlich verstorben

- eine Person ist nach Hamburg verzogen

- zwei Personen haben zwar KAT 2 – Bestellungen, diese sind jedoch nicht vollendet

- bei einer Person fand am 22.08.2013 eine Durchsuchung wegen Verdacht KIPO / sexueller Miss-
brauch statt

1007 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 457, Gesprächsnotiz der Zeugin Greiner vom 27. November 2013 mit dem Gesprächspartner OStA
Franosch.

1008 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 32.
1009 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 266 f., E-Mail der Zeugin Greiner mit dem Betreff: „131015 – OP SELM – Verdacht auf Erwerb und

Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“ vom 15. Oktober 2013, 12.57 Uhr.
1010 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 315 f., E-Mail der Zeugin Greiner an die E-Mail-Adresse „[…]@lka.polizei.niedersachsen.de“ vom

27. November 2013, 9.25 Uhr, mit dem Betreff: „131127 – OP SELM – Verdacht auf Erwerb und Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im
Internet.

Drucksache 18/6700 – 274 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

- einer Person konnte durch Recherche noch ein KAT 1 – Produkt zugeordnet werden.

(…)

Wir werden die Akten im Laufe des heutigen Vormittages bei ihrem Geschäftszimmer abgeben, (…).

Darüber hinaus werde ich Herrn Klinge der StA Hannover telefonisch vom Sachstand in Kenntnis
setzen.

Bei der Recherche ist mir aufgefallen, dass der Vorgang Horst (geschwärzt) mit Kurier vom
25.10.2013 an Sie übermittelt wurde.

Dabei handelt es sich um einen KAT 2 – Vorgang für Niedersachsen.“1011

Der Zeuge Theissig hat im Hinblick auf die Art und Weise der Bearbeitung der durch Niedersachsen angefor-

derten Akten ausgeführt:

„Die Fälle, die an die ZIT abverfügt worden sind - das war auch die Vorgabe von der Generalstaats-
anwaltschaft Frankfurt am Main -, sollen genauso aufgearbeitet werden wie alle anderen Fälle davor
auch. Das heißt, das hat alles genau nach dem gleichen Schema, nach der gleichen Aktenzusammen-
stellung, mit Einleitungsvermerken, mit den Beweismitteln usw. stattgefunden.“1012

e) Bearbeitung der Vorgänge durch die ZIT und Abgabe an die Staatsanwaltschaft Hannover

Der Zeuge Dr. Krause teilte dem Bundeskriminalamt am 17. Dezember 2013 mit, dass am Vortag 16 der 20 an

die ZIT abgegebenen Akten an die Staatsanwaltschaft Hannover abverfügt worden seien. Die weiteren vier Ver-

fahren seien durch die ZIT mangels Tatverdacht eingestellt worden, da hier lediglich ein Film, bei dem der

künstlerische Anspruch im Vordergrund stehe, bestellt worden sei.1013

Die Zeugin Wiegand hat hierzu ausgeführt:

„Vom Staatsanwalt an sich wurde ich gebeten, alle Fälle Kategorie 2 Niedersachsen abzuverfügen.
Wenn meine Erinnerung richtig ist, dann waren das 20 Vorgänge, die ich an die Generalstaatsanwalt-
schaft Frankfurt am Main abverfügt habe. Von da wurden aber schon Verfahren eingestellt, bevor sie
nach Niedersachsen weitergeleitet worden sind. […]“1014

Am 20. Dezember 2013 gingen die Vorgänge bei der Staatsanwaltschaft Hannover ein (siehe hierzu die Darstel-

lung im Abschnitt Zweiter Teil XIV.).1015

1011 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 450 f., E-Mail der Zeugin Wiegand an den Zeugen Dr. Krause vom 10. Dezember 2013, 8.34 Uhr, mit
dem Betreff: „OP SELM – Vorgänge für Niedersachsen“.

1012 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 16.
1013 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 460, Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand vom 17. Dezember 2013 über ein Gespräch mit StA Dr.

Krause.
1014 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 72.
1015 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 15; Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 84.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 275 – Drucksache 18/6700

11. Information des Bundeskriminalamtes durch den Zeugen Klinge, dass sich ein Rechtsanwalt Edathys bei
der Staatsanwaltschaft Hannover gemeldet habe

a) Telefonische Information durch Oberstaatsanwalt Klinge

Einer Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand vom 6. Dezember 2013 lässt sich im Hinblick auf einen Anruf des

Zeugen Klinge Folgendes entnehmen:

„Am heutigen Tag meldet sich StA Klinge der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Hannover telefonisch
und teilt mit, dass er vom Anwalt des Herrn E. telefonisch kontaktiert wurde.

Dieser habe gefragt, ob es ein Verfahren gegen seinen Mandanten wegen des Verdachts des Besitzes
von Kinderpornografie gebe. Das sei ihm zugetragen worden.

StA Klinge bittet weiterhin um priorisierte Abarbeitung der 26 Akten (KAT 2) aus Niedersachsen.
Ihm wurde zugesagt, diese bis Ende der 50. KW fertig gestellt zu haben.

StA Klinge möchte Herrn Dr. Krause persönlich vom Sachverhalt in Kenntnis setzen.

VL/SO12 wurde umgehend mündlich vom Sachverhalt in Kenntnis gesetzt.“1016

Der Zeuge Theissig hat auf die Frage, ob er erfahren hätte, dass sich ein Rechtsanwalt Edathys an die Staatsan-

waltschaft Hannover gewandt habe und der zuständige Staatsanwalt sich gemeldet habe, bekundet:

„An mich persönlich nicht; das teilte er einer Sachbearbeiterin bei uns mit aus der OP ‚Selm‘.“1017

b) Meldung der Information an die Hierarchie innerhalb des Bundeskriminalamtes

Der Zeuge Hoppe hat im Hinblick auf die Mitteilung durch die Staatsanwaltschaft Hannover, das sich ein für

Sebastian Edathy tätiger Rechtsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Hannover gemeldet habe, ausgeführt:

„[…] Der nächste Punkt war dann nach meiner Erinnerung, dass der Staatsanwalt um den Nikolaustag
- ich glaube, sogar direkt am 6. Dezember - angerufen hat, des gleichen Jahres, und gesagt hat, bei ihm
habe sich ein Anwalt des ehemaligen Bundestagsabgeordneten gemeldet und gefragt, ob gegen seinen
Mandanten ein Verfahren läuft. Das ist mir auch berichtet worden. Auch das haben wir dann - das
hatte ich eben vergessen - genauso wie die andere Geschichte vom 26.11. weiterberichtet im Rahmen
einer Führungsinformation.“1018

Eine schriftliche Führungsinformation, die aus Anlass der am 6. Dezember 2013 erfolgten Mitteilung, dass sich

ein Rechtsanwalt von Sebastian Edathy bei der Staatsanwaltschaft Hannover gemeldet habe, ist nicht ersichtlich;

1016 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 458, Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand vom 6. Dezember 2013 über ein Gespräch mit StA Klinge.
1017 Theissig, Protokoll-Nr. 13, S. 14.
1018 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 14.

Drucksache 18/6700 – 276 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

in den Akten ist die Führungsinformation Nr. 6 vom 27. November 20131019 und hiernach die Führungsinforma-

tion Nr. 7 vom 11. Februar 20141020 enthalten.

Der Zeuge Schiffels hat zu dem vorliegenden Aspekt ausgeführt:

„[…] Ich glaube, dann am 6. Dezember hat Herr Klinge dann noch mal angerufen und hat um drin-
gende Übermittlung der Niedersachsen-Vorgänge gebeten, weil sich bei ihm ein Anwalt oder der An-
walt des Abgeordneten Edathy gemeldet hätte und nachgefragt habe, ob es Informationen dazu gibt
oder ein Verfahren gegen Herrn Edathy geführt wird wegen kinderpornografischen Materials. Das war
am 06.12.”1021

Die Zeugin Dr. Vogt hat auf die Frage, ob sie über den Anruf des Zeugen Klinge am 6. Dezember 2013 in

Kenntnis gesetzt worden sei, was das bei ihr ausgelöst habe und welche Schlussfolgerungen sie gezogen habe,

ausgeführt:

„Ich habe das im Nachgang natürlich erst mitgekriegt, dass es diesen telefonischen Kontakt gegeben
hat. Für mich war einfach nur klar: Wir müssen es dokumentieren, wieder sauber aufschreiben und
sicherstellen, dass das im Prinzip dann alles aufbereitet werden kann. Also, ich bin da sehr, ich sage
mal, ganz bewusst immer drauf gewesen, dass wir ordentlich eine Aktenlage schaffen, wo Dinge dann
nachvollziehbar sind.”1022

c) Umgang mit der Information im Leitungsbereich des Bundeskriminalamtes – Weitergabe an
Staatssekretär Fritsche

Der Zeuge Ziercke hat zum Umgang mit der Information über die Meldung eines Rechtsanwalts Edathys bei der

Staatsanwaltschaft Hannover Folgendes bekundet:

„Ich habe auf jeden Fall Kenntnis gehabt von dieser Information des Staatsanwalts, dass ein Anwalt
angefragt hatte; denn diese haben wir dann verschriftlicht und auch weitergegeben. […]“1023

Diese Information, so der Zeuge Ziercke weiter, sei der einzige Fall gewesen, in dem dem Bundesministerium

des Innern nachberichtet worden sei:

„[…] Die vom 6., wo der Anwalt angerufen hat, das war, meine ich, die einzige Nachberichtigung, die
wir gegeben haben.“1024

Der Zeuge Braß hat zum Umgang mit der Information Folgendes angegeben:

„[…] Entschuldigung, dass ein Rechtsanwalt angerufen hat, das ist weitergegeben worden durch Dr.
Stock an Herrn Fritsche.“1025

Zu den Umständen der Informationsweitergabe hat der Zeuge Braß weiter ausgeführt:

1019 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 209, Führungsinformation Nr. 6 vom 27. November 2013.
1020 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 212 ff., Führungsinformation Nr. 7 vom 11. Februar 2014.
1021 Schiffels, Protokoll Nr. 30, S. 16.
1022 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 62.
1023 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 46.
1024 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 49.
1025 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 33.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 277 – Drucksache 18/6700

„Nach meiner Erinnerung mündlich am Rande einer sogenannten nachrichtendienstlichen Lagebe-
sprechung.“1026

„Es hat nach meiner Erinnerung einen Auftrag gegeben an Herrn Dr. Stock von Herrn Ziercke, diese
Unterrichtung vorzunehmen. Ob Herr Dr. Stock sie dann tatsächlich vorgenommen hat - - Das ist nicht
das übliche Verfahren, dass ein Vizepräsident des BKA dem Stabsleiter sagt: Ich habe das gemacht. -
Ich hatte ihm auch nicht den Auftrag gegeben.“1027

Der Zeuge Henzler hat zu diesem Aspekt bekundet:

„Also, ich habe das zur Kenntnis erlangt durch - so erinnere ich mich - einen Zuruf von Herrn Braß,
einen Zuruf in dem Sinne - ich denke, das verwenden wir alle -, bei einer Frühlage zum Beispiel: Ach,
übrigens, der Anwalt von Herrn Edathy hat bei der Staatsanwaltschaft nachgefragt. - So. Da war mir
klar, dass Herrn Edathy der Verdacht gekommen sein muss, woher auch immer, dass - wie drücke ich
mich denn jetzt geschickt aus? - die Zukunftsentwicklung von Herrn Edathy sich nicht so vollzogen
hat, wie sie eigentlich sich hätte vollziehen müssen, dass da irgendwie was sein muss, was ungewöhn-
lich ist und womit er sich dann vergewissert hat: Was könnte denn das sein?“1028

Für das Bundeskriminalamt, so der Zeuge Henzler weiter, habe er aufgrund der Meldung des Rechtsanwalts bei

der Staatsanwaltschaft Hannover keine Handlungspflicht gesehen.1029

d) Handhabung der Information durch den Zeugen Fritsche

Der Zeuge Fritsche hat im Hinblick auf die Kenntnisnahme von dieser Information Folgendes bekundet:

„[…] Ich habe dann in diesem Bereich noch mal eine Kenntnis erhalten am 10.12., nämlich vom Vi-
zepräsidenten des BKA, Professor Stock. Es ist bei mir üblich - - das war ein Dienstag. Das sind die
sogenannten nachrichtendienstlichen Lagen, und bevor wir in die nachrichtendienstliche Lage gehen,
habe ich die Vertreter der Sicherheitsbehörden im Geschäftsbereich des BMI - damals war ich ja In-
nenstaatssekretär - bei mir im Büro, um ganz einfach das vorzubesprechen, und wie wir aufstehen, um
zur ND-Lage ins Kanzleramt zu fahren, bittet Herr Stock mich noch mal um ein Vieraugengespräch.
Ich habe gesagt: ‚Ja, was ist?‘, und er hat gesagt, das BKA habe von der Staatsanwaltschaft in Nieder-
sachsen erfahren, dass der Rechtsanwalt von Herrn Edathy nachgefragt habe, ob es ein Verfahren
gegen Herrn Edathy gebe. Das war der 10.12. […]“1030

Bereits in seiner Befragung vor dem Innenausschuss hatte der Zeuge Fritsche im Hinblick auf die Erlangung der

Information Folgendes ausgeführt:

„[…] Das nächste und letzte Mal habe ich mit diesem Sachverhalt am 10. Dezember zu tun gehabt,
nach meiner Erinnerung ist es ein Dienstag. Das war in der ‚Nachrichtendienstliche Lage‘ (ND-Lage),
es gibt vorher dazu ein Gespräch aller beteiligten Behörden des Geschäftsbereichs, die bei mir in der
ND-Lage im Büro sitzen, da wird das Ganze vorbesprochen. Da hat mir dann unter vier Augen der
Vertreter des BKA, Vizepräsident Prof. Dr. Stock, erklärt, dass die Staatsanwaltschaft, die jetzt zu-
ständig sei – damals als ich zum ersten Mal unterrichtet worden bin, gab es noch keine Staatsanwalt-
schaft, die sich um den Fall gekümmert hat – von einem Rechtsanwalt von Herrn Edathy erfahren
habe, ob ein Verfahren gegen Herrn Edathy laufe. Das hat er mir am 10. Dezember mitgeteilt. […]“1031

1026 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 34.
1027 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 34.
1028 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 69.
1029 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 69.
1030 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 131.
1031 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 14 f., Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Fritsche.

Drucksache 18/6700 – 278 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Befragt nach einem möglichen Motiv für die durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Stock erfolgte Mitteilung, hat

der Zeuge Fritsche dargelegt:

„Sein Motiv hat er nicht gesagt, und ich habe auch nicht nachgefragt. Aber ich bin einfach davon
ausgegangen, nachdem Herr Ziercke und Herr Henzler mit mir im Oktober darüber gesprochen haben,
dass er die neue Erkenntnis, die das BKA hatte, bei dieser Gelegenheit gesagt hat. Aber ich darf noch
mal korrigieren: Es war nicht am Rande der ND-Lage. Ich hatte vor der ND-Lage eine Besprechung
mit den Leitern der Sicherheitsbehörden, die dann in die ND-Lage kommen, also noch im BMI, und
er hat mir das, nachdem die anderen aufgestanden sind, unter vier Augen noch im BMI gesagt, bevor
wir dann gemeinsam zur ND-Lage gefahren sind.“1032

Die Information habe etwa eine Minute gedauert. 1033 Auf die Frage, was er dann mit der Information gemacht

habe, hat der Zeuge Fritsche angegeben:

„Ich glaube, ich habe darüber niemanden informiert.“1034

Hierzu konkret im Hinblick auf den Zeugen Dr. Friedrich befragt hat der Zeuge Fritsche angegeben:

„Das wäre natürlich vor dem Hintergrund, was ich Ihnen vorher gesagt habe, tatsächlich überlegens-
wert gewesen. Aber ich muss gestehen, ich kann mich nicht erinnern, dass ich ihn unterrichtet habe,
und für mich war auch keine Veranlassung, jetzt ganz allgemein auch bei Stock nachzufragen. Denn
um das noch mal zu sagen: Ich halte mich wirklich streng an das Prinzip: Wenn eine Staatsanwalt-
schaft die Federführung hat, dann ist das BKA insoweit Polizeibehörde, die der Staatsanwaltschaft
hilft, und er hat mir halt die Information gegeben, aber die kam vom Staatsanwalt. Also war alles
richtig, weil es beim richtigen Staatsanwalt war.“1035

12. Weitere Kontakte des Bundeskriminalamtes zur Staatsanwaltschaft Hannover bis zu den Durchsuchungs-
maßnamen

a) Chronologie im Bundeskriminalamt

Am 14. Februar 2014, 10.58 Uhr, sandte der Zeuge Dorendorf eine E-Mail an die Zeugen Greiner und Dorendorf

und an einen weiteren Beamten des Referats SO 12, in der es hieß:

„Aus Gespräch soeben mit L’in SO zusammen mit L/SO1, VL/SO12 und mir ergingen folgende Auf-
träge/Weisungen:

• Erstellung zweier Tabellen mit den stichwortartigen chronologischen Ereignissen/Abläu-
fen/Benachrichtigungen in dem Komplex (auch alle Telefonate, wer hat wann was zu wem
gesagt… z. B. auch, was KI Nienburg uns sagte, was sie veranlasst und wen informiert ha-
ben); davon eine Tabelle für L’in/SO mit dem Ablauf der gesamten Kommunikation in dem
Fall, vor allem auch BKA-intern (wer hat was wann an wen berichtet); Priorität 1; eine zweite
Tabelle je nach Auftragseingang für LS für die auf Weisung PR durch LS 2 vorgesehene
umfassende Öffentlichkeitsarbeit (dort mehr die Kommunikation mit den Externen); Priorität
2.

1032 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 156.
1033 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 156.
1034 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 156.
1035 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 156.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 279 – Drucksache 18/6700

• Beispielsweise sollte in Tabelle 1 enthalten sein:

o Wann genau PR erstmals informiert; Tatsache, dass kein Rücklauf der Weitergabe
der Info an BMI, Oppermann pp. Erfolgte (weiße Felder f. SO!)

o Was genau wir wann genau an die ZIT berichtet

o Hierbei ganz wichtiger Punkt: haben wir die ZIT darüber informiert, dass das
BMI vom BKA über den SV informiert wurde; wenn ja, wann und wie genau?
Wenn nein, wer hat das wie angeordnet? Falls diese Weisung nur mündlich er-
folgte, muss schriftlicher Vermerk des Empfängers erfolgen

o Infos von KI Nienburg (was haben wir ihnen und sie uns gesagt?)

o Ist das Thema in irgendwelchen Fachtagungen, Gremien pp. angesprochen worden?
(hierzu werde ich auch nochmals Hr. Hoppe befragen)

o Feststellen, wie oft es eine Person Sebastian Edathy in DEU gibt!

o Erwähnen, dass die Besch.-Tabellen automatisch erstellt wurden.

o Der gesamte workflow des Verfahrens sollte erkennbar sein.

o Erwähnen, dass E. wie jeder andere Besch. Behandelt wurde; auch, dass alle Besch.
Irgendwann für alle Fachdienststellen im Inpol-Fall-Kipo abrufbar sind (E. hatten
wir zurück gestellt).

o Frau Greiner sollte zu einzelnen Fragestellungen von weiterem Sb. unter Zurückstel-
lung anderer Aufgaben unterstützt werden.“1036

Mit E-Mail vom 14. Februar 2014, 16.01 Uhr sandte die Zeugin Greiner sodann eine E-Mail, an die als Excel-

Datei eine Tabelle mit einer chronologischen Darstellung des Kommunikationsablaufs bezüglich der Operation

„Selm“ (mit den Rubriken „Datum“, „Uhrzeit“, „Kommunikationsweg“, „Absender“, „Empfänger“ und „Inhalt)

angehängt war,1037 an den Zeugen Dorendorf, in der es unter anderem hieß:

„Wie besprochen, anbei die Tabelle für L’in SO mit der Bitte um Durchsicht und Genehmigung“1038

Nachdem der Zeuge Dorendorf die E-Mail samt der angehängten Excel-Datei am 14. Februar 2014, 16.21 Uhr,

an einen Mitarbeiter des Abteilungsstabes der Abteilung SO weitergeleitet hatte,1039 leitete dieser die E-Mail um

1036 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 138 (139), E-Mail des Zeugen Dorendorf an die Zeugen Theissig, Greiner und einen weiteren Beamten
des Referats SO 12 vom 14. Februar 2014, 10.58 Uhr, mit dem Betreff: „Aufträge von L’in/SO zu Komplex Edathy“.

1037 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 120 ff., Chronologie zu Kommunikationsabläufen bzgl. der OP Selm.
1038 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 119, E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Dorendorf vom 14. Februar 2014, 16.01 Uhr, mit dem

Betreff: “TABELLE Chronologie.xls”.
1039 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 119, E-Mail des Zeugen Dorendorf an einen im Abteilungsstab der Abteilung SO (SO AS) tätigen

Beamten vom 14. Februar 2014, 16.21 Uhr, mit dem Betreff: „EILT!! TABELLE Chronologie Komplex Edathy.xls; ARD-Eilmeldung um 17:00
Uhr: BM Friedrich zurückgetreten!“.

Drucksache 18/6700 – 280 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

16.23 Uhr an die Zeugin Dr. Vogt weiter1040. Am 14. Februar 2014, 16.48 Uhr wurde die E-Mail samt ange-

hängter Datei durch den selben Mitarbeiter des Leitungsstabes erneut an die Zeugin Dr. Vogt weitergeleitet,

diesmal jedoch mit dem Zusatz: „aktualisierte Version (Herr Schiffels hatte um Löschung einer (falschen) Zeile

15 in der alten Version gebeten)“.1041 Im Gegensatz zu der zuvor, um 16.21 Uhr, versandten Tabelle war in der

um 16.48 Uhr versandten Version die 15. Zeile der Tabelle, in der unter den Rubriken „Datum“, „Uhrzeit“ und

„Kommunikationsweg“ jeweils ein „?“, unter Absender „PR Ziercke“ sowie unter „Inhalt“ „Telefonat Opper-

mann?“ aufgeführt war, nicht vorhanden.1042 Die Einträge unter den Daten 20. Januar 2014 und 31. Januar 2014

waren in den verschiedenen Versionen der Tabelle stets gleich geblieben.

b) Kontakte zwischen Bundeskriminalamt und Staatsanwaltschaft Hannover im Januar 2014

aa) Kontaktaufnahme des Bundeskriminalamtes mit der Staatsanwaltschaft Hannover am 20. Januar 2014

In der Chronologie findet sich unter Nennung des Datums „20.01.2014“, „16:11“ Uhr unter Angabe des Kom-

munikationswegs „tel.“ ein Eintrag mit dem „Absender“ „Greiner“ und dem „Empfänger“ „OStA Klinge“, bei

dem unter „Inhalt“ Folgendes ausgeführt wird:

„Gem. Auftrag LS wird tel. bei OStA Klinge von der StA Hannover nach dem Sachstand des Verfah-
rens EDATHY nachgefragt. Er erwähnt nochmals die Kontaktaufnahme des Anwaltes und dass dieser
in den nächsten Tagen auch pers. bei der StA Hannover vorsprechen wolle. Außerdem gebe es noch
keine endgültige Entscheidung zum weiteren Vorgehen. Die ZIT, Referatsleitung SO12 und L/LS
werden im Anschluss über das Gespräch informiert.“1043

Auch in einem Vermerk vom 12. Februar 2012 war der Kontakt zwischen der Zeugin Greiner und Oberstaats-

anwalt Klinge bereits erwähnt worden. Hier heißt es:

„In einem Telefonat vom 20.01.2014 teilte OStA Klinge mit, dass sich erneut ein Anwalt des EDA-
THY bei ihm gemeldet habe, der sich nun auch zu einem persönlichen Gespräch in der darauffolgen-
den Woche angemeldet habe. OStA Klinge äußerte seine ‚Verwunderung‘ darüber, wie der Anwalt
Kenntnis über den Sachverhalt erlangen konnte und kündigte an, keine Informationen zu dem Ermitt-
lungsverfahren an ihn herauszugeben.“1044

1040 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 128, E-Mail eines im Abteilungsstab der Abteilung SO (SO AS) tätigen Beamten an die Zeugin Dr.
Vogt vom 14. Februar 2014, 16.23 Uhr, mit dem Betreff: „WG: EILT!! TABELLE Chronologie Komplex Edathy.xls; ARD-Eilmeldung um
17:00 Uhr: BM Friedrich zurückgetreten!“.

1041 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 128, E-Mail eines im Abteilungsstab der Abteilung SO (SO AS) tätigen Beamten an die Zeugin Dr.
Vogt vom 14. Februar 2014, 16.48 Uhr, mit dem Betreff: „WG: EILT!! TABELLE Chronologie Komplex Edathy.xls; ARD-Eilmeldung um
17:00 Uhr: BM Friedrich zurückgetreten!“.

1042 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 130 ff., Chronologie zu Kommunikationsabläufen bzgl. der OP Selm.
1043 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 130 (135), Chronologie zu Kommunikationsabläufen bzgl. der OP Selm.
1044 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 81 (85), Vermerk der Zeugin Greiner vom 12. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 281 – Drucksache 18/6700

bb) Kontaktaufnahme des Bundeskriminalamtes mit der Staatsanwaltschaft Hannover am 31. Januar 2014

In der Chronologie findet sich unter Nennung des Datums „31.01.2014“, „12:13“ Uhr unter Angabe des Kom-

munikationswegs „tel.“ ein Eintrag mit dem „Absender“ „Greiner“ und dem „Empfänger“ „OStA Klinge“, bei

dem unter „Inhalt“ Folgendes ausgeführt wird:

„gem. Auftrag LS wird tel. bei OStA Klinge von der STA Hannover nach dem Sachstand des Verfah-
rens EDATHY gefragt. Andeutung, dass weitere Maßnahmen in der nächsten Zeit wahrscheinlich
seien. Gespräch mit dem Anwalt habe stattgefunden, ihm wurde aber nichts gesagt. Nachfrage, was
der Grund für die tel. Nachfragen des BKA sei, wer an diesen Informationen im BKA interessiert sei
‚An wen geben Sie diese Information weiter?‘ Antwort: An meinen Chef und dieser unmittelbar an
die Amtsleitung, an Herrn Ziercke, der Vorgang wird bei uns im Haus sehr sensibel behandelt. Frage:
‚Und was macht Herr Ziercke damit? Den Innenminister unterrichten? Wenn das einmal in der Politik
ist…‘ Hierzu wird nicht explizit geantwortet, OStA Klinge wird versichert, dass das BKA selbstver-
ständlich auch kein Interesse daran hat, dass die Informationen an EDATHY / in die Öffentlichkeit
gelangen. Daraufhin ‚rudert‘ dieser zurück, kein Vorwurf ans BKA usw. Danach finden keine weiteren
Telefonate mit der StA Hannover mehr statt.“1045

Auch dieser Anruf wird bereits in dem Vermerk vom 12. Februar 2014 erwähnt:

„Am 31.01.2014 wurde erneut telefonisch Kontakt zu OStA Klinge aufgenommen. Er bestätigte den
Besuch des Anwalts und dass er ihm keine Informationen gegeben habe. Er deutete an, dass weitere
Maßnahmen in nächster Zeit wahrscheinlich seien. Weiteres teilte er nicht mit.“1046

c) Hintergrund der Weisung, Kontakt zur Staatsanwaltschaft Hannover zu halten

Der Zeuge Ziercke hat zum Hintergrund der Weisung, zur Staatsanwaltschaft Hannover Kontakt zu halten, in

seiner ersten Vernehmung bekundet:

„[…] Nach Abgabe der aufbereiteten Fallunterlagen an die Staatsanwaltschaft hat es auf der Arbeits-
ebene nach Abgabe der Akten an die Staatsanwaltschaft auf meine Weisung hin Kontakte des BKA
zur Staatsanwaltschaft Hannover gegeben. Die Gründe dafür ergaben sich aus der besonderen Brisanz
des Falles Edathy und weil der Fall Edathy der erste Kategorie-2-Fall aus der Operation ‚Spade‘ für
Deutschland war, der einer Staatsanwaltschaft aufbereitet vorlag. Deshalb wollte ich wissen, ob die
Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren oder eine Durchsuchung einleiten wird.

Eine öffentlich werdende Durchsuchung eines Kategorie-2-Falles in Deutschland hätte eventuell Aus-
wirkungen auf alle anderen Fälle gehabt, die noch in der Bearbeitung waren. Die große mediale Auf-
merksamkeit einer Durchsuchung beim früheren Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses NSU
hätten wir dann mit Beginn der Durchsuchung auch dem Bundesinnenministerium nachberichtet. Dies
ist im Übrigen bei allen besonderen öffentlichen Verfahren, die eine solche Aufmerksamkeit hervor-
rufen können, eine geübte Praxis. Allerdings läuft diese Information an das Bundesinnenministerium
erst immer am Tage der Durchsuchung nach Beginn der Durchsuchung - um da keine Missverständ-
nisse aufkommen zu lassen. […]“1047

Auf nochmalige Nachfrage hat der Zeuge Ziercke weiter ausgeführt:

1045 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 130 (135), Chronologie zu Kommunikationsabläufen bzgl. der OP Selm.
1046 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 81 (85), Vermerk der Zeugin Greiner vom 12. Februar 2014.
1047 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 14.

Drucksache 18/6700 – 282 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Ja, das hatte ich ja zum Ausdruck gebracht, dass ich selbst die Weisung gegeben hatte, dass wir auf
dem Laufenden gehalten werden sogar vor dem Hintergrund der Brisanz des Falles, auch wegen der
Frage, dass sich hier möglicherweise eine Koordinierungsfunktion des BKA ergeben könnte, wenn
bei Edathy alleine durchsucht wird, für die restlichen Fälle - es waren ja insgesamt 80 KAT-2-Fälle,
wenn ich das erinnere - und wegen der Bedeutung, die die Einstufung eines KAT-2-Falles durch eine
Staatsanwaltschaft - das wäre die Erste gewesen in Deutschland - gehabt hätte. Das wollten wir schon
gerne wissen - selbstverständlich -, weil das ja diese von mir eben geschilderten Konsequenzen gehabt
hätte.

Eine solche Durchsuchungsmaßnahme hätte dann letztlich bedeutet, dass auch der Bundesinnenmi-
nister sicherlich gefragt worden wäre, und deshalb haben wir in solchen Fällen üblicherweise - - Das
ist nicht nur in einem Fall wie diesem der Fall; das ist bei Terrorismus der Fall, das ist bei Wirtschafts-
kriminalität der Fall, bei organisierter Kriminalität der Fall, wo diese große Öffentlichkeitswirkung zu
erwarten ist. Da informieren wir dann von uns aus auch das Bundesinnenministerium. […]“1048

Im Rahmen seiner zweiten Vernehmung hat der Zeuge Ziercke ebenfalls ausgeführt, dass es im Zusammenhang

mit der Durchsuchung aufgrund der damit verbundenen öffentlichen Wirkung Koordinierungsaufgaben durch

das Bundeskriminalamt kommen könne.1049

Auf die Frage, ob ihm (Zeuge Ziercke) bereits die Kenntnis vorlag, dass andere Bundesländer in Kategorie-2-

Fällen Durchsuchungsbeschlüsse erlassen hätten, hat der Zeuge Ziercke geantwortet:

„Also, nein, das habe ich erst von dem Abgeordneten Schuster erfahren bei meiner Anhörung am
15.01., dass da schon drei, vier Fälle durchgeführt worden waren. Was ich aber durchaus wusste, war,
dass die Auffassung in Deutschland unterschiedlich ist; aber ich wusste es nicht konkret für diesen
Fall jetzt, ob tatsächlich solche Maßnahmen schon durchgeführt worden waren, weil ich mich immer
von der Prominenz des Kandidaten habe leiten lassen und weil mich, uns, deshalb dieser Fall so be-
sonders interessierte.“1050

Auf die Frage, ob, wenn das Bundeskriminalamt zu einem Strafverfahren Auskunft haben möchte, das nicht

mehr in seiner Hand liegt, eine Rechtsgrundlage erforderlich wäre, hat der Zeuge Ziercke ausgeführt:

„Nein.

[…]

Fragen dürfen wir. Fragen dürfen wir noch. Da kann die Staatsanwaltschaft sagen: ‚Ja, wir wollen
euch bitten, dieses zu koordinieren‘, oder nicht. Jede Staatsanwaltschaft in Deutschland kann das BKA
bitten, einen Sachverhalt zu übernehmen, und ich kann dann entscheiden, ob ich die Kapazitäten habe,
diesem Wunsch nachzukommen, oder nicht. Umgekehrt ist es genauso.”1051

Der Zeuge Braß hat bekundet, dass es eine entsprechende Weisung des Präsidenten gegeben habe, die er wei-

tergegeben habe:

„[…] Ich würde nur den kleinen Unterschied machen, dass ich eine mündliche Weisung des Präsiden-
ten weitergegeben habe an die Abteilung SO, mich darüber zu unterrichten, ich wiederum dann den
Präsidenten unterrichte - also insofern mal eine klassische Stabsaufgabe -, und diese Unterrichtung

1048 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 24.
1049 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 58 f.
1050 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 62.
1051 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 93.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 283 – Drucksache 18/6700

war für mich zum damaligen Zeitpunkt für die Amtsleitung des Bundeskriminalamtes ein normales
Vorgehen bei solchen wichtigen, gravierenden Sachverhalten.

Es ist üblich, dass in solchen Situationen immer versucht wird, den weiteren Verfahrensgang im Blick
zu behalten, weil ja auch in diesem Fall eine Unterrichtung des Staatssekretärs erfolgt ist und weil das
BKA ja auch damit rechnen musste, dass seitens des Ministeriums erneut nachgefragt wird. Aber im
Grunde genommen - das sage ich Ihnen ganz offen - habe ich zu dem Zeitpunkt, als Herr Ziercke mich
damit beauftragt hat, diese Gespräche mit der Abteilung SO zu führen und SO darum zu ersuchen, mit
der Staatsanwaltschaft in Hannover in Kontakt zu bleiben, keinerlei Problem damit gehabt, das zu tun,
weil diese Kontakte ja auch von der Staatsanwaltschaft andersherum auch zu uns erfolgt sind, und
dann hat es verschiedene Telefonate gegeben, die dann auch über mich an Herrn Ziercke herangetra-
gen worden sind.“1052

Eine Rechtsgrundlage für die Nachfragen vermochte der Zeuge Braß nicht zu benennen.1053

Auf die Frage, ob er anonymisierte Beispiele dafür nennen könne, wo man über ein laufendes Verfahren über

den Stand der Abgabe hinaus Informationen einhole, hat der Zeuge Braß bekundet:

„Meine Äußerung, dass es sich um ein übliches Verfahren handelt, bezog sich darauf, dass es üblich
ist, dass der Präsident des BKA sich zu gravierenden Sachverhalten auf dem Laufenden gehalten wis-
sen will. Das sind jetzt keine Verfahren wie das von Ihnen jetzt hier aufzuklärende Verfahren, sondern
das sind Sachverhalte, die ganz normale Vorgänge im Bundeskriminalamt betreffen, wo man einfach
wissen möchte: Wie geht es weiter?“1054

Der Zeuge Schiffels hat zu den Hintergründen der beiden Nachfragen bei der Staatsanwaltschaft Hannover aus-

geführt:

„[…] Es gab ja noch im Januar zwei Kontakte. Das waren dann aktive Nachfragen von Frau Greiner
gewesen bei der StA Hannover, ich glaube, am 21. Januar und noch mal Ende, 31.01. Das ist auf Bitten
von LS erfolgt. Nach meinem Stand war es so gewesen, dass der Leiter LS bei Herrn Theissig ange-
rufen hatte - der war Referent bei SO 12 - und um Feststellung gebeten hatte oder um Mitteilung
gebeten hatte: Wie ist es weitergegangen in dem Fall? - Frau Greiner hat dazu dann diese Anrufe bei
Herrn Klinge getätigt und das dann auch verschriftlicht.”1055

Zu der Motivation der Weisung zu den Nachfragen befragt hat der Zeuge Schiffels angegeben:

„Für mich war das nicht weiter zu hinterfragen, weil es naturgemäß so ist, wenn ein Abgeordneter wie
Herr Edathy hier als Kunde, Tatverdächtiger in einem solchen Fall festgestellt wird, dass Interesse
besteht, wie das in diesem konkreten Fall weitergeht. Ansonsten habe ich mir dazu keine besonderen
Gedanken gemacht.“1056

Der Zeuge Schiffels hat sodann auf konkrete Nachfrage hierzu ergänzt:

„Also, das gibt es auch in anderen Ermittlungsverfahren, dass noch mal mit der Staatsanwaltschaft
gesprochen wird.“1057

1052 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 32.
1053 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 32.
1054 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 32 f.
1055 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 16.
1056 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 16.
1057 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 17.

Drucksache 18/6700 – 284 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Auf die Frage, ob eine solche Nachfrage bei bereits durch das Bundeskriminalamt abgegebenen Verfahren vom

Aufgabenfeld des Bundeskriminalamtes umfasst sei, hat der Zeuge Schiffels bekundet:

„Ja, also, ich würde es jetzt nicht als ungewöhnlich beschreiben. Für mich hat sich die konkrete Frage
auch nicht gestellt, weil aufgrund der besonderen Sensibilität jetzt, die durch die Feststellung dieses
Tatverdächtigen dann auch aufgetreten ist, für mich schon dann nachvollziehbar war, dass Fragen
gestellt werden, wie es in diesem konkreten Fall dann weitergeht.”1058

d) Kenntnisnahme der Information des Zeugen Klinge vom 31. Januar 2014, dass „Maßnahmen
unmittelbar bevorstehen“, durch die Amtsleitung des Bundeskriminalamtes

Der Zeuge Ziercke hat sich im Hinblick darauf, ob er den unter V. 12. b) bb) genannten Inhalt des Telefonats

zwischen den Zeugen Klinge und Greiner vom 31. Januar 2014 zur Kenntnis genommen habe, in seiner ersten

Vernehmung am 15. Januar 2015 auf Vorhalt der in der Chronologie enthaltenen Ausführungen wie folgt geäu-

ßert:

„Ja, das ist ja genau meine Frage. Ob ich eine Führungsinformation bekommen habe zu dem Zeitpunkt,
das kann ich so ohne Weiteres nicht erkennen jetzt. Wenn ich eine bekommen habe, dann war ich
informiert, ja. Ich kann mich nur erinnern an diese Aussage des Staatsanwaltes: Was macht Herr
Ziercke damit? Unterrichtet er den Innenminister? Wenn das mal in der Politik ankommt usw.

[…]

Daran kann ich mich erinnern; daran kann ich mich genau erinnern. Daraufhin habe ich gesagt: Gut,
wenn das so interpretiert wird, dann endet sofort unsere Nachfrage. Dann haben die Staatsanwaltschaft
in Hannover, die Generalstaatsanwaltschaft in Celle und die Staatsanwaltschaft in Frankfurt die allei-
nige Verantwortung dafür, wenn eine Durchsuchungsmaßnahme durchgeführt wird, dass dann nicht
andere gewarnt werden. - Das ist meine Überlegung gewesen.“1059

Auf konkreten Vorhalt der in der chronologischen Darstellung erfolgten Darstellung des Gesprächs am 31. Ja-

nuar 2014 sowie auf die Frage, ob er eine entsprechende Rückmeldung zu dem Telefonat bekommen habe, hat

der Zeuge Ziercke ausgeführt:

„Also, ich sagte ja: Ich kann aus diesem, was ich hier lese jetzt - 31.01.; das ist die Seite 125 - eigentlich
- - habe ich in Erinnerung: Diese Information, was macht Herr Ziercke damit? Unterrichtet er den
Innenminister? - Also diese Reaktion der Staatsanwaltschaft, die ich als Loyalitätskonflikt interpretiert
habe, den ich in der Zukunft auf keinen Fall wollte. Deshalb habe ich gesagt: Dann endet das Ganze
an dieser Ecke. Dann sind die jetzt verantwortlich dafür, was da weiter passiert.“1060

Auf die sodann erfolgte Frage: „Also, Sie können sich nicht daran erinnern, nach dem 31. Januar davon infor-

miert worden zu sein1061, dass konkrete Maßnahmen bevorstehen?“ hat der Zeuge geantwortet:

„Nein, auf keinen Fall. So ist es.“1062

1058 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 16.
1059 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 25.
1060 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 25 f.
1061 Anmerkung des Sekretariats: Bereits an dieser Stelle hat der Zeuge Ziercke, die Frage unterbrechend, „Nein“ geäußert.
1062 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 26.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 285 – Drucksache 18/6700
Auf die danach gestellte Frage, ob die Information über mögliche bevorstehende Exekutivmaßnahmen im Fach-

referat des Bundeskriminalamtes geblieben sei und darüber hinaus keine weiteren Personen erreicht habe, hat

der Zeuge Ziercke geantwortet:

„Überhaupt nicht, überhaupt nicht. Wir waren ja auch völlig überrascht von den Maßnahmen. Denn
wenn ich sehe, 31.01. soll das Telefongespräch gewesen sein; das war elf Tage später dann im Februar.
Das ist ja relativ weit weg dann schon wieder. Also, man müsste ja eigentlich erwarten, dass sie dann
nicht am 31., sondern am nächsten, am 01.02., dann beginnen mit dem - - also am 02.02. dann begin-
nen. Aber das war ja schon wieder dann - - Es waren ja wieder elf Tage ins Land gegangen.“1063

Die Frage, ob er zwischen dem 31. Januar, als die Information im Bundeskriminalamt vorlag, dass etwas bevor-

stehe, und dem 10. Februar mit niemandem darüber gesprochen habe, hat der Zeuge Ziercke verneint.1064 Auf

die Frage: „Auch nicht mit Michael Hartmann?“ hat der Zeuge Ziercke geäußert:

„Nein, auch nicht mit Michael Hartmann, zu keinem Zeitpunkt.“1065

Auf nochmaligen Vorhalt der in der Chronologie enthaltenen Ausführungen bezüglich des Telefonats am 31.

Januar 2014 in seiner zweiten Vernehmung am 25. März 2015 hat der Zeuge Ziercke geäußert:

„Also, er nimmt das ja dann in den nächsten Sätzen - ob das seine sind, weiß ich nicht - - wird es ja
wieder etwas relativiert, das Ganze, aber genau das erinnere ich. Genau dieses erinnere ich; selbstver-
ständlich. Ob ich die Führungsinformation - - das erinnere ich nicht, weil ich meine - - Den ersten Teil
kann ich nicht erinnern, aber den zweiten, wo ich direkt angesprochen war, den erinnere ich, und das
war ja genau mein Hinweis auch: Ich will keinen Konflikt mit der Staatsanwaltschaft, dass hier die
Zusammenarbeit darunter leidet. Dann lassen wir das, dann fragen wir nicht mehr nach.“1066

Der Zeuge Braß hat zu der Frage, was mit der auf die Weisung des BKA-Präsidenten eingeholten Information

zu dem weiteren Verfahren passiert sei, ausgeführt:

„Na, ich habe die Informationen, die mir von SO mitgeteilt worden sind, Herrn Ziercke wiederum
mitgeteilt. Was Herr Ziercke mit diesen Informationen dann im Weiteren gemacht hat, kann ich Ihnen
nicht sagen. Ich kann Ihnen nur sagen, wie er darauf reagiert hat, als nach einem Telefonat Ende Ok-
tober halt klar war, dass die Staatsanwaltschaft Hannover die Frage aufwirft: Was machen Sie mit
diesen Informationen? - Dann kann ich Ihnen sagen, dass danach die Weisung ergangen ist, dass diese
Anrufe dann nicht mehr erfolgen.“1067

Auf die auf diese Ausführung unter anderem anschließende Frage, ob es eine Diskussion oder eine Auswertung

dazu gegeben habe, dass man bei der Staatsanwaltschaft offensichtlich nicht jede Information habe weitergeben

wollen, hat der Zeuge Braß bekundet:

„Das, was dort von der Sachbearbeiterin SO 12 niedergelegt worden ist, ist im Kern das, was dazu
auch in meiner Erinnerung vorhanden ist und was ich Herrn Ziercke auch mitgeteilt habe, woraufhin
er dann halt die Weisung erteilt hat, die Anrufe nicht mehr weiterzuverfolgen, weil das Informations-
interesse des Bundeskriminalamtes an dem weiteren Umgehen mit den Akten, Kategorie 2, aus Sicht
der Staatsanwaltschaft halt eben mit der Frage verbunden wurde: An wen werden die Informationen

1063 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 26.
1064 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 26 f.
1065 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 27.
1066 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 64.
1067 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 33.

Drucksache 18/6700 – 286 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

weitergegeben? - Und in dem Moment ist man gut beraten, dann sich solche Informationen nicht mehr
geben zu lassen.“1068

Konkret zur Reaktion Zierckes auf die Information, dass „die Staatsanwaltschaft nicht mehr wollte, dass da

immer so intensiv und oft nachgefragt“1069 werde:

„Ich habe jetzt erst mal überlegt, was Sie mit ‚intensiv‘ und ‚oft‘ meinen. Deswegen zögere ich jetzt
gerade. Das sind, wenn ich mich richtig erinnere, zwei Anrufe gewesen, aber das war nicht Ihre Frage.
Er hat die Information entgegengenommen und hat sofort die Entscheidung getroffen, dass nicht mehr
angerufen wird, weil die Anrufe sollten jetzt nicht - im Umgangsdeutschen - in einen falschen Hals
hineingeraten, und damit man sich dieser Gefahr entzieht, hat er dann die Weisung gegeben, das sofort
einzustellen.“1070

Der Zeuge Leon hat im Hinblick auf seine Kenntnis von den Durchsuchungsmaßnahmen bekundet:

„Ich habe von den Durchsuchungen bei Edathy am Tag, als es öffentlich wurde, das erste Mal erfah-
ren.“1071

„So, wie es sich mir dargestellt hat – wir haben ja die Chronologie erarbeitet -, war das für das gesamte
BKA überraschend. Es war klar: Irgendwann wird das stattfinden, aber der Tag, das Datum war nicht
bekannt.“1072

Auf konkrete Frage, ob das Bundeskriminalamt bereits vorher von den Durchsuchungsterminen am 10. und 12.

Februar gewusst habe, hat der Zeuge Leon geantwortet:

„Nein, das BKA wusste davon nichts.“1073

B. Vorgänge betreffend den Beamten „X“

Im vorliegenden Kapitel wird der Fall des Beamten des Bundeskriminalamtes („X“), im Folgenden als Beamter

„X“ bezeichnet, dessen Name sich unter den übermittelten Daten der Operation „Spade“ befand, dargestellt.

I. Auffinden des Namens des Beamten „X“ auf der kanadischen Kundenliste – Vorziehen
des Vorgangs und Vorgehen bis zum 31. Januar 2012

1. Beginn der sogenannten „Grobsichtung“ – Auffinden des Namens

Die Entdeckung des Namens des Beamten „X“ in der auf der durch die kanadischen Behörden übergebenen

Festplatte enthaltenen Excel-Tabelle, hat die Zeugin Wiegand - wie bereits dargestellt - wie folgt beschrieben:

„Letzten Endes war das ja am 10.01., als ich die Liste aufgerufen habe und versucht habe, mir den
Überblick über diese Liste zu verschaffen, dass ich runtergescrollt bin und dass ich - ich kann es nicht
erklären - durch Zufall auf diesen Namen gestoßen bin und mir dieser Name einfach bekannt war, vor

1068 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 33.
1069 Formulierung des Fragestellers, Protokoll-Nr. 32, S. 34.
1070 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 34.
1071 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 34.
1072 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 34.
1073 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 34.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 287 – Drucksache 18/6700

allem im Zusammenhang mit dem Wohnort. Ja, dann war ich natürlich erst mal kurz sprachlos.
[…]“1074

2. Ablauf nach Auffinden des Namens

a) Information der unmittelbaren Vorgesetzten Erster Kriminalhauptkommissar Stahl und Krimi-
naldirektor Hoppe – Weisung zur Priorisierung

Den Ablauf im Anschluss an das Auffinden des Namens hat die Zeugin Wiegand sodann wie folgt dargestellt:

„[…] Dann bin ich aber direkt zu meinem Sachgebietsleiter und habe ihm davon geschildert. Dann
haben mein Sachgebietsleiter und ich letzten Endes entschieden, bzw. er hat es für mich entschieden,
dass wir zunächst einmal versuchen müssen, die Person zu identifizieren, eindeutig, weil, wie gesagt,
das waren Kundendaten. Die waren jetzt ja auch nicht verifiziert. Da waren E-Mail-Adressen angege-
ben. Wir haben dann Bestandsdaten erhoben zu diesen E-Mail-Adressen, bis sich dann über Abklärung
ergeben hat, dass es sich um die Person handeln muss. […]“1075

Dass sie in diesem Fall ihre Vorgesetzten informieren müsse, sei ihr, so die Zeugin Wiegand, sofort klar gewe-

sen:

„Mir persönlich ist keine schriftliche Vorgabe dahin gehend bekannt. Aber für mich war sofort klar,
dass ich in dem Fall direkt meinen ersten Vorgesetzten informiere und der dann auch weiß, wieweit
er informiert werden muss.“1076

Der Zeuge Stahl hat den Ablauf wie folgt geschildert:

„Die Kollegin Wiegand ist am 10. Januar, wenn ich mich recht entsinne, 2012 zu mir ins Büro gekom-
men und hat mir dann unter vier Augen mitgeteilt, dass sie auf der Liste beim ersten Drüberschauen
einen Namen gefunden hat, der ihrer Meinung nach identisch sein könnte mit einem Mitarbeiter des
BKA. Sie wollte dann von mir wissen, ob der Vorname passen könnte. Da sei auch ein Ort angegeben,
ob der auch möglich wäre als Wohnort. Ohne dass ich das jetzt explizit wusste, aber aufgrund der
räumlichen Gegebenheiten, habe ich ihr bestätigt, dass das möglich wäre, und habe sie dann darum
gebeten, sofort weitere Ermittlungsmaßnahmen durchzuführen zur Identifizierung, und habe sie auch
erst mal zur Verschwiegenheit verpflichtet, das gegenüber keinem anderen Kollegen oder sonst was
zu sagen, bis wir da Klarheit haben, ob es sich tatsächlich um den Beamten X handelt oder nicht.“1077

„Wir haben dann - - Die Kollegin Wiegand und ich, wir sind dann ebenfalls wieder zum Herrn Krimi-
naldirektor Hoppe als Leiter des Referates gegangen und haben ihn dann darüber unterrichtet, über die
Feststellung, a) dass der Name auf der Liste aufgefunden worden ist und dass auch die ersten Abklä-
rungen für uns keinen Zweifel lassen, dass es sich dabei um die Person auch handelt. Wir haben erst
mal sämtliche sonstigen vorliegenden Informationen, die von Kanada mit übermittelt waren, die uns
abklärbar erschienen - einschließlich der Meldedaten, die wir dazu erhoben haben -, über die örtliche
Polizeidienststelle verifiziert, um auch einen Identitätsdiebstahl, der durchaus möglich ist in dem gan-
zen virtuellen Bereich, bzw. Namensähnlichkeiten oder sonst was ausschließen zu können.“1078

Der Zeuge Hoppe hat seine Befassung mit dem Vorgang zunächst wie folgt beschrieben:

1074 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 49.
1075 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 49.
1076 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 74.
1077 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 49 f.
1078 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 50.

Drucksache 18/6700 – 288 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Ich bin im nächsten Punkt und am nächsten Zeitpunkt dann im Januar 2013[1079] befasst gewesen
mit dem Fall des - so will ich es mal nennen - Beamten X. Anlässlich dieses Umstandes sind die
Kollegen zu mir gekommen, haben mich unterrichtet und haben entsprechend auch - - Wir haben da
entsprechend auch die weitere Verfahrensweise verabredet. […]“1080

„Also, aus heutiger Sicht weiß ich, dass am 10. Januar der Kollegin der Name des Beamten X aufge-
fallen ist und sie am 13. Januar mit ihrem Sachgebietsleiter bei mir war, um mich darüber zu unter-
richten. Sie hatten vorher noch erste, ich sage mal - wie ich dann von den beiden erfuhr -, Abklärungen
gemacht, Nachforschungen gemacht, ob Name und Adresse auch zusammenpassen, um da nicht völlig
unsicher agieren zu können. Sie haben mich dann am 13. Januar, wie gesagt, informiert, und wir haben
vereinbart, dass dieser Vorgang so schnell wie möglich im Rahmen unserer Zentralstellenaufgabe und
vielleicht noch der Erforschungspflicht im Vorfeld eines staatsanwaltschaftlichen Strafverfahrens auf-
bereitet wird. […]“1081

Der Zeuge Hoppe hat im Folgenden weiter ausgeführt:

„Mit Auffinden dieses Namens wurde angewiesen, den Vorgang vorzuziehen, zu bearbeiten und
schnellstmöglich an die Staatsanwaltschaft Mainz abzugeben und dann die Sachbearbeitung, wie sie
besprochen war, so fortzusetzen wie vorher, also nicht eine ausdrückliche Anordnung, nach weiteren
Prominenten oder Polizeikollegen zu gucken, sondern die Namen zu reduzieren auf die tatsächlichen
Besteller, die Namen zu verifizieren, die Namen zu konkretisieren, um sie als Ermittlungsgrundlage
zu nehmen. […]“1082

Auch der Zeuge Herb hat angegeben, in die Angelegenheit eingeweiht gewesen zu sein:

„Informiert wurde ich von dem damaligen Referatsleiter Herrn Hoppe, der in mein Büro kam und die
Tür verschlossen hat, was schon immer ein manchmal gutes, manchmal schlechtes Zeichen ist. In dem
Fall war es so, dass er mich darüber informiert hat, dass der Name des Beamten X auf der Liste zu der
Operation ‚Selm‘ aufgetaucht ist. Er sei selber von der Sachbearbeiterin, der das aufgefallen ist, sowie
dem Sachgebietsleiter kontaktiert worden. Die hätten zu dem Zeitpunkt den Auftrag, die Information
noch näher anzureichern, und er hat mich darüber informiert, dass ich, falls er abwesend ist, hier die
entsprechenden Aufgaben wahrnehmen kann.

Der Infostand zu dem Zeitpunkt war lediglich: Der Name steht auf der Liste. Der Name ist aber nicht
verifiziert. Wir müssen da noch weitere Informationen erheben, ob wir das verdichten können. Dann
haben wir darüber diskutiert, wie in diesem Fall zu verfahren ist, dass zum einen, wenn es zutreffend
ist, es möglichst schnell einer Sachbearbeitung zugeführt werden muss, weil der Beamte X hier, sage
ich mal, eine gewisse Nähe zu unserem Referat hatte. Auf der anderen Seite, sollte sich der Verdacht
nicht erhärten, muss auch alles vermieden werden, dass nur der Vorwurf im Raum steht; denn mit
einem Vorwurf auf unserem Deliktsfeld, der ist - - selbst, wenn er ausgeräumt wird, hängt der immer
noch nach.“1083

Die Zeugin Wiegand hat bekundet, die Weisung, den Vorgang zu priorisieren, habe ihr eingeleuchtet:

„[…] Und es gab, so wie ich mich erinnern kann, keine spezielle Begründung dafür; nein. Ich habe
gesagt bekommen, dass ich den jetzt schnellstmöglich abarbeiten soll, und das habe ich auch so ge-
macht. Und das leuchtete mir auch ein.”1084

1079 Sic!
1080 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 7.
1081 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 11.
1082 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 43.
1083 Herb, Protokoll-Nr. 9, S. 74 f.
1084 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 82.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 289 – Drucksache 18/6700
Zur Frage der Priorisierung hat die Zeugin Wiegand weiterhin bekundet:

„Ja, das ist richtig. Aber die Entscheidung kam nicht - - Also ich kann mich nicht erinnern, ob die von
meinem Sachgebietsleiter war. Mein Sachgebietsleiter hat auf jeden Fall auch meinen Referatsleiter
damals informiert. Da ist eine gemeinsame Entscheidung getroffen worden, dass ich diesen Vorgang
zunächst priorisiert abarbeite.“1085

„Ich kann mich nicht genau daran erinnern, wer das angeordnet hat oder wer mir das zugetragen hat.
Das muss entweder mein Sachgebietsleiter oder die Referatsleitung gewesen sein. Allerdings, ob die
Entscheidung noch von jemand anderem, weiter oben, getroffen wurde, das weiß ich nicht. Mir wurde
sie mitgeteilt durch Sachgebiets- und Referatsleitung.“1086

Als Grund für die Priorisierung hat die Zeugin Wiegand angegeben:

„Ja, gut, für uns war es natürlich schon wichtig, dass der Kollege nichts davon erfährt.“1087

Dazu, ob es eine Weisung gegeben habe, nach Entdeckung des Beamten „X“ die weitere Sichtung des Materials

zu stoppen, hat der Zeuge Hoppe bekundet:

„Das wurde ja im Innenausschuss in der Tat diskutiert, dass es eine Weisung gegeben habe, die weitere
Sichtung des Materials zu stoppen. Die Weisung gab es nicht. Es gab die Anweisung, den Vorgang X
vorzuziehen und abzuarbeiten und dann im Rahmen der ohnehin vorgegebenen Sachbearbeitungs- -
die weiteren Arbeiten an der OP ‚Selm‘ fortzusetzen. Die Kollegin war zu dem Zeitpunkt ja noch nicht
freigestellt, das heißt, es war eine von mehreren Aufgaben, die sie zu dem Zeitpunkt hatte. […]“1088

b) Maßnahmen zur Identifizierung

aa) Prüfung der Adressdaten durch Nachfrage im Referat ZD 25

Aus dem Entwurf eines Vermerks aus dem BKA-Leitungsstab (LS 4-2) vom 27. Februar 2014 geht für den

Zeitraum nach dem Auffinden des Namens des Beamten „X“ folgender Ablauf hervor [Streichungen und

Schwärzungen im Originaldokument]:

„4. Vorgang [geschwärzt]

Während der Bereinigung der Tabelle am 10.01.2012 fiel der Name ‚[geschwärzt]‘ bzw. ‚[ge-
schwärzt]‘ auf, insbesondere im Zusammenhang mit dem Wohnort [geschwärzt].

Zu diesem Zeitpunkt konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob es sich dabei um den namens-
gleichen und mir namentlich bekannten [geschwärzt] im BKA gehandelt hat handelt. Die Tabelle ent-
hielt keine Geburtsdaten.

Trotzdem wurde umgehend EKHK Stahl in seiner Funktion als SGL SO12-1 mündlich informiert.

1085 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 65.
1086 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 73.
1087 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 69.
1088 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 42.

Drucksache 18/6700 – 290 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Durch die weiteren polizeilichen Ermittlungen (Abklärung der angegebenen Kontaktdaten) zwischen
dem 10.01.2012 und dem 13.01.2012 bestätigte sich der Verdacht, dass es sich bei dem in den Be-
weismitteln (Kundenliste) mit Namen [geschwärzt] Bezeichneten um [geschwärzt] im BKA handelt.

Diese Informationen wurden an EKHK STAHL mündlich weitergegeben.

Nach entsprechender Rücksprache erfolgte am 13.01.2012 ein Anruf bei ZD25-2, Koll. S.. Dieser
bestätigte, dass [geschwärzt] in [geschwärzt] an der genannten Adresse wohnhaft ist. Weiterhin ging
aus den Bestandsdaten, die von GMX übermittelt wurden, das Geburtsdatum [geschwärzt] hervor.
Auch das wurde von Herrn S. als das Geburtsdatum des [geschwärzt] bestätigt.

Gegenüber ZD 25 wurde lediglich erwähnt, dass bei SO 12 ein Vorgang aus Kanada existiert, in dem
die Personaldaten des [geschwärzt] genannt sind und nun vorerst überprüft werden soll, ob es sich
tatsächlich um die Daten des [geschwärzt] handelt.

Es wurden keine weiteren Informationen bekanntgegeben.

EKHK Stahl wurde erneut darüber informiert.“1089

bb) Abfrage der bei den Bestellungen angegebenen Kontaktdaten

Aus dem durch die Zeugin Wiegand im Rahmen der Aktenerstellung abgefassten Vermerk ergibt sich, dass die

bei den Bestellungen angegebenen Rufnummern, E-Mail-Adressen und Adressdaten durch Anfragen bei den

Telekommunikationsanbietern, E-Mail-Providern und unter Einschaltung des Polizeipräsidiums Mainz über-

prüft wurden. Bei einer der angegebenen E-Mail-Adressen war der Name des Beamten X beim Provider ange-

geben worden.1090

c) Hintergrund der intensiven Prüfung

Der Zeuge Henzler hat ausgeführt, dass eine in einem anderen Verfahren zuvor vorgekommene Namensgleich-

heit vorliegend dazu geführt hätte, dass man die Identität intensiv geprüft habe:

„Bevor die Kolleginnen und Kollegen von SO 12 dem Gruppenleiter den Fall X auf den Tisch gelegt
haben mit dem Namen, haben die zwei Wochen lang an dem Namen gearbeitet. Grund: Einige Zeit
vorher war passiert, dass sie auch eine andere Liste in einem anderen Verfahren hatten, und da war
eine Namensgleichheit ebenfalls mit einem unserer Beamten. Und dann sind die losmarschiert und
haben gesagt, um Gottes willen, wir haben hier einen usw., und dann fangen doch die Mechanismen
an oder wären angefangen. Und da hat der Gruppenleiter gesagt: Aber bitte noch mal intensiv über-
prüfen. - Und dann stellte sich heraus: Fehlalarm wegen Namensgleichheit, Wohnort usw. und ir-
gendwo ein Zahlendreher. - Und dann hat sich jeder gesagt: Jetzt stellen Sie sich mal vor, wir hätten
jetzt die Amtsleitung informiert, wir hätten ZD und die Staatsanwaltschaft informiert, und es wäre
falsch gewesen. - Und daraufhin hat der Gruppenleiter den Kolleginnen und Kollegen gegenüber eine
klare Ansprache gemacht.“1091

1089 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 303, Bl. 15 (17), Entwurf eines Vermerks von LS 4-2 vom 27. Februar 2014.
1090 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 273 ff. (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Vermerk des BKA vom 30.01.2012, Az. SO 12 112 – 2011

– 0011432296.
1091 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 73.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 291 – Drucksache 18/6700

3. Einsichtnahme in die Gesamtliste durch Vorgesetzte?

Der Zeuge Hoppe hat angegeben, die Gesamtliste in dieser Phase des Verfahrens nicht eingesehen zu haben:

„Die Gesamtliste, auf die Sie wahrscheinlich anspielen, hat sie mir nach meiner Erinnerung nicht ge-
zeigt. Ich habe sie auch nicht eingesehen zu dem Zeitpunkt. Es ging dann um die Daten, die sie schon
aus dieser Liste extrahiert hatte, zum Beamten X. Das ist dann über mehrere Tage immer mal wieder,
ich sage mal, wiederholt worden, wenn weitere Informationen, Daten hinzukamen, wenn sich zum
Beispiel Bestandsdaten von benutzten Mails da verifizieren ließen oder eingegangen sind. Weil wir ja
immer noch ausschließen wollten, dass da ein Datenmissbrauch stattgefunden hatte, haben wir diese
Dinge noch erhoben. Und ich habe mir dann auch mal Bildmaterial angeschaut.”1092

4. Erstellung einer Akte, Vorgehen hierbei

a) Vorgehen bei der Erstellung

Ihr Vorgehen bei der Erstellung der Akte, die das den Beamten „X“ betreffende Material enthielt, hat die Zeugin

Wiegand wie folgt beschrieben:

„Ich würde sagen, dass da keine Ermittlungen angestellt worden sind, sondern dass wir ausgewertet
haben, die Daten zusammengestellt haben und dann der Staatsanwaltschaft zur Entscheidung überge-
ben haben. Das war natürlich im ersten Moment, als ich das erfahren habe, wie ich eben schon gesagt
habe, klar ein Schock, aber dann nicht weiter belastend. Es wurde dann zusammengetragen, aufbereitet
und abgegeben zur Entscheidung.“1093

„Das war so, dass ich die Akte ziemlich eigenständig zusammengestellt habe, dass sich aber mein
Referatsleiter und mein damaliger stellvertretender Referatsleiter schon unten im Auswerteraum ge-
meinsam mit mir da ein Bild drüber machen wollten. In dem Zusammenhang haben sie sich die für
die konkrete Person bestimmten Beweismittel auch mit mir angeschaut und haben sich diese Zusam-
menhänge eben erklären lassen.“1094

„[…] Eingemischt in der Form hat sich niemand. Aber der Vermerk, den ich dazu erstellt habe, der
wurde gegengelesen von meiner Referatsleitung.“1095

Dass die Erstellung der Akten drei Wochen dauerte, hat die Zeugin Wiegand wie folgt begründet:

„Hintergrund der Dauer ist mit Sicherheit auch gewesen, dass es ganz am Anfang des Verfahrens stand
und dass es eben noch sehr viele grundsätzliche Fragen gab zu diesem Gesamtverfahren und zu den
Beweismitteln und da ein enger Austausch mit den kanadischen Behörden noch stattgefunden hat.
Also, wenn man da schon mitten im Verfahren drin gewesen wäre, wäre das sicher schneller gegan-
gen.“1096

Der Zeuge Stahl hat sich zu diesem Aspekt wie folgt geäußert:

„[…] Die gesamten Beweismittel mussten ja erst mal zu diesem Beamten X komplett gesichtet werden
und auch bewertet werden, sprich: jede einzelne Bestellung, alles an Informationen. Da das von uns

1092 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 43.
1093 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 77.
1094 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 65.
1095 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 65.
1096 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 70.

Drucksache 18/6700 – 292 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

als Fachdienststelle zu leisten ist, musste das natürlich erst gemacht werden, bevor das quasi an eine
andere Organisationseinheit oder auch an die Staatsanwaltschaft dann abgegeben werden kann.“1097

Der Zeuge Herb hat sich hierzu bekundet:

„Also, 10. Januar war nach meinem Kenntnisstand erst Kenntnisnahme durch die Kollegin, und am
13. Januar, nachdem weitere Informationserhebungen waren, Info an die Referatsleitung. Der genaue
Tag, wann mir das der Herr Hoppe gesagt hat, der ist mir nicht mehr bekannt. Es war wohl aber auch
der 13., wie ich aus den Unterlagen entnommen habe. In irgendeiner Gesprächsnotiz stand drin, dass
man sich auch mit mir über den Vorgang unterhalten hat. Es waren ja noch verschiedene Abklärungen
erforderlich. Ich meine, da sind auch Rückfragen erfolgt; das kann man nicht immer beeinflussen. Wie
ich es eben dargestellt habe, konnte die Kollegin auch nicht jederzeit, weil sie auch mit mehreren
Mitarbeitern im Büro saß, an dem Vorgang arbeiten. Wenn wir uns Mails untereinander zu diesem
Vorgang zugeschickt haben, stand da auch niemals der Name des Betreffenden drin; weil es kann
immer sein, dass mal jemand hinter Ihnen steht und zufällig auf den Bildschirm schaut. Also, da stan-
den ihr auch nur begrenzte Zeiten zur Verfügung. Insofern haben mich jetzt die zwei Wochen nicht
verwundert.“1098

b) Gegenlesen des Vermerks durch den Zeugen Herb

Der Zeuge Herb hat seine Einbindung in die Erstellung der Akte wie folgt beschrieben:

„Ich habe ihn insofern weiter verfolgt, dass mir der Einleitungsvermerk, soweit ich mich noch erin-
nere, vorgelegt wurde. Das war an einem Freitagabend. Also, die Arbeiten durch die Kollegin wurden
natürlich auch immer so durchgeführt, dass möglichst niemand sonst im Referat davon mitbekommt.
Auch die Sichtung der Materialien, die bestellt wurden vom Beamten X, konnte sie halt immer nur
dann sich anschauen zu Zeiten, wo regelmäßig keiner arbeitet. Aber die genauen Arbeitsschritte, die
habe ich dann nicht verfolgt, sondern ich habe den Einleitungsvermerk vorgelegt bekommen, habe
den gegengelesen und habe dort meine Ergänzungs-/Änderungsvorschläge mit eingebracht. Den habe
ich dann dem Referatsleiter zukommen lassen und der Sachbearbeiterin nachrichtlich.“1099

c) Kategorienbildung zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben

Die Zeugin Wiegand hat klargestellt, dass im Zeitpunkt der Erstellung der den Beamten „X“ betreffenden Akten

noch keine Kategorien (Kategorie 1 und 2 – strafrechtlich relevant – nicht strafrechtlich relevant) gebildet wor-

den seien. Man habe die durch den Beamten „X“ bezogenen Bilder als „grenzwertig“ eingeschätzt:

„Also, wir haben die Bilder als grenzwertig bezeichnet.“1100

„Also, wir haben es als grenzwertig bezeichnet, haben das komplette Beweismaterial, was die Person
betraf, eben auch auf Datenträger gebrannt und zur Entscheidung der örtlichen Staatsanwaltschaft
übergeben, und die hat dann letzten Endes die Entscheidung getroffen, wie sie es einstuft.“1101

Auch der Zeuge Schiffels hat angegeben, das durch den Beamten „X“ bezogene Material sei ihm gegenüber als

grenzwertig bezeichnet worden:

1097 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 56.
1098 Herb, Protokoll-Nr. 9, S. 84.
1099 Herb, Protokoll-Nr. 9, S. 75.
1100 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 70.
1101 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 70.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 293 – Drucksache 18/6700

„[…] Liegt strafbares Material vor? Da sind dann auch entsprechend Aussagen dazu getätigt worden.
Ganz genau konnte man sich nicht festlegen. Es wurde von grenzwertigem Material zu diesem Zeit-
punkt gesprochen, was natürlich dann insbesondere auch die Möglichkeit nahelegt: Das ist strafbares
Material. […]“1102

d) Keine Weisung zum „Stoppen“ der Abarbeitung der Liste aus der Operation „Selm“

Die Zeugin Wiegand hat klargestellt, dass mit der Weisung zur Priorisierung der Erstellung der den Beamten

„X“ betreffenden Akten nicht die Weisung einhergegangen sei, dass sie die Liste an sich nicht weiter bearbeiten

dürfe:

„Es gab niemanden, der gesagt hat, dass ich diese Liste nicht weiter bearbeiten darf. Aber ich habe
von meinem Vorgesetzten gesagt bekommen, dass ich diesen Vorgang als Erstes priorisiert abarbeiten
soll. Das hat für mich bedeutet, dass ich den zunächst priorisiere. Als der abgegeben wurde, bin ich
wieder an die Liste zurückgegangen bzw. an die Gesamtbeweismittel zurückgegangen.“1103

Der Zeuge Stahl hat im Hinblick auf diesen Aspekt bekundet:

„Eine Weisung ist mir dazu nicht bekannt, habe ich auch nicht erteilt, quasi die weitere Bearbeitung
von ‚Spade‘ zu unterbrechen, sondern es war erst mal vorrangig von mir an die Kollegin Wiegand,
dass dieser Fall fertiggemacht wird, also sprich: umfassend zusammengefügt wird, damit die Beweis-
mittel und auch das Ergebnis unserer Bewertung zu den Beweismitteln, sprich: den Bildern, vorgelegt
werden kann.“1104

e) Umfang der Bestellungen des Beamten „X“, die sich aus den Akten des Bundeskriminalamtes
ergeben

Aus den dem Untersuchungsausschuss vorliegenden Akten ergibt sich, dass im Zeitraum zwischen Oktober

20091105 und Januar 20111106 durch eine Reihe von Bestellvorgängen1107 Produkte unter Angabe des Namens

des Beamten „X“ bei Azov Films bezogen wurden.

Von diesen bestellten Produkten wurden im Rahmen der zeitlich später erfolgten Kategorisierungen im Rahmen

der Operation „Selm“ gut 1/3 als Kinder- bzw. Jugendpornografie eingestuft.1108 Der überwiegende Teil der

Produkte wurde als „nicht strafrechtlich relevant“ eingestuft.

In der durch die kanadische Polizei übersandten Excel-Datei finden sich die folgenden Nennungen des Beamten

„X“:

1102 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 11.
1103 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 64.
1104 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 56.
1105 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 9, Bl. 77, Lieferschein aus Oktober 2009.
1106 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 19, Bl. 42 f., Lieferschein aus Januar 2011.
1107 Die Lieferscheine finden sich in den Ordnern MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 9 und 10 sowie in Ordner 13 bis 19.
1108 MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 71, Bl. 98 ff., 131 ff.,146 f., 170 ff., 187 f., 194 f., 204 f., 210 ff., 240, 252 ff., 339 ff., MAT A-BKA 18(27)1,

Ordner 72, Bl. 60 ff., 76 ff., Auswerteberichte von SO 12; MAT A-BKA 18(27)1, Ordner 71, Bl. 252 ff., MAT A- BKA 18(27)1, Ordner 72, Bl.
148 ff., 151 ff., Auswerteberichte von SO 12.

Drucksache 18/6700 – 294 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Im Tabellenblatt „Germany – All Orders“ (6.589 Datensätze) wird der Klarname des Beamten „X“ in den Zeilen

1.123 bis 1.129 und 3.415 bis 3.432 genannt; im Tabellenblatt „Germany Targets 2010“ (1.929 Datensätze) wird

der Klarname des Beamten „X“ in den Zeilen 340 bis 342 und 1.001 bis 1.004 genannt und im Tabellenblatt

„Germany – Digital Download Logs“ (23.512 Datensätze) erfolgte die Nennung in den Zeilen 3.547 bis 3.571

und 13.811 bis 13.907.1109

5. Information der Hierarchie über den Vorgang

a) Information von Gruppen- und Abteilungsleiter

Der Zeuge Hoppe hat bekundet, dass am 27. Januar 2012 die weiteren Hierarchieebenen informiert worden

seien:

„Und am 27. habe ich dann meinen nächsthöheren Vorgesetzten, den Gruppenleiter, informiert, er
daraufhin den Abteilungsleiter. […]“1110

„Wir waren uns einig oder er war einverstanden mit meiner Vorgehensweise oder meinem Vorschlag,
dass wir das an die zuständige Staatsanwaltschaft geben, dass wir in unserem Haus den Geheimschutz
oder die internen Ermittlungen mit diesem Vorgang betrauen, dass wir eigentlich als SO 12 mit dem
Vorgang auch gar nichts mehr weiter zu tun haben, also auch wir gar nicht eine Ansprechstelle für die
Staatsanwalt sein sollen.

Wir haben dann gemeinsam den Abteilungsleiter informiert. Der wiederum hat gesagt: Er würde am
Wochenende - der 27. war nach meiner Erinnerung ein Freitag - ohnehin auf Dienstreise mit dem
Präsidenten gehen und anlässlich dieser Dienstreise den Präsidenten unterrichten. Ich habe dann am
30. - das war, glaube ich, der Montag - die Rückmeldung bekommen, dass der Präsident informiert
worden sei vom Abteilungsleiter, per SMS, weil die beiden ja im Ausland waren, und auch Zustim-
mung zu der Verfahrensweise - - habe am gleichen Tag noch mit unserem Geheimschutz und den
internen Verwaltungsermittlern einen Termin vereinbart, und wir sind, glaube ich, am 30. oder 31.
dort noch mal persönlich vorstellig geworden, haben den Fall dort geschildert und uns vereinbart, dass
wir schnellstmöglich einen Termin bei der Staatsanwaltschaft Mainz bekommen. […]“1111

Der Zeuge Schiffels hat hierzu ausgesagt:

„[…] Der Referatsleiter SO 12 ist damals zu mir gekommen mit einer Sachbearbeiterin, mit Frau
Wiegand, und hat mir mitgeteilt, dass man im Rahmen der Fallbearbeitung festgestellt hat, dass sich
auf dieser Kundenliste ein Beamter des Bundeskriminalamtes befindet. Dann sind auch nähere Erläu-
terungen dazu gemacht worden, sehr grob allerdings nur zu diesem Zeitpunkt, wo denn diese Infor-
mationen herkommen, was Gegenstand oder Umfang dieser Kundenliste ist, sehr grob allerdings nur.
Ich habe dann ganz konkret nachgefragt, ob wir sicher sind, dass es sich bei der Person, die benannt
wurde, der Beamte X, auch wirklich um ihn handelt, um da auch zu belastbaren Informationen zu
kommen, weil natürlich von großer Bedeutung war, mit diesem Sachverhalt sehr angemessen umzu-
gehen. Das ist mir dann auch dargelegt worden vom Referatsleiter SO 12, von Herrn Hoppe, und auch
von Frau Wiegand, wie denn die kriminalpolizeilichen Feststellungen dazu waren. […]“1112

1109 MAT A-RP 18(27)15-1, Bl. 2, Anschreiben des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz vom 30. Sep-
tember 2014.

1110 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 12.
1111 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 12.
1112 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 11.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 295 – Drucksache 18/6700

„[…] Wir haben zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Detail über den Hintergrund gesprochen, wo denn
diese Kundenliste herkommt. Ich weiß noch, dass Frau Wiegand bereits einen Vermerk dabeihatte,
weil ich habe mir das dann auch zeigen lassen in diesem Sachverhaltsvermerk, der zu dem Beamten
X geschrieben wurde. Ja, nach diesem Sachvortrag dazu habe ich dann direkt danach im Beisein von
Herrn Hoppe meinen damaligen Abteilungsleiter unterrichtet. Das war Herr Henzler. […]“1113

Der Zeuge Henzler, seinerzeit Leiter der Abteilung SO, hat sich im Hinblick auf die Kenntnisnahme von dem

Vorgang folgendermaßen geäußert:

„[…] Also, mir ist am 27. Januar, an einem Freitagnachmittag, in einem Telefonat mit dem damaligen,
auch jetzigen noch, Gruppenleiter der Gruppe SO 1 und dem damaligen Referatsleiter SO 12, also
dieses besagten Referates, mitgeteilt worden, dass eine Verdachtslage gegen den Beamten X besteht,
und auch schon mitgeteilt worden, dass man erste Abgleiche, erste Ermittlungen zu den mutmaßlich
verwandten E-Mail-Adressen, eingesetzten Mobilfunknummern durchgeführt hatte, und mitgeteilt,
dass es sich nach der Einschätzung des Fachreferates um grenzwertiges Material handelt. Also, es war
nicht die Mitteilung, dass es sich, auch aus Sicht unserer polizeilichen Fachleute, um eindeutiges KiPo-
Material handelt, sondern grenzwertiges Material.

Und wir haben dann die Sachlage erörtert und vereinbart, dass das Referat einen Vermerk fertigt über
seine bisherigen Feststellungen und dieser Vermerk umgehend dem Referat ZD 25 - das ist das Refe-
rat, was auch Verwaltungsermittlungen, oder andere sagen dazu: interne Ermittlungen, durchführt -
übergeben wird. Uns war klar, dass dieses Material oder dieser Vermerk, diese Feststellungen umge-
hend einer Staatsanwaltschaft vorzulegen waren, wobei wir sofort an die für den Wohnsitz zuständige
Staatsanwaltschaft Mainz gedacht haben, und dass das Ganze natürlich auch der Amtsleitung, Präsi-
dent Ziercke und den damaligen beiden Vizepräsidenten, zur Kenntnis gegeben werden musste.
[…]“1114

b) Klärung des weiteren Vorgehens mit dem Präsidenten

Der Zeuge Schiffels hat dargestellt, dass in dem Gespräch mit dem Zeugen Henzler am 27. Januar 2012 bereits

erörtert wurde, dass der Vorgang durch das Referat ZD 25 weiter bearbeitet werde:

„[…] Ich habe Herrn Henzler dazu unterrichtet. Und dann war natürlich die Frage zu erörtern: Wie
geht es weiter? Was natürlich die Feststellung war, was für solche Sachverhalte immer der eingeschla-
gene Weg ist, dass die Amtsleitung unterrichtet wird und natürlich dann in der Folge es wahrscheinlich
so sein wird, dass bei uns das zuständige Fachreferat Geheimschutz, ZD 25, diesen Fall übernimmt
bzw. was die dienstrechtlichen Aspekte betrifft, aber auch die weitere Fallbearbeitung von dort erfolgt.
Dazu konnten aber jetzt noch keine Festlegungen getroffen werden, sondern Herr Henzler hat dann
mitgeteilt, dass er das mit der Amtsleitung besprechen wird. Das ist dann auch erfolgt. Er hat dann
eine Rückmeldung gegeben an mich. Das war am Montag, dem 30., dass das mit dem Präsidenten
abgestimmt wurde und der Präsident damit einverstanden ist, dass dieser Weg beschritten wird, also
ZD 25 einschalten. […]“1115

Der Zeuge Henzler hat bekundet, dass er dies anlässlich einer anstehenden Auslandsdienstreise mit dem Zeugen

Ziercke abgestimmt habe:

„[…] Und da ich ohnehin ihn am Sonntag sehen würde - da sind wir zusammen auf eine Auslands-
dienstreise geflogen -, haben wir dann vereinbart, dass ich den Präsidenten am Sonntag unterrichte

1113 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 11.
1114 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 53 f.
1115 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 11.

Drucksache 18/6700 – 296 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

und eine Rückmeldung gebe, ob er mit der Verfahrensweise - Staatsanwaltschaft Mainz, Vermerk an
ZD 25 - einverstanden ist, was er dann auch war.

Das habe ich dann rückgekoppelt per SMS, und daraufhin sind die Kollegen, in dem Fall der Leiter
der Gruppe SO 1, mit dem Referatsleiter zum damaligen Vizepräsidenten Stock gegangen, haben ihn
unterrichtet über den Sachverhalt, haben ebenfalls den Vorschlag vorgebracht, Staatsanwaltschaft, in-
terne Ermittlungen durch ZD 25. Und Herr Stock ist dem auch gefolgt, und so ist dann der Vermerk,
der Einleitungsvermerk, die Strafanzeige bei der StA Mainz erstattet worden.“1116

Der Zeuge Ziercke hat sich bezüglich seiner Kenntnisnahme von dem Vorgang wie folgt geäußert:

„Ich weiß noch - das muss Anfang 2012, meine ich, schon gewesen sein -, dass diese Information in
der Abteilung SO hochkam. Ich bin dann auch informiert worden darüber, und wir haben sofort gesagt:
Jetzt sind beweissichernde Maßnahmen natürlich erforderlich, das heißt, der Beamte darf erst mal
nichts davon erfahren, dass wir das wissen. Wir müssen das Strafverfahren sofort so weit führen, dass
wir eine Staatsanwaltschaft gewinnen, dass dieses ausgeklammert wird aus dem Azov-Verfahren, son-
dern das muss ein Fall sein, der sofort bearbeitet werden muss, um dann für das Bundeskriminalamt
entsprechende Entscheidungen auch herbeizuführen; denn bisher war ja nur der Verdacht da, und ich
kann mich erinnern: Die erste Bewertung, die kam, war: Ist strafrechtlich nicht relevantes Material.
Ich habe mir das dann selbst angesehen und war der Meinung, dass dieser Beamte ein psychisches
Problem haben musste. Das war mir sehr schnell klar im Grunde auch, und wir haben dann eine Staats-
anwaltschaft gefunden - ich weiß nicht, ob das die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach war; das weiß
ich jetzt nicht ganz genau; kann das sein, Bad Kreuznach? - und haben dann dieses Verfahren vorge-
zogen, um auf jeden Fall alle Maßnahmen nach innen so weit abzudecken, dass hier nicht zusätzliche
Beweismittelvernichtung stattfinden kann. […]“1117

c) Übergabe des Vorgangs vom Referat SO 12 an das Referat ZD 25 und Abgabe an die Staatsan-
waltschaft Mainz

Am 30. Januar 2012 fand zwischen den Zeugen Schiffels, Hoppe und Spaniol eine Besprechung statt, in der der

Zeuge Spaniol über den Sachverhalt betreffend den Beamten „X“ unterrichtet und die weitere Vorgehensweise

erörtert wurde. Das Referat ZD 25 erhielt von SO 12 „alle relevanten Aktenstücke/Beweisunterlagen“. 1118

Der Zeuge Schiffels hat hierzu bekundet:

„[…] Das war am Montag, dem 30., dass das mit dem Präsidenten abgestimmt wurde und der Präsident
damit einverstanden ist, dass dieser Weg beschritten wird, also ZD 25 einschalten. Demzufolge hat
dann auch eine Besprechung stattgefunden mit Herrn Spaniol am Morgen des 30. Januar. Da waren
Herr Hoppe und ich bei Herrn Spaniol gewesen. Da war noch ein Mitarbeiter dabei, glaube ich, von
Herrn Spaniol. Wir haben dann die vorliegenden Informationen dort vorgestellt und den Vermerk
übergeben, den die Frau Wiegand geschrieben hatte. Insoweit ist dann auch erörtert worden: Wie
könnte es weitergehen? Wie sollte es weitergehen? Da, glaube ich, hat Herr Hoppe auch noch mal
dargestellt, dass wir zu diesem Zeitpunkt auch noch keine Staatsanwaltschaft hatten, was diesen spä-
teren Gesamtkomplex OP ‚Selm‘ betrifft, und es naheliegend war, die örtlich zuständige Staatsanwalt-
schaft für den Wohnort des Beamten X mit diesen Ermittlungen zu betrauen bzw. den Fall an diese
Staatsanwaltschaft zu übergeben. Das war Gegenstand dieser Erörterung.

Ich kann mich noch erinnern: Danach habe ich den Vizepräsidenten Stock unterrichtet über das Er-
gebnis der Besprechung mit ZD 25, und er hat das dann auch so zur Kenntnis genommen, hat auch

1116 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 54.
1117 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 72.
1118 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 183, Bl. 26, Kommunikationsübersicht des Referates SO 12.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 297 – Drucksache 18/6700

der Vorgehensweise zugestimmt, weil ich weiß, der Präsident war zu dem Zeitpunkt dann mit Herrn
Henzler auf Dienstreise, ich glaube, auf Auslandsdienstreise. Auf jeden Fall war das jetzt mit der
Amtsleitung abgestimmt. An der Stelle hat der Vorgang dann zunächst mal für mich, was die Unter-
richtung der Amtsleitung betrifft, ein Ende gehabt. […]“1119

Der Zeuge Hoppe hat bekundet, es habe zwischen ihm und den Zeugen Schiffels und Henzler Einigkeit darüber

bestanden, den Vorgang an die Staatsanwaltschaft Mainz abzugeben und innerhalb des Bundeskriminalamtes

das Referat ZD 25 mit der weiteren Bearbeitung zu betrauen:

„Wir waren uns einig oder er war einverstanden mit meiner Vorgehensweise oder meinem Vorschlag,
dass wir das an die zuständige Staatsanwaltschaft geben, dass wir in unserem Haus den Geheimschutz
oder die internen Ermittlungen mit diesem Vorgang betrauen, dass wir eigentlich als SO 12 mit dem
Vorgang auch gar nichts mehr weiter zu tun haben, also auch wir gar nicht eine Ansprechstelle für die
Staatsanwalt sein sollen.

Wir haben dann gemeinsam den Abteilungsleiter informiert. Der wiederum hat gesagt: Er würde am
Wochenende - der 27. war nach meiner Erinnerung ein Freitag - ohnehin auf Dienstreise mit dem
Präsidenten gehen und anlässlich dieser Dienstreise den Präsidenten unterrichten. Ich habe dann am
30. - das war, glaube ich, der Montag - die Rückmeldung bekommen, dass der Präsident informiert
worden sei vom Abteilungsleiter, per SMS, weil die beiden ja im Ausland waren, und auch Zustim-
mung zu der Verfahrensweise - - habe am gleichen Tag noch mit unserem Geheimschutz und den
internen Verwaltungsermittlern einen Termin vereinbart, und wir sind, glaube ich, am 30. oder 31.
dort noch mal persönlich vorstellig geworden, haben den Fall dort geschildert und uns vereinbart, dass
wir schnellstmöglich einen Termin bei der Staatsanwaltschaft Mainz bekommen. […]“1120

Zum Inhalt der Besprechung mit ZD 25 hat der Zeuge Hoppe weiter bekundet:

„Eigentlich haben die nur mit uns den Termin vereinbart, und wir haben mit ihnen vereinbart, dass wir
dann aus dem Vorgang raus sind, dass alle Rücksprachen, die die Staatsanwaltschaft Mainz - das hatte
ich eben schon gesagt - gegebenenfalls Richtung BKA hätte, dann dort abzuladen sind, einzugehen
haben, weil wir nicht als zuständig für den Bereich Kinderpornografie, Jugendpornografie mit diesem
Sachverhalt noch weiter befasst sein wollten.“1121

Nach dieser Besprechung, so der Zeuge Hoppe weiter, sei der Fall für ihn dann „abgehakt“ gewesen.1122

Der Zeuge Henzler hat bestätigt, dass der Präsident des Bundeskriminalamtes mit der genannten Vorgehens-

weise einverstanden gewesen sei:

„[…] Und da ich ohnehin ihn am Sonntag sehen würde - da sind wir zusammen auf eine Auslands-
dienstreise geflogen -, haben wir dann vereinbart, dass ich den Präsidenten am Sonntag unterrichte
und eine Rückmeldung gebe, ob er mit der Verfahrensweise - Staatsanwaltschaft Mainz, Vermerk an
ZD 25 - einverstanden ist, was er dann auch war. […]“1123

1119 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 11 f.
1120 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 12.
1121 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 12 f.
1122 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 13.
1123 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 54.

Drucksache 18/6700 – 298 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

d) Hintergrund der direkten Abgabe an die Staatsanwaltschaft Mainz ohne Einschaltung der ZIT

Zum Hintergrund der direkten Abgabe des Vorgangs an die Staatsanwaltschaft Mainz hat der Zeuge Stahl aus-

gesagt:

„Weil in diesem Fall ja schon eine örtlich zuständige Staatsanwaltschaft bestimmbar war, also damit
keine Inanspruchnahme der Generalstaatsanwaltschaft mehr erforderlich war, zumal die General-
staatsanwaltschaft den Vorgang ja auch dann genommen hätte und ihn, da eine örtliche Staatsanwalt-
schaft bestimmbar war, an die damals dann zuständige Staatsanwaltschaft weitergegeben hätte.“1124

Die ZIT, so der Zeuge Stahl weiter, sei später jedoch informiert worden. Auf die Frage, ob die Abgabe an die

Staatsanwaltschaft Mainz mit der ZIT abgesprochen gewesen sei, hat der Zeuge Stahl bekundet:

„Nein. Zu diesem Zeitpunkt war die ZIT noch nicht als Staatsanwaltschaft im Rennen. Es wurde ihr
aber anschließend bei den ersten Kontaktaufnahmen zu dem Gesamtverfahren direkt mitgeteilt, dass
bereits ein Vorgang bei einer anderen Staatsanwaltschaft anhängig ist als Ermittlungsverfahren,
ja.“1125

Der Zeuge Herb hat sich zu diesem Aspekt wie folgt geäußert:

„Ja, hier in dem Fall war ja eine örtliche Zuständigkeit feststellbar aufgrund des Wohnortes des Tat-
verdächtigen, sodass wir entschieden haben, dann hier in dem Fall auch an die örtlich zuständige
Staatsanwaltschaft den Fall abzugeben.“1126

6. Dienstliche Kontakte der Akteure zum Beamten „X“

Die als Zeugen vernommenen BKA-Beamten haben im Hinblick auf ihre Kontakte zum Beamten „X“ die fol-

genden Angaben gemacht:

Die Zeugin Wiegand hat angegeben, den Beamten „X“ nicht persönlich gekannt zu haben1127 und hat auf Nach-

frage im Hinblick auf das Erkennen des Namens und des Wohnorts bei Ansicht der Excel-Datei hinzugefügt:

„Ich wusste auch nicht, wo er wohnt. Der Ort war einfach örtliche Nähe zu Wiesbaden. Also, ich
wusste zu dem Zeitpunkt, wo ich das gelesen habe, nicht, wo er wohnt.“1128

Der Zeuge Liersch hat angegeben:

„Ich hatte noch nie mit dem Kollegen Kontakt.“1129

Der Zeuge Hoppe hat auf die Frage, ob er mit dem Beamten „X“ persönlich bekannt war, bekundet:

„Ich war mit ihm dienstlich bekannt. Persönlich, würde ich sagen, war ich mit ihm nicht bekannt. Er
war mal mein Dienstvorgesetzter und Projektleiter während meines Auslandsaufenthaltes, hat mich
da auch im Ausland aus dienstlichen Gründen - nicht mich, sondern das Projekt - zwei- oder dreimal
besucht, hat mich auch einmal beurteilt. Er hat aber ansonsten keinerlei direkten dienstlichen Kontakt

1124 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 50.
1125 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 50.
1126 Herb, Protokoll-Nr. 9, S. 75 f.
1127 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 74.
1128 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 74.
1129 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 41.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 299 – Drucksache 18/6700

mit mir gehabt außer der Tatsache, dass er halt ab und zu mal auch den Abteilungsleiter vertreten hat
und dann eben auch wieder mein Dienstvorgesetzter war. Ansonsten waren wir ja in zwei verschiede-
nen, getrennten Gruppen aktiv.”1130

Der Zeuge Ziercke hat auf die Frage nach seinem Verhältnis zum Beamten „X“ und danach, ob es auch privat

Kontakt gab, ausgeführt:

„Es gab überhaupt keine privaten Kontakte. Ich habe ihn nur dienstlich gekannt, und die Kontakte
waren auch nur sporadisch. Er hat mich auch mal auf Dienstreisen begleitet. Aber sonst nicht,
nein.“1131

Der Zeuge Spaniol hat auf die Frage, ob er den Beamten „X“ kenne und ob dienstlich oder privat, angegeben:

„Privat kannte ich ihn nicht, ich kannte ihn dienstlich. Er war ja in herausgehobener Eigenschaft im
Bundeskriminalamt, als Gruppenleiter. Insofern: Man kennt, sage ich mal, die Gruppenleiter. Dienst-
lich hatte ich bis dato nichts mit ihm zu tun, privat auch nicht. Aber man kennt sich halt, weil man
weiß, wer die Führungskräfte im Bundeskriminalamt sind. Man kennt sich, in diesem Rahmen.“1132

Der Zeuge Becker hat auf die Frage, ob er den Beamten „X“ gekannt habe, ausgeführt:

„Ich war ein Jahr, wie gesagt, vorher in der Abteilung SO, bevor ich in das Länderpraktikum gewech-
selt bin, war aber in einer anderen Gruppe, sodass ich ihn zwar kannte und wusste, wer es war, aber
keinen persönlichen Kontakt hatte, mit Ausnahme einer Abteilungsveranstaltung, an der alle Höherer-
Dienstler teilnahmen. Aber ansonsten nicht.“1133

Der Zeuge Meyer hat, nach seinem Kontakt zum Beamten „X“ befragt, geantwortet:

„Ich kann ihn vom Sehen her. Wir hatten im Rahmen meiner früheren Tätigkeit bei ZV 15 - ich war
zunächst mal früher Referent bei ZV 15 gewesen - mal für die entsprechende Org.-Einheit ein Rechts-
gutachten abgegeben. In dem Zusammenhang hatte ich mal mit ihm gesprochen. Ich kannte ihn flüch-
tig.“1134

Der Zeuge Schiffels hat auf die Frage, ob er den Beamten „X“ auch persönlich kenne, bekundet:

„Ja, natürlich. Ich kenne ihn schon über 30 Jahre. Auch in der Zeit, in der ich noch im gehobenen
Dienst gearbeitet habe, in den 80er-Jahren, kannte ich ihn schon. Was jetzt die Abteilung SO betrifft,
die früher OA hieß, Organisierte und Allgemeine Kriminalität, war ich - das hatte ich schon mal er-
wähnt - bis 2004 eingesetzt, und in der Zeit, speziell in den 90er-Jahren, war er dort auch eingesetzt
als Referatsleiter. Er ist dann später in eine andere Abteilung gegangen. Als ich dann 2011 zurückkam,
war er einer der fünf Gruppenleiter in der Abteilung SO, und wir haben uns natürlich regelmäßig
getroffen, gesehen bei Gruppenleiterbesprechungen. Die gibt es zweimal die Woche. Ja, insofern hatte
ich eigentlich einen Kontakt wie zu jedem anderen Gruppenleiter in der Abteilung auch, bis zu diesem
Zeitpunkt.“1135

Auf die Frage nach privaten Kontakten zum Beamten „X“ hat der Zeuge Schiffels ausgeführt:

1130 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 30.
1131 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 72.
1132 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 10.
1133 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 31.
1134 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 49.
1135 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 19.

Drucksache 18/6700 – 300 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Also, wir hatten keine privaten Kontakte in den letzten 10 Jahren oder 20 Jahren. Ich kann Ihnen
sagen, wir waren mal in den 80er-Jahren bei einem Tennisturnier zusammen. Das fällt mir noch ein.
Aber ich hatte keinen privaten Kontakt zu ihm in den letzten zwei Jahrzehnten.“1136

Die Zeugin Dr. Vogt hat angegeben, den Beamten „X“ persönlich aus verschiedenen Kontexten gekannt zu

haben, jedoch nicht mit ihm privat bekannt oder befreundet gewesen zu sein1137.

Der Zeuge Henzler hat auf die Frage, wie lange er den Beamten „X“ kenne, ausgesagt:

„Ich sage mal, seit Anfang, Mitte der 90er-Jahre, wobei die Zusammenarbeit immer wieder getrennt
war, weil wir ja in unterschiedlichen Rollen über die Jahre waren. Ich war jetzt auch nicht mit ihm
befreundet in besonderem Maße, sondern einfach Arbeitskollege in unterschiedlichen Rollen.
[…]“1138

7. Kontakt des Beamten „X“ zu MdB Michael Hartmann und zu Sebastian Edathy

a) MdB Michael Hartmann

Im Hinblick auf sein Verhältnis zu dem Bundestagsabgeordneten Michael Hartmann hat der Beamte „X“ sich

wie folgt geäußert:

„Zuletzt habe ich ihn getroffen – das müsste 2011 gewesen sein -, da war er im Bundeskriminalamt
gewesen und hat sich einen Lageüberblick verschafft über die Kriminalitätsbekämpfung, insbesondere
über Rauschgiftbekämpfung. Da war er in einem Sechs-Augen-Gespräch, einmal mein Abteilungslei-
ter, Herr Henzler, und Herr Hartmann und ich - - und haben ihn dann entsprechend gebrieft über die
Kriminalitätslage in Deutschland.“1139

Danach, so der Beamte „X“ weiter, habe er Hartmann noch einmal gesehen:

„Ich glaube, ich habe ihn noch mal gesehen bei einem Stadtfest in Ingelheim. Gesehen, aber auch nicht
mit ihm gesprochen. Ich habe definitiv mit ihm kein Wort mehr gesprochen seit unserem Zusammen-
treffen im BKA.“1140

b) Sebastian Edathy

Bezüglich Edathy hat sich der Beamte „X“ wie folgt geäußert:

„Ich hab persönlich nie irgendwelchen Kontakt gehabt.“1141

Im Hinblick darauf, ob er Edathy gegebenenfalls dienstlich begegnet sei, hat sich der Beamte „X“ wie folgt

geäußert:

„Ich habe mir überlegt, ob das sein könnte, weil wir hatten sehr viele Bundestagsabgeordnete schon
im BKA, die jeweils entsprechend sich informiert haben über Innenpolitik, über Rauschgiftfragen,

1136 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 19.
1137 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 49.
1138 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 62.
1139 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 11.
1140 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 11.
1141 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 11.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 301 – Drucksache 18/6700

über allgemeine Kriminalitätsfragen. Herr Edathy ist mir nicht in Erinnerung, dass er dabei war, wo-
bei: Ich kann es nicht ausschließen, aber dann hätte ich ihn nicht gekannt.“1142

II. Ablauf des Strafverfahrens

1. Übergabe der Akten an die Staatsanwaltschaft Mainz am 1. Februar 2012

a) Ablauf des Gesprächs bei der Staatsanwaltschaft Mainz

Am 1. Februar 2012 wurde die durch die Zeugin Wiegand zuvor erstellte Akte an die Staatsanwaltschaft Mainz

übergeben.

Die Entscheidung, den Vorgang an die Staatsanwaltschaft Mainz zu übergeben, wurde laut der Zeugin Wiegand

durch Angehörige des Referats ZD 25 getroffen. Von dort sei auch die Kontaktaufnahme mit der Staatsanwalt-

schaft Mainz und die Vereinbarung eines Termins erfolgt.1143

Der Zeuge Hoppe hat den Ablauf des Gesprächs bei der Staatsanwaltschaft Mainz, an dem seitens der Staatsan-

waltschaft Mainz Oberstaatsanwältin Keller1144 und Staatsanwalt Dr. Schumacher1145, seitens des Bundeskri-

minalamtes die Zeugen Hoppe, Wiegand, Spaniol1146 sowie ein weiterer Mitarbeiter des Referats ZD 25 teilnah-

men, wie folgt beschrieben:

„[…] Diesen Termin hat auch schon der Geheimschutz vereinbart. Und wir sind dann gemeinsam,
also der Geheimschutz, zwei Kollegen, Frau Wiegand und ich, am 01.02. bei der Staatsanwaltschaft
Mainz gewesen und haben den Vorgang übergeben mit dem Hinweis: Das ist ein nicht ermittelter
Vorgang. Das ist ein Sachverhalt, den wir so aufgenommen haben, den wir aufbereitet haben. Der hat
eben auch die paar Tage gebraucht, weil wir eine Masse an Daten hatten und das jetzt nicht einfach so
wahllos, chaotisch an die Staatsanwaltschaft Mainz geben wollten, haben gesagt, dass aus unserer
Sicht noch der eine oder andere Ermittlungsschritt fehlt, haben auf die Sensibilität des Vorgangs hin-
gewiesen und gesagt - - haben sogar noch den Ratschlag gegeben, nicht die örtlich zuständigen Kol-
legen im Nahbereich des Kollegen für eventuelle Ermittlungshandlungen zu beauftragen, sondern das
Landeskriminalamt in Mainz, weil wir da auch wussten, dass da gute Mitarbeiter oder gute Vollzugs-
beamte im Bereich der Kinderpornografie tätig sind.”1147

Der Zeuge Hoppe hat hinzugefügt, dass er hierbei den Vorschlag unterbreitet habe, ein Auskunftsersuchen hin-

sichtlich der Kreditkarten durchzuführen:

1142 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 11.
1143 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 303, Bl. 201 f., E-Mail der Zeugin Wiegand an den Zeugen Dorendorf vom 28. Februar 2014, 07.06 Uhr, mit

dem Betreff: „Stellungnahme zu Rückfragen LS 4 zu Einzelvorgang OP „Selm“.
1144 Keller, Protokoll-Nr. 13, S. 37.
1145 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 24.
1146 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 10 f.
1147 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 12.

Drucksache 18/6700 – 302 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Eine endgültige Identifizierung der Person wäre aus unserer Sicht mit einem staatsanwaltschaft-
lichen Auskunftsersuchen hinsichtlich der Kreditkarten notwendig gewesen, die möglicherweise ein-
gesetzt werden. Und das ist das, was ich der Staatsanwaltschaft an der Stelle gesagt hatte, der Staats-
anwaltschaft Mainz.“1148

Der Zeuge Spaniol hat sich zu dem Termin wie folgt geäußert:

„[…] Wir sind zu viert - zwei Beamte, also ein Mitarbeiter von mir und ich, vonseiten der Verwal-
tungsermittlungen, zwei, ein Beamter, eine Beamtin, des Bereichs, die das deliktisch behandeln, den
Phänomenbereich - zur Staatsanwaltschaft Mainz, zur Oberstaatsanwältin Keller, und haben da den
damals zuständigen Staatsanwalt Dr. Schumacher noch getroffen. Das war so der Rahmen, in dem das
Treffen stattgefunden hat.

Wir haben den Sachverhalt geschildert, dass eben von den kanadischen Behörden eine Liste übermit-
telt wurde, auf der der Beamte X erwähnt war, und haben dann das uns vorliegende Beweismaterial
der Staatsanwaltschaft übergeben zur Begutachtung, ob das eben reicht, einen Anfangsverdacht zu
begründen, oder nicht. Das war der Zweck dieses Besuchs, um das Rechtliche mit der Staatsanwalt-
schaft zu diskutieren.“1149

Durch die Zeugin Keller wurde der Ablauf des Termins wie folgt beschrieben:

„[…] Da gab es dann im Februar 2012 einen Kontakt durch das Bundeskriminalamt, die dann eine
Ermittlungsakte übergeben haben, die den Beamten X betrifft. Das war eine Besprechung. An der
waren drei oder vier - das erinnere ich nicht mehr genau - Beamte des Bundeskriminalamtes da, die
diese Akte überbracht haben mit der Frage, ob wir den Anfangsverdacht einer Straftat bejahen. Wir
haben dann eine kursorische Prüfung des übergebenen Materials gemacht. An der Besprechung hat
auch der Dr. Schumacher teilgenommen, den ich dann zum Sachbearbeiter bestimmt habe und der
dann dieses Verfahren bearbeitet hat.“1150

Der Zeuge Dr. Schumacher hat hierzu bekundet:

„[…] Ich war mit Ermittlungen gegen einen Beamten X betraut. Die sind zu unserer Behörde gekom-
men durch eine Anzeige des Bundeskriminalamtes. Das Bundeskriminalamt hat diese Anzeige bei uns
persönlich vorbeigebracht und dort Hinweise auf entsprechende Vorwürfe mit schriftlichen Unterla-
gen übergeben. Das war im Februar 2012, genau am 1. Februar 2012. […]”1151

Der Zeuge Dr. Schumacher hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass die Übergabe einer Akte durch BKA-

Mitarbeiter an sich schon eine Besonderheit gewesen sei:

„Na ja, die Besonderheit bestand nun zunächst überhaupt darin, dass die Akte zunächst vom BKA
persönlich überbracht wurde - das ist mir also in meiner Dienstzeit bisher noch nicht unterlaufen -,
und natürlich auch darin, dass aufgrund der Tatsache, dass eben ein BKA-Beamter betroffen war, das
Verfahren ja selbst vom BKA geführt wurde - es handelte sich ja um ein größeres Verfahren -, natür-
lich immer eine gewisse Brisanz im Verfahren, und deswegen auch darum gebeten wurde, dass eine
besondere Diskretion gewahrt wird bei der Bearbeitung des Verfahrens und dass eben auch eine ge-
wisse Eilbedürftigkeit gesehen wurde. Das waren vielleicht die Besonderheiten. […]“1152

Zum Inhalt der Erörterungen hat sich der Zeuge Dr. Schumacher folgendermaßen geäußert:

1148 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 41.
1149 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 10 f.
1150 Keller, Protokoll-Nr. 13, S. 37.
1151 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 24.
1152 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 26.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 303 – Drucksache 18/6700

„Es hat insoweit eine Rolle gespielt, als mir gesagt wurde, welche Aufgabe diese Person in der Be-
hörde wahrnimmt. Ob das jetzt irgendjemand ist, der ganz untergeordnet ist, oder jemand ist, der eine
etwas tragendere Rolle hat, das wurde in der Tat erörtert. Irgendwelche, sage ich mal, biografischen
Hintergründe der Person wurden nicht erörtert. Ob da jetzt im Einzelnen irgendwelche persönlichen
Bemerkungen à la ‚kann ich mir nicht vorstellen‘ oder ‚kann ich mir vorstellen‘ gefallen sind in der
Besprechung, das weiß ich schlichtweg nicht mehr. Jedenfalls für mich maßgeblich waren sie nicht.
Ich kann mich erinnern: Es wurde in erster Linie eigentlich der Verfahrensgang, insbesondere in Ka-
nada, Ausgang des Verfahrens, und die Art und Wiese der Verfahrensbearbeitung durch die kanadi-
schen Behörden, und was da quasi Vorauswertung war, erörtert, was sich auch aus der Akte und dem
Vermerk des BKA ergibt.“1153

Dazu, ob weitere Besprechungen stattgefunden hätten, hat der Zeuge Dr. Schumacher bekundet:

„[…] Bis auf dieses Erstgespräch, bei dem die Mitarbeiter des Bundeskriminalamts persönlich bei uns
waren, gab es keine weiteren Besprechungen in diesem Sinne mit dem Bundeskriminalamt. […]“1154

b) Umfang der an die Staatsanwaltschaft Mainz übergebenen Materialien

Die an die Staatsanwaltschaft Mainz übergebenen Materialien umfassten neben dem Papieraktenvorgang insge-

samt elf DVDs, wobei auf zehn dieser DVDs ausschließlich Bild- und Videodateien enthalten waren. 1155

Auf einer der DVDs befanden sich neben Videodateien auch folgende weitere Dateien:

- 25 htm-Dateien mit dem Beamten „X“ zuzuordnenden Bestelldaten (im Ordner „Order-IDs“)

- eine Excel-Datei „Azov-Films Digital Downloads – Video File Watermarks By Order ID.xlsx”

- eine Präsentation „Projekt Spade” der kanadischen Polizei

- eine Excel-Datei „Tabelle NEU Januar 2012-xlsx“ 1156

Die letztgenannte Datei enthielt drei Tabellenblätter mit den nachfolgenden Bezeichnungen:

- „Germany – 2010 Targets“ mit 1.929 Datensätzen; der Name des Beamten „X“ war hierbei in den

Zeilen 340 bis 342 und 1.001 bis 1.004 genannt, der Name Edathy in der Zeile 1.525;

- „Germany – All Orders“ mit 6.589 Datensätzen; der Name des Beamten „X“ war hierbei in den Zeilen

1.123 bis 1.129 und 3.415 bis 3.432 genannt, der Name Edathy in den Zeilen 5.311 bis 5.317;

- „Germany – Digital Download Logs“ mit 23.512 Datensätzen; der Name des Beamten „X“ war hierbei

in den Zeilen 3.547 bis 3.571 und 13.811 bis 13.907 genannt, der Name Edathy in den Zeilen 20.360

und 20.361. 1157

1153 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 8 f.
1154 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 25.
1155 MAT A-RP 18(27)15-1, Bl. 2, Schreiben des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz vom 30. September

2014.
1156 MAT A-RP 18(27)15-1, Bl. 2, Schreiben des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz vom 30. September

2014.
1157 MAT A-RP 18(27)15-1, Bl. 2, Schreiben des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz vom 30. September

2014.

Drucksache 18/6700 – 304 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Datensätze aller Tabellen bestanden unter anderem aus den bei den Bestellungen verwendeten Namensbe-

zeichnungen, aus postalischen Adressen und E-Mail-Adressen.

Der Zeuge Hoppe hat sich zur Weitergabe der „Gesamtliste“, womit wohl die soeben beschriebene Excel-Datei

gemeint sein dürfte, an die Staatsanwaltschaft Mainz wie folgt geäußert:

„[…] Ich habe mir nur den zentralen Vermerk durchgelesen und die zentralen Ermittlungsschritte bzw.
Auswerteschritte und das Ergebnis, das festgestellt wurde, und habe dann mit dem Lesen aufgehört -
Punkt. Ich weiß aber, weil ich mit der Kollegin besprochen habe, dass möglichst umfangreiches Be-
weismaterial übergeben wurde - weil das war Thema aus meiner Erinnerung mit der Frau Wiegand -,
weil wir ja - das hatte ich ja vorhin auch schon gesagt - sehr am Anfang dieser Ermittlungen waren
und wir - dazu sind wir, glaube ich, auch verpflichtet - den Staatsanwalt umfassend in Kenntnis setzen
wollten über den Gesamtvorgang, wir ja noch nicht die Gelegenheit hatten, wie wir es zum späteren
Zeitpunkt hatten, zusammenfassende Vermerke zu machen, um was für eine Operation es sich handelt,
was wir für Erkenntnisse haben, was wir möglicherweise nachgefordert haben, wie die Beweiskette
ist. Das wussten wir alles noch nicht. Dazu haben wir nichts geschrieben. Der Staatsanwalt sollte ja,
musste ja sich ein eigenes Bild verschaffen über den Einzelfall, aber auch über die Gesamtoperation.

[…]

Deswegen halte ich es nicht für, ich sage mal, rechtswidrig schon gar nicht, aber auch nicht ausge-
schlossen, ihm die gesamten Beweise mitzugeben.“1158

Darauf angesprochen, ob ihm aufgefallen sei, dass die gesamte Liste in dem an die Staatsanwaltschaft Mainz

abgegebenen Vorgang enthalten gewesen sei, hat der Zeuge Hoppe bekundet:

„Es ist mir nicht aufgefallen. Ich hatte allerdings auch gesagt, dass es mit der Beamtin abgesprochen
war, dass möglichst umfassend der Staatsanwalt zu informieren sei.“1159

Die Zeugin Wiegand hat angegeben, das komplette Beweismaterial sei auf Datenträger gebrannt worden:

„Also, wir haben es als grenzwertig bezeichnet, haben das komplette Beweismaterial, was die Person
betraf, eben auch auf Datenträger gebrannt und zur Entscheidung der örtlichen Staatsanwaltschaft
übergeben, und die hat dann letzten Endes die Entscheidung getroffen, wie sie es einstuft.“1160

Der Zeuge Dr. Schumacher hat sich zum Umfang der durch das Bundeskriminalamt übergebenen Beweismittel

wie folgt geäußert:

„[…] Es waren neun DVDs. Primär enthielten die inkriminiertes Material, das der Rechtsprüfung un-
terlag durch mich - das habe ich auch sehr ausführlich getan; das ist auch aktenkundig -, und sie ent-
hielten eine DVD mit allgemeinerem Material. Da ging es um - ich will mal sagen - allgemein das
Prozedere dieser Entstehung der inkriminierten Dateien. Da befanden sich mehrere Dateien, unter an-
derem auch diese Datei, die ich dann jedenfalls später festgestellt habe. Es ist aber durchaus möglich,
dass ich da auch damals raufgeklickt habe. Das will ich gar nicht bestreiten; kann ich nicht mehr sagen.
Wenn ich sie aufgeklickt habe, habe ich sie direkt wieder geschlossen, weil es ist so: Grundsätzlich
bei diesen Verfahren - - Die sind keine Seltenheit. Also OP-Verfahren, größere Verfahren mit mehre-
ren Beschuldigten, treten bei uns sehr häufig auf, und dann ist es eigentlich so: Grundsätzlich gebietet
der Datenschutz, dass da nicht in einer Akte quasi alle anderen Beschuldigten auch noch zu erkennen
sind. Nichtsdestotrotz ist es in der Praxis so: Egal ob BKA, LKÄ oder spezielle Eingriffseinheiten der

1158 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 44 f.
1159 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 45.
1160 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 70.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 305 – Drucksache 18/6700

Staatsanwaltschaften solche Verfahren zentral führen, passiert es immer wieder, dass dort Teilinhalte
in den Akten sind, aus denen man auch Rückschlüsse auf andere Beschuldigte ziehen kann. Solche
Akteninhalte interessieren mich deswegen schon primär nicht, weil die im Regelfall gar nicht unsere
Zuständigkeit berühren. Ich würde jetzt auch nicht eine Liste durchgehen und gucken: Sind da viel-
leicht noch weitere für uns dabei? Denn die Zentralbearbeitung und die Verteilung der Akten lag ja in
dem Fall beim BKA, und uns wurde ja auch gesagt, dass dieses Verfahren quasi vorrangig vor den
anderen, also vor der weiteren Verteilung weiterer Verfahren, bearbeitet wird, weil man auf diese
Person gestoßen ist.“1161

Darüber hinaus hat der Zeuge Dr. Schumacher klargestellt, dass es nicht ungewöhnlich sei, dass in Verfahren

dieser Art Daten anderer Beschuldigter enthalten seien:

„Ich versuche noch mal, das zu referieren, was ich vorhin gesagt habe. Es ist nicht unüblich, wenn
auch nicht korrekt, dass in sogenannten Operationsverfahren - das sind Verfahren, in denen eine Viel-
zahl von Beschuldigten auftritt, auch wenn sich ein Verfahren nur gegen einen Beschuldigten richtet,
und das ist, ganz plump gesagt, der, der auf dem Aktendeckel steht, und nur für den bin ich zuständig,
und für andere habe ich keine Zuständigkeit und mir deswegen auch keine Gedanken zu machen -,
dass in solchen Verfahren auch andere Namen und andere Beschuldigte auftreten. Das ist aber nichts,
was ich in besonderer Weise zur Kenntnis nehme, außer vielleicht mit Missbilligung der Aktenfüh-
rung, wie sie von der Polizei oder anderen Stellen kommt, aber nicht in der Weise, dass ich sage: So,
jetzt werde ich initiativ tätig, obwohl ich ja weiß, dass die Stelle, die diese Grobdaten in Sammeleinheit
hat, diese Verfahren bearbeitet.

Im Übrigen habe ich auch - das ist vielleicht auch ein Missverständnis - nicht die Daten anderer Be-
schuldigter. Ich konnte aus diesen Listen - ich habe es ja später mal angeschaut - weder sehen, was da
bestellt wurde, noch, wann das bestellt wurde, noch, wie viel da bestellt wurde. Das waren nur Na-
menslisten. Die anderen Auswertungsdaten, die hatte ich ausschließlich für den einen Beschuldigten,
der in meinem Verfahren war. Alle anderen Daten hatte ich nicht.“1162

Der Zeuge Herb hat hierzu ausgeführt:

„[…] Das habe ich jetzt auch aus der Presse entnommen. Ich glaube, das war vorgestern in der Presse.
Der Titel war, glaube ich, ‚Leck entdeckt - Versehentlich wurden die Akten weitergegeben‘. Das war
mir dann zunächst nicht erklärlich. Ich habe mich jetzt in Vorbereitung auf die Sitzung dann im Referat
SO 12 erkundigt. Es ist wohl in der Tat so gewesen, dass die komplette Liste mitgeschickt wurde. Was
ich nicht verstehe, ist, weshalb das als versehentlich dargestellt wird; denn durchaus kann ich nach-
vollziehen, dass die Komplettliste der ersten Staatsanwaltschaft mitgegeben wurde, um das Verfahren
auch im Gesamtkontext bewerten zu können. […]“1163

c) Zuständigkeit von Staatsanwalt Dr. Schumacher

Zur Zuständigkeit des Zeugen Dr. Schumacher für das Ermittlungsverfahren gegen den Beamten „X“ hat dessen

damalige Vorgesetzte, Oberstaatsanwältin Keller, als Zeugin bekundet:

„[…] Bei jeder Akte, die eingeht, oder bei jeder Strafanzeige, die eingeht, entscheiden die Abteilungs-
leiter der Behörde anhand des Geschäftsverteilungsplanes oder nach sonstigen Kriterien, welcher De-
zernent oder welche Dezernentin der Abteilung ein bestimmtes Verfahren bearbeitet. Das nennt sich
‚Auszeichnung der Post‘.“1164

1161 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 26.
1162 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 29 f.
1163 Herb, Protokoll-Nr. 9, S. 78 f.
1164 Keller, Protokoll-Nr. 13, S. 37.

Drucksache 18/6700 – 306 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Der Dr. Schumacher ist neben anderen in der Abteilung auch für Sexualdelikte zuständig, grundsätz-
lich, und dann geht es nach Buchstaben und auch danach, dass er ein besonders erfahrener und guter
Kollege ist, dem ich ebendiesen sensiblen Sachverhalt geben mochte.“1165

Der Zeuge Dr. Schumacher hat hierzu ausgesagt:

„Ich wurde damals, weil ich einfach aus dem Geschäftsverteilungsplan heraus buchstabenmäßig zu-
ständig war, direkt zu der Besprechung mit dem Bundeskriminalamt hinzugebeten von meiner dama-
ligen Abteilungsleiterin, der Frau Keller, die Sie auch hören werden, und habe deswegen direkt dieses
Gespräch und auch die Übergabe der Akte mitbekommen. Die wurde dann, wie das so vorgesehen ist,
durch meine damalige Abteilungsleiterin ausgezeichnet im Sinne, in welches Dezernat die eingetragen
wird, wurde dann an die zentrale Erfassung übergeben, und die Akte befand sich dann in meinem
Zimmer zunächst, bis die weiteren Ermittlungen getätigt wurden, respektive auf meiner Geschäfts-
stelle. […]“1166

2. Ermittlungsmaßnahmen bis zur Durchsuchung bei dem Beamten „X“ am 13. April 2012

a) Aufnahme der Ermittlungen

Der Zeuge Dr. Schumacher hat bekundet, dass bereits am Tag der Übergabe der Akten erste Ermittlungsmaß-

nahmen eingeleitet worden seien:

„[…] Das war dann auch Anlass, am selben Tag dann noch entsprechende Ermittlungen in Gang zu
bringen. Die betrafen, sage ich mal, Bank- und Kontoermittlungen, die erforderlich waren, um im
Rahmen dieser Anzeige oder dieses Vorbringens enthaltene Tatsachen zu überprüfen auf ihre Validität
hin, weil die Quellen, die wir bekommen hatten, einen Mangel an Seriosität hatten, sodass wir gerne
diese Informationen überprüfen wollten.

Diese Informationen ging dann Stück für Stück bei uns ein und führten dazu, dass dann letztlich mit
Datum vom 5. März entsprechende Informationen eingingen, die die ursprünglichen Angaben bestä-
tigten, die in den schriftlichen Unterlagen vorhanden waren, […]“1167

Die Zeugin Keller hat klargestellt, dass das Bundeskriminalamt grundsätzlich nicht mehr mit weiteren Ermitt-

lungsmaßnahmen betraut worden sei:

„[…] Wir haben das Verfahren eingeleitet und haben dann die weiteren Maßnahmen, wie zum Beispiel
Bankermittlungen, getätigt und mit allen weiteren Maßnahmen nicht das BKA beauftragt. […]“1168

Mit den Ermittlungen, so die Zeugin Keller, sei die Polizei Bad Kreuznach betraut worden:

„[…] Wir haben dann mit den Ermittlungen nicht das BKA betraut, sondern wirklich eine Polizei-
dienststelle, und zwar eine solche in Bad Kreuznach, auch nicht in Mainz, und hatten darüber auch - -
hatte ich ein Gespräch mit dem Leiter der Kriminaldirektion des PP in Mainz, um auch wirklich si-
cherzustellen, zum Beispiel, dass da nichts durchsickert, weil es ein Polizeibeamter ist, wenn auch
keiner aus Rheinland-Pfalz, dass das wirklich sauber abläuft und getrennt ist.“1169

1165 Keller, Protokoll-Nr. 13, S. 37 f.
1166 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 25.
1167 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 24.
1168 Keller, Protokoll-Nr. 13, S. 40.
1169 Keller, Protokoll-Nr. 13, S. 39.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 307 – Drucksache 18/6700
Auf die Frage, ob für ihn erkennbar gewesen sei, dass man – da es um einen eigenen Beamten ging – innerhalb

des Bundeskriminalamtes eine schonendere Umgangsweise mit dem Vorgang gepflegt habe, hat der Zeuge Dr.

Schumacher ausgeführt:

„Das kann ich so nicht sagen. Diesen Eindruck hatte ich nicht. Ich hatte den Eindruck, dass man sich
schwer tat, eigene rechtliche Bewertungen vorzunehmen, und bewusst, sage ich mal, uns das überlas-
sen wollte, was ich auch in der Sache richtig finde, weil wir natürlich eine viel neutralere Position
eingenommen haben. Das hat man uns auch mehr oder weniger im Gespräch so gesagt, dass man also
darum bittet, dass wir die rechtlichen Bewertungen vornehmen. Man hatte da zwar Bewertungen vor-
genommen - die sind ja auch aktenkundig -, wollte aber letztlich, dass wir das entscheiden, dass wir
das beurteilen, und dass man da irgendwie gesagt hat oder auch nur angedeutet hätte, na ja, da bitten
wir drum, da irgendwie freundlicher als mit anderen Beschuldigten umzugehen, das war nicht der Fall.
Man hat lediglich um Diskretion gebeten, aber nicht im Interesse jetzt des Beamten X, sondern im
Interesse der Behörde und des Ablaufs des Verfahrens auch, in dem ja noch weitere Beschuldigte
vorhanden waren. Das Verfahren war ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiter betrieben. […]“1170

Auch die Zeugin Keller hat sich in dieser Hinsicht geäußert:

„[…] Das BKA hat uns die Akte zu einem ganz frühen Zeitpunkt gegeben, als das BKA selber noch
gar keinen Anfangsverdacht bejaht hatte, sondern uns gebeten hat, zu prüfen, ob wir überhaupt diesen
Anfangsverdacht bejahen. […]“1171

Der Zeuge Dr. Schumacher hat den weiteren Gang der Ermittlungen wie folgt beschrieben:

„Die Frage war also für mich: Reicht es für mich aus, um einen Anfangsverdacht konkret gegen den
Beamten X zu begründen, dass ein Kinderpornografiebetreiber in Kanada eine Seite hat, auf der sein
Name steht? Das war die Frage, die habe ich verneint, weil ich gesagt habe: Wir haben überhaupt
keine Möglichkeit, diese Daten so zu verifizieren. Es könnte ja theoretisch auch jeder andere da be-
stellen und seinen Namen so hinterlassen. Ich konnte das in keiner Weise überprüfen. Ich habe gesagt,
im Hinblick darauf, auf die verheerenden Auswirkungen, die eine solche Durchsuchung bei einem
Beamten hat – oder auch bei jedem anderen, weil das ist eine ausgesprochene Stigmatisierung, die mit
einer solchen Durchsuchung einhergeht -, kann ich das nicht verantworten. Und deswegen habe ich
zunächst weitere Ermittlungen getätigt. Ich habe nämlich dann zunächst mal gesagt: Wir müssen gu-
cken, ob es denn von irgendeinem der Konten des Beamten X auch Abbuchungen gab, die korrespon-
dieren mit den angeblichen Käufen; denn angeblich soll er gekauft haben, also muss es von irgendei-
nem seiner Konten auch entsprechende Abbuchungen gegeben. Ich habe mir also beim Bundesamt für
Finanzdienstleistungen entsprechende Kontoauskünfte zunächst eingeholt, bei welchen Banken er
Konten hat. Wir wussten ja nicht, von welchem Konto, ob es ein Kreditkartenkonto oder ein anderes
Konto war oder wie die Bezahlung erfolgt war; das konnte man aus den Daten auch nicht entnehmen.
Es war auch so: Es waren für den ganz viele Daten hinterlegt von ganz vielen Bestellungen, und alle
variierten leicht. Da waren manchmal Telefonnummern hinterlegt, manche stimmten, manche nicht,
manche waren auf ganz andere Personen zugelassen. Da war schon ersichtlich: Diese Daten sind ve-
rifiziert. Es hätte auch sein können, ganz jemand anders versucht da vielleicht, massiv jemanden zu
schädigen, aus welchen Gründen auch immer. Das war für mich erst mal Grund – das war ja auch das
erste Verfahren aus dieser Operation -, das zu überprüfen.

Dann habe ich die Bankdaten bei allen Banken – es waren, glaube ich, neun Bankkonten – abgefragt;
das waren immense Daten, bis die mal alle da waren, weil das auch über einen langen Zeitraum ging,
weil auch die Bestelldaten eben über einen langen Zeitraum liefen -, bis dann irgendwann am Tag X,
irgendwann im März, der Treffer kam von der Bank, bei der die Abbuchungen eingegangen waren

1170 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 31.
1171 Keller, Protokoll-Nr. 13, S. 39.

Drucksache 18/6700 – 308 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

und ich sehen konnte: Jawohl, das korrespondiert. Das war der Tag X, ab dem ich sagen konnte: Ja-
wohl, ich habe einen Anfangsverdacht gegen die konkrete Person.“1172

Allgemein zu dem Ermittlungsverfahren hat der Zeuge Dr. Schumacher bekundet:

„[…] Ansonsten, was den reinen Inhalt des Verfahrens angeht, war das kein Verfahren, das aus der
Masse dieser Verfahren besonders herausstach.“1173

b) Nachfragen beim Bundeskriminalamt auf Grund der Bankermittlungen

Aufgrund der Ergebnisse der durchgeführten Bankermittlungen kam es zu einer Rückfrage der Staatsanwalt-

schaft Mainz beim Bundeskriminalamt.

Zum Hintergrund hat der Zeuge Dr. Schumacher bekundet:

„[…] Diese Informationen ging dann Stück für Stück bei uns ein und führten dazu, dass dann letztlich
mit Datum vom 5. März entsprechende Informationen eingingen, die die ursprünglichen Angaben be-
stätigten, die in den schriftlichen Unterlagen vorhanden waren, und führten dann dazu, dass, weil sich
daraus wiederum Nachfragen ergaben an das BKA im Hinblick darauf, dass sich möglicherweise ein
Alibi des Beamten, der betroffen war, hätte ergeben können, weitere Nachforschungen beim Bundes-
kriminalamt erforderlich waren. Diese haben wir dann in Auftrag gegeben. Diese Unterlagen und das,
was uns dann schriftlich mitgeteilt wurde, lagen mir letztlich bis zum 28.03.2012 vor, […]“1174

Die Zeugin Keller hat sich zu diesem Aspekt wie folgt geäußert:

„[…] Wir hatten in zwei Fällen Nachfragen beim BKA, die sich auf die Frage von Dienstreisen - da
war das BKA als Dienstherr zu fragen - bezogen, weil da die Frage im Raum stand, ob der Beamte X
ein Alibi hätte haben können. Diese Fragen konnte natürlich nur das BKA als Dienstherr des Beamten
beantworten. Das war aber keine Ermittlung, die das BKA für uns ausgeführt hat, sondern das war im
Prinzip in der Rolle des Arbeitgebers.“1175

Der Zeuge Spaniol hat hierzu bekundet:

„[…] Das Einzige, was wir in Amtshilfe für die Staatsanwaltschaft Mainz erhoben haben, waren Rei-
sedaten.“1176

Konkret seien, so der Zeuge Spaniol, die folgenden Daten erhoben worden:

„Wir haben Daten erhoben für die Staatsanwaltschaft, wann der Beamte auf Dienstreise war, wann er
im Urlaub war, wann An- und Abwesenheitszeiten waren. Das haben wir erhoben und der Staatsan-
waltschaft mitgeteilt.“1177

Der Zeuge Henzler, seinerzeit Leiter der Abteilung SO im Bundeskriminalamt, hat sich zu diesem Aspekt wie

folgt geäußert:

„[…] So habe ich etwa auf Bitte der Staatsanwaltschaft Mainz, vermittelt über das Referat ZD 25,
erhoben, aber nur in völlig allgemein zugänglichem Material, um die Ermittlungen nicht zu stören -

1172 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 17 f.
1173 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 26.
1174 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 24.
1175 Keller, Protokoll-Nr. 13, S. 40.
1176 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 13.
1177 Spaniol, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 10.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 309 – Drucksache 18/6700

das war noch in der verdeckten Phase -, etwa Abwesenheitszeiten des Beamten X, weil dazu die Staats-
anwaltschaft eine Frage hatte und ich als der einzige Ansprechpartner nach oben, zur Amtsleitung, zu
ZD 25, mit Ausnahme eben der Kolleginnen und Kollegen, die das Verfahren selber kannten - das war
ja auch nur ein kleiner Kreis -, zur Verfügung stand.“1178

Die Reisedaten wurden der Staatsanwaltschaft Mainz durch das BKA mit Telefax vom 13. März 2012 mitge-

teilt.1179

c) Versand einer Aktenzeichenmitteilung durch die Staatsanwaltschaft Mainz an das Bundeskrimi-
nalamt

Am 6. Februar 2012 ging beim BKA ein auf den 1. Februar 2012 datierendes einseitiges Schreiben der Staats-

anwaltschaft Main ein, in dem der volle Name des Beamten X sowie der Tatvorwurf genannt wird und in dem

die Staatsanwaltschaft Mainz dem BKA das Aktenzeichen mitteilte, unter dem das Ermittlungsverfahren geführt

wurde.1180

In einer bei den Akten des Referats ZD 25 befindlichen Kurzmitteilung des Zeugen Hoppe an KHK Z. vom

Referat ZD 25 vom 6. Februar 2012 berichtet der Zeuge Hoppe Folgendes:

„beiliegende Mitteilung der StA Mainz ist heute per Hauspost – vorab geöffnet durch die Poststelle –
hier eingegangen. Der Kreis derjenigen, die bei SO 12 Kenntnis vom Vorgang haben, hat sich zum
Glück nicht erweitert. In der Hoffnung, dass die Poststelle keine genaue Kenntnis genommen hat, bitte
ich erneut mit der StA Mainz Kontakt aufzunehmen, um sicher zu stellen, dass der Kontakt ausschließ-
lich über Sie bzw. ZD 25 erfolgt.“1181

Einem durch den Zeugen Dr. Schumacher angefertigten Vermerk vom 10. Februar 2012 lässt sich entnehmen,

dass durch KHK Z. vom BKA aus Anlass des Schreibens vom 1. Februar 2012 erneut um diskrete Behandlung

des Vorgangs gebeten wurde.1182

Im Anschluss an diesen Vorgang kam es innerhalb des BKA durch das Referat ZD 25 zur Führungsinformation

1 im Hinblick auf den Vorgang des Beamten X, in der es unter anderem heißt:

„Ob das Schreiben der Staatsanwaltschaft Mainz vom 01.02.2012 im Verlauf des Postwegs im BKA
anderen Mitarbeitern bekannt wurde, kann nicht beurteilt werden.“1183

Zu diesem Vorgang hat sich der Zeuge Hoppe wie folgt geäußert:

„Aus meiner Erinnerung bin ich über dieses Schreiben, dass es fehlgesteuert wurde, von dem Herrn
Stahl informiert worden, der ohnehin, in Anführungsstrichen, Mitwisser war. Der hat dann auch das

1178 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 55.
1179 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 169, Bl. 78 f. (Tgb.-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), Telefax des BKA an die Staatsanwaltschaft Mainz

vom 13. März 2012.
1180 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 169, Bl. 44 (Tgb.-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), Schreiben der Staatsanwaltschaft Mainz an das BKA

vom 1. Februar 2012.
1181 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 169, Bl. 43 (Tgb.-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), Kurzmitteilung des Zeugen Hoppe an KHK Z. vom 6.

Februar 2012.
1182 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 845, (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Vermerk von Staatsanwalt Dr. Schumacher vom 10. Februar

2012.
1183 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 169, Bl. 46 f. (Tgb.-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), Führungsinformation 1 vom 13. Februar 2012.

Drucksache 18/6700 – 310 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Schreiben eingefangen, soweit ich weiß, persönlich eingefangen, auch als Mitwisser, hat mich darüber
informiert, und wir haben dann gemeinsam die Information an die Abteilungs- und Amtsleitung auf
den Weg gegeben in einer E-Mail. Die müsste, glaube ich, auch in den Akten sein, wenn ich das noch
richtig aus der Erinnerung weiß. Die habe ich dann letztlich, glaube ich, unterschrieben, diese E-
Mail.“1184

„[…] Ich habe nur einmal Berührung - mit dem Fall eigentlich nicht gehabt, aber mit dem Umstand,
dass gegen einen Kollegen ermittelt wurde, weil die Mitteilung über den Ausgang von Straf- und
Bußgeldsachen ist im Hause eingegangen, ist an falscher Stelle gelandet, und da sind wir darüber
informiert worden. Und ich habe dann meinen Abteilungsleiter auch informiert, dass die eingegangen
war und dass wir sie eingefangen haben, diese Mitteilung, ich meine, auch wieder dem Geheimschutz
zugeleitet haben, und haben dann auch noch mal klargestellt, dass von unserer Seite in unsere Daten-
banken zu diesem Vorgang nichts eingegeben wurde und war. […]“1185

Auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass der Inhalt des Schreibens dem Beamten „X“ bekannt wurde, hat

der Zeuge Hoppe bekundet:

„Also nach dem, was ich an Informationen dazu hatte, ja.“1186

Der Zeuge Dr. Schumacher hat sich im Hinblick darauf, ob durch die Aktenzeichenmitteilung ein anderes Vor-

gehen erforderlich gewesen wäre, wie folgt geäußert:

„Die Aktenzeichenmitteilung muss nicht durch mich ergehen, sondern das ist ein Standardvorgehen
der zentralen Erfassung, das bedauerlicherweise nicht abgestellt worden ist, obwohl es aus der Akte
ersichtlich nicht hätte passieren dürfen; deswegen bitte ich das zu entschuldigen. Das war natürlich
alles andere als erfreulich, aber für mich auch keine Möglichkeit, deswegen jetzt anders vorzugehen,
als ich vorgegangen bin.“1187

d) Prüfung der Beweismittel in Bezug auf das Vorliegen kinder- oder jugendpornografischer Schrif-
ten

Durch den Zeugen Dr. Schumacher wurde am 14. März 2013 ein zweiseitiger Vermerk angefertigt, aus dem

hervorgeht, dass eine Sichtung der durch das BKA vorgelegten Beweismittel ergeben habe, dass sich unter den

durch den Beamten X bezogenen Materialien auch als Kinderpornografie einzuordnende Darstellungen befan-

den. In dem Vermerk befinden sich Einschätzungen zu jeweils einem bis drei Bildern aus vier Bilderserien.1188

Der Zeuge Dr. Schumacher hat erläutert, weshalb er der Einschätzung des Bundeskriminalamts bezüglich der

Einordnung der Abbildungen als Pornografie nicht gefolgt sei:

„Erste Frage war ja, warum ich der Einschätzung des Bundeskriminalamtes nicht gefolgt war. Das
liegt daran, dass ich eine eigene Einschätzung vorzunehmen habe nach Gesetz und Recht und nach
der Rechtsprechung. Ich habe mir die Bilder damals auszugsweise angeschaut. Das waren – ich kann
es nicht mehr genau sagen – mehrere Tausend Bilddateien. Die habe ich natürlich nicht alle im Detail
betrachtet, sondern habe mir auszugsweise Material angesehen, habe das nach der aktuellen Recht-
sprechung noch mal genau geprüft und war der Auffassung: Das überschreitet aus meiner Sicht in

1184 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 47.
1185 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 13.
1186 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 42.
1187 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 18.
1188 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 409 f. (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Verfügung von Staatsanwalt Dr. Schumacher vom 14. März

2012.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 311 – Drucksache 18/6700

einigen Fällen – wenn auch bei weitem nicht in allen Fällen, bei allen Bildern – eindeutig die Grenze
des strafrechtlich Relevanten, sowohl im Hinblick auf einerseits Kinder-, andererseits Jugendporno-
grafie.

[…]

Das war der Grund, warum ich dem nicht gefolgt bin. Das ist für mich nicht maßgeblich, wie die
Polizei das einschätzt. Ich bekomme immer Voreinschätzungen – das ist auch gut so -; die sind aber
für mich nicht bindend, und ich prüfe sie immer eigenständig. Auch umgekehrt passiert das häufig:
dass mir die Polizei Sachen vorlegt und sagt, es handelt sich mutmaßlich um Kinder-/Jugendporno-
grafie, und ich prüfe es dann und sage: Nein, das handelt sich ganz eindeutig – Erfahrung aus anderen
Quellen etwa – nicht um Kinder- oder Jugendpornografie.“1189

Das Bundeskriminalamt, so der Zeuge Dr. Schumacher, habe die Prüfung der Strafbarkeit letztendlich auch der

Staatsanwaltschaft überlassen wollen:

„Ich muss aber sagen: Wäre das BKA so sicher gewesen, dass die Materialien nicht strafbar wären,
wären sie wahrscheinlich auch nicht zu uns gekommen und hätten es angezeigt. Also insofern, ob das
wirklich so eine divergierende Auffassung bei allen Beamten des BKA war, mag dahinstehen, aber
jedenfalls hat man es ja auch zum Anlass genommen, es uns zu zeigen und zu sagen: Bitte prüfen Sie
das selbst. – Ich erinnere mich noch sehr genau, in dem ersten Gespräch, dass man gesagt hat, man
wolle diese Prüfung letztlich uns überlassen, weil man sich da auch ein bisschen – in Anführungszei-
chen – befangen sehe; verständlich aus der Situation heraus.“1190

e) Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses und Vollzug

Zur Beantragung des Durchsuchungsbeschlusses hat sich der Zeuge Dr. Schumacher wie folgt geäußert:

„[…] Diese Unterlagen und das, was uns dann schriftlich mitgeteilt wurde, lagen mir letztlich bis zum
28.03.2012 vor, und nachdem das geklärt war, habe ich am 29.03. Exekutivmaßnahmen beim Ermitt-
lungsrichter beantragt. Der Ermittlungsrichter hat entsprechende Beschlüsse erlassen am 10. April
2012. Die sind dann auch am selben Tag noch an die bearbeitende Dienststelle von mir persönlich
übergeben worden und wurden dann am 13. April vollzogen. […]”1191

Die Beantragung des Durchsuchungsbeschlusses erfolgte mit Verfügung des Zeugen Dr. Schumacher vom 29.

März 20121192. Nachdem der Antrag am 2. April 2012 beim Amtsgericht eingegangen war1193, wurde der Durch-

suchungsbeschluss sodann am 10. April 2012 erlassen1194.

Die Durchsuchung erfolgte am 13. April 2013 am frühen Morgen1195.

1189 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 8.
1190 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 20.
1191 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 24.
1192 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 411f. (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Verfügung von Staatsanwalt Dr. Schumacher, Staatsanwalt-

schaft Mainz vom 29. März 2012.
1193 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 411f. (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Eingangsstempel der Gemeinsamen Postannehmestelle Land-

und Amtsgericht Mainz vom 2. April 2012, aufgebracht auf Verfügung von Staatsanwalt Dr. Schumacher, Staatsanwaltschaft Mainz vom 29.
März 2012.

1194 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 414f. (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Mainz vom 10.
April 2012.

1195 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 417 (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Durchsuchungsprotokoll des Polizeipräsidiums Mainz, Krimi-
nalpolizeiinspektion Bad Kreuznach, datierend vom 11. April 2012, Zeitpunkt der Durchsuchung 13. April 2012.

Drucksache 18/6700 – 312 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zur Information vom Verlauf der Durchsuchung hat der Zeuge Dr. Schumacher bekundet:

„Nach der Durchsuchung wurde mir erst mal fernmündlich kurz berichtet, wie die Durchsuchung ab-
gelaufen war, was man mitgenommen hatte, was der persönliche Eindruck war bei der Durchsu-
chung.“1196

Der Beamte „X“ hat die Situation wie folgt beschrieben:

„Am 13. April, am Freitag, den 13. April 2012, um 6.15 Uhr wurde ich von meiner Frau angerufen,
dass die Polizei bei mir vor dem Haus steht und einen Durchsuchungsbeschluss hat. Da habe ich zum
ersten Mal davon erfahren. Da war ich auf dem Weg zur Arbeit.“1197

f)Keine Durchsuchung der Diensträume durch die Staatsanwaltschaft Mainz

Durch die Staatsanwaltschaft Mainz wurden die Diensträume des Beamten „X“ im Bundeskriminalamt nicht

durchsucht.

Der Zeuge Dr. Schumacher hat sich in dieser Hinsicht wie folgt geäußert:

„Jetzt aber gerade doch noch – entschuldigen Sie, dass mir die Erinnerung jetzt erst kommt; aber das
ist ein bisschen her und ich habe nicht wenige Verfahren -: Die IP-Daten waren für alle Zugriffe gesi-
chert. Und das BKA hat nicht irgendwelche IP-Daten. Das sind auch IP-Daten, die man rückverfolgen
kann dauerhaft. Und diese IP-Daten stammten nicht vom BKA. Also, diese IP-Daten waren für jeden
Zugriff gesichert; die stammten nicht vom BKA. Es war von dort aus kein Zugriff erfolgt. Das war
wohl auch der Grund, warum ich dort keine Durchsuchung vorgenommen habe. Es waren für jede
einzelne Bestellung IP-Daten vorhanden. Diese IP-Daten erlaubten keine Rückverfolgung des einzel-
nen Anschlussinhabers mehr, sehr wohl aber, bei welchen Knotenpunkten von wo diese Einlogmög-
lichkeiten waren, und das war nicht über die Dienststelle des BKA.“1198

Die Zeugin Keller hat hierzu ergänzt:

„Ich brauchte eine Auffindevermutung, dass wirklich ein Anhaltspunkt dafür besteht, dass auf dem
Dienstrechner irgendwas Kriminelles passiert sein könnte oder dass der Dienstrechner dazu benutzt
wurde, quasi privat jetzt Zugriff auf pornografische Daten oder sonstige strafbare Handlungen. Dazu
hatten wir keinen Hinweis. Wir hatten ja auch die IP-Adressen, von wo aus die Zugriffe erfolgt
sind.“1199

sowie

„Ich brauche doch nicht den Hinweis, dass jemand vielleicht an seinem Arbeitsplatz auch was Privates
hat – ein Bild einer Frau auf dem Schreibtisch ist nun mal nicht verboten, ja? -; ich brauche doch den
Hinweis, dass am Arbeitsplatz etwas Strafbares passiert ist, und dafür hatten wir aus meiner Sicht
keine Anhaltspunkte.“1200

Eine Bitte bzw. ein Ersuchen seitens des BKA, die Diensträume des BKA nicht zu durchsuchen, habe es, so die

Zeugin Keller, nicht gegeben.1201

1196 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 11.
1197 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 10.
1198 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 24.
1199 Keller, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 29 f.
1200 Keller, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 32.
1201 Keller, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 37.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 313 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Spaniol hat im Hinblick auf diesen Aspekt bekundet:

„Der Mitarbeiter Z. von mir, der hat mit der Staatsanwaltschaft telefoniert, hat gesagt, wir würden
anbieten - - der Beamte verfügt noch über einen Dienstrechner, Diensträume, was damit zu tun sei,
und die Staatsanwaltschaft, Frau Keller, hat geantwortet: Nein, das brauchen wir nicht. Wir haben a)
– so ist es mir in Erinnerung, wurde es mir geschildert – keinen Anfangsverdacht dahingehend, dass
der Dienstrechner irgendwie involviert gewesen sei, und b) haben wir genügend anderes Material, dass
wir darauf verzichten können. – Das war für uns ausreichend.“1202

Er hat hinzugefügt:

„Ja, die Staatsanwaltschaft ist die Herrin des Ermittlungsverfahrens, und aus prozessökonomischen
Gründen - - Wenn die dann sagen: ‚Wir brauchen nicht noch eine Festplatte, wir haben mehrere Fest-
platten sichergestellt‘, klang das für mich durchaus einleuchtend, zumal keiner wirklich davon ausge-
gangen ist, dass auf dem Dienstrechner irgendwelches Material zu finden sei.“1203

3. Auswertung der bei der Durchsuchung aufgefundenen Beweismittel

a) Aufgefundene Beweismittel

Bei der Durchsuchung wurden insgesamt zwei Rechner, drei Mobiltelefone, zwei Laptops, vier externe Festplat-

ten, fünf USB-Sticks bzw. Speicherkarten, 92 CDs bzw. DVDs, sechs Digitalkameras sowie drei IPods bzw.

MP3-Player sichergestellt.1204

b) Zeit bis zur Auswertung der Beweismittel

Der Zeuge Dr. Schumacher hat den Zeitablauf bis zur Auswertung der Beweismittel wie folgt beschrieben:

„[…] Und nach Vollzug der Beschlüsse ergab sich weiterer insbesondere Auswertungsbedarf im Hin-
blick auf technische Gerätschaften. Das fand bei den entsprechenden Einheiten der Polizei statt und
nahm einen erheblichen Zeitraum in Anspruch, was mit generellen Belastungen dieser Einheit zu tun
hat. Die Sachen wurden schon vorgezogen und beschleunigt bearbeitet. Nichtsdestotrotz dauerte das
dann bis zum 06.09. […]“1205

„[…] Am 23.08. lag der Auswertebericht nicht vor. Der datiert vom 23.08. Der Eingang bei uns war
erst im September, und das ist durch Eingangsstempel auch belegt. Der ging ein am 06.09.2012. Das
war also der Zeitpunkt, zu dem der Staatsanwaltschaft das Auswertungsergebnis der Akte vorlag. Das
ist dann entsprechend ja auch direkt weiter bearbeitet worden.

Diese Bearbeitungszeit ist unter Berücksichtigung der Auswertezeiten extrem schnell. Ich will Ihnen
da vielleicht mal ganz kurz was zu erklären, ohne jetzt in Details unserer Landesproblematik zu gehen.
Die DV-Gruppe wertet auch Daten aus in Fällen des Mordes, der Vergewaltigung, des schweren se-
xuellen Missbrauchs von Kindern und ähnlicher Verfahren. Das Vorziehen dieses Verfahrens bedeu-
tete, dass andere Verfahren mit zum Teil viel schwerwiegenderen Vorwürfen nachrangig bearbeitet
werden mussten. Das ist eine Entscheidung, die so getroffen worden ist. Das kann man so oder so

1202 Spaniol, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 11.
1203 Spaniol, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 11.
1204 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 420 f. (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Sicherstellungsprotokoll des Polizeipräsidiums Mainz, Poli-

zeiinsektion Bad Kreuznach vom 13. April 2012.
1205 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 24 f.

Drucksache 18/6700 – 314 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

bewerten, aber mit Sicherheit war es ohnedies so, dass das Verfahren - ich will nicht sagen: über
Gebühr, aber jedenfalls in erheblicher Weise - beschleunigt wurde und andere Verfahren deswegen
hintanstehen mussten.

Das hat damit zu tun, dass da eine sehr enge Personalsituation ist bei den Auswertungsgruppen, dass
es ein sehr komplexer Auswertungsbereich ist. Ohne jetzt in Details - das möchte ich vielleicht lieber
später darstellen - zu gehen, kann ich nur sagen: Es war eine sehr umfangreiche Auswertung und eine
Vielzahl von Dingen, die auszuwerten waren, und das allein hat dazu geführt, dass der Auswertezeit-
raum einen gewissen Zeitraum in Anspruch nahm. Dann ist noch die Person erkrankt, die als Einzige
da sachbearbeitend tätig war, für zwei Wochen. Das hat auch noch mal eine Verzögerung mit sich
gebracht.

Insofern war es trotz allem eine für Verfahren dieser Art extrem schnelle Bearbeitung, wobei dann die
Einflussmöglichkeit seitens der Staatsanwaltschaft auch ausgesprochen beschränkt ist. Ich kann also,
außer anzufragen und darum zu bitten, beschleunigt zu bearbeiten, ohnedies nichts machen bei Aus-
wertezeiten.“1206

Die Zeugin Keller hat sich zu diesem Aspekt wie folgt geäußert:

„[…] Ich musste mal einen Bericht für den Rechtsausschuss, also für unser Ministerium, für unseren
Rechtsausschuss, schreiben. Daraus erinnere ich mich, dass der auswertende Beamte damals zwei
Wochen krank war, und dann macht das halt kein anderer. Insgesamt ist das da eher schnell gegangen,
weil wir natürlich von Anfang an gesagt haben: Das ist wegen der Persönlichkeit des Beschuldigten
ein besonderes Verfahren, nicht wegen der Tatvorwürfe; vom Tatvorwurf her haben wir solche Sachen
recht häufig.“1207

c) Aufgefundene Beweise

Die Auswertung der sichergestellten Datenträger führte zum Auffinden kinderpornografischer Bilder im unteren

zweistelligen Bereich, jugendpornografischer Bilder im oberen zweistelligen Bereich sowie jugendpornografi-

scher Videos im einstelligen Bereich1208.

Die Zeugin Keller hat hierzu weiter ausgeführt:

„Also, weder bei der Auswertung dieser kanadischen Bestelldaten noch bei dem, was man bei ihm zu
Hause gefunden hat, gab es diese schweren Dinge. Das war alles in einem sicher strafbaren – also, ich
will das jetzt auch nicht geringgeschätzt wissen - - aber von dem, was wir sonst so sehen, war der in
einem wirklich niederen Level. Und wir haben nichts anderes gefunden, was darauf hindeuten könnte,
dass der dann wirklich solche Dinge, wie Sie sie beschrieben haben, gehabt haben könnte. Wir haben
auch bei der Auswertung der Rechner keine anderen Bestellungen gefunden. Wir haben ja auch nicht
nur die Rechner ausgewertet, sondern sonstige internetfähige Medien wie Handys und alles, was es da
so gibt. Auf alledem hat sich nichts dergleichen gefunden.“1209

1206 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 34 f.
1207 Keller, Protokoll-Nr. 13, S. 43.
1208 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 607 (609) (Tgb-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Abgabevermerk des Polizeipräsidiums Mainz, Kriminal-

inspektion Bad Kreuznach.
1209 Keller, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 36.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 315 – Drucksache 18/6700

4. Aktenanforderung durch die ZIT

Mit Schreiben vom 31. Juli 2012 wurden durch Oberstaatsanwalt Franosch von der ZIT bei der Staatsanwalt-

schaft Mainz die Akten des gegen den Beamten X geführten Ermittlungsverfahrens angefordert1210. Die Über-

sendung erfolgte am 8. August 2012 auf Grund einer Verfügung vom 6. August 20121211. Die Rücksendung

durch die ZIT erfolgte mit Schreiben vom 16. August 20121212.

Der Zeuge Dr. Schumacher hat sich zu diesem Aspekt wie folgt geäußert:

„[…] Die ZIT hat in diesem Fall in Gestalt eines konkreten Kollegen bei mir angerufen und darum
gebeten, dass ihnen die Akte übersandt wird. Das habe ich aktenkundig gemacht und habe auch eine
entsprechende Aktenübersendung veranlasst. Grund dafür - das kann ich jetzt leider nur noch aus mei-
nem Gedächtnis sagen - ist meiner Erinnerung nach - denn den Grund der Aktenversendung habe ich
nicht notiert -, dass man meine rechtlichen Beurteilungen sehen wollte, insbesondere die, die dann der
Ermittlungsrichter übernommen hat für den Erlass entsprechender Beschlüsse, weil es in diesem Fall
um rechtliche Fragen ging, die nicht gänzlich unkompliziert waren und bei denen man sicherlich auch
anderen Auffassungen hätte zuneigen können als denen, die ich vertreten habe oder der Ermittlungs-
richter oder der spätere Richter. Deswegen - das ist aber nur eine Mutmaßung von mir; das möchte ich
auch so deutlich machen - hat man wohl die Akte angefordert, um sich anzusehen, was dort bisher
passiert war. Da gab es ja zu dem Zeitpunkt schon einen richterlichen Beschluss.“1213

„[…] Der Kollege Franosch von der ZIT hat bei mir angerufen und um Übersendung der Akte gebeten.
Dem bin ich nachgekommen. Das habe ich auch entsprechend vermerkt. Wenn ich sage, ich mutmaße,
dann liegt das daran, dass ich mich schlichtweg nicht mehr daran erinnere, was der genaue Grund war.
Es ist über zwei Jahre her. Ich weiß es schlichtweg nicht mehr. Es war jedenfalls zu einem Zeitpunkt,
als die Beschlüsse bereits vollzogen waren, und zu diesem Zeitpunkt bat er um Übersendung der Akte
für drei Tage. Dem bin ich nachgekommen. Dann hat er sie mir zurückgesandt. Wenn ich sage ‚die
Akte‘, dann meine ich damit nicht die Datenträger, sondern immer nur die Papierakte. Die habe ich
übersandt, und die kam wieder zurück.“1214

Der Zeuge Franosch hat hierzu bekundet:

„Wir haben den Vorgang; das können Sie den Akten entnehmen. Das hat mich natürlich interessiert.
Als die Kolleginnen bei uns waren, haben sie uns erzählt, dass dort dieser Kollege aufgefallen ist und
dass deswegen dieses Verfahren vorgezogen wurde. Und dann habe ich gesagt: Das interessiert mich
natürlich brennend, wie die Kollegen in Mainz das bewertet haben. - Weil - ich sage es noch mal - für
uns war ja diese ganze Geschichte, die ich jetzt so erzähle mit Kategorie 1 und 2, und wie machen wir
es, völlig unklar. ‚Selm‘ warf genau diese Problematik auf: Wie gehen wir jetzt damit um? Und dann
habe ich gesagt: Das ist ja interessant, die haben das vor uns gehabt. Gucken wir mal, was die gemacht
haben.

[…]

1210 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 464 (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main –
Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität – an die Staatsanwaltschaft Mainz vom 31. Juli 2012.

1211 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 465 (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Verfügung von Staatsanwalt Dr. Schumacher, Staatsanwalt-
schaft Mainz vom 6. August 2012 mit Absendevermerk vom 8. August 2012.

1212 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 466 (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Formschreiben der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am
Main – Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität – an die Staatsanwaltschaft Mainz vom 16. August 2012.

1213 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 30.
1214 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 30 f.

Drucksache 18/6700 – 316 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ich habe mir die Akte also kommen lassen, habe mir das angeguckt, wie der Kollege in Mainz das
bewertet hat, und ich fand es richtig, wie er es bewertet hat. Und dann habe ich die Akte wieder zu-
rückgeschickt, habe eine e-Duplo-Akte zurückbehalten. Aber da war noch kein Abschluss drin. Also,
das war, meine ich, August oder September 12. Das sollte sich aber aus den Ihnen vorliegenden - - Ich
kann es nachgucken, wenn Sie wollen.“1215

„Ja, sonst gucke ich es noch mal nach. - Ich habe mir die Akte kommen lassen, habe mir die angeguckt,
habe eine Kopie für mich zurückbehalten als Beiakte und habe ansonsten das Ding wieder zurückge-
schickt. Danach habe ich damit nichts mehr zu tun gehabt.“1216

Nach Rückkehr der Akten, so der Zeuge Dr. Schumacher, habe er mit der ZIT keinen weiteren Kontakt ge-

habt.1217

5. Möglichkeit der Einsichtnahme in die Beweismittel-DVDs durch Dritte?

Vor dem Hintergrund, dass sich unter den durch das Bundeskriminalamt an die Staatsanwaltschaft übergebenen

Unterlagen auch eine DVD befand, in der eine Excel-Datei mit sämtlichen in Deutschland ansässigen Bestellern

enthalten war,1218 ist der Untersuchungsausschuss auch der Frage nachgegangen, inwiefern für unbefugte Dritte

die Möglichkeit bestand, Einsicht in diese Datei zu nehmen.

a) Kenntnis des Zeugen Dr. Schumacher bezüglich der Kundendatei

Der Zeuge Dr. Schumacher hat im Hinblick auf seine Kenntnis von der Existenz der Excel-Datei ausgesagt:

„Zunächst: In der Akte, also in der Papierakte, befand sich diese Datei nicht. Die befand sich nur auf
einem Datenträger. Dass sie sich auf dem Datenträger befand, das weiß ich definitiv erst seit dem
Zeitpunkt, in dem ich sie aus dem Archiv erneut hervorgeholt habe, weil ich sie dem Rechtsausschuss
vorlegen lassen musste, und dann habe ich natürlich noch mal in die Datenträger reingeschaut. Ich will
nicht ausschließen, dass ich auch im damaligen Verfahren diese Dateien angeschaut habe. […]“1219

„Als ich die Akte für den Rechtsausschuss wieder herausholen musste - das war also dann irgendwann
20131220 -, ja, das räume ich ein, habe ich auch nachgeschaut, weil ich natürlich gucken wollte: Ist
denn der Name dort überhaupt drauf gewesen? Da habe ich also, ich meine, eine Excel-Tabelle geöff-
net und mit Suchfunktion geguckt und festgestellt: Jawohl, der Name ist da drauf. Vorher nein.
[…]”1221

b) Lagerung der Beweismittel-DVDs im Dienstzimmer

Der Zeuge Dr. Schumacher hat bekundet, die Beweismittel DVDs seien stets in seinem Dienstzimmer aufbe-

wahrt worden:

1215 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 25.
1216 Franosch, Protokoll-Nr. 11, S. 25 f.
1217 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 10.
1218 Siehe hierzu bereits oben unter 1. b).
1219 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 26.
1220 Der Zeuge Dr. Schumacher hat sich im Hinblick auf die Jahreszahl später auf „2014“ berichtigt, Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 33 f.
1221 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 27.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 317 – Drucksache 18/6700

„Also, mit der Akte war eigentlich oder war ausschließlich ich befasst als Dezernent. Es gab da keinen
weiteren Sachbearbeiter. Soweit ich mich erinnere: Ich hatte die DVDs, auch weil die in die Sachakte
nicht reingehören, sondern in Sonderbände, frühzeitig in einen Sonderband ausgesondert. Nach mei-
nem Erinnern lag dieser Sonderband die ganze Zeit bei mir. Ich habe den Verteidiger damals - das tue
ich immer in solchen Fällen - darauf hingewiesen, dass diese Datenträger bei mir ausliegen, dass sie
Beweismittel sind, dass sie nicht mit versandt werden, dass sie aber in der Geschäftsstelle bei mir
eingesehen werden können. Das ist aber nicht passiert. Es gab keinen Einsichtnahmetermin durch den
Verteidiger. Deswegen kann nach meinem Erinnern überhaupt niemand außer mir auf den Datenträger
einen Blick gehabt haben, es sei denn natürlich, jemand wäre nachts in mein Büro gekommen, aber
jedenfalls dort, sage ich mal, hatte kein anderer Sachbearbeiter Zugriff auf die Akten.“1222

Im Hinblick auf eine mögliche Übersendung an die in seinem Auftrag tätige Polizei hat der Zeuge Dr. Schuma-

cher bekundet:

„Ich kann aber jetzt aus dem Gedächtnis heraus nicht mehr sagen, ob ich die mit rausgegeben habe.
Ich glaube, nein, weil es, ehrlich gesagt, aus meinen Erinnerungen dafür keine Notwendigkeit gab.
Das kann ich aber nicht mehr genau sagen. Ich weiß es schlichtweg nicht mehr, weil das ist auch nicht
in der Akte vermerkt, weil es eine persönliche Übergabe gab. Ich habe schriftlich vermerkt die per-
sönliche Übergabe, aber ich habe nicht vermerkt, was ich da mit übergeben habe. Deshalb kann ich es
aus dem Gedächtnis heraus nicht mehr sagen. Ich glaube aber, nein. Ich glaube, das blieb in meinem
Büro liegen, diese Datenträger.“1223

Auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass ein Unbefugter sich die Akte angesehen habe, hat der Zeuge Dr.

Schumacher geantwortet:

„Das kann ich nicht ausschließen, weil ich ja, sage ich mal - - Das ist ein genereller Büroschlüssel.

[…]

Theoretisch kann ich das nicht ausschließen.

[…]

Ich habe nur keinerlei Anhaltspunkte dafür, und dieses Verfahren wurde auch in der Behörde sehr
diskret behandelt. Ich habe auch nicht mit Kollegen über das Verfahren gesprochen.“1224

c) Keine Übersendung im Rahmen der Akteneinsicht

Mit Verfügung vom 23. April 2012 wurden dem Verteidiger des Beamten X auf dessen zuvor gegenüber der

Polizei gestellten Antrag erstmals die Ermittlungsakten übersandt, und zwar die Sachakten und ein Sonderband

Kontounterlagen. Bezüglich der Beweismittel heißt es in der Übersendungsverfügung:

„Ich erlaube mir den Hinweis, dass die DVD mit den verfahrensgegenständlichen Bild- und Videoda-
teien als Beweismittel nicht der Akteneinsicht unterliegen. Sie können jedoch, nach vorheriger Ter-
minabsprache, hier eingesehen werden.

1222 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S.
1223 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 11.
1224 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 27.

Drucksache 18/6700 – 318 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Auswertebericht der DV-Gruppe steht noch aus. Nach Eingang des Berichts werde ich erneut
Akteneinsicht gewähren.“1225

Zur ersten Akteneinsicht der Verteidigung nach der Durchsuchung hat der Zeuge Dr. Schumacher ausgeführt:

„Im Zeitpunkt des Beschlussvollzuges – sprich: die Polizei marschiert in die Wohnung, nimmt die
halbe Wohnung mit; um es mal ganz anschaulich darzustellen – war er natürlich entsprechend alar-
miert, hat sich einen Verteidiger geholt, der sich noch am selben Tag bei uns gemeldet hat und per Fax
– oder bei der Polizei; das kann ich nicht mehr ganz genau sagen – angekündigt hat, er wolle Akten-
einsicht, sein Mandant gebe keine Erklärungen ab. Auf dieses Akteneinsichtsgesuch hin habe ich,
nachdem ich die Akte zurückbekam, ihm eine erste Akteneinsicht gegeben. Das war die Akteneinsicht
nach Vollzug des Beschlusses, aber natürlich noch ohne jedes Ergebnis der Durchsuchung, außer dem,
was man mitgenommen hat; man hatte ja noch keinerlei Daten ausgewertet. Deswegen wurde verein-
bart – und das ist in solchen Fällen auch völlig üblich -, dass, nachdem die Auswertungsergebnisse
vorliegen, eine erneute Akteneinsicht erfolgt.“1226

Mit Verfügung vom 17. September 2012 wurden dem Verteidiger des Beamten X auf dessen zuvor gestellten

Antrag auf Akteneinsicht erneut die Ermittlungsakten übersandt. Übersandt wurden dabei zwei Bände Sachakten

sowie der Sonderband Kontounterlagen. Im Hinblick auf die Beweismittelsonderbände heißt es in der Übersen-

dungsverfügung:

„Einsicht in die Beweismittelsonderbände kann auf hiesiger Geschäftsstelle genommen werden.“1227

Zur Frage der Übersendung der Beweismittel-DVDs an den Verteidiger und im Hinblick auf eine Einsichtnahme

der Verteidigung in die Beweismittel-DVDs hat sich der Zeuge Dr. Schumacher wie folgt geäußert:

„Die Datenträger wurden niemals mit versandt, und ich habe auch jeweils, wenn ich dem Aktenein-
sichtsgesuch nachgegeben habe - das war zweimal der Fall, einmal nach Durchsuchung und nach Aus-
wertungsergebnis -, immer nur die Papierakten übersandt, habe jeweils darauf hingewiesen, dass diese
Datenträger bei mir einliegen und dass sie eingesehen werden können, dass sie aber nicht übersandt
werden, weil sie Beweismittel sind und als solche nicht dem Akteneinsichtsrecht unterliegen. Diesem
Hinweis ist der Verteidiger nicht in der Weise nachgekommen, dass er gesagt hat: ‚Dann möchte ich
jetzt gerne einen Termin haben‘, sondern er hat darauf verzichtet, persönlich Einsicht in die Dateien
oder in diese DVDs zu nehmen.“1228

6. Verschiebung der Stellungnahme vor dem Hintergrund eines „Runden Tischs über die berufliche Zu-
kunft“ des Beamten „X“

Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Mainz enthält mehrere Telefonvermerke, in denen Staatsanwalt Dr.

Schumacher Telefonate mit dem Verteidiger des Beamten X dokumentiert. Nachdem der Verteidiger bei Rück-

gabe der Akten mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2012 zunächst angekündigt hatte, bis zum 12. Oktober 2012 eine

1225 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 457 (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Verfügung von Staatsanwalt Dr. Schumacher, Staatsanwalt-
schaft Mainz, vom 23.04.2012.

1226 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 12.
1227 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 612 (613 f.) (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Verfügung von Staatsanwalt Dr. Schumacher, Staats-

anwaltschaft Mainz, vom 17.09.2012.
1228 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 27 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 319 – Drucksache 18/6700
Einlassung abzugeben1229, bat der Verteidiger am 9. Oktober 2012 telefonisch um Verlängerung der Frist bis

zum 9. November 2012. Hintergrund sei, dass ein „Runder Tisch“ mit dem BKA geplant sei1230. Unter dem 24.

Oktober 2012 sind sodann zwei Anrufe des Verteidigers dokumentiert. Zunächst bat dieser um eine Verlänge-

rung der Frist um sieben Wochen und teilte mit, es hätten Gespräche mit dem BKA stattgefunden, das zunächst

ebenfalls Akteneinsicht nehmen wolle. Staatsanwalt Dr. Schumacher lehnte diese Fristverlängerung ab und ge-

währte lediglich eine Fristverlängerung von einem weiteren Monat1231. Im zweiten Anruf vom selben Tag teilte

der Verteidiger mit, er habe nochmals mit dem BKA gesprochen und man wolle dort nun doch den Ausgang des

Verfahrens abwarten. Er werde daher bis zum 7. November 2012 eine Einlassung seines Mandanten zur Akte

reichen und bat um Erledigung im Strafbefehlswege1232. Ein vom 8. November 2012 datierender Schriftsatz des

Verteidigers ging sodann am 12. November 2012 bei der Staatsanwaltschaft Mainz ein1233.

Der Zeuge Dr. Schumacher hat sich im Hinblick auf die mehrmalige Verschiebung der Einlassung wie folgt

geäußert:

„[…] Ich habe - das habe ich auch aktenkundig gemacht -, als der erste Antrag auf Fristverlängerung
kam, gesagt: ‚Ich gebe dem nach‘, und zwar aus folgendem Grund: Hätte es eine Entscheidung über
die dienstliche Zukunft gegeben, wäre das bei der Strafzumessung definitiv zu berücksichtigen gewe-
sen. Also, einen Verlust der beruflichen Tätigkeit hätte man natürlich als quasi schon Mitstrafe be-
rücksichtigen und etwas strafmildernd berücksichtigen können. Umgekehrt: Hätte er die Tätigkeit wei-
ter fortgeführt, hätte man die Strafe vielleicht eher etwas höher angesetzt. Das habe ich dem Verteidi-
ger auch so gesagt.

Nur, als es dann erneut um weitere Verzögerungen und weitere Stellungnahmeverlängerung ging, war
mir dann das irgendwann zu lang, weil ich fand, das Gebot einer sachgerechten und schnellen Bear-
beitung stand dem entgegen. Letztlich führte das dann auch dazu, dass der Verteidiger mir dann auch
telefonisch gesagt hat, man habe jetzt ohnedies die Gespräche abgebrochen und wolle den Ausgang
des Verfahrens hier abwarten - das war dann ein Gespräch am 24.10. -, und hat dann nur noch die
Stellungnahmefrist bis zum 08.11. ausgereizt.“1234

In den Akten des Bundeskriminalamtes finden sich keine Anhaltspunkte für die Durchführung eines „Runden

Tisches“ im Oktober 2012.

In diesem Zusammenhang erscheint das durch den Zeugen Hoffmann geschilderte Einlassungsverhalten des

Verteidigers des Beamten „X“ in einem anderen Zusammenhang von Interesse:

„Es schlossen sich dann Verhandlungen mit den Anwälten an, weil die immer noch davon ausgegan-
gen sind, dass der Beamte X bei uns im Haus weiterbeschäftigt werden könnte. Es ist dann auch Mitte

1229 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 615 (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Schriftsatz des Verteidigers des Beamten „X“ vom 2. Oktober
2012.

1230 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 616, (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Vermerk von Staatsanwalt Dr. Schumacher vom 9. Oktober
2012.

1231 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 617, (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Vermerk von Staatsanwalt Dr. Schumacher vom 24. Oktober
2012.

1232 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 618, (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Vermerk von Staatsanwalt Dr. Schumacher vom 24. Oktober
2012.

1233 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 622, (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Schriftsatz des Verteidigers des Beamten „X“ vom 8. Novem-
ber 2012.

1234 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 35.

Drucksache 18/6700 – 320 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Oktober eine entsprechende Bitte der Rechtsanwälte des Beamten an die Amtsleitung ergangen. Hin-
tergrund: Man wollte eine ranggleiche Verwendung des Beamten erreichen, also nicht auf seinem alten
Dienstposten, sondern auf einem gleichwertigen Dienstposten. Da ist dann entschieden worden: Ein
solches Gespräch wird nicht geführt. Stattdessen gab es eine Korrespondenz mit den Rechtsanwälten
und dem Verwaltungsgericht Wiesbaden, weil die Rechtsanwälte Fristverlängerung haben wollten,
um die Klage zu begründen. Die Fristverlängerung ist damit begründet worden, man stehe ja in Ver-
handlungen mit der Amtsleitung wegen ebendieser Weiterbeschäftigung. Das war aber nicht der
Fall.“1235

7. Erlass eines Strafbefehls durch das Amtsgericht Mainz

Der Zeuge Dr. Schumacher hat hierzu folgenden Ablauf geschildert:

„[…] Am 13.11. habe ich dann auf dieser Basis einen Strafbefehl beantragt. Der ist dann auch am
26.11. vom Gericht erlassen worden und ist dann auch rechtskräftig geworden Ende des Jahres 2012.
[…]“1236

Zur Schwierigkeit der Bestimmung des Strafmaßes in solchen Fällen hat der Zeuge Dr. Schumacher geäußert:

„Ich würde Ihnen dazu gern allgemeine Richtlinien oder Regeln sagen, es gibt sie aber nicht. Und man
muss leider auch sagen, dass in den unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten über das ganze Land verteilt
sehr unterschiedliche Maßstäbe herrschen. Während also, sage ich mal, man bei den einen auch
manchmal in den Zeitungen liest: ‚Waren nur wenig Bilder, 153, 153 a, Einstellung wegen Geringfü-
gigkeit‘, gibt es bei anderen dann schon kurze Freiheitsstrafen. Das hat vielleicht auch mit persönli-
chen Dispositionen zuständiger Richter oder Staatsanwälte zu tun. Ich versuche es bei mir, so gut es
geht, zu objektivieren. Ich habe deswegen auch in dieser Akte in der Abschlussverfügung die für mich
schuldzumessungsrelevanten Kriterien zusammengeschrieben, und die in Zusammenschau mit dem
Strafrahmen, den der Gesetzgeber vorgibt, sind für mich ein Maßstab, mich da heranzuarbeiten. Das
bedeutet, jemand, der nicht vorbestraft ist, der, sage ich mal, geständig ist, unrechtseinsichtig ist und
möglicherweise auch weitere Maßnahmen schon unternommen hat, um ein Fehlverhalten weiter auf-
zuarbeiten, der ist natürlich - - da sind strafmildernde Gesichtspunkte; andererseits jemand, der über
einen langen Zeitraum auch noch entgeltlich solches Material erwirbt, das sind strafschärfende Ge-
sichtspunkte. Dann ist die Anzahl der Fälle natürlich relevant und die Menge. Das ist zwar jetzt nicht
nach „Soundso viel Bilder und soundso viel Tagessätze“, aber natürlich spielt die Menge und die
Qualität der Bilder auch eine Rolle: Sind es etwa – jetzt losgelöst von diesem Fall – Bilder von Klein-
kindern beim sexuellen Missbrauch? Sind es Bilder, die, sage ich mal, nicht diese ganz schlimme
Qualität haben, sondern vielleicht eher die Opfer an der Grenze des Altersschutzes des Gesetzes sind?

Das sind alles Kriterien, die dafür eine Rolle spielen. Noch genauer kann ich es Ihnen leider nicht
sagen, weil es noch genauere Vorschriften dafür leider auch nicht gibt. Das ist in der Tat ein Stück
weit, ich will nicht sagen: Fingerspitzengefühl, aber auch Usus, der in Behörden herrscht. Bei uns etwa
ist natürlich der Besitz von Kinderpornografie was, was wir ab einer gewissen Menge immer mit
Strafbefehlen ahnden. Aber da hängt es eben von vielen einzelnen Fragen ab, wie es konkret dann im
Strafmaß aussieht; pauschal schwierig.“1237

Zur Frage, inwiefern das Strafmaß mit dem Verteidiger erörtert wurde, hat der Zeuge Dr. Schumacher erklärt:

„Darüber gab es in diesem Sinne keine Gespräche. Der Rechtsanwalt hat gebeten - - Ein Strafbefehl
war ja in den Raum gestellt; das heißt – das hatte ich auch gesagt -, es gibt einen Geldstrafenantrag

1235 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 15.
1236 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 25.
1237 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 10.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 321 – Drucksache 18/6700

von meiner Seite, keinen Freiheitsstrafenantrag. Konkreter bin ich nicht geworden. Er hat darum ge-
beten, die 90 Tagessätze nicht zu überschreiten. Das habe ich zur Kenntnis genommen, aber dazu
keine weiteren Ausführungen; ich habe jetzt nicht irgendwie erörtert, wie viel ich zu beantragen ge-
denke und ob ihm das jetzt gefällt oder ob er das missbilligt oder ob er dann Einspruch einlegen
möchte, sondern das war dann nicht mehr Gegenstand einer detaillierten Absprache in irgendeiner
Form, sondern lediglich von ihm wurde darum gebeten, 90 Tagessätze nicht zu überschreiten. Und
das war es.“1238

Auf die Frage, ob dem Amtsgericht auch der Sonderband mit den Beweismitteln übersandt wurde, hat der Zeuge

Dr. Schumacher geantwortet:

„Richtig. Die Akten sind dann mit an das Amtsgericht gegangen, auch zwingend, weil die Einsicht-
nahme dieser Beweismittel eigentlich erforderlich war, um als Gericht sich ein Urteil darüber zu bil-
den, ob der von mir beantragte Strafbefehl überhaupt rechtens ist.“1239

8. Dauer des Strafverfahrens

Dazu befragt, ob er die Dauer des Strafverfahrens als eine normale Verfahrensdauer sehen würde, hat der Zeuge

Dr. Schumacher bekundet:

„Nein, das würde ich als eine stark beschleunigte Verfahrensdauer sehen wollen; denn die Verfahren-
sauswertung in solchen Verfahren dauert im Schnitt bei uns ein bis anderthalb Jahre, und das betrifft
nur die Zeit der Datenauswertung, also nicht die Zeit der Vorermittlungen, des Vollzuges und der
Auswertung. Das heißt, ein normales Verfahren ist zwei bis drei Jahre anhängig, dieser Art.“1240

Der Zeuge Dr. Schumacher hat auf nochmalige Nachfrage, ob man dann sagen könne, dass es sogar noch ziem-

lich schnell gegangen sei, ausgeführt:

„Nein, das kann man nicht sagen: Das war so. Es war ein extrem beschleunigtes Verfahren.“1241

Die Zeugin Keller hat die Verfahrensdauer als „eher schnell“ bezeichnet.1242

1238 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 16.
1239 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 31.
1240 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 34.
1241 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 34.
1242 Keller, Protokoll-Nr. 13, S. 42.

Drucksache 18/6700 – 322 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

III. Ablauf des Disziplinarverfahrens

1. Zuständigkeit des Referates ZD 25 bis Ende April 2012

a) Aufgabenübertragung von SO 12 an ZD 25 – Besprechung hierzu am 30. Januar 2012 – Abstim-
mung mit der Amtsleitung

Wie bereits oben in Abschnitt B. I. 5. c) dargestellt, wurde die Bearbeitung des den Beamten „X“ betreffenden

Vorgangs am 30. Januar 2012 mit Einverständnis des BKA-Präsidenten Ziercke vom Referat SO 12 an das Re-

ferat ZD 25 übertragen.

b) Kontakte des Referats ZD 25 zur Staatsanwaltschaft Mainz zwischen dem 1. Februar 2012 und
dem 13. April 2012

Neben den bereits im Rahmen der Darstellung des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Mainz genann-

ten weiteren Kontakte zwischen dem Bundeskriminalamt (ZD 25) und der Staatsanwaltschaft Mainz kam es vor

der Hausdurchsuchung beim Beamten „X“ am 13. April 2012 jedenfalls zu einer Nachfrage des Zeugen Spaniol

bei der Staatsanwaltschaft Mainz: Aus einer E-Mail vom 28. Februar 2014, die der Zeuge Spaniol an einen

Mitarbeiter des BKA-Leitungsstabes (LS4-2 - Herrn E.) richtete, geht hervor, dass es am 14. März 2012, mithin

zeitnah zu der Rückfrage der Staatsanwaltschaft Mainz zu Reisedaten des Beamten X1243, durch den Zeugen

Spaniol eine Kontaktaufnahme zur Staatsanwaltschaft Mainz gegeben habe. Hier habe der Zeuge Dr. Schuma-

cher geäußert, dass die nächsten Schritte evident seien, er aber aus naheliegenden Gründen dem Bundeskrimi-

nalamt gegenüber keine konkreten Auskünfte geben wolle.1244

Der Zeuge Spaniol hat sich auf die Frage, ob er nach dem 1. Februar 2012 (ohne Beschränkung auf den Zeitraum

bis zum 13. April 2012) noch Kontakt zur Staatsanwaltschaft Mainz gehabt hätte, wie folgt geäußert:

„Immer mal wieder; fortlaufend würde ich jetzt nicht sagen. Zwei-, dreimal hatten wir noch Kontakt,
ja.

[…]

Eher um nachzufragen, wie der Sachstand ist.“1245

1243 Siehe hierzu die Darstellung im Abschnitt B. II. 2. b).
1244 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 35, E-Mail des Zeugen Spaniol an Herrn E. vom 28. Februar

2014, 09.15 Uhr.
1245 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 11.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 323 – Drucksache 18/6700
Auf Nachfrage hat der Zeuge Spaniol bestätigt, der damalige Präsident des Bundeskriminalamtes, Ziercke, habe

ihn persönlich gebeten bei der Staatsanwaltschaft Mainz nachzufragen.1246 Nach weiterer Nachfrage hat der

Zeuge Spaniol insbesondere im Hinblick auf den Zeitpunkt ausgesagt:

„Ich habe einmal nachgefragt.

[…]

Das war meines Wissens nach – da müssten Sie in den Unterlagen schauen -, ich meine, Anfang Ap-
ril.“1247

Grund der Kontaktaufnahme sei insbesondere die Erfragung des Sachstandes im Hinblick auf disziplinarrecht-

liche Erwägungen gewesen. Dazu hat der Zeuge Spaniol ausgesagt:

„[…] Und es ging ja immer auch für den Präsidenten des Bundeskriminalamtes, um die Frage: Wie
gehe ich jetzt disziplinarrechtlich mit dem Beamten um? Wie handhabe ich das beamtenrechtlich? Es
war auch von vornherein klar, dass wir natürlich keinen Einfluss auf irgendwelche staatsanwaltschaft-
lichen Ermittlungen nehmen wollten. Insofern haben wir erstmal stillgehalten. Nur, irgendwann war
natürlich der nachvollziehbare Wunsch unseres Präsidenten da: Wie geht das da weiter? Gibt es da
einen Fortschritt? Bitte mal nachhören, wie der Sachstand des Verfahrens ist, also ob schon irgend-
welche operativen Maßnahmen gelaufen sind, und, und, und. […]“1248

Der Zeuge Dr. Schumacher hat im Hinblick auf Kontakte zum Bundeskriminalamt unter anderem auf die Frage,

ob es regelmäßig Besprechungen gegeben habe, ausgeführt:

„Also, zunächst: Das BKA stand jetzt nicht in einem solchen engen Kontakt, dass man da regelmäßig
Arbeitsbesprechungen durchgeführt hat. Ich hätte das auch als völlig unbotmäßig empfunden; denn
immerhin arbeitete ja die Person X in dieser Behörde, und ich wollte jetzt auch nicht, dass Informati-
onen aus dem Ermittlungsverfahren über das hinaus, was das BKA uns geliefert hatte, nun zurück-
transportiert werden, während das Verfahren noch läuft. Und insbesondere, bevor Beschlüsse vollzo-
gen sind, wäre es mir völlig unbotmäßig erschienen, Informationen nach dorthin zurückzuliefern und
dann das Risiko einzugehen, dass diese Informationen an die falschen Stellen kommen. Insofern habe
ich da gar keine Arbeitsbesprechungen oder Ähnliches durchgeführt.

Es gab dann später Sachstandsanfragen. Die waren aber erst zu einem Zeitpunkt, zu dem die Be-
schlüsse vollzogen waren; das hatte ich vorhin schon mal erwähnt. Da gab es dann Anfragen: Was ist
denn jetzt? Wann passiert denn da was? Weil zu diesem Zeitpunkt waren ja quasi die Vorgänge inso-
fern öffentlich geworden, als es ja einen Vollzug von Beschlüssen gab, und da hatte man natürlich ein
verständliches Interesse daran, nunmehr zu erfahren, was passiert. […]“1249

c) Maßnahmen zur Verhinderung einer unberechtigten Informationsweitergabe innerhalb des Bun-
deskriminalamtes vor dem 13. April 2012

Der Zeuge Spaniol hat ausgeführt, dass der Personenkreis innerhalb des Bundeskriminalamtes, der Kenntnis von

dem den Beamten „X“ betreffenden Vorgang hatte, sehr eng gewesen sei:

1246 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 13.
1247 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 13.
1248 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 12.
1249 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13, S. 35 f.

Drucksache 18/6700 – 324 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„In dem konkreten Fall war es so, dass zu Beginn dieser Personenkreis im Bundeskriminalamt ganz
eng war, der davon Kenntnis hatte, und ZV 15 nur in Form eines Telefonates von mir an den Leiter
ZV 15 informiert war und der Wunsch der Amtsleitung der war, dass wir erst mal hauptsächlich die
Ermittlungen führen, also die Verwaltungsermittlungen, und nicht bereits ZV 15.“1250

Aus Gründen der Diskretion sei man, so der Zeuge Spaniol weiter, dabei auch von dem Grundsatz abgewichen,

dass das Referat ZD 25 die Bearbeitung eines Disziplinarvorgangs übernehme, sobald eine konkrete Person

bekannt sei:

„[…] Vielleicht auch, weil ich in Ihre fragenden Gesichter gucke, zur Erklärung: Normalerweise ist
die Absprache zwischen ZV 15 und ZD 25 die: Sobald Personalien bekannt sind, sobald es gegen eine
konkrete Person ist, macht es ZV 15, und solange es noch gegen unbekannt ist, macht es ZD 25. Aber
in dem Fall war es eben anders. Weil eben die Sache so sensibel war, war der Wunsch der Amtsleitung,
dass, um möglichst wenige im Amt zu beteiligen, die Ermittlungen bei uns geführt werden - kom-
plett.“1251

Auf die Frage, welche Maßnahmen zur Sicherung der Vertraulichkeit des Vorgangs ergriffen worden seien, hat

der Zeuge Spaniol zusätzlich darauf hingewiesen, dass die Täterschaft des Beamten „X“ anfangs keineswegs

sicher gewesen sei, was ein zusätzlicher Grund für eine vertrauliche Behandlung gewesen sei:

„Also, wir haben von Beginn an ob der Ungeheuerlichkeit des Vorwurfs - - Man muss sich vorstellen:
Gruppenleiter im Bundeskriminalamt, Kinderpornografie auf der einen Seite; auf der anderen Seite
hat immer - auch das ist aus dem Phänomenbereich bekannt - der Mitarbeiter Z., der hier schon mal
erwähnt wurde - der kommt aus dem Bereich Computerkriminalität -, von Anfang an darauf hinge-
wiesen: Nur dass ein Name auf der Liste steht, heißt nicht, dass der auch tatsächlich bestellt hat. Das
heißt, man muss auch gucken - auch das ist ein Grund, möglichst den Personenkreis gering zu halten,
der davon Kenntnis erhält -, weil man davon ausgehen muss: Vielleicht hat er nie was bestellt. Und
eine Rufschädigung - da bleibt immer was hängen, sage ich mal.

Insofern war von Anfang an klar, in den ersten Gesprächen mit der Amtsleitung: Das muss auf einen
minimalen Kreis beschränkt bleiben. Deswegen auch die Weisung, nur an den Leiter ZV 15 zu infor-
mieren, nicht, wie sonst üblich, das Referat. Deshalb wurden auch nur namentlich die E-Mail-Fächer,
Postfächer bedient. Es wurde alles namentlich gemacht. […]“1252

Zu den weitergehenden Informationssträngen mit der Amtsleitung hat sich der Zeuge Spaniol wie folgt geäußert:

„Also, wie gesagt, dienst- und fachrechtlich bin ich direkt bei einem Vizepräsidenten angehängt. In
dem konkreten Fall war es so, dass der Vizepräsident, für den ich zuständig war, nicht da war. Dann
bin ich zum anderen Vizepräsidenten – wir haben ja zwei – und habe den Vorgang mit ihm besprochen.
Und dann hat es halt seine Kreise gezogen. Das heißt, der Vizepräsident hat dann den Präsidenten
informiert. […]“1253

Der Zeuge Braß hat angegeben, er sei erst im April 2012 von dem Sachverhalt informiert worden, und zwar

durch den BKA-Präsidenten Ziercke persönlich noch vor der Hausdurchsuchung bei dem Beamten „X“:

„[…] Ich habe über die Tatsache, dass der Beamte X auf der Liste stand, später erfahren als andere
Personen im Haus, wiederum aber früher als andere Personen. Der einzige Punkt, den ich da jetzt
schriftlich fixiert habe, ist, dass ich es etwa im April erfahren habe. Also das heißt, das ist schon lange

1250 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 15.
1251 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 15.
1252 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 20.
1253 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 21.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 325 – Drucksache 18/6700

bekannt gewesen; aber ich habe es noch nicht erfahren, weil zu dem Zeitpunkt der Amtsleiter der
Auffassung war, dass der Kreis der Beteiligten möglichst klein sein soll, und nur die handelnde Orga-
nisationseinheit im Haus bei uns, ZD 25 Verwaltungsermittlungen, die mit der Staatsanwaltschaft
Mainz in dieser Sache kooperieren sollte, war zu dem Zeitpunkt in dieser ersten Phase informiert.

Das heißt, auch wenn ich Stabsleiter war und bin, hatte ich damals in dieser ersten Phase davon keine
Kenntnis. Und dann irgendwann - um das nur noch auszuführen - nimmt mich dann Herr Ziercke quasi
beiseite und berichtet mir, es gibt diesen Vorgang, weil er der Auffassung ist, ich sollte ihn jetzt auch
einmal kennen. Und das heißt, im Grunde genommen ist es dann schon eher andersrum: Je gewichtiger
aus Sicht einer Behördenleitung ein solcher Vorgang ist - so ist Herr Ziercke an die Dinge herange-
gangen -, desto spärlicher hat er dieses Wissen geteilt, um in diesem Fall halt den Wissensträgerkreis
gering zu halten.“1254

„Ich war informiert vor der Hausdurchsuchung, dass es den Sachverhalt gibt. Ich war nicht informiert
zum Zeitpunkt der Entdeckung des Sachverhaltes und zum Zeitpunkt der Beauftragung der Staatsan-
waltschaft Mainz. Da war ich noch nicht informiert.”1255

Gemäß einem BKA-internen Vermerk des Leitungsstabes sei innerhalb des Referates SO 12 in Absprache mit

dem Referat ZD 25 festgelegt worden, dass eine Speicherung des Namens wie auch anderer Daten, welche einen

Rückschluss auf die Person des Zeugen Beamter „X“ zugelassen hätten, in keinem polizeilichen Informations-

bzw. Vorgangsnachweissystem erfolgen sollte.1256

Ansonsten sei vereinbart worden, die Information über den Vorgang auf den Kreis zu beschränken, der ohnehin

bereits durch die Sachbearbeitung Kenntnis erlangt hatte. Eine weitergehende Information solle nicht erfol-

gen.1257

d) Kenntnis des Bundeskriminalamtes von der Durchführung der Hausdurchsuchung beim Beamten
„X“

Aus einer E-Mail des Zeugen Spaniol an Herrn E. geht hervor, dass das Bundeskriminalamt am 13. April 2012,

dem Tag der Durchsuchung bei dem Beamten „X“, Kenntnis von der Durchsuchung erhalten habe. Es seien

zahlreiche PCs und Datenträger sichergestellt worden, Ad-hoc-Ergebnisse lägen nicht vor, eine Einlassung sei

nicht abgegeben worden. 1258

Der Zeuge Spaniol hat hierzu angegeben:

„[…] An dem Tag, wo Operativmaßnahmen durchgeführt wurden seitens der Staatsanwaltschaft
Mainz, hatte mich - das heißt nicht mich, sondern meinen Mitarbeiter Z. - der Dr. Schumacher ange-
rufen und hat gesagt: Wir haben heute Morgen durchsucht bei dem Kollegen X. […]“1259

1254 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 19.
1255 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 19.
1256 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 27 (29), Entwurf eines Vermerks von LS 4-2 vom 27. Februar 2014.
1257 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 29.
1258 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 35, E-Mail des Zeugen Spaniol an Herrn E. vom 28. Februar 2014, 09.15 Uhr.
1259 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 20.

Drucksache 18/6700 – 326 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Im Hinblick auf einen eventuellen dahingehenden Informationsaustausch vor der Durchsuchung hat sich der

Zeuge Spaniol wie folgt geäußert:

Also, wir wurden weder angefragt, wann er normalerweise zum Dienst erscheint, noch über den Zeit-
punkt der Durchsuchung informiert.“1260

Der Beamte „X“ hat sich in dieser Hinsicht wie folgt eingelassen:

„Ich gehe mal davon aus, dass die Dienststelle das vorher wusste. Ob die das jetzt ein oder zwei Tage
vorher wusste, weiß ich nicht. An dem Tag der Durchsuchung war mein Vorgesetzter nicht da. Der
war – was weiß ich? – auf Dienstreise, oder zumindest war er nicht dort. Und ich habe dann, ich
glaube, es war ein Freitag – bis Montag oder Dienstag, als er zurückkam, gewartet, um ihn dann zu
informieren, und da hat er mir schon gesagt, dass er kurz vorher informiert worden ist wohl, dass es
ein solches Verfahren gibt und entsprechende Durchsuchungsmaßnahmen geplant sind.“1261

e) Verdacht der Informationsweitergabe an den Beamten „X“ bereits vor den Durchsuchungsmaß-
nahmen

Innerhalb des Bundeskriminalamtes kam nach Durchführung der Durchsuchungsmaßnahmen der Verdacht auf,

der Beamte „X“ sei vor den bevorstehenden Durchsuchungsmaßnahmen gewarnt worden.1262 Hintergrund war,

dass der Zeuge Dr. Schumacher im Rahmen der Information über die am selben Tag erfolgte Hausdurchsuchung

mitgeteilt hatte, der Beamte „X“ habe vor Ort einen gefassten Eindruck hinterlassen. Konkret hat der Zeuge

Spaniol über die Angaben des Zeugen Dr. Schumacher gegenüber Herrn Z. vom Bundeskriminalamt bekundet:

„[…] Er hat dann gesagt: Er und auch seine Familie, die anwesend war, machten einen gefassten
Eindruck. Einfach nur so wertungsfrei in den Raum gestellt. Das haben wir so entgegengenommen,
haben dann im Anschluss, […], so darüber nachgedacht: Ein gefasster Eindruck? Haben wir gesagt:
Was heißt denn das jetzt? Das kann a) aufgrund der Profession des Beamten X damit zu tun haben,
dass er einfach professionell mit so einer Situation umgeht […] Aber es könnte natürlich auch sein,
dass er gewarnt wurde. Und das wäre für uns der GAU gewesen, weil wir eben in dem Fall wirklich
explizit darauf geachtet haben, dass der Personenkreis ganz, ganz eingeschränkt war, und es für uns
eigentlich unvorstellbar war, dass jemand aus dem kleinen Kreis so was durchgestochen hätte. Inso-
fern waren wir da schon, ich sage mal, so ein bisschen beunruhigt ob dieser Aussage: Er wirkte gefasst.

Daraufhin habe ich mich dann an den damaligen Präsidenten, Herrn Ziercke, gewandt und habe gesagt:
Hier, das steht im Raum. Wie wollen wir damit umgehen? - Und da war eben dann die Bitte, dass wir
offensiv damit umgehen und Kontakt mit der Staatsanwaltschaft aufnehmen, ob es jetzt nur so ein Satz
war, der wertungsfrei im Raum steht, oder ob damit mehr bezweckt werden sollte, mit dieser Aus-
sage.“ 1263

Aus einer Gesprächsnotiz des Zeugen Spaniol ergibt sich, dass das Gespräch mit Präsident Ziercke am 17. April

2012 stattfand und dass sich der Zeuge Spaniol im Anschluss mit der Staatsanwaltschaft in Verbindung setzen

sollte, um den Vorgang zu besprechen.1264

1260 Spaniol, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 7 f.
1261 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 16.
1262 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 20 f.
1263 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 20 f.
1264 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 37, Gesprächsnotiz des Zeugen Spaniol vom 18. April 2012.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 327 – Drucksache 18/6700
Im Hinblick auf die daraufhin erfolgte Kontaktaufnahme mit dem Zeugen Dr. Schumacher ergibt sich aus dem

Vermerk Folgendes:

„Ich habe am 17.04.12 mit PR den Verdacht der Informationsweitergabe an (geschwärzt) besprochen.
Ich soll mich mit der StA in Verbindung setzen und den Vorgang besprechen.

Anm.: Telefonat mit StA Schumacher am 17.04.12 erfolgt. Herr Schumacher erwartet am 17.04. oder
heute die Ermittlungsakte und bittet danach um erneute Kontaktaufnahme, um ein Treffen zu termi-
nieren.“1265

Der Zeuge Dr. Schumacher hat auf Vorhalt dieses Vermerks angegeben:

„Nein, das Telefonat mit mir erinnere ich, ehrlich gesagt, nicht, und ich muss schon sagen, mich ver-
wundert das sehr, denn ich pflege Telefonate zu vermerken in der Akte. Es könnte allenfalls sein – ich
erinnere, dass ich Anrufe bekommen habe -, aber bei denen ich gesagt habe: Bitte wenden Sie sich an
meine Behördenleiterin. –Ich will nicht ausschließen, dass ich in dem Zusammenhang gesagt habe:
Akte ist unterwegs, kommt bald zurück. – Aber das ich gesagt habe: ‚Wir können ein Treffen verein-
baren‘, das schließe ich aus, kategorisch. So was würde ich immer in der Akte vermerken. Ich arbeite
seit zwölf Jahren bei der Staatsanwaltschaft, und es gehört nicht zu meinen Gewohnheiten, solche
Dinge in solch wichtigen Verfahren zu schlabbern und da irgendwie Dinge nach dem Motto „Ach,
werde ich mir schon so merken können“ im Mündlichen zu belassen. Ich bin ausgesprochen akribisch,
was das angeht. Und ich bin mir sicher: Hätte ich ein Treffen vereinbaren wollen, hätte ich das in der
Akte vermerkt. Es mag sein, dass der Kollege das so machen wollte oder so vereinbaren wollte;- […]
– mit mir ist das konkret so nicht besprochen worden.“1266

Sodann hat Dr. Schumacher hinzugefügt:

„Also, wie gesagt, nachdem ich diesen Vermerk jetzt lese, kann ich mir nur vorstellen, dass ich da
angerufen habe und gesagt habe: ‚Entschuldigen Sie, die Akte ist nicht da, melden Sie sich, wenn die
Akte wieder da ist, dann können wir weitergucken‘, oder irgendetwas völlig, sage ich mal, Neutrales
im Sinne von: ‚kann ich jetzt nichts zu sagen‘ oder ‚Wenden Sie sich dann bitte an meine Behörden-
leiterin‘. Aber dass irgendwie darüber gesprochen worden wäre, dass der Anfangsverdacht einer Straf-
tat besteht, im BKA, also quasi Informations- - wäre ja eine Straftat.“

[…]

„Geheimnisverrat. Das hätte für mich auch Anlass gegeben, entsprechende Vermerke zu fertigen und
ein Ermittlungsverfahren einzuleiten oder jedenfalls zu fragen, ob es von dort aus eingeleitet wird.“1267

Die Zeugin Keller hat auf Vorhalt des oben zitierten Vermerks bekundet:

„Zu dem Sachverhalt, der hier in dieser Gesprächsnotiz niedergelegt ist, kann ich überhaupt nichts
sagen. Das ist mir völlig neu. Dass der Herr Spaniol mit dem Herrn Schumacher gesprochen haben
kann, das mag so sein; das habe ich ja erläutert, dass die manchmal angerufen haben bei ihm, er dann
wieder an mich verwiesen hat oder mir kurz gesagt hat: Da hat jemand angerufen, die wollten den
Sachstand wissen.“1268

1265 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 37, Gesprächsnotiz des Zeugen Spaniol vom 18. April 2012.
1266 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 19.
1267 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 19 f.
1268 Keller, Protokoll-Nr. 13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 28.

Drucksache 18/6700 – 328 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Danach, so der Zeuge Spaniol, sei dann ein Telefonat mit der Zeugin Keller erfolgt. Hierzu hat der Zeuge Spaniol

erklärt:

„Ich persönlich hatte dann ein Gespräch mit der Oberstaatsanwältin Keller, habe ihr gesagt, dass wir
ob der Aussage von Dr. Schumacher uns auch Gedanken machen: Gab es denn da irgendwelche An-
haltspunkte vor Ort, dass eben der Beamte X gewarnt gewesen sei? Da sagte die Frau Keller - ach so,
und dann das Angebot von mir, dass man sich da mal vor Ort trifft und über den Sachverhalt spricht,
weil wir offen damit umgehen wollten -: Wir brauchen uns gar nicht zu treffen, da gibt es keinen
Grund für. - Sie sagte, da waren so viele im Vorfeld involviert, in diesen Sachverhalt, sprich: es wurden
Kontoabfragen gemacht durch die örtliche Dienststelle - nein, die Kontoabfragen wurden durch die
Staatsanwaltschaft gemacht -, es war die örtliche Dienststelle involviert, es wäre das Lagezentrum im
Landeskriminalamt involviert gewesen. Da waren, sagte sie, so viele andere, außerhalb des BKAs
stehende Personen involviert, dass sie überhaupt keine Veranlassung sähe, jetzt in diese Richtung auch
nur nachzudenken. Und damit war für uns das Thema erst mal durch.“1269

Hinzu sei dann gekommen, so der Zeuge Spaniol weiter, dass man später auch erfahren habe, dass auf den

sichergestellten Speichermedien auch Beweismaterial gefunden worden sei.1270 Hieraus habe man den Schluss

gezogen, dass der Beamte „X“ nicht vor den Durchsuchungsmaßnahmen gewarnt gewesen sei.

Allgemein zu ihrem Kontakt mit dem Bundeskriminalamt hat die Zeugin Keller ausgeführt:

„Es gab zwei oder drei Anrufe, wobei ich die alle sachlich verstanden habe. Die hatten eine heikle
Personalentscheidung zu treffen.

[…]

Das war nie im Sinne eines: Da ist jetzt Druck oder da werden Vorwürfe erhoben. - Das war ganz und
gar nicht so. Ich könnte es nicht im Detail sagen. Ich meine, das waren zwei oder drei Anrufe insge-
samt, die allerdings alle auch nach dem Zeitpunkt der Durchsuchung lagen.“1271

f)Aufsuchen des Bundeskriminalamtes durch den Beamten „X“ nach der Hausdurchsuchung am 13. April
2012

Auch nach der Hausdurchsuchung am Freitag, den 13. April 2012, suchte der Beamte „X“ die Diensträume im

Bundeskriminalamt noch einige Tage auf.

Der Zeuge Henzler hat hierzu bekundet, dass er am Montag nach der Durchsuchung im Bundeskriminalamt ein

Gespräch mit dem Beamten „X“ geführt habe:

„[…] Dann verging das Wochenende, und am Montag - Sie haben es angesprochen - war er normal
im Dienst und kam dann am späten Nachmittag zu mir, wo ich dann aber das erste Gespräch mit ihm
geführt habe, nachdem ihm klar war: Jetzt wird gegen ihn ermittelt. - Ich denke, ich mache es jetzt erst
mal kurz an der Stelle, damit wir nicht - - Vielleicht gehen wir später noch tiefer rein.

Er hat zu dem Zeitpunkt völlig in Abrede gestellt, dass der Vorwurf zutreffend ist, und wir hatten ja
auch nur die Information aus eigenem Aufkommen, nämlich das, was bei den Azov-Bildern festge-
stellt worden ist: grenzwertig, nicht KiPo. Und er sagte dann die Überlegung: ‚Ja, ist da mein Rooter

1269 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 24.
1270 Hierzu und im Folgenden: Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 24 f.
1271 Keller, Protokoll-Nr. 13, S. 42.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 329 – Drucksache 18/6700

gehackt worden? Hat es ID-Diebstahl gegeben?‘, also solche im Nachhinein festgestellten Schutzbe-
hauptungen. Er hat mir gesagt: Das eine ja, ich bin auf Seiten gewesen, und es kann sein, dass da gegen
meinen Willen irgendwas runtergeladen worden ist, was ich nicht haben wollte. - So, das war die
Situation. […]“1272

Der Beamte „X“ hat im Hinblick auf den Zeitpunkt des Gesprächs mit dem Zeugen Henzler ausgesagt:

„Also, mich hat keiner, um diese Frage zu beantworten, darauf angesprochen. Ich glaube – oder nein,
ich weiß -, dass es im BKA ja auch gar nicht bekannt war. Und mein Vorgesetzter konnte mich nicht
darauf ansprechen, er war nicht da. Den habe ich, wie gesagt, angesprochen. Ich war aktiv geworden,
habe gesagt: Ich hätte gerne einen Termin und würde ihn gerne über etwas informieren. Und das war
Anfang der darauffolgenden Woche.“

[…]

„Er war nicht da am Freitag, und er war, glaube ich, auch am Montag nicht da. Ich meine, Dienstag
oder Mittwoch wäre es dann gewesen.“1273

Zudem sei der Beamte „X“ auch Vorsitzender einer Auswahlkommission gewesen, was dem Zeugen Henzler

zufolge ebenfalls relevant gewesen sei:

„[…] Die Überlegung war dann: Er macht noch diese drei Tage, weil er, wie gesagt, Vorsitzender
einer Auswahlkommission war und das nicht so ohne Weiteres abzusagen ist und im Übrigen auch
Fragen aufgeworfen hätte, wo dann Gerüchte im Haus umgelaufen wären zu seinem Nachteil. Und da
er ohnehin in der darauffolgenden Woche Urlaub vorgesehen hatte, war die Überlegung: Die Woche
wird noch schlecht oder recht über die Bühne gebracht, dann Urlaub, und bis dahin haben wir ohnehin
eine Entscheidung: Wie muss da dienstrechtlich drauf reagiert werden?

Wohlgemerkt, zu dem Zeitpunkt hatten wir noch keine Rückmeldung von der Staatsanwaltschaft, dass
da wirklich was gefunden worden ist. Wir wussten von unseren eigenen Leuten: grenzwertig, aber
nicht KiPo. Er hat das abgestritten mit möglicherweise zutreffenden Überlegungen. So erschien es uns
dann als die beste Lösung, das noch diese Woche über die Bühne zu ziehen, und dass er dann in Urlaub
geht, und bis dahin hätten wir dann eine Entscheidung, wobei er dann ab Donnerstag schon nach mei-
nem Wissen krankgeschrieben war. Und in dem Zeitraum Montag, Dienstag, Mittwoch habe ich mir
dann am Mittwoch, glaube ich noch, oder am Dienstag die Waffe geben lassen. - Ja, das war dann die
unmittelbare enge Phase.“1274

Der Beamte „X“ hat sich in Bezug auf den Zeitraum nach der Durchsuchung, in der er noch das Bundeskrimi-

nalamt aufsuchte, wie folgt eingelassen:

„Ermittlungstätigkeiten nicht unbedingt, aber ja, ich habe ganz normal weitergearbeitet. Ich hatte,
glaube ich, in diesen Tagen auch noch Auswahlverfahren. Ich war unter anderem Vorsitzender vom
Auswahlverfahren für die Kollegen, die zum BKA als Kriminalkommissaranwärter kommen wollen;
hatte ich, glaube ich, noch zwei Verfahren. Die habe ich ganz normal noch alle durchgezogen, weil es
nicht so einfach ist, einen Vorsitzenden immer zu finden. Das wollte ich auch nicht dann entsprechend
streichen. Insofern habe ich da normal meine Arbeit gemacht, die zwei, drei Tage; ich weiß es nicht
mehr genau, wie viele es waren.“1275

1272 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 57 f.
1273 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 17.
1274 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 57.
1275 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 17.

Drucksache 18/6700 – 330 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Zeuge Schiffels hat angegeben, den Beamten „X“ anlässlich einer Ausstandsfeier am 18. April 2012 zuletzt

im Bundeskriminalamt gesehen zu haben:

„Ich weiß noch, ich habe ihn zuletzt gesehen im Amt am 18. April 2012. Da ist ein anderer Gruppen-
leiter pensioniert worden, und der hat so eine kleine Ausstandsfeier gegeben. Dort war er anwesend.
Ich glaube, da habe ich ihn zum letzten Mal im Amt gesehen.“1276

Auf der genannten Ausstandsfeier, so der Zeuge Schiffels weiter, sei BKA-Präsident Ziercke nicht anwesend

gewesen; die Verabschiedung sei durch einen Vizepräsident durchgeführt worden.1277

Der Zeuge Spaniol hat auf die Frage, ob der Beamte „X“ nach der Durchsuchung nochmal im Bundeskriminal-

amt gewesen sei beziehungsweise ob er im Dienst gewesen sei, angegeben:

„Soviel ich weiß, nein.“1278

Auf weitere Nachfrage hat der Zeuge Spaniol bekräftigt:

„Noch mal: Soviel ich weiß, nein, weil er sich eben im Krankenstand befunden hat. Ob er tatsächlich
in Person das Bundeskriminalamt betreten hat, haben wir nicht nachvollzogen, nein.“1279

Zur Frage, ob gegen den Beamten „X“ ein Hausverbot verhängt worden sei, hat der Zeuge Spaniol ausgeführt:

„Das weiß ich nicht, weil wenn, dann würde das über ZV 15 ausgesprochen werden. Also, wir haben
ja nach der operativen Maßnahme den Vorgang an ZV 15 abgegeben, wo dann die beamtenrechtlichen
Maßnahmen eingeleitet wurden. Ob jetzt neben dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte, dem
Entzug des Dienstausweises, Hausausweises etc. auch ein Hausverbot ausgesprochen wurde, kann ich
nicht sagen.“1280

Der Zeuge Becker hat auf die Frage, ob der Beamte „X“ nach der Hausdurchsuchung noch Zugriff auf dienstliche

Räume bzw. dienstliche Gerätschaften hatte, geantwortet:

„Wäre sehr ungewöhnlich, aber wie gesagt: Ich kann nichts dazu sagen.“1281

Zu einem möglichen Hausverbot hat der Zeuge Becker bekundet:

„Ich glaube, es gab keines; ich bin mir nicht ganz sicher.“1282

g) Sicherung des persönlichen Computerlaufwerks des Beamten „X“ mit dessen Zustimmung

Zeitlich nach der Durchsuchungsmaßnahme wurde das persönliche Computerlaufwerk des Beamten „X“, das

sog. „H-Laufwerk“ nach Einholung der Zustimmung des Beamten „X“1283 gesichert. Nach Aussage des Zeugen

1276 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 22.
1277 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 43.
1278 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 26.
1279 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 27.
1280 Spaniol, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 20.
1281 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 44.
1282 Becker, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 31.
1283 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 18.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 331 – Drucksache 18/6700
Spaniol habe die Staatsanwaltschaft diese Maßnahme nicht für notwendig erachtet. 1284 Konkret hat der Zeuge

hierzu ausgeführt:

„Für das Verwaltungsermittlungsverfahren ja, indem wir den dienstlichen Rechner gesichert haben,
also das sogenannte H-Laufwerk, was auf dem Server von der Person X unter seinem Namen abgelegt
wurde. Das haben wir gesichert für das Verwaltungsverfahren, weil eben im Strafverfahren da kein
Interesse bestand, so die Aussage der Staatsanwaltschaft damals.“1285

Darüber hinaus hat der Zeuge Spaniol bekundet:

„Gleichwohl haben wir auch das Laufwerk C untersucht, weil auf das Laufwerk C – das muss man
wissen – kann jedermann, der faktischen Zugriff auf den Rechner hat, zugreifen. Deswegen hielten
wir es für nicht wahrscheinlich. Aber wir haben es gleichwohl mit untersucht, ja, und ohne Ergeb-
nis.“1286

Im Hinblick auf die Erteilung der Zustimmung durch den Beamten „X“ hat der Zeuge Hoffmann bekundet:

„Ich kann Ihnen aber sagen, dass der Beamte mir gegenüber die Zustimmung erteilt hat, in seinen
Dienstrechner einzusehen. Was dann daraus geworden ist, weiß ich nicht. Aber das hat er mir gegen-
über erteilt, diese Zustimmung, und ich habe das auch weitergegeben.“1287

Im Hinblick auf den Anlass zur Sicherung des Dienstrechners hat der Zeuge Spaniol bekundet:

„[…] Das Strafverfahren hat Vorrang. Aber es gibt ja den sogenannten disziplinarrechtlichen Über-
hang. Das heißt - jetzt mal ein Beispiel, um es konkret zu machen -: Jetzt mal nur hypothetisch, der
Beamte X hätte das Internet am Arbeitsplatz dazu genutzt, diese Filme zu bestellen, dann wäre allein
diese Nutzung des dienstlichen Rechners zur Bestellung dieser Filme ein Verstoß gegen beamtenrecht-
liche Pflichten gewesen, unabhängig jetzt vom Strafverfahren. Das wäre der sogenannte disziplinar-
rechtliche Überhang. Darum geht es natürlich dann auch, den zu sichern. Aber das - wie gesagt, des-
wegen auch die Rücksprache bei der Staatsanwaltschaft, ob es ein staatsanwaltschaftliches Interesse
gibt, den Rechner zu sichern - gab es nicht. Und daraufhin haben wir ihn im Rahmen der Verwaltungs-
ermittlungen gesichert.“ 1288

Auf die Frage, ob auf dem Computerlaufwerk relevante Daten gefunden worden seien, hat der Zeuge Meyer

geantwortet:

„Soweit mir bekannt ist, wurde nichts darauf gefunden.“1289

Der Zeuge Ziercke hat im Hinblick auf den Verlauf der innerhalb des Bundeskriminalamtes durchgeführten

Maßnahmen zur Sicherung des Dienstrechners bekundet:

„[…] Ich habe gesagt: Wenn die Staatsanwaltschaft dort nicht durchsuchen will, ich möchte auf jeden
Fall, dass das geprüft wird, dass wir die Anregung an die Staatsanwaltschaft geben, die Diensträume
des Beamten zu durchsuchen. Das war meine Anregung, meine Weisung. Die Staatsanwaltschaft hat
dann so reagiert, dass sie gesagt hat, nein, brauchen wir nicht, ist nicht erforderlich in diesem Fall,
vielleicht auch aus Rechtsgründen nicht erforderlich; jedenfalls hat sie dieses dann nicht vollzogen.
Ich habe dann etwas Zweites getan, nachdem ich das gehört hatte; das war ein paar Tage später gewe-
sen. Ich habe gesagt: Dann fragen wir den Beamten, ob er freiwillig bereit ist, dass wir dieses tun

1284 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 18.
1285 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 13.
1286 Spaniol, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 16.
1287 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 37.
1288 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 14.
1289 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 62.

Drucksache 18/6700 – 332 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

dürfen. Dazu war er bereit. Sein Computer, sein PC, den er im Dienst hatte, ist dann auch durch die
Abteilung IT geprüft worden - ohne Ergebnis.”1290

Dass sich der Beamte „X“ nach der Hausdurchsuchung noch im Bundeskriminalamt aufgehalten habe, sei, so

der Zeuge Spaniol weiter, für die Sicherung des H-Laufwerkes nicht relevant gewesen, da sich das H-Laufwerk

auch für die Vergangenheit sichern lasse:

„Das war für uns nicht von Belang insofern, als wir über Protokolldaten verfügen, die in die Vergan-
genheit reichen. 180 Tage in die Vergangenheit können wir das H-Laufwerk sichern, und das haben
wir dann auch getan. Und insofern: Ich habe erwähnt, das Büro war für uns nicht von Interesse. Für
uns war von Interesse der dienstliche Rechner. Und da hatten wir eben - ob er jetzt noch mal ins Amt
kommt oder nicht - die Protokolldaten.“1291

h) Keine Durchsuchung der Diensträume des Beamten „X“

Auf die Nachfrage, ob über die datensichernden Maßnahmen hinausgehende Ermittlungen, insbesondere die

Durchsuchung dienstlicher Räume des Beamten „X“, innerhalb des Bundeskriminalamtes in Erwägung gezogen

wurden beziehungsweise ob dazu eine Veranlassung gesehen wurde, hat der Zeuge Spaniol geäußert:

„Nein, das schien uns jetzt - - Wenn man die Büroräumlichkeiten kennt, die in der Regel nicht ver-
schlossen sind, war es für uns wenig wahrscheinlich, dass man da irgendwas finden würde.“1292

Die Durchsuchung der dienstlich genutzten Räume sei zudem strafprozessualer Teil.1293 Nach der Rückmeldung

der Staatsanwaltschaft, dass eine Sicherung des Dienstrechners nicht erforderlich sei, habe das Referat ZD 25

nur das für das Verwaltungsermittlungsverfahren Notwendige getan und, nach der Einholung des Einverständ-

nisses des Beamten „X“, die Daten des Dienstrechners gesichert und gesichtet.1294

Der Zeuge Becker hat erklärt, ihm sei bekannt gewesen, dass es eine bewusste Entscheidung der Staatsanwalt-

schaft gegeben habe, die Diensträume nicht zu durchsuchen. Es habe keinen Grund gegeben dies zu hinterfragen.

Zu der Frage, ob innerhalb des Bundeskriminalamtes eine Durchsuchung der Diensträume erwogen wurde,

konnte der Zeuge Becker keine Aussage treffen.1295

Der Zeuge Meyer hat bekundet, dass durch ZD 25

„theoretisch möglicherweise“1296

eine Durchsuchung der Diensträume des Beamten „X“ hätte erfolgen können.

Inwiefern ein im Raume stehender Vorschlag, den Zugang zu den Diensträumen des Beamten „X“ zu kontrol-

lieren, umgesetzt wurde, war dem Zeugen Meyer nicht bekannt.1297

1290 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 91.
1291 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 26.
1292 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 18.
1293 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 18.
1294 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 18; siehe dazu soeben unter g).
1295 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 37.
1296 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 67.
1297 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 53.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 333 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Ziercke hat im Hinblick auf die Durchsuchung der Diensträume des Beamten „X“ ausgesagt:

„Also, ich habe das auch im Nachhinein erst erfahren, aber die Staatsanwaltschaft hat gesagt: Wir
durchsuchen nur die Wohnung. - Als ich davon hörte, habe ich gesagt: Bitte die Staatsanwaltschaft
anrufen; die sollen auch bei uns im Amt durchsuchen. - Das müsste sich aus den Akten auch ergeben.
Der Staatsanwalt sagte: Nein, das ist nicht erforderlich; das brauchen wir nicht. […]“1298

„[…] Die Staatsanwaltschaft wollte das nicht, hat gesagt: Das reicht aus. Wir haben keine weiteren
Anhaltspunkte über das, was uns an Material vorliegt. Es war keine harte Kinderpornografie in dem
Sinne. Die Analyse, die noch gemacht werden musste, stand auch noch dahin. Es waren keine - - Die
Unschuldsvermutung war für den Beamten weiter vorhanden. Der Beamte hat erklärt, er hat kein
KiPo-Material. Es gab keine Anhaltspunkte, dass er das aus dem Büro gemacht hat, sondern dass alles
nur von zu Hause lief. – Das war die Meinung der Staatsanwaltschaft. […]“1299

Zu den rechtlichen Möglichkeiten neben den strafrechtlichen Maßnahmen der Staatsanwaltschaft behördenin-

terne weitergehende Ermittlungen durchzuführen hat der Zeuge Ziercke – vor dem Hintergrund von § 27 BDG

- ausgeführt:

„Und dann gibt es einen großen Unterschied, Herr Abgeordneter, zwischen der Strafprozessordnung
und dem Disziplinarrecht. In der Strafprozessordnung reicht der einfache Verdacht für eine Durchsu-
chung, und im Disziplinarrecht ist es so, dass Sie einen hinreichenden Tatverdacht haben müssen.
Dieser hinreichende Tatverdacht muss entsprechend unterlegt werden. Wenn schon die Staatsanwalt-
schaft sagt: ‚Wir haben keinen Anlass, da zu durchsuchen‘, weiß ich nicht, woher ich aus dem Diszip-
linarrecht, aus meiner Kenntnis der Dinge, dann in einem Strafverfahren im Grunde, das zwar nachher
für das Disziplinarverfahren durchaus von Bedeutung sein kann - - aber eine Durchsuchung durchfüh-
ren soll, die auch nach herrschender Kommentarmeinung nicht durch die Behörde selbst durchgeführt
werden kann. Da brauchen Sie einen richterlichen Beschluss.

Da wird der Beamte in seinen Rechten geschützt, wenn es um Dienstrechner geht - da gibt es klare
Rechtsprechung dazu -, weil auch zu diesem Zeitpunkt - das wissen Sie ja - das Disziplinarverfahren
von mir ausgesetzt werden musste, weil es kein Nebeneinander von Strafverfahren und Disziplinar-
verfahren geben soll. Warum wird das Verfahren ausgesetzt? Weil das auch dem Schutz des Betroffe-
nen dient, dass er nicht mit zwei An-greifern zu tun hat, einmal mit der Staatsanwaltschaft und mit
seiner eigenen Behörde, sodass er sich da also auch angemessen verteidigen kann dann. Das heißt, es
soll das Nebeneinander von Ermittlungsbehörden im Grunde verhindert werden. Man geht davon aus,
dass die Strafprozessordnung ein schärferes Schwert der Strafermittlung ist als das Disziplinarrecht.
Deshalb nimmt man auch eine Verzögerung des Disziplinarverfahrens in Kauf. Sonst kann man das
ja gar nicht erklären, das Ganze.

Das heißt also mit anderen Worten: Hätte ich jetzt von mir aus diesen Ansatz gefunden, hätte ich ganz
klar keine Rechtsgrundlage gehabt. Hinreichenden Verdacht konnten wir nicht feststellen aufgrund
der Umstände. […]“1300

Der Zeuge Ziercke hat sodann hinzugefügt:

„[…] Ich weiß nicht, woher Sie ihre Kenntnis haben, dass das eine Rechtspflicht wäre, das Strafver-
fahren dann im Sinne von disziplinarrechtlichen Maßnahmen in dem Sinne durchzuführen, indem man
die Aussetzung des Verfahrens im Grunde wieder aufhebt, obwohl das Strafverfahren noch gar nicht
beendet ist. Meiner Meinung nach gibt es das nicht.“1301

1298 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 72.
1299 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 107.
1300 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 107.
1301 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 107 f.

Drucksache 18/6700 – 334 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

i) Sicherung von Dienstwaffe und Dienstausweis

Aus einer Gesprächsnotiz des Zeugen Spaniol vom 18. April 2012 geht hervor, dass die Dienstwaffe des Beam-

ten „X“ durch den Leiter der Abteilung SO, seinerzeit der Zeuge Henzler, im Waffenschrank deponiert worden

sei.1302 In der Verfügung zur Untersagung der Dienstgeschäfte gemäß § 66 BBG, welche dem Beamten „X“ am

25. April 2012 zugegangen ist, wird dieser aufgefordert, seinen Dienstausweis und seine Kriminaldienstmarke

bis auf weiteres bei dem Zeugen Henzler abzugeben.1303

Der Zeuge Henzler hat hierzu bekundet:

„[…] Und in dem Zeitraum Montag, Dienstag, Mittwoch habe ich mir dann am Mittwoch, glaube ich
noch, oder am Dienstag die Waffe geben lassen. - Ja, das war dann die unmittelbare enge Phase.“1304

Der Zeuge Spaniol hat sich im Hinblick auf die Dienstwaffe wie folgt geäußert:

„Am Tag der Durchsuchung haben wir sichergestellt, dass er keinen Zugriff mehr auf seine Dienst-
waffe hat, weil wir gesagt haben: In so einer Ausnahmesituation muss man mit allem rechnen. – Und
aus Fürsorgegründen hatte ich dann mit dem Abteilungsleiter telefoniert und habe dafür Sorge getra-
gen, dass der die Waffe an sich nimmt, in sein persönliches Waffenfach dann wegschließt.“1305

j) Prüfung der Nutzung dienstlich überlassener Hardware (Laptop, Handy, Speicherkarten) zur Tatbegehung

aa) Beachtung dieser Frage durch das Bundeskriminalamt

Der Untersuchungsausschuss hat sich auch mit der Frage befasst, inwiefern durch das Bundeskriminalamt ge-

prüft wurde, ob dem Beamten „X“ zur dienstlichen Verwendung tragbare Computer, Mobiltelefone oder sons-

tige elektronische Geräte zur Verfügung standen und inwiefern diese zur Tatbegehung genutzt wurden.

Der Zeuge Spaniol hat auf die Frage, ob dem Beamten „X“ dienstlich ein Notebook bzw. Laptop zur Verfügung

gestanden habe, geantwortet:

„Dienstlich, soviel ich weiß, nicht. Nein.“1306

Auf die Frage, inwiefern geklärt wurde, ob bei der Hausdurchsuchung bei dem Beamten „X“ durch die Staats-

anwaltschaft dienstliche Geräte aufgefunden worden sind oder ob sich in der Privatwohnung dienstliche Geräte

befunden haben, hat sich der Zeuge Spaniol sodann wie folgt geäußert:

„Die Staatsanwaltschaft hat uns nur mitgeteilt, dass sie – ich weiß gar nicht mehr – zwei oder drei
Privatrechner sichergestellt hat. Über dienstliche Rechner wurde uns nichts bekannt. Wir wussten auch

1302 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 37, Gesprächsnotiz des Zeugen Spaniol vom 18. April 2012.
1303 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 138 f., Verfügung zur Untersagung der Führung der Dienstgeschäfte gem. § 66 BBG; MAT A-BKAmt

18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355, Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA-Mitarbeiter X.
1304 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 58.
1305 Spaniol, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 12.
1306 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 13.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 335 – Drucksache 18/6700

nicht, ob – bzw. für uns gab es keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein dienstlicher Rechner sich im pri-
vaten Bereich von dem Beamten X auf - -“1307

Auch eine Überprüfung, inwieweit es sich bei den sichergestellten Datenträgern um dienstliche Gerätschaften

handelte, habe durch den Zeugen Spaniol nicht stattgefunden.1308 Ob nach der Abgabe des Vorganges an das

Referat ZV 15 dort im Rahmen der disziplinarrechtlichen Bearbeitung eine derartige Überprüfung stattfand, war

dem Zeugen Spaniol nicht bekannt.1309 Die Ermittlungstätigkeit des Referates ZD 25 habe sich nach Kenntnis

des Zeugen Spaniol allein auf die Sicherung des H-Laufwerkes beschränkt.1310

Der Zeuge Meyer hat im Hinblick auf die Frage, ob überprüft worden sei, was bei der Hausdurchsuchung an

Asservaten festgestellt worden sei und dass hierbei keine dienstlichen Geräte des Beamten „X“ enthalten waren,

geantwortet:

„Die Asservate waren im Strafbefehl mit aufgeführt, wie es üblich ist.“1311

„Da war erkennbar, dass es keine dienstlichen Gerätschaften waren.“1312

Auf die Frage, woran dies erkennbar gewesen sei, hat der Zeuge Meyer bekundet:

„An der Marke, an der Art des Asservats.“1313

Der Zeuge Schiffels hat auf die Frage, ob die Gruppenleiter in der Abteilung SO des Bundeskriminalamtes

dienstlich Geräte wie Laptops zur Verfügung gestellt bekommen, bekundet:

„Es gibt Mobiltelefone, die zur Verfügung gestellt werden, und einige haben auch Notebooks, nicht
alle, einige. Ich habe zum Beispiel ein Notebook, mit dem ich aber ausschließlich in die BK (?) des
Bundeskriminalamtes hineinkomme, um dort zu arbeiten, auf einer sicheren Leitung.“1314

Auf die Frage, ob diese Geräte fest zugeteilt seien oder anlassbezogen abgeholt werden müssten, hat der Zeuge

Schiffels präzisiert:

„Nein, auf der Führungsebene, Gruppenleiter, sind die fest zugeteilt.“1315

Die Zeugin Dr. Vogt hat auf die Frage, ob den Gruppenleitern ihrer Abteilung dienstlich Laptops bzw. Smart-

phones zur Verfügung stehen, angegeben:

„Also, wir haben alle - - Nicht Smartphones, Entschuldigung, wir haben keine Smartphones im Dienst.
Dienstlich werden uns keine Smartphones zur Verfügung gestellt. Wir haben Laptops, VPN-Laptops,
die getunnelt sind, besondere Sicherheit, und besondere, sichere Handys und normale Nokia-Han-
dys.“1316

1307 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 25.
1308 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 25 f.
1309 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 26.
1310 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 27.
1311 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 65.
1312 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 66.
1313 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 66.
1314 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 44.
1315 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 44.
1316 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 66.

Drucksache 18/6700 – 336 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ob die Gruppenleiter ihnen fest zugewiesene Geräte nutzten, konnte die Zeugin Dr. Vogt nicht angeben.1317

Der Zeuge Hoffmann wusste nicht, ob anlässlich der Hausdurchsuchung bei dem Beamten X auch dienstliche

Geräte aufgefunden wurden. Eine Nutzung dienstlicher Geräte hätte, so der Zeuge Hoffmann, zu Lasten des

Beamten X berücksichtigt werden müssen. Konkret hat Hoffmann hierzu geäußert:

„Klare Antwort: Das weiß ich nicht.“ 1318

„Also, wenn dienstliche Geräte benutzt worden wären, hätte das zulasten des Beamten gewürdigt wer-
den müssen.“ 1319

bb) Hardware, die dem Beamten „X“ durch das Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellt wurde

Am 13. April 2012, dem Tag der Hausdurchsuchung, standen dem Beamten „X“ die nachfolgend genannten

Geräte zur dienstlichen Nutzung zur Verfügung:

• Dell Laptop Latitude D430

• Mobiltelefon Nokia 3110 Classic

• T-Mobile-Simkarte D1 (Zu Nokia 3110 Classic)

• SANDISK-Micro-SD-Karte (zu Nokia 3110 Classic)

• T-Mobile-UMTS-Karte D1 (zu Dell Laptop Latitude D430)

• Apple Smartphone iPhone 3GS

• Kryptiertes Mobiltelefon Nokia 57301320

Aus der Aktenlage ergibt sich im Hinblick auf die Frage, ob bei der Hausdurchsuchung dienstliche Geräte auf-

gefunden wurden, Folgendes:

Ausweislich des durch die Polizei erstellten Durchsuchungsprotokolls wurde bei der Hausdurchsuchung unter

anderem ein IPhone sichergestellt1321. Die Auswertung dieses IPhones im Rahmen der gegen den Beamten X

geführten Ermittlungen verlief negativ. Es befanden sich keine verfahrensrelevanten noch kinder- oder jugend-

pornografischen Dateien darauf1322. Bei den übrigen bei der Durchsuchung sichergestellten elektronischen Ge-

räten handelt es sich nicht um Geräte, die dem Beamten X durch das BKA dienstlich überlassen worden waren

1317 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 67.
1318 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 40.
1319 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 46.
1320 MAT A-BKA 18(27)71, Übersicht über die dem Beamten „X“ dienstlich zur Verfügung gestellten Geräte.
1321 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 418 f. (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Sicherstellungsprotokoll des Polizeipräsidums Mainz, Kri-

minalinspektion Bad Kreuznach, vom 13. April 2012.
1322 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 478. (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Auswertebericht der DV-Gruppe des Polizeipräsidiums Mainz

zum Iphone.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 337 – Drucksache 18/6700
– im Durchsuchungsprotokoll1323 und in den Auswerteberichten1324 werden diese näher beschrieben, woraus

sich ergibt, dass es sich nicht um die oben beschriebenen dienstlich überlassenen Geräte handelte.

Der Zeuge Becker hat sich in dieser Hinsicht wie folgt geäußert:

„Ich hatte ja eben schon mal gesagt, dass ich erst in der zweiten Jahreshälfte mit dem Sachverhalt
betraut worden bin. Soweit ich aus den Akten, aus den staatsanwaltschaftlichen Akten, erinnere, ist
mir jetzt nicht bekannt, dass da was gefunden worden ist auf dienstlichen Gerätschaften.“1325

Der Beamte „X“ hat im Hinblick auf das IPhone bekundet:

„Eins. Also, ich habe noch ein zweites gehabt. Das war ein kryptiertes, was ich zugegebenermaßen
nie in Funktion hatte. Das war ein ganz normales Handy, was mir von der Technik da zur Verfügung
gestellt worden ist, ein Diensthandy eben. Dieses Diensthandy wurde von der Polizei bei der Durch-
suchungsmaßnahme mit beschlagnahmt und auch entsprechend ausgelesen. Es wurde nichts darauf
gefunden, was einschlägig gewesen ist.“1326

Im Hinblick auf den dienstlich zur Verfügung gestellten Laptop und ein weiteres Mobiltelefon hat der Beamte

X angegeben, dass diese im Büro verblieben seien1327. Was später mit diesen Geräten geschah, vermochte er

nicht anzugeben1328. Das durch die Polizei sichergestellte IPhone 3 habe er später zurückerhalten und dann seiner

Sekretärin, die er außerhalb des BKA getroffen habe, ausgehändigt 1329. Auch ein ihm möglicherweise zur Ver-

fügung stehendes drittes Handy, an dessen Ausgabe sich der Beamte X jedoch nicht mehr erinnern konnte, habe

er im Büro im Schrank aufbewahrt1330.

Zum „Dell Laptop Latitude D430“ hat das Bundeskriminalamt auf den Beweisbeschluss 18(27)71 vom 18. März

2015 mitgeteilt:

Der „Dell Laptop Latitude D430“ hat sich bis 26. April 2012 beim Beamten „X“ befunden. Rückgabe an das

Referat SO 55 (Einsatz- und IT-Unterstützung) ist am 27. Februar 2013 erfolgt; in der dortigen Datenbank ist

der Name des Rückgebers (Beamter „X“ oder Mitarbeiter) nicht erfasst – eine Quittung ist nicht vorhanden. Am

1. März 2013 wurde das Gerät von SO 55 an die Technik (IT07-1) zur Reparatur übergeben. Am 17. März 2015

wurde das Gerät auf Veranlassung der beim BKA-Leitungsstab bestehenden AG UA (Arbeitsgruppe Untersu-

chungsausschuss) von deren Ansprechpartner bei IT dort abgeholt und seitdem bei diesem versiegelt verwahrt.

Im Gerät steckte neben der Festplatte ein SD-Chip.1331

1323 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 418 f. (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Sicherstellungsprotokoll des Polizeipräsidums Mainz, Kri-
minalinspektion Bad Kreuznach vom 13. April 2012.

1324 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 478 ff. (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Auswerteberichte der DV-Gruppe des Polizeipräsidiums
Mainz zum iPhone.

1325 Becker, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 27.
1326 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 13.
1327 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 21.
1328 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 22.
1329 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 22.
1330 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 35.
1331 MAT A BKA 18(27)71, S.

Drucksache 18/6700 – 338 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

2. Wechsel der Zuständigkeit zum Bereich ZV 15

a) Das Referat ZV 15 innerhalb des Bundeskriminalamtes

Das Referat ZV 15 ist als Justiziariat innerhalb des Bundeskriminalamtes in der Gruppe ZV 1 (Personal, Recht)

in die Abteilung ZV (Zentral- und Verwaltungsaufgaben) eingegliedert.1332 Neben den allgemeinen Rechtsan-

gelegenheiten ist das Referat ZV 15 als Justiziariat auch für Disziplinarangelegenheiten zuständig.1333 In Bezug

auf die Beamten des Bundeskriminalamtes ist daneben das Referat ZV 12 (Personalangelegenheiten Beamte)

für beamtenrechtliche Fragen, insbesondere laufbahn- und personalrechtliche Angelegenheiten, wie Beurtei-

lungsangelegenheiten, Beförderungsplanungen, Beurlaubung und der Beendigung des Dienstverhältnisses, zu-

ständig.1334 Innerhalb des Referates ZV 15 war der Zeuge Becker von April 2012 bis zum 31. März 2014 als

Referent eingesetzt und dort unter anderem für die Disziplinarsachen zuständig.1335

Der Zeuge Meyer ist seit November 2012 Leiter des Referates ZV 15. Zuvor wurde das Referat von Herrn

Regierungsdirektor Z. geleitet.1336

b) Aufgabenübertragung an ZV 15

Über die Aufgabenverteilung und Aufgabenübertragung der Referate ZD 25 und ZV 15 im Allgemeinen und im

konkreten Vorgang „Beamter X“ hat der Zeuge Spaniol geäußert:

„[…] Normalerweise ist die Absprache zwischen ZV 15 und ZD 25 die: Sobald Personalien bekannt
sind, sobald es gegen eine konkrete Person ist, macht es ZV 15, und solange es noch gegen unbekannt
ist, macht es ZD 25. Aber in dem Fall war es eben anders. Weil eben die Sache so sensibel war, war
der Wunsch der Amtsleitung, dass, um möglichst wenige im Amt zu beteiligen, die Ermittlungen bei
uns geführt werden – komplett.“1337

Am 19. April 2012 wurde der Vorgang bezüglich des Zeugen Beamter „X“ durch das Referat ZD 25 zur weiteren

disziplinarrechtlichen Bearbeitung an das Referat ZV 15 übergeben.1338

Zum Zeitpunkt der erstmaligen Kenntnisnahme innerhalb der Abteilung ZV hat der Zeuge Hoffmann bekundet:

„Also, die Abteilung ZV hat durch meine Person erstmals am 17.04.12 Kenntnis von den Vorwürfen
bekommen, die gegen den Beamten X erhoben werden – also die Verdachtslage, besser gesagt.“1339

1332 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 1, Bl. 93 (136), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand 1. Juni 2012.
1333 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 1, Bl. 93 (138 f.), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand 1. Juni 2012.
1334 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 1, Bl. 93 (137), Organisations- und Geschäftsverteilungsplan des BKA, Stand 1. Juni 2012; Becker, Protokoll-

Nr. 28, S. 35.
1335 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 29.
1336 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 2, Bl. 30 f., Organisationsübersicht des BKA vom 1. Oktober 2012; MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 2, Bl. 32 f.,

Organisationsübersicht des BKA, Stand 1. November 2012; Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 47.
1337 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 15.
1338 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 35, E-Mail des Zeugen Spaniol an Herrn E. vom 28. Februar 2014, 09.15 Uhr.
1339 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 14.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 339 – Drucksache 18/6700
Innerhalb des Referates ZV 15 war der Zeuge Becker ab der zweiten Jahreshälfte 2012 zuständiger Sachbear-

beiter für den Vorgang des Beamten „X“1340.

Zu der grundsätzlichen Aufgabenverteilung hat der Zeuge Meyer ausgesagt:

„Im Wesentlichen ist es so, dass die materielle Arbeit von dem Sachbearbeiter geleistet wird. Er hält
mich auf dem Laufenden, insbesondere bei Vorkommnissen, die er für bedeutsam hält. Es ist nicht so,
dass ich jetzt jeden Tag mir alle Vorgänge angucke. […] Aber immer dann, wenn er über Rechtsfragen
im Zweifel ist oder über Fragen des weiteren Prozederes, besprechen wir die entsprechenden Vor-
gänge; […]“1341

Über die Informationsweitergabe innerhalb der Hierarchie des Bundeskriminalamtes hat der Zeuge Meyer weiter

ausgeführt:

„In der Regel mache ich das, je nach Bedeutung der Information – entweder bis zur Gruppenleitung
oder zur Abteilungsleitung oder gegebenenfalls sogar bis zur Amtsleitung.“1342

3. Gespräch zwischen Vizepräsident Maurer und Mitarbeitern von SO 12 am 20. April 2012

Ausweislich des Entwurfs eines durch die Zeugin Wiegand verfassten Vermerks vom 27. Februar 2014 fand am

20. April 2012 im Büro des Zeugen Schiffels ein Gespräch statt, in dem es um die Angelegenheit bezüglich des

Beamten „X“ gegangen sei. An diesem Gespräch hätten neben den Zeugen Schiffels und Wiegand auch der

Zeuge Herb sowie BKA-Vizepräsident Maurer teilgenommen.1343

Konkret heißt es in dem Vermerk:

„VP Maurer wurde persönlich über die hiesigen Feststellungen unterrichtet.“ 1344

Zu diesem Gespräch befragt hat der Zeuge Schiffels angegeben:

„Also, an den Tag kann ich mich erinnern. Ja, das hat in meinem Büro stattgefunden. Herr Maurer
war, glaube ich, aus einem anderen Grund im Standort W3 und hatte mich dann angerufen, dass er
mal vorbeikommt im Zusammenhang hier mit dem Beamten X. Er hatte noch einige Detailfragen,
wenn ich mich recht erinnere, zu den Materialien an sich, Kategorie 1, Kategorie 2. Da gab es noch
einige Fachfragen, die er hatte. Das war so Gegenstand der Erörterung. Deshalb war auch dann die
Sachbearbeiterin dabei, genau, Frau Wiegand, die dann noch mal ergänzende Ausführungen dazu ge-
macht hat. Worum es da jetzt noch mal ganz im Detail ging, weiß ich nicht. Danach hat Herr Maurer
ein längeres Telefonat geführt bei mir im Büro. Ich bin dann raus. Was er dort dann besprochen hat,
mit wem, kann ich Ihnen nicht sagen.“

1340 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 31.
1341 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 48.
1342 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 48.
1343 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 14 (17), Entwurf eines Vermerks von SO 12 vom 27. Februar 2014 mit dem Betreff: „OP Selm“.
1344 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 14 (17), Entwurf eines Vermerks von SO 12 vom 27. Februar 2014 mit dem Betreff: „OP Selm“.

Drucksache 18/6700 – 340 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

4. Einleitung und Aussetzung des Disziplinarverfahrens Ende April 2012 sowie Verfügung gemäß § 66 BBG

a) Gesetzliche Grundlagen

Die gesetzlichen Grundlagen für Disziplinarverfahren finden sich im Bundesbeamtengesetz (BBG) und im Bun-

desdisziplinargesetz (BDG). Ausgangspunkt eines Disziplinarverfahrens ist das Vorliegen eines Dienstverge-

hens eines Beamten, das in § 77 Abs. 1 BBG wie folgt definiert wird:

„Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden
Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflicht-
verletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in
einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.“

Gemäß § 17 Abs. 1 BDG hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn

zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Nach

§ 4 BDG sind Disziplinarverfahren beschleunigt durchzuführen.

Für Fälle, in denen parallel zum Disziplinarverfahren ein Strafverfahren oder ein anderes gesetzlich geordnetes

Verfahren durchgeführt wird, regelt § 22 BDG Folgendes:

㤠22 Zusammentreffen von Disziplinarverfahren mit Strafverfahren oder anderen Verfahren, Ausset-
zung

(1) Ist gegen den Beamten wegen des Sachverhalts, der dem Disziplinarverfahren zugrunde liegt, im
Strafverfahren die öffentliche Klage erhoben worden, wird das Disziplinarverfahren ausgesetzt. Die
Aussetzung unterbleibt, wenn keine begründeten Zweifel am Sachverhalt bestehen oder wenn im
Strafverfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person des Beamten liegen.

(2) Das nach Absatz 1 Satz 1 ausgesetzte Disziplinarverfahren ist unverzüglich fortzusetzen, wenn die
Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 nachträglich eintreten, spätestens mit dem rechtskräftigen Ab-
schluss des Strafverfahrens.

(3) Das Disziplinarverfahren kann auch ausgesetzt werden, wenn in einem anderen gesetzlich geord-
neten Verfahren über eine Frage zu entscheiden ist, deren Beurteilung für die Entscheidung im Dis-
ziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung ist. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 gelten entsprechend.“

b) Verwaltungspraxis innerhalb des Bundeskriminalamtes

Nach Aussage des Zeugen Becker sei die Aussetzung des Disziplinarverfahrens während des Ermittlungsver-

fahrens (§ 22 Abs. 3 BDG) ein üblicher Vorgang. Er hat dazu konkret ausgeführt:

„Das ist Usus. Das ist eigentlich Usus, um Doppelermittlungen zu verhindern. Das war ja dann so die
Notwendigkeit gewesen, einen Ermittlungsführer bestellen zu müssen, und das wird immer so gehand-
habt im Hause, zumindest zu meiner Zeit. […] Es macht ja keinen Sinn, die Staatsanwaltschaft ermit-
teln zu lassen oder durch die Staatsanwaltschaft über die Polizei ermitteln zu lassen und dann selbst
eigene Ermittlungen anzustellen. […]“1345

1345 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 34.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 341 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Fietz hat im Hinblick auf § 22 Abs. 3 BDG bekundet:

„[…] Die Fälle, die ich mitbekommen habe oder wo überhaupt darüber nachgedacht wurde, ob man
vielleicht ein Disziplinarverfahren einleitet und so, da war immer die Frage, wenn das jetzt - - also
geradezu eine Automatik, dass man das aussetzt für die Zeit. So habe ich es mitbekommen.“1346

Der Zeuge Meyer hat sich in dieser Hinsicht wie folgt geäußert:

„[…] Wenn gleichzeitig ein Strafverfahren läuft, wird in der Regel das Disziplinarverfahren ausgesetzt
nach § 22 BDG, und wir warten den Ausgang des Strafverfahrens ab - Primat des Strafverfahrens -,
insbesondere auch deshalb, weil wir dann den rechtskräftig festgestellten Sachverhalt den Verwal-
tungsermittlungen bzw. den weiteren Disziplinarermittlungen zugrunde legen können. […]“1347

Nach § 66 BBG besteht die Möglichkeit, einem Beamten die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten:

„§ 66 Verbot der Führung der Dienstgeschäfte

Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde kann einer Beamtin oder einem Be-
amten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verbieten. Das Verbot
erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Dis-
ziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beam-
tenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.“

Sofern ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, besteht unter den in § 38 Abs. 1 BDG definierten Vorausset-

zungen die Möglichkeit, den Beamten vorläufig des Dienstes zu entheben:

„Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann einen Beamten gleichzeitig mit
oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Diszip-
linarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des
Ruhegehalts erkannt werden wird.“

In Verbindung mit der vorläufigen Dienstenthebung ist gemäß § 38 Absatz 2 BDG eine Kürzung der monatlichen

Dienstbezüge um bis zu 50 % möglich, sofern im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem

Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehaltes erkannt wird.

c) Konkretes Verfahren gegen den Beamten „X“

aa) Absprachen bezüglich des Vorgehens innerhalb des Bundeskriminalamtes und mit dem Bundesministe-
rium des Innern

Aus einer nicht unterzeichneten Gesprächsnotiz des Zeugen Spaniol, die vom 18. April 2012 datiert, ergibt sich

unter anderem Folgendes:

„Weitere Entscheidungen

• (…)

1346 Fietz, Protokoll-Nr. 32, S. 99.
1347 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 48.

Drucksache 18/6700 – 342 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

• Kontaktaufnahme mit L/ZV, L’in ZV 1 und L/ZV 15: Disziplinarverfahren soll eingeleitet
und sofort ausgesetzt werden.

Anm.: Info am 17.04.12 in einem persönlichen Gespräch (auch dabei: Herr E., LS 1) weitergegeben.
L/ZV wird ggf. mit PR noch die Frage erörtern, ob die sofortige Umsetzung zu ZD 2 ausreicht oder
nicht ggf. eine Suspendierung erfolgen müsse. L/ZV15 wurde die Übersendung einer Kopie der bei
ZD 25 vorhandenen Unterlagen zugesagt.“1348

Nachdem der Vorgang sodann am 19. April 2012 an ZV 15 abgegeben worden war,1349 lässt sich aus einer E-

Mail von Herrn E. an den Zeugen Hoffmann vom 20. April 2012 Folgendes entnehmen:

„Sehr geehrter Herr Hoffmann,

die Amtsleitung bittet auf Grundlage der angehängten Sachverhaltsschilderung sowie der zuvor münd-
lich mit der abgestimmten Bewertung des Sachverhalten gegen (geschwärzt – Beamter X) umgehend

• ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 66 I 1 BBG nebst Anordnung der soforti-
gen Vollziehung zu verhängen (Zuständigkeitsübertragung des BMI in Anlage),

• eine Verfügung zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu entwerfen (aufgrund der dienst-
reisebedingten Abwesenheit von PR ausnahmsweise z. U. VP-S). Das Disziplinarverfahren
soll sogleich nach § 22 BDG ausgesetzt werden.“1350

Aus einer E-Mail des Zeugen Spaniol an den Mitarbeiter des BKA-Leitungsstabes E. vom 28. Februar 2014

ergibt sich im Hinblick auf die Einbindung des Bundesministeriums des Innern:

„20.04.12 Telefonat VP-S mit L-Z/BMI: Keine Einwände des BMI gegen eine vorläufige Entbindung
des Beamten von seinen dienstlichen Aufgaben“1351

Der Zeuge Hoffmann hat im Hinblick auf die Abstimmung mit dem Bundesministerium des Innern bekundet:

„Das habe ich vorhin vergessen bei der Darstellung: Unsere Maßnahmen, die wir einleiten wollten
vom Haus aus, also sowohl das Verbot der Dienstgeschäfte als auch Einleitung Disziplinarverfahren,
ist von unserer Amtsleitung vorab mit dem BMI abgestimmt worden. Das hat folgenden Hintergrund:
Es gibt zwar einen Erlass vom BMI, wo ebendiese Befugnis auf den Dienststellenleiter übertragen ist;
es gibt aber auch die sogenannten Pers.-Best.: das sind Personalbestimmungen, wo drinsteht, dass der
BMI sich Maßnahmen beamtenrechtlicher Art für A 16 und höher vorbehält.“1352

bb) Inhalt der Verfügungen gegenüber dem Beamten „X“

Die gegenüber dem Beamten „X“ erlassenen disziplinarrechtlichen Verfügungen erfolgten mit Schreiben vom

23. und 24. April 2012.

1348 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 37, Gesprächsnotiz des Zeugen Spaniol vom 18. April 2012.
1349 Siehe hierzu bereits die Darstellung im Abschnitt B. III. 2. b).
1350 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 38, E-Mail von Herrn E. an den Zeugen Hoffmann vom 20. April 2012, 18.29 Uhr.
1351 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 35, E-Mail des Zeugen Spaniol an Herrn E. vom 28. Februar 2014, 09.15 Uhr.
1352 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 26.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 343 – Drucksache 18/6700
In dem durch den BKA-Vizepräsidenten Stock gezeichneten Schreiben vom 23. April 2012, welches ein Akten-

zeichen des Referats ZV 15 trägt, wird dem Beamten „X“ die Einleitung des Disziplinarverfahrens und dessen

sofortige Aussetzung mitgeteilt.1353

Das BKA ließ sich dabei von der Erwägung leiten, dass – sollte sich die Verdachtslage bestätigen – der Beamte

gegen seine aus § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG folgende beamtenrechtliche Pflicht zu einem achtungswürdigen und

vertrauensgerechten Verhalten verstoßen hätte. Daher würden zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das

Vorliegen des Verdachts eines Dienstvergehens gesehen, weshalb ein Disziplinarverfahren eingeleitet werde,

welches im Hinblick auf das anhängige Strafverfahren jedoch gemäß § 22 Abs. 3 BDG ausgesetzt werde.

Darüber hinaus wurde dem Beamten „X“ mit Schreiben vom 24. April 2012, welches kein Aktenzeichen trägt,

mitgeteilt, dass ihm gemäß § 66 BBG mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte untersagt werde.

Die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 S.1 Nr. 4 VwGO werde angeordnet. 1354

Das BKA ließ sich dabei von der Erwägung leiten, dass es unter Berücksichtigung des anhängigen Ermittlungs-

verfahrens ausgeschlossen erscheine, dass der Beamte „X“ seine Dienstpflichten weiter ausübe. Darüber hinaus

sei auch ein Einsatz in amtsangemessener Funktion in einem anderen Bereich des Bundeskriminalamts ausge-

schlossen.

Der Zeuge Becker hat im Hinblick auf die Verfügung zur Untersagung der Dienstgeschäfte ausgeführt:

„[…] Die dürfte dann zuständigkeitshalber von ZV 12 gefertigt worden sein. […]“1355

„[…] Es ist ja eine beamtenrechtliche Maßnahme und unterfällt insofern grundsätzlich dem Zustän-
digkeitsbereich von ZV 12.“1356

Der Zeuge Meyer hat hierzu bekundet:

„Es liefen ja mehrere Maßnahmen parallel nebeneinander. Das Disziplinarverfahren ist nicht das ein-
zige Verfahren, was läuft. Es lief zeitgleich oder sogar vorher einmal die Maßnahme nach § 66 BDG,
also die vorläufige Untersagung der Dienstgeschäfte. Das wurde ihm, die Verfügung wurde ihm, wenn
mich nicht alles täuscht, von einem Mitarbeiter des Referats ZV 12, also Beamtenrecht, ausgehändigt.
[…]“1357

cc) Bekanntgabe der Verfügungen gegenüber dem Beamten „X“

Aus einer durch das Bundeskanzleramt vorgelegten Chronologie „Chronologie in Sachen Straf- und Diszipli-

narsache BKA Mitarbeiter (geschwärzt)“ ergibt sich, dass der Beamte „X“ am 25. April 2012 durch den BKA-

Vizepräsidenten Stock in seiner Wohnung aufgesucht wurde. Konkret heißt es:

1353 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 303, Bl. 135 f., Verfügung zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens gem. § 17 BDG vom 23. April 2012.
1354 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 303, Bl. 138 f., Verfügung zur Untersagung der Führung der Dienstgeschäfte gem. § 66 BBG vom 24. April

2012.
1355 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 43.
1356 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 43.
1357 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 49.

Drucksache 18/6700 – 344 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„BKA, Stock, sucht (geschwärzt) in seiner Wohnung auf und teilt Verbot des Führens der Dienstge-
schäfte mit.“1358

5. Übertragung des Vorgangs an den Zeugen Becker / Tätigkeit bis zur Wiederaufnahme des Disziplinar-
verfahrens

Nach Aussage des Zeugen Becker sei ihm in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2012 die Sachbearbeitung durch

den damaligen Leiter des Referates ZV 15, Herrn Z., übertragen worden.1359 Aufgrund des anhängigen Strafver-

fahrens habe sich die Bearbeitung zunächst auf diverse Prüfungen disziplinarrechtlicher Art, jedoch ohne kon-

kreten Auftrag, beschränkt.1360

Für die Durchführung von Gesprächen mit dem Beamten „X“ über dessen weitere Verwendung innerhalb des

Bundeskriminalamtes in diesem Zeitraum, insbesondere im Oktober/November 2012, existieren keine Anhalts-

punkte in den Akten.1361

Der Zeuge Dr. Schumacher hat sich im Hinblick auf Telefonate mit dem Bundeskriminalamt im Anschluss an

den Vollzug der Durchsuchungsbeschlüsse wie folgt geäußert:

„Also mir ist ein Anruf erinnerlich, bei mir, Sachstandsanfrage nach Vollzug des Durchsuchungsbe-
schlusses, ein Herr E. (?), meine ich, vom BKA, der angerufen hat und sich nach dem Sachstand
erkundigt hat, ob das und wann das fertig ist, unter Hinweis auf dieses laufende Verfahren. Da habe
ich gesagt: Die Auswertung dauert noch an, ich frage noch mal nach, bis wann das fertig ist. Natürlich
bekommen Sie eine Mitteilung, sobald wir das Verfahren abgeschlossen haben; das ist ja auch ent-
sprechend in den gesetzlichen Vorschriften so vorgesehen. – Ich habe daraufhin noch mal eine Sach-
standsanfrage an die Polizei gerichtet. An mich wurden danach keine weiteren Sachstandsanfragen
direkt gerichtet. Hintergrund war der, dass meine damalige Abteilungsleiterin gesagt hat: Bitte Sach-
standsanfragen über mich. Wenn irgendwelche Fragen noch sind, über mich, nicht über Sie direkt.“1362

In den Handakten des gegen den Beamten X geführten Ermittlungsverfahrens findet sich ein Vermerk des Zeu-

gen Dr. Schumacher vom 24. August 2012, in dem es heißt:

„Herr E[…] vom BKA ruft an und teilt mit, er sei vom Präsident gebeten worden zu fragen, ob es neue
Entwicklungen im Verfahren X gebe. Ich habe darauf hingewiesen, dass die Auswertung noch andau-
ert, mir aber durch den auswertenden Beamten der zeitnahe Abschluss der Auswertungen signalisiert
wurde. Herr E[…] bat darum, Herrn Z[…] oder ihn persönlich (…) zu informieren, wenn die Auswer-
tung abgeschlossen ist.“1363

Darüber hinaus hat der Zeuge Dr. Schumacher Folgendes geschildert:

1358 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (355), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-
beiter X.

1359 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 31.
1360 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 34.
1361 Näher hierzu bereits die Ausführungen Zweiter Teil B.5. und 6.
1362 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr.13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 14 f.
1363 MAT A-RP 18(27)15 (Tgb.-Nr. 01/14 - VERTRAULICH-herabgestuft), Bl. 859; Vermerk von Staatsanwalt Dr. Schumacher vom 24. August

2012.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 345 – Drucksache 18/6700

„Mir wurde auch von der Frau Keller gesagt – ohne dass ich das persönlich weiß -, es hätten sich auch
sehr hochrangige BKA-Beamte bei ihr gemeldet, unter anderem – meine ich – der stellvertretende
Leiter des BKA, auch telefonisch.“1364

Aus der im Bundeskanzleramt erstellten Chronologie ergibt sich, dass am 26. September 2012 ein Telefonat

zwischen dem Zeugen Spaniol und dem Zeugen Dr. Schumacher stattfand, in dem signalisiert wurde, dass das

Strafverfahren im Strafbefehlswege durch Zahlung einer Geldstrafe beendet würde.1365

Darüber hinaus teilte die Staatsanwaltschaft Mainz dem Bundeskriminalamt mit Schreiben vom 13. November

2012 mit, dass ein Strafbefehl beantragt worden sei.1366

6. Kontakte zwischen dem Beamten „X“ und dem Zeugen Henzler im Jahr 2012

Bereits vor der offiziellen Mitteilung durch das Amtsgericht beziehungsweise durch die Staatsanwaltschaft er-

hielt die Amtsleitung des Bundeskriminalamtes am 10. Dezember 2012 eine mündliche Mitteilung des Beamten

„X“, dass das Verfahren mit einem Strafbefehl abgeschlossen werde.1367

Der Zeuge Henzler hat dies in seiner Aussage konkretisiert:

„[…] Er rief mich an oder hat mich angerufen und hat mitgeteilt, dass er den Strafbefehl bezahlt habe,
dass damit das Verfahren abgeschlossen sei und dass er jetzt gerne wissen würde, wie es mit ihm
weitergeht, Ende 2012, im Dezember. […]“1368

Zuvor sei der Zeuge Henzler, insbesondere im Rahmen der Fürsorgepflicht, verschiedentlich als Ansprechpart-

ner für den Beamten „X“ verfügbar gewesen.1369 Über den Inhalt der geführten Gespräche hat der Zeuge Henzler

weiter ausgesagt:

„[…] Jetzt muss ich davorschalten, um das einordnen zu können - ich hatte ja gesagt, ich bin immer
mal wieder als Ansprechpartner für ihn verfügbar gewesen und hatte ja gesagt, dass er in der Zeit
Gespräche geführt hat -, dass ich als Ansprechpartner im Sinne von Fürsorge zur Verfügung gestanden
habe. Und diese Phase war davon gekennzeichnet - - Da lief ja noch das staatsanwaltschaftliche Er-
mittlungsverfahren, und da war natürlich viel Sorge über den Fortgang, auch seinen beruflichen Fort-
gang, drin, einerseits. Andererseits hatte er - ich denke, das kann ich hier in der Öffentlichkeit sagen -
mit Blick auf seine Wahrnehmung, dass er einen Strafbefehl bekommen sollte - das stand dann im
Raum Mitte des Jahres -, nur wegen Besitzes, nicht wegen Verbreitens von Kinderpornografie, die
Vorstellung, er könnte im BKA bleiben und er könnte auf seinen alten Dienstposten zurück. Das war
so die Phase.

Natürlich war er ziemlich sorgenvoll, hatte dann natürlich auch familiäre Probleme. Und ich habe da
schlicht und einfach als Zuhörer zugehört. Er hat also das berichtet, und ich habe dazu - wie geht es
mit dem Disziplinarverfahren weiter, wie geht es auch mit seinem dienstlichen Einsatz weiter? -

1364 Dr. Schumacher, Protokoll-Nr.13 (GEHEIM-herabgestuft), S. 15.
1365 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (355), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-

beiter X.
1366 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (355), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-

beiter X.
1367 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 27 (29), Entwurf eines Vermerks von LS 4-2 vom 27. Februar 2014.
1368 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 56.
1369 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 56.

Drucksache 18/6700 – 346 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

schlicht und einfach ihn nur kommen lassen, habe das entgegengenommen, wohl wissend zu dem
Zeitpunkt - das will ich ausdrücklich betonen - natürlich, dass das völlig unrealistisch war.“1370

„[…] Und da will ich an das anknüpfen, was ich wegen der Zeit bei Herrn Frieser nicht mehr beant-
worten konnte. Ich hatte ja geschildert, in dieser Phase im April - das war ja die Durchsuchung - und
dann im Oktober, als er mich anrief und sagte: Die Auswertungen sind abgeschlossen, und es ist nur
Besitz, keine Verbreitung - - Und dann sagte er: Von daher - - ‚Ich gehe auch ins Strafbefehlsverfahren.
Damit wird keine Öffentlichkeit hergestellt. Ich bin kooperativ‘, was er im Übrigen auch durchgehend
immer war. Das habe ich entgegengenommen und habe dazu aber nichts gesagt.

Ich habe es ja gerade angemerkt: Natürlich ist mir klar gewesen, zu jedem Zeitpunkt, in der ersten
Sekunde, als klar war, dass er tatsächlich KiPo hatte - aber durch die Ergebnisse der Staatsanwalt-
schaft, nicht durch unsere, weil wir hatten das ja nicht -, dass da nur die höchsten Disziplinarmaßnah-
men, aber je nach Situation, in Betracht kommen, aber auf keinen Fall Rückkehr auf den Dienstposten
und weiterarbeiten. Aber ich habe ihn da laufen lassen, weil ich schlicht und einfach seine emotionale
Stabilität nicht kaputtmachen wollte. […]“1371

Anlässlich des bereits geschilderten Anrufs, so der Zeuge Henzler weiter, habe er dann „Klartext“ geredet:

„[…] Als er dann den Strafbefehl bekommen hatte, rief er wieder an - das war im Dezember 2012 -
und sagte: So, das Verfahren ist jetzt abgeschlossen. Wie geht es jetzt mit mir weiter? - Da habe ich
mich entschieden, umzuschalten und jetzt Klartext zu reden. Da, wo ich vorher gesagt habe: ‚Ja, muss
man mal sehen, es finden sich immer Lösungen‘, also mit Floskeln gearbeitet habe, aber rezeptiv war,
habe ich gesagt: ‚Erstens, es wird ein Disziplinarverfahren geben, und zweitens, damit eines klar ist:
Bei Straftaten dieser Art verlangt das Disziplinargesetz bzw. die Rechtsprechung Maßnahmen der
höchsten Stufen. Und das bedeutet für einen aktiven Beamten das und das und für einen pensionierten
Beamten das und das‘, also schlicht und einfach dargestellt.

Ich habe ihm auch gesagt: Ich empfehle dringend, dass du mit deinem Anwalt oder deiner Anwältin
sprichst, um die für dich günstigste Konstellation herausarbeiten zu lassen, weil da gibt es klare Re-
geln, und da hat der Präsident keinen Ermessensspielraum, sondern da ist er an die Leitlinien der
Rechtsprechung insbesondere gebunden.“1372

Der Beamte „X“ hat zu seinen Kontakten mit dem Zeugen Henzler ausgesagt:

„Ich hatte mit Herrn Henzler, meinem damaligen Vorgesetzten, insofern Kontakt, dass ich ihn immer
informiert habe, wie das Strafverfahren steht, weil das wusste das BKA auch nicht.“1373

Der Zeuge Schiffels hat zu Kontakten zwischen dem Zeugen Henzler und dem Beamten „X“ Folgendes bekun-

det:

„Also, der Herr Henzler hat mal mir gegenüber berichtet, dass er mit ihm noch Kontakt hat und noch
quasi als Ansprechpartner zur Verfügung steht.“1374

1370 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 56 f.
1371 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 59.
1372 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 59.
1373 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 12.
1374 Schiffels, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 7.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 347 – Drucksache 18/6700

7. Ablauf des Disziplinarverfahrens nach Fortsetzung Anfang 2013

a) Gesetzliche Grundlagen und Rechtsprechung

aa) Gesetzliche Grundlagen - Disziplinarmaßnahmen nach dem BDG

In § 5 BDG ist geregelt, welche Disziplinarmaßnahmen gegen Beamtinnen und Beamte beziehungsweise Ruhe-

standsbeamte verhängt werden können. Konkret heißt es:

„§ 5 Arten der Disziplinarmaßnahmen

(1) Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte sind:

1. Verweis (§ 6)

2. Geldbuße (§ 7)

3. Kürzung der Dienstbezüge (§ 8)

4. Zurückstufung (§ 9) und

5. Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10).

(2) Disziplinarmaßnahmen gegen Ruhestandsbeamte sind:

1. Kürzung des Ruhegehalts (§ 11) und

2. Aberkennung des Ruhegehalts (§ 12).“

Bei der Bemessung einer Disziplinarmaßnahme sind zusätzlich insbesondere § 13 und § 14 BDG zu
beachten, in denen es heißt:

„§ 13 Bemessung der Disziplinarmaßnahme

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die
Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeits-
bild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem
Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der All-
gemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbe-
amten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Be-
amtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

§ 14 Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen nach Straf- oder Bußgeldverfahren

(1) Ist gegen einen Beamten im Straf- oder Bußgeldverfahren unanfechtbar eine Strafe, Geldbuße oder
Ordnungsmaßnahme verhängt worden oder kann eine Tat nach § 153a Abs. 1 Satz 5 oder Abs. 2 Satz
2 der Strafprozessordnung nach der Erfüllung von Auflagen und Weisungen nicht mehr als Vergehen
verfolgt werden, darf wegen desselben Sachverhalts

Drucksache 18/6700 – 348 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

1. ein Verweis, eine Geldbuße oder eine Kürzung des Ruhegehalts nicht ausgesprochen werden,

2. eine Kürzung der Dienstbezüge nur ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich
ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten.

(2) pp.“

In der rechtswissenschaftlichen Literatur zum Disziplinarrecht wird vertreten, dass für disziplinarrechtliche Vor-

würfe, die über den strafrechtlichen Vorwurf hinausgehen und darin keine Berücksichtigung finden, keine Sach-

verhaltsidentität und somit auch keine Sperrwirkung durch § 14 BDG besteht.1375

Die Disziplinarmaßnahme ist, soweit es sich um eine Geldbuße, eine Kürzung der Dienstbezüge oder eine Kür-

zung des Ruhegehaltes handelt, durch eine Disziplinarverfügung gemäß § 33 BDG auszusprechen.

Die Erhebung einer Disziplinarklage kommt gemäß § 34 BDG dann in Betracht, wenn auf eine Zurückstufung,

die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder die Aberkennung des Ruhegehaltes erkannt werden soll.

Parallel zur Durchführung der Disziplinarmaßnahme kommt auch eine vorläufige Dienstenthebung (sog. Sus-

pendierung) in Betracht, deren Zulässigkeit in § 38 BDG geregelt ist. In § 38 BDG heißt es hierzu:

„(1) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann einen Beamten gleichzeitig
mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Dis-
ziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung
des Ruhegehalts erkannt werden wird […].

(2) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der
vorläufigen Dienstenthebung anordnen, dass dem Beamten bis zu 50 Prozent der monatlichen Dienst-
oder Anwärterbezüge einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfer-
nung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. […]“

bb) Berücksichtigte Rechtsprechung

Bei den Erwägungen bezüglich der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme hat das Bundeskriminalamt insbe-

sondere ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010, Az. 2 C 13/10, sowie ein Urteil des

Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg vom 12. März 2013, Az. 6 LD 4/11, zur Entscheidungsfindung herangezo-

gen. Beide Entscheidungen finden sich in den Akten des Bundeskriminalamtes.1376

aaa) Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010, Az. 2 C 13/10

Der Entscheidung lag der Fall eines im Bereich „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ tätigen Zollinspektors zu-

grunde, der im Jahr 2006 nach 35 Dienstjahren wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften in 136 Fällen

1375 Hummel/Köhler/Mayer, Bundesdisziplinargesetz und materielles Disziplinarrecht, 5. Auflage, Frankfurt am Main, 2012, § 14 Rn. 22 ff.
1376 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 173, Bl. 45 ff. (Tgb.-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August

2010, Az. 2 C 13/10; MAT A- BKA 18(27)1-1, Ordner 173, Bl. 230ff. (Tgb-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), Urteil des OVG Lüneburg vom
12. März 2013, Aktenzeichen 6 LD 4/11.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 349 – Drucksache 18/6700
zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt worden war, wobei sich die Bilddateien und Videosequenzen

ausschließlich auf dem privaten Computer des Zollinspektors befunden hatten.

Der Beamte wandte sich gegen die durch ein Oberverwaltungsgericht bestätigte Entscheidung eines Verwal-

tungsgerichts, durch die er aus dem Dienst entfernt worden war.

Die Revision hatte insoweit Erfolg, als dass die Sache wegen unzureichender Tatsachendarstellung im Beru-

fungsurteil an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen wurde.

Das Bundesverwaltungsgericht führte hierbei zunächst aus, dass es sich bei dem Verhalten des Beamten um ein

außerdienstliches Dienstvergehen handele, da lediglich der private Computer des Beamten genutzt worden sei.

Ein Bezug zum Dienstposten sei vorliegend nicht gegeben, da der Beamte dienstlich keinen Kontakt zu Kindern

gehabt habe und die Bekämpfung von Kindesmissbrauch oder Kinderpornografie nicht zu seinen dienstlichen

Tätigkeiten gehört habe.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts scheide im Falle eines außerdienstlichen Besitzes kinderporno-

grafischer Schriften eine Regeleinstufung, also die Zuordnung einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Re-

gelmaßnahme, aus. Anders als bei einem unmittelbaren Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung sei dies beim

Besitz kinderpornografischer Schriften nicht angezeigt, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der

außerdienstlichen Verfehlung zu groß sei. Das gelte insbesondere dann, wenn es an einem dienstlichen Bezug

des strafbaren Verhaltens fehle. In solchen Fällen habe sich die Maßnahmenbemessung als Richtschnur an der

Strafandrohung auszurichten, da der Gesetzgeber dadurch seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens

verbindlich zum Ausdruck gebracht habe.1377

Der Strafrahmen für das Vergehen des Besitzes kinderpornografischer Schriften liege im mittelschweren Be-

reich, weshalb sich die Zuordnung einer Disziplinarmaßnahme für derartige außerdienstliche Verfehlungen als

Richtschnur an der Maßnahme der Zurückstufung zu orientieren habe.1378 Sofern eine Zurückstufung aus recht-

lichen Gründen ausgeschlossen sei, sei auf die nächstmildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge zu er-

kennen, wobei dann die Regelung des § 14 BDG zu berücksichtigen sei.1379

bbb) Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 12. März 2013, Az. 6 LD 4/11

Am 12. März 2013, mithin kurz nach Fortsetzung des Disziplinarverfahrens gegen den Beamten „X“, erging

eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg. Der Entscheidung lag der Fall eines Beamten der

Bundespolizei zu Grunde, gegen den wegen Besitzes und Verschaffens kinderpornografischer Schriften in 1000

Fällen eine Geldstrafe von 90 Tagesätzen verhängt worden war. Das Herunterladen der Bilddateien sei mittels

des privaten Rechners erfolgt.

1377 Urteil des BVerwG vom 19. August 2010, Az. 2 C 13/10, Rn. 25.
1378 Urteil des BVerwG vom 19. August 2010, Az. 2 C 13/10, Rn. 26.
1379 Urteil des BVerwG vom 19. August 2010, Az. 2 C 13/10, Rn. 34.

Drucksache 18/6700 – 350 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Das Gericht stellte zunächst fest, dass in diesem Fall ein Dienstvergehen vorliege, da das Verhalten des Beklag-

ten Bezüge zu seinem Dienstposten aufweise. Unter Verweis auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsge-

richts, Az. 2 B 29/10, wurde ausgeführt, dass es genüge, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf

die Dienstausübung im konkret funktionellen Sinne zulasse oder den Beamten in der Dienstausübung beein-

trächtige, was nicht allein in Fällen gegeben sei, in denen ein Polizeivollzugsbeamter gerade mit der Aufklärung

von Fällen befasst sei, die auch Gegenstand des außerdienstlichen Fehlverhaltens seien.

Darüber hinaus führte das Gericht aus:

„Der außerdienstliche Besitz kinderpornografischer Schriften ist in besonderem Maße geeignet, das
Ansehen des Beamtentums in bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen. Dies folgt aus dem mit dem
Delikt einhergehenden Eingriff in die Menschenwürde des Kindes, das zum bloßen Objekt sexueller
Begierde degradiert wird. Dieser Unrechtsgehalt hat im Strafrahmen seinen Ausdruck gefunden. Auf
der Grundlage des vom Gesetzgeber mit Gesetz vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) auf zwei
Jahre Freiheitsstrafe erhöhten Strafrahmens für das Vergehen des Besitzes kinderpornografischer
Schriften in § 184b Abs. 4 StGB hat sich eine Zuordnung einer Disziplinarmaßnahme für derartige
außergerichtliche Verfehlungen mit Dienstbezug als Richtschnur an der Entfernung aus dem Beam-
tenverhältnis zu orientieren.“

b) Beschreibung der Zeugen zum allgemeinen Ablauf eines Disziplinarverfahrens

Die im Bundeskriminalamt mit dem Disziplinarverfahren gegen den Beamten „X“ befassten Zeugen haben sich

zum grundsätzlichen Ablauf eines Disziplinarverfahrens geäußert. Mit dem Disziplinarverfahrens befasst waren

- neben dem damaligen BKA-Präsidenten Ziercke als Disziplinarvorgesetzten - der Zeuge Meyer, Leiter des

Referats ZV 15, und der Zeuge Becker, Referent im Referat ZV 15.

aa) Grundsätzliche Herangehensweise

Zur grundsätzlichen Herangehensweise des Referates ZV 15 bei Disziplinarverfahren hat der Zeuge Meyer aus-

gesagt:

„Wir orientieren uns an der Rechtsprechung und machen entsprechende Vorschläge. Dem folgt die
Amtsleitung oder nicht. Der Präsident ist der Disziplinarvorgesetzte. Er hat letztendlich das letzte
Wort, was Disziplinarmaßnahmen angeht.“1380

Im Wesentlichen bestehe dies aus der Begutachtung und Recherche der dazugehörigen Urteile. Es gebe einschlä-

gige Rechtsprechung, die parallele Fälle behandle, weshalb der Rahmen der Disziplinarmaßnahme eigentlich

klar gewesen sei.1381

Zur grundsätzlichen Arbeitsweise hat der Zeuge Meyer weiter ausgesagt:

1380 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 57.
1381 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 57.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 351 – Drucksache 18/6700

„[…] Wir machen bei Abschluss eines Disziplinarverfahrens oder eines sonstigen Verfahren be-
stimmte Vorschläge, und wenn die Amtsleitung relativ regelmäßig hinter diesen Vorschlägen zurück-
bleibt, -

[…]

- passen wir irgendwann mal unser Vorgehen der Marschroute der Amtsleitung an.“1382

Nach Aussage des Zeugen Meyer komme es durchaus nicht selten vor, dass den Vorschlägen des Referates ZV

15 nicht gefolgt werde, wozu er konkret dargelegt hat:

„Also, es kommt durchaus nicht selten vor, dass unseren Vorschlägen nicht gefolgt wird und wir viel
Arbeit für die Schublade machen.“1383

„Wir können nicht davon ausgehen, dass unseren Vorschlägen eins zu eins gefolgt wird, nein.“1384

„Sagen wir so - wie ich vorhin sagte -: Wenn wir erkennen, dass die Amtsleitung eine bestimmte Linie
verfolgt, werden wir nicht wider den Stachel löcken und 5 von den 95 Vorlagen mit einem abweichen-
den Votum, von dem wir genau wissen, dass die Amtsleitung nicht folgt, vorlegen.“1385

Zum weiteren Weg eines Vorschlags des Referats ZV 15 hat der Zeuge Meyer bekundet:

„Also, ich sagte ja, wir machen die Disziplinarklage bzw. den entsprechenden Entwurf einer Diszip-
linarverfügung, geben ihn auf den Dienstweg. Dann läuft dieser Vorschlag über zwei weitere Hierar-
chieebenen, nämlich einmal über die Gruppenleitung ZV 1 und über die Abteilungsleitung ZV, und
dann läuft es zur Amtsleitung und wird entschieden. Die Entscheidung des Disziplinarvorgesetzten ist
für uns bindend, Punkt.“1386

Es sei, so der Zeuge Meyer, das gute Recht der Amtsleitung, von einem Vorschlag abzuweichen:

„Wir beraten unsere Vorgesetzten selbstverständlich. Bloß, wenn der Vorgesetzte im Rahmen des
rechtlich Möglichen und Zulässigen zu einer anderen Bewertung gelangt, dann ist das sein gutes
Recht.“1387

Die Frage, ob vorliegend Rücksprache der Amtsleitung mit dem Referat ZV 15 in Bezug auf die abweichende

Bewertung gehalten worden sei, hat der Zeuge Meyer verneint.1388

bb) Die Rolle des BKA-Präsidenten in Disziplinarverfahren

aaa) BKA-Präsident als Disziplinarvorgesetzter

Auf die Frage, ob der Präsident des Bundeskriminalamtes in das Disziplinarverfahren eingebunden ist, hat der

Zeuge Becker ausgesagt:

1382 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 56.
1383 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 63.
1384 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 70.
1385 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 70.
1386 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 69.
1387 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 70.
1388 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 70.

Drucksache 18/6700 – 352 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Ja, er ist Disziplinarvorgesetzter, und in dieser Eigenschaft ist es so, dass er mit Ausnahme der Dis-
ziplinarverfügungen, die gerichtlich ausgesprochen werden müssen, die volle Hoheitsgewalt hatte,
disziplinarrechtlich.“1389

bbb) Grundsätzliche Linie des Zeugen Ziercke

Zur allgemeinen Linie des BKA-Präsidenten in seiner Funktion als Disziplinarvorgesetzter hat der Zeuge Meyer

ausgesagt:

„[…] Also, Disziplinarmaßnahmen im Sinne des BDG würden nur bei wirklich handfesten Verfeh-
lungen verhängt werden; alles andere – soweit vertretbar – würde versucht werden relativ beamten-
freundlich außerhalb des Disziplinarverfahrens zu regeln. […]“1390

Von dieser Linie habe sich der konkrete Fall des Beamten „X“ vom Grundsatz her nicht unterschieden. Insge-

samt könne man sagen, dass die vorherige Amtsleitung des Bundeskriminalamtes insgesamt strengere Maßstäbe

angelegt habe. Der Zeuge Ziercke habe, soweit rechtlich zulässig und vertretbar, die Linie verfolgt, im Zweifel

eher nicht zum Nachteil des betroffenen Beamten zu entscheiden.1391

Nach Aussage des Zeugen Henzler sei der Zeuge Ziercke bei Amtsübernahme erstaunt über die Herangehens-

weise des Referates ZV 15 gewesen, insbesondere darüber, wie hart zuweilen Disziplinarmaßnahmen vergeben

würden.1392 Über die Herangehensweise des Zeugen Ziercke als Disziplinarvorgesetzter hat der Zeuge Henzler

ausgesagt:

„[…] Aber das hatte jetzt nichts damit zu tun, dass er besonders hart oder besonders weich war, son-
dern er hat natürlich durch seine Vorverwendungen einen viel größeren Überblick gehabt über das,
was jetzt Rechtssprechungsniveau oder Disziplinarmaßnahmenzuweisungsniveau war, und hat - und
das muss man ganz deutlich sagen - viel Zeit darauf verwendet, persönliche Zeit, auszudifferenzieren.

Das ist das Entscheidende gewesen, wo er wirklich in erkennbarer Art und Weise sich intensiv mit
dem vorgeworfenen Vorwurf auseinandergesetzt hat, aber auch mit den Konsequenzen, und insbeson-
dere dann, wenn es darum ging, im Übrigen auch zum Beispiel jemanden aus gesundheitlichen Grün-
den in den Ruhestand zu versetzen. […] Und da hat er dort, wie auch bei Disziplinarverfahren sehr,
sehr stark ausdifferenziert, bevor er dann eine harte Maßnahme verhängt hat. Das hat aus meiner Sicht
mit weich oder hart überhaupt nichts zu tun. Dann, wenn es angemessen erscheint, hat er natürlich
dann auch harte Maßnahmen getroffen. […] Und er hat seine Verantwortung wahrgenommen, defini-
tiv, und hat sich das sehr genau angesehen und hat es sich nicht leicht gemacht und am Ende, in meiner
Wahrnehmung, immer eine Entscheidung getroffen, die ich auch als Jurist als absolut vertretbar und
als Polizist für die Disziplin im Haus, für die Wirkung nach außen, nach innen, immer als vertretbar
habe ansehen können.“1393

Der Zeuge Ziercke hat über seine Herangehensweise in Disziplinarverfahren selbst ausgesagt:

„[…] Und ich habe festgestellt, dass der Maßstab im BKA aus meiner Sicht kein angemessener ist,
und habe deshalb die Linie ausgegeben, dass ein Amt nicht geführt werden kann über Disziplinarver-
fahren, sondern über Aufklärung, über Gespräche, über Konfliktvermeidung und Konflikterkennung

1389 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 33.
1390 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 73.
1391 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 73 f.
1392 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 77.
1393 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 77.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 353 – Drucksache 18/6700

vorher. Das war meine Linie, und das hat offensichtlich – dem Referat – ich glaube, der Mitarbeiter
ist hier auch gehört worden, der Referatsleiter – nicht gepasst , weil ich regelmäßig dabei war, die
Entscheidungen dieses Referates zu korrigieren, was an der Bedeutung des Referats, an der des Mit-
arbeiters auch, gekratzt hat. Das glaube ich schon, obwohl das gute Fachleute waren. […] Ich habe
auch jede Entscheidung an mich gezogen, wenn es um die Einleitung eines Disziplinarverfahrens ging,
um meinen Maßstab umzusetzten. Das war der Punkt. Ich habe harte Entscheidungen treffen müssen
in diesen elf Jahren. Es sind viele Mitarbeiter auch entlassen worden. Die Konsequenz war auch da.
Aber ich habe versucht, einen Maßstab einzuführen, der im Ergebnis nachher - - Wir haben jetzt so
zwischen fünf und zehn Disziplinarverfahren – das ist auch ganz normal bei einer solch großen Be-
hörde -, aber nicht 40 oder 50 Disziplinarverfahren. Das schien mir nicht der richtige Ansatz zu
sein.“1394

cc) Die Rolle des Bundesministerium des Innern in Disziplinarverfahren

Der Zeuge Fietz hat zur Rolle des Bundesministeriums des Innern in Disziplinarverfahren die folgenden grund-

sätzlichen Ausführungen gemacht:

„Ja, da gibt es ja diese - wie heißen die so schön? - PersBest, also die Bestimmungen über die Personal-
und Stellenbewirtschaftung der zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern gehörenden
Dienststellen. Da ist geregelt in diesen Bestimmungen, also PersBest abgekürzt:

‚Wird gegen eine Beamtin oder einen Beamten ein Disziplinarverfahren eingeleitet … ist dem BMI
zu berichten. Dabei sind die Tatsachen anzugeben, die den Verdacht eines Dienstvergehens begrün-
den‘.“1395

„Man kann das immer im Rahmen der Dienstaufsicht an sich ziehen, so ein Disziplinarverfahren, aber
das ist nicht üblich. Und auch bei A-16-Beamten nicht. Das ist auch eine ganz wichtige Sache. Also,
auch bei allen Beamten ist die disziplinarführende Stelle die Geschäftsbereichsbehörde. Das haben
wir irgendwann mal so festgelegt.“1396

c) Akteneinsicht in die Ermittlungsakten durch die Disziplinarstelle

aa) Anfragen des Zeugen Becker bei der Staatsanwaltschaft Mainz

Zum Jahresende 2012 kam es durch den Zeugen Becker zu mehreren Anfragen bei der Zeugin Keller, um ins-

besondere den Sachstand des Strafverfahrens zu erfragen.

Der Zeuge Becker hat auf die Frage, inwiefern er in den Ablauf des Strafverfahrens involviert gewesen sei,

bekundet:

„[…] Ich war dergestalt involviert, dass ich von Zeit zu Zeit Anfragen gestellt habe an die Oberstaats-
anwältin.“1397

Auf Nachfrage hat der Zeuge Becker diese Anfragen weiter beschrieben:

1394 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 105 f.
1395 Fietz, Protokoll-Nr. 32, S. 94 f.
1396 Fietz, Protokoll-Nr. 32, S. 95.
1397 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 31.

Drucksache 18/6700 – 354 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Ja, inwieweit das Verfahren gediehen ist, weil wir hatten ja das Verfahren ausgesetzt nach Diszipli-
nargesetz, nachdem es eingeleitet wurde, und das war so lange ausgesetzt, wie das Strafverfahren
andauerte. Es ging also darum, den Zeitpunkt mitzubekommen, wann die Schlussverfügung, die staats-
anwaltliche, in Rechtskraft erwächst, und das waren entsprechende Sachstandsanfragen, ja.“1398

Befragt zu Zeitpunkt und Häufigkeit dieser Anfrage hat der Zeuge Becker geäußert:

„Das war Jahresende 2012, glaube ich. Ja. Schwer zu sagen. Ein- bis zweimal im Monat? Gegen Ende
dann schon recht häufig, als man hörte, dass eine entsprechende Schlussverfügung beantragt worden
sei und dann auch ergangen sein soll, die dann auch erfüllt wurde. Dann schon recht häufig, weil es ja
darum ging, das Verfahren weiter zu betreiben.“1399

Auf die Frage, inwiefern es von Seiten der Amtsleitung den Wunsch zur Nachfrage gegeben habe, hat der Zeuge

Becker bekundet:

„Ja, doch schon, ja. Aber das ging dann über den Stab der Amtsleitung, und da ich ja derjenige war,
der dann die Verfügung brauchte, um weitere disziplinare Folgemaßnahmen zu treffen, war ich auch
zumindest derjenige, der da angehalten wurde, dranzubleiben.“1400

Aus einer durch das Bundeskanzleramt erstellten Chronologie ergibt sich, dass die Staatsanwaltschaft Mainz das

Bundeskriminalamt mit Schreiben vom 13. November 2012 über die Stellung des Antrags auf Erlass eines Straf-

befehls informierte und dass dem Bundeskriminalamt durch die Staatsanwaltschaft Mainz mit Schreiben vom 7.

Januar 2013 mitgeteilt wurde, dass ein Amtsgericht den Strafbefehl antragsgemäß erlassen habe und dieser seit

dem 18. Dezember 2012 rechtskräftig sei.1401 In Nr. 15 Abs. 1 der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen

(MiStra) sind derartige Mitteilungspflichten vorgesehen.

bb) Einsichtnahme in die Strafakten

Die Einsicht in die Akten der Staatsanwaltschaft Mainz erfolgte ebenfalls durch den Zeugen Becker:

„[…] Ich war auch derjenige, der die Akte dann zur Einsichtnahme abgeholt hat bei der Staatsanwalt-
schaft Mainz.“1402

Die Abholung der Akten bei der Staatsanwaltschaft Mainz durch den Zeugen Becker erfolgte am 11. Januar

20131403.

Die Rücksendung der Akten an die Staatsanwaltschaft Mainz erfolgte sodann am 16. Januar 20131404.

1398 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 31.
1399 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 31.
1400 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 32.
1401 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (356), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-

beiter X.
1402 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 31.
1403 MAT A-RP 18(27)15, Bl. 887, Verfügung der Staatsanwaltschaft Mainz vom 11.01.2013 mit handschriftlichem Vermerk vom selben Tage.
1404 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 173, Bl. 102 (Tgb.-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), Begleitschreiben zur Rücksendung der Akten vom

16.01.2013.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 355 – Drucksache 18/6700
Zum Zeitpunkt der mündlichen Mitteilung des Beamten „X“ am 10. Dezember 20121405 über den voraussichtli-

chen Abschluss des Strafverfahrens hatte das Bundeskriminalamt noch keine Akteneinsicht erhalten, da sich die

Akte zu diesem Zeitpunkt noch beim Amtsgericht befand.1406

d) Fortsetzung des Disziplinarverfahrens und Anhörung des Beamten „X“

aa) Prüfung des dienstlichen Bezuges des Beamten „X“ zu Kinderpornografie

Der im Bundeskanzleramt bezüglich des Vorgangs des Beamten „X“ angefertigten Chronologie lässt sich ent-

nehmen, dass das Disziplinarverfahren gegen den Beamten „X“ am 14. Februar 2013 fortgesetzt wurde und

insbesondere eine Prüfung des dienstlichen Bezuges der Tat eingeleitet wurde.1407

Mit Schreiben vom 30. Januar 2013 wurde der Zeuge Henzler durch das Referat ZV 15 gebeten zu klären, in-

wiefern der Beamte X in seiner dienstlichen Tätigkeit mit Kinderpornografie betreffenden Sachverhalten befasst

war1408.

In dem durch den Zeugen Henzler gezeichneten Antwortschreiben vom 13. Februar 2013 wird ausgeführt, dass

der Beamte X im Zeitraum 20. September 2009 bis 13. April 2012 an Präsenz- und Frühlagen teilgenommen

habe, in denen das Thema Kinderpornografie regelmäßig erwähnt wurde, dass er an einer Dienstreise nach Thai-

land, Singapur und Australien teilgenommen habe, in der unter anderem Kindesmissbrauch thematisiert worden

sei, dass er insgesamt an 68 Vorlagen beteiligt gewesen sei, in denen das Thema Kinderpornografie eine Rolle

spielte (Mitzeichnung, Schlusszeichnung bzw. Kenntnisnahme von 20 Führungsinformationen; Schlusszeich-

nung von 21 Berichten an das BMI; 22 Vorlagen an den Abteilungsleiter, Mitzeichnung zwei interner Schreiben,

Zustimmung zu zwei Vorträgen und Erteilung einer Genehmigung eines Protokolls) und dass er in einem Fall

eine Weisung erteilt habe1409.

Der Zeuge Henzler hat, ohne den Zeitpunkt dieser Prüfung zu benennen, beschrieben, dass er habe feststellen

lassen, inwiefern der Beamte „X“ dienstlich Bezüge zu Kinderpornographie hatte:

„Danach war meine direkte Funktion, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt gebeten worden bin, be-
auftragt worden bin, für Zwecke des Disziplinarverfahrens - das war aber schon einige Monate später
- festzustellen, feststellen zu lassen, ob der Beamte einen dienstlichen Bezug zur Bekämpfung der
Kinderpornografie hatte. Zu dem Zeitpunkt hatte ich niemanden außer der Amtsleitung, den befassten
Mitarbeitern von ZD 25, also Geheimschutzreferat zu Verwaltungsermittlungen, und den Leitern ZV
und den Personen bei SO 1 Kenntnis gegeben über den Gegenstand des Verfahrens.

1405 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (356), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-
beiter X.

1406 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 27 (29), Entwurf eines Vermerks von LS 4-2 vom 27. Februar 2014.
1407 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (356), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-

beiter X.
1408 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 173, Bl. 109 f. (Tgb.-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), Schreiben vom ZV 15 an den Leiter der Abteilung

SO vom 30. Januar 2013.
1409 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 173, Bl. 114 ff. (Tgb-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), Schreiben des Leiters der Abteilung SO (Henzler)

an das Referat ZV 15 vom 13. Februar 2013.

Drucksache 18/6700 – 356 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Und das war dann ein Anlass und ein Zeitpunkt, wo ich dann zwei, drei Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter meiner engsten Umgebung informiert habe, weil wir nunmehr stärker, als ich das damals mit
dieser Urlaubs- oder Abwesenheitsliste gemacht hatte, in Vorgänge hineingehen mussten, in unsere
Vorgangsverwaltung, die elektronische Vorgangsverwaltung reingehen mussten, um etwa mit Stich-
worten zu suchen, an welchen Vorgängen der Kollege[1410] beteiligt war, um dann eine Bewertung
von ZV, also von der Verwaltung, oder von ZD 25 oder der Amtsleitung - jedenfalls nicht von mir,
weil ich diese Bewertungskompetenz gar nicht hatte - zu ermöglichen zur Verfügung zu stellen, um
dort eben die Frage entscheiden zu können.“1411

„Ich habe nur auflisten lassen, dann selber überprüft, als man mir das vorgelegt hat: ‚Was an Vorgän-
gen hat es gegeben?‘ - das war unterschiedlicher Art -, und habe das dann entweder damals schon dem
Rechtsreferat, was das Disziplinarverfahren führte mutmaßlich - in der Phase wäre ZV 15 zuständig
gewesen -, übermittelt, ohne zu sagen: „Das ist ein dienstlicher Bezug“ oder: ‚Es ist kein dienstlicher
Bezug‘, sondern schlicht die Tatsachen übermittelt.“1412

Der Zeuge Hoppe hat bekundet, er sei in diese Prüfung ebenfalls eingebunden gewesen:

„Hinsichtlich des dienstrechtlichen Verfahrens hatte ich nur noch mal einen Unterauftrag für unser
Referat ZV 15 zu erledigen. […]

[…]

[…] Ich bin im, ich glaube, Frühjahr 2013 mal gebeten worden, für die Gruppe SO 1 festzustellen, an
welchen Vorgängen, einschlägigen Vorgängen der Beamte X beteiligt war, welche er mitgezeichnet
hat, welche er möglicherweise gesehen hat für die Gruppe SO 1. Das habe ich für unsere Abteilung
ZV aufbereitet. Der Auftrag wurde mir seinerzeit von unserem Abteilungsleiter mündlich übermittelt.
Das habe ich dann über unsere Stabsleiterin, also Stabsleiterin der Abteilung SO, zurückgeliefert.“1413

Der Zeuge Spaniol hat im Hinblick auf die Durchführung dieser Prüfung bekundet:

„Also, wir haben geguckt: Über welche Zugriffsberechtigungen verfügt der Beamte? Und er verfügte
eben nicht über Zugriffsberechtigungen für diese Ablagen, auf denen sich dieses Material befand. Wir
haben nachgefragt, ob im Rahmen, ja, des Dienstverkehrs, nenne ich es mal, ob ihm auf Schriftwerge
im Rahmen seiner Wahrnehmung der Funktion als Abteilungsleiter solche Bilder, Bildmaterial dienst-
lich vorgelegt worden sind. Das wurde auch verneint. Insofern hatte er keine Chance, dienstlich an
dieses Material ranzukommen.“1414

Der Zeuge Spaniol hat ergänzt:

„Er war stellvertretender Abteilungsleiter in seine Eigenschaft Gruppenleiter SO 2. In seiner Funktion
als Stellvertreter, als Abwesenheitsvertreter, wenn der Abteilungsleiter nicht da war, haben wir selbst-
verständlich geprüft, ob er in dieser Funktion Zugang zu solchen Daten hatte, und das wurde verneint.
Also, er hatte weder die elektronische Berechtigung, auf entsprechende Daten direkt zuzugreifen, noch
– so wurde uns versichert – wurden ihm im Rahmen des Dienstgeschäfts, wie ich es eben genannt
habe, solche Vorgänge vorgelegt.“1415

Der Zeuge Hoffmann hat zum Ergebnis dieser Prüfung ausgeführt:

1410 Die im Originalprotokoll enthaltene Nennung des Anfangsbuchstabens des Nachnamens wurde nicht aufgeführt.
1411 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 56.
1412 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 56.
1413 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 13.
1414 Spaniol, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 8.
1415 Spaniol, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 9.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 357 – Drucksache 18/6700

„Dazu haben wir dann die Abteilung ZV – die Abteilung, der der Beamte angehörte – mal gebeten,
aufzuführen, ob und inwieweit er mit Angelegenheiten der Bekämpfung der Kinderpornografie be-
schäftigt war. Da haben wir am 13.02. dann eine entsprechende Rückmeldung bekommen durch ein
Schreiben des damaligen Leiters SO, und da hat sich halt rausgestellt, dass er in einer Vielzahl von
Fällen eben mitgewirkt hat, sei es, dass er Vorlagen mitgezeichnet hat - - Er hat auch mal einen Vortrag
gehalten im Rahmen einer Dienstreise. Er hat an Abteilungsleiterrunden zu diesem Thema teilgenom-
men. Also, insofern war der dienstliche Bezug hergestellt.“1416

Auf die Frage, ob der Beamte „X“ im Zusammenhang mit der dienstlichen Befassung mit dem Themenbereich

Kinderpornografie entsprechendes Material vorgelegt wurde, hat der Zeuge Spaniol bekundet:

„Auch das haben wir überprüfen lassen, und es wurde uns zugesichert, dass in keinem der Vorgänge,
die ihm vorgelegt wurden, Bildmaterial dabei war.“1417

bb) Anhörung des Beamten „X“

aaa) Gespräch Beamter „X“ / Vizepräsident Stock

Der Beamte „X“ hat einen Termin mit dem BKA-Vizepräsidenten Stock geschildert:

„Dann, nachdem das Strafverfahren mit einem Strafbefehl beendet worden ist, bin ich darüber infor-
miert worden oder ins BKA eingeladen worden zu einem Gespräch. Das Gespräch hat - - müsste statt-
gefunden haben Anfang 2013; müsste aber hoffentlich aus den Akten hervorgehen. Und zwar hat Herr
Stock, der damalige Vizepräsident - - der zwar zuständig für die Abteilung, nehme ich an, deswegen
hat er mich eingeladen zu dem Gespräch und hat mir in einem, ja, Monolog verkündet, dass jetzt das
Strafverfahren ja abgeschlossen sei und das Disziplinarverfahren damit wieder aufleben würde. Das
war auch schon der komplette Inhalt des Gesprächs. Es gab keine weiteren Gespräche. Ich hatte die
Absicht, eigentlich mal zumindest meine Position darzustellen; aber dazu sollte es nicht kommen,
durfte es nicht kommen. Es wurde nicht zugelassen, dass ich überhaupt was gesagt habe. Also, es war
eine reine Verkündung, und dann bin ich wieder gegangen. Und das war im Prinzip dann der offizielle
Beginn des Disziplinarverfahrens.“1418

Aus einem innerhalb des BKA erstellten Vermerk ergibt sich im Hinblick auf das durch den Beamten X geschil-

derte Gespräch mit dem Vizepräsidenten des BKA, Stock, dass dem Beamten X in dem Gespräch durch Stock

eröffnet worden sei, dass die Erhebung einer Disziplinarklage beabsichtigt werde, dass eine Rückkehr in die

Abteilung SO des BKA nicht erfolgen werde und dass der Dienstposten des Beamten X neu ausgeschrieben

werden solle. Im Hinblick auf die Vorwurfslage heißt es in dem Vermerk konkret:

„Eine weitergehende Erörterung der Vorwurfslage, zu der X anhob, wurde von VP S unter Hinweis
auf die separat durchzuführende Anhörung im Rahmen des Disziplinarverfahrens abgelehnt.“1419

1416 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 15.
1417 Spaniol, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 13.
1418 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 12.
1419 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 166, Bl. 504 f. (Tgb.-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), Gesprächsvermerk von Kriminaldirektor L. vom 1.

März 2013.

Drucksache 18/6700 – 358 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

bbb) Rechtliches Gehör in schriftlicher Form

Am 27. Februar 2013 wurde durch das Bundeskriminalamt ein Schreiben an den anwaltlichen Vertreter des

Beamten „X“ gerichtet, in dem mitgeteilt wurde, dass man beabsichtige, den Beamten „X“ vom Dienst zu sus-

pendieren, ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte auszusprechen und schließlich das Dienstverhältnis zu

beenden.1420

Der Beamte „X“ ließ ausweislich der in der Chronologie enthaltenen Zusammenfassung mit Schreiben vom 25.

März 2013 durch seinen Rechtsanwalt vortragen, dass er sich bezüglich der Tat geständig gezeigt habe und diese

bedauere. Er habe alles getan, um eine öffentliche Verhandlung zu vermeiden, verwies auf die Aufnahme einer

Therapie und darauf, dass in dem Bereich, in dem er tätig war, kein deliktsübergreifender Bezug zu Kinderpor-

nographie gegeben gewesen sei.1421

Der Zeuge Hoffmann hat im Hinblick auf die Reaktion des Rechtsanwalts des Beamten „X“ geäußert:

„Das ist dann beraten worden, dieses Ergebnis, und hat zu einem Schreiben geführt von Herrn Ziercke
an die Anwälte des Beamten, und zwar wurde angekündigt die Erhebung einer Disziplinarklage mit
dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst, der Suspendierung, einer 30-prozentigen Kürzung der
Dienstbezüge. Es wurde in dem Schreiben mitgeteilt, dass wir die Ermittlungen wieder aufgenommen
haben, und es wurde auch mitgeteilt – das ist vielleicht ganz wichtig -, dass aufgrund dieser Sachlage
ein Verbleib des Beamten im BKA nicht vorstellbar ist.

Die Anwälte haben natürlich darauf reagiert und gesagt, das können sie gar nicht verstehen, weil aus
ihrer Sicht eben kein dienstlicher Bezug gegeben war; der Beamte sei geständig gewesen. Und dann
ging es halt darum, ja, sie wollten Akteneinsicht. Dann haben wir entscheiden in einer Besprechung
mit der Amtsleitung: Wir machen das Verfahren so wie angekündigt fort als Reaktion auf das Schrei-
ben der Anwälte. Das Schreiben ist dann auch Anfang April rausgegangen. Daraufhin haben die An-
wälte mehrfach um Fristverlängerung gebeten. In dem Schreiben war ja dann auch noch mal zum
Ausdruck gebracht worden, dass man doch seitens der Anwälte zu den Vermögensverhältnissen des
Beamten Stellung nehmen möge, weil das ja dann Auswirkungen hat auf die Höhe der gegebenenfalls
einzubehaltenden Dienstbezüge.“1422

e) Keine weitere Sachverhaltsaufklärung durch das Bundeskriminalamt - Verzicht auf einen Ermitt-
lungsführer

aa) Gesetzliche Regelung

Das BDG enthält im Hinblick auf das Zusammentreffen von Straf- und Disziplinarverfahren unter anderem die

folgenden Regelungen:

§ 21 Pflicht zur Durchführung von Ermittlungen, Ausnahmen

1420 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (356), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-
beiter X.

1421 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (356), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-
beiter X.

1422 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 15.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 359 – Drucksache 18/6700

(1) Zur Aufklärung des Sachverhalts sind die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. Dabei sind
die belastenden, die entlastenden und die Umstände zu ermitteln, die für die Bemessung einer Diszip-
linarmaßnahme bedeutsam sind. Der höhere Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde können
die Ermittlungen an sich ziehen.

(2) Von Ermittlungen ist abzusehen, soweit der Sachverhalt auf Grund der tatsächlichen Feststellun-
gen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen
Verfahren, durch das nach § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes über den Verlust der Besoldung bei
schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entschieden worden ist, feststeht. Von Ermittlungen kann auch
abgesehen werden, soweit der Sachverhalt auf sonstige Weise aufgeklärt ist, insbesondere nach der
Durchführung eines anderen gesetzlich geordneten Verfahrens.

§ 23 - Bindung an tatsächliche Feststellungen aus Strafverfahren oder anderen Verfahren

(1) Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren o-
der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, durch das nach § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes über
den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entschieden worden ist, sind im
Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend.

(2) Die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen
sind nicht bindend, können aber der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne nochmalige Prüfung
zugrunde gelegt werden.

Im Bundesdisziplinargesetz ist die Bestellung eines Ermittlungsführers nicht geregelt. Die Ermittlungen werden

in Disziplinarverfahren jedoch regelmäßig durch einen vom Dienstvorgesetzten beauftragten Ermittlungsführer

durchgeführt.1423

bb) Zeugenaussagen zum konkreten Verfahren

Nach den Aussagen der Zeugen Becker und Meyer habe es in dem Disziplinarverfahren gegen den Beamten „X“

keinen Ermittlungsführer gegeben.1424

Der Zeuge Becker hat dies wie folgt begründet:

„Da gab es kein Ermittlungsverfahren im klassischen Sinne, weil ja aufgrund des Strafbefehls ein
rechtskräftiger Sachverhalt feststand. Dann ist es ja nicht notwendig, die Ermittlungen noch mal auf-
zugreifen.“1425

„Ich kann jetzt nicht auswendig Ihnen eine Hausnummer entgegenwerfen, aber es ist so, dass im Falle
eines Urteils oder eines Strafbefehls mit einem feststehenden Sachverhalt dieser Sachverhalt im Dis-
ziplinarverfahren zugrunde gelegt werden kann.“1426

Der Zeuge Meyer hat zu diesem Aspekt ausgeführt:

1423 Hummel/Köhler/Mayer, Bundesdisziplinargesetz und materielles Disziplinarrecht, 5. Auflage, Frankfurt am Main, 2012, § 17 Rn. 4.
1424 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 35; Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 63.
1425 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 35.
1426 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 35.

Drucksache 18/6700 – 360 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Es ist dann nicht üblich, wenn der Sachverhalt erschöpfend durch die Gerichte, die Strafgerichte
geklärt worden ist; dann kann man ausnahmsweise von der Einsetzung eines Ermittlungsführers abse-
hen. Das steht aber so im BDG drin. Das ist nichts Außergewöhnliches.“1427

Die disziplinarrechtliche Würdigung, so der Zeuge Becker, sei dann seine Aufgabe gewesen:

„[…] Das war dann meine Aufgabe, das disziplinarrechtlich zu würdigen, aber es war jetzt kein klas-
sischer Ermittlungsführer mehr vonnöten, der einen Sachverhalt aufzuklären hatte, weil dieser Sach-
verhalt ja feststand.“1428

Über den im Strafbefehl zugrunde gelegten Sachverhalt hinaus habe es keine Anhaltspunkte gegeben, dienstlich

zu ermitteln. Insofern sei der Ermittlungsumfang der Staatsanwaltschaft Mainz ausreichend gewesen, was dem

Disziplinarvorgesetzten durch den Zeugen Becker so vorgeschlagen worden sei.1429 Dadurch habe man aus-

nahmsweise auf einen Ermittlungsführer verzichten können.1430 Nach Aussage des Zeugen Meyer habe auch in

der Nachbetrachtung kein Anlass für die Bestellung eines Ermittlungsführers bestanden, da der Beamte „X“

vernommen worden sei und die Asservate im Strafbefehl aufgeführt gewesen seien.1431 Zur grundsätzlichen

Arbeitsweise hat der Zeuge Meyer weitergehend ausgesagt:

„Gut, also ZD 25 ermittelt so weit, wie in der Auffassung ZD 25 der Sachverhalt ermittelt werden
kann, gibt den uns weiter, wir überprüfen, ob erstens ein konkreter Tatverdächtiger vorliegt, ob ein
konkreter, hinreichender Tatverdacht für die Einleitung des Disziplinarverfahrens vorliegt, und wür-
den dann gegebenenfalls weitere Ermittlungen anstellen, die wir für notwendig halten.“1432

Ob bereits durch ZD 25 durchsucht worden sei, sei dem Zeugen Meyer nicht bekannt gewesen. Dies sei auch

nicht erwogen worden, da man nach Ansicht des Zeugen Meyer dadurch in das Ermittlungsverfahren der Staats-

anwaltschaft eingegriffen hätte.1433

Nach Aussage des Zeugen Becker sei es erst nach dem Abschluss des Strafverfahrens möglich, zu beurteilen,

welche Teile des dienstrechtlich relevanten Sachverhaltes nicht vom Strafverfahren abgedeckt seien. Im konkre-

ten Fall habe man erst nach Abschluss des Strafverfahrens Einsicht in die Ermittlungsakten erhalten. Zuvor sei

es nicht möglich, zu beurteilen, was darüber hinaus disziplinarrechtlich relevant sein könnte.1434

1427 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 63.
1428 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 35.
1429 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 36, 37.
1430 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 63.
1431 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 65.
1432 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 61.
1433 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 62.
1434 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 34.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 361 – Drucksache 18/6700

f)Mitteilung der Berufsunfähigkeit des Beamten „X“ – parallel dazu Entwurf einer Disziplinarklage

aa) Dienstunfähigkeit

aaa) Bitte um Entwurf der Disziplinarklage und Prüfung der Frage, was im Falle der Dienstunfähigkeit ge-
schehe

Aus einem durch den Zeugen Becker verfassten Vermerk über ein Gespräch zwischen der Leiterin der Gruppe

ZV 1, T., und dem Zeugen Becker vom 17. Januar 2013 ergibt sich Folgendes:

„Frau T. bittet um Entwurf der Disziplinarklage (Zurückstufung) innerhalb der nächsten drei Wochen.
Der lange Zeitraum sei aus zwei Gründen gewählt. Erstens soll in diesem Fall besonders gründlich
gearbeitet werden. Und zweitens werde, ausweislich eines Gesprächs zwischen PR und L/ZV vom
gestrigen Tage, zunächst doch noch einmal eingehend die Möglichkeit einer vorzeitigen Pensionie-
rung des Beamten X geprüft. Entsprechende Gespräche liefen derzeit wohl schon im Hintergrund.“1435

Der Zeuge Becker hat sich hierzu wie folgt geäußert:

„Also, das bitte ich jetzt aus ZV-15-Sicht zu betrachten, dieses Wort ‚Hintergrund‘. Frau T. hat mir
eine entsprechende Mitteilung gemacht. Diesen Vermerk habe ich deshalb gefertigt, um - - Wir arbei-
ten ja sonst mit Fristen. Es gab jetzt keinen schriftlichen Auftrag, glaube ich, deshalb habe ich den für
mich gemacht, um den Auftrag zu fixieren; ich weiß nicht, ob auch eine Zeit genannt war, in der ich
das tun sollte.

[…]

Mir wurde mitgeteilt, dass es Gespräche gibt. Wer da was mit wem geführt hat, weiß ich nicht. Es war
aber immer die Richtschnur für mich, so zu arbeiten, als bleibe der Beamte weiter im Dienst, und
entsprechende Verfügungsentwürfe zu fertigen.“1436

Der Zeuge Hoffmann hat auf Vorhalt des Vermerks geäußert:

„All das habe ich nicht in Erinnerung.“1437

Er hat sodann hinzugefügt:

„Und Hintergrund - - Also, wir haben das mit der Amtsleitung erörtert, was passieren würde, wenn
eben ein solcher Antrag kommt. Wenn ein solcher Antrag kommt, dann gibt es ein normales Verfah-
ren, und darauf bezieht sich das, was Sie vorher vorgelesen haben, dass - - Natürlich hätten wird das
durchgeführt; wir haben es ja dann auch hinterher durchgeführt, als es so weit war.

[…]

Nein. Das ist in einer Besprechung mit der Amtsleitung als - - Ich habe es als Hypothese verstanden.
Und ich habe Ihnen auch gesagt: Für mich war es deshalb eigentlich eine Hypothese, weil der Beamte

1435 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 176, Bl. 94 (Tgb.-Nr. 03/14 - GEHEIM-herabgestuft), Vermerk des Zeugen Becker vom 17. Januar 2013.
1436 Becker, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 37.
1437 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 22.

Drucksache 18/6700 – 362 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

ja, vertreten durch seine Anwälte, bis in den April hinein genau das Gegenteil eigentlich offiziell ge-
äußert hat.“1438

Der Zeuge Henzler hat hierzu bekundet:

„[…] Und dann war wieder eine Pause, und Ende Januar hat er mich angerufen - also, X hat mich
angerufen - und hat gesagt: Ich mache das mit dem Attest. - Das waren seine Worte: Ich mache das
mit dem Attest. - Also, zu verstehen: Ich werde einen Antrag stellen auf Versetzung in den einstwei-
ligen Ruhestand.- Das habe ich dann dem Leiter ZV, wenn ich mich richtig erinnere, mitgeteilt, dass
der Beamte - das war ja ganz wichtig, weil ZV hat gearbeitet am Fortgang des Disziplinarverfahrens
- - und damit im Hinterkopf natürlich auch: In welche Maßnahmenrichtung muss man denken? Und
für das Dienstverhältnis war das natürlich von Bedeutung. Das habe ich mitgeteilt. […]“1439

bbb) Angaben des Beamten „X“ bezüglich seiner Dienstunfähigkeit

Der Beamte „X“ hat im Hinblick auf die Entwicklung der Entscheidung, sich in den Ruhestand versetzen zu

lassen, die folgenden Angaben gemacht:

„Das müsste im – ich muss überlegen: 12, 13 - - das müsste so Anfang 13 gewesen sein. Ende 12 war
ja auch diese Datensurferei im BKA. Es müsste Anfang 13 gewesen sein. Da bin ich zum Arzt und
habe mich mit dem entsprechend kurzgeschlossen und gesagt: Ich bin im Moment nicht in der Lage,
irgendwas zu machen. – Und da kam es zu dieser Untersuchung, zu diversen Untersuchungen, und da
habe ich auch meinen Vorgesetzten – ich meine, Herrn Henzler – informiert, dass ich zumindest mich
untersuchen lasse, wobei das Ergebnis ja noch offen war zu dem Zeitpunkt; nur die Tatsache, dass.“1440

Konkretisierend hat der Beamte „X“ weiter ausgeführt:

„Also, es war im Früh- - Anfang des Jahres 2013 bin ich zum Arzt und habe entsprechende Symptome
geschildert und wollte auch wissen, welche Auswirkungen das hat. Und dann gab es eine ganze Un-
tersuchungsreihe, und dann kam das Ergebnis bei raus. Es war nicht von mir vorgegeben nach dem
Motto: Ich möchte jetzt dienstunfähig sein. Im Gegenteil, ich wäre ja fast lieber arbeiten gegan-
gen.“1441

ccc) Kommunikation seitens des Bundeskriminalamtes mit dem Beamten „X“ bezüglich der Ruhestandsver-
setzung

Der Zeuge Hoffmann hat zu der Frage, ob dem Beamten „X“ eine Ruhestandsversetzung nahegelegt wurde,

angegeben:

„Ich habe versucht, das darzustellen. Es ist geprüft worden vor dem Hintergrund, dass der Beamte - -
falls der Beamte einen entsprechenden Antrag stellt. Dass das jetzt – ich kann es noch mal sagen –
irgendwie dem nahegelegt werden sollte oder nahegelegt worden ist, das erinnere ich nicht. Ich kann
es nur so sagen; erinnere ich nicht. Das würde auch nicht dem tatsächlichen Verlauf entsprechen.“1442

Der Zeuge Meyer hat hierzu ausgesagt:

1438 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 22.
1439 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 61.
1440 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 18.
1441 Beamter „X“, Protokoll-Nr. 32 (GEHEIM-herabgestuft), S. 25.
1442 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 24.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 363 – Drucksache 18/6700

„Da ich Informationen von meinem Abteilungsleiter bekommen habe –

(…)

dass die Zur-Ruhestands-Setzung erwogen wird, gehe ich davon aus, dass es zumindest auf dieser
Ebene besprochen worden ist.“1443

Der Zeuge Henzler hat bekundet, der Beamte „X“ habe mit ihm bereits mehrmals im Hinblick auf die Einrei-

chung eines Attests kommuniziert, was er, Henzler, auch dem Zeugen Ziercke mitgeteilt habe. Einmal habe der

Beamte „X“ mitgeteilt, dass er nunmehr ein Attest einreichen werde – dies habe Henzler sogleich dem Zeugen

Ziercke gemeldet, und zwar zufällig an dem Tag, an dem der Zeuge Ziercke einen Termin mit dem Zeugen Fietz

gehabt habe, um die Angelegenheit des Beamten „X“ zu besprechen. Konkret hat der Zeuge Henzler bekundet:

„[…] Und dann war wieder eine Pause, und Ende Januar hat er mich angerufen - also, X hat mich
angerufen - und hat gesagt: Ich mache das mit dem Attest. - Das waren seine Worte: Ich mache das
mit dem Attest. - Also, zu verstehen: Ich werde einen Antrag stellen auf Versetzung in den einstwei-
ligen Ruhestand.- Das habe ich dann dem Leiter ZV, wenn ich mich richtig erinnere, mitgeteilt, dass
der Beamte - das war ja ganz wichtig, weil ZV hat gearbeitet am Fortgang des Disziplinarverfahrens
- - und damit im Hinterkopf natürlich auch: In welche Maßnahmenrichtung muss man denken? Und
für das Dienstverhältnis war das natürlich von Bedeutung. Das habe ich mitgeteilt. Und einige Zeit
später, wieder einen Monat oder zwei Monate später, rief mich der Beamte an und hat gesagt: Ich bin
bei meinem Arzt gewesen, und er wird ein Gutachten erstellen, was die Dienstunfähigkeit zum Aus-
druck bringt. - Und diese Information habe ich sowohl an den Leiter ZV gegeben wie auch an den
Präsidenten, weil der - und das war wirklich ein zufälliges Zusammentreffen - nämlich an dem Tag
auf dem Weg zu Herrn Fietz war, dem damaligen Abteilungsleiter Z, um die Angelegenheit zu be-
sprechen. Das habe ich ihm dann praktisch noch vor dem Termin zugerufen, dass der Beamte mich
angerufen hat und mir mitgeteilt hat, er wolle von seinem Arzt, der ihn auch behandelt hat, mit einem
Gutachten kommen, was die Dienstunfähigkeit zum Ausdruck bringt. Das war das einzige Mal, dass
ich da insoweit den Präsidenten informiert habe.“1444

Nach Aussage des Zeugen Schiffels sei diesem nicht bekannt, dass eine mögliche Dienstunfähigkeit mit dem

Beamten „X“ innerhalb des Bundeskriminalamtes besprochen worden sei. Kurzfristig sei lediglich eine Infor-

mation über eine mögliche Versetzung innerhalb des Bundeskriminalamtes aufgekommen.1445

Nach Aussage des Zeugen Henzler sei die Versetzung in den Ruhestand auf Antrag des Zeugen Beamter „X“

geschehen. Ein Verfahren seitens des Bundeskriminalamtes sei nicht betrieben worden.1446

ddd) Ablauf

Mit Schreiben vom 17. Mai 2013 teilte der Rechtsanwalt des Beamten „X“ mit, dass zwischenzeitlich aus ärzt-

licher Sicht dauerhafte Berufsunfähigkeit bestehe1447. Mit Schreiben vom 21. Juni 2013 übersandte der Rechts-

anwalt sodann eine fachärztliche Bescheinigung vom 11. Juni 2013 über das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit

1443 Meyer, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 59.
1444 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 61.
1445 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 42 f.
1446 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 60.
1447 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (356), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-

beiter X.

Drucksache 18/6700 – 364 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

bis voraussichtlich Ende Februar 2016 – zu diesem Zeitpunkt, so wird in der Chronologie angemerkt, hätte der

Beamte „X“ die für Vollzugsbeamte geltende besondere Altersgrenze erreicht1448.

bb) Ablauf bezüglich der Erstellung des Entwurfs einer Disziplinarklage – Erwägung einer Suspendierung

aaa) Auftrag zum Entwurf der Disziplinarklage

Im Hinblick auf den ersten Auftrag zum Entwurf der Disziplinarklage wird zunächst auf die Ausführungen im

Abschnitt f) aa) aaa) verwiesen.

Der Zeuge Hoffmann hat hierzu bekundet:

„Ich hatte aber in der Zwischenzeit das Referat ZV 15 gebeten, die zuständig sind für das Disziplinar-
verfahren – weil mir das Ganze doch etwas nach Hinhaltetaktik roch -, den Entwurf einer Disziplinar-
klage zu fertigen. Dieser Entwurf ist dann auch der Amtsleitung am 28.06. vorgelegt worden. Es ist
auch empfohlen worden, den Beamten zu suspendieren nach Bundesdisziplinargesetz und einen Teil
seiner Dienstbezüge einzubehalten.“1449

Der Zeuge Meyer hat auf die Frage, wann er das erste Mal mit dem Zeugen Becker über die Disziplinarklage

gesprochen habe, bekundet:

„Das müsste ich jetzt schätzen. Ich denke, es war Mai, Juni 2013. Aber mit aller Vorsicht, bitte; nageln
Sie mich da nicht fest.“1450

Zur Weisungslage im Hinblick auf die Erstellung des Entwurfs der Disziplinarklage hat der Zeuge Meyer ange-

geben:

„Das war, wenn ich recht entsinne, Auftrag unseres Abteilungsleiters nach Rücksprache mit unserem
Präsidenten.“1451

„Das war ein Wunsch des Präsidenten. So ist uns vom Abteilungsleiter mitgeteilt worden. Es war der
Wunsch des Präsidenten nach einer Mitteilung unseres Abteilungsleiters nach einer Rücksprache bei
ihm.“1452

bbb) Entwurf der Disziplinarklage und der Suspendierungsverfügung

Zur Frage der Disziplinarklage hat der Zeuge Meyer ausgesagt:

„[…] Wir hatten den Auftrag, die Disziplinarklage zu entwerfen. Das hatten wir gemacht, hatten sie
bis zur Amtsleitung gesteuert. Die Disziplinarklage ist nicht unterschrieben worden, sondern es wurde
von der Amtsleitung entschieden, anders vorzugehen.“1453

1448 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (356), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-
beiter X.

1449 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 15.
1450 Meyer, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 54.
1451 Meyer, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 54.
1452 Meyer, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 55.
1453 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 58.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 365 – Drucksache 18/6700
Die Frage der Autorenschaft des Entwurfs der Disziplinarklage hat der Zeuge Meyer wie folgt beantwortet:

„Die Autorenschaft liegt beim Referat. Die Disziplinarklage wird von Herrn Becker entworfen und
von mir abgezeichnet und auf den Dienstweg gebracht.“1454

Dazu, dass der Entwurf der Disziplinarklage keinen konkreten Antrag enthielt, hat der Zeuge Hoffmann ausge-

führt:

„Das war im Vorfeld, allerdings schon Wochen vorher, mit der Amtsleitung mal besprochen worden
– also nicht besprochen im Sinne von entscheiden, sondern Herr Ziercke hatte uns gefragt: Ja, muss
ich denn überhaupt einen Antrag stellen? Müssen wir jetzt den Beamten - - Müssen wir uns Gedanken
machen, was das Gericht machen soll? Wir haben das dann geprüft anhand der Rechtsprechung, und
da kam raus: Man muss also nicht unbedingt einen Antrag stellen. – Und wenn Sie den Entwurf der
Disziplinarklage gelesen haben, dann finden Sie da auch, dass wir sowohl be- als auch entlastende
Dinge vorgetragen haben, dann gesagt haben: Die Entfernung aus dem Dienst wäre möglich; aber auch
eine Degradierung ist aufgrund dieser anderen Umstände wohl vertretbar. – So war der Entwurf, und
so, haben wir gedacht, könnte er auch im Sinne von Herrn Ziercke an das Verwaltungsgericht Wies-
baden gehen.“1455

Der Zeuge Meyer hat auf die Frage, wann er gebeten worden war, eine Disziplinarklage ohne Antrag zu erstellen,

ausgesagt:

„Das war vor der Erstellung.“1456

Der Zeuge Becker hat im Hinblick auf diesen Aspekt bekundet:

„Ja. Das ist, wie heute Morgen oder heute Nachmittag erläutert, ja so, dass die Disziplinargewalt des
Präsidenten ja da endet, wo das Disziplinargericht zuständig ist, neuerdings das Verwaltungsgericht,
nämlich bei der Zurückstufung oder Entfernung eines aktiven Beamten, der er damals noch war. In-
sofern wurde, da eine der beiden Maßnahmen nach letztendlicher Abwägung für die richtigere gehal-
ten wurde, wir uns aber nicht sicher waren – mit Herrn Meyer, wie gesagt, besprochen -, bewusst kein
Antrag gestellt; das muss man nicht machen in der Disziplinarklage.“1457

Im Bezug auf die Ausführungen in der Disziplinarklage zur Nutzung dienstlicher Geräte hat der Zeuge Hoffmann

ausgeführt:

„Unsere Feststellung bezog sich darauf, dass auf den in seinem Büro befindlichen dienstlichen Geräten
solche Dateien nicht enthalten waren.“1458

Zum Entwurf der Suspendierungsverfügung hat der Zeuge Becker ausgeführt:

„Die Maßnahmen nach 38 BDG stehen ja unter gewissen Voraussetzungen. Eine Voraussetzung ist,
dass es wahrscheinlich ist, dass der Beamte nicht weiter beschäftigt werden kann in seinem derzeitigen
Verhältnis. Da wurde eine Abwägung getroffen, und aufgrund dieser Abwägung sind wir zu dem Er-
gebnis gekommen, dass es zumindest nicht unwahrscheinlich ist – jetzt von hinten argumentiert -, dass
es entweder auf eine Zurückstufung oder eine Entfernung aus dem Dienstverhältnis hinauslaufen wird

1454 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 59.
1455 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 18.
1456 Meyer, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 57.
1457 Becker, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 33.
1458 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 38.

Drucksache 18/6700 – 366 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

am Ende. Und insofern war zumindest die Möglichkeit der Entfernung denkbar und der 38er-Entwurf
dann der nächste logische Schritt.“1459

ccc) Ablauf nach Fertigstellung der Entwürfe der Disziplinarklage und der Suspendierungsverfügung

Mit E-Mail vom 27. Juni 2013 teilt das Referat ZV 15 des Bundeskriminalamtes der für Personalangelegenheiten

zuständigen Arbeitsgruppe Z I 1 im Bundesministerium des Innern mit, dass Disziplinarklage gegen den Beam-

ten „X“ erhoben werden solle. Zudem solle dieser vom Dienst suspendiert und 30 Prozent seiner Dienstbezüge

einbehalten werden. Der Entwurf einer entsprechenden Disziplinarklage zur Fortsetzung des Disziplinarverfah-

rens sei vorbereitet.1460

Durch die Nichtunterzeichnung des Entwurfs der Disziplinarklage sei jedoch, so der Zeuge Meyer weiter, das

Disziplinarverfahren nicht beendet worden:

„Es war klar, dass damit der Disziplinarvorgang nicht beendet war, sondern dass ebendieser Weg der
Disziplinarklage nicht eingeschlagen werden sollte. Das heißt ja nicht, dass es andere Disziplinarmaß-
nahmen gäbe, die in Betracht gekommen wären.“1461

Auf die Frage, ob es im Hinblick auf das Vorgehen bezüglich des Entwurfs der Disziplinarklage eine Diskussion

mit dem Disziplinarvorgesetzten gegeben habe oder ob eine Rückfrage stattfand, hat der Zeuge Meyer bekundet:

„Der Fall wurde im Wesentlichen auf höherer Ebene diskutiert, insbesondere meiner Erinnerung nach
auf Ebene des Abteilungsleiters ZV mit dem Präsidenten.“1462

g) Untersuchung des Beamten „X“ durch einen Amtsarzt – Ruhenlassen der Disziplinarklage

Aus einer E-Mail des BKA-Leitungsstabs an den Zeugen Hoffmann vom 3. Juli 2013 geht hervor, dass eine

Untersuchung durch einen externen Polizeiarzt beabsichtigt sei - die Hintergründe sollten diesem in einem be-

gleitenden Gespräch erläutert werden.1463

Konkret heißt es in der E-Mail des Mitarbeiters des Leitungsstabes E. an den Zeugen Hoffmann vom 3. Juli

2013:

„Sehr geehrter Herr Hoffmann,

die Amtsleitung hat das anliegende Attest von X zur Kenntnis genommen und entschieden, auf den
Text des Attestes zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu reagieren. Diese Bewertung wäre allerdings zu über-
prüfen, sobald die Anwälte von X sich das Vorbringen des Facharztes zu eigen machen.

Die Amtsleitung bittet weiterhin, dass Sie mit dem externen Polizeiarzt, der Herrn X untersuchen wird,
ein begleitendes Gespräch über die Hintergründe des Vorgangs führen. Die Suche von ZV1 / ZV 12,

1459 Becker, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 29.
1460 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (356 f.), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mit-

arbeiter X.
1461 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 59.
1462 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 58.
1463 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (356), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-

beiter X.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 367 – Drucksache 18/6700

welcher Arzt hierfür in Frage kommt uns insbesondere bereit ist, dem BKA einen zeitnahen Termin
anzubieten, dauert nach hiesiger Kenntnis aber noch an. Bitte lassen Sie mich, gerne formlos – unter-
richten, sobald ein Termin feststeht.“1464

Der Zeuge Hoffmann hat hierzu ausgesagt:

„Vielleicht kann ich an dieser Stelle gleich erwähnen: Ich hatte den Auftrag der Amtsleitung, mit dem
untersuchenden Polizeiarzt ein entsprechend erläuterndes Gespräch zu führen. Das habe ich auch ge-
macht. Da ging es darum, dass – und jetzt muss ich mich vorsichtig ausdrücken – in dem privatärztli-
chen Gutachten als mitursächlich, will ich mal sagen, für die Dienstunfähigkeit des Beamten Um-
stände und Verhaltensweisen […] genannt worden sind, die aber nur abstrakt beschrieben waren, diese
Umstände. Und da habe ich den Herrn […] – ich glaube, so heißt er – dann unterrichtet, was dem
tatsächlich zugrunde liegt. Ich habe ihn auch in Kenntnis gesetzt über die Vorwürfe, denen sich der
Beamte X ausgesetzt sah, auch über die Tatsache, dass er wegen der Vorwürfe strafrechtlich verurteilt
worden ist. Einen Großteil des Gesprächs hat die Bitte um einen zeitnahen Termin eingenommen, weil
es ja – das werden Sie wissen – nicht so einfach ist, da hinzukommen.“1465

Die Untersuchung durch den sozialmedizinischen ärztlichen Dienst der Bundespolizei vom 13. August 2013

ergab die Dienstunfähigkeit des Beamten „X“.1466

Am 23. August 2013 wurde dem Zeugen Hoffmann durch den BKA-Leitungsstab (BKA-LS4-2) sodann mitge-

teilt,

„PR BKA habe davon Abstand genommen, (geschwärzt) die Bezüge zu kürzen, da die zu seinen Guns-
ten sprechenden Aspekte nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass gegen die
disziplinarische Höchststrafe verhängt werde. Über Erhebung der Disziplinarklage solle erst entschie-
den werden, wenn im BMI über die Versetzung in den Ruhestand entschieden sei.“1467

Der Zeuge Hoffmann hat in diesem Zusammenhang bekundet:

„Also, ich habe schon gesagt: Das Gutachten hat dann geendet damit, dass die Dienstunfähigkeit des
Beamten festgestellt worden ist. Daraufhin haben wir dann das Zurruhesetzungsverfahren eingeleitet
mit entsprechendem Bericht ans BMI, wie halt das normale Verfahren ist – die Einzelheiten schenke
ich mir dann -, und der Beamte ist dann auch tatsächlich am 30.11. in den Ruhestand getreten. Parallel
dazu ist natürlich auch das Disziplinarverfahren weitergegangen. Ich hatte ja vorhin gesagt, dass wir
den Entwurf einer Disziplinarklage an die Amtsleitung gerichtet hatten mit dem Vorschlag, eben Dis-
ziplinarklage zu erheben. Diesen Vorschlag ist die Amtsleitung nicht gefolgt, sondern hat entscheiden,
dass eben zunächst das Zurruhesetzungsverfahren abzuwarten ist und dann entschieden wird, wie es
weitergeht. Es ist Ihnen ja bekannt, dass eben gegen einen aktiven Beamten andere disziplinarrechtli-
che Maßnahmen ergriffen werden können als gegenüber einem Ruhestandsbeamten. So ist das dann
auch gekommen.“1468

1464 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 176, Bl. 493 (Tgb.-Nr. 03/14 - GEHEIM-herabgestuft), E-Mail des Leitungsstab-Mitarbeiters E. an den Zeugen
Hoffmann vom 3. Juli 2013.

1465 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 16.
1466 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (357), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-

beiter X.
1467 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (357), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-

beiter X.
1468 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 16.

Drucksache 18/6700 – 368 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

8. Entscheidungsabläufe im Bundeskriminalamt und Bundesministerium des Innern im Herbst 2013

a) Information des Bundesministeriums des Innern über die Feststellung der Dienstunfähigkeit und
das beabsichtigte weitere Vorgehen

aa) Jour Fixe des BKA-Präsidenten mit dem Leiter der Abteilung Z im Bundesministerium des Innern

Aus einem Vermerk zur Vorbereitung des Jour Fixe zwischen dem Präsidenten des BKA und dem Leiter der

Abteilung Z im BMI am 27. August 2013 ergibt sich, dass das BKA beabsichtigte, dass der Beamte X in den

Ruhestand versetzt würde und dass ein behördliches Disziplinarverfahren mit dem Ziel einer angemessenen

Sanktionierung durchgeführt werden solle.1469

bb) Information mit Schreiben vom 18. September 2013

Vor dem Hintergrund des Ergebnisses des Sozialmedizinischen Ärztlichen Dienstes der Bundespolizei vom 13.

August 2013 unterrichtete das Referat ZV 12 des Bundeskriminalamtes die für Personalangelegenheiten zustän-

dige Arbeitsgruppe Z I 1 des Bundesministeriums des Innern am 18. September 2013 über die festgestellte

Dienstunfähigkeit und die durch das Bundeskriminalamt angestrebte Versetzung in den Ruhestand, verbunden

mit der Bitte um die entsprechende Zustimmung des Bundesministeriums des Innern.1470

cc) Weitere Kontakte mit dem Bundesministerium des Innern im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfah-
ren

Der Zeuge Ziercke hat grundsätzlich zu den Kontakten zum Bundesministerium des Innern im Zusammenhang

mit dem Disziplinarverfahren Stellung genommen:

„Also, das ist ein Fall, Besoldungsgruppe A 16, und A 16er –

[…]

- stehen unter der Dienst- und Fachaufsicht im Grunde unmittelbar auch des Innenministeriums. Das
heißt, das BMI legt Wert darauf, an der Entscheidung von Gruppenleiterbesetzungen mitzuwirken.
Insofern hatten wir eine Berichtspflicht dem Innenministerium gegenüber, der Abteilung Z aber ge-
genüber - nicht der Abteilung ÖS im Grunde -, damit da klar war, dass wir hier in einem Einzelfall
eine schwerwiegende Verfehlung haben, wo wir reagieren müssen. Insofern hat sich dann im Laufe
der Zeit immer mal wieder der Bedarf ergeben, mit Herrn Fietz zu sprechen, was ich im Jahr so drei-,
viermal gemacht habe, bzw. ich habe auf der Arbeitsebene die Weisung erteilt, dass jede Maßnahme,
die wir treffen, auch jeder Kontakt, aus dem sich möglicherweise Rechtsfragen ergeben könnten, mit
dem Rechtsanwalt des Beamten D., dass das mit dem BMI rückgekoppelt wird, weil mir von Anfang

1469 MAT A-BMI 18(27)2, Ordner 1, Bl. 38 f. (Tgb.-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), Vermerk zur Vorbereitung des Jour Fixe am 27. August
2013.

1470 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (357), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-
beiter X; MAT A-BMI 18(27)2, Ordner 1, Bl. 44 (Tgb.-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), Schreiben des BKA an das BMI vom 18. September
2013.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 369 – Drucksache 18/6700

an klar war: Die Entscheidung, die hier zu treffen ist, ist eine, die auch abgeglichen werden muss im
Geschäftsbereich des Bundesinnenministers, damit Maßnahmen gleichförmig auch verlaufen können.
[…]”1471

b) Befassung von Staatssekretär Fritsche mit dem Vorgang betreffend den Beamten „X“

aa) Ministervorlage bezüglich der Ruhestandsversetzung

Unter dem 14. Oktober 2013 heißt es in der im Bundeskanzleramt erstellten Chronologie:

„Ministervorlage:

Z I 1 Ministervorlage über UAL Z I, UAL ÖS I, AL ÖS, AL Z, StF, St‘n RG mit dem Votum, (ge-
schwärzt) wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen.“1472

Aus der im Bundeskanzleramt erstellten Chronologie geht darüber hinaus hervor, dass das Bundesministerium

des Innern ausweislich einer E-Mail vom 21. Oktober 2013 aus dem Bereich Z I 1 an das Bundeskriminalamt

für eine Ruhestandsversetzung votierte.1473

Der Zeuge Fritsche hat Ausführungen im Hinblick auf seine Befassung mit dem Fall des Beamten „X“ gemacht:

„[…] Der Komplex des Beamten des BKA: Hier habe ich am 18.10.2013 eine Ministervorlage gese-
hen, die über mich gelaufen ist, weil es einen Beamten des BKA betrifft, in der es um eine Ruhe-
standsbeurkundung ging, und wie ich mir die Vorlage durchgelesen habe, sehe ich am Ende, dass man
auf den Dankausspruch, der sich üblicherweise in solchen Ruhestandsurkunden befindet, verzichtet
wegen eines Disziplinarverfahrens oder eines Disziplinarvergehens. Das hat mich veranlasst, bei der
Abteilung ÖS, die zu meinem Zuständigkeitsbereich gehört, nachzufragen, um was für ein Diszipli-
narverfahren es sich eigentlich handelt. Ich habe damals mit dem Abteilungsleiter Kaller gesprochen.
Der hat sich beim BKA - also seiner Abteilung - erkundigt, und da ist mir mitgeteilt worden, dass es
sich hier um Kinderpornografievorwürfe gegenüber diesem Beamten handelt. Ich habe dann gesagt:
Was ist disziplinarrechtlich denn eigentlich geplant? - Denn ich halte das schon für einen schwerwie-
genden Vorgang, weil es sich ja immerhin um einen Kriminalbeamten handelt, noch dazu aus dem
BKA; da haben wir eine besondere Verantwortung. So habe ich das jedenfalls damals ausgedrückt,
und habe auch mit dem zuständigen Abteilungsleiter Z darüber gesprochen, habe mir das erst mal
schildern lassen und dann die Möglichkeiten schildern lassen, die disziplinarrechtlich da eben möglich
erscheinen, insbesondere weil wir den besonderen Umstand hatten, dass ja hier auch eine Ruhestands-
versetzung schon im Raum stand, die aufgrund eines amtsärztlichen Attestes durchgeführt worden ist,
und da ist natürlich dann die Möglichkeit auch der üblichen Disziplinarmaßnahmen eingeschränkt. So
ist mir das jedenfalls vom Abteilungsleiter Z und auch dem Präsidenten des BKA mitgeteilt worden.
[…]“1474

„[…] Aber es war zuständigkeitshalber, weil es eben um eine Disziplinarfrage geht, die Abteilung Z
einbezogen und nicht ich. Für die Abteilung Z ist Frau Rogall-Grothe zuständig als die Staatssekretä-
rin. Ich habe das dann erstmals quasi bewusst aufgenommen, als dann über mich - - Das ist bei uns
allerdings üblich, wenn aus meinem Bereich jemand, ein Beamter, irgendeine Urkunde bekommt, und

1471 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 73.
1472 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (357), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-

beiter X.
1473 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (357), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-

beiter X.
1474 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 131.

Drucksache 18/6700 – 370 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

sei es eben eine Ruhestandsurkunde, dass das auch über meinen Tisch läuft und ich das mitzeichne.
Da sind dann beide Staatssekretäre in der Mitzeichnungsleiste. In dem Zusammenhang habe ich eben
dann gefragt: ‚Um was für einen Vorgang geht es denn da eigentlich?‘, weil gesagt worden ist: Auf
diesen Dankausspruch auf der Urkunde soll verzichtet werden.“1475

bb) Information Fritsches durch Abteilungsleiter

Der Zeuge Fritsche hat bekundet, dass es zu einer Rücksprache mit dem Abteilungsleiter ÖS und dem Abtei-

lungsleiter Z bei ihm gekommen sei:

„Dann habe ich den Abteilungsleiter ÖS, Herrn Kaller, gebeten, mal nachzufragen, um was es geht.
Er wusste es spontan auch nicht, und er hat dann mit dem BKA Kontakt aufgenommen und mit dem
Abteilungsleiter Z, weil das BKA gesagt hat: Wieso fragen Sie hier nach? Das BMI weiß doch alles;
die Abteilung Z weiß doch alles. - Gut. Trotzdem hat er berechtigt nachgefragt, weil die Abteilung Z
natürlich diese Disziplinarvorgänge im kleinen Kreis hält und nicht mit den Fachaufsichtsabteilungen
teilt. Und dann haben wir eine Rücksprache bei mir gehabt - der Abteilungsleiter Z, der Abteilungs-
leiter ÖS -, und da ist mir das erklärt worden, dass es sich um Kinderpornografievorwurf handelte,
und ich habe die Frage gestellt: Ist denn dann eine Ruhestandsversetzung das angemessene Mittel? Es
handelt sich immerhin um einen Polizeibeamten einer renommierten Behörde; jedenfalls gehe ich nach
wie vor davon aus, dass das BKA eine solche ist. - Und dann sind die Alternativen besprochen worden,
und dann habe ich gesagt: Okay, dann geben Sie die Ruhestandsurkunde schon mal ans BKA, aber ich
will am Rande der Herbsttagung noch mal abschließend mit dem BKA-Präsidenten darüber sprechen.
[…]“1476

Wann genau diese Rücksprache stattfand, wurde mit dem Zeugen Fritsche nicht erörtert.

Der Zeuge Fritsche hat bekundet, dass ihm der Zusammenhang zwischen dem Disziplinarvorgang gegen den

Beamten „X“ und dem Sebastian Edathy betreffenden Vorgang erst im Zusammenhang mit den Sitzungen des

Innenausschusses im Frühjahr 2014 gewahr geworden sei.1477

c) Prüfung des weiteren Vorgehens durch das Bundesministerium des Innern

aa) Mögliche Handlungsalternativen

Innerhalb des Bundesministeriums des Innern wurde – ausweislich der Chronologie – ebenfalls am 21. Oktober

2013 angeregt, vor der Ruhestandsversetzung den aktuellen Sachverhalt noch einmal zu prüfen, insbesondere,

ob nicht doch Disziplinarklage erhoben werden solle1478.

Aus der E-Mail eines Mitarbeiters der Arbeitsgruppe Z I 1 im BMI an den Leiter dieser Arbeitsgruppe geht

hervor, dass daraufhin bezüglich des Beamten X drei mögliche Varianten geprüft und in tabellarischer Form

unter Nennung der gegebenen Vor- und Nachteile dargestellt wurden, und zwar

1475 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 142.
1476 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 142.
1477 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 157.
1478 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (357), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-

beiter X.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 371 – Drucksache 18/6700

- die Versetzung des Beamten X in den Ruhestand und die Erhebung der Disziplinarklage mit dem An-
trag, dem Beamten X die Pension abzuerkennen;

- die Erhebung der Disziplinarklage mit dem Antrag auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (ohne
Versetzung in den Ruhestand);

- die Versetzung des Beamten X in den Ruhestand nebst einer temporären Kürzung der Ruhestandsbe-
züge.

Im Rahmen der umfangreichen tabellarischen Aufzählung der Vor- und Nachteile der einzelnen Varianten wurde

zur dritten Variante insbesondere angemerkt, dass hierbei hohe mediale Aufmerksamkeit möglich sei („Ent-

scheidung im Hinterzimmer“).1479

bb) Telefonschaltkonferenz zwischen dem BKA-Präsidenten und den Abteilungsleitern ÖS und Z des Bun-
desministeriums des Innern

Aus einer E-Mail des Leitungsstabes des Bundeskriminalamtes (LS 4-2) an die Arbeitsgruppe Z I 1 des Bundes-

ministeriums des Innern, die in der Chronologie des Bundeskanzleramtes unter dem 7. November 2013 aufge-

führt wird, geht hervor, dass eine Telefonschaltkonferenz zwischen dem Leiter der Abteilung Z im Bundesmi-

nisterium des Innern, des Leiters der Abteilung ÖS im Bundesministerium des Innern sowie dem Präsidenten

des Bundeskriminalamtes über das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit stattfand. Zu den Entscheidungs-

abläufen, insbesondere, ob der Vorschlag über die weitere Verfahrensweise von dem Zeugen Ziercke ausging,

hat der Zeuge Fietz ausgesagt:

„Nein, wie verfahren werden sollte, das lag eigentlich auf dem Tisch. Ich will jetzt hier sozusagen - -
Ich kenne die Usancen jetzt hier nicht so richtig mit der Einstufung. Wie verfahren werden sollte nach
Vorstellung des BKA, das lag auf dem Tisch, und es gab eben vonseiten der ÖS da noch ein paar
Fragen zu dem, ob das denn so richtig sei. Und die hat Herr Ziercke beantwortet, und dann waren wir
alle der Auffassung, wir sollten es so tun.“1480

Auf die Frage, ob es um das Ruhestandsverfahren und das Disziplinarverfahren oder nur um eines von beiden

ging, hat der Zeuge Fietz weiter ausgeführt:

„[…] Ich meine, es ging um beides, um die Kombination von allem. Also, das Ruhestandsverfahren
war ja schon forciert. Die Ministervorlage lag ja bereits vor, und zwar nicht im Entwurf, sondern beim
Minister.“1481

Auf weitere Nachfrage hat der Zeuge Fietz erläutert, bezüglich der Versetzung in den Ruhestand habe aufgrund

des amtsärztlichen Gutachtes kein Entscheidungsspielraum bestanden:

„[…] Der Dienstherr ist ja durchaus - - Also, er muss selbst entscheiden, ob er den Beamten für dienst-
unfähig hält. Es ist nur in der Tat ein sehr gewagtes Vorgehen, zu sagen: Da liegt zwar ein amtsärztli-
ches Gutachten vor, aber wir glauben trotzdem, er ist dienstfähig. - Insofern haben Sie in der Praxis
recht. Da würde keine Dienststelle sich dagegen verwahren. Insofern kam jetzt das BMI aber ins Spiel,

1479 MAT A-BMI 18(27)2, Ordner 1, Bl. 103 f., E-Mail eines Mitarbeiters an den Leiter der Arbeitsgruppe Z I 1 im BMI vom 6. November 2013.
1480 Fietz, Protokoll-Nr. 32, S. 93.
1481 Fietz, Protokoll-Nr. 32, S. 93.

Drucksache 18/6700 – 372 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

weil die Ernennung oder eben die Entlassung von Beamten ab A 16 dem Ministerium vorbehalten ist.
Das heißt also, die Ruhestandsurkunde musste zwingend vom Minister gezeichnet werden.“1482

„Also, wir hatten keinen Entscheidungsspielraum - sagen wir mal, keinen vernünftigen Entscheidungs-
spielraum - über die Frage ‚Versetzung in den Ruhestand oder nicht?‘, weil das - Ihre Frage macht mir
das noch mal sehr deutlich - wäre nicht nur nicht realistisch gewesen, sondern das wäre auch falsch
gewesen, zu sagen: Da gibt es zwar die Gutachten, aber das interessiert uns nicht; wir halten ihn im
Dienst.

So, und dann ging es eben um die Frage: Was machen wir dann parallel? Weil es gibt ja eben auch die
Möglichkeit, Disziplinarklage gegen Ruhestandsbeamte zu erheben. Das war eben letztlich - - Letzt-
lich war das die Frage auch in einigen Mails, die Ihnen vorliegen dürften. Oder in einer Mail wird
diese Frage gestellt, aber daran sieht man auch, wie sehr da auch getastet wurde, weil das, was da
vorgeschlagen wird, nämlich eine Disziplinarklage auf Zurückstufung, also konkret in diesem Fall
jetzt von A 16 auf A 15, gibt es nicht bei Ruhestandsbeamten. Und trotzdem wurde das da als probates
Mittel mit Fragezeichen versehen: Können wir nicht das machen?“1483

Auch der Zeuge Fritsche hat sich zu der Telefonschaltkonferenz geäußert:

„[…] Es hat eine Telefonschalte gegeben, an der ich nicht teilgenommen habe, zwischen dem Abtei-
lungsleiter ÖS, Abteilungsleiter Z und dem Präsidenten des BKA, weil ich gesagt habe, ich möchte
am Rande der Herbsttagung des BKA, die am 19.11.2013 stattgefunden hat - also nicht nur an diesem
Tag, aber es war, glaube ich, der erste Tag der BKA-Herbsttagung -, mit dem Präsidenten des BKA
darüber noch mal reden. […]“1484

Nach Aussage des Zeugen Ziercke habe aufgrund der Tatsache, dass die Ruhestandsurkunde durch den Minister

ausgefertigt werden musste, eine sehr enge Kooperation mit dem Innenministerium stattgefunden. Demnach

habe bei möglichen Ermessensfehlern seitens des Bundeskriminalamtes, eine jederzeitige Möglichkeit der Kor-

rektur durch das Bundesministerium des Innern bestanden.1485

cc) Übersendung der Ruhestandsurkunde an das Bundeskriminalamt

Am 7. November 2013 übersandte das Bundesministerium des Innern die auf eine Ruhestandsversetzung zum

30. November 2013 ausgefertigte Ruhestandsurkunde an das Bundeskriminalamt zur weiteren Veranlassung.

Die Aushändigung der Ruhestandsurkunde sollte jedoch nicht vor einem persönlichen Gespräch zwischen

Staatssekretär Fritsche und BKA-Präsident Ziercke erfolgen. 1486

Zu der Entscheidung selbst hat der Zeuge Henzler weiter ausgesagt:

„[…] Mit der Entscheidung, weiß ich, hat sich der Präsident schwergetan – oder alle haben sich
schwergetan.“1487

1482 Fietz, Protokoll-Nr. 32, S. 93.
1483 Fietz, Protokoll-Nr. 32, S. 94.
1484 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 131.
1485 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 73.
1486 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (357 f.), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mit-

arbeiter X; MAT A- BMI 18(27)2, Ordner 1, Bl. 112 (Tgb.-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), E-Mail eines Mitarbeiters der Arbeitsgruppe
AG Z I 1 an einen anderen Mitarbeiter dieser Arbeitsgruppe vom 7. November 2013.

1487 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 60.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 373 – Drucksache 18/6700

d) Absprache zwischen den Zeugen Fritsche und Ziercke auf der BKA-Herbsttagung1488

In einer Kurzmitteilung des Mitarbeiters des BKA-Leitungsstabes E. vom 19. November 2013 an den Leiter des

Referats ZV 15 (Meyer), an der auch der Leiter der Abteilung ZV (Zeuge Hoffmann) und die Leiterin der Gruppe

ZV 1 (T.) beteiligt wurden, heißt es:

„Nachricht: PR hatte in der vergangenen Woche am Rande der Herbsttagung Gelegenheit, den Vor-
gang noch einmal mit Staatssekretär Fritsche zu besprechen. PR hat ihm dabei seine Entscheidung
eröffnet, in dem Disziplinarverfahren gegen den designierten Ruhestandsbeamten X eine Kürzung der
Versorgungsbezüge im nach § 11 BDG zulässigen Höchstmaß zu verhängen. Staatssekretär Fritsche
trägt diese Maßnahme mit.“

Als Gründe waren in der Mitteilung genannt:

- stärkeres Gewicht auf entlastende Momente

- dort betrachtete Zurückstufung ist in die für Ruhestandsbeamte zweitschärfste Maßnahme (§ 5 Abs.

2 BDG) umzuwandeln

Weiterhin wurde ZV 15 um schnellstmöglichen Entwurf einer entsprechenden Verfügung gebeten.1489

Der Zeuge Ziercke hat zum Inhalt dieses Gespräches ausgeführt:

„[…] bis hin am Ende dann ein Gespräch mit dem Staatssekretär noch stattgefunden hatte, wo ich
nochmal dargestellt hatte, welche be- und welche entlastenden Faktoren eine Rolle gespielt haben,
welche Möglichkeiten an Disziplinarmaßnahmen überhaupt nur in Betracht kamen, […]“1490

Der Zeuge Fritsche hat zu diesem Gespräch bekundet:

„[…] Es hat eine Telefonschalte gegeben, an der ich nicht teilgenommen habe, zwischen dem Abtei-
lungsleiter ÖS, Abteilungsleiter Z und dem Präsidenten des BKA, weil ich gesagt habe, ich möchte
am Rande der Herbsttagung des BKA, die am 19.11.2013 stattgefunden hat - also nicht nur an diesem
Tag, aber es war, glaube ich, der erste Tag der BKA-Herbsttagung -, mit dem Präsidenten des BKA
darüber noch mal reden. Und wir sind dann der Meinung gewesen, dass die Ruhestandsversetzung
weiterlaufen kann, dass das BKA aber in seiner Zuständigkeit eine disziplinarrechtliche Verfügung
erlässt, die nach § 11 Bundesdisziplinargesetz das Höchstmögliche ist. […]“1491

e) Zustellung der Urkunde bezüglich der Ruhestandsversetzung

Mit Wirkung zum Ende des Monats November 2013 wurde der Beamte „X“ in den Ruhestand versetzt.1492 Die

Ruhestandsurkunde wurde am 20. November 2013 zugestellt.1493

1488 Zur BKA-Herbsttagung siehe auch die Darstellung im Abschnitt D. IV. 6.
1489 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 173, Bl. 390 (Tgb.-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), Kurzmitteilung des Leitungsstabes des BKA an den

Leiter des Referats ZV 15 vom 19. November 2013.
1490 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 73.
1491 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 130 f.
1492 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 27 (29), Entwurf eines Vermerks von LS 4-2 vom 27. Februar 2014.
1493 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (355), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-

beiter X.

Drucksache 18/6700 – 374 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

f)Verhängung der Disziplinarmaßnahme nach Versetzung in den Ruhestand im Dezember 2013

aa) Ablauf

Am 16. Dezember 2013 verhängte das Bundeskriminalamt eine Disziplinarmaßnahme gegen den Beamten

„X“1494. Gemäß § 33 in Verbindung mit §§ 5 Abs. 2, 11 BDG kann durch Disziplinarverfügung gegen Ruhe-

standsbeamte eine Kürzung des Ruhegehalts ausgesprochen werden. Sofern eine Aberkennung des Ruhegehalts

gemäß § 12 BDG erfolgen soll, ist Disziplinarklage zu erheben. Das entsprechende Schreiben ist auf den 11.

Dezember 2013 datiert.1495 Die Disziplinarverfügung wurde am 20. Januar 2014 bestandskräftig.1496

Die Disziplinarverfügung entsprach nicht dem ursprünglichen Votum des Referates ZV 15. Diese sei auch nicht

mit dem Referat ZV 15 abgesprochen oder im Nachhinein besprochen worden.1497

bb) Hintergrund der nicht erfolgten Ausschöpfung des Höchstmaßes des § 11 BDG

Der Zeuge Hoffmann hat bezüglich der Entstehung des Entwurfs der Disziplinarverfügung ausgeführt:

„Sie müssten in den Akten eine Mail gefunden haben, wo verfügt ist, welche Verfügung zu erstellen
ist, […]. Also, es ging nicht darum, dass man jetzt noch mal auf die Frage Aberkennung der Ruhege-
haltsbezüge käme. Ich habe vorhin, glaube ich, auch ausgeführt: Dieses Vorgehen war – das erinnere
ich ziemlich genau, weil es eben eine entsprechende Mail gibt – zwischen Herrn Ziercke und Herrn
Fritsche abgestimmt.“1498

Der Zeuge Becker hat ebenfalls dargestellt, wie es zum Entwurf der Disziplinarverfügung kam und welche As-

pekte hierbei im Hinblick auf die Höhe des Kürzungsbetrages und die Dauer der Kürzung relevant seien:

„Der Kürzungsbetrag ist nach der einschlägigen Rechtsprechung unabhängig vom Tatvorwurf. 10 Pro-
zent ist der Regelkürzungssatz, und der hat sich, so schlimm der Tatvorwurf auch sein mag oder so
wenig schlimm, nach finanziellen Verhältnissen zu richten, […].

[…]

Also, theoretisch kann man höher gehen, aber das hängt natürlich von den finanziellen Verhältnissen
ab. Wie gesagt: die Dauer der Kürzung vom Vorwurf und der Kürzungsbetrag von den finanziellen
Verhältnissen, also unabhängig von der Schuld, die jemand auf sich lädt.

[…]

Mir wurde aufgetragen, zu prüfen, ob auch eine 20-prozentige - - Das war, glaube ich, der Ursprungs-
auftrag, dass man mich bat, zu prüfen, ob eine 20-prozentige Kürzung möglich sei. Ich bin dann zu
dem Ergebnis gekommen, in Rücksprache mit dem Herrn Meyer – so falsch kann das nicht gewesen

1494 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 27 (29), Entwurf eines Vermerks von LS 4-2 vom 27. Februar 2014.
1495 MAT A-BKAmt 18(27)3, Ordner 3,3_SU_InnenA_02.04.2014, Bl. 355 (358), Chronologie in Sachen Straf- und Disziplinarsache BKA Mitar-

beiter X.
1496 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 302, Bl. 27 (29), Entwurf eines Vermerks von LS 4-2 vom 27. Februar 2014.
1497 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 65, 70.
1498 Hoffmann, Protokoll-Nr. 30 (GEHEIM-herabgestuft), S. 24.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 375 – Drucksache 18/6700

sein, weil das sämtliche Ebenen durchlaufen hat und dann auch rechtskräftig geworden ist -, dass es
rechtlich richtig ist, […] Prozent auszusprechen in dem Fall. Wie gesagt, es war auch mein erstes Mal,
so eine Verfügung zu erstellen; aber das ist unabhängig vom Tatvorwurf.“1499

Im Hinblick auf die Prüfung von § 14 BDG hat der Zeuge Becker bekundet:

„Es ist nicht vergessen worden, sich über den 14 Gedanken zu machen; das sehen Sie hinten in der
Klage oder Verfügung.“1500

Ausweislich einer E-Mail des Mitarbeiters des BKA-Leitungsstabes E. an den Zeugen Meyer vom 16. Dezember

2013 habe ein Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Z I 1 im BMI keine Bedenken im Hinblick auf die nur […]-pro-

zentige Kürzung der Ruhestandsbezüge gehabt, weshalb die Maßnahme nunmehr umgesetzt werden könne.1501

cc) Bewertung der verhängten Disziplinarmaßnahme

Zu den grundsätzlichen Erwägungen, welche zu dieser Entscheidung geführt hatten, hat der Zeuge Ziercke aus-

geführt, er habe sich auf Grundlage der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg an der Schwere

der Tat orientiert, welche anhand des Einzelfalles geprüft werden müsse. Dazu hat er ausgesagt:

„[…] und habe dann auch auf der Grundlage der Entscheidung des OVG Lüneburg insbesondere, wo
es um die Schwere der Tat anhand des Einzelfalles geht, wo das Eigengewicht im Einzelfall geprüft
werden muss - - wo man feststellen muss: Wie viele Bilder hat denn jemand überhaupt besessen? Was
sind das für Bilder, die da vorhanden sind? Es gibt das Vergleichsfälle zu anderen Beamten auch der
Polizei, wo dann aber klar war, dass dort Darstellungen waren, die ganz eindeutig in ganz schlimmer
Form kinderpornografisch waren. Wenn es hier um Posing-Fälle ging, die muss man abtrennen davon
in der Bewertung, sodass dann ein im Grunde schwerer oder mittelschwerer Fall – das ist auch die
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Grunde gewesen, in der Tendenz jedenfalls bei sol-
chen Fällen, wo es sich um solches Material handelt, nicht um das ganz harte Material - - und dass es
in dieser Sache nur ein einziges Bild gab bei ihm, wo tatsächlich der Verdacht auf harte Kinderporno-
grafie letztlich vorhanden war, nur ein einziges Bild – so ist mir das dargestellt worden […] Es gibt
keine Regeleinstufung. Das sagen die Verwaltungsgerichte. Insofern ist hier dann die Frage, ob je-
mand aus dem Dienst entfernt wird, auf der einen Seite der Waage oder auf der anderen Seite der
Waage, ob die Wahrscheinlichkeit besteht, dass er dennoch im Dienst bleibt. […]“1502

Nach Ansicht des Zeugen Ziercke dürfe dieser, wenn Zweifel bei dieser Frage bestünden, nicht die Entscheidung

auf Entfernung aus dem Dienst treffen. Diese Erwägungen seien immer wieder mit dem Bundesministerium des

Innern diskutiert worden. Nach Beratung mit dessen Mitarbeitern habe der Staatssekretär sich dieser Bewertung

des Bundeskriminalamtes angeschlossen.1503

Nach Ansicht des Zeugen Meyer liege die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme innerhalb des rechtlichen Rah-

mens und sei rechtlich vertretbar.1504

1499 Becker, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 41.
1500 Becker, Protokoll-Nr. 28 (GEHEIM-herabgestuft), S. 48.
1501 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 173, Bl. 426 (Tgb.-Nr. 01/14 - GEHEIM-herabgestuft), E-Mail des Mitarbeiters des BKA-Leitungsstabes E.

an den Zeugen Meyer vom 16. Dezember 2013.
1502 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 73.
1503 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 73.
1504 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 68.

Drucksache 18/6700 – 376 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Zeuge Henzler hat, was das Ergebnis des Disziplinarverfahrens anbelangt, ausgesagt:

„[…] In unseren Akten taucht auf, ein Urteil vom OVG Lüneburg was, glaube ich, auch zitiert wurde
in dem Schreiben an die Anwälte, Ich bin offen, zu sagen: Ich habe davon nicht viel gehalten, dass das
in den Vordergrund zu stellen war; ich habe eher Bundesverwaltungsgericht aus 2010 für den richtigen
Ausgangspunkt gehalten. Das befasst sich mit einem anderen Fall. So. Also, dass war Diskussion bei
der Amtsleitung. Und in Verbindung mit der Auswertung des Urteils, Auswertung des tatsächlich
festgestellten Fehlverhaltens – das Ausmaß, die Schwere; es gibt viele Fälle, die bedauerlicherweise
noch schwerer sind -, in diesem Fall des Gesamtverhaltens des Beamten, halte ich die Entscheidung
des Präsidenten in allen Punkten für richtig und zutreffend und vertretbar.“1505

Zur Kommunikation zwischen dem Bundeskriminalamt und dem Bundesministerium des Innern bezüglich der

Entscheidung, keine Disziplinarklage zu erheben, hat der Zeuge Fietz ausgesagt:

„[…] Die Entscheidung ist, ich würde mal sagen, im BKA gereift, dass man sich dazu entschieden
hat, und dann ist das allerdings mit uns rückgekoppelt worden. Also, das ist jetzt dann besprochen
worden, ob das ein gangbarer Weg wäre, und dann haben wir das Einverständnis dazu erklärt.“1506

Zur Kommunikation mit Herrn Ziercke über die möglichen disziplinarischen Maßnahmen hat der Zeuge Fietz

weiter ausgesagt:

„- es waren ja zwei, 29. April und 23.08., glaube ich, und dann später noch mal im November -, Herr
Ziercke jeweils dargestellt hat, wie er mit dem Fall umzugehen gedenkt, und mir das jeweils plausibel
erschien und ich gesagt habe, ich sehe das auch so. Auch übrigens aus Gründen der noch vorhandenen
Steigerungsmöglichkeit. Man muss ja auch sehen - - Wir brauchen ja nicht darüber zu reden, dass das
alles furchtbare Geschichten sind, aber es gibt schlimmere Geschichten als diese furchtbaren. Es gibt
noch schlimmere. Und was machen wir denn, wenn ich jetzt schon bei diesem Fall das ganze Reper-
toire ausfahre, dann bei den noch schlimmeren Geschichten? […]“1507

Der Zeuge Fietz hat bestätigt, dass bei Annahme einer Sachverhaltsidentität zwischen dem im Disziplinarver-

fahren zu Grunde gelegten Vorwurf und dem durch die Staatsanwaltschaft Mainz im Strafverfahren berücksich-

tigten Vorwurf, im Falle eines Ruhestandsbeamten, aufgrund des § 14 BDG, nur die Einstellung des Verfahrens

oder die Aberkennung der Bezüge möglich ist.1508 Eine Überprüfung dessen, dass das Bundeskriminalamt sich

bei der verhängten Disziplinarmaßnahme lediglich auf die im Strafbefehl zugrunde gelegten Materialien be-

schränkt hat, habe im Bundesministerium des Innern jedoch nicht stattgefunden. Zwar sei in der Disziplinarver-

fügung auf darüber hinausgehendes Material eingegangen worden, jedoch ohne dies in der Sachverhaltsschilde-

rung ausreichend darzustellen. Entsprechende formale Mängel und die nicht erfolgte Überprüfung seitens des

Bundesministeriums des Innern wurden durch den Zeugen Fietz bestätigt.1509 Dazu hat er insbesondere ausge-

sagt:

„Gut, das ist - - Ich muss auch zugeben: ich habe diese Passage immer und immer wieder gelesen, und
ich kann mir eben nur vorstellen, da hat einfach natürlich auch keiner - - Da war ja auch der betroffene
froh im Zweifel, dass das so da stand, und wo kein Kläger, da kein Richter. Das mag so sein, ja.“1510

1505 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 60.
1506 Fietz, Protokoll-Nr. 32, S. 97.
1507 Fietz, Protokoll-Nr. 32, S. 99.
1508 Fietz, Protokoll-Nr. 32, S. 102.
1509 Fietz, Protokoll-Nr. 32, S. 102 f.
1510 Fietz, Protokoll-Nr. 32, S. 103.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 377 – Drucksache 18/6700
Auch die Frage einer nicht erfolgten Suspendierung sei nicht überprüft worden.1511

IV. Möglichkeit der Kenntnisnahme von den Daten der Operation „Selm“ durch den Beam-
ten „X“ vor den Durchsuchungen

Der Untersuchungsausschuss ist der Frage nachgegangen, inwiefern der Beamte „X“ vor den Durchsuchungs-

maßnahmen am 13. April 20121512 Kenntnis von der Existenz der Operation „Selm“ hat erlangen können, ins-

besondere durch eine mögliche Beteiligung an Besprechungen innerhalb des Referats SO 12.

1. Stellung des Beamten „X“ innerhalb des Bundeskriminalamtes

Wie bereits im Rahmen der Darstellung der beteiligten Personen und Stellen innerhalb des Bundeskriminalamtes

im Abschnitt A. I. b) gg) ausgeführt, war der Beamte „X“ war als Leitender Kriminaldirektor Leiter der Gruppe

SO 2 (Rauschgift- und Arzneimittelkriminalität) innerhalb der Abteilung SO1513 und somit innerhalb der Hie-

rarchie des Bundeskriminalamtes nicht dem Referat SO 12 vorgesetzt.

2. Beteiligung an Sachverhalten mit KIPO-Bezug

Im Rahmen des Disziplinarverfahrens wurde geprüft, inwiefern der Beamte „X“ mit Sachverhalten mit Bezug

zum Deliktsbereich Kinder- und Jugendpornografie hatte. Die Darstellung findet sich im Abschnitt B. III. 7. d).

Der Zeuge Stahl hat hierzu ausgeführt:

„Es sind ihm einige, ich sag mal, Vorgänge durchaus vorgelegt worden im Laufe - - oder jedes Mal
dann, wenn er diese Funktion stellvertretend wahrgenommen hat. Aber ansonsten in direkter Linie:
Nein. Also als direkter Vorgesetzter für SO 12 war er insoweit nicht tätig. […]“1514

3. Zugang des Beamten „X“ zum Auswerteraum von SO 12?

Im Abschnitt A. IV. wurde bereits dargestellt, dass der Beamte „X“ zum Auswerteraum des Referats SO 12

keinen Zugang hatte.

4. Darstellung von bei SO 12 tätigen Beamten zu Kontakten zum Beamten „X“ beziehungsweise zur Mög-
lichkeit der Kenntnisnahme von der Operation „Selm“

Die Zeugin Wiegand hat angegeben, es seien bezüglich des Beamten „X“ keinerlei unbefugte Nachfragen von

irgendwem erfolgt.1515

1511 Fietz, Protokoll-Nr. 32, S. 102.
1512 Siehe hierzu bereits die Ausführungen im Abschnitt B. II. 2 e).
1513 MAT A-BKA 18(27)8, Ordner 2, Bl. 2, Organigramm des BKA, Stand 1. September 2011.
1514 Stahl, Protokoll-Nr. 9, S. 71.
1515 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 71.

Drucksache 18/6700 – 378 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Zeuge Hoppe hat im Hinblick auf die Wahrung der Vertraulichkeit des den Beamten „X“ betreffenden

Vorgangs ausgeführt:

„Den Vorgang selber, die Listen hatte sich ja auch niemand anders angeschaut außer der Frau Wie-
gand. Das sollte dann auch - - Das war die Vorgabe, dass das auch so bleibt. Und der Vorgang sollte
auch nur zwischen der Frau Wiegand, dem Herrn Stahl und mir besprochen werden. Und das war dann
auch so. Und eine weitere Einstellung in irgendwelche Dateien hat zu keinem Zeitpunkt stattgefun-
den.“1516

Die Frage, ob er davon gewusst habe, dass innerhalb des Bundeskriminalamtes der Verdacht einer Informati-

onsweitergabe an den Beamten „X“ im Raum gestanden habe, hat der Zeuge Hoppe verneint.1517

Der Zeuge Schiffels hat ausgeführt, dass der Beamte „X“ als Leiter der Gruppe SO 2 an der montags und don-

nerstags stattfindenden Besprechung der Gruppenleiter, der „SO-Präsenzlage“, teilgenommen habe.1518

Danach befragt, ob bei diesen Besprechungen von dem „Verfahren aus Kanada“ gesprochen worden sei, hat der

Zeuge Schiffels ausgeführt:

„Ich glaube, das kann ich ausschließen, weil - - Also, ich bin am 1. Oktober 2011 zu SO 1 gekommen.
Dann ist ja diese Information auf der Festplatte zum 01.11., Anfang November, ins Bundeskriminal-
amt gekommen, und eine Thematisierung dieses Komplexes Kanada, Kundenliste Kanada, hat auch
bei mir erstmals stattgefunden, wie ich das eben erwähnt hatte, Ende Januar - da ist schon sein Name
gefallen-, sodass eine Thematisierung in den Führungslagen SO vorher nicht stattgefunden hat.“1519

Auf die Frage, ob sich der Beamte „X“ bei dem Zeugen Schiffels über das „Project Spade“ aus Kanada erkundigt

habe, hat der Zeuge Schiffels bekundet:

„Nein. Ich glaube - ich hatte das eben schon mal erwähnt -, dass ich es eigentlich ausschließen kann,
dass in dieser Besprechung, in der der Beamte X war, ‚Spade‘ oder ‚Selm‘ ein Thema war. So denke
ich heute noch, deshalb, weil ich der Erste war bei SO 1, der davon erfahren hat - von SO 12, als die
zu mir gekommen sind und berichtet haben -: Da ist der Beamte X festgestellt worden. - Insoweit gab
es da keinen Grund oder überhaupt keinen Anlass, in einer Präsenzlage SO in seiner Anwesenheit
darüber zu sprechen.“1520

Der Zeuge Gruber hat angegeben, dass ihm nicht bekannt sei, dass sich der Beamte „X“ nach der Operation

„Selm“ erkundigt habe.1521

Der Zeuge Liersch hat angegeben, dass er noch nie mit dem Beamten „X“ Kontakt gehabt habe.1522

1516 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 30.
1517 Hoppe, Protokoll-Nr. 17, S. 44.
1518 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 19.
1519 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 19.
1520 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 28.
1521 Gruber, Protokoll-Nr. 7, S. 23.
1522 Liersch, Protokoll-Nr. 7, S. 41.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 379 – Drucksache 18/6700

V. Protokolldatenabfrage bezüglich der Abfrage von Daten des Beamten „X“ in den poli-
zeilichen Datensystemen

1. Anlass für eine Überprüfung in dieser Hinsicht

Auf Weisung des Präsidenten des Bundeskriminalamtes erfolgte zwischen dem 7. und dem 13. Februar 2013

durch den Datenschutzbeauftragten des Bundeskriminalamtes eine datenschutzrechtliche Revision der polizeili-

chen Datensysteme mittels einer Protokolldatenauswertung.

Zum Hintergrund dieser Überprüfung wird in dem durch den Datenschutzbeauftragten des Bundeskriminalamtes

erstatteten Bericht vom 13. Februar 2013 ausgeführt:

„1. Sachverhalt

Im Zusammenhang mit dem gegen den (geschwärzt) geführten Strafverfahren besteht der Verdacht,
dass BKA-Mitarbeiter den Betroffenen unrechtmäßig in Dateien des BKA abgefragt haben und somit
möglicherweise datenschutzrechtliche Verstöße vorliegen.“

Der Zeuge Spaniol hat zum Hintergrund der Überprüfung ausgeführt:

„In dem Fall war es so: Ich habe eine Information bekommen, dass es möglicherweise zu unberech-
tigten Abfragen kam. […]“1523

Die Initiative zur Durchführung der Überprüfung sei dann, so der Zeuge Spaniol, von ihm ausgegangen1524.

Der Zeuge Meyer hat sich wie folgt geäußert:

„Die Information bestand darin, dass möglicherweise rechtswidrige Abfragen stattgefunden haben
wegen dieses Beamten X. Der Auftrag war, einmal zu erheben, wer das war. Das wurde durch die
Protokolldatenauswertung durchgeführt, die, glaube ich, seinerzeit von der Abteilung DS oder dem
Referat DS durchgeführt worden ist.“1525

Der Zeuge Schiffels hat berichtet, ihm sei bereits im November 2012 durch einen Mitarbeiter mitgeteilt worden,

dass diesem Mitarbeiter zugetragen worden sei, dass ein Eintrag betreffend den Beamten „X“ im INPOL be-

stehe.1526

Weiter hat der Zeuge Schiffels hierzu berichtet:

„[…] Insoweit habe ich ihn dann gebeten, mir einen Ausdruck zu erstellen. Das hatte ich in Absprache
mit Herrn Henzler gemacht, mit dem Abteilungsleiter. Ich hatte den Herrn Henzler angerufen und
gesagt, ich habe das jetzt gehört, dass eine solche Information wohl in INPOL drin ist, und da kam ein
Gerücht auf im November, dass das wohl mehrere schon wüssten. Jetzt die Frage war dann konkret:
Was steht in INPOL drin? Und da habe ich diesen Beamten einen Ausdruck erstellen lassen. Den habe
ich Herrn Henzler geschickt und er, glaube ich, dann der Amtsleitung. Vielleicht war es so, dass dann

1523 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 17.
1524 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 17.
1525 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 53.
1526 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 39.

Drucksache 18/6700 – 380 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

auch der Amtsleitung konkret bekannt wurde über diesen Fall - das weiß ich allerdings nicht im Detail
-, dass dort Abfragen stattgefunden haben. Wie viele das waren und wer das war - - Wer das war, weiß
ich nicht. […]“1527

2. Ablauf und Ergebnis der Überprüfung

a) Ablauf der Überprüfung

Aus dem durch den Datenschutzbeauftragten des Bundeskriminalamtes erstatteten Bericht vom 13. Februar 2013

lässt sich bezüglich des Ablaufs der Prüfung Folgendes entnehmen:

„Durch DS-Recht wurde am 07.02.2013 bei IT01-Auswertung eine Protokolldatenauswertung (PDA)
gemäß § 11 Abs. 6 BKAG zum Zwecke einer Datenschutzkontrolle eingeleitet, welche

o die direkten Recherchen in INPOL-Z

o über das BKA interne Vorgangsbearbeitungssystem (VBS) getätigten Recherchen in INPOL-
Z

o Recherchen in VBS

o Recherchen in der INPOL-Fall-Datei „KINDERPORNO“ (KiPo) mit

o jeweils allen denkbaren Schreibvarianten (geschwärzt)

o über den Maximalzeitraum von 12 Monaten (08.02.2012 – 07.02.2013)

abdeckt.“1528

b) Ergebnis der Überprüfung

aa) Datenbestand und Zeitpunkt der Eintragung

Dem Bericht des Datenschutzbeauftragten vom 13. Februar 2013 lässt sich im Hinblick auf das Ergebnis der

Überprüfung zunächst entnehmen, dass zum Beamten „X“ Datenbestand in INPOL-Z und in der INPOL-Fall-

Datei „KINDERPORNO“ existierte, nicht jedoch im VBS des Bundeskriminalamtes.1529

Zum Zeitpunkt der Eintragung des den Beamten „X“ betreffenden Vorgangs in INPOL-Z und in die INPOL-

Fall-Datei „KINDERPORNO“ hat der Zeuge Spaniol angegeben:

1527 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 39.
1528 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 141, Bl. 78 (78 f.), Schreiben des Datenschutzbeauftragten des BKA an den Präsidenten des BKA vom 13.

Februar 2013.
1529 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 141, Bl. 78 (79), Schreiben des Datenschutzbeauftragten des BKA an den Präsidenten des BKA vom 13.

Februar 2013.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 381 – Drucksache 18/6700

„[…] Das war dann irgendwann September, so die Kante, Ende September, Oktober - weiß ich nicht
mehr genau -, aber definitiv weit nach der Durchsuchung wurde dieser INPOL-Datensatz eingestellt.
[…]“1530

Aus einer im Zusammenhang mit der Behandlung der INPOL-Abfragen im Innenausschuss verfassten E-Mail

eines Mitarbeiters des BKA-Leitungsstabes geht hervor, dass die Eintragung des Vorgangs am 29. August 2012

durch die zuständige Staatsanwaltschaft erfolgte.1531

bb) Anzahl der Abfragen

In dem Bericht wird im Hinblick auf das Ergebnis der Protokolldatenauswertung ausgeführt:

„Die PDA hat eine Anzahl von

o 265 relevanten Abfragen

o durch 81 BKA-Mitarbeiter

o aus sieben Abteilungen

o in drei verschiedenen Dateien (INPOL-Z, VBS, KiPo)

ergeben.“1532

Abfragen des Personennamens in Verbindung mit anderen Vornamen und einem anderen Geburtsdatum und/o-

der danach erfolgtem direktem Zugriff auf den dann angezeigten konkreten anderen Personendatensatz blieben

bei der Auswertung unberücksichtigt.1533

Weiterhin ergibt sich aus dem Bericht, dass in 66 Fällen nach einem Treffer bei der Suche in der Datei INPOL-

Z auch auf den dort aufzufindenden Personendatensatz des Beamten „X“ zugegriffen wurde, so dass konkrete

Speicherinhalte sichtbar wurden.1534 Auf den in der INPOL-Fall-Datei „KINDERPORNO“ vorhandenen Daten-

satz wurde in 14 Fällen zugegriffen.1535

Der Bericht enthält zudem folgende handschriftliche Anmerkung:

„L/LS1

1530 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 23.
1531 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 306, Bl. 125, E-Mail von Herrn O. vom 11. März 2014.
1532 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 141, Bl. 78 (81), Schreiben des Datenschutzbeauftragten des BKA an den Präsidenten des BKA vom 13.

Februar 2013.
1533 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 141, Bl. 78 (79), Schreiben des Datenschutzbeauftragten des BKA an den Präsidenten des BKA vom 13.

Februar 2013.
1534 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 141, Bl. 78 (80), Schreiben des Datenschutzbeauftragten des BKA an den Präsidenten des BKA vom 13.

Februar 2013.
1535 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 141, Bl. 78 (81), Schreiben des Datenschutzbeauftragten des BKA an den Präsidenten des BKA vom 13.

Februar 2013.

Drucksache 18/6700 – 382 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Alle Standorte betroffen.“1536

Zu der Frage, wie viele Abfragen hiervon berechtigterweise erfolgten, hat sich der Zeuge Becker wie folgt ge-

äußert:

„Ich kann Ihnen keine genaue Zahl mehr sagen. Es gab Leute, die das im Rahmen von ZD 25 gemacht
haben, die im Rahmen des Geheimschutzes natürlich berechtigt waren. Es waren aber die wenigsten.

[…]

Ich weiß nicht mehr. Vielleicht um die fünf oder so. Vielleicht waren es auch zwei oder - - Also, es
waren nicht sehr viele.“1537

cc) Zeitraum der Abfragen

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Abfragen wird in dem Bericht ausgeführt:

„Die Abfragen verteilen sich über den gesamten Protokollierungszeitraum, zeitliche Schwerpunkte für
relevante Abfragen innerhalb des BKA liegen in den Zeiträumen April – Juni und November – De-
zember 2012, wobei zwischen 21. und 30. November 2012 eine Häufung von 63 Abfragen protokol-
liert wurde. In der Datei KiPo wurden Abfragen von November 2012 – Januar 2013 protokolliert.“1538

Der Zeuge Spaniol hat, danach befragt, ob die Abfragen vor oder nach der Durchsuchung bei dem Beamten „X“

stattfanden, bekundet, dass die Abfragen im Herbst 2012 stattgefunden hätten.1539

Auf Vorhalt der Angaben aus dem Bericht des Datenschutzbeauftragten bezüglich des Zeitraums, in dem die

Abfragen stattfanden, und auf die Frage, ob definitiv geprüft worden sei, dass bereits vor dem 13. April 2012

oder im zeitlichen Zusammenhang mit diesem Datum Abfragen stattgefunden hätten, hat der Zeuge Spaniol

sodann ausgeführt:

„Nein, haben wir nicht. Also, auch diese Protokollmaßnahme wurde nur deswegen gemacht, weil eben
irgendwann im Herbst bekannt wurde, dass Kolleginnen, Kollegen, die die Abfragen getätigt haben -
- Dann haben wir - also wir, Verwaltungsermittlungen, ZD 25 - geguckt: Seit wann gibt es denn über-
haupt einen INPOL-Eintrag? Das war dann irgendwann September, so die Kante, Ende September,
Oktober - weiß ich nicht mehr genau -, aber definitiv weit nach der Durchsuchung wurde dieser IN-
POL-Datensatz eingestellt. Und diese Abfragen, die mir zur Kenntnis kamen, die waren auch dann
danach, nachdem dieser INPOL-Falldatensatz, wie das genannt wird, eingestellt war.

Von dem, was Sie jetzt berichten - - dieses Schriftstück des Datenschutzbeauftragten kenne ich nicht.
Also, da gab es keinen Austausch zwischen DS und ZD 25.“1540

1536 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 141, Bl. 78 (80), Schreiben des Datenschutzbeauftragten des BKA an den Präsidenten des BKA vom 13.
Februar 2013.

1537 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 38.
1538 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 141, Bl. 78 (80), Schreiben des Datenschutzbeauftragten des BKA an den Präsidenten des BKA vom 13.

Februar 2013.
1539 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 21.
1540 Spaniol, Protokoll-Nr. 28, S. 23 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 383 – Drucksache 18/6700
Die im Rahmen der Prüfung durch den Datenschutzbeauftragten durch das Referat IT01 zugelieferten Listen mit

den Einzelergebnissen der Protokolldatenabfrage lagen dem Untersuchungsausschuss vor.1541

3. Konsequenzen der Überprüfung

a) Anregung im Bericht des Datenschutzbeauftragten

Der auf den 13. Februar 2013 datierte durch den Datenschutzbeauftragten des Bundeskriminalamtes, Dr. M.,

gezeichnete Bericht lag dem Zeugen Ziercke zwischen dem 21. und dem 26. Februar 2013 vor.1542 Hierin sind

im Hinblick auf das mögliche Vorgehen bezüglich der Mitarbeiter, die Abfragen durchgeführt haben, die fol-

genden Anregungen enthalten:

„Sollten keine Hinweise darauf festgestellt werden, dass es weitergehende Verstöße gegen daten-
schutzrechtliche Bestimmungen gegeben hat, z. B. Weitergabe der Daten an Personen außerhalb des
BKA, könnten nach hiesiger Auffassung […] durch die unzulässigen Abfragen ‚lediglich‘ Dienst-
pflichtverletzungen vorliegen. Somit könnten h. E. ggf. auch ‚Sanktionen‘ unterhalb der Schwelle von
Disziplinarmaßnahmen ausgesprochen werden, z. B. Aussprache von Missbilligungen. […]

Nach Einschätzung von DS sind unter den Abfragenden jedoch auch Tarifbeschäftigte, bei denen die
Frage nach angemessenen ‚Sanktionen‘ gesondert zu prüfen wäre.“1543

b) Konkrete Maßnahmen gegen unberechtigte Abrufer

Aus einer E-Mail des Mitarbeiters des BKA-Leitungsstabes E. an den Zeugen Meyer vom 20. März 2013 wurde

der durch den Präsidenten des Bundeskriminalamtes mitgetragene Entwurf einer Verfügung, die ein Schreiben

an die BKA-Mitarbeiter, die Abfragen vorgenommen hatten, beinhaltete, mit der Bitte um Umsetzung weiter-

geleitet. In der E-Mail wurde mit Frist bis zum 26. April 2013 um Bewertung der eingegangenen Rückmeldun-

gen und um Vorschlag zum weiteren Vorgehen gebeten.1544

In dem der E-Mail angehängten Schreiben an die Mitarbeiter, bei dem es sich ausweislich der E-Mail um die

durch den Präsidenten des Bundeskriminalamtes mitgetragene Fassung handelt, werden diese gebeten, den kon-

kreten Anlass der getätigten Abfragen mitzuteilen, wobei insbesondere die folgenden Fragen von Belang seien:

„1. Aus welchen Gründen wurde(n) die Abfrage(n) durchgeführt?

2. Wurden die erlangten Informationen weitergegeben? Wenn ja, an wen (Name, Organisationseinheit
oder externe Personen)?

1541 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 141, Bl. 2 ff., Einzelergebnisslisten der Protokolldatenabfragen vom 7. Februar 2013.
1542 MAT A- BKA 18(27)1-1, Ordner 141, Bl. 78 (78), Schreiben des Datenschutzbeauftragten des BKA an den Präsidenten des BKA vom 13.

Februar 2013.
1543 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 141, Bl. 78 (82), Schreiben des Datenschutzbeauftragten des BKA an den Präsidenten des BKA vom 13.

Februar 2013.
1544 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 141, Bl. 132, E-Mail des Mitarbeiters des BKA-Leitungsstabes E. an den Zeugen Meyer vom 20. März 2013,

17.27 Uhr.

Drucksache 18/6700 – 384 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

3. In welcher Form wurden die gewonnenen Informationen weitergegeben (z.B. mündlich, telefo-
nisch)?

4. Wurde(n) die Abfrage(n) aus eigenem Antrieb durchgeführt? Wenn nein, auf wessen Veranlassung
und zu welchem Zweck?“1545

Der Zeuge Becker hat das weitere Vorgehen wie folgt beschrieben:

„Es war so, dass - vielleicht zum Gesamtvorgang noch mal, damit Sie das einschätzen können - wir
Rückmeldungen verschiedenster Art haben - […] -, die teilweise auch mit persönlichen Bezügen be-
gründet waren, und es vonseiten des Justiziariats in Absprache mit dem Referat ZV 13, was für die
Tarifbeschäftigten zuständig ist - und ich meine sogar, der Datenschutz sei auch mit eingebunden
gewesen -, einen gesammelten Vorschlag gab, der, ich glaube, zwei oder drei verschiedene Katego-
rien, was die Sanktionierung anging, zum Inhalt hatte, und es aufgrund dieses Vorschlages die Ent-
scheidung der Amtsleitung - sprich: Herrn Ziercke - gab, unabhängig von der Zahl der Zugriffe - weil
es gab Personen, die mehrmals zugegriffen haben, und manche nur einfach, und bei manchen war auch
nicht ganz klar aufgrund der Suche, passt es jetzt oder passt es nicht - den Beamten durch den Vorge-
setzten im Rahmen eines ermahnenden Gespräches darauf hinzuweisen, dass diese Zugriffe zu unter-
lassen sind. Wir haben dann entsprechend um Rückmeldung gebeten in Form von Vermerken, dass
diese Gespräche geführt worden sind.“1546

Auf die Frage, ob diese Gespräche personalaktenrelevant wurden, hat der Zeuge Becker ausgeführt:

„Nein. Dadurch, dass die unterhalb der Schwelle des BDG passiert sind - - Die Mindestmaßnahme ist
ja der Verweis, darunter die Missbilligung noch, die ja keine klassische Disziplinarverfügung ist.“1547

Auf die Frage nach Disziplinarverfahren hat der Zeuge Becker geäußert:

„Es war so, dass, glaube ich, bei Tarifbeschäftigten - - Ich glaube, es waren zwei oder so was, bei
denen es schon mal vorgekommen war, dass eine entsprechende - ich glaube, eine Abmahnung ist
vorher; es war ja nicht mein Referat - Abmahnung ausgesprochen wurde. Soweit ich erinnere, ist bei
den Beamten das nicht passiert. Es hatte auch andere Konsequenzen, nämlich dass man - - Also, wir
hatten einen Fall, der dann entsprechend länger auf eine Beförderung warten musste wegen dieses
anhaltenden Verfahrens. Es ist insofern nicht ohne Konsequenzen geblieben an der Stelle.“1548

Auf die Frage, wer letztendlich die Entscheidung für das mildeste Mittel getroffen habe, hat der Zeuge Becker

ausgeführt:

„Das war die Entscheidung des Präsidenten damals.“1549

Der Zeuge Meyer hat sich zu den getroffenen Maßnahmen wie folgt geäußert:

„In aller Regel ist es so, dass, wie gesagt, pflichtenmahnende Gespräche geführt werden. Im Wieder-
holungsfalle würden wir möglicherweise einen Verweis vorschlagen.“1550

1545 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 141, Bl. 133 ff., Vermerk „Abfrage aus polizeilichen Informationssystemen“ (Entwurf) vom 12. März 2013.
1546 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 38 f.
1547 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 39.
1548 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 39.
1549 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 39.
1550 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 55.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 385 – Drucksache 18/6700

4. Hintergründe der Abfragen

Der Zeuge Becker hat zu der Frage, worauf die hohe Zahl der Anfragen zurückzuführen sei und ob hierfür

gegebenenfalls über Sensationsgier hinausgehende Motive relevant seien, ausgeführt:

„Den Eindruck hatte ich nicht. Also, wenn man sich angeschaut hat, woher diese Abfragen stammten,
dann war das eher so aus dem persönlichen Umfeld und vielleicht auch der Tatsache geschuldet, dass
so wenig bekannt war über den Fall.“1551

Auf konkrete Nachfrage, ob er die Abfragen also auf Neugier zurückgeführt habe, hat der Zeuge Becker geant-

wortet:

„Ja, es ließ sich auch anhand der Personen oder der Abteilungen, wo die Abfragen herstammten, und
der Dienstorte insofern daraus schließen, ja.“1552

Der Zeuge Becker hat darüber hinaus dargestellt, dass der Leiter der Abteilung ZV, der Zeuge Hoffmann, sämt-

liche Führungskräfte darüber informiert habe, dass „der Beamte suspendiert sei“, weshalb eine entsprechende

Abfragehäufigkeit Sinn ergebe.1553 Danach befragt, ob auch Abfragen im Zeitraum vor der Durchsuchung durch-

geführt worden seien, hat der Zeuge Becker angegeben:

„Nein, ich glaube, der 12. April war der Tag, an dem er den ersten Tag nicht mehr im Dienst war, und
soweit ich weiß, war da im Nachgang eine Häufigkeit und dann später eine Häufigkeit, als es den
entsprechenden Eintrag aus Rheinland-Pfalz gab. Da gab es noch mal - - und dann, glaube ich, noch
eine Häufigkeit, als die staatsanwaltliche Abschlussverfügung erging. Was im Einzelnen auf den Tag
genau vorher passiert ist, kann ich Ihnen nicht sagen.“1554

Der Zeuge Meyer hat zum Hintergrund der Abfragen geäußert:

„Es dürfte sich ungefähr nach meiner Erinnerung so um den Bereich von 80 Personen gehandelt haben.
Ein Großteil war - man muss leider sagen - reine Neugier.“1555

C. Ermittlungen gegen Sebastian Edathy in Niedersachsen

I. Erkenntnisanfrage des Bundeskriminalamtes vom 15. Oktober 2013

Am 15. Oktober 2013 versandte die Zeugin Kriminalhauptkommissarin Greiner die Erkenntnisanfrage mit der

Betreffzeile „131015 - OP SELM - Verdacht auf Erwerb und Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Inter-

net“1556 per E-Mail unter anderem an das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen.1557

1551 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 40.
1552 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 40.
1553 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 41.
1554 Becker, Protokoll-Nr. 28, S. 41.
1555 Meyer, Protokoll-Nr. 28, S. 53.
1556 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 266 f., E-Mail der Zeugin Greiner mit dem Betreff: „131015 – OP SELM – Verdacht auf Erwerb und

Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“ vom 15. Oktober 2013, 12.57 Uhr; näher hierzu Zweiter Teil A.2.
1557 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 8, E-Mail der Zeugin Greiner mit dem Betreff: „131015 - OP SELM - Verdacht

auf Erwerb und Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“ vom 15. Oktober 2013, 12.57 Uhr; MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2,

Drucksache 18/6700 – 386 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

1. Zeitpunkt des Eingangs beim Landeskriminalamt Niedersachsen

Der Header der im Landeskriminalamt eingegangenen E-Mail enthält lediglich ein Feld mit der Bezeichnung

„Gesendet“, das folgenden Inhalt hat:

„Gesendet: Dienstag, 15. Oktober 2013 12:57“1558

Weitere Header-Daten, aus denen der Zeitpunkt des Eingangs im Landeskriminalamt ersichtlich wäre, sind den

Akten nicht zu entnehmen. Das Landeskriminalamt Niedersachsen leitete die mit der E-Mail übermittelte Er-

kenntnisanfrage am 15. Oktober 2013 bereits um 14.40 Uhr weiteren Polizeidienststellen des Landes Nieder-

sachsen zu.1559

2. Adressat der Erkenntnisanfrage innerhalb des Landeskriminalamtes

Die E-Mail mit der Erkenntnisanfrage des Bundeskriminalamtes vom 15. Oktober 2013 war für das Land Nie-

dersachsen an die E-Mail-Adresse „[…]@lka.polizei.niedersachsen.de“ adressiert.1560 Dabei handelte es sich

um ein sogenanntes Funktionskonto der „Ansprechstelle Kinderpornografie“ im Landeskriminalamt Nieder-

sachsen.1561 Diese Ansprechstelle Kinderpornografie ist Teil des Dezernats 38 (Zentralstelle IuK-Kriminalität

(Cybercrime)) des Landeskriminalamtes Niedersachsen.1562

3. Bearbeitung der Erkenntnisanfrage durch das Landeskriminalamt Niedersachsen

a) Aufbereitung der Personendaten durch das Landeskriminalamt Niedersachsen

Im Landeskriminalamt, Dezernat 38, bearbeitete Kriminalhauptkommissar (KHK) Michael Schillig die vom

Bundeskriminalamt eingegangene E-Mail.1563

Der per E-Mail übersandten Erkenntnisanfrage aus dem Bundeskriminalamt lag eine Tabelle mit insgesamt 136

zu überprüfenden Personendaten bei - unter anderem denen von Sebastian Edathy.1564 Die Personendaten über-

mittelte das Bundeskriminalamt in Form von zwei Excel-Dateien an das Landeskriminalamt.1565

Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 13 f., Schreiben des LKA Niedersachsen mit dem Betreff: „Ermittlungsverfahren gegen Herrn Edathy; hier: Mitteilung
von Erkenntnissen/Verfahrensschritten in dieser Angelegenheit“ vom 17. Februar 2014.

1558 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 8, E-Mail der Zeugin Greiner mit dem Betreff: „131015 - OP SELM - Verdacht
auf Erwerb und Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“ vom 15. Oktober 2013, 12.57 Uhr.

1559 Näher zur gesteuerten Weiterleitung der Erkenntnisanfrage unten, S. Zweiter Teil C.3.
1560 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 8, E-Mail der Zeugin Greiner mit dem Betreff: „131015 - OP SELM - Verdacht

auf Erwerb und Besitz von Kinder-/Jugendpornografie im Internet“ vom 15. Oktober 2013, 12.57 Uhr.
1561 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (144), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA

Niedersachsen vom 25. Februar 2014.
1562 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (143), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA

Niedersachsen vom 25. Februar 2014.
1563 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (144), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA

Niedersachsen vom 25. Februar 2014.
1564 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 268 ff., Tabellarische Aufstellung.
1565 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 268 ff., Tabellarische Aufstellung.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 387 – Drucksache 18/6700
Die vom Bundeskriminalamt mit der Erkenntnisanfrage an das Landeskriminalamt übermittelten Personendaten

enthielten auch Daten von Personen in Niedersachsen. Diesbezüglich findet sich in einem Bericht der Abteilung

2 des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 25. Februar 2014 folgender Hinweis:

„Für Niedersachsen wurden in diesem Zusammenhang zwei Listen mit jeweils 8 darin aufgeführten
Personen übersandt. In einer waren 8 Personen aufgeführt, die im Verdacht standen, kinder- oder ju-
gendpornografische Erzeugnisse nach Kategorie I erworben zu haben. In der zweiten Liste waren 8
Personen aufgeführt, die nicht strafrechtlich relevantes Material erworben haben sollen (Kategorie II).
Der Name von Herrn Edathy ist in dieser vom BKA übersandten Lise aufgeführt.“1566

Im Landeskriminalamt Niedersachsen wurde die Personenliste von Kriminalhauptkommissar Schillig1567 auf die

insgesamt 16 in Niedersachsen identifizierten Personen „reduziert“.1568 Das Landeskriminalamt schildert die

Aufbereitung der Personendaten in einem Steuerungsvermerk wie folgt:

„[…] Zum Versand per Epost wurden die ursprünglich anliegenden Tabelle nach Treffern NI selek-
tiert und in PDF umgewandelt.“1569

In einem vom Land Niedersachsen übersandten Verzeichnis über Personen, die vom Fall Edathy Kenntnis er-

langt haben,1570 findet sich unter dem Datum vom 15. Oktober 2013 der Name von Kriminalhauptkommissar

Schillig.1571 In einem Kriminalhauptkommissar Schillig zugeordneten Spalteneintrag mit der Überschrift „Ge-

sprächspartner/Ereignis“ ist in der Tabelle vermerkt:

„E-Post BKA

Baum, Uwe, Leiter FK 1, PI NI / SHG

Information der ersuchenden Dienststelle

Der Leiter des FK 1 (NI / SHG) teilt mit, dass sich in der o.a. ‚Erkenntnisanfrage zu tatverdächtigen
Personen‘ der Name des damaligen MdB Edathy befindet.“1572

b) Steuerungsvermerk des Landeskriminalamtes Niedersachsen

Zudem wurde dem Textteil der per E-Mail übermittelten Erkenntnisanfrage des Bundeskriminalamtes folgender

Steuerungsvermerk vorangestellt:

„EINFACH
15.10.2013 14:40:46

1566 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 2, Ordner 6, lfd. Nr. 2, Bl. 38 (39), Bericht der Abteilung 2 des Niedersächsischen MI „Erkenntnislage im
Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Herr Edathy (MdB a. D.)“ vom 25. Februar 2014.

1567 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (144), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

1568 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 13 f., Schreiben des LKA Niedersachsen mit dem Betreff: „Ermittlungsverfahren
gegen Herrn Edathy; hier: Mitteilung von Erkenntnissen/Verfahrensschritten in dieser Angelegenheit“ vom 17. Februar 2014.

1569 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 2, Bl. 1 (2), Gesteuerte Erkenntnisanfrage des BKA vom 15. Oktober 2013.
1570 MAT A-Nds 18(27)9-4 (neu); näher zu diesem Personenverzeichnis Zweiter Teil XIX.
1571 MAT A-Nds 18(27)9-4, Bl. 1 (2), Verzeichnis von Personen in bestimmten niedersächsischen Behörden, die bis zur Durchführung von Durch-

suchungen bei Sebastian Edathy am 10. Februar 2014 Kenntnis hatten.
1572 MAT A-Nds 18(27)9-4, Bl. 1 (2), Verzeichnis von Personen in bestimmten niedersächsischen Behörden, die bis zur Durchführung von Durch-

suchungen bei Sebastian Edathy am 10. Februar 2014 Kenntnis hatten.

Drucksache 18/6700 – 388 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

ni hannover lka
ID.: nilka 144046:1510

Bereich 01:
ni
01 diepholz pi (1. fk)
02 hannover zkd (1.3 k)
03 harburg pi (1.fk)
[unleserlich wg. Lochung] hildesheim pi (pi / 1.fk)
[unleserlich wg. Lochung] lingen pi (emsland pi / 1.fk)
[unleserlich wg. Lochung] nienburg pi (1. fk)
07 soltau pi (heidekreis pi / 1. fk)
08 stade pi (1. fk)
09 verden pi (1. fk)

Bereich 2:
10 […]@lka.polizei.niedersachsen.de

Bereich 3:

Betreff: OP SELM – Verdacht auf Erwerb und Besitz von Kinder-/ Jugendpornografie im Internet

-- gesteuert durch Hannover, LKA, Dez. 38 – Ansprechstelle KiPo, i.A. Schillig --

Zusatz:
Mit der Bitte um direkte Beantwortung an das BKA unter Angabe der OP-Namens.
Das LKA NI bitte ich hierbei nachrichtlich zu beteiligen.
Zum Versand per Epost wurden die ursprünglich anliegenden Tabelle nach Treffern NI selektiert
und in PDF umgewandelt.

Erreichbarkeit der Ansprechstelle Kinderpornografie im LKA NI:

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 389 – Drucksache 18/6700

Tel.: [Angabe von zwei Telefonnummern, Anm.]
Fax: [Angabe einer Faxnummer, Anm.]
eMail: […]@lka.polizei.niedersachsen.de“1573

c) Gesteuerte Weiterleitung

Die Erkenntnisanfrage einschließlich des Steuerungsvermerks und der aufbereiteten Liste im PDF-Format wur-

den als E-Post über die „formelle Kommunikationsschnittstelle ‚EPost810‘“1574 weitergeleitet. In einem Bericht

der Abteilung 2 des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 25. Februar 2014 wird die Wei-

terleitung der Erkenntnisanfrage wie folgt geschildert:

„Vom LKA Niedersachsen ist die Nachricht mit den Listen der für Niedersachsen identifizierten Per-
sonen am 15.10.2013 unmittelbar an die Fachkommissariate 1 der für den jeweiligen Wohnsitz zu-
ständigen Polizeiinspektionen (PI) weitergeleitet worden, u. a. unmittelbar an die für den Wohnsitz
von Herrn Edathy zuständige PI Nienburg/Schaumburg (1. Fachkommissariat). Darüber hinaus waren
die PI Diepholz, PI Verden, PI Harburg, PI Soltau, PI Stade, PI Lingen, PI Hildesheim sowie der
Zentraler Kriminaldienst, 1.3 K der Polizeidirektion Hannover angeschrieben […].“1575

Zudem ist im Steuerungsvermerk folgende E-Mail-Adresse als weiterer Adressat benannt:

„[…]@lka.polizei.niedersachsen.de“ 1576

Die Zeugin Wiegand hat in ihrer Vernehmung klargestellt, dass nicht das Bundeskriminalamt darüber entscheide,

an welche Adressaten innerhalb eines Landes Erkenntnisanfragen versandt werden:

„Und dann muss aber das LKA letzten Endes entscheiden -das ist auch bei jedem LKA unterschiedlich
-, inwiefern die das dann eben an die PDen steuern oder direkt an die örtliche Polizei. Das wird ganz
unterschiedlich gehandhabt.

[…]

Das geben wir nicht vor, nein.“1577

1573 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 2, Bl. 1 (1 f.), Gesteuerte Erkenntnisanfrage des BKA vom 15. Oktober 2013.
1574 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 2, Ordner 11, lfd. Nr. 13, Bl. 67 (68), Schreiben der PD Göttingen vom 17. April 2014 mit dem Betreff:

„Fragenkatalog der CDU-Landtagsfraktion zur ‚Affäre Edathy‘“.
1575 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 2, Ordner 6, lfd. Nr. 2, Bl. 38 (39), Bericht der Abteilung 2 des Niedersächsischen MI „Erkenntnislage im

Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Herr Edathy (MdB a. D.)“ vom 25. Februar 2014.
1576 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 2, Bl. 1 (1), Gesteuerte Erkenntnisanfrage des BKA vom 15. Oktober 2013.
1577 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 55 f.

Drucksache 18/6700 – 390 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

4. Bearbeitung der Erkenntnisanfrage im 1. Fachkommissariat des Zentralen Kriminaldienstes der Polizei-
inspektion Nienburg/Schaumburg

a) Eingang der Erkenntnisanfrage in der
Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg

Die E-Post des Landeskriminalamtes Niedersachsen, mit der die Erkenntnisanfrage des Bundeskriminalamtes

an die genannten Polizeidienststellen in Niedersachsen gesteuert wurde, ging um 14.40 Uhr1578 in der Polizeiin-

spektion Nienburg/Schaumburg zunächst in der Fernschreibstelle ein.1579 Den weiteren Verlauf beschreibt ein

Bericht der Polizeidirektion Göttingen vom 25. Februar 2014, der seinerseits auf Berichterstattung aus der Poli-

zeiinspektion Nienburg/Schaumburg beruhte:

„Von der Fernschreibstelle der PI Nienburg / Schaumburg wurde dieses Fernschreiben nebst Anlage
intern elektronisch an das zuständige Fachkommissariat 1 des Zentralen Kriminaldienstes (ZKD) wei-
tergeleitet. […]“1580

b) Das 1. Fachkommissariat der Polizeiinspektion Nienburg Schaumburg

Leiter des 1. Fachkommissariats des Zentralen Kriminaldienstes ist der Zeuge Erster Kriminalhauptkommissar

(EKHK) Uwe Baum. Dessen Vorgesetzter ist der Leiter des Zentralen Kriminaldienstes, Kriminaldirektor (KD)

Thorsten Walter.1581 Im 1. Fachkommissariat sind nach Angaben des Zeugen Baum elf Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter tätig.1582 Zur Zuständigkeit des 1. Fachkommissariats führte der Zeuge Baum in seiner Vernehmung

aus:

„Wenn man sich die großen Phänomenbereiche anguckt, dann sind wir für die Bekämpfung der Straf-
taten gegen das Leben zuständig, also Mord, Totschlag, schwere Gewaltkriminalität, die sexuelle
Selbstbestimmung. Darunter finden wir dann auch den Kindesmissbrauch oder die Bekämpfung der
Kinderpornografie, Waffen- und Sprengstoffdelikte sowie Branddelinquenz.“1583

c) Sichtung des Inhalts der Erkenntnisanfrage im 1. Fachkommissariat

Im Fachkommissariat 1 sichtete Polizeioberkommissar (POK) Nils Hellmerichs die eingegangene E-Post.1584

Dem Bericht der Polizeidirektion (PD) Göttingen vom 25. Februar 2014 zufolge hatte die eingegangene E-Post

folgenden Inhalt:

1578 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 19.
1579 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 2, Ordner 10, lfd. Nr. 12, Bl. 39 (39), Schreiben der PD Göttingen mit Betreff: „Landtagsbefassung im

Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren gegen Herrn Sebastian Edathy (MdB a. D.)“ vom 25. Februar 2014.
1580 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 2, Ordner 10, Bl. 39 (39), Schreiben der PD Göttingen mit Betreff: „Landtagsbefassung im Zusammenhang

mit dem Ermittlungsverfahren gegen Herrn Sebastian Edathy (MdB a. D.)“ vom 25. Februar 2014.
1581 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 18.
1582 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 18.
1583 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 18.
1584 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 222 ff., Dienstliche Erklärung des Zeugen Baum an die Staatsanwaltschaft

Lüneburg vom 6. Juni 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 391 – Drucksache 18/6700

„Am Dienstag, den 15.10.2013, ist bei der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg ein Fernschreiben
des Bundeskriminalamts, Zentralstelle Kinderpornografie, mit einer Erkenntnisanfrage zu verschiede-
nen Personen eingegangen. Die in Frage stehenden Personendaten befanden sich in einem Anhang des
Fernschreibens in Form zweier Excel-Tabellen [Schreibweise im Original, Anm.]. Dieses Fernschrei-
ben hatte einen Steuerungsvermerk des LKA Niedersachsen, Dezernat 38, vom gleichen Tage.“ 1585

Der Zeuge Baum hat in seiner Vernehmung folgende Angaben zum Inhalt der E-Post gemacht:

„[…] Das Fernschreiben gliederte sich in, ich sage mal, personenbezogene Massendaten. Es gab dort
verschiedene Kategorien von Kunden, die hier aus diesem Ursprungsverfahren ‚Spade‘ bekannt ge-
worden waren. Und es gab Kategorie 11 und 12, wo strafrechtliche Relevanz unmittelbar erkannt
worden ist, weil kinder- oder jugendpornografisches Material bezogen wurde. […]“1586

Erster Kriminalhauptkommissar Baum hat ferner die Stelle näher beschrieben, an der der Name von Sebastian

Edathy in der vom Landeskriminalamt Niedersachsen gesteuerten E-Post aufgeführt war:

„[…] Und es gab eine zweite Kategorie, Kategorie 2; unter dieser tauchte halt der Name Edathy auf,
wo eine strafrechtliche Relevanz des Bildmaterials oder Videomaterials noch nicht erkannt worden
ist, wo man aber gleichwohl den Anfangsverdacht für einen strafrechtlichen Verstoß sah. […]“1587

5. Identifizierung von Sebastian Edathy im 1. Fachkommissariat der Polizeiinspektion Nienburg/Schaum-
burg

Im Zuge der Sichtung der Erkenntnisanfrage stieß Polizeioberkommissar Nils Hellmerichs vom 1. Fachkommis-

sariat des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg auf den Namen von Sebas-

tian Edathy.1588 In einem Bericht der Polizeidirektion Göttingen wird dessen Entdeckung wie folgt geschildert:

„Dort stellte ein Beamter im Rahmen der Einsichtnahme in die dem Fernschreiben beigefügten Listen
der tatverdächtigen Personen die Personalien des damaligen MdB Sebastian Edathy fest.“1589

a) Unterrichtung des Leiters des 1. Fachkommissariats, Erster Kriminalhauptkommissar Baum

Polizeioberkommissar Hellmerichs unterrichtete, nachdem er den Namen von Sebastian Edathy in den der Er-

kenntnisanfrage beigefügten Listen entdeckt hatte, seinen Vorgesetzten, den Leiter des 1. Fachkommissariats,

Erster Kriminalhauptkommissar Baum. Der Zeuge Baum hat zu dieser Unterrichtung im Rahmen seiner Verneh-

mung ausgeführt:

„[…] Ich bin an diesem Nachmittag ungefähr gegen 15.30 Uhr von einem Kommissariatsangehörigen
unmittelbar in meinem Büro angesprochen worden, der mich über den Eingang dieser E-Post - die war
unterschrieben halt: Bekämpfung der Kinderpornografie, OP, steht für Operation, ‚Selm‘, und kam
aus dem Bundeskriminalamt, war über unser niedersächsisches Landeskriminalamt gesteuert worden
- informiert hat, weil er den anliegenden Tabellenanhang zur Kenntnis genommen hatte, und hat dort

1585 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 2, Ordner 10, lfd, Bl. 39 (39), Schreiben der PD Göttingen mit Betreff: „Landtagsbefassung im Zusammen-
hang mit dem Ermittlungsverfahren gegen Herrn Sebastian Edathy (MdB a. D.)“ vom 25. Februar 2014.

1586 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 9.
1587 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 9.
1588 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 222 ff., Dienstliche Erklärung des Zeugen Baum an die Staatsanwaltschaft

Lüneburg vom 6. Juni 2014.
1589 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 2, Ordner 10, lfd. Nr. 12, Bl. 39 (39), Schreiben der PD Göttingen mit Betreff: „Landtagsbefassung im

Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren gegen Herrn Sebastian Edathy (MdB a. D.)“ vom 25. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 392 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

unmittelbar realisiert, dass der Name von Herrn Edathy sich in einer der beigefügten Tabellen befand.
[…]“1590

Nach der Unterrichtung durch Polizeioberkommissar Hellmerichs habe er, der Zeuge Baum, veranlasst, dass

„[…] diese elektronische Nachricht aus unserem Eingangspostfach entfernt wurde. Das habe ich mei-
nes Erachtens selbst gemacht, habe sie in ein Verzeichnis verschoben, das nur mir zugänglich war
[…].“1591

Zum Versendungsweg der Erkenntnisanfrage hat der Zeuge Baum ausgeführt:

„Ich persönlich war schon sehr erstaunt, dass man diese Personalie so, ich sage jetzt einfach mal, auch
offen transportiert. Das verbietet sich meiner Einschätzung nach.“1592

b) Kenntnisnahme weiterer Beamter des 1. Fachkommissariats

Nach Angaben des Zeugen Baum in einer schriftlichen Stellungnahme vom 6. Juni 2014 hat am 15. Oktober

2013 auch Kriminalhauptkommissar (KHK) Jörg Mielke Kenntnis vom Inhalt der E-Post erlangt. In seiner Ver-

nehmung hat der Zeuge Baum dies konkretisiert:

„[…] Zum Kreis der Mitwisser: In meinem Kommissariat - hatte ich ja bereits benannt -: Es hat mich
ein Kollege, ein Oberkommissar, unmittelbar angesprochen. Der wiederum hatte auch mit einem zwei-
ten Kollegen gesprochen, ein Hauptkommissar. […]“1593

Er selbst, der Zeuge Baum, habe zudem seinen Stellvertreter, Kriminalhauptkommissar Jürgen Schröder, über

den Sachverhalt in Kenntnis gesetzt.1594

Auf die Frage, ob seinem Kollegen die Notwendigkeit einer restriktiven Handhabung der erlangten Information

klar gewesen sei, hat der Zeuge ausgeführt:

„[…] Und ich habe natürlich auch den Kollegen, die nun davon Kenntnis hatten – […] Denen ist allen
klar von mir gesagt worden, dass das geheim zu halten ist und dass darüber nicht geredet wird. Das ist
aber in unserem Arbeitsfeld nichts Ungewöhnliches, dass man Dinge vertraulich behandelt.“1595

c) Unterrichtung der Vorgesetzten in der
Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg

Der Zeuge Baum unterrichtete auch seinen direkten Vorgesetzten, Kriminaldirektor Thorsten Walter:

„[…] [U]nd habe dann des Weiteren meinen unmittelbaren Vorgesetzten, also den Leiter des Zentra-
len Kriminaldienstes, Herrn Kriminaldirektor Walter, von dem Umstand dieser eingehenden E-Post
informiert. […]“1596

1590 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 9.
1591 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 9.
1592 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 19.
1593 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 10.
1594 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 222 ff., Dienstliche Erklärung des Zeugen Baum an die Staatsanwaltschaft

Lüneburg vom 6. Juni 2014; Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 15.
1595 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 15.
1596 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 9.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 393 – Drucksache 18/6700
Kriminaldirektor Walter informierte seinerseits den Leiter der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg, Zeuge

Leitender Polizeidirektor Frank Kreykenbohm:

„Im Rahmen meiner Beratungspflicht empfahl ich, unseren Herrn Polizeipräsidenten hierüber eben-
falls in Kenntnis zu setzen, verbunden mit der weiteren Empfehlung, von dort aus auch den Minister
zu informieren.“1597

In seiner Vernehmung schilderte der Zeuge Kreykenbohm die Unterrichtung durch Kriminaldirektor Walter fol-

gendermaßen:

„Also, erfahren habe ich am selben Tag. Uhrzeit kann ich mich nicht mehr dran erinnern. Aber am
selben Tag hat mich der Leiter des Zentralen Kriminaldienstes darüber informiert, dass wir einen ent-
sprechenden Eingang gehabt haben.“1598

Zum Zeitpunkt der Unterrichtung gab er an:

„Das wäre jetzt fast fahrlässig. Würde eher auf Nachmittag tippen, aber ich weiß nicht mehr.“1599

6. Rückmeldung an das Landeskriminalamt Niedersachsen

a) Verständigung über das weitere Vorgehen im 1. Fachkommissariat

Im weiteren Verlauf gab es innerhalb der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg eine Abstimmung des weite-

ren Vorgehens. Der Zeuge Kreykenbohm hat dazu in seiner Vernehmung ausgeführt:

„Wir haben uns erst mal mit dem Leiter ZKD, der mich darüber informiert hat, natürlich ob der Situ-
ation unterhalten, die ja schon eine besondere ist mit Blick auf den Namen - Herr Edathy ist bei uns ja
im Zuständigkeitsbereich auch Abgeordneter gewesen; von daher schon, denke ich: im Hinblick der
Brisanz auch zu gucken, wie wir damit umgehen -, und haben uns dann im Grunde genommen so weit
verständigt, dass wir gesagt haben: ‚Also, auf der einen Seite, das ist schon ein Vorgang mit einer
entsprechenden Brisanz‘, und haben dann auch den Leiter des FK 1 mit einbezogen, sodass wir dann
zum Ergebnis gekommen sind, zu sagen: ‚Das wird ein Vorgang sein oder ist ein Vorgang‘ - so haben
wir es zumindest bewertet -, ‚den wir nicht in der Inspektion bearbeiten sollten‘, sondern da die Über-
legung: Das ist eine Sache, da müsste sich eigentlich das LKA drum kümmern.

Das Zweite war dann natürlich, auch noch mal zu gucken: Wo gibt es welche Informationspflichten?
Das war zumindest meine Überlegung auch. Das heißt, dass ich dann noch meinen Polizeipräsidenten
darüber informiert habe und natürlich auch, dass wir uns Gedanken gemacht haben ob der Diskretion
dieses Vorgangs - Klammer auf: wer weiß im Grunde genommen darüber im Moment Bescheid? -
und dass es da natürlich ein Interesse gibt, dass diese Gruppe nicht noch größer wird.“1600

Seine Entscheidung über weitere Kontakte hat der Zeuge Kreykenbohm wie folgt wiedergegeben:

„[…] Und ich habe mich dann entschieden und gesagt, das Gespräch - das habe ich dann auch bei uns
so intern verkündet - mit der Behörde führe ich, das mache ich mit Herrn Kruse persönlich, er muss

1597 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 221, Vermerk Kriminaldirektor Walter vom 17. Februar 2014.
1598 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 35.
1599 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 35.
1600 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 35.

Drucksache 18/6700 – 394 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

dann gucken, wen er informieren will, muss, kann, und wir koppeln das lediglich auf Sachbearbeiter-
ebene zurück, nämlich Herr Baum mit der Kollegin im LKA und auch mit der Ansprechstelle; Dezer-
nat 38 war das, glaube ich, im LKA.“1601

b) Weitergabe der Information durch den Ersten Kriminalhauptkommissar Baum an das Lan-
deskriminalamt

Der Leiter des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg, Kriminaldirektor Wal-

ter, bat Erster Kriminalhauptkommissar Baum, „umgehend“1602 Kontakt mit dem Landeskriminalamt Nieder-

sachsen aufzunehmen, um eine Übernahme der weiteren Verfahrensbearbeitung durch das Landeskriminalamt

zu erreichen, „obwohl eine sachliche und örtliche Zuständigkeit der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg –

ZKD- gegeben“ gewesen sei.1603

Als Grund für diese Bitte gab Kriminaldirektor Walter in einem Vermerk vom 17. Februar 2014 an, er habe eine

Bearbeitung auf Ebene einer Polizeiinspektion für nicht angemessen erachtet, weil schon am 15. Oktober 2013

erkennbar gewesen sei, dass mit

„[…] ziemlicher Sicherheit eines Tages wegen der bereits stattgefundenen breiten Beteiligung Er-
kenntnisse über das KIPO-Verfahren und Herrn Edathy an die Öffentlichkeit gelangen würden oder
aber spätestens anlässlich der ebenfalls absehbaren Durchsuchungen bei Herrn Edathy ein extremes
Medieninteresse gegeben sein würde [...]“.1604

Der Zeuge Erster Kriminalhauptkommissar Baum informierte – nach Angaben der Polizeidirektion Göttingen –

am 15. Oktober 2013 das Dezernat 38 beim Landeskriminalamt Niedersachsen fernmündlich über die Entde-

ckung des Namens von Sebastian Edathy.1605 Der Zeuge Baum hat die Unterrichtung des Landeskriminalamtes

in seiner Vernehmung wie folgt geschildert:

„[…] Ob ich an diesem Tage [am 15. Oktober 2013, Anm.] jetzt noch mit unserem LKA, das für die
Steuerung dieser E-Post verantwortlich war - es waren ja, ich meine, neun niedersächsische Polizeiin-
spektionen angeschrieben, also wir plus acht weitere - - vermag ich jetzt mit Sicherheit nicht mehr zu
sagen. Allerdings habe ich spätestens am nächsten Morgen dann ein Telefonat auch mit dem LKA,
und zwar mit der Ansprechstelle Kinderpornografie, mit einem KHK Schillig, geführt. […]“1606

Der Zeuge Baum hat hierzu in seiner Vernehmung weiter ausgesagt:

„Ich hatte ja eingangs dann auch schon mal gesagt, dass ich mir heute nicht mehr ganz sicher bin, ob
ich nach dem Telefonat mit der Kollegin Greiner im BKA auch unmittelbar noch am 15. mit dem LKA
gesprochen habe - da bin ich mir heute nicht mehr schlüssig - oder ob dann das erste Telefonat erst
am 16. stattgefunden hat, morgens zu Dienstbeginn. Eigentlich bin ich geneigt, anzunehmen, dass ich
gleich noch am 15. angerufen habe.

Herr Walter hat sich halt die Informationen - - hat er zur Kenntnis genommen und hat - - Ihm war es
dann halt sehr wichtig, auch unmittelbar, ich sage mal, mich dahin gehend anzuleiten, dem LKA schon

1601 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 41.
1602 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 221, Vermerk Kriminaldirektor Walter vom 17. Februar 2014.
1603 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 221, Vermerk Kriminaldirektor Walter vom 17. Februar 2014.
1604 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 221, Vermerk Kriminaldirektor Walter vom 17. Februar 2014.
1605 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 20 f., Schreiben der PD Göttingen an das Niedersächsische Ministerium für Inneres

und Sport vom 17. Februar 2014.
1606 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 9.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 395 – Drucksache 18/6700

mal zu avisieren, dass sie in eine Bearbeitungszuständigkeit kommen, weil halt - ich sage es ja - poli-
tische Brisanz oder auch das öffentliche Interesse an dem Fall dann vielleicht für eine Polizeiinspek-
tion in unserer Größenordnung dann doch zu groß sein könnte.“1607

Am 16. Oktober 2013 um 7.42 Uhr kontaktierte der Zeuge Baum Kriminalhauptkommissar Schillig vom Dezer-

nat 38 des Landeskriminalamtes Niedersachsen per E- Mail erneut und leitete die E-Mail der Zeugin Greiner1608,

die er am 15. Oktober 2013 um 16.45 Uhr erhalten hatte, zur dortigen Kenntnis an diese weiter.1609 Die E-Mail

vom 16. Oktober 2013 um 7.42 Uhr enthielt überdies folgende Anregung:

„[…]Von hier wird angeraten, auch den AL 4 vorab zu informieren (und ihm nette Grüße auszurich-
ten) […].“1610

Auf Nachfrage in seiner Vernehmung hat der Zeuge Baum diese Anregung erläutert:

„Also, der Abteilungsleiter 4 im niedersächsischen Landeskriminalamt, das ist halt der Leiter der po-
lizeilichen Staatsschutzabteilung.“1611

Dieser habe ihn, den Zeugen Baum, im Laufe seines beruflichen Lebens „häufiger mal begleitet“1612.

Auf weitere Nachfrage hat der Zeuge Baum erklärt:

„Ja, für mich ging es halt um einen renommierten Bundespolitiker, und insofern fand ich es eigentlich
angebracht, dass dann auch der Leiter des polizeilichen Staatsschutzes in Niedersachsen Kenntnis da-
von hat.“1613

c) Weitermeldung innerhalb des Landeskriminalamtes

Am 16. Oktober 2013 meldete der stellvertretende Leiter des Dezernats 38 im Landeskriminalamt Niedersach-

sen, Kriminalhauptkommissar Gerhard Schmoll, seinem Vorgesetzten, dem Leiter des Dezernats 38, Kriminal-

oberrat Matthias Möhring per E-Mail, die in Cc. auch an Kriminalhauptkommissar Schillig, ebenfalls vom De-

zernat 38, ging, dass aufgrund einer Erkenntnisanfrage des Bundeskriminalamtes in der Operation „Selm“ be-

kannt geworden sei, dass Sebastian Edathy im Jahre 2006 für die Beschaffung von strafrechtlich nicht relevan-

tem Material im Zusammenhang mit Kindern mit seiner Kreditkarte bezahlt haben soII; Edathy sei für die SPD

im Bundestag und Vorsitzender des 2. NSU-Untersuchungsausschusses.1614 In der E-Mail heißt es weiter:

„[…] Das Verfahren ist nun vom BKA abgetrennt und an die Bundesanwaltschaft abgegeben worden.

Sollte das Verfahren in Niedersachsen bearbeitet werden, wird dies im LKA SG 38.2/Kip erfolgen.
Mit der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Hannover werden dahingehend Absprachen getroffen.

1607 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 20.
1608 Näher zu dieser E-Mail der Zeugin Greiner, S. Zweiter Teil C.7.c).
1609 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 162, E-Mail vom 16. Oktober 2013, 07.42 Uhr.
1610 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 162, E-Mail vom 16. Oktober 2013, 07.42 Uhr.
1611 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 24.
1612 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 25.
1613 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 25.
1614 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 161, E-Mail vom 16. Oktober 2013, 09.18 Uhr.

Drucksache 18/6700 – 396 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Problematisch könnte sein, das [Schreibweise im Original, Anm.] die Erkenntnisanfrage an alle 16
LKÄ geschickt worden ist, da die Person Edathy beim BKA nicht als MdB identifiziert worden war.

Der AL 3 wurde umgehend persönlich in Kenntnis gesetzt […].“1615

d) Kontakt des Landeskriminalamtes Niedersachsen mit dem Bundeskriminalamt

Am 16. Oktober 2013 kontaktierte Kriminalhauptkommissar Schillig die Zeugin Greiner,1616 die dies wie folgt

beschrieben hat:

„[…] Ich bin dann am nächsten Tag ins Büro gekommen. Ich hatte dann morgens um 8 Uhr einen
Anruf vom Landeskriminalamt Niedersachsen, von einem Kollegen von der Ansprechstelle Kinder-
pornografie, der mir zunächst sagte, ihnen sei der Name bei der Weiterleitung auch nicht aufgefallen
in der Liste, sie wüssten jetzt eben auch vom Sachverhalt. Er hat mir dann gesagt, dass die Staatsan-
waltschaft Hannover dafür zuständig wäre, weil das eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft sei, und um
8.11 Uhr hat er mir dann noch mal eine Mail geschickt mit der Anschrift der Staatsanwaltschaft Han-
nover, wobei das für mich ja zweitrangig war, weil ich wusste, ich werde den Vorgang sowieso über
die ZIT abgeben wie alle Vorgänge eigentlich. […]“1617

e) Rückmeldung des Landeskriminalamtes Niedersachsen

Nach den Angaben des Zeugen Baum in seiner Vernehmung durch den Ausschuss teilte das Landeskriminalamt

Niedersachsen im weiteren Verlauf mit, dass gegebenenfalls notwendige weitere Ermittlungen im Landeskrimi-

nalamt stattfinden sollten. Der Zeuge hat hierzu ausgeführt:

„Noch in der Woche um den 15.10. - das war, meine ich, ein Dienstag -, also noch in dieser gleichen
Woche, bekam ich telefonisch, meine ich, die Mitteilung vom KHK Schillig, von der Ansprechstelle
aus dem LKA, dass eine Sachbearbeitung, wenn denn ein Ermittlungsverfahren im strafrechtlichen
Sinne das LKA erreicht oder Niedersachsen erreicht, im Landeskriminalamt stattfinden wird.“1618

7. Kommunikation des Zeugen Erster Kriminalhauptkommissar Baum mit dem Bundeskriminalamt am 15.
und 16. Oktober 2013

a) Telefonat des Zeugen Baum mit der Zeugin Greiner am 15. Oktober 2013

Am 15. Oktober 2013 um 15.21 Uhr informierte der Zeuge Baum die Zeugin Greiner vom Bundeskriminalamt

telefonisch darüber, dass der Name von Sebastian Edathy in den übersandten Listen aufgetaucht sei. In einer im

Bundeskriminalamt zu den Ereignissen erstellten Chronologie findet sich zu diesem Anruf folgender Eintrag:

1615 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 161, E-Mail vom 16. Oktober 2013, 09.18 Uhr.
1616 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (145), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA Nie-

dersachsen vom 25. Februar 2014.
1617 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 14.
1618 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 20.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 397 – Drucksache 18/6700

„Hinweis, dass sich MdB EDATHY in einer
der übersandten Listen befindet. Nachfrage SO12, ob es sich definitiv um den MdB handelt
Ob Anschrift stimmt > Bestätigung“1619

Der Zeuge Baum hat dieses Telefonat wie folgt geschildert:

„[…] ich bin mir auch ziemlich sicher, dass dieses Telefonat dann auch unmittelbar nach der Informa-
tion durch meinen Kollegen Herrn Hellmerichs in dessen Beisein stattgefunden hat. Und ich meine
mich auch sicher erinnern zu können, dass ich Frau Greiner nach einer kollegialen Begrüßung dann
die Information habe zukommen lassen: Wisst ihr eigentlich, wer sich in diesem Tabellenanhang 2
befindet? Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages. - Also,
das werde ich ihr schon sehr deutlich mitgeteilt haben.“1620

Er, der Zeuge Baum, habe der Zeugin Greiner zudem gesagt:

„[…] Beraten Sie sich bitte mit Ihren vorgesetzten Stellen zum weiteren Prozedere.“1621

Die Zeugin Greiner führte im Rahmen ihrer Vernehmung zu dem Telefonat aus:

„[…] Ich habe dann um 15.21 Uhr einen Rückruf bekommen vom Leiter vom Fachkommissariat 1 der
PI Nienburg/Schaumburg, der eigentlich direkt fragte: Wissen Sie, wer Sebastian Edathy ist? - Ich war
in der Datenbank drin, und ich habe natürlich direkt aufgerufen, ob ich ihn drin habe, und sagte: ‚Oh
Gott, sind Sie sicher, ist es wirklich der Sebastian Edathy?‘, was er mir dann auch versichert hat. Er
fragte schlichtweg, wie wir jetzt mit dem Vorgang umgehen: Ich solle es eben an meine Hierarchie
transportieren und dass wir uns dann noch mal kurzschließen, wie es mit dem Vorgang weitergeht. Es
war für uns klar: Das wird jetzt kein ganz normaler Vorgang werden. […]“1622

Die Reaktion der Zeugin Greiner hat der Zeuge Baum wie folgt dargestellt:

„Also, ich denke, dass diese Information für die Mitarbeiterin des BKA neu war und dass sie die
Brisanz dieser Personalie dann auch bei diesem ersten Anruf schon realisieren konnte und hat.“1623

b) E-Mail des Zeugen Baum an die Zeugin Greiner am 15. Oktober 2013

Am 15. Oktober 2013 um 15.42 Uhr schickte der Zeuge Baum eine E-Mail mit folgendem Inhalt an die Zeugin

Greiner:

„Hallo Kollegin Greiner,

unter Bezugnahme auf unser Telefonat von eben bitte ich Sie, die Angelegenheit zunächst mit Ihrer
Dezernatsleitung zu erörtern.

Als Ansprechpartner für das weitere Procedere stehen bei der PI NI/SHG der Leiter des ZKD, Herr
KD Walter (Durchwahl: […]) und der Uz. zur Verfügung.

Für Sie zur Recherche:

1619 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 23 ff., Chronologie in Sachen Edathy innerhalb des Bundeskriminalamtes zur Vorbereitung der Sitzung
des Innenausschusses vom 19. Februar 2014.

1620 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 29.
1621 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 29.
1622 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 13.
1623 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 29.

Drucksache 18/6700 – 398 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete17/biografien/E/edathy_sebastian.html

http://www.edathy.de

http://de.wikipedia.org/wiki/Sebastian Edathy

--

Mit freundlichen Grüßen

im Auftrag

[…]“1624

Der Zeuge Baum hat in seiner Vernehmung seiner Erinnerung an diese E-Mail wiedergegeben:

„[…] Genau. Also, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich am 15. der Frau Greiner schon in einer E-Mail
geantwortet habe. Die habe ich sehr schnell versandt, irgendwann kurz vor 16 Uhr, meine ich. Das
wird sich aus den Unterlagen ersehen lassen. Und ich habe in dieser E-Mail nur ganz kurz die Adressen
der beiden Wahlkreisbüros beigefügt. […]“1625

c) E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Baum am 15. Oktober 2013

Am selben Tag um 16.45 Uhr antwortete die Zeugin Greiner dem Zeugen Baum mit folgender E-Mail:

„Hallo Kollege Baum,

ich habe das weitere Vorgehen mit meinen Vorgesetzen und insb. mit der noch zuständigen GenStA
in Frankfurt am Main – Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) abgesprochen.
Dort tendiert man dahin, den Vorgang von GenStA zu GenStA, also an die in Niedersachsen zustän-
dige GenStA abzugeben. Genaueres klärt der zuständige Staatsanwalt aber gerade noch mit seiner
Hierarchie ab (auch zu einer möglichen Aufhebung der Immunität) und meldet sich morgen bei mir.

Zur eindeutigen Identifizierung würde ich Sie um Übersendung eines EMA-Auszugs zu EDATHY
bitte. Dann würde ich die Akte noch diese Woche fertig machen und an die GenStA in Frankfurt/Gie-
ßen schicken.

Ansonsten bitte ich Sie, aktuell keine weitere Maßnahmen zu treffen und den Vorgang weiter restriktiv
zu behandeln.

Ich würde mich dann morgen noch einmal telefonisch bei Ihnen melden.

Mit freundliche Grüßen

im Auftrag

1624 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 4, Bl. 6 f., E-Mail des Zeugen Baum an die Zeugin Greiner vom 15. Oktober 2013, 15.42
Uhr.

1625 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 12.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 399 – Drucksache 18/6700

[…]“1626

Der Zeuge Baum hat seine Erinnerung an die Bitte um Einholung einer Meldeauskunft im Rahmen seiner Ver-

nehmung wiedergegeben:

„[…]

Und sie ersuchte mich nur noch darum, ihr für die Personalie Edathy Meldedaten zu liefern. In dem
Fernschreiben war die Hausnummer 1 A ausgewiesen, in Rehburg-Loccum. […]“1627

II. Überprüfung der Meldeverhältnisse Edathys beim Einwohnermeldeamt Rehburg-Loc-
cum am 15. und 16. Oktober 2013

1. Beauftragung des Zeugen Lange (Polizeistation Rehburg-Loccum) durch Ersten Kriminalhauptkommis-
sar Baum am 16. Oktober 2013

Mit der von der Zeugin Greiner erbetenen Einholung eines „EMA-Auszugs“ zu Sebastian Edathy beauftragte

Erster Kriminalhauptkommissar Baum den Leiter der Polizeistation Rehburg-Loccum, Zeuge Polizeihauptkom-

missar (PHK) Frank Lange.1628 Der Zeuge Baum hat die Beauftragung des Zeugen Lange in seiner Vernehmung

geschildert:

„[…] Ich habe dann an diesem Morgen den Leiter der Polizeistation Rehburg-Loccum - das ist der
Polizeihauptkommissar Herr Lange - angerufen und habe ihn gebeten, persönlich - ja, also, das Ein-
wohnermeldeamt, die Gemeinde, liegt quasi vis-à-vis der Polizeistation, ebenso wie die Wohnan-
schrift des Herrn Edathy - bei der Gemeinde ganz kurz eine Meldeauskunft einzuholen. […]“1629

a) Aufgaben der Polizeistation Rehburg-Loccum – insbesondere im Verhältnis zum 1. Fach-
kommissariat der Polizeiinspektion Nienburg-Schaumburg

Die zum Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg gehöhrende Polizeistation Reh-

burg-Loccum ist im Ortsteil Rehburg in unmittelbarer Nähe des Einwohnermeldeamtes der Stadt Rehburg-Loc-

cum gelegen.1630

Die Zuständigkeit des 1. Fachkommissariats der Polizeiinspektion Nienburg/Schamburg im Verhältnis zur Po-

lizeistation Rehburg-Loccum hat der Zeuge Baum wie folgt dargestellt:

„Die Polizeistation steht nicht im Unterstellungsverhältnis quasi in der Dienst- und Fachaufsicht eines
Fachkommissariats oder eines Zentralen Kriminaldienstes, sondern wir sind so organisiert, dass wir
auf der einen Seite halt den Zentralen Kriminaldienst - Kriminalitätsbekämpfung - haben und auf der
anderen Seite den Einsatz- und Streifendienst. Und darunter gliedert sich dann als nachgeordnete

1626 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 4, Bl. 6 f., E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Baum vom 15. Oktober 2013, 15.42
Uhr.

1627 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 10.
1628 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 235 f., Schriftliche Stellungnahme des Zeugen Lange vom 26. Februar 2014.
1629 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 10.
1630 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 10.

Drucksache 18/6700 – 400 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Dienststelle auch die Polizeiinspektion Rehburg-Loccum. Sie ist angebunden an ein Polizeikommis-
sariat in Stolzenau, und das wiederum gehört dann zur PI-Leitung, zur Leitung der Polizeiinspek-
tion.“1631

b) Keine Nennung des Grundes für die Einholung der Melderegisterauskunft durch den Zeugen
Lange

Sowohl der Zeuge Lange als auch der Zeuge Baum gaben an, der Zeuge Baum habe dem Zeugen Lange den

Grund für die Einholung der Melderegisterauskunft zu Sebastian Edathy – Abgleich der Meldedaten zur Beant-

wortung der Erkenntnisanfrage des Bundeskriminalamtes vom 15. Oktober 20131632 – nicht genannt.1633

Der Zeuge Lange hat angegeben, der Zeuge Baum habe ihm am Telefon gesagt:

„[…] Frank, frag nicht, worum es geht. Vergiss meinen Anruf gleich wieder. Besorg mir den, und lass
mir den zukommen. […]“1634

Der Zeuge Baum hat auf Nachfrage bestätigt:

„[…] Ich habe Herrn Lange definitiv nicht den Grund meiner Anfrage mitgeteilt.“1635

Der Zeuge Lange hat des Weiteren erklärt, aus dem Telefonat mit dem Zeugen Baum sei für ihn „in keinster Art

und Weise“1636 erkennbar gewesen, dass Ermittlungen Hintergrund der Bitte um die Einholung einer Einwoh-

nermeldeauskunft zu Sebastian Edathy sein könnten. Er habe auch keinen „Ermittlungsgrund“1637 vermutet.

Seine eigenen Überlegungen zu dem Grund für die Einholung der Melderegisterauskunft hat der Zeuge Lange

folgendermaßen geschildert:

„[…] Nach fast 30 Dienstjahren spekuliere ich nicht mehr so viel. Weil wenn ein Vorgesetzter anruft
und sagt: ‚Besorg mir das mal, und frag nicht nach‘, dann kann ich mir vielleicht meine Gedanken
machen in irgendeiner Form. Ich habe mir insofern Gedanken gemacht: Bundestagswahl war gerade
gewesen, und es wurde dann ja zu dem Zeitpunkt eigentlich auch gemunkelt, dass für Herrn Edathy
in irgendeiner Form vielleicht höhere Aufgaben bestimmt gewesen wären. So ist ja damals, ich sage
mal, Stand der Dinge gewesen, denke ich mal, wenn ich das so verfolgen konnte. Und, muss ich ganz
ehrlich sagen, das war für mich der Aufhänger in dem Moment, dass da in irgendeiner Form eine
Auskunft diesbezüglich --“1638

An anderer Stelle hat der Zeuge Lange dies in seiner Vernehmung ergänzt:

„Gegebenenfalls, wie vorhin schon mal angesprochen wurde, vielleicht Personenschutz in irgendeiner
Form, dass Personenschutz vielleicht - - Also, wie gesagt: Das war ja nun einen Monat oder noch nicht
mal einen Monat danach, und es stand überall zu lesen, dass Herr Edathy gegebenenfalls eine Karriere

1631 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 19.
1632 Näher zum Ersuchen des Bundeskriminalamts, S. Zweiter Teil C.7.c).
1633 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 8; Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 10.
1634 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 8.
1635 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 12.
1636 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 15.
1637 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 26.
1638 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 14.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 401 – Drucksache 18/6700

macht. Und das war für mich, wie gesagt, in dem Moment die einzige Erklärung dafür, warum diese
Auskunft eingefordert worden ist.“1639

Der Zeuge Lange hat folgende Begründung dafür gegeben, warum er der Bitte um Einholung der Meldeaus-

künfte nachgekommen sei, ohne den Grund hierfür zu kennen:

„Ja, wie gesagt: Es kommt aus dem eigenen Hause eine Anfrage von einem Kommissariatsleiter. Der
bittet mich darum, dass ich das mache. Und - wie soll ich das sagen? - Befehl und Gehorsam in dem
Moment.“1640

Der Zeuge Baum hat folgende Angaben zum Grund der Beauftragung des Zeugen Lange gemacht:

„[…] [I]ch habe zum Telefon gegriffen und habe meinen Kollegen, zu dem ich Vertrauen habe, gebe-
ten, das für mich zu machen - ich hatte es auch schon mal erwähnt -, auch wissend, dass Herr Lange
natürlich die Mitarbeiter bei der Gemeindeverwaltung gut kennt, dass Herr Lange, ich sage mal, die
Wohnsituation von Herrn Edathy kennt. Und es liegen auch zwischen Rehburg-Loccum und Nienburg
- jetzt kann ich nicht in Google Maps gucken - aber schlichte 20 Kilometer, was für mich dann auch
wieder mit Zeitverzug verbunden gewesen wäre, wenn ich mir das Objekt hätte selbst angucken wol-
len.“1641

Er hat zudem sein Vorgehen näher erläutert:

„[…]Aber es ist bei uns in der Polizeiinspektion eigentlich gang und gäbe, dass ich beispielsweise
auch bei Angestellten, die Zugriff auf das Nienburger Einwohnermeldeamtsregister haben bei uns im
Hause - und Nienburg meine ich damit originär - - denen erzähle ich nie bei einer EMA-Abfrage,
welches Strafverfahren dort nun Hintergrund ist und welche Tagebuchnummer. […]“1642

c) Datum und Zeitpunkt der Beauftragung

Im Rahmen einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem Leiter der Polizeiinspektion Nienburg/Schaum-

burg, dem Zeugen Leitender Polizeidirektor Frank Kreykenbohm, vom 26. Februar 2014 schilderte der Zeuge

Lange, im Oktober 2013 habe ihn der Zeuge Baum mit der Einholung der Meldeauskunft beauftragt. 1643 Das

genaue Datum sei ihm nicht mehr bekannt. 1644

Im Rahmen seiner Vernehmung hat der Zeuge Lange zum Zeitpunkt der Beauftragung durch den Zeugen Baum

erklärt:

„[…] Ich hatte in meiner Stellungnahme geschrieben, dass ich das Datum nicht mehr genau wusste,
aber es muss der 16. Oktober gewesen sein. […]“ 1645

Die Uhrzeit der Beauftragung hat er beschrieben:

1639 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 29.
1640 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 26.
1641 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 22.
1642 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 16.
1643 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 235 f., Schriftliche Stellungnahme des Zeugen Lange vom 26. Februar 2014.
1644 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 235 f., Schriftliche Stellungnahme des Zeugen Lange vom 26. Februar 2014.
1645 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 8.

Drucksache 18/6700 – 402 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] In der Mittagszeit rief mich der Herr Baum aus Nienburg an und bat mich darum, beim Einwoh-
nermeldeamt, was also genau vis-à-vis unserer Wache liegt, mal den aktuellen Meldestatus des Herrn
Edathy zu erfragen […].“1646

In einer dienstlichen Erklärung vom 6. Juni 2014 führte der Zeuge Baum aus, er habe den Zeugen Lange „ver-

traulich mit der Abklärung der Meldeverhältnisse sowohl am 15. Oktober als auch am 10. Februar“1647 betraut.

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Baum zu Datum und Uhrzeit der Beauftragung ausgeführt:

„[…] Also, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich am 15. der Frau Greiner schon in einer E-Mail geant-
wortet habe. Die habe ich sehr schnell versandt, irgendwann kurz vor 16 Uhr, meine ich. Das wird
sich aus den Unterlagen ersehen lassen. Und ich habe in dieser E-Mail nur ganz kurz die Adressen der
beiden Wahlkreisbüros beigefügt.

Und am nächsten Morgen erhielt ich von Frau Greiner zum Dienstbeginn einen Anruf, wo sie mich
dann gebeten hat, ihr die Meldeverhältnisse mitzuteilen. Und da habe ich dann, glaube ich, Herrn
Lange morgens angerufen am 16. Oktober, 7.30 Uhr, 7.40 Uhr ungefähr - weiß nicht, sehr früh zum
Dienstbeginn -, und habe ihn gebeten, diese Informationen für mich einzuholen.“1648

d) Inhalt der Beauftragung

Der Zeuge Lange legte in einer schriftlichen Stellungnahme vom 26. Februar 2014 gegenüber dem Leiter der

Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg, dem Zeugen Leitender Polizeidirektor Frank Kreykenbohm, dar, wie

der Zeuge Baum ihn mit der Einholung der Meldeauskunft beauftragt habe:

„Im Oktober 2013, das genaue Datum ist mir nicht mehr bekannt, rief mich der Leiter des Fachkom-
missariats 1 der PI Nienburg, Herr EKHK Baum auf hiesiger Dienststelle an. Er bat mich, für ihn beim
Einwohnermeldeamt der Stadt Rehburg-Loccum zu ermitteln, wie die Meldesituation des Bundestags-
abgeordneten Sebastian Edathy sei. Er bat um die Beschaffung eines Melderegistersauzugs. Ermitt-
lungen an der Anschrift seien nicht notwendig und wurden auch nicht durchgeführt.

Er sagte weiterhin, ich möge ihm den Auszug beschaffen, danach solle ich seinen Anruf und seinen
Ermittlungsauftrag sofort wieder vergessen.

Herr Baum nannte mir keine Gründe für den Ermittlungsauftrag

Ich suchte daraufhin persönlich das Einwohnermeldeamt der Stadt Rehburg-Loccum auf und erhielt
dort auf Nachfrage von der Sachbearbeiterin […] einen Ausdruck des Melderegisters für Herrn Eda-
thy.

Den Ausdruck ließ ich dann Herrn Baum in einem verschlossenen Kuvert zukommen.

[…]“1649

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Lange hierzu ausgeführt:

1646 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 8.
1647 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 222 (223), Dienstliche Erklärung des Zeugen Baum an die Staatsanwaltschaft

Lüneburg vom 6. Juni 2014; Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 15.
1648 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 12.
1649 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 235 f., Schriftliche Stellungnahme des Zeugen Lange vom 26. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 403 – Drucksache 18/6700

„[…] [Herr Baum] bat mich darum, beim Einwohnermeldeamt, was also genau vis-à-vis unserer Wa-
che liegt, mal den aktuellen Meldestatus des Herrn Edathy zu erfragen, und dazu wollte er dann ein
Schriftstück haben, also eine Meldeauskunftsbescheinigung. […]“1650

Auf Nachfrage, ob eine telefonische Auskunft ausgereicht hätte, hat er erklärt:

„[…] Nein, er hätte schon gerne was Schriftliches, ein Papier in der Hand.“1651

Der Zeuge Baum hat den Inhalt des Ersuchens an den Zeugen Lange wie folgt beschrieben:

„[…] Ich habe dann an diesem Morgen den Leiter der Polizeistation Rehburg-Loccum - das ist der
Polizeihauptkommissar Herr Lange - angerufen und habe ihn gebeten, persönlich - ja, also, das Ein-
wohnermeldeamt, die Gemeinde, liegt quasi vis-à-vis der Polizeistation, ebenso wie die Wohnan-
schrift des Herrn Edathy - bei der Gemeinde ganz kurz eine Meldeauskunft einzuholen. […]“1652

2. Einholung einer Melderegisterauskunft zu Sebastian Edathy beim Einwohnermeldeamt der Stadt Reh-
burg-Loccum durch den Zeugen Lange

a) Rechtliche Grundlage der Einholung einer Melderegisterauskunft

Die Übermittlung von Inhalten aus dem Melderegister an Behörden ist in § 29 des Niedersächsischen Meldege-

setzes (NMG) mit der Bezeichnung „Datenübermittlungen an andere Behörden oder sonstige öffentliche Stellen“

geregelt. Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Melderegisterauskunft ist § 33 NMG mit der Bezeichnung

„Melderegisterauskunft“.

Auf die Frage, aus welchem Grund er lediglich eine einfache, nur vier Daten umfassende Meldeauskunft einge-

holt habe, obwohl er zur Einholung von Daten nach § 29 NMG befugt gewesen sei, aufgrund derer er bis zu 13

Daten erhalten hätte, hat der Zeuge Lange geantwortet:

„Die ist mir von [der Sachbearbeiterin, Anm.] so mitgeteilt worden. Ich habe gesagt oder nachgefragt,
wie das aussieht: Ich hätte gerne Auskunft, was Schriftliches darüber, wo Herr Edathy zurzeit einwoh-
nermeldetechnisch gemeldet ist. Und da habe ich diese Auskunft dann bekommen.“1653

Eine Auskunft gemäß § 29 NMG habe die Sachbearbeiterin beim Einwohnermeldeamt nicht angeboten.1654

b) Einholung der Auskunft durch den Zeugen Lange

aa) Datum und Zeitpunkt der Einholung der Auskunft

Der Zeuge Lange hat in seiner Vernehmung Angaben zum Zeitpunkt der Einholung des Melderegisterauszugs

im Einwohnermeldeamt der Stadt Rehburg-Loccum gemacht:

1650 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 8.
1651 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 29.
1652 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 10.
1653 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 29.
1654 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 29.

Drucksache 18/6700 – 404 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Das muss kurz vor - - so gegen zwölf gewesen sein, Mittagszeit. Bin rübergegangen und habe
mir diesen Auszug geholt bei der zuständigen Sachbearbeiterin beim Einwohnermeldeamt, habe diese
Meldebescheinigung dann per Fax-to-Mail bei mir auf den Computer gebracht, sage ich mal, und habe
ihm den dann als Mail zugeschickt. Und das Original habe ich dann in einem verschlossenen Umschlag
per Dienstpost - am nächsten Tag war das dann - ihm zukommen lassen. - Mehr kann ich zu dieser
Geschichte am 16. Oktober nicht sagen.“1655

Auf Nachfrage, ob er sich hinsichtlich der Datums 16. Oktober 2013 sicher sei, hat der Zeuge Lange mitgeteilt:

„[…] Meinen Auszug meiner Dienstzeiten habe ich mitgebracht. Kann ich auch gerne zur Verfügung
stellen. Ich muss nur gerade gucken, wo das hier ist. - Da. Also am Dienstag, den 15., hatte ich Mehr-
dienstvergütung. Da bin ich nicht da gewesen.“1656

Die Uhrzeit, zu der er am 16. Oktober 2013 die Auskunft eingeholt habe, hat der Zeuge wie folgt wiedergegeben:

„Also, ich habe mein Zeitkonto noch mal durchgeguckt. Ich hatte Frühschicht. Und aufgrund der Tat-
sache, dass das Einwohnermeldeamt am Mittwoch - das war ja ein Mittwoch - ab halb eins Feierabend
macht und ich da noch jemanden angetroffen habe, muss es in irgendeiner Form - - Also, ich bin der
Meinung, zwischen 11.45 und 12.30.“1657

bb) Art und Weise der Auskunftserteilung

Den Ablauf der Auskunftserteilung im Einwohnermeldeamt der Stadt Rehburg-Loccum hat der Zeuge Lange

wie folgt geschildert:

„[…] ich habe jetzt gesagt oder nachgefragt: Ich bräuchte einen schriftlichen Auszug über die Wohn-
adresse des Herrn Edathy. - Ich wusste es ja letztendlich. Oder persönlich konnte sie es mir ja sagen,
[Straßenname] 1, aber habe dementsprechend ein Schriftstück bekommen.“1658

Zu den Möglichkeiten des unmittelbaren Zugriffs auf und der unmittelbaren Abfrage von Meldedaten durch die

Polizeistation Rehburg-Loccum erklärte der Zeuge Lange Folgendes:

„Also, manche Gemeinden oder Städte stellen das der Polizei online zur Verfügung, eins zu eins zeit-
lich umgesetzt. Bei uns ist es so: Wir kriegen seitens der Stadt eine CD zugestellt, quartalsmäßig, wo
dann dementsprechend die Einwohnermeldedaten drauf sind. Ist natürlich dann dementsprechend so,
mit der Zeit oder zum Ende des Quartals hin ist es nicht mehr ganz aktuell.“1659

Auf die Frage, ob der Zeuge Baum, ihm, dem Zeugen Lange, nahegelegt habe, persönlich zum Einwohnermel-

deamt zu gehen, führte der Zeuge Lange aus:

„Nein, das nicht. Aber bevor ich angerufen hätte und sie mir das rübergeschickt hätte, gerade so in
Anbetracht der Tatsache, dass sie kurz vor Feierabend waren, bin ich rübergegangen. […]“1660

Zur Nachfrage, ob dieses Vorgehen der Normalfall sei, hat der Zeuge Lange bekundet:

1655 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 8.
1656 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 27.
1657 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 8, 12.
1658 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 15.
1659 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 23.
1660 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 15.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 405 – Drucksache 18/6700

„Also, wir haben schon relativ häufig Kontakt. Normalerweise ruft man an, oder in den allermeisten
Fällen ruft man an, fragt nach: Wohnt er da und da noch? - Denn dann reicht mir das grundsätzlich.“1661

c) Nachfragen und Vermutungen zum Grund der Einholung des Meldeauskunft

Den Angaben des Zeugen Lange zufolge sprach dieser – außer mit dem Zeugen Baum und der Auskunft ertei-

lenden Mitarbeiterin des Einwohnermeldeamts der Stadt Rehburg-Loccum – mit niemanden über den Vorgang

„Melderegisterauskunft“.1662

Er hat des Weiteren auf die Frage, ob das Einwohnermeldeamt sich nach dem Grund für die Einholung der

Melderegisterauskunft zu Sebastian Edathy erkundigt habe, erklärt:

„Nein. Also, in dem Fall jetzt nicht.“1663

Den Hintergrund der nachfragelosen Erteilung der Auskunft erläuterte der Zeuge Lange wie folgt:

„[…] Das ist ja, wenn ich das so sagen darf, eigentlich der Vorteil - in Anführungsstrichen -, wenn
man die örtliche Polizei denn - - Ja, vieles automatisiert sich vielleicht auch so ein bisschen: Wenn der
anfragt, dann wird er wohl schon eine Berechtigung haben.“1664

Der Zeuge Baum hat in seiner Vernehmung auf Nachfrage folgende Überlegungen wiedergegeben:

„[…] Sie müssen sich dieses kleinstädtische Miteinander vorstellen: Rathaus gegenüber der Polizei-
station. Und ich denke, dass Herr Lange beispielsweise ein häufiger Gast in der Gemeindeverwaltung
ist. Und insofern wird sein Erscheinen keinesfalls aufgefallen sein, diente vielleicht dann eher sogar
noch der Vertarnung, hätte ich jetzt fast gesagt. Und dass Herr Lange dort die Einwohnermeldesitua-
tion von Herrn Edathy überprüft, das kann mannigfaltige Gründe, beispielsweise auch irgendwelche
Belange des Objektschutzes, zum Hintergrund gehabt haben. Also, ich denke auch, dass man in der
Gemeindeverwaltung nicht nachgedacht hat. Und ich nehme einfach an, dass Herr Lange auch hinter-
her jetzt nicht über mein Ansinnen erstaunt war und gedacht hat: Was wollte denn nun der Herr Baum
von mir? - Denn wir beiden haben dann bis zum Februar auch nie wieder darüber gesprochen.“1665

3. Die Melderegisterauskunft der Stadt Rehburg-Loccum vom 16. Oktober 2013

a) Gestaltung der Melderegisterauskunft

Die Stadt Rehburg-Loccum hat unter dem Datum des 16. Oktober 2013 eine im Wesentlichen wie folgt darge-

stellt ausgestaltete Melderegisterauskunft erteilt:

„Stadt Rehburg-Loccum
Der Bürgermeister

[Wappen der Stadt Rehburg-Loccum, Anm.]

1661 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 15.
1662 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 14, 28.
1663 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 21.
1664 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 29.
1665 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 23.

Drucksache 18/6700 – 406 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

[Absenderangaben, Anm.]

Sprechzeiten:
Montag bis Freitag: 08.30 Uhr–12.00 Uhr

Montag bis Mittwoch: 14.00 Uhr–15.30 Uhr
Donnerstag: 14.00 Uhr–18.00 Uhr

Herrn
Sebastian Edathy
[Straßenname] 1
31547 Rehburg-Loccum

Ihr Zeichen:
Ihre Nachricht vom:
Mein Zeichen: 33.1.1. - Me
Datum: 16.10.2013

Einfache Melderegisterauskunft

Sehr geehrte Damen und Herren

in Beantwortung Ihrer Anfrage teile ich mit, dass

Edathy, Sebastian

mit nachstehenden Anschriften gespeichert ist:

- im Zuständigkeitsbereich:
31547 Rehburg-Loccum OT Rehburg,
[Straßenname] 1 (Hauptwohnung)
[handschriftlicher Zusatz, Anm:]
seit 23.04.2003

- außerhalb des Zuständigkeitsbereiches:
[…] Berlin Mitte, [Straßenname] 47A (Nebenwohnung)

Bemerkungen:

Mit freundlichen Grüßen

i.A.

[Unterschrift und Dienstsiegel, Anm.]

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 407 – Drucksache 18/6700

[Bankverbindungen in der Fußzeile, Anm.]“1666

Der Zeuge Lange bestätigte in seiner Vernehmung, dass es sich bei dieser Melderegisterauskunft um die von

ihm am 16. Oktober 2013 beim Einwohnermeldeamt der Stadt Rehburg-Loccum eingeholte Auskunft han-

dele.1667

b) Handschriftlicher Zusatz

Zu dem handschriftlichen Zusatz auf der Melderegisterauskunft führte er aus:

„Ich bin der Meinung, dass [die Auskunft erteilende Mitarbeiterin des Einwohnermeldeamtes der Stadt
Rehburg-Loccum, Anm.] den eingetragen hat, dass er seitdem da seine Hauptwohnung hat. […]“

„[…]Sie hat das ja ausgedruckt, hat mir das dann gegeben und hat dann dazugeschrieben, dass er seit
dem 23.04. da - -“1668

c) Adressierung der Auskunft

Auf die Frage, ob es üblich sei, dass derjenige, über dessen Meldedaten Auskunft erteilt werde, im Adressfeld

einer Melderegisterauskunft stehe, führte der Zeuge Lange aus:

„Muss ich jetzt passen. Bin ich überfragt. Ist mir auch noch gar nicht aufgefallen, wenn ich ehrlich
sein soll; jetzt, wo Sie es sagen.“1669

Der Zeuge Lange erklärte des Weiteren auf die Nachfrage, ob ihm bei Einholung der Auskunft seinerzeit aufge-

fallen sei, dass er selbst nicht in Bezug genommen werde:

„Habe ich mir keine Gedanken drum gemacht. Wie gesagt: Ich hatte den Auftrag, das Herrn Baum
möglichst schnell zukommen zu lassen – und das war es.“1670

Er bejahte zudem, auch die Auskunft erteilende Mitarbeiterin des Einwohnermeldeamtes habe dies seinerzeit

nicht thematisiert oder ihn darauf hingewiesen.1671

Der Zeuge Baum hat zu der Anbringung der Adresse von Sebastian Edathy auf dem Melderegisterauszug aus-

geführt:

„[…] Aber es ist aufgefallen, dass dort der Name Sebastian Edathy stand, und wir haben uns dann
gefragt und haben auch hinterfragt: Jetzt wird doch wohl Herr Edathy nicht auch angeschrieben wer-
den und quasi einen Abdruck dieser EMA-Auskunft erhalten? Und da ist dann, glaube ich - ich sage
jetzt ‚glaube ich‘, weil ich es nicht mehr sicher weiß -, von Herrn Lange mir halt noch mal bestätigt

1666 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 297, Einfache Melderegisterauskunft des Einwohnermeldeamtes Rehburg-Loccum vom 16. Oktober
2013.

1667 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 16.
1668 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 17.
1669 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 17.
1670 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 17.
1671 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 17.

Drucksache 18/6700 – 408 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

worden: Nein, das passiert automatisch so, und dieses Dokument ist nur halt für die behördlichen
Zwecke ausgedruckt oder ausgegeben worden.“1672

4. Übersendung der Melderegisterauskunft durch den Zeugen Lange an den Zeugen Baum

a) Inhalt der Übersendung

Der Zeuge Baum hat in seiner Vernehmung Angaben zu den Informationen gemacht, die ihm der Zeuge Lange

übermittelt habe:

„[…]Und ich bekam dann - am späten Vormittag, meine ich - einen Melderegisterauszug per Fax
übersandt. Und ich habe dann auch noch einige ergänzende Angaben erhalten, nämlich dass es sich
bei der Wohnanschrift halt um ein, ja, Wohn- und Geschäftsgebäude handelt. Außer einer Sparkas-
senfiliale befindet sich, glaube ich, ein Optikergeschäft im Erdgeschoss und mehrere Wohnungen dann
im Obergeschoss des Gebäudes. […]“1673

Zu den „ergänzenden Angaben“, die er vom Zeugen Lange erhalten habe, hat der Zeuge Baum überdies ange-

merkt:

„[…] Und das Zweite ist - ich hatte es gesagt -: Also, die Wohnanschrift von Herrn Edathy - - Die
Gemeindeverwaltung und die Dienststelle liegen quasi in einem Dreieck keine 50 Meter voneinander
entfernt, sodass er mir dann ja auch als Zweites noch mal Informationen zugeliefert hat zu der örtlichen
Gegebenheit, also der Wohnanschrift: Wie viele Personen sind da insgesamt gemeldet? - Ich sagte es.
- Wie sieht das an dem Objekt aus? Ist das eine reine Wohnanschrift, oder gibt es da auch noch Ge-
schäftsgebäude? - Diese Informationen habe ich von ihm ja auch erhalten. […]“1674

b) Art und Weise der Übersendung

Den Aussagen des Zeugen Lange zufolge, hat er die von der Stadt Rehburg-Loccum eingeholte Melderegister-

auskunft in Papierform als sogenanntes Fax-to-Mail wie folgt digitalisiert und die daraus entstandene Datei als

E-Mail an den Zeugen Baum übermittelt:

„[…] Bin rübergegangen und habe mir diesen Auszug geholt bei der zuständigen Sachbearbeiterin
beim Einwohnermeldeamt, habe diese Meldebescheinigung dann per Fax-to-Mail bei mir auf den
Computer gebracht, sage ich mal, und habe ihm [dem Zeugen Baum, Anm.] den dann als Mail zuge-
schickt. […]“1675

Mit dem Original sei er wie folgt verfahren:

„[…] Und das Original habe ich dann in einem verschlossenen Umschlag per Dienstpost - am nächsten
Tag war das dann - ihm zukommen lassen. […]“1676

Die Umstände dieses Postversands hat der Zeuge Baum beschrieben:

1672 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 16 f.
1673 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 10.
1674 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 11 f.
1675 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 8.
1676 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 8.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 409 – Drucksache 18/6700

„[D]as hatte ich unmittelbar mit Herrn Lange und nur mit Herrn Lange abgesprochen. Das Zeitfenster
zwischen der telefonischen Anfrage und dann dem Übermitteln der gewünschten Daten, das war ja im
Laufe eines Vormittags oder, ich sage mal, zwei oder drei Stunden, und ich hätte in dieser Zeit - - Jetzt
sage ich einfach mal: Weil ich auch nun der Kommissariatsleiter bin, habe ich mich in dieser Zeit
freigehalten für diese für mich elementar wichtigen Tätigkeiten. Und die Gefahr, auszurücken, bestand
insofern nicht.”1677

Der Zeuge Baum hat den Eingang des Originals wiedergegeben:

„[…] Auch hier könnte ich es jetzt nicht mehr beschwören, aber ich bin mir sehr sicher, dass Herr
Lange diesen Briefumschlag an mich persönlich - dann steht da auch ‚Persönlich‘ drauf - adressiert
hat. Und ich bin mir auch sehr sicher, dass ich diesen Briefumschlag ungeöffnet dann persönlich ge-
öffnet habe.“1678

Auf Nachfrage beim Zeugen Baum nach dem Verbleib des Originals hat dieser ausgeführt:

„[…] Wir werden dem BKA nichts nachgesandt haben. Ich denke, dass dann dieser Originalausdruck
bei den Unterlagen abgelegt wurde, die wir bei uns in der Dienstelle zur Personalie Edathy führen.“1679

Zum üblichen Lauf der Dienstpost führte der Zeuge Lange aus:

„[…] Also, die Dienstpost bei uns ist ein Kurierfahrer. Der fährt - - Also, wir sind von der Strecke her
der erste Anlaufpunkt. Dann werden die anderen Dienststellen abgeklappert - geht bis Hannover zum
LKA. Von da wird die Post wieder mit zurückgebracht nach Nienburg hin. Und wenn Herr Baum zum
Nachmittag - ich weiß nicht, um zwei, drei oder wann der Kurier zurück ist - noch im Dienst ist, dann
kriegt er das sicherlich noch auf den Tisch - spätestens am Freitag.“1680

Von der ihm erteilten Melderegisterauskunft habe er keine weiteren Kopien angefertigt.1681

Im Rahmen der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage der Fraktion der FDP im Niedersächsichen Landtag

führte die Niedersächsische Justizministerin Niewisch-Lennartz zum Verbleich des Originals der Melderegister-

auskunft aus:

„[…] Das Original der Einwohnermeldeauskunft der Stadt Rehburg-Loccum ist im Anschluss an die
Übertragung per Telefax von dem Leiter der Polizeistation Rehburg-Loccum in einem verschlossenen
Umschlag an den Leiter des Fachkommissariats 1 der PI Nienburg/Schaumburg übersandt worden.
Dieser hat das Dokument nach Erhalt sachgerecht vernichtet. […]“1682

c) Zeitpunkt der Übersendung - Angaben des Faxstempels

Der Zeitpunkt der Übersendung der digitalisierten Fassung der Melderegisterauskunft lag nach den Angaben des

Zeugen Lange nach seiner Rückkehr vom Einwohnermeldeamt:

„[…] Bin rübergegangen und habe mir diesen Auszug geholt bei der zuständigen Sachbearbeiterin
beim Einwohnermeldeamt, habe diese Meldebescheinigung dann per Fax-to-Mail bei mir auf den

1677 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 17.
1678 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 17.
1679 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 17.
1680 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 18.
1681 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 18.
1682 Niedersächsischer Landtag, Unterrichtung, Drucksache 17/3635.

Drucksache 18/6700 – 410 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Computer gebracht, sage ich mal, und habe ihm [dem Zeugen Baum, Anm.] den dann als Mail zuge-
schickt. […]“1683

Der Faxstempel aus dem Melderegisterauszug enthält in der Kopfzeile die Zeitangabe „14-Okt-2013

19:57“1684. Der Zeuge Lange hat hierzu ausgeführt:

„Leichter Aussetzer im Faxgerät.“1685

Der Zeuge hat dies im weiteren Verlauf seiner Vernehmung konkretisiert:

„[…] Die Technik ist ein wenig veraltet bei uns. Es gibt öfter mal einen Aussetzer. Und es ist in
irgendeiner Form unterblieben, zu schauen, ob das Datum tatsächlich noch aktuell ist am Faxgerät
oder mit der tatsächlichen Uhrzeit übereinstimmt.“1686

5. Übermittlung der Melderegisterauskunft an das Bundeskriminalamt und dessen Rückfragen

a) Versendung der Melderegisterauskunft per E-Mail am 16. Oktober 2013

Der Zeuge Baum übersandte die Melderegisterauskunft zu Sebastian Edathy1687, welche der Zeuge Lange ihm

übermittelt hatte, am 16. Oktober 2013 um 9.21 Uhr in Form einer PDF-Datei als Anlage einer E-Mail an die

Zeugin Greiner.1688 Der Zeuge Baum bezog sich in dieser E-Mail auf die bisherigen Absprachen zwischen ihm

und der Zeugin Greiner und übermittelte dieser neben der PDF-Datei der Melderegisterauskunft auch „die Bü-

roanschriften von Sebastian Edathy“1689. Im Einzelnen handelte es sich um die Anschriften, Telefon- und Fax-

nummern sowie die E-Mail-Adressen der Bürgerbüros in Nienburg und Stadthagen sowie des Bundestagsbüros

in Berlin. Zudem waren in der E-Mail die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den jeweiligen Büros aufge-

führt.1690

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Baum zudem ausgeführt:

„[…] Ich habe Herrn Lange nicht gesagt, worum es geht. Und ich bekam dann - am späten Vormittag,
meine ich - einen Melderegisterauszug per Fax übersandt. Und ich habe dann auch noch einige ergän-
zende Angaben erhalten, nämlich dass es sich bei der Wohnanschrift halt um ein, ja, Wohn- und Ge-
schäftsgebäude handelt. Außer einer Sparkassenfiliale befindet sich, glaube ich, ein Optikergeschäft
im Erdgeschoss und mehrere Wohnungen dann im Obergeschoss des Gebäudes.

Und diese Erkenntnis habe ich zusammen mit dem Melderegisterauszug dem BKA übermittelt, in
einer E-Mail wiederum, also einem Fernschreiben, wenn Sie so wollen. […]“1691

1683 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 8.
1684 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 297, Einfache Melderegisterauskunft des Einwohnermeldeamtes Rehburg-Loccum vom 16. Oktober

2013.
1685 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 19.
1686 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 19.
1687 Näher zu der Melderegisterauskunft, S. Zweiter Teil. C.3.
1688 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 294 (294), E-Mail des Zeugen Baum an die Zeugin Greiner vom 16. Oktober 2013, 09.21 Uhr.
1689 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 294 (294), E-Mail des Zeugen Baum an die Zeugin Greiner vom 16. Oktober 2013, 09.21 Uhr.
1690 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 294 (294), E-Mail des Zeugen Baum an die Zeugin Greiner vom 16. Oktober 2013, 09.21 Uhr.
1691 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 10.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 411 – Drucksache 18/6700

b) Telefonische Rückfragen des Bundeskriminalamtes zur Melderegisterauskunft

Im weiteren Verlauf des 16. Oktober 2013 meldete sich die Zeugin Greiner beim Zeugen Baum telefonisch mit

Rückfragen zu dessen E-Mail vom 16. Oktober 2013 um 9.21 Uhr.

Die Zeugin Greiner hat dies wie folgt geschildert:

„[…] Ich habe dann um 9.21 Uhr noch mal eine Mail aus Nienburg von dem Kommissariatsleiter
bekommen. Die enthielt dann diesen EMA-Auszug und noch Informationen zu den Büroanschriften
von Herrn Edathy. Ich hatte dann noch zwei, drei Rückfragen; die habe ich dann noch mal telefonisch
durchgegeben. Da wurde mir dann auch eine Rückmeldung zugesagt. […]“1692

Eine Chronologie des Bundeskriminalamtes zur Operation „Selm“ enthält hierzu unter dem Datum des 16. Ok-

tober 2013 folgenden Eintrag:

„Nachfrage zu missverständl. Briefkopf auf EMA-Auskunftsbogen (an MdB Edathy adressiert)

Dies sei ein Büroversehen. Nachfrage zu Hausnummernabweichung (1 bzw. 1a) bei Wohnanschrift
und Bitte um Übersendung der vollständigen Personalien (inkl. Familienstand etc.).“1693

Zu dem Umstand, dass Name und Adresse von Sebastian Edathy in der Melderegisterauskunft an einer Stelle

angebracht waren, an der üblicherweise das Adressfeld eines Briefes zu finden ist, hat der Zeuge Baum ausge-

sagt:

„[…] Allerdings ist natürlich der Umstand, dass dort oben, bei dieser EMA-Auskunft, die Wohnan-
schrift oder die Adresse des Herrn Edathy auftaucht, uns aufgefallen. Ob die mir nun aufgefallen ist
oder aber der Kollegin im BKA, der ich das ja übermittelt habe, das könnte ich Ihnen heute mit Si-
cherheit nicht mehr sagen. […]“1694

Der Zeuge Baum hat dies im weiteren Verlauf seiner Vernehmung ergänzt:

„Also, ich weiß, dass dieser Umstand, dass der Name oben im Adressfeld stand, Gegenstand einer
Rückfrage war. Ich kann Ihnen aber heute beim besten Willen nicht mehr sagen, wer mich gebeten
hat, dann das noch mal abklären zu lassen oder hinterfragen zu lassen. Und ich weiß jetzt auch nicht,
wann ich genau diese Frage dann mit Herrn Lange gegebenenfalls noch mal erörtert habe und ihn
gebeten habe, das noch mal zu hinterfragen. Also, dazu, zu diesem Vorgang, habe ich eigentlich keine
gute Erinnerung.“1695

Der Zeuge Lange hat auf die Frage, ob der Zeuge Baum wegen des Adressfeldes nochmals Rücksprache mit ihm

gehalten habe, geantwortet:

„[…] Nein, hat er nicht.“1696

1692 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 14.
1693 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 23 (25), Chronologie in Sachen Edathy innerhalb des Bundeskriminalamtes zur Vorbereitung der

Sitzung des Innenausschusses vom 19. Februar 2014.
1694 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 16.
1695 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 24.
1696 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 27.

Drucksache 18/6700 – 412 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Am 16. Oktober 2013 um 12.46 Uhr meldete sich der Zeuge Baum per E-Mail bei der Zeugin Greiner und teilte

folgendes mit:

„[…]

nachfolgend die ergänzenden Informationen.

Die wurden weitest gehend vom Leiter der Polizeistation Rehburg, PHK Lange erhoben und mitge-
teilt:

1. Die in der EMA-Auskunft eingetragene Anschrift des Herrn EDATHY stellt einen Bürofehler beim
Generieren der Auskunft dar und initiiert kein Anschreiben an den MdB.

2. Korrekt ist die postalische Anschrift [Straßenname] 1; ein Adresse mit der Hausnummer 3 D (so in
Onlinetelefonbüchern verzeichnet) ist nicht existent.

3. vollständiger Personendatensatz:

Sebastian EDATHY, 05.09.1969 in Hannover Staatsangehörigkeit deutsch ledig

4. Objektinformationen

MdB Edathy bewohnt in dem Büro- und Geschäftsgebäude (nach hies. Kenntnis) allein eine Wohnung
im Obergeschoss des Gebäudes. Vorhanden sind zwei weitere Wohnungen. Insgesamt sind fünf Per-
sonen im Objekt amtlich gemeldet. Im Erdgeschoss befindet sich eine Sparkassenfiliale und ein Opti-
ker-Fachgeschäft.

[…]“1697

III. Weitergabe der Information durch Leitenden Polizeidirektor Kreykenbohm an den Poli-
zeipräsidenten Kruse

Nachdem er über die Identifizierung von Sebastian Edathy in den Listen aus der Erkenntnisanfrage des Bundes-

kriminalamtes von Kriminaldirektor Walter unterrichtet worden war, informierte der Zeuge Kreykenbohm seinen

Vorgesetzten, den Polizeipräsidenten Göttingen, Zeuge Robert Kruse telefonisch über diesen Vorgang. In einer

vom Land Niedersachsen im Wege der Amtshilfe übersandten Aufstellung von Personen, die Kenntnis davon

hatten, dass sich der Name von Sebastian Edathy in den vom Bundeskriminalamt zur Operation „Selm“ über-

sandten Listen befindet, ist der Zeuge Kruse enthalten.1698 Unter der Spaltenüberschrift „Gesprächspartner/Er-

eignis“ findet sich dort für Polizeipräsident Kruse folgender Eintrag:

„Vortrag Ltd. PD Kreykenbohm. Leiter der PI NI /SHG

Information des Linienvorgesetzten

1697 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 299, E-Mail des Zeugen Baum an die Zeugin Greiner vom 16. Oktober 2013, 12.46 Uhr.
1698 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 1 ff., Personenverzeichnis.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 413 – Drucksache 18/6700

Der Leiter der PI NI/SHG teilt mit, dass sich in der o.a. ‚Erkenntnisanfrage zu tatverdächtigen Perso-
nen‘ der Namen des damaligen MdB Edathy befindet.“1699

1. Zeitpunkt des Telefonats

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Kreykenbohm angegeben, er habe den Polizeipräsidenten Kruse „am selben

Tag“ informiert.1700 Der Zeuge Kruse hat zum Zeitpunkt des Telefonats in seiner Vernehmung erklärt:

„Ich hatte zunächst noch Zweifel, ob das am 15. oder vielleicht am Folgetag gewesen war. Ich hatte
mich seinerzeit schon, weil wir auch Landtagsanfragen zu dem Thema hatten, auch mal mit Herrn
Kreykenbohm in Verbindung gesetzt, und er hat sich nachher eigentlich festgelegt. Ja, sagt er, ich bin
sicher, dass ich es am 15. gemacht habe. Ich denke mal, das wird dann auch stimmen. Also, ich hätte
jetzt nicht ganz genau den Tag selbst aus der Erinnerung benennen können. Aber so wird es sein.“1701

Zur Tages- und Uhrzeit hat der Zeuge Kreykenbohm erklärt:

„[…] Ich meine, es war schon dunkel, aber gegen - - Das war auf alle Fälle in der zweiten Hälfte des
Tages und eher so Richtung 16, 17. Aber auch das ist jetzt - - Also, am Ende: Ich weiß es nicht genau,
die Uhrzeit.“1702

Der Zeuge Kruse führte dazu aus:

„Ist schwierig. Ich sagte ja: nachmittags oder abends. Ich kann die Uhrzeit leider nicht weiter festma-
chen.“1703

2. Übermittelte Informationen

Der Zeuge Kreykenbohm hat den Inhalt der von ihm an den Polizeipräsidenten Kruse übermittelten Information

wie folgt wiedergegeben:

„Also, ich habe den Werdegang - - Also, das ist ja im Grunde genommen - - Der Ausgangspunkt ist
ja vom BKA. Es ist ja dann vom LKA eigentlich weitergesteuert worden dann adressatengerecht an
die jeweiligen Inspektionen, die in Niedersachsen betroffen waren. Und im Grunde genommen diesen
- - Also, letztendlich über den Werdegang, in welcher Form uns dieser Vorgang erreicht hat, eben
elektronisch, und was der Gegenstand auch mit den - - nach meiner Erinnerung auch mit den beiden
Tabellen mit unterschiedlicher Kategorisierung der Namen.“1704

„[…] Ich habe ihn auch darüber informiert, wie wir gedenken, damit umzugehen, dass es Gespräche
mit dem LKA geben wird, dass es auch eine Rückkoppelung mit dem BKA da schon, glaube ich, zu
dem Stadium, als ich informiert habe, auch gegeben hat, dass wir eigentlich unserer - nenne ich mir
mal so - Verpflichtung auch als örtliche Dienststelle, wo wir erkannt haben, welche Relevanz dahinter
ist - - einfach eine Rückmeldung geben und sagen: Ist euch in der Liste nicht bewusst, welcher Name
dort drinsteht? Und das waren dann die Dinge.“1705

1699 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 2, Personenverzeichnis.
1700 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 38.
1701 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 56.
1702 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 38.
1703 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 56.
1704 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 39.
1705 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 37.

Drucksache 18/6700 – 414 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Auf Nachfrage, ob er dem Polizeipräsidenten Kruse auch mitgeteilt habe, dass der Vorgang an das Landeskri-

minalamt abgegeben werden sollte, hat der Zeuge Kreykenbohm erläutert:

„Doch. Also, ich bin der Meinung, dass wir auch darüber gesprochen haben, dass unser Interesse - -
Also, ich sag mal: Wir haben als Dienststelle ja gesagt: ‚Wie gehen wir damit um?‘, und haben für uns
eigentlich gesagt: Das ist, wenn der Ermittlungsauftrag in Niedersachsen verbleibt, eine Sache, die
nicht die örtliche Dienststelle machen sollte.“1706

Der Zeuge Kruse hat den Inhalt der ihm vom Zeugen Kreykenbohm übermittelten Information wie folgt wieder-

gegeben:

„Ja, das war an dem Tag, und zwar rief mich Herr Kreykenbohm, den Sie heute ja schon gehört haben,
am späten Nachmittag, meine ich, oder am Abend an und schilderte mir den Umstand, dass dort ein
Unterstützungsersuchen des Bundeskriminalamtes eingegangen sei. Da ginge es um ein Verfahren
wegen kinderpornografischen Materials, das offensichtlich weitergegeben worden sei, und das würde
den Abgeordneten Edathy betreffen, da er bei uns seinen Wohnsitz und auch seinen Wahlkreis hatte.

So wie er es mir schilderte, sagte er, hätte man dort den starken Eindruck, dass aus der Art der Über-
sendung dieses Ersuchens nicht klar war beim Bundeskriminalamt, wer da eigentlich Gegenstand die-
ses Unterstützungsersuchens sein sollte, sodass er sagte, wir haben noch mal mit dem BKA Kontakt
aufgenommen oder wollen mit dem BKA Kontakt aufnehmen. Weil wir eben diesen Eindruck hatten,
haben wir darauf aufmerksam gemacht - ich sage es jetzt einmal etwas flach -: Wisst ihr eigentlich,
wen ihr da vor euch habt? Da könnten ja Dinge wie Immunität eine Rolle spielen und und und.

Dieses Unterstützungsersuchen hatte eindeutig den Anschein, obwohl der Status nicht ganz klar war -
also mir wurde er jedenfalls in diesem Telefonat noch nicht ganz klar -, dass es eben darum ging, dass
da offensichtlich Kundenlisten von einem Anbieter entsprechender Seiten oder entsprechender Ange-
bote aufgelistet waren, wo jetzt möglicherweise Durchsuchungen folgen sollten. Damit kommt natür-
lich spätestens noch mal die Immunität der Abgeordneten ins Spiel. […]

Er hat mir dann im Weiteren gesagt, dass man, wie gesagt, mit dem Bundeskriminalamt da Kontakt
aufgenommen hatte. Wir haben dann noch im Weiteren kurz dort erörtert, falls es also da Weiterungen
geben sollte und das Verfahren weitergeführt werden sollte, dass wir bestrebt sein sollten, das nicht in
Nienburg machen zu lassen, sondern dann möglicherweise zum Landeskriminalamt zu geben. Das
hatte damit zu tun, dass wir ja damit rechnen mussten, möglicherweise auch später noch mal polizei-
licherseits in irgendwelchen anderen Dingen mit Herrn Edathy zusammenarbeiten zu müssen. Dann
ist es manchmal ganz opportun, zu sagen, wir lassen das eine andere Dienststelle machen. Das war so
die Erwägung, die er mir dargetan hatte. Das war das, was ich an dem Tag von ihm erfahren hatte.“1707

Die ihm in dem Telefonat übermittelten Details der Erkenntnisanfrage hat der Zeuge Kruse in seiner Verneh-

mung erläutert:

„Also, es war ein Unterstützungsersuchen des Bundeskriminalamtes eingegangen. Da waren verschie-
dene Personalien darauf, und dann wurde von Herrn Kreykenbohm mir mündlich geschildert - also,
ganz hundertprozentig hatte er das wahrscheinlich auch noch nicht durchdrungen; das Fernschreiben
ist auch nicht so ganz einfach zu verstehen, glaube ich -, dass es mindestens zwei Kategorien gab. Eine
Kategorie waren diejenigen, gegen die auf jeden Fall ein Verfahren, glaube ich, eröffnet werden sollte,
und dann gab es eine zweite Kategorie, bei denen das nicht klar war. Er hat mir das so erläutert am
Telefon, dass das wohl Personen sind, die verdächtig sind, bestimmte, aber noch nicht eindeutig straf-
rechtlich relevante Seiten heruntergeladen zu haben, dass aber trotzdem schon dort weiter ermittelt

1706 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 39.
1707 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 55 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 415 – Drucksache 18/6700

werden würde, weil man vermutet, dass diese Leute auch andere, möglicherweise strafrechtlich rele-
vante Inhalte herunterladen, und dass zu dieser zweiten Kategorie eben Herr Edathy gehörte. Das hat
er mir so geschildert. Er hatte nach meiner Kenntnis auch nur dieses eine Fernschreiben, das eben
dieses Unterstützungsersuchen enthielt. […]“1708

3. Reaktion von Polizeipräsident Kruse

Nach den Angaben des Zeugen Kreykenbohm reagierte der Zeuge Kruse auf die übermittelten Informationen

folgendermaßen:

„Er hat es zur Kenntnis genommen und, ich meine, lediglich dann den Hinweis gegeben - - oder der
war - - ob er den überhaupt gegeben hat. Für mich war das so selbstredend, dass man natürlich über
aktuelle Dinge, sollte es Rückkoppelungen geben, sollte es entsprechende Verfahrensänderungen ge-
ben oder wie auch immer - - dass wir ihn dann natürlich auf dem Laufenden halten.“1709

Zur Frage, ob Polizeipräsident Kruse zu erkennen gegeben habe, wie er mit der Meldung weiter umgehe, hat der

Zeuge Kreykenbohm angegeben:

„Ich meine, er hat mit so einem Halbsatz: ‚Dann werde ich darüber den Minister wohl informieren. So
werde ich den Minister informieren - müssen, informieren.‘ So. Also, das - - Ich weiß nicht, warum,
aber irgendwo so einen Halbsatz habe ich noch so irgendwie in Erinnerung, als wenn er sagt, dass das
seine Absicht war.“1710

4. Weitere Rücksprache zwischen dem Leitenden Polizeidirektor Kreykenbohm und dem Polizeipräsidenten
Kruse zum „Fall Edathy“ nach dem 15. Oktober 2013

Zu möglichen weiteren Kontakten mit Polizeipräsident Kruse im Nachgang zu dem Telefonat vom 15. Oktober

2013 hat der Zeuge Kreykenbohm erklärt:

„Ich meine - - Also, über den Verfahrensgang - - Das eine - da kann ich mich ganz konkret dran
erinnern - war dann im Februar, als wir - ich glaube, das Datum war 10. Februar - ersucht worden sind,
die Durchsuchung - - also, als das LKA sich entschieden hatte, eine Durchsuchung zu machen und uns
zur Unterstützung angefordert hat. Und es mag auch danach noch mal gewesen sein, weil wir am 23.
Oktober - so habe ich es mir zumindest notiert - auch noch mal eine Rückmeldung bekommen haben
ob der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaften.“1711

Der Zeuge Kruse hat angegeben:

„Das war an dem 10.02. […] Ich glaube, 15 Uhr begannen die Durchsuchungen, und Herr Kreyken-
bohm rief mich an und hat gesagt: Wir haben gerade eine Nachricht - ich meine, vom LKA seiner-
zeit - bekommen; die Durchsuchungen sollen stattfinden, und es geht heute los. - Also, das war an
dem Tag noch vor dem Beginn der Durchsuchungen und nach der Mitteilung an die PI Nienburg, auf
dem Weg über die PI Nienburg.“1712

1708 Kruse, Protokoll-Nr. 35, S. 63.
1709 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 39.
1710 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 49.
1711 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 39; näher zu der genannten „Rückmeldung“ vom 23. Oktober 2013, S. Zweiter Teil. C.2.
1712 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 76.

Drucksache 18/6700 – 416 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

5. Bedeutung des sogenannten WE-Erlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport für
die Unterrichtung von Polizeipräsident Kruse

Der Runderlass „Meldung wichtiger Ereignisse und Erstattung von Verlaufsberichten des Niedersächsischen

Ministeriums für Inneres und Sport vom 1. August 20121713 regelt die Meldung bestimmter „wichtiger Ereig-

nisse“ nach einem formellen Verfahren an bestimmte Behörden im Geschäftsbereich des Ministeriums. Ziffer

1.1 dieses sogenannten WE-Erlasses definiert meldepflichtige „wichtige Ereignisse“:

„1.1 Wichtige Ereignisse i.S. dieses RdErl. sind Sachverhalte, die geeignet sind, auch bei nicht origi-
närer Zuständigkeit der Polizei,

- die öffentliche Sicherheit erheblich zu gefährden oder zu stören,

- in der Öffentlichkeit Aufsehen oder Beunruhigung zu erregen,

- in den Medien zu besonderen Erörterungen zu führen,

- überregional Folgeaktionen auszulösen.“1714

Ziffer 4.1 bestimmt grundsätzlich die Adressaten an, die eine WE-Meldung zu erstatten ist:

„WE-Meldungen und Verlaufsberichte sind unmittelbar an das Lagezentrum des MI, an das Lage- und
Informationszentrum des Landeskriminalamtes Niedersachsen, an die zuständigen und beteiligten nie-
dersächsischen Polizeibehörden sowie an die Polizeiakademie Niedersachsen zu senden.“1715

Der Zeuge Kreykenbohm hat zu der Frage, ob die Identifizierung von Sebastian Edathy in den Listen der Er-

kenntnisanfrage zur Operation „Selm“ vom 15. Oktober 2013 ein „wichtiges Ereignis“ im Sinne des WE-Erlas-

ses gewesen sei, ausgeführt:

„Ich hätte es so nicht eingeschätzt. Das wäre vielleicht eine geworden, wenn es Maßnahmen - - dann
konkret auch Maßnahmen, die in der Öffentlichkeit dann auch bemerkbar zu treffen sind. […]“1716

Im weiteren Fortgang der Vernehmung hat er ergänzend ausgeführt:

„Das war tunlichst in diesem Fall - - noch das per Fernschreiben noch an andere Adressaten - - weil
da gibt es ja auch, gerade im fernschriftlichen Wege, Leute auf Poststellen, die das dann sehen. Der
Kreis derer, die darüber informiert sind, wird noch größer. Ich habe an vieles gedacht, aber nicht daran:
‚Das ist ein WE-meldepflichtiges Ereignis; das musst du unter diesen Rahmenbedingungen melden‘,
sondern mehr: Es ist ein bedeutsames Ereignis im Sinne von Brisanz ob der Personalie, aber da wählst
du einen anderen Weg, eine andere Methode, und das heißt hier im Grunde genommen schlichtweg:
ein Telefonat, Face-to-face-Information. Und das ist es auch.“1717

Der Zeuge Kreykenbohm hat seine Motivation für die Unterrichtung von Polizeipräsident Kruse im Rahmen

seiner Vernehmung wie folgt geschildert:

1713 Nds. MBl. Nr. 26/2012, S. 581 ff.
1714 Nds. MBl. Nr. 26/2012, S. 581.
1715 Nds. MBl. Nr. 26/2012, S. 582.
1716 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 36.
1717 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 44.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 417 – Drucksache 18/6700

„Also, wir haben bei uns eine Vereinbarung. Das heißt, wenn entsprechend relevante Sachverhalte -
ich nenne es mal wieder so -, brisante Sachverhalte von besonderer Bedeutung, insbesondere im poli-
tischen Bereich - - dass dann der Polizeipräsident als politischer Beamter auch informiert wird.“1718

IV. Weitergabe der Information von Polizeipräsident Kruse an Innenminister Pistorius

Polizeipräsident Kruse hat in der Folgezeit, nach dem Anruf von Leitendem Polizeidirektor Kreykenbohm, fern-

mündlich den Niedersächsischen Minister für Inneres und Sport Boris Pistorius darüber informiert, dass der

Name von Sebastian Edathy in den Listen der Operation „Selm“ aus dem Bundeskriminalamt entdeckt wurde.

1. Zeitpunkt und Umstand des Gesprächs

Das von der Niedersächsischen Staatskanzlei im Wege der Amtshilfe übermittelte Verzeichnis1719 mit Personen,

die Kenntnis davon hatten, dass sich der Name von Sebastian Edathy auf den Listen zur Operation „Selm“

befindet, enthält unter dem Namen Pistorius, Boris die Zeitangabe „Zweite Oktoberhälfte“.1720

Der Zeuge Kruse hat in seiner Vernehmung folgende Angaben zum Zeitpunkt seines Telefonats mit Minister

Pistorius gemacht:

„Wie gesagt, ich habe mir weder das Gespräch mit Herrn Kreykenbohm jetzt notiert, wie ich eben
ausgeführt habe. Ich habe dann in der Tat den Minister unterrichtet im Anschluss und kann leider
wahrscheinlich nicht helfen. Also, ich konnte es nur so weit eingrenzen, dass ich wusste, ich habe es
nicht am selben Tag gemacht; das war mir noch erinnerlich und bekannt. Ich habe dann in den Folge-
tagen versucht, den Minister zu erreichen. Ich könnte mich noch nicht mal festlegen, ob ich ein- oder
zweimal probiert habe. Aber mir wurde im Sekretariat dann gesagt, er sei im Moment nicht zu spre-
chen, und habe ihn dann später erreicht. Ich kann diesen Tag auch bis heute leider nicht fest sagen,
wann es war. Ich weiß nur, es ist in der zweiten Oktoberhälfte gewesen. Das weiß ich definitiv, weil
ich dann nachher im November auch irgendwann in Urlaub gefahren war, und da wusste ich, dass ich
das da schon gesagt hatte. Ich wollte also auf keinen Fall in den Urlaub fahren, ohne dass der Minister
das weiß.

[…]“1721

Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung hat der Zeuge Kruse diese Angaben konkretisiert:

„15. schließe ich aus. Das weiß ich genau, weil ich da in der Folgezeit dann ja noch - nur, ich weiß
eben nicht mehr ganz genau, wann - versucht habe, ihn zu erreichen. Am 16., 17., 18. war ich dann
noch auf einem Seminar. Schon da müsste ich sagen, ich weiß noch, dass ich, wenn ich mich richtig
erinnere, ihn von meinem Mobiltelefon aus angerufen habe. Das wäre also schon theoretisch denkbar,
dass das auch aus Münster-Hiltrup, wo ich damals war, geschehen ist. Aber das glaube ich eher nicht.
Ich meine, es ist dann in den Folgetagen gewesen.“1722

Der Zeuge Pistorius hat zum Zeitpunkt des Telefonats erklärt:

1718 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 36.
1719 Näher hierzu: Zweiter Teil XIX.
1720 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 4, Personenverzeichnis.
1721 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 57.
1722 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 58.

Drucksache 18/6700 – 418 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Meine Damen und Herren, Sie werden mich sicher gleich danach fragen, wann genau ich von
Herrn Kruse über ein mögliches Ermittlungsverfahren gegen Herrn Edathy informiert worden bin.
Diese Frage ist in mehreren parlamentarischen Anfragen in Niedersachsen gestellt und von mir beant-
wortet worden. Ich wiederhole aber hier sehr gerne: Weder Herr Kruse noch ich können sich an den
genauen Tag des Gesprächs erinnern. Der Zeitraum der zweiten Oktoberhälfte lässt sich dadurch her-
leiten, dass Polizeipräsident Kruse, wie er unter anderem ja auch hier im Ausschuss dargelegt hat,
selbst erst am 15. Oktober 2013 von dem obengenannten Umstand erfahren hat und mich insoweit
eben auch vorher gar nicht hätte informieren können. Bereits bei der Beantwortung parlamentarischer
Anfragen war ich gemeinsam mit Herrn Kruse bemüht, den konkreten Tag des Gesprächs, an dem
mich Herr Kruse informiert hat, zu verifizieren. Wir konnten und können den genauen Tag aus der
Erinnerung nicht mehr genau bestimmen. Nach einem solch langen Zeitraum liegt dies auch in der
Natur der Sache.

Sicher ist Herr Kruse jedoch, dass er mich nicht am selben Tag seiner eigenen Unterrichtung, sondern
erst einige Zeit später informiert hat. Für die zweite Oktoberhälfte wiederum spricht, dass ein in mei-
nem Kalender am 25. Oktober 2013 eingetragener Telefontermin mit Herrn Polizeipräsidenten Kruse
geplant war. Dort war eingetragen: ‚Herr Polizeipräsident Kruse ruft im Auto an. Thema: Verfahren.‘
Ob dieses Telefonat tatsächlich durchgeführt worden ist und ob es um die Information zu Herrn Edathy
ging, kann ich leider nicht mehr bestimmt sagen. […]“1723

Zum dem Kalendereintrag unter dem 25. Oktober 2013 hat der Zeuge Pistorius vorgetragen, dieser sage „eigent-

lich gar nichts“1724. Zum Zustandekommen dieses Eintrags hat er angegeben:

„[…] Meine Vorzimmermitarbeiterinnen haben unterschiedliche Vorgehensweisen bei so was. Man-
che fragen, wenn jemand einen Telefonatwunsch äußert und einen Termin dafür genannt bekommen
möchte, nach einem Stichwort, andere unterlassen das, und andere schreiben auf, wie es ihnen gesagt
wird. Ich führe den Kalender naturgemäß nicht selber. Deswegen weiß ich auch nicht, wie das Wort
‚Verfahren‘ da reingekommen ist. […]“1725

Auf Vorhalt, im Kalender des Ministers sei unter dem Datum des 25. Oktober 2013 der Hinweis „Herr PP Kruse

ruft im Auto an (Thema: Verfahren)“1726 eingetragen hat der Zeuge Kruse festgestellt:

„Stimmt. Das habe ich im Nachhinein auch erfahren, weil das Ministerium dann da noch mal die
Kalenderdaten überprüft hat. Das kann sein. Ich kann das nicht - -“1727

Auf den weiteren Vorhalt, am 25. Oktober 2013 habe man sich geeinigt, dass nunmehr die Ermittlungen zu

Sebastian Edathy federführend im Landeskriminalamt Niedersachsen geführt würden, und es mithin jedenfalls

denkbar sei, dass am 25. Oktober 2013 ein zweiter Anruf erfolgt sei, hat der Zeuge Kruse erklärt:

„Nein, definitiv nicht. Ich habe den Minister in dieser Angelegenheit einmal angerufen.“1728

Nachfragen, ob ihn, den Zeugen Kruse, von anderer Seite eine Rückfrage zu dem Vorgang erreicht habe, hat der

Zeuge Kruse verneint.1729 Weiter konkretisierende Nachfragen, ob er, der Zeuge Kruse, Informationen erhalten

habe oder ob es diesbezüglich ein Herantreten an ihn aus dem politischen Raum vonseiten der Landtagsfraktion,

1723 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 40.
1724 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 55.
1725 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 55.
1726 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 5, Personenverzeichnis.
1727 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 59.
1728 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 60.
1729 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 61, 77.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 419 – Drucksache 18/6700
des Innenministeriums oder sonst irgendjemandem gegeben habe, hat der Zeuge Kruse ebenfalls verneint - auch

nach den Durchsuchungen sei niemand im Zusammenhang mit diesen Durchsuchungen an ihn herangetreten.1730

Zusammenfassend hat der Zeuge Kruse hierzu angegeben:

„[…] Also, es wurde weder angefragt noch eingewirkt.“1731

Auf den Vorhalt, seine schwache Erinnerung sei nur schwer nachvollziehbar hat der Zeuge Kruse erwidert:

„Ich hätte keinen Grund, um das mal an dieser Stelle zu sagen, wenn ich den Termin wüsste - - Ich
habe mich im Nachhinein schon geärgert, dass ich es mir doch nicht irgendwo aufgeschrieben habe.
Man hätte viele Nachfragen vielleicht auch beantworten können. Aber ich kann es tatsächlich nicht
sagen. Ich wäre froh, ich könnte es. Wenn ich es mit einem Ort verbinden könnte, könnte ich wahr-
scheinlich auch den Termin sagen.“1732

Der Zeuge Pistorius hat zu der Frage, ob es möglicherweise mehr als ein Telefonat zwischen ihm und Polizei-

präsident Kruse gegeben habe, festgestellt:

„Ich kann definitiv hundertprozentig ausschließen, dass ich mehr als einmal, nämlich zweite Oktober-
hälfte, mit Herrn Kruse über diesen Sachverhalt gesprochen habe. Ein Mal habe ich mit ihm gespro-
chen, -

[…]

- ein einziges Mal.“1733

2. Motiv und Hintergrund der unmittelbaren Information des Ministers – insbesondere Bedeutung des WE-
Erlasses

a) Motivation und Hintergrund der unmittelbaren Information des Ministers

Der Zeuge Polizeipräsident Kruse hat im Rahmen seiner Vernehmung die Motive für seine direkte Information

des Ministers dargelegt:

„[…] Für mich war es ja so, dass sich dieses Szenario entwickelte, eventuell tatsächlich innerhalb
dieser Zeit würde das Bundeskriminalamt zusammen mit der Staatsanwaltschaft zu einer Entscheidung
kommen, diese Durchsuchung machen zu wollen. Manchmal ist es dann ja so, dass ein Minister beim
Frühstück angerufen wird und gesagt wird, da hat gerade die Polizei Niedersachsen durchsucht in
einem Fall, der bei der Polizei Niedersachsen auch schon mehrere Wochen möglicherweise bekannt
ist. Wenn der Minister dann sagt: ‚Davon weiß ich nichts‘, das hätte ich für sehr ungünstig gehalten.
Insofern habe ich schon die Notwendigkeit gesehen, ihn zu unterrichten, allerdings nicht mit der zeit-
lichen Dringlichkeit, weil ich eben auch davon ausgegangen bin, das wird schon jetzt noch einige
Tage, Wochen - wie auch immer - dauern, bis man sich tatsächlich entscheidet, da eine Durchsuchung
möglicherweise zu machen oder nicht. […]“1734

Als Polizeipräsident habe er einen direkten Zugang zum Minister:

1730 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 77.
1731 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 77.
1732 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 63.
1733 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 55.
1734 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 57 f.

Drucksache 18/6700 – 420 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Ja. Also, die Motivation war bei mir eigentlich die: Es ist durchaus seit langen Jahren üblich, dass
die Polizeipräsidenten als politische Beamte durchaus einen unmittelbaren Zugang zum Minister ha-
ben. Mir war auch klar, dass es nur gut sein konnte, den, sagen wir mal, Kenntnisstand nicht so weit
oder so wenig wie möglich weiterzuverbreiten, ohne dass ich irgendwie dem Staatssekretär oder dem
Landespolizeipräsidenten irgendwas unterstellen will. Aber es ist einfach so, dass ich nur im Prinzip
die Information des Ministers haben wollte zu diesem Zeitpunkt, weil ich sage: Er muss es wissen für
den Fall, dass er angesprochen wird, aufgrund seiner Eigenschaft als oberster Dienstherr. Aber ich
wollte eigentlich nicht in die Hierarchie erst mal weiter melden zu diesem Zeitpunkt.“1735

Der Zeuge Pistorius hat die Möglichkeit unmittelbaren Zugangs der Polizeipräsidentinnen und -präsidenten zu

ihm dargestellt:

„[…] Ergänzend möchte ich darauf hinweisen, dass Präsidenten der niedersächsischen Polizeibehör-
den als politische Beamte in einem besonderen Verantwortungs- und Vertrauensverhältnis zum Innen-
minister stehen. Schriftliche Vorgaben, die den kommunikativen Austausch zwischen dem Minister
und den Präsidenten - oder jetzt auch der Präsidentin - einengend reglementieren, würden diesem Ver-
hältnis nicht gerecht und bestehen daher nicht. […]“1736

Auf die Frage, ob er die Befürchtung gehabt habe, dass eventuell Informationen weitergegeben werden, stellte

der Zeuge Kruse fest:

„Nein, um Gottes willen. Also, ich traue all diesen Kollegen. Aber ich glaube, das ist einfach eine
Frage der Professionalität, dass wir sagen, an bestimmten Stellen ist es eben gut und richtig, möglichst
wenig Leute einzubinden, egal, ob ich ihnen vertraue oder nicht. Meinem Vertreter in der Behörde,
dem Polizeivizepräsidenten, dem ich auch vertraue, habe ich auch nichts gesagt.“1737

b) Bedeutung des WE-Erlasses

Polizeipräsident Kruse hat in seiner Vernehmung Angaben dazu gemacht, ob er die Information über die Iden-

tifizierung des Namens von Sebastian Edathy als ein „wichtiges Ereignis“ im Sinne des sogenannten WE-Erlas-

ses des Niedersächsischen Ministeriums1738 eingestuft habe:

„Offen gesagt, in dem Moment nicht, weil ich davon ausgegangen bin nach meiner Bewertung, dass
ein solches Ereignis streng formal noch gar nicht vorlag. Das wäre in dem Moment der Fall gewesen,
wo wirklich eine Durchsuchung stattgefunden hätte, weil im Erlass ja die Rede davon ist, dass es um
polizeiliche Maßnahmen gehen muss, soll - -“1739

Auf Nachfrage, hat der Zeuge Kruse erklärt, wie er verfahren wäre, wenn er von einem „wichtigen Ereignis“

ausgegangen wäre:

„[…] Ich will aber auch eins dazu sagen. Wenn das so gewesen wäre, wenn ich zu dieser Bewertung
gekommen wäre, hätte ich trotzdem, um hier auch keinen Schaden für das Ermittlungsverfahren zu
riskieren, wahrscheinlich gleichwohl beim Innenminister angerufen, um eine Suspendierung von die-
sem Erlass für mich zu erreichen, um zu sagen: Ich möchte eigentlich jetzt von dieser Meldeverpflich-
tung dann entbunden werden, indem ich den Minister unmittelbar unterrichte, weil ich glaube, wenn

1735 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 59.
1736 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 42.
1737 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 67.
1738 Nds. MBl. Nr. 26/2012, S. 581 ff.
1739 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 66.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 421 – Drucksache 18/6700

wir dieser Formstrenge dann genügt hätten und ich dann wirklich eine E-Mail an das Landeskriminal-
amt, an die Polizeiakademie und den gesamten Verteilerkreis, der da genannt ist, gestreut hätte, dann
hätte eine Gefahr für das Ermittlungsverfahren bestanden. Aber noch mal: Die Erwägung fand von
mir zu diesem Zeitpunkt so nicht statt. Nach meinem Dafürhalten hat - -“1740

Der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport Boris Pistorius hat im Rahmen seiner Vernehmung zu WE-

Meldungen ausgeführt:

„[…] Meldungen wichtiger Ereignisse, sogenannte WE-Meldungen, sind Grundlage für aktuelle poli-
zeiliche Lagebilder und dienen unter anderem der Unterrichtung politischer Entscheidungsträger so-
wie der Vorbereitung strategischer Entscheidungen. Sie sollen insbesondere dazu beitragen, unver-
züglich auf Entwicklung und Ereignisse im Bereich der inneren Sicherheit reagieren zu können. Wich-
tige Ereignisse im Sinne dieses Erlasses sind insbesondere Sachverhalte, die geeignet sind, die öffent-
liche Sicherheit erheblich zu gefährden oder zu stören, in der Öffentlichkeit Aufsehen oder Beunruhi-
gung zu erregen, überregional Folgeaktionen auszulösen. Diese Aufzählung ist naturgemäß nicht ab-
schließend. Sie gibt Regelbeispiele vor, bei denen grundsätzlich von einem wichtigen Ereignis auszu-
gehen ist.

Den Verantwortlichen bleibt bei der Beurteilung entsprechender Sachverhalte ein Ermessensspiel-
raum - das kennen Sie alle als Juristen oder Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, die Sie sind bzw.
waren -, ein Ermessensspielraum nämlich, ob diese als meldepflichtige Ereignisse einzustufen sind
oder nicht. Sobald eine entsprechende Einstufung aber erfolgt ist, ist grundsätzlich eine WE-Meldung
schriftlich und nach einem festgelegten Standard zu verfassen. Adressat ist unter anderem das Lage-
zentrum meines Hauses. Selbst am Durchsuchungstag, am 10. Februar 2014, ist keine schriftliche WE-
Meldung erfolgt. Gerade dies diente aber der Geheimhaltung der beabsichtigten Durchsuchungsmaß-
nahmen. […]“1741

Zur Frage, ob er die übermittelte Information zu Sebastian Edathy als wichtiges Ereignis einstufe hat der Zeuge

Pistorius erklärt:

„[…] Auch in der Nachbetrachtung teile ich die Einschätzung, dass es sich bei der ersten Information
um kein wichtiges Ereignis gehandelt hat. Eine formale schriftliche Meldung nach dem Erlass hätte
sogar dazu geführt, dass ein größerer Personenkreis von dem Vorgang Kenntnis erlangt hätte. Dies
hätte die besonders schützenswerten Informationen zu dem Vorgang unterlaufen, und genau das Ge-
genteil wäre womöglich erreicht worden. […]“1742

3. Inhalt des Gesprächs

Dem von der Niedersächsischen Staatskanzlei im Wege der Amtshilfe übermittelten Verzeichnis1743 mit Perso-

nen, die Kenntnis davon hatten, dass sich der Name von Sebastian Edathy auf den Listen zur Operation „Selm“

befindet, enthält folgende Schilderung des Telefonats:

„Der Göttinger Polizeipräsident Robert Kruse hat Innenminister Pistorius in der zweiten Oktoberhälfte
über ein bundesweites Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Kinderpornografie informiert,
von dem möglicherweise auch das niedersächsische Bundestagsmitglied Sebastian Edathy betroffen
sein könnte. Weitere Einzelheiten sind nicht mitgeteilt worden und der Minister hat auch nicht nach
weiteren Einzelheiten gefragt. Der Innenminister hat die Information zur Kenntnis genommen, darauf
nichts veranlasst und bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen über die Durchsuchungsmaßnahmen

1740 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 66.
1741 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 41.
1742 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 42.
1743 Näher hierzu: Zweiter Teil XIX.

Drucksache 18/6700 – 422 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

des Büros und der Wohnung des ehemaligen Bundestagsabgeordneten mit niemandem Darüber ge-
sprochen.“1744

Polizeipräsident Kruse hat seinen Anruf bei Minister Pistorius in seiner Zeugenvernehmung wie folgt beschrie-

ben:

„Ich habe die Information gegeben, so etwa, wie ich sie eben gegeben habe, insbesondere auch mit
Schwergewicht auf die Feststellung, dass uns der Status nicht klar ist, ob er überhaupt Beschuldigter,
Tatverdächtiger, was auch immer ist, sondern ich habe nur gesagt: Aus dem Gesamtkontext, wie dieses
Unterstützungsersuchen kam, dass also diese Abklärung der Meldedaten und der Objektdaten dort
erfolgen musste, gehe ich davon aus, dass eine Durchsuchung stattfindet. Ich meine sogar, auch noch
gesagt zu haben: Ich weiß nicht, ob das eine Durchsuchung nach § 102 oder § 103 Strafprozessord-
nung, einem Verdächtigen oder Unverdächtigen, wird. Das ist alles noch sehr, sehr unklar. […]“1745

Hinsichtlich seiner Erläuterungen gegenüber Minister Pistorius zum strafprozessualen Status von Sebastian E-

dathy präzisierte der Zeuge Kruse:

„[…] Das habe ich versucht auch dem Minister zu sagen, weil mir wichtig war, dass wir hier noch
keine Klarheit dahin gehend hatten, dass Herr Edathy auf jeden Fall Beschuldigter ist, sondern wir
haben nur gesagt: Er scheint einer Kategorie anzugehören, die jetzt irgendwie in dieses Verfahren
hereinkommt und wo möglicherweise eben eine Durchsuchung seiner Wohn- und Geschäftsanschrif-
ten ansteht.“1746

Der Zeuge Pistorius hat das Telefonat wie folgt wiedergegeben:

„[…] Herr Polizeipräsident Kruse hat mich in der zweiten Oktoberhälfte über ein bundesweites Er-
mittlungsverfahren im Zusammenhang mit Kinderpornografie informiert, von dem möglicherweise
auch das niedersächsische Bundestagsmitglied Sebastian Edathy betroffen sein könnte. Weitere Ein-
zelheiten sind mir von Herrn Kruse nicht mitgeteilt worden, und ich habe auch nicht nach weiteren
Einzelheiten gefragt. Die Information habe ich zum damaligen Zeitpunkt zur Kenntnis genommen.
Für mich bestand aufgrund der mir übermittelten Information kein Handlungsbedarf. […]“1747

Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung hat er dies präzisiert:

„[…] Er hat mich, wie gesagt, irgendwann in der zweiten Oktoberhälfte angerufen und mir berichtet
von einem vom BKA geführten Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornografie, in das auch der Bun-
destagsabgeordnete Sebastian Edathy verwickelt sein könnte. Das war die Information. Er hat dann
noch ein bisschen ausgeführt, welche Auswirkungen das haben könnte für Immunität und dergleichen.
Aber wir haben nicht über weitere Maßnahmen gesprochen. […]“1748

4. Reaktion von Minister Pistorius

Der Zeuge Kruse hat in seiner Vernehmung durch den Ausschuss die Reaktion von Minister Pistorius wieder-

gegeben:

„[…] Ich weiß nicht, ob er gesagt hat: ‚Ach du meine Güte!‘ oder Ähnliches. Ich habe das als Über-
raschung gewertet, dass er das nur gehört hat, und dann hat er sich das von mir nur schildern lassen

1744 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 4, Personenverzeichnis.
1745 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 61.
1746 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 63 f.
1747 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 40.
1748 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 44.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 423 – Drucksache 18/6700

und hat dazu - - Also, er ist jetzt nicht stumm und schweigend gewesen. Er mag mal nachgefragt
haben: Welchen Status hat er? Oder: Wie sieht das aus überhaupt? Was steckt dahinter? - Das mag
durchaus sein, dass er so was gefragt hat. Aber diese gesamte politische Dimension hat er nicht zur
Sprache gebracht und hat auch nicht in irgendeiner Art und Weise mir Hinweise gegeben, wie wir das
denn vielleicht weiter zu behandeln hätten. Also, ich habe ihm gesagt, wie wir das weiter zu behandeln
gedenken, so wie wir das dann auch getan haben, und das hat er zur Kenntnis genommen und hat
gesagt: So ist es in Ordnung. - Das hat er nicht in irgendeiner Form kritisiert.“1749

Der Zeuge Kruse hat an anderer Stelle in seiner Vernehmung Folgendes ergänzt:

„Er hat das Gespräch nicht geschlossen mit den Worten: Halten Sie mich im Weiteren auf dem Lau-
fenden. - Das hat er nicht getan.“1750

Der Zeuge Pistorius hat zu seiner Reaktion auf die Information folgende Angaben gemacht:

„[…] Ich habe auch insbesondere nicht weiter gefragt, weil ich einigermaßen, um das vorsichtig zu
formulieren, überrascht und schockiert war über die Information, und habe insbesondere deshalb auch
nicht nachgefragt, weil mir klar war: Das ist eine vertrauliche Information über ein Ermittlungsver-
fahren des Bundeskriminalamtes. Deswegen habe ich nicht weiter nachgefragt, weil es mich im
Grunde genommen zu dem Zeitpunkt auch gar nichts anging.“1751

Zur Reaktion des Ministers Pistorius hat der Zeuge Kruse ausgeführt:

„Also, ich habe es so bewertet - meine Bewertung -, dass er das als oberster Dienstherr zur Kenntnis
genommen hat. Ich habe ihm gesagt, dieses Verfahren läuft. Ich habe ihm gesagt, welche Schritte jetzt
unternommen worden sind, dass diese Rückkopplung an das LKA stattgefunden hat. Er hat das zur
Kenntnis genommen. Er hat aber tatsächlich nicht mit einem Wort in irgendeiner Form auf die politi-
sche Bedeutung oder die möglichen politischen Folgen hingewiesen.“1752

Diese Ausführungen hat der Zeuge Kruse an anderer Stelle nochmals präzisiert:

„[…] Also, er schien mir überhaupt nicht informiert. Wie gesagt, mein Eindruck, ohne dass ich das
jetzt einer ganz genauen Äußerung heute noch zuordnen könnte, war noch, er war schon überrascht,
dass so etwas war, in gewisser Weise auch bestürzt. Er hat vielleicht ‚Ach, du meine Güte!‘ oder
irgendwie so was gesagt. Ich hatte den Eindruck ganz deutlich, das war die Erstinformation, die er zu
diesem Thema erhalten hat. Er hat sich auch wirklich nur von mir schildern lassen, was wir polizeilich
jetzt tun, das heißt also, die Rückfrage an das Bundeskriminalamt vor dem Hintergrund einer mögli-
chen Immunitätsaufhebung. Dann habe ich versucht, noch mal darzustellen - was für mich ja selbst in
diesem Moment noch relativ unklar war -, welchen Status Herr Edathy zu diesem Zeitpunkt denn
haben könnte oder auch nicht haben könnte und dass wahrscheinlich eine Durchsuchung irgendwann
anstehen könnte, wenn denn die Staatsanwaltschaften da entsprechend entscheiden. Das hat er sich
angehört, hat aber überhaupt keine Weisung jetzt an mich gegeben, wie das weiter zu behandeln wäre,
und er hat auch keine Äußerung dahin gehend gemacht - auch das habe ich vorhin schon gesagt -, was
das politisch bedeutet. Das ist politisch überhaupt nicht erörtert worden in dem Gespräch.“1753

1749 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 74.
1750 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 65.
1751 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 44.
1752 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 61.
1753 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 79.

Drucksache 18/6700 – 424 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

5. Umgang mit der Information durch Innenminister Pistorius

Minister Pistorius hat in seiner Vernehmung ausgesagt, mit niemandem über die von Polizeipräsident Kruse

übermittelte Information gesprochen zu haben:

„[…] Auch hier möchte ich, wie ich bereits sehr viele Male öffentlich erklärt habe, zu Beginn klar-
stellen, dass ich bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung über die Durchsuchungsmaßnahmen des Bü-
ros und der Wohnung des damaligen ehemaligen Bundestagsabgeordneten mit niemandem über diesen
Vorgang gesprochen habe. Ich wundere mich darüber, dass meine Verschwiegenheit von Einzelnen
offenbar als ungewöhnlich angesehen wird, kann dazu aber nur sagen: Diese strikte Amtsverschwie-
genheit entspricht meinem Rechtsverständnis, meinem Amtsverständnis; ein Rechtsverständnis, das
ich im Übrigen mit der übergroßen Mehrheit der Amtsträger im Lande teile. […]“1754

Minister Pistorius hat dies im weiteren Verlauf seiner Vernehmung präzisiert:

„[…]‚Mit niemandem‘, meine Damen und Herren, heißt selbstverständlich auch, dass ich weder mit
Herrn Oppermann noch mit Herrn Hartmann noch mit Herrn Edathy noch dem Ministerpräsidenten
noch sonst irgendjemandem gegenüber oder mit ihm darüber gesprochen hätte. Dieses möchte ich an
dieser Stelle noch einmal ausdrücklich unterstreichen. […]“1755

„[…] Ich habe mit niemandem gesprochen, ich habe niemanden darauf angesprochen, und ich bin
auch von niemandem auf diesen Sachverhalt angesprochen worden - bis zum Tage der Durchsuchung,
versteht sich.“1756

Minister Pistorius hat seinen Umgang mit der Information erläutert:

„[…] Für mich war klar: Es war ein Ermittlungsverfahren, das sich möglicherweise auf Herrn Edathy
erstrecken würde, könnte. Das war unklar. Für mich gab es überhaupt keinen Grund, über ein Ermitt-
lungsverfahren in diesem Stadium mit irgendjemandem zu reden. Denn was hätte ich mit der Infor-
mation, selbst wenn sie verifiziert oder erweitert worden wäre, anfangen sollen? Ich hätte immer noch
nicht politisch agieren können, selbst wenn ich es gewollt hätte. Ich hätte nichts damit anfangen kön-
nen. Es war eine Information, die letztlich ohne Wert war für mich, eben weil sie eine vertrauliche
war, eine Vorabinformation. Denn wie sich ja später herausstellte - zu dem Zeitpunkt war das ja für
mich auch noch gar nicht klar -, wusste ja wahrscheinlich Edathy selber noch nicht mal davon, dass er
Beschuldigter ist zu dem Zeitpunkt. Also, worüber hätte ich mit wem mit welcher Zielrichtung eigent-
lich sprechen sollen? Deswegen war das für mich sofort eine Information. Die habe ich gespeichert,
zur Kenntnis genommen, aber das war es dann auch für mich.“1757

Auf die Frage, ob er sich im weiteren Verlauf habe unterrichten lassen, hat der Zeuge Pistorius angegeben:

„Ganz bewusst nicht, weil ich den schlichten Rechtsstandpunkt habe, dass Ermittlungsverfahren der
Ermittlungsbehörden - insbesondere dann, wenn sie ja dann irgendwann auch an die Staatsanwalt-
schaft übergehen - nicht Sache der politischen Spitze eines Innenministeriums sind. Deswegen habe
ich nie nachgefragt und habe insbesondere dann auch entsprechend reagiert, als die Durchsuchung
öffentlich wurde. Auch von der habe ich vorher nichts gewusst.“1758

Der Zeuge Pistorius hat während seiner Vernehmung an zwei Stellen wie folgt ergänzt:

1754 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 40.
1755 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 43.
1756 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 57.
1757 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 47.
1758 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 44 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 425 – Drucksache 18/6700

„[…] Ich habe zu keiner Zeit - ich wiederhole es gerne - mich über den Stand des Ermittlungsverfah-
rens informieren lassen. Naturgemäß gab es dann am Dienstag, glaube ich, während der Kabinettssit-
zung und davor und danach jede Menge regen Austausch, weil natürlich alle einigermaßen schockiert
waren. Aber das war es dann auch. Bis dahin gar nichts.“1759

„[…] Ich habe mit niemandem gesprochen, ich habe niemanden darauf angesprochen, und ich bin
auch von niemandem auf diesen Sachverhalt angesprochen worden – bis zum Tage der Durchsuchung,
versteht sich.“1760

V. Internationales Seminar an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster vom 16.
bis 18. Oktober 2013

In der Zeit vom 16. bis 18. Oktober 2013 fand an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster ein interna-

tionales Seminar mit dem Titel „Aktuelle Problemfelder des polizeilichen Spitzenmanagements“ statt. Einer der

beiden Veranstalter war der Präsident des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz, der Zeuge Wolfgang Hertin-

ger.1761 Neben dem Zeugen Polizeipräsident Robert Kruse nahmen auch der damalige Präsident des Bundeskri-

minalamtes, Zeuge Jörg Ziercke, und der Zeuge Michael Hartmann, MdB, an diesem Seminar teil.1762 Der Zeuge

Kruse hat ausgesagt, mit keinem der beiden gesprochen zu haben:

„Nein, gesprochen nicht. Ob sie nun gleichzeitig da waren, weiß ich nicht. Also, da waren sehr viele
Leute. Ich habe mit den beiden kein Gespräch geführt, weder an diesem Schnitzelabend noch vorher
während der Veranstaltung.“1763

Der Fall Edathy sei auch nicht anderweitig thematisiert worden.1764

Den Zeugen Ziercke hätte er, der Zeuge Kruse, zwar darauf ansprechen können, weil dieser unter fachlichen

Gesichtspunkten damit befasst gewesen sei, dafür habe es aber keinen Anlass gegeben.1765 Der Zeuge Kruse hat

dazu ausgesagt:

„[…] Aber es waren eben auch noch sehr viele andere Menschen da, und es hat aus fachlicher Sicht
eigentlich - aus meiner Sicht - keinen Grund gegeben, mit Herrn Ziercke dort zu sprechen; denn es lief
ja fachlich alles. Es ist ja, wie gesagt, dieses Verfahren zurückgegeben worden oder die Frage an das
BKA zurückgegeben worden. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt gar nicht, ob Herr Ziercke damit befasst
war oder nicht, tatsächlich persönlich. Es hätte also theoretisch auch sein können, dass das auf einer
darunterliegenden Abteilungsleiterebene oder so auch abgehandelt worden wäre. Also, ich habe zu
diesem Zeitpunkt nicht gewusst, ob Herr Ziercke tatsächlich persönlich mit diesem Fall befasst war.
Das hätte ich nicht gewusst. Ich hätte es trotzdem nicht für einen Pflichtenverstoß gehalten, weil er
eben dort Amtsleiter gewesen war. Aber es hat für mich auch keinen Anlass gegeben, weil aus meiner
Sicht ja alles getan war. Die Nienburger haben das ja über das LKA dann - - nein, direkt zurückge-
meldet zunächst, und von daher war alles gesagt. Es gab keinen Grund, das dort anzusprechen.“1766

1759 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 45.
1760 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 57.
1761 Näher zu dieser Tagung siehe unten, Zweiter Teil II.
1762 MAT A-DHPol 18(27)56, Programm und Teilnehmerliste der Tagung "Aktuelle Problemfelder des polizeilichen Spitzenmanagements" vom

16.-18. Oktober 2013.
1763 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 68.
1764 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 68.
1765 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 70.
1766 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 70 f.

Drucksache 18/6700 – 426 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

VI. Exkurs: Frühere Kontakte von Sebastian Edathy zu Beamten der Niedersächsischen
Polizei

1. Polizeihauptkommissar Lange

Der Zeuge Lange gab in seiner Vernehmung an, Sebastian Edathy nicht privat zu kennen,1767 aber mit ihm

dienstlich Kontakt gehabt zu haben:

„[…] Dienstlich habe ich in meiner Zeit in Nienburg, also fast diese 17 Jahre, dreimal mit ihm zu tun
gehabt.“1768

Der erste dienstliche Kontakt habe sich wie folgt ergeben:

„Das erste Mal habe ich mit ihm zu tun gehabt, da hat er - das muss um die Jahrtausendwende gewesen
sein; das muss seine erste Legislaturperiode auch gewesen sein - mal so Nachtdienste in Nienburg bei
der Polizei unter anderem mitgemacht, und da war er bei uns in der Schicht. […]“1769

Zum zweiten Mal habe er anlässlich einer Public-Viewing-Veranstaltung während der Fußballweltmeisterschaft

2006 mit Sebastian Edathy Kontakt gehabt:

„[…]War bei uns im Ort eine Public-Viewing-Veranstaltung auf einen Sonntagnachmittag angesetzt
worden. Und ich muss dazusagen: In dem Zeitraum gab es im weiteren Umkreis, ich sage mal, so eine
kleine rechte Zelle, wo wir also Bedenken hatten, dass die gegebenenfalls da aufschlagen könnten[.]
[…]

[…]

[…] Und wir hatten unsere ‚Strategen‘, sage ich mal, auch - waren ein paar davon da; einer wohnte
auch bei uns im Bereich; paar andere waren noch dazugekommen - im Blick. Und irgendwann ergab
es sich dann so, dass Herr Edathy in Richtung der Dixi-Toiletten ging, und die zwei oder drei Rechten
sind hinterhergegangen.

Gut, und denen sind wir natürlich auch gefolgt. Und vor diesem Toilettenwagen, da kam es dann, ich
sage mal in Anführungsstrichen, zu einem kleinen Showdown, also zu einem Wortgefecht, Redege-
fecht, wie auch immer. Das haben wir dann dementsprechend unterbrochen, dass wir Herrn Edathy
dann gefragt haben, ob er denn Redebedarf mit den Leuten hätte. Das hat er verneint. Daraufhin haben
wir den drei - zwei oder drei; ich weiß es jetzt gar nicht mehr - einen Platzverweis erteilt für das
Gelände der Public-Viewing-Veranstaltung, und damit hatte sich das dann letztendlich auch erle-
digt.“1770

Seine dritte Begegnung mit Sebastian Edathy hat der Zeuge Lange wie folgt geschildert:

„Die dritte Gelegenheit muss 2009 meiner Meinung nach gewesen sein. Da war auf alle Fälle Wahl-
kampf. Herr Edathy hatte ein Wahlkampfmobil, und er hat auf dem hiesigen Edeka-Parkplatz Wahl-

1767 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 9.
1768 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 9.
1769 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 10.
1770 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 10.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 427 – Drucksache 18/6700

kampf gemacht, und, ja, dabei hat er einen Bagatellschaden verursacht als Fahrer dieses Wahlkampf-
mobils. Und wie es dann so ist: Dann kommt die örtliche Polizei, nimmt dann dementsprechend den
Unfall auf oder sollte den Unfall aufnehmen. […]“1771

Auf die Bitte, das Verhältnis zu Sebastian Edathy und die Stimmung in der Polizeistation Rehburg-Loccum,

darzustellen, führte der Zeuge Lange aus:

„[…]Also, ich habe mich, wenn ich ehrlich sein soll oder wenn ich das jetzt so sagen darf, seinerzeit,
2006 bei dem Public Viewing, als wir ihm da, ich sage mal, diese Zusammenkunft mit den Rechten -
- Da hätte ich zumindest - - Muss ich nicht unbedingt haben; aber ein Dankeschön in dem Sinne hätte
sich vielleicht im Nachgang angeboten. Da ist nichts gekommen, gar nichts. Ohne dass man das jetzt
so persönlich nimmt oder was. Es ist meine Aufgabe gewesen, natürlich. Aber ich habe auch schon
andere Leute erlebt, die dann gesagt haben: Mensch, danke, dass ihr mir aus der Patsche geholfen habt
- zum Beispiel. Und das ist da zum Beispiel nicht passiert.“1772

Die Wahrnehmung Sebastian Edathys durch seine Kollegen hat der Zeuge Lange wie folgt beschrieben:

„Also, da sind wir uns eigentlich unisono einig, und die Wahrnehmung war auch dementsprechend so,
wie ich es vorhin versucht habe so ein bisschen darzustellen, also gegenüber der örtlichen Polizei so
ein bisschen abweisend, arrogant, wie auch immer man das nennen mag. Ich habe es selbst nicht erlebt,
weil ich des Öfteren ja auch Innendienst mache, aber die Kollegen, die draußen waren, die haben es
also schon erlebt[.] […]“1773

2. Erster Kriminalhauptkommissar Baum

Sebastian Edathy ist dem Zeugen Baum persönlich bekannt. In seiner Vernehmung gab Baum hierzu an:

„[…] Es ist vielleicht bedeutsam, dass ich erzähle, dass ich seit 2004 in der Polizeiinspektion das
Staatsschutzkommissariat geleitet habe. Und in dieser damaligen Zeit habe ich dann aber auch schon
den ehemaligen MdB Herrn Edathy kennengelernt als heimischen Abgeordneten. […]“1774

Der Zeuge Edathy führte hierzu aus:

„Herrn Baum kenne ich, weil er meiner Erinnerung nach im Bereich Staatsschutz aktiv ist. Also, das
heißt, Herr Baum war - - Wenn das derselbe Herr Baum ist, an den ich denke, war das unter anderem
derjenige, wenn ich sicherheitsempfindliche Prominenz zu Gast hatte im Wahlkreis, der dann mit da-
bei war und für die Sicherheit gesorgt hat.“1775

Die Frage, ob der Zeuge Baum in der Nähe wohne oder arbeite und ob die Polizeiinspektion in der Nähe der

Wohnung oder der Büros des Zeugen Edathy liege, hat der Zeuge Edathy verneint und erläutert:

„Die Polizei - - Die Inspektion umfasst zwei Landkreise und hat ihren Sitz in der Stadt Nienburg an
der Weser. Mein Wohnsitz war die Stadt Rehburg-Loccum. Rehburg-Loccum befindet sich ungefähr
20 Kilometer von Nienburg entfernt.

[…]

1771 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 11.
1772 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 22.
1773 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 24 f.
1774 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 9.
1775 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 100.

Drucksache 18/6700 – 428 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ich weiß nicht genau, wo Herr Baum wohnt, […].

Er ist mir jedenfalls aus privaten Verhältnissen heraus nicht bekannt, sondern wir hatten ausschließlich
dienstlichen Kontakt. Er war unter anderem auch - das weiß ich noch, weil wir dann gesprochen hatten
bei einer - - Das ist aber schon mehr als - - Das ist ungefähr zwei Jahre her. Das war, als der NSU-
Untersuchungsausschuss noch lief. Da war er Gast einer Veranstaltung, die ich ausgerichtet hatte in
Stadthagen.“1776

3. Leitender Polizeidirektor Kreykenbohm

Sebastian Edathy hat in seiner Vernehmung eine Begegnung mit dem Zeugen Kreykenbohm wiedergegeben:

„Ich will eine Sache ansprechen. Und zwar gab es im Januar 2014 einen Neujahrsempfang. Das war
einer der letzten offiziellen Termine, die ich wahrgenommen habe. Das war ein Jahresempfang der
Lokalzeitung - ausgerechnet - Die Harke übrigens. Das war am 8. Januar. Da stand ich unter anderem
neben dem Leiter der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg, habe ihm ein gutes neues Jahr ge-
wünscht - Herr Kreykenbohm war das - und habe versucht, seinem Reagieren auf mich und unserem
Gespräch, was einfach gute Wünsche beinhaltet hat - wir haben also nicht über irgendwelche inhaltli-
chen Geschichten gesprochen -, zu entnehmen, ob ich den Eindruck haben könnte, dass er etwas
wusste. Das hat er aber, wie ich jetzt heute weiß, einfach sehr geschickt überspielt. Mir ist da nichts
aufgefallen. Aber ich habe nicht nachgefragt, und ich habe es auch nicht thematisiert.“1777

Der Zeuge Kreykenbohm hat seine vorgängigen Kontakte zu Sebastian Edathy wie folgt beschrieben:

„[…] Also, wir haben Informationsgespräche - - Wir haben mehrere Situationen gehabt, wo es zum
Thema Rechtsextremismus kam, auch mit Abgeordneten - ich meine, er hatte auch mal einen Innen-
minister aus einem anderen Bundesland dann dabei -, die sich informieren wollten ob unserer Maß-
nahmen, die wir haben. Wir haben einen der größten rechtsextremistischen Aufmärsche jedes Jahr in
Bad Nenndorf, wo er sich dann auch kundig gemacht hat, informiert hat - also Informationsveranstal-
tungen. Ich war mit ihm auch schon mal auf einer Podiumsdiskussion zum Thema Rechtsextremismus.
Also, wir haben uns zu diesen Gelegenheiten dann auch getroffen.“1778

Sein persönliches Verhältnis zu Sebastian Edathy hat er wie folgt geschildert:

„[…] Das Verhältnis war andererseits aber durchaus distanziert, was auch - - Ich würde mal sagen:
Das ist dann, denke ich, auch eine Frage so des Menschen jeweils. Er war sehr stark an der Sache
interessiert, hat sich da auch kundig gemacht, hat von uns auch bestimmte Dinge erwartet. Aber es
war jetzt nicht irgendwo menschlich innig auf dieser Ebene.“1779

Der Zeuge Kreykenbohm gab auf Nachfrage, ob es in der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg jemanden

gebe, der ein „engeres Verhältnis“ zu Herrn Edathy gehabt habe, ferner an, davon keine Kenntnis zu haben.1780

4. Polizeipräsident Kruse

Der Zeuge Kruse hat seine Kontakte zu Sebastian Edathy folgendermaßen geschildert:

1776 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 101.
1777 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 125.
1778 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36, S. 46.
1779 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36. S. 46.
1780 Kreykenbohm, Protokoll-Nr. 36. S. 47.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 429 – Drucksache 18/6700

„[…] Ich wusste erstens mal, dass er unser Bundestagsabgeordneter natürlich ist, und ich habe in zwei
Fällen, glaube ich, mal unmittelbaren Kontakt mit ihm gehabt. Das eine war - ich kann das jetzt von
der Zeit aus der Hand hier im Moment nicht darlegen -: Da hatten wir mal Rechts-Links-Auseinan-
dersetzungen in seinem Wahlkreis in Bückeburg. Es waren so junge Leute, die sich da ständig in der
Innenstadt irgendwelche Schlachten lieferten. Da gab es dann auch die Notwendigkeit, polizeilich zu
agieren. In diesem Zusammenhang hat er mal ein öffentliches Hearing oder so was Ähnliches durch-
geführt in Bückeburg. Da bin ich ihm eigentlich zum ersten Mal persönlich begegnet. Da haben wir
uns sehr kurz unterhalten. Und der zweite Anlass war eine Demonstration. Das war dann nach diesem
Anlass. Das weiß ich deshalb noch, weil die Unterhaltung, die wir dann geführt haben, sich auch
darauf bezog. Der zweite Anlass war mal eine Demonstration in Bad Nenndorf. Da haben wir relativ
große Demonstrationen mit rechtsgerichtetem Charakter im Wesentlichen mit entsprechenden Gegen-
demonstrationen. Da ist er auch gewesen als Demonstrationsteilnehmer. Bei der Gelegenheit haben
wir uns dann noch mal sehr kurz - ich schätze mal, vier bis fünf Minuten maximal - am Rande dieser
Demonstration über dieses Hearing unterhalten und über die Situation in Bückeburg. Ich meine - legen
Sie mich nicht fest -, es ist 2012 oder 2013 gewesen.“1781

Danach habe es keine Kontakte mehr gegeben.1782

VII. Kenntnisnahmen und Möglichkeiten der Kenntnisnahme vom Namen Sebastian Eda-
thys in der Erkenntnisanfrage des Bundeskriminalamtes im Geschäftsbereich des Nie-
dersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport am 15. Oktober und in den Tagen
danach

1. Kenntnisnahmen

Mit Beweisbeschluss 18(27)9 hat der Ausschuss das Land Niedersachsen ersucht, diejenigen Personen mitzu-

teilen, „die in niedersächsischen Landesbehörden der Geschäftsbereiche Inneres und Justiz sowie der Staats-

kanzlei ab dem 15. Oktober 2013 bis zum 10. Februar 2014 davon Kenntnis erlangt hatten, dass sich der Name

Sebastian Edathy auf einer Liste im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen des Erwerbs kinder- bzw. jugend-

pornografischer Schriften befindet bzw. dass gegen Sebastian Edathy strafrechtlich ermittelt wird“1783. In einem

in Erfüllung dieses Beweisbeschlusses übermittelten Personenverzeichnis sind für den 15. Oktober 2013 und

einige Tage danach insgesamt 27 Personen aus dem Geschäftsbereich des Niedersächsischen Ministeriums für

Inneres und Sport aufgeführt.1784

Am 15. Oktober 2013 erlangten den Angaben dieses Verzeichnisses zufolge folgende sechs Beamte der Polizei-

inspektion Nienburg/Schaumburg Kenntnis: Erster Kriminalhauptkommissar Baum, Kriminalhauptkommissar

Schröder, Kriminalhauptkommissar Mielke, Polizeioberkommissar Hellmerichs, Leitender Polizeidirektor

Kreykenbohm und Kriminaldirektor Walter.1785

1781 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 64 f.
1782 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 65.
1783 Beweisbeschluss 18(27)9.
1784 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 1 ff., Personenverzeichnis.
1785 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 1 f., Personenverzeichnis.

Drucksache 18/6700 – 430 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ebenfalls am 15. Oktober 2013 erlangten der Polizeipräsident der Polizeidirektion Göttingen Robert Kruse1786,

drei Beamte der „PD Hannover ZKD, 1.3 K“1787, zwei Beamte der „PD Oldenburg PI Diepholz, ZKD, FK 1“1788

und Kriminalhauptkommissar Schillig aus dem Dezernat 38 des Landeskriminalamtes Niedersachsen1789 Kennt-

nis davon, dass sich der Name von Sebastian Edathy auf den Listen aus der Operation „Selm“ befand. Am

15. Oktober 2013 oder „einige Tage später“ erhielt zudem ein Beamter der Polizeidirektion Lüneburg Polizeiin-

spektion Harburg, ZKD, FK 11790 Kenntnis.

Am 16. Oktober 2013 wurde ein Beamter der „PD Hannover ZKD, 1.3 K“1791 mündlich von einem Kollegen,

der bereits am 15. Oktober 2013 Kenntnis erlangt hatte, unterrichtet. Die Leiterin des Zentralen Kriminaldiens-

tes, eine Erste Kriminalhauptkommissarin in der „PD Hannover ZKD, 1.3 K“1792, erlangte am 16. Oktober 2013

„mündlich“1793 beziehungsweise durch „E-Post“1794 Kenntnis und informierte ihrerseits in der Zeit zwischen

dem 16. und 18. Oktober 2013 mündlich einen Leitenden Kriminaldirektor des Zentralen Kriminaldienstes der

Polizeidirektion Hannover.1795 Ebenfalls am 16. Oktober 2013 informierte Kriminalhauptkommissar Schillig

einen weiteren Beamten des Dezernats 381796, der seinerseits am 16. Oktober 2013 den Leiter der Abteilung 3

des Landeskriminalamtes Niedersachsen1797 unterrichtete.

Am 17. Oktober 2013 unterrichtete die Beamtin der „PD Hannover ZKD, 1.3 K“, die am 16. Oktober „mündlich/

per E-Post“1798 Kenntnis erlangt hatte, im Rahmen einer Frühbesprechung acht weitere Polizeibeamte der „PD

Hannover ZKD, 1.3 K“.1799

2. Möglichkeiten der Kenntnisnahme

Das Landeskriminalamt Niedersachsen steuerte die Erkenntnisanfrage des Bundeskriminalamtes vom 15. Okto-

ber 2013 per E-Post an neun Polizeiinspektionen in Niedersachsen.1800 In einer von der Niedersächsischen

Staatskanzlei übersandten Übersicht sind 54 Personen aus dem Geschäftsbereich des Niedersächsischen Minis-

terium für Inneres und Sport genannt, die mit „der Bearbeitung der E-Post befasst waren bzw. die E-Post erhalten

haben (und damit theoretisch die Möglichkeit gehabt haben, die Nachricht einzusehen)“.1801 Entsprechend den

Angaben aus dieser Übersicht hatten folgende 45 mit der E-Post befassten Bedienstete aus dem Geschäftsbereich

1786 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 2, Personenverzeichnis.
1787 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 1 f., Personenverzeichnis.
1788 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 1 f., Personenverzeichnis.
1789 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 2, Personenverzeichnis.
1790 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 2, Personenverzeichnis.
1791 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 2, Personenverzeichnis.
1792 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 3, Personenverzeichnis.
1793 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 3, Personenverzeichnis.
1794 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 3, Personenverzeichnis.
1795 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 3, Personenverzeichnis.
1796 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 3, Personenverzeichnis.
1797 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 3, Personenverzeichnis.
1798 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 3, Personenverzeichnis.
1799 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 3, Personenverzeichnis.
1800 Näher hierzu: Zweiter Teil C.3.
1801 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 2, Bl. 1 ff., Personenverzeichnis.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 431 – Drucksache 18/6700
des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport ebenfalls theoretisch die Möglichkeit der Kenntnis-

nahme.1802

In der Polizeiinspektion Diepholz waren zehn Bedienstete in die Bearbeitung der E-Post einbezogen, von denen

acht Personen die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hatten, dass sich der Name von Sebastian Edathy in den

Listen der Operation „Selm“ befand.1803 Zwei Personen hatten in der Polizeiinspektion Verden Möglichkeit zur

Kenntnisnahme.1804 In der Polizeiinspektion Stade gab es aufgrund der Bearbeitung der E-Post für drei Bediens-

tete Gelegenheit zur Kenntnisnahme.1805 In der Polizeiinspektion Heidekreis waren sieben Bedienstete mit der

Bearbeitung der E-Post befasst und hatten damit Gelegenheit zur Kenntnisnahme.1806 Drei sachbearbeitende

Mitarbeiter der Polizeiinspektion Harburg hatten die Möglichkeit zur Sichtung des Namens von Sebastian Eda-

thy.1807 In der Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim waren elf Personen befasst und konnten Kenntnis

nehmen.1808 Von den vier mit der E-Post-Bearbeitung befassten Bediensteten der Polizeiinspektion Nien-

burg/Schaumburg hatte nur eine lediglich die Möglichkeit zu Kenntnisnahme, ohne Kenntnis zu nehmen, die

übrigen drei haben tatsächlich Kenntnis erlangt.1809 In der Polizeiinspektion Hildesheim hatten neun Beamte

oder Beschäftigte die Gelegenheit Kenntnis zu nehmen. In der Polizeidirektion Hannover, Zentraler Kriminal-

dienst, haben die vier mit der Bearbeitung der E-Post befassten Beamtinnen und Beamten tatsächlich Kenntnis

erlangt.1810 Im Landeskriminalamt Niedersachsen hatte eine Polizeibeschäftigte Zugriff auf die E-Post und damit

die Möglichkeit zur Kenntnisnahme.1811

VIII. Abstimmungen zur Zuständigkeit im Falle möglicher Ermittlungen gegen Edathy und
weitere Kontakte zwischen Polizeibehörden bis zum 25. Oktober 2013

1. Absprachen zwischen Erster Kriminalhauptkommissar Baum und dem Landeskriminalamt

Der Zeuge Baum hat in seiner Vernehmung ausgesagt, unmittelbar nachdem ihm der Name von Sebastian Eda-

thy in der Erkenntnisanfrage des Bundeskriminalamtes bekannt geworden sei, habe er den in der Erkenntnisan-

frage angegebenen Kriminalhauptkommissar Schillig beim Landeskriminalamt Niedersachsen kontaktiert:

„[…] Ob ich an diesem Tage jetzt noch mit unserem LKA, das für die Steuerung dieser E-Post ver-
antwortlich war - es waren ja, ich meine, neun niedersächsische Polizeiinspektionen angeschrieben,
also wir plus acht weitere - - vermag ich jetzt mit Sicherheit nicht mehr zu sagen. Allerdings habe ich

1802 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 2, Bl. 1 ff., Personenverzeichnis. Diejenigen in diesem Verzeichnis genannten Personen, die tatsächlich bei der
Bearbeitung der E-Post Kenntnis erlangt haben, wurden bereits unter Zweiter Teil C. VII. 1. berücksichtigt.

1803 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 2, Bl. 1 f., Personenverzeichnis.
1804 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 2, Bl. 2, Personenverzeichnis.
1805 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 2, Bl. 2 f., Personenverzeichnis.
1806 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 2, Bl. 3, Personenverzeichnis.
1807 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 2, Bl. 3 f., Personenverzeichnis.
1808 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 2, Bl. 4, Personenverzeichnis.
1809 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 2, Bl. 4 f., Personenverzeichnis.
1810 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 2, Bl. 6, Personenverzeichnis.
1811 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 2, Bl. 2, Personenverzeichnis.

Drucksache 18/6700 – 432 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

spätestens am nächsten Morgen dann ein Telefonat auch mit dem LKA, und zwar mit der Ansprech-
stelle Kinderpornografie, mit einem KHK Schillig, geführt. […]“1812

Am 25. Oktober 2013 legte der Sachgebietsleiter von Kriminalhauptkommissar Schillig im Dezernat 38 des

Landeskriminalamtes Niedersachsen diesem ein Schreiben vor, aus dem – den Angaben von Kriminalhauptkom-

missar Schillig zufolge – hervorgegangen sein soll, dass „im Fall der Eröffnung eine Ermittlungsverfahrens die-

ses durch das Landeskriminalamt Niedersachsen geführt wird. Dies resultiere aus einer Absprache zwischen

dem Polizeipräsidenten Kruse der Polizeidirektion Göttingen und den Präsidenten des Landeskriminalam-

tes“1813. Einem Vermerk der Polizeidirektion Göttingen vom 17. Februar 2014 zufolge teilte Kriminalhauptkom-

missar Schillig dem Zeugen Baum am 25. Oktober 2013 fernmündlich mit, dass „im Falle weitergehender Er-

mittlungen gegen Herrn EDATHY das Landeskriminalamt diese führen werde“.1814

Der Zeuge Baum hat zudem eine Rückmeldung von Kriminalhauptkommissar Schillig beschrieben:

„Noch in der Woche um den 15.10. - das war, meine ich, ein Dienstag -, also noch in dieser gleichen
Woche, bekam ich telefonisch, meine ich, die Mitteilung vom KHK Schillig, von der Ansprechstelle
aus dem LKA, dass eine Sachbearbeitung, wenn denn ein Ermittlungsverfahren im strafrechtlichen
Sinne das LKA erreicht oder Niedersachsen erreicht, im Landeskriminalamt stattfinden wird.“1815

2. Rückfrage von Erster Kriminalhauptkommissar Baum beim Bundeskriminalamt am 23. Oktober 2013

Am 23. Oktober 2013 erkundigte sich der Zeuge Baum telefonisch beim Bundeskriminalamt nach dem Stand

des Verfahrens. In einem Vermerk der Polizeidirektion Göttingen wird dieses Telefonat wiedergegeben:

„Auf fernmündliche Nachfrage von Herrn EKHK Baum bei der Zentralstelle für Kinderpornografie
des BKA wird von dort mitgeteilt, dass ein formelles Verdachtsverfahren gegen Herrn EDATHY ein-
geleitet sei. Der Vorgang werde nach dort vorliegenden Erkenntnissen voraussichtlich am 25.10.2013
bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle eingehen.“1816

Der Zeuge hat hierzu erklärt:

„[…] Dann habe ich noch einmal in der Folgewoche - ich meine, das ist der 23. Oktober gewesen -
auf Bitten meines Kriminaldirektors Herrn Walter Nachfrage gehalten beim BKA, bei der Kollegin
Greiner, wie denn nun mit der Personalie umgegangen wird und wie der weitere Vorgangslauf sei.

Und Frau Greiner teilte mir dann in einem Telefonat und, ich meine, auch in einer E-Mail mit, dass
sie die Angelegenheit nicht nur BKA-intern, sondern auch mit der Generalstaatsanwaltschaft in Frank-
furt/Main, Außenstelle Gießen - die Zentralstelle für Internetkriminalität -, erörtert habe und dass sie
eine Information dahin gehend erhalten habe, dass der - ich sage mal so: Es war ja noch kein Ermitt-
lungsvorgang im eigentlichen Sinne, weil die strafrechtliche Relevanz ja noch nicht festgelegt worden
war - Vorgang als solcher über die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main, Außenstelle Gießen, zu
unserer zuständigen Generalstaatsanwaltschaft nach Celle unmittelbar weitergeleitet werde und dass

1812 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 9.
1813 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (146), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA

Niedersachsen vom 25. Februar 2014.
1814 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 20 (21), Schreiben der PD Göttingen an das Niedersächsische Ministerium für

Inneres und Sport vom 17. Februar 2014.
1815 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 20.
1816 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 20 (21), Schreiben der PD Göttingen an das Niedersächsische Ministerium für

Inneres und Sport vom 17. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 433 – Drucksache 18/6700

entsprechende Vorgespräche zwischen den Behördenleitern - der Name des Leitenden Oberstaatsan-
walts aus Frankfurt ist mir nicht bekannt, aber mit Dr. Lüttig aus Celle - stattgefunden hätten.

Und der Papiervorgang war dann für Ende dieser Woche, also Ende der - - wir haben eben vom 23.
Oktober gesprochen, das war, glaube ich, ein Mittwoch, dann für den Freitag avisiert worden.

So. Und diese Information habe ich dann wiederum meinem ZKD-Leiter und meinem Inspektionslei-
ter, glaube ich, mitgeteilt, Herrn Kreykenbohm, der hier ja schon zugegen war. Damit war dann für
uns die Angelegenheit erst mal erledigt. […]“1817

Der Zeuge hat auf den Vorhalt, dass es theoretisch keinen Raum mehr für die Zuständigkeit der Polizeiinspektion

gegeben habe, ausgeführt:

„Raum für Ermittlungen gab es ja nicht. Wir hatten in dieser Woche die Information: Es wird beim
LKA sachbehandelt werden. Und eigentlich waren wir jetzt aus, ich sage mal, -“1818

Auf die Frage nach dem Grund für die Erkundigung beim Bundeskriminalamt am 23. Oktober 2013 hat er an-

gefügt:

„Nur, ich habe halt die Bitte bekommen, dann in der Folgewoche noch mal beim BKA nachzufragen
und einfach mal zu hören: Was ist aus dem Verfahren geworden?“1819

In einem Vermerk vom 15. Februar 2014 nahm der Zeuge Baum zu den Zeitabläufen und Ermittlungshandlungen

des 1. Fachkommissariats im Fall Edathy Stellung und führte unter anderem aus:

„Eine Dokumentation der hiesigen Tätigkeiten im VBS NIVADIS unterblieb. Dies ist im Rahmen von
Personenabklärungen aber auch nicht vorgesehen“1820

3. Rückfrage des Landeskriminalamtes beim Bundeskriminalamt am 24. Oktober 2013 und Überlegungen
im Landeskriminalamt zum weiteren Vorgehen

Aus einer chronologischen Aufstellung von Ereignissen des Landeskriminalamtes Niedersachsen vom 17. Feb-

ruar 2014 ergibt sich, dass das Dezernat 38 des Landeskriminalamtes Niedersachsen am 24. Oktober 2013 tele-

fonische Rücksprache zum weiteren Verfahrensgang mit dem Bundeskriminalamt gehalten und von dort den

Hinweis auf eine bevorstehende Übersendung der Akte durch die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main

an die Generalstaatsanwaltschaft Celle erhalten habe.1821 In einem Vermerk des stellvertretenden Leiters des

Dezernats 38 des Landeskriminalamtes Niedersachsen, Kriminalhauptkommissar Schmoll,1822 vom 25. Oktober

2013 für den Vizepräsidenten des Landeskriminalamtes findet sich folgender Hinweis:

„[…] Auf telefonische Nachfrage teilt das BKA am 24.10.2013 mit, das dies Verfahren an die Gene-
ralstaatsanwaltschaft/ FFM - ZIT abgegeben wurde und nach dortiger Kenntnis heute an die General-
staatsanwaltschaft Celle gesandt werden soll.

1817 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 10.
1818 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 20.
1819 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 21.
1820 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 4, Bl. 27 (28), Stellungnahme Baum vom 15. Februar 2014.
1821 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 186 (187), Vermerk des LKA Niedersachsen vom 17. Februar 2014.
1822 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 135 (137), Protokoll der Vernehmung von KOR Möhring am 21. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 434 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

U.a. Verfahren der Kinderpornografie gg. Personen des öffentlichen Lebens werden in aller Regel
durch das Dezernat 38, Ansprechstelle Kinderpornografie im LKA Niedersachsen bearbeitet.

Sollte nach Eingang des Verfahrens die Generalstaatsanwaltschaft Celle den Anfangsverdacht beja-
hen, wird mit dem zuständigen OStA Rosengarten abgesprochen, dass dieses Verfahren zur Bearbei-
tung an das LKA Niedersachsen abgegeben wird.

Mit der PI Nienburg wird dann die Übernahme der Ermittlungen durch das LKA Niedersachsen eben-
falls abgesprochen. […]“1823

4. Absprachen zwischen Polizeipräsident Kruse und dem Präsidenten des Landeskriminalamtes Niedersach-
sen Kolmey

Ausweislich des vom Land Niedersachsen vorgelegten Verzeichnisses derjenigen Personen, die Kenntnis davon

hatten, dass sich der Name von Sebastian Edathy auf einer Liste im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen

des Erwerbs von Kinderpornografie befindet, fand in der 43. Kalenderwoche 2013 ein Gespräch zwischen dem

Polizeipräsidenten der Polizeidirektion Göttingen, Zeuge Robert Kruse, und dem Präsidenten des Landeskrimi-

nalamtes Niedersachsen, Uwe Kolmey, statt.1824 Unter der Überschrift „Gesprächspartner/Ereignis“ enthält die-

ses Verzeichnis folgenden zu „Kolmey, Uwe“ folgenden Eintrag:

„Kruse, Robert, PP der PD Göttingen

Abstimmung der weiteren Verfahrensführung

Weiteres Verfahren wird durch das LKA NI geführt.“1825

In einem Vermerk vom 17. Februar 2014 mit einer chronologischen Darstellung der Ereignisse berichtete das

Landeskriminalamt Niedersachsen an das Referat 23 des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport

unter anderem:

„25.10.2013: Absprache zwischen PP Kruse, Göttingen und dem Präsidenten des LKA NI zur Ver-
fahrensführung für den Fall der Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens durch die zuständige Staats-
anwaltschaft (Verfahrensführung durch das LKA Niedersachsen).“1826

Polizeipräsident Kruse hat in seiner Vernehmung zu diesem Gespräch folgende Angaben gemacht:

„[…] Also, ich habe am 25. dieses Gespräch mit Herrn Kolmey geführt, wobei wir ja in dem Fall,
glaube ich, erst mal nur erörtert haben, dass das LKA das wohl übernehmen wird. Aber die formelle
Übernahme, weiß ich nicht genau, wann die nachher tatsächlich genau gewesen ist.“1827

Zum Zeitpunkt hat der Zeuge Kruse an anderer Stelle in seiner Vernehmung erklärt:

„Ich kann aus meiner Erinnerung auch nur sagen: 43. Kalenderwoche. Zumindest auf diese Woche
konnte ich das festlegen. Das beginnt mit dem 21.10. bis zum 25. Es könnte auch der 25. direkt gewe-
sen sein. Aber das würde dann in der Tat zusammenfallen offensichtlich mit seiner Information aus

1823 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 165 (166), Vermerk des Dezernats 38 des LKA Niedersachsen vom 25. Oktober
2013.

1824 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 4, Personenverzeichnis.
1825 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 4, Personenverzeichnis.
1826 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 186 (187), Vermerk des LKA Niedersachsen vom 17. Februar 2014.
1827 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 69.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 435 – Drucksache 18/6700

dem eigenen Haus. Müsste dann so gewesen sein, wenn er tatsächlich - - wenn mein Eindruck richtig
wäre, dass er zu dem Zeitpunkt darüber informiert war. Wenn er am 25. erst informiert worden ist,
kann das Gespräch zwischen mir und ihm erst am 25. gewesen sein.“1828

Im weiteren Verlauf hat der Zeuge Kruse seine Angaben zum Inhalt des Gesprächs konkretisiert:

„So endgültig war es in diesem Gespräch nicht. Ich habe nur gefragt - - Wir haben uns über dieses
Verfahren unterhalten, und ich habe eigentlich gefragt, ob sie bereit sind, dieses Verfahren zu über-
nehmen, und da hat er gesagt: Grundsätzlich ja. - So. Aber das war jetzt nicht die formelle Übernahme,
sondern die formelle Übernahme findet ja in der Tat erst statt, wenn dieser Vorgang, sage ich mal, von
Nienburg dann letztlich der Originalvorgang an das LKA geht. Das läuft ja auch nicht über die Direk-
tion.“1829

Insbesondere zu der Frage, ob sein Gespräch mit dem Präsidenten des Landeskriminalamtes Kolmey unmittelbar

zur Zuständigkeit des Landeskriminalamtes geführt habe, hat der Zeuge Kruse ausgesagt:

„[…] Die Sachbearbeitung lag beim Bundeskriminalamt. Das Bundeskriminalamt hatte uns um Un-
terstützung ersucht. Das heißt, das Gespräch, das ich im Übrigen mit Herrn Kolmey auch geführt habe,
ging ja nur darum: Wenn das Verfahren zu uns kommen sollte - zu dem Zeitpunkt lag es ja noch beim
BKA -, dann würde das LKA einsteigen. Das heißt also, es war eben kein Übergabegespräch, um das
noch mal klarzustellen […].“1830

Der Zeuge Kruse hat bekundet, keine Kenntnis davon zu haben, wann der LKA-Präsident Kolmey über die Iden-

tifizierung von Sebastian Edathy in den Listen der Operation „Selm“ unterrichtet worden ist.1831 Er habe aber in

dem Gespräch mit LKA-Präsident Kolmey am 25. Oktober 2013 den Eindruck gehabt, dass dieser von dem

Vorgang bereits Kenntnis habe.1832 Seinen Eindruck hat der Zeuge in der Vernehmung geschildert:

„[…] Ich habe in dem Gespräch, das ich mit Herrn Kolmey geführt habe - in der Tat ja auch schon
einige Zeit nach der Erstmeldung an mich -, auch den Eindruck gehabt, dass er über dieses Verfahren
bereits informiert war. Ob nun unmittelbar vorher, kann ich nicht sagen; weiß ich nicht. Aber ich hatte
jedenfalls den Eindruck, dass dieses Gespräch, das ich mit ihm geführt hatte - - also dass er da schon
über den Vorgang an sich informiert war.“1833

5. Rückmeldung des Landeskriminalamtes Niedersachsen an den Ersten Polizeihauptkommissar Baum zur
Zuständigkeit

Der von der Polizeidirektion Göttingen am 17. Februar 2014 angefertigte Vermerk zu den Ereignissen enthält

zur Rückmeldung an den Ersten Kriminalhauptkommissar Baum folgenden Eintrag:

„Freitag, 25.10.2013

Herr EKHK Baum erhält vom Dezernat 38 des LKA Niedersachsen fernmündlich die Nachricht, dass
im Falle weitergehender Ermittlungen gegen Herrn EDATHY das LKA diese führen werde.“1834

1828 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 60.
1829 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 69.
1830 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 71.
1831 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 60.
1832 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 60.
1833 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 60.
1834 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 20 (21), Schreiben der PD Göttingen an das Niedersächsische Ministerium für

Inneres und Sport vom 17. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 436 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

IX. Die Akte zu Sebastian Edathy bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle

1. Unterrichtung des Generalstaatsanwalts Dr. Lüttig durch den Generalstaatsanwalt von Frankfurt am
Main

Ende Oktober 2013 informierte der Generalstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main Blu-

mensatt den Generalstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Celle Dr. Lüttig fernmündlich über den Vorgang

zu Sebastian Edathy aus der Operation „Selm“. Der Zeuge Dr. Lüttig schilderte dieses Telefonat:

„[…] Das geht los mit dem Eingang dieses Verfahrens, das mir telefonisch vom Kollegen Blumensatt,
Generalstaatsanwalt in Frankfurt, mitgeteilt worden ist, der mich angerufen hatte und gesagt hatte: Da
kommt was auf dich zu. Da haben wir hier eine Akte mit dem Namen Edathy. - Da war relativ klar,
was dahintersteckte. Dann hat er so ein bisschen die Rahmenbedingungen erzählt, also ganz kurz - ich
habe das auch nicht mehr so richtig im Kopf - über das ‚Spade‘-Verfahren, über die kanadischen Be-
hörden. […]“1835

Zum Datum dieses Telefonats gab der Zeuge an:

„Das war - - müsste der 21. gewesen sein - kann ich jetzt aber nicht ganz genau sagen -, weil von dem
Tag stammt eine E-Mail. Ich glaube, er hat mich an diesem Tag auch direkt angerufen. […]“1836

Im Nachgang zu diesem Telefonat übermittelte der Generalstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt

am Main Blumensatt am 21. Oktober 2013 einen von Staatsanwalt Dr. Krause von der ZIT gefertigten „Kurz-

vermerk zur OP Selm und dem entstandenen Verdacht gegen den Bundestagsabgeordneten Sebastian EDA-

THY“1837 an die E-Mail-Adresse „Poststelle (GenStA Celle)“.1838 1839 In der Anrede wandte sich Generalstaats-

anwaltschaft Blumensatt an den Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig.1840 In dem genannten Kurzvermerk erläuterte

Staatsanwalt Dr. Krause das Verfahren der Fallbearbeitung im Rahmen der Operation „Selm“, informierte über

eine Mitteilung des Bundeskriminalamtes am 15. Oktober 2013, dass sich bei der Aufarbeitung der dort vorlie-

genden Informationen ein Verdacht gegen Sebastian Edathy ergeben habe, teilte biografische Daten zu Sebastian

Edathy mit und unterrichtete über die Absicht,

„den Vorgang nach Eingang aufgrund der Immunität als AR-Vorgang zu registrierten und ohne die
Beantragung strafprozessualer Zwangsmaßnahmen unverzüglich an die für den Wohnort des EDA-
THY zuständige GStA Celle abzugeben.“1841

1835 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 9.
1836 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 16.
1837 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 1, E-Mail des Generalstaatsanwaltes der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt

am Main Blumensatt an die Poststelle der Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 21. Oktober 2013, 12.51 Uhr.
1838 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 1, E-Mail des Generalstaatsanwaltes der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt

am Main Blumensatt an die Poststelle der Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 21. Oktober 2013, 12.51 Uhr.
1839 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 1 f., E-Mail des Generalstaatsanwaltes der Generalstaatsanwaltschaft Frank-

furt am Main Blumensatt an die Poststelle der Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 21. Oktober 2013, 12.51 Uhr.
1840 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 1, E-Mail des Generalstaatsanwaltes der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt

am Main Blumensatt an die Poststelle der Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 21. Oktober 2013, 12.51 Uhr.
1841 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 1 (2), E-Mail des Generalstaatsanwaltes der Generalstaatsanwaltschaft Frank-

furt am Main Blumensatt an die Poststelle der Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 21. Oktober 2013, 12.51 Uhr.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 437 – Drucksache 18/6700

2. Eingang und Bearbeitung der Akte bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle

a) Eingang der Akte am 31. Oktober 2013

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2013 übersandte Staatsanwalt Dr. Krause von der ZIT unter dem Aktenzeichen

60 AR 16/13 ZIT die vom Bundeskriminalamt aufbereitete Akte zu Sebastian Edathy „nebst Sonderband (1

Datenträger)“1842 „mit der Bitte um Übernahme“1843 an den Generalstaatanwalt Dr. Lüttig „persönlich

o. V. i. A.“1844 Eine vom Land Niedersachsen im Wege der Amtshilfe zur Verfügung gestellte Ablichtung dieses

Schreibens ist mit dem handschriftlichen Vermerk „E: 31.10.15“ versehen.1845 In einer „Zeitleiste im Komplex

Edathy“ vom 27. Februar 2014 hielt Dr. Hackner aus dem Niedersächsischen Justizministerium fest, die Sebas-

tian Edathy betreffende Akte sei am 31. Oktober 2013 eingegangen.1846

Den Zustand der Sendung, mit der die Akten eingingen hat der Zeuge Dr. Lüttig beschrieben:

„Die war verschlossen, versiegelt.

[…]

Persönlich an mich.”1847

Sein weiteres Vorgehen nach Eingang der Akte hat der Zeuge Dr. Lüttig in seiner Vernehmung erläutert:

„[…] Die Akten sind bei uns dann eingegangen am 31.10., bei mir direkt auf den Schreibtisch. Ich
habe sie mir angesehen und durchgearbeitet und habe sie dann weitergegeben an den Kollegen Kolk-
meier - Herr Kolkmeier ist Oberstaatsanwalt in meiner Behörde und stellvertretender Abteilungsleiter
2; Abteilung 2 ist die Behörde, die für die Berichtsvorgänge zuständig ist -, weil der Abteilungsleiter
Herr Schierholt damals nicht vor Ort war. […]“1848

b) Telefonische Unterrichtung des Leiters der Staatsanwaltschaft Hannover, Leitender Ober-
staatsanwalt Dr. Fröhlich, durch Dr. Lüttig

Aus einer von Dr. Hackner aus dem Niedersächsischen Justizministerium erstellten „Zeitleiste im Komplex

Edathy“ vom 27. Februar 2014 geht hervor, dass Dr. Lüttig am 31. Oktober 2013 „den Leitenden Oberstaatsan-

walt in Hannover [der Zeuge Dr. Fröhlich, Anm.], zu dessen Behörde auch die niedersächsische Zentralstelle

1842 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 3, Schreiben der ZIT an die Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 28. Oktober
2013.

1843 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 3, Schreiben der ZIT an die Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 28. Oktober
2013.

1844 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 3, Schreiben der ZIT an die Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 28. Oktober
2013.

1845 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 3, Schreiben der ZIT an die Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 28. Oktober
2013.

1846 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 174 (174R), Zeitleiste im Komplex "Edathy" des Niedersächsischen Justizmi-
nisteriums vom 27. Februar 2014.

1847 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 20.
1848 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 9.

Drucksache 18/6700 – 438 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

zur Bekämpfung gewaltdarstellender, pornografischen und sonst jugendgefährdender Schriften gehört, über den

Verdachtsfall“ unterrichtete.1849

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat zu dieser Unterrichtung erklärt:

„[…] Einige Tage später bekam ich einen Anruf des Generalstaatsanwalts Dr. Lüttig. Ich habe keine
konkrete Erinnerung mehr, an welchem Tag genau. Es müsste nach meinem Terminkalender und dem,
was ich rekonstruieren kann, der 30. oder der 31. Oktober gewesen sein. Ich habe dann später gesehen,
dass Herr Dr. Lüttig diesen Anruf auf den 31. Oktober terminiert hat, und meine mittlerweile, das
dürfte zutreffen.

Herr Dr. Lüttig sagte mir, er habe von Herrn Generalstaatsanwalt Blumensatt aus Frankfurt eine Akte
bekommen. Es ginge da vom Sachverhalt her darum, dass in Kanada eine Firma ausgehoben worden
sei, die kinderpornografisches Material versendet, dass man nunmehr die Kundendatei durchgesehen
habe, und es gebe entsprechende Kunden in Deutschland - ein ja auch in anderen Bereichen übliches
Szenario. Nunmehr versucht man, die Kunden hier in Deutschland zu prüfen. Ein Verfahren sei bri-
sant. Das würde auf die Staatsanwaltschaft Hannover zufließen. Brisant deswegen, weil der Beschul-
digte Herr Edathy sei. Herr Lüttig sagte aber auch gleich, es sei noch nicht ganz klar, ob hier in diesem
Fall überhaupt ein Anfangsverdacht bestehen würde. Das müsse man zunächst einmal sorgfältig prü-
fen. Er würde mir die Akte vertraulich schicken. Wir sollten uns das Ganze einmal anschauen und uns
dann wieder mit ihm in Verbindung setzen. - Das war es.

In dieser Woche - können Sie sich vorstellen - hatte ich also auch anderes zu tun. Es stand sogar auch
noch das Verfahren Wulff/Groenewold vor der Tür. Wir waren in ganz anderen Szenerien. Ich habe
mit diesem Anruf natürlich nicht gerechnet, habe auch, ich glaube, niemandem Bescheid gesagt. Ich
habe das für mich behalten und habe mir gedacht: Warten wir erst mal ab, was in der einen oder
anderen Akte steht. […]“1850

c) Verfügung von Oberstaatsanwalt Kolkmeier vom 1. November 2013 zum weiteren Verfah-
ren und die Anlage einer Akte in der Generalstaatsanwaltschaft Celle

Ausweislich einer Verfügung von Oberstaatsanwalt Kolkmeier in der Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 1.

November 2013 erhielt der Vorgang zu Sebastian Edathy bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle ein sogenann-

tes AR-Aktenzeichen.1851 Oberstaatsanwalt Kolkmeier verfügte unter diesem Aktenzeichen - neben einer Über-

nahmenachricht an die ZIT und der Übersendung der Akte an die Staatsanwaltschaft Hannover -, eine „Verfah-

renssperre“ einzurichten, die „hiesige Doppelakte“ im Safe zu verwahren und die „Aktenvorlage stets von Hand

zu Hand“ vorzunehmen.1852 Der sechste Punkt dieser Verfügung lautete: „05.11.2013 Herrn AL II n. R. persön-

lich zur Kenntnisnahme“1853.

1849 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 3, lfd. Nr. 9, Bl. 337 (338), Zeitleiste im Komplex "Edathy" des Niedersächsischen Justizminis-
teriums, Stand 27. Februar 2014.

1850 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 78 f.
1851 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 4, Verfügung des Oberstaatsanwalts Kolkmeier in der Generalstaatsanwalt-

schaft Celle vom 1. November 2013.
1852 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 4, Verfügung des Oberstaatsanwalts Kolkmeier in der Generalstaatsanwalt-

schaft Celle vom 1. November 2013.
1853 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 4, Verfügung des Oberstaatsanwalts Kolkmeier in der Generalstaatsanwalt-

schaft Celle vom 1. November 2013.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 439 – Drucksache 18/6700
Ausweislich der vom Land Niedersachsen erstellten chronologischen Übersicht über Mitarbeiterinnen und Mit-

arbeiter, die Kenntnis davon erlangt haben, dass der Name „Sebastian Edathy“ sich in den Listen des Bundes-

kriminalamtes im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen des Erwerbs von Kinder- und Jugendpornografie

befindet, nahm die in der Generalstaatsanwaltschaft Celle mit der Anlage der Akte zu Sebastian Edathy als AR-

Vorgang befasste Justizangestellte von dessen Inhalt Kenntnis.1854

Der Zeuge Dr. Lüttig hat hierzu ausgeführt:

„[…] Das Verfahren ist dort eingetragen worden bei uns als Berichtsvorgang - nein, zunächst als AR-
Sache eingetragen worden. Es ist verschlossen worden, also wir haben eine Verfahrenssperre einge-
richtet. Herr Kolkmeier hat dafür Sorge getragen, dass das bei uns im Safe liegt. […]“1855

d) Übersendung der Akte an die Staatsanwaltschaft Hannover und Übersendung einer Über-
nahmenachricht an die ZIT am 1. November 2013

Die von der ZIT erhaltene Akte zu Sebastian Edathy übermittelte Oberstaatsanwalt Kolkmeier mit Schreiben

vom 1. November 2013 an die Staatsanwaltschaft Hannover.1856 Das Schreiben an die Staatsanwaltschaft Han-

nover war mit dem Zusatz „Persönlich! Vertraulich“ versehen und „z. Hd. Herrn LOStA Dr. Fröhlich o. V. i. A.“

adressiert. 1857 Dieses Schreiben an die Staatsanwaltschaft Hannover vom 1. November 2013 hatte folgenden

Inhalt:

„[…]

Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Sebastian Edathy, MdB wegen des Ver-
dachts des Besitzes kinder- und jugendpornografischer Schriften gemäß §§ 184 Abs. 4S. 2. 184 c Abs.
4 S. 2 StGB

60 AR 16/13 ZIT Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt a.M.

– Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität –

Außenstelle Gießen (1 Bd. Akten, 1. Sonderband)

Die Anlagen übersende ich mit der Bitte um Prüfung und weiter Veranlassung.

Im Auftrag

1854 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 4, Personenverzeichnis.
1855 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 9.
1856 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 5, Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Celle an die Staatsanwaltschaft

Hannover vom 1. November 2013.
1857 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 5, Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Celle an die Staatsanwaltschaft

Hannover vom 1. November 2013.

Drucksache 18/6700 – 440 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Kolkmeier

[…]“1858

Die Übersendung der Akte hat der Zeuge Dr. Lüttig wie folgt wiedergegeben:

„[…] Am 05.11. haben wir die Vorgänge per Boten nach Hannover bringen lassen. […]“1859

Mit Schreiben vom 1. November 2013, das mit dem Zusatz „Vertrauliche Personalsache!“1860 versehen war,

übersandte die Generalstaatsanwaltschaft Celle zudem eine „z. Hd. StA Dr. Krause persönlich o. V. i. A.“ adres-

sierte Übernahmenachricht an die ZIT.1861

3. Einholung von Informationen zur Bearbeitung vergleichbarer Fälle durch Leitenden Oberstaatsanwalt
Schierholt

Am 6. November 2013 war der Abteilungsleiter 2 der Generalstaatsanwaltschaft Celle, Leitender Oberstaatsan-

walt Christian Schierholt, mit dem Vorgang Edathy befasst, der per E-Mail an die ZIT Informationen zur An-

nahme eines Anfangsverdachts in vergleichbaren Fällen erbat.1862 Der Zeuge Staatsanwalt Dr. Krause von der

ZIT übermittelte in einer Antwort-E-Mail vom 7. November 2013 Informationen zu Ermittlungsverfahren der

Staatsanwaltschaften München I, Augsburg, Dresden, Flensburg, Berlin und Arnsberg und teilte mit, diesen

hätten ebenfalls vorab von der ZIT und dem BKA als nicht strafbar eingestufte Fotos und Videos der Kategorie

2 zugrunde gelegen.1863 Dr. Krause führte in dieser E-Mail weiter aus, in den Verfahren der Staatsanwaltschaften

München I, Augsburg und Dresden seien Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt worden, in dem Verfahren der

Staatsanwaltschaft Flensburg habe es keine Durchsuchungsbeschlüsse gegeben, sondern die Polizei sei um eine

Vernehmung ersucht worden, und die Staatsanwaltschaften Berlin und Arnsberg hätten die bei ihnen geführten

Verfahren gemäß § 170 Absatz 2 StPO eingestellt.1864

Der Zeuge Dr. Lüttig hat zur Einholung von Informationen durch Leitender Oberstaatsanwalt Schierholt erklärt:

„[…] In der Zwischenzeit hatte sich Herr Schierholt, der dann wieder da war, mit der Generalstaats-
anwaltschaft in Frankfurt in Verbindung gesetzt, um mehr Hintergründe zu erfahren, auch Vergleich-
barkeit des Materials, was dort so vorliegt, also die relevanten Beweismittel und Bilder. Wir wollten
auch wissen, wie die rechtlichen Würdigungen anderer Staatsanwaltschaften sind in diesem Bereich.
Das hat er dann gemacht und hat herausbekommen, dass verschiedene Verfahren schon an die Staats-
anwaltschaften München, Augsburg, Dresden, auch Berlin abgegeben worden sind, dass dort teilweise

1858 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 5, Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Celle an die Staatsanwaltschaft
Hannover vom 1. November 2013.

1859 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S.9.
1860 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 6, Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Celle an die ZIT vom 1. November

2013.
1861 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 6, Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Celle an die ZIT vom 1. November

2013.
1862 MAT A-Nds 18(27) 12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 7, E-Mail des Leitenden Oberstaatsanwalts Schierholt der Generalstaatsan-

waltschaft Celle an die ZIT vom 6. November 2013, 09.41 Uhr.
1863 MAT A-Nds 18(27) 12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 8, E-Mail des Zeugen Staatsanwalt Dr. Krause von der ZIT an den Leitenden

Oberstaatsanwalt Schierholt von der Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 7. November 2013, 10.24 Uhr.
1864 MAT A-Nds 18(27) 12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 8, E-Mail des Zeugen Staatsanwalt Dr. Krause von der ZIT an den Leitenden

Oberstaatsanwalt Schierholt von der Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 7. November 2013, 10.24 Uhr.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 441 – Drucksache 18/6700

Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt wurden, teilweise aber auch die Verfahren gleich eingestellt wur-
den. […]“1865

Der Zeuge hat des Weiteren ausgeführt:

„[…]Wir haben Kontakte gehabt zum BKA. Herr Schierholt hat mit dem BKA konferiert und hat noch
mal ein bisschen nachgefragt: Was gibt es denn da? - Aber das war alles in dem Bereich: Können wir
hier überhaupt einen Anfangsverdacht bejahen oder nicht? - Das war eigentlich - - Man schlägt die
Akte auf, und uns war klar: Da haben wir jetzt ein rechtliches Problem, was wir jetzt erst mal lösen
müssen.

Wir haben über die Zentrale Stelle Organisierte Kriminalität, in die Herr Schierholt jetzt auch einge-
bunden ist, versucht, mal bei den Kollegen in München und so rauszukriegen: ‚Wie behandelt ihr denn
die Fälle?‘, und haben dann auch den einen oder anderen Vermerk bekommen. Es gab eine Staatsan-
waltschaft, wo beispielsweise die Akten eingingen: Kein Anfangsverdacht, weglegen. - Das kann man
natürlich so machen. Aber hier ging es ja um - - Uns war das nicht so klar. […]“1866

4. Mögliche Unterrichtung von Leitender Oberstaatsanwältin Ballnus

Auf die Frage, ob er neben Leitenden Oberstaatsanwalt Schierholt noch mit weiteren Mitarbeitern über den

Vorgang Edathy gesprochen habe, hat der Zeuge Dr. Lüttig angegeben:

„Also wenn, dann habe ich mit Frau Ballnus gesprochen. Aber das war so: Da kommt wieder was auf
uns zu. - Ich würde ausschließen, dass ich mit jemand anderem darüber telefoniert habe, jedenfalls in
der Zeit zwischen Anruf Blumensatt und Eingang der Akte. Aber ich kann es - - Ich weiß es nicht
mehr. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das so gelaufen ist.“1867

Zum Inhalt einer möglichen Mitteilung an die Leitende Oberstaatsanwältin Ballnus hat er ausgesagt:

„Wenn, dann war es nur eine kurze Mitteilung: Blumensatt hat mich angerufen, hat gesagt, Edathy ist
in einem kanadischen Verfahren Besteller von irgendwelchen Schmuddelfotos. Es könnte sein, dass
da ein KiPo-Verfahren auf uns zukommt. - Mehr habe ich nicht gesagt.“1868

Die Wahrscheinlichkeit, dass er sich gegenüber der Leitenden Oberstaatsanwältin Ballnus und Oberstaatsanwalt

Schierholt zum Vorgang Edathy geäußert habe, hat der Zeuge Dr. Lüttig angegeben:

„Bei Herrn Schierholt bin ich mir zu 90 Prozent sicher, und bei Frau Ballnus bin ich mir ein bisschen
weniger sicher.“1869

Das allgemeine dienstliche Verhältnis zwischen sich und Leitender Oberstaatsanwältin Ballnus hat der Zeuge

Dr. Lüttig wie folgt erläutert:

„[…]Ich habe ein absolutes Vertrauensverhältnis zu ihr. Also, sie informiere ich über alles, was dort
läuft. Auch wenn das nicht direkt in ihren Zuständigkeitsbereich Rechtsachen gehört, sie ist mit dabei.
[…]“1870

1865 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 9.
1866 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 10.
1867 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 19.
1868 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 20.
1869 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 19.
1870 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 12.

Drucksache 18/6700 – 442 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

5. Angebliche Information des Niedersächsischen Justizministeriums durch den Generalstaatsanwalt Dr.
Lüttig Anfang November 2013

Im Rahmen seiner Vernehmung hat der Zeuge Dr. Lüttig Folgendes zur Unterrichtung von Dr. Hackner im

Niedersächsischen Justizministerium geschildert:

„Ich bin mir ziemlich sicher, aber ich kann - ich habe das auch noch mal versucht zu rekonstruieren -
mich nicht hundertprozentig erinnern. Ich bin ziemlich sicher, dass ich, nachdem die Akte bei mir
eingegangen ist am 31.10. und ich sie gelesen habe, in der Woche danach, Anfang November, mit
Herrn Hackner kurz telefoniert habe und gesagt habe: ‚Wir haben ein Problem mit - - wir haben ein
Verfahren, Kinderpornografie Edathy‘ - mehr habe ich aber auch nicht gesagt -, ‚wir müssen das aber
noch prüfen. Sollen wir noch einen Bericht - -‚‘“1871

Nach dem Einwurf der Frage „Anfang November?“ hat er seine Aussage wie folgt fortgesetzt:

„Anfang November. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich bin mir ziemlich sicher. Und dann kam die
Rückmeldung. Er wollte mit dem Staatssekretär sprechen, und der wiederum hätte dann gesagt: Nein,
ist nicht notwendig. - Ich habe dann am 28.01. auch erst informiert - was war denn der Grund eigent-
lich? -: eine Anfangsverdachtseinleitung. - Das war der Hintergrund. Da war wieder ein neuer Schritt,
und jetzt geht es los.“1872

Auf die Frage, ob es danach ein Herantreten an ihn gegeben habe, hat der Zeuge Dr. Lüttig gesagt:

„Nein.“1873

Nach dem fragenden Hinweis, er, der Zeuge Dr. Lüttig, habe Dr. Hackner vorgetragen, hat der Zeuge Dr. Lüttig

ausgeführt:

„Ich habe ihm das gesagt und - - Nur, dass wir uns richtig verstehen: Ich bin mir nicht ganz sicher über
dieses erste Gespräch, weil ich habe nur einen Vermerk über das zweite Gespräch am 28. Da habe ich
ihn angerufen und habe gesagt: Wir leiten ein gegen Edathy. Sollen wir vorbeikommen und vortragen?
- Und da hat er gesagt: Braucht ihr nicht. - Auch nach Rücksprache mit dem Staatssekretär: Brauchen
wir nicht. - Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich ihn - aber ich meine schon - auch direkt angerufen
habe, als die Akte bei mir einging Anfang November.“1874

Auf den Vorhalt, zuvor sei er sich noch sicher gewesen, hat der Zeuge Dr. Lüttig geantwortet:

„Ja, ja, aber ich kann mich jetzt nicht so festlegen, dass ich sage: Absolut sicher war es so. - Ich meine,
ich habe ihn angerufen und gesagt: Da ist ein Verfahren - Edathy -, möglicherweise Kinderpornogra-
fie. Soll ich vorbeikommen? - Es bestand jedenfalls nicht der Wunsch, dass wir vorbeikommen. Wir
sollten dann nach dem 28. berichten.“1875

Auf die Nachfrage, wann er Dr. Hackner informiert habe, hat der Zeuge gesagt:

„Ich meine, dass ich an einem Tag in der Woche - - Ich hatte die Akte noch auf dem Tisch; ich bin
mir ziemlich sicher, dass ich die Akte noch auf dem Tisch hatte. Ich weiß es nicht mehr genau, ich

1871 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 23.
1872 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 23.
1873 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 23.
1874 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 23 f.
1875 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 24.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 443 – Drucksache 18/6700

weiß es wirklich nicht mehr genau. Es war auch nur ein kurzes Gespräch, weil wir kennen uns ja, er
war ja lange Jahre mein Stellvertreter als Abteilungsleiter. Ich weiß es einfach nicht mehr.“1876

Er hat dies wie folgt ergänzt:

„Es muss in diesem Zeitraum Eingang der Akte 31.10. und 05.11. irgendwo gewesen sein. Ich muss
noch mal ganz kurz in den Kalender gucken.“1877

Die Frage, ob über die Problematik des Falles, Kategorie 1 etc. gesprochen worden sei, hat der Zeuge Dr. Lüttig

wie folgt beantwortet:

„Überhaupt nicht, nein.“1878

Der Zeuge Dr. Lüttig hat auf die Frage, ob Dr. Hackner mit der Bezeichnung „Staatssekretär“ Staatssekretär

„Scheibel“ meine, erklärt,

„Ja. Das hat er mir auch gesagt“1879

und hat auf entsprechende Nachfrage ergänzt:

„Die Ministerin hat er nicht erwähnt, nein.“1880

Der Zeuge hat sodann betont:

„Aber Sie nehmen bitte noch mal zur Kenntnis, dass ich wegen dieses ersten Gesprächs nicht ganz
sicher bin. Ich bin mir ziemlich sicher, aber nicht ganz sicher.“1881

Der Zeugin Ministerin Niewisch-Lennartz ist im Rahmen ihrer Vernehmung vorgehalten worden, dass der Zeuge

Dr. Lüttig „sich dahin gehend eingelassen hat, dass er, nachdem die Akte bei ihm auf dem Tisch gelandet war,

nämlich nach dem 31.10. des Jahres 2013, auf jeden Fall in der Woche danach Herrn Dr. Hackner davon in

Kenntnis gesetzt hatte. Das heißt also, zumindest der verantwortungsvolle Beamte in Ihrem direkten Umfeld

wusste bereits in der ersten Novemberwoche über die Tatsache, dass es eine Akte bei der Generalstaatsanwalt-

schaft in Celle gab. Können Sie sich erklären, warum Sie diese Information nicht erreicht hat?“ Die Zeugin

Niewisch-Lennartz hat daraufhin nachgefragt:

„Das hat Herr Dr. Lüttig so gesagt?“1882

Nachdem dies der Zeugin bestätigt und klargestellt worden ist, dass dies vor dem 8. November 2013, an dem

bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle eine Besprechung stattgefunden hat,1883 erfolgt sein solle, hat die Zeugin

Ministerin Niewisch-Lennartz ihre Aussage fortgesetzt:

„Vor dem 08.11.? Sie sehen mich da völlig erschüttert; denn das würde ja bedeuten, dass Herr Dr.
Lüttig seine Ministerin in den Niedersächsischen Landtag mehrmals hätte gehen lassen, dort zwar die

1876 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 28.
1877 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 28.
1878 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 28.
1879 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 28.
1880 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 28.
1881 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 28.
1882 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 64.
1883 Näher zu dieser Besprechung: Zweiter Teil XI.

Drucksache 18/6700 – 444 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wahrheit sagend hinsichtlich ihrer eigenen Kenntnis der Umstände, aber nicht zutreffend hinsichtlich
der Kenntnis ihres Hauses. Denn dann hätte ja Herr Dr. Hackner damals als stellvertretender Abtei-
lungsleiter Kenntnis davon gehabt. Derselbe Vorwurf würde dann --“1884

Zur Frage, ob Dr. Hackner sie dann nicht hätte informieren müssen, hat sie angefügt:

„Genau. Nein, ich war gerade - - ich war eben noch nicht fertig. Also, der Erste wäre sozusagen Herr
Dr. Lüttig, der die Informationen an mein Haus gegeben hätte, und Herr Dr. Hackner, der es unterlas-
sen hätte, diese Information an den Staatssekretär zu geben und an mich. Wir haben natürlich einen
Vorgang über diese Informationsstränge, die vielfach im Niedersächsischen Landtag erörtert worden
sind. Gerade die Frage: ‚Wann hat diese Nachricht zum ersten Mal mein Haus erreicht?‘, war dabei
immer von ganz erheblicher Bedeutung. Wenn die Informationen, bei denen ich bisher ausgegangen
bin, dass Herr Dr. Lüttig Herrn Dr. Hackner erstmals am 29. Januar 2014 davon informiert hat, nicht
zutreffen würden, dann wäre die Grundlage - -“1885

Die Zeugin hat auf die Frage, ob die nach den Angaben des Zeugen Dr. Lüttig an Dr. Hackner übermittelte

Information durch Dr. Hackner an den Staatssekretär und auch an sie, die Zeugin Ministerin Niewisch-Lennartz,

entsprechend der einschlägigen allgemeinen Verwaltungsvorschriften hätte weitergegeben werden müssen, an-

gegeben:

„Ja, davon gehe ich ganz sicher aus.“1886

Im weiteren Verlauf ihrer Vernehmung hat die Zeugin ergänzt:

„Also, ich habe natürlich nicht gehört, was Herr Dr. Lüttig gesagt hat, aber ich habe natürlich Kenntnis
von dem damaligen Stand der Diskussion. Vor dem 8. November war natürlich der Sachstand ein
anderer und auch ein anderer Informationsstand als zum Zeitpunkt vom 29. Der Inhalt der Information
an mein Haus war: Die Vorprüfungen sind abgeschlossen. Wir haben uns dafür entschieden, von ei-
nem Anfangsverdacht auszugehen, und wir streben die Aufhebung der Immunität bzw. dieses Vorge-
hen 48 Stunden nach Kenntnis des Herrn Bundestagspräsidenten an.

Das ist natürlich ein anderer Kenntnisstand, als ich mal unterstelle - - der denknotwendig vorhanden
gewesen sein kann, als Herr Lüttig vor dem Gespräch mit der Staatsanwaltschaft in Hannover - - wo
man erstmals die Frage des Anfangsverdachts erörtert hat. Das kann ja dann nur sich darauf bezogen
haben, dass vom Bundeskriminalamt über die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt ein solches Ver-
fahren auf die Staatsanwaltschaft zugekommen ist, ohne einen Kenntnisstand weiter, welchen Weg
dieses Verfahren nehmen wird.“1887

Die Zeugin Niewisch-Lennartz hat weiter ausgeführt:

„Jedenfalls wenn Gegenstand des Gesprächs ist, dass man sich ernsthaft wirklich mit diesem Verfah-
ren beschäftigt, dass es nicht nur eine Information ist, die so durchläuft. Das war es auch nicht; denn
sie haben ja kurz danach das Gespräch mit der Staatsanwaltschaft in Hannover geführt, sodass ich mir
nicht vorstellen kann, dass Herr Dr. Hackner davon ausgegangen ist, dass das eine Nachricht unter
‚ferner liefen‘ ist.“1888

1884 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 64 f.
1885 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 65.
1886 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 65.
1887 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 65 f.
1888 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 66.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 445 – Drucksache 18/6700
Die Zeugin Niewisch-Lennartz ist darauf hingewiesen worden, Dr. Hackner solle – der Aussage der Zeugen Dr.

Lüttig zufolge – in dem Telefonat mit dem Zeugen Dr. Lüttig seine Absicht mitgeteilt haben, seinerseits Staats-

sekretär Scheibel zu unterrichten. Dazu hat die Zeugin erklärt:

„Ich kann Ihnen dazu nichts sagen. Mich hat eine solche Information nicht erreicht. Es würde mich
auch menschlich zutiefst erschüttern, wenn es wirklich so wäre, dass diese Nachricht Herrn Staatssek-
retär Scheibel erreicht hätte. Ich kann Ihnen dazu Weiteres nicht sagen, weil mich diese Nachricht
jedenfalls nicht erreicht hat und ich keinerlei Kenntnis davon habe, dass es eine solche Informations-
kette gegeben hat.“1889

Mit Schreiben vom 29. Juni 2015 teilte der Chef der Niedersächsischen Staatskanzlei, Dr. Jörg Mielke, dem

Ausschuss mit, die Niedersächsische Justizministerin, Zeugin Niewisch-Lennartz, habe der Aussage des Zeugen

Dr. Lüttig, er habe bereits im November 2013 einen Mitarbeiter des Justizministeriums über die Vorwürfe gegen

Sebastian Edathy unterrichtet, am 11. Juni 2015 in einer Presseerklärung widersprochen.1890 Dr. Mielke teilte

ferner mit, die Niedersächsische Justizministerin habe dienstliche Erklärungen des ehemaligen Staatssekretärs

Wolfgang Scheibel und des Ministerialdirigenten Dr. Thomas Hackner eingeholt, die die Angaben der Nieder-

sächsischen Landesregierung bestätigt hätten, erstmals am 29. Januar 2014 von den Verdachtsmomenten Kennt-

nis erlangt zu haben.1891 Zudem sei eine dienstliche Stellungnahme des zum fraglichen Zeitpunkt zuständigen

Abteilungsleiters eingeholt worden, der ebenfalls bestätigt habe, dass er sich hinsichtlich des Zeitraums von

Anfang November 2013 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Justizministerium im Januar 2014 an keine Unter-

richtung über das Ermittlungsverfahren Edathy erinnern könne.1892 Dem Schreiben lagen die genannten dienst-

lichen Erklärungen des ehemaligen Staatssekretärs Wolfgang Scheibel, des Ministerialdirigenten Dr. Thomas

Hackner und des seinerzeit zuständigen Abteilungsleiters Robert Böning bei.1893

X. Die Akte zu Sebastian Edathy bei der Staatsanwaltschaft Hannover

1. Eingang der Akte bei der Staatsanwaltschaft Hannover am 5. November 2013

Aus einer im Niedersächsischen Justizministerium erstellten „Zeitleiste im Komplex Edathy“ vom 27. Februar

2014 ergibt sich, dass die Akte zu Sebastian Edathy bestehend aus einem Hauptband und einem Sonderheft die

Staatsanwaltschaft Hannover am Dienstag, dem 5. November 2013 erreichte.1894

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat den Eingang der Akte bei der Staatsanwaltschaft Hannover in seiner Vernehmung

geschildert:

„[…] Die Akte selber lag irgendwann auf meinem Tisch. Ich habe also, wie gesagt, nicht konkret
kommen sehen, dass da ein Kurier wohl unterwegs war. Irgendwann lag ein Umschlag auf meinem

1889 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 65.
1890 MAT B-Nds 18(27)2, Bl. 1, Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 29. Juni 2015.
1891 MAT B-Nds 18(27)2, Bl. 1, Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 29. Juni 2015.
1892 MAT B-Nds 18(27)2, Bl. 1, Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 29. Juni 2015.
1893 MAT B-Nds 18(27)2, Bl. 2 ff., Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 29. Juni 2015.
1894 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 3, lfd. Nr. 9, Bl. 337 (338), Zeitleiste im Komplex "Edathy" des Niedersächsischen Justizminis-

teriums, Stand 27. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 446 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Schreibtisch. Auf dem stand dann ‚Herrn LOStA Dr. Fröhlich persönlich‘. Ich erinnere mich nur da-
ran, dass ich den geöffnet habe und da meinen Sichtvermerk auf das Übersendungsschreiben nieder-
gelegt habe. Dementsprechend - ich habe es noch mal angeschaut - müsste es der 05.11. gewesen sein.
Ich war ein bisschen verwundert darüber, dass mir Herr Lüttig dieses Schreiben nicht schickte, son-
dern, wenn ich mich recht erinnere, Herr Kolkmeier, mit dem ich also auch nicht gesprochen hatte.“1895

Er hat des Weiteren ausgeführt:

„Herr Kolkmeier ist Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle. Er ist stellvertretender
Abteilungsleiter der Rechtsabteilung. Verwundert deswegen, weil mir Herr Lüttig, wie gesagt, sagte:
vertraulich. Er hat, glaube ich, auch einen Boten, einen Kurier geschickt mit diesem Umschlag, und
dann sah ich, dass Herr Kolkmeier mich nun anschreibt. Mag aber alles seine Richtigkeit haben. Ich
wollte es nur der Vollständigkeit halber erwähnen. […]“1896

2. Besprechung zum weiteren Vorgehen zwischen dem Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich und Ober-
staatsanwalt Klinge

Am Tag des Eingangs sah der Zeuge Dr. Fröhlich die Akten durch und beauftragte den Leiter der Zentralstelle,

den Zeugen Klinge, mit der rechtlichen Prüfung des Vorgangs.1897 Aus einem Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich

für das Niedersächsische Justizministerium vom 13. Februar 2014 ergibt sich, dass die Akte von Hand zu Hand

an den Zeugen Klinge übergeben worden und diese nicht in das Verfahrensregister eingetragen, sondern an ei-

nem „geheimen Ort“ von Oberstaatsanwalt Klinge verwahrt worden sei.1898 Zudem hätten ausschließlich der

Zeuge Dr. Fröhlich und der Zeuge Klinge Kenntnis gehabt.1899

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat in seiner Vernehmung folgende Angaben dazu gemacht:

„[…] Ich habe mir dann an diesem Tage die nicht sonderlich dicke Akte - sie bestand aus einem
Hauptband, ungefähr 30, 40 Seiten, und einem Sonderheft mit entsprechenden Fotos, Bildmaterial -
gleich angeschaut und habe dann noch am selben Tag, soweit ich mich erinnere, Herrn Klinge ange-
rufen, er möge mal zu mir kommen. Ich habe ihm dann den Sachverhalt erläutert und habe ihm diese
Akte in die Hand gegeben mit dem Bemerken, er möge sie vertraulich behandeln, sofort einschließen,
niemandem etwas von diesem Verfahren erzählen, um Gottes willen auch nicht eintragen, sondern das
ist im Grunde genommen eine Schrankakte. Er soll es sich anschauen […]“1900

3. Prüfung der Akte durch Oberstaatsanwalt Klinge

Der Zeuge Klinge hat zu der von ihm durchgeführten Prüfung ausgesagt:

„[…] Da hatten wir ja - Sie werden die Akten auch alle haben - den großen Vermerk vom Bundeskri-
minalamt vorne drin, der ja von einem Anfangsverdacht ausging. Das wurde zwischen uns diskutiert,
und auch aus meiner Sicht war ein Anfangsverdacht gegeben. Ich habe zu dem damaligen Zeitpunkt -
ich meine, es sind etwa fünf Jahre gewesen - die Leitung der Zentralstelle gehabt, habe aber vorher

1895 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 79.
1896 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 79.
1897 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 3, lfd. Nr. 9, Bl. 337 (338), Zeitleiste im Komplex "Edathy" des Niedersächsischen Justizminis-

teriums, Stand 27. Februar 2014.
1898 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 2, lfd. Nr. 4, Bl. 52 (53), Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische Justizmi-

nisterium vom 13. Februar 2014.
1899 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 2, lfd. Nr. 4, Bl. 52 (53), Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische Justizmi-

nisterium vom 13. Februar 2014.
1900 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 79.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 447 – Drucksache 18/6700

auch schon einige Zeit in der Zentralstelle gearbeitet. Ja, ich war der Meinung, dass ein Anfangsver-
dacht gegeben ist, dass also grundsätzlich angedacht werden muss: Welche Ermittlungen sollen und
können geführt werden? […]“1901

Auf Nachfrage hat er seine Annahme näher erläutert:

„[…] Also, ich hatte aus meiner Erfahrung heraus gesagt: Gut, wer solche Bilder - - Wir haben ja zum
damaligen Zeitpunkt noch gar nicht eine konkrete Einstufung der Bilder gemacht, die in der Akte
gewesen sind. Es sind ja Bilder gewesen von Kindern - Nacktaufnahmen -, wo ja auch im Rahmen der
weiteren Ermittlungstätigkeit immer wieder bestritten wurde, dass es sich dabei überhaupt um kinder-
pornografische Bilder gehandelt hat. Es sind Bilder von nackten Jungs gewesen, wo zum Teil auch
fokussiert worden ist auf die Geschlechtsteile. Das stand also durchaus auf der Kippe.

Ich habe gesagt: Gut, das ist ganz egal, wie man diese Bilder einschätzt; aber wenn man sich solche
Bilder für viel Geld kauft, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass da noch andere kostenlos im Netz ja
immer runterzuladende Bilder sich auch noch im Besitz finden, sehr groß. Wir wissen das aus vielen,
vielen Verfahren, die wir haben, dass Personen, die diese Nacktbilder haben, eigentlich immer - ich
habe es also noch nicht anders erlebt - auch andere, weiter gehende Bilder haben, die sexuelle Hand-
lungen an Kindern oder von Kindern darstellen. […]“1902

Nach Abschluss der Prüfung der Akte hielt der Zeuge Klinge erneut Rücksprache mit dem Zeugen Dr. Fröhlich.

Dieser hat in seiner Vernehmung folgende Angaben hierzu gemacht:

„[…] Er [der Zeuge Klinge, Anm.] soll es sich anschauen und dann so schnell wie möglich wieder zu
mir kommen, damit wir das mal der Sache nach durchsprechen.

Das wiederum ist ein oder zwei Tage später gewesen, also entweder am 06. oder am 07. Ich meine,
eher am 07. sagte er mir, er hätte das jetzt sich angeschaut, hätte sich Notizen gemacht und hätte eine
vorläufige Bewertung, die er mit mir erörtern wolle. Das haben wir dann, ich meine, am 07. gemacht.
[…]“1903

XI. Besprechung zwischen der Generalstaatsanwaltschaft Celle und der Staatsanwalt-
schaft Hannover am 8. November 2013 und Umsetzung des Besprechungsergebnisses

Im Anschluss an die Besprechung mit dem Zeugen Klinge vereinbarte der Zeuge Dr. Fröhlich noch am 7. No-

vember 2013 einen Termin für eine Besprechung mit dem Zeugen Dr. Lüttig für den 8. November 2013.1904 Die

Besprechung fand am 8. November 2013 in der Generalstaatsanwaltschaft Celle statt.1905

1. Rolle der Generalstaatsanwaltschaft Celle ab dem 8. November 2013

Der Zeuge Dr. Lüttig hat in seiner Vernehmung auf eine Frage nach Rolle der Generalstaatsanwaltschaft Celle

in dem Vorgang zu Sebastian Edathy geantwortet:

1901 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 10 f.
1902 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 11.
1903 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 79.
1904 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 79.
1905 MAT A-Nds 18(27)10-14, Anlage 1, Ordner 2, lfd. Nr. 4, Bl. 52 (53), Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische Justizminis-

terium vom 13. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 448 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Also wir haben den Fall nicht an uns gezogen. Aber die Causa Edathy hat es mit sich gebracht, dass
wir in einem solchen prominenten Verfahren schon eingebunden werden wollten in das, was passiert,
und das, was ein entscheidender Schritt, ein entscheidender Meilenstein in diesem Verfahren sein
sollte. Wir wussten - ich spreche jetzt von der Generalstaatsanwaltschaft - - Uns war klar, Herr Edathy
war Vorsitzender des NSU-Ausschusses. Wir wussten, er war ein prominenter Politiker. Wir wussten,
wenn wir hier ein Verfahren gerade wegen des Vorwurfs der Kinderpornografie einleiten, zerstört das
eine Existenz. Das war uns völlig klar. Deswegen waren wir schon extrem sorgfältig und sind nicht
einfach so hingegangen: gegeben, ja.“1906

Die Funktion der Generalstaatsanwaltschaft und die Kompetenzverteilung zwischen ihr und der Staatsanwalt-

schaft Hannover hat der Zeuge Dr. Lüttig wie folgt dargelegt:

„Wir haben unsere Funktion als Dienstaufsichtsbehörde ausgeübt. Das bedeutet, dass wir uns gemein-
sam darüber unterhalten wollten: Haben wir einen Anfangsverdacht oder nicht? Was machen wir?
Immunitätsfragen, die eventuell aufkommen. - Ansonsten war das natürlich Baustelle der Staatsan-
waltschaft Hannover; das ist völlig klar. Die haben die Ermittlungsakten, und die führen dieses Ver-
fahren auch. Wir wollten natürlich schon unterrichtet werden, was da so läuft.“1907

An anderer Stelle hat er dies wie folgt konkretisiert:

„[…] Wenn die Staatsanwaltschaft Hannover - Fröhlich und Klinge - gesagt hätte: ‚Wir wollen unbe-
dingt; für uns ist das völlig klar‘, dann hätten wir das zähneknirschend akzeptiert. Aber uns war einfach
der andere Weg wichtig.“1908

Auf Vorhalt der Presseberichterstattung, wonach Rechtsanwalt Noll die Auffassung geäußert habe, General-

staatsanwalt Dr. Lüttig ziehe im Verfahren gegen Sebastian Edathy die Fäden, hat der Zeuge Klinge erklärt:

„Also, ich habe zumindest solche Fäden nie gespürt. Wenn, dann hat er wahrscheinlich in dieselbe
Richtung gezogen, in die ich ohnehin gehen würde, sodass ich einen Faden nicht zu spüren bekommen
habe. Aber dass er irgendwann irgendwas gesagt hat, eine Weisung erteilt hat oder gesagt hat: ‚Hier,
jetzt müsst ihr aber das machen‘ - - Ich habe mit ihm nie gesprochen, auch nicht, in welche Richtung.
Es ist natürlich der Generalstaatsanwaltschaft berichtet worden bei größeren Entscheidungen wie bei
der Anklage zum Beispiel - die ist vorher vorgelegt worden -, aber auch bei anderen, ich meine, auch
bei dem Schreiben über die Aufhebung der Immunität. Dessen bin ich mir aber nun nicht mehr ganz
genau sicher. Ich gehe aber davon aus, dass diese wirklich entscheidenden, einschneidenden Schreiben
der Generalstaatsanwaltschaft vorgelegt worden sind, bevor sie dann rausgegangen sind, damit die
einmal drübergeguckt haben, weil die ja als weitere Dienstvorgesetzte letztlich auch mit die Verant-
wortung tragen. Aber ich habe da also nicht in Erinnerung, dass irgendwo dann gekommen wäre: Nein,
so machen wir das aber nicht.“1909

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat die Rolle der und seine Zusammenarbeit mit der Generalstaatsanwaltschaft Celle

während des Verfahrens zu Sebastian Edathy wie folgt wiedergegeben:

„Wenn ich mal mit dem Letzten anfangen darf: Weisungen hat er [Dr. Lüttig, Anm.] nicht erteilt. Da
war keine direktive Einflussnahme, überhaupt nichts. Wir haben das seinerzeit in Celle ganz offen
diskutiert. Da gab es also weder Rang noch Namen. Jeder, der eine Meinung hatte, durfte sie sagen,
und die Entscheidung, die getroffen wurde, war eine gemeinsame Entscheidung, sowohl am 08., die
Entscheidung nämlich, noch weitere Informationen einzuholen - weil wir es für unsere Pflicht erach-
teten, nicht einfach blindwütig loszuschlagen, auf die Gefahr hin, dass man uns instrumentalisiert,

1906 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 11.
1907 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 16.
1908 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 17.
1909 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 43.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 449 – Drucksache 18/6700

sondern zumindest den Versuch zu unternehmen, noch Informationen zu bekommen, die sich schon
abzeichneten und für unser Verfahren eine hohe Bedeutung hatten -, und auch am 28., als wir das
abschließend beraten haben; das war eine einheitliche Entscheidung.

In dem Zeitraum dazwischen, also in diesen drei Monaten, habe ich von Herrn Dr. Lüttig nichts gehört,
gar nichts. Es gab auch aus Celle keine Anfragen. Der Einzige, der sich offenbar mit dem Verfahren
beschäftigte und Herrn Klinge drängelte, war ich. Mittlerweile weiß ich, dass die halbe Republik wahr-
scheinlich mich dabei beobachtet hat. Ich fragte fortwährend nach. Aus Celle kam, wie gesagt, keine
Sachstandsanfrage. Wir haben immer telefoniert. Was heißt ‚immer‘? Ich habe mal mit Frau Ballnus
telefoniert, als der Herr Noll sich meldete - das war, glaube ich, der einzige Kontakt -, und einmal mit
Herrn Schierholt, wie ich ja sagte, als es um die Operation ‚Spade‘ und die Pressekonferenz ging. Es
gab keine Nachfragen.“1910

2. Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Besprechung

An der Besprechung am 8. November 2013 nahmen neben den Zeugen Dr. Lüttig, Dr. Fröhlich und Klinge auch

die Leitende Oberstaatsanwältin Ballnus und der Leitende Oberstaatsanwalt Schierholt von der Generalstaats-

anwaltschaft Celle teil.1911

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat folgendes ausgeführt:

„[…] An diesem Tag sind dann Herr Klinge und ich zur Generalstaatsanwaltschaft Celle gefahren.
Wir wurden erwartet von Herrn Generalstaatsanwalt Lüttig, seiner ständigen Vertreterin Frau Ballnus
und eben nicht Herrn Kolkmeier, sondern nun plötzlich Herrn Schierholt. Der ist Leitender Oberstaats-
anwalt und Leiter der Abteilung 3. Da ist auch die Zentrale Stelle Organisierte Kriminalität und Kor-
ruption. Möglicherweise hat es intern da auch schon einen Wechsel der Zuständigkeit gegeben. Das
weiß ich nicht. Herr Schierholt war mir jedenfalls nicht angekündigt. […]”1912

Der Zeuge Klinge hat ausgeführt:

„[…] Also, ich wusste, dass natürlich Herr Lüttig da sein würde als General, aber wen er da an seiner
Seite hat, wusste ich nicht. Das kommt ja auch darauf an, wer da gerade dann Stellvertreter ist. Dass
es so hoch gehängt wurde, war für mich auch noch nicht so selbstverständlich, dass da gleich so eine
große Runde saß. Ich hatte - - Nein, das wäre jetzt auch im Nachhinein, was ich gedacht hätte, wer da
noch da ist - - Also, ich wusste nicht, wer da teilnehmen würde.“1913

Seine Gründe für die Hinzuziehung des Leitenden Oberstaatsanwalts Schierholt und der Leitenden Oberstaats-

anwältin Ballnus hat der Zeuge Dr. Lüttig in seiner Vernehmung dargelegt:

„Bei der ersten Besprechung war Herr Schierholt als Abteilungsleiter für den Berichtsvorgang - - Den
binde ich ein. Meine Stellvertreterin ist Abteilungsleiterin 1 - Personal, Organisation -, hätte dort ei-
gentlich nicht sitzen müssen. Aber ich tausche mich mit meiner Stellvertreterin aus; wenn ich nicht da
bin, muss sie die Geschäfte führen, sie muss über alles informiert werden. Ich habe ein absolutes Ver-
trauensverhältnis zu ihr. Also, sie informiere ich über alles, was dort läuft. Auch wenn das nicht direkt
in ihren Zuständigkeitsbereich Rechtsachen gehört, sie ist mit dabei. […]“1914

1910 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 92.
1911 MAT A-Nds 18(27)10-14, Anlage 1, Ordner 2, lfd. Nr. 4, Bl. 52 (53), Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische Justizminis-

terium vom 13. Februar 2014.
1912 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 79.
1913 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 50.
1914 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 12.

Drucksache 18/6700 – 450 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

3. Gegenstand der Besprechung

a) Bedeutung des Verfahrens

Der Zeuge Klinge hat die Erörterung der Bedeutung des Verfahrens in der Besprechung am 8. November 2013

wie folgt wiedergegeben:

„[…] Wir waren uns von Anfang an bei dieser Beratung klar, dass es sich um ein Ermittlungsverfahren
handelt, was - ja, wie soll ich das ausdrücken? - möglicherweise einen sehr, sehr starken Eingriff
zumindest in das Leben eines Menschen darstellen kann. Denn - ich war damals auch schon Presse-
sprecher - ich wusste: Wenn so was irgendwo mal rauskommt - - Und die Wahrscheinlichkeit war
nicht eben gering in meinen Augen, weil nicht nur sehr viele Leute eingebunden werden müssten,
sondern auch sehr viele Leute dann erfahren von solchen Verfahren im Rahmen der Berichtspflichten,
die wir haben, und Ähnliches. Ich habe es nicht für völlig ausgeschlossen gehalten, dass so was dann
doch an die Öffentlichkeit dringt. Das - das war uns klar - hätte einen Rieseneingriff in das Leben des
Beschuldigten - damals noch nicht; des jetzigen Beschuldigten oder damaligen Beschuldigten Edathy
- gegeben, sodass wir ganz bewusst sehr genau abgewogen haben und gesagt haben: Wir tragen hier
eine sehr, sehr große Verantwortung. Aber wir müssen natürlich - und das war uns auch klar - vorge-
hen, wie wir gegen jeden anderen auch vorgehen würden. […]“1915

b) Beratung zum Vorliegen eines Anfangsverdachts

Der Zeuge Klinge hat die Beratungen zur Frage, ob ein Anfangsverdacht gegen Sebastian Edathy vorliege, in

seiner Vernehmung geschildert:

„[…] Wir haben dann kontrovers diskutiert über diese Frage. Wie gesagt, ich hatte gesagt: Ich meine,
wir haben einen Anfangsverdacht. - Es gab aber auch ja durchaus Argumente, die gesagt haben: Ist
das wirklich so? - Das, was später ja dann auch dazugekommen ist - was sogar zu einer Klage vor dem
Bundesverfassungsgericht geführt hat -: Kann ein möglicherweise legales Verhalten dazu führen, ei-
nen Anfangsverdacht überhaupt zu sehen, ja oder nein? Ich war der Meinung, das ist durchaus mög-
lich. Das haben wir in vielen anderen Fällen auch, dass ein legales Verhalten durchaus Anhaltspunkte
dafür geben kann, dass ein strafrechtliches Verhalten dahintersteckt oder geplant ist. […]“1916

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat hierzu ausgeführt:

„[…] Wir haben das erörtert, was später auch Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesverfas-
sungsgericht war, nämlich erst mal allgemein die Frage: Ist es überhaupt rechtlich zulässig, von nicht
strafbarem, straflosem Verhalten nunmehr aufgrund kriminalistischer Erfahrung auf strafbares Ver-
halten zu schließen? Und wenn ja, gilt das auch für diesen Fall, wiederum mit einer Sonderproblema-
tik, dass die Bestellungen, um die es hier ging, recht lange zurücklagen? Sie betrafen die Jahre 2005
bis 2010. Wir befanden uns im Jahr 2013, sodass an kriminalistische Erfahrung, dass dann letztendlich
drei Jahre später noch Straftaten begangen wurden, die aufzuklären sind, natürlich sehr hohe Anfor-
derungen zu setzen sind. Und auch die Frage: Die Taten aus 2005 konnten verjährt sein. Ist dann
überhaupt dieser Schluss, den ich gerade beschrieben habe, möglich? […]“1917

1915 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 11.
1916 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 12.
1917 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 80.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 451 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Dr. Lüttig hat die vom Zeugen Klinge in dieser Besprechung vorgetragene Auffassung wie folgt

wiedergegeben:

„[…] Herr Klinge war der Auffassung: Wir haben einen Anfangsverdacht. - Das ergibt sich auch aus
einem Vermerk, den er mit in die erste Besprechung gebracht hat. Da hat er geschrieben: Zum Punkt
Anfangsverdacht: gegeben. Filme weisen eindeutig auf pädophile Neigungen hin. Besteht eine krimi-
nalistische Erfahrung, dass derjenige, der bereits für mehr als 1 000 Dollar für solche Bilder abgibt,
auch kostenlos im Internet jugend- und kinderpornografische Dateien besitzt.

[…]

Das war Herr Klinge. Mit der Maßgabe haben wir diskutiert am Anfang. […]“1918

Den Angaben des Zeugen Klinge zufolge vertrat die Leitende Oberstaatsanwältin Ballnus folgende Auffassung:

„[…] Soweit ich mich entsinne, war es Frau Ballnus, die große Bedenken hatte und gesagt hat - und
genau mit dem Argument kam -: Können wir wirklich bei einem legalen Verhalten - - Müssen wir
nicht ganz genau feststellen, dass das schon kinderpornografisch ist? - Und das Bundeskriminalamt
hatte das ja etwas offengelassen, sage ich mal, ob es das ist oder ob es das nicht ist, mit der Tendenz
sogar, wenn man es genau liest, dass sie meinten, dass es keine Kinderpornografie sei, die auf diesen
Kategorie-2-Filmen drauf war. […]“1919

Der Zeuge Dr. Lüttig hat die Auffassung von der Leitenden Oberstaatsanwältin Ballnus und dem Leitendem

Oberstaatsanwalt Schierholt wiedergegeben:

„[…] Insbesondere meine Kollegin, meine Stellvertreterin Frau Ballnus, war da durchaus kritisch. Ich
gebe viel auf ihr Urteil. Auch ich war mir nicht sicher; ich habe das auch mit Herrn Schierholt bespro-
chen. Ich war nicht sicher: Ist das jetzt was, oder ist es nichts? - Deswegen hat er in der Zwischenzeit
bis zur Besprechung vom 08.11. versucht, sich ein bisschen schlau zu fragen. Aber eine Koordinie-
rung, das, was Sie angesprochen haben oder angefragt haben, das gab es nicht.“1920

Die Auffassung von Leitendem Oberstaatsanwalt Schierholt und seine eigenen Überlegungen hat der Zeuge Dr.

Lüttig folgendermaßen geschildert:

„Er [LOStA Schierholt, Anm.] war eher unterstützend in Richtung Frau Ballnus zu sagen: Da müssen
wir noch mal genauer gucken. - Ich war auch eher in diese Richtung gehend, obwohl ich mir immer
gesagt habe: Dieses Argument, wer sich für 1 000 Dollar solche Bilder bestellt - - Da ist irgendetwas
faul. - Aber ich war mir eben nicht sicher. Ich wollte mir, so gut es geht, sicher sein.“1921

c) Kenntnisstand der an der Besprechung Beteiligten

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat in seiner Vernehmung angeführt, dass

„[…] die Staatsanwaltschaft Hannover als letztendlich alleinverantwortliche für die Durchführung
dieses Verfahrens zuständige Behörde einfach nicht alle erforderlichen Informationen hatte, um die
Lage wirklich professionell nach allen Seiten zu sondieren. Das fing damit an, dass in dem Übersen-
dungsbericht der Kollegen aus Gießen, also der ZIT, der Zweigstelle, sage ich jetzt mal, der General-

1918 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 10.
1919 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 12.
1920 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 10 f.
1921 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 12 f.

Drucksache 18/6700 – 452 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

staatsanwaltschaft Frankfurt, die ja in den Akten sich bezogen hatte auf die Vorsortierung des Bun-
deskriminalamts - Kategorie-1- und Kategorie-2-Verfahren -, eine vorläufige Bewertung enthalten
war, die lange nicht so intensiv und umfangreich war wie das, was wir seinerzeit schon diskutiert
hatten, sondern, glaube ich, eine oder anderthalb Seiten. Sie endete dann damit, dass Anfangsverdacht
hier wohl zu bejahen sei.“1922

Die nicht vorhandenen Angaben hat der Zeuge Dr. Fröhlich wie folgt beschrieben:

„[…] Was daraus nicht hervorging, was aber Herr Schierholt in der Zwischenzeit selber eigenständig
durch ein Telefonat bei den Kollegen in Gießen in Erfahrung gebracht hatte, war, dass es durchaus
auch Staatsanwaltschaften gab, die keinen Anfangsverdacht bejaht hatten. Das war eine für mich in
dem Moment auch völlig neue Information; denn es machte bis zu dem Zeitpunkt einen ganz anderen
Eindruck. […]

[…] Unter anderem hatte die Staatsanwaltschaft Berlin, und zwar in mehreren Verfahren, gleich nach
Übernahme von Kategorie-2-Akten den Anfangsverdacht verneint und das Verfahren sofort einge-
stellt. Das war natürlich eine enorm wichtige Information für uns, und wir fragten uns: Mit welchen
Argumenten wurde da vorgegangen, und was gab es möglicherweise für rechtliche Erwägungen, die
wir jetzt nicht oder anders sehen? – […].“1923

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat hierzu angefügt:

„[…] Das zweite, ich nenne es mal, Informationsdefizit bestand darin, dass urplötzlich im Rahmen der
Erörterungen die Frage aufkam: Wieso haben wir eigentlich hier nur eine Akte liegen? Wir haben
dann geschaut, dass aus diesem ganzen Komplex auf Deutschland 800 Verfahren abfallen sollten.
Kategorie 1, Kategorie 2 haben wir so über den Daumen fifty-fifty gesagt, also 400 Verfahren Kate-
gorie 1 und Kategorie 2. Und dann gibt es so einen Länderschlüssel, und die Niedersachsen sind in
der Regel so mit 10, 15, 20 Prozent dabei, und die Zentrale Stelle bei der Staatsanwaltschaft Hannover
ist ja für ganz Niedersachsen zuständig, sodass irgendjemand während der Erörterung mal fragte: Wo
sind denn die anderen Akten eigentlich? Wieso haben wir diese singuläre nun auf dem Tisch? - Das
machte kein gutes Bauchgefühl. […]“1924

Der Zeuge Dr. Lüttig hat erklärt:

„[…] Zeitpunkt 08.11. war ich der Auffassung, da waren wir alle der Auffassung, ein exklusives Ver-
fahren, das noch niemand kennt, was einer besonderen Geheimhaltung unterliegt, auf dem Tisch liegen
zu haben. Also, der polizeiliche Bereich, der war uns zu dem Augenblick überhaupt nicht klar, über-
haupt nicht bekannt, was da - - wie das gelaufen ist.“1925

d) Dringlichkeit des Vorgangs

Der Zeuge Dr. Lüttig hat im Rahmen seiner Vernehmung zur Einschätzung der Dringlichkeit folgende Angaben

gemacht:

„Der Zeitpunkt Besprechung 08.11., da war für uns keine Eile geboten. Wir sind nach wie vor davon
ausgegangen: Es ist ein sehr begrenzter Kreis von Personen, die davon betroffen sind. Wir können erst
mal die Informationen einholen, und dann schauen wir weiter. - Es war für uns jedenfalls bis zu dem
Zeitpunkt 08.11. überhaupt kein Problem. Problematischer wurde es dann - das muss ich einräumen

1922 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 80.
1923 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 80.
1924 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 80 f.
1925 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 14.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 453 – Drucksache 18/6700

oder an dieser Stelle auch mal sagen -, als nämlich diese Pressekonferenz in Sachen ‚Spade‘ kam. Ich
bin mir nicht mehr ganz sicher, wann das war.“1926

Der Zeuge Klinge hat auf die Frage, ob er von der breiten Streuung der Erkenntnisanfrage innerhalb der nieder-

sächsischen Polizei wusste und wie diese auf ihn wirke, erklärt:

„Nach dem, was ich jetzt alles weiß, ist das natürlich nicht nur suboptimal. Aber ich habe das nicht
gewusst. Das ist erst im Nachhinein rausgekommen, dass die ermittelnde Staatsanwaltschaft offen-
sichtlich als Letzte was von dem Verfahren dann mitbekommen hat, als es uns übergeben worden ist.
[…]“1927

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat ausgeführt:

„[…] Natürlich, wenn ein Anruf käme oder gekommen ist, wonach sich also jemand wie Herr Opper-
mann nach diesem Verfahren erkundigt bei Herrn Ziercke - - Wir haben uns dann gefragt: Warum gibt
es da keinen Vermerk drüber, oder warum sagt uns niemand mal vom Bundeskriminalamt in der Haus-
spitze, da ist schon ein Anruf gekommen: ‚Die Sache brennt‘? Nichts. […]”1928

Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung hat der Zeuge Dr. Fröhlich Angaben dazu gemacht, welche Art der

Unterrichtung aus seiner Sicht sinnvoll gewesen wäre:

„Ich hätte mir gewünscht, dass spätestens, wenn die Akte bei mir gelandet wäre, wir eine große Kon-
ferenz gemacht hätten, wir vom BKA oder wo auch immer eingeladen worden wären, wo alle an einem
Tisch gesessen hätten. Und wir hätten nicht in Celle diskutiert und hätten überlegt, wo kriegen wir
noch Informationen her, sondern irgendjemand hätte uns mal das Angebot gemacht: Wenn die Akte
da ist und Sie haben sie sich angeschaut, dann kommen Sie bitte hierher, und wir unterrichten Sie mal
mündlich über die Hintergründe der Operation ‚Spade‘, wir unterrichten Sie mal mündlich, was wir
hier bisher gemacht haben, wir unterrichten dann auch diskret und vertraulich darüber, dass wir An-
zeichen dafür haben, dass die Politik bereits Bescheid weiß.“1929

Auf den Vorhalt, es hätte ihn niemand daran gehindert, mit dieser Frage auf das Bundeskriminalamt zuzugehen,

hat der Zeuge Dr. Fröhlich angegeben:

„Ja, aber wir hatten doch überhaupt keine Informationen, was sich schon ereignet hatte. Wir waren - -
Ich sage noch mal: Wir kriegen eine Akte. Was da passiert ist, dass die Politik informiert war, was das
für Kreise gezogen hatte, da hatte ich überhaupt keine Vorstellung von, und das ist doch aus meiner
Sicht eine Bringschuld. […]“1930

e) Ergebnis der Besprechung

Der Zeuge Klinge hat in seiner Vernehmung angegeben, er habe einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen ge-

macht:

„[…] Wir hatten ja die Information, dass, ich glaube, 400 Verfahren oder so insgesamt bei der OP
‚Selm‘ beim Bundeskriminalamt angekommen sind; das ergab sich aus dem Einstiegsbericht des Bun-
deskriminalamtes. Und wir haben gesagt: Wenn das 400 Verfahren sind, dann ist die Wahrscheinlich-
keit da, dass wir mindestens etwa 40 Verfahren davon nach Hannover in die Zentralstelle geben. Das

1926 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 20 f.
1927 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 45.
1928 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 82.
1929 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 115.
1930 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 115.

Drucksache 18/6700 – 454 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

ist aus anderen OPen, also anderen größeren Zugriffen, bekannt, dass etwa immer so ein Zehntel in
Niedersachsen davon hängen bleibt.

Und dann habe ich gesagt: Gut, dann machen wir doch einen Kompromiss: Entscheiden wir heute
noch nicht, sondern wir sehen zu, dass wir diese ausstehenden Fälle, wo es um Kategorie 2, also um
die Verfahren geht, die möglicherweise noch nicht kinderpornografisch sind - - holen wir die alle erst
mal her und prüfen die in einem Block quasi, also nicht gesondert den Fall Edathy, sondern wir sehen:
Kommen wir bei den anderen Verfahren dazu, einen Anfangsverdacht zu sehen, dann machen wir es
bei Herrn Edathy eben auch und betreiben ein Verfahren; wobei uns ja bewusst war, dass das einiges
an Vorbereitungszeit - Aufhebung der Immunität und so was alles - bedeutet hat. Und wenn wir eben
dazu kommen, dass das nicht genügend Anhaltspunkte hat, dann machen wir auch bei Herrn Edathy
eine Einstellung bzw. nehmen da gar keine Ermittlungen auf.“1931

Der Zeuge Dr. Lüttig hat das Ergebnis der Besprechung folgendermaßen wiedergegeben:

„[…] Wir haben darüber sehr intensiv diskutiert und sind aber im Ergebnis zu dem Schluss gekommen:
Wir müssen uns noch mal die anderen Verfahren, die auch vom BKA in den niedersächsischen Beritt
gesandt werden, anschauen, um zu sehen: Um was für Verfahren handelt es sich da? Wie haben andere
Staatsanwaltschaften dort agiert, auch in diesen Verfahren in München, Augsburg, Berlin? - Wir sind
dann letztlich zu dem Schluss gekommen, diese Verfahren erst beizuziehen. […]“1932

XII. Exkurs: Informationsstand der Generalstaatsanwaltschaft Celle und der Staatsanwalt-
schaft Hannover über vorangegangene Ermittlungsmaßnahmen – insbesondere hin-
sichtlich der Erkenntnisanfrage vom 15. Oktober 2013

Der Zeuge Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig hat zu seiner Kenntnis polizeilicher Vorermittlungen folgendermaßen

ausgesagt:

„Ich selber habe auch mitbekommen, dass diese Listen wirklich an alle LKÄs weitergegeben worden
sein sollen - ich habe es selber nicht gesehen - und dass die dann einfach, wie Sie eben sagten, weiter-
verteilt worden sind an die Polizeiinspektionen. Das habe ich aber erst sehr viel später erfahren. Zeit-
punkt 08.11. war ich der Auffassung, da waren wir alle der Auffassung, ein exklusives Verfahren, das
noch niemand kennt, was einer besonderen Geheimhaltung unterliegt, auf dem Tisch liegen zu haben.
Also, der polizeiliche Bereich, der war uns zu dem Augenblick überhaupt nicht klar, überhaupt nicht
bekannt, was da - - wie das gelaufen ist.“1933

Am 23. Februar 2014 übersandte der Zeuge Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich per E-Mail den Entwurf

einer von ihm sogenannten Wutrede an den Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium der Justiz, Wolf-

gang Scheibel, und teilte mit, gewillt zu sein, diese „am Montag im Rahmen eines Pressestatements […] zu

halten“. Der Redeentwurf sei mit dem Zeuge Klinge gegenüber einer früheren Fassung leicht überarbeitet wor-

den.1934 In dem Entwurf der sogenannten Wutrede ist folgender Absatz enthalten:

„Wie bereits mehrfach dargelegt, beruhte der ‚ungewöhnlich lange Zeitraum‘ bis, zur Hausdurchsu-
chung bei Herrn Edathy am 10. Februar 2014 jedoch darauf, dass wir uns bei komplexen Verdachts-

1931 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 12.
1932 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 9.
1933 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 13 f.
1934 MAT A-Nds 18(27)10-14, Anlage 1, Ordner 2, lfd. Nr. 4, Bl. 263, E-Mail des Zeugen Dr. Fröhlich an das Niedersächsische Justizministerium

vom 23. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 455 – Drucksache 18/6700

lagen, hochbrisantem Material und schwierigen tatsächlichen wie rechtlichen Fragestellungen nun ein-
mal nicht hetzen lassen. Gottseidank möchte ich ergänzen. Stellen Sie sich nur das Szenario vor, wenn
wir - künstlich dumm gehalten - schon Anfang November zugeschlagen hätten, in einer Phase der
Regierungsbildung, mit katastrophalem Imageverlust für einen potentiellen Koalitionspartner. Dann
hätten wahrlich Grund zur Kritik bestanden.“1935

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat diese Passage des Entwurfs seiner sogenannten Wutrede in seiner Vernehmung

durch den Ausschuss näher erläutert:

„[...] Als ich mir diese Wutrede angeschaut habe, habe ich mich natürlich auch gefragt: Was habe ich
damals gemeint, vor einem Jahr oder länger als einem Jahr? Und wenn ich mich recht entsinne: Na-
türlich, das war die Pressekonferenz, und weitere Informationen, die dann auf uns zuflossen, wer alles
Bescheid gewusst hat, und nunmehr das Bild: Wenn wir also, künstlich dumm gehalten, wie ich es
auch gesagt habe, nun nicht mal versucht hätten, rudimentäre Informationen einzuholen, also noch
nicht mal gefragt hätten, wie viele Verfahren gibt es denn überhaupt in der Sache, wenn wir nicht mal
gefragt hätten, was machen denn die anderen Staatsanwaltschaften, also genau das gemacht hätten,
was aus der Akte einem ja zu Beginn quasi ins Auge sprang, nämlich einfach losgeschlagen wären -
die Akte liegt auf meinem Tisch, am nächsten Tag reiten wir los -, das hätte ich dann im Grunde
genommen nicht mehr vertreten können. Denn wie stehen wir da, wenn wir uns nicht die Zeit nehmen,
das sorgfältig zu prüfen?“1936

In seiner Vernehmung auf die Wutrede des Zeugen Dr. Fröhlich angesprochen hat der Zeuge Klinge eine seines

Eindrucks nach unzutreffende Bewertung derselben wiedergegeben:

„So, wie es hier ausgedrückt ist, und so, wie ich es gelesen habe schon, wird das ja dahin gehend
interpretiert, dass möglicherweise bewusst eine Entscheidung über das Edathy-Verfahren, über das
weitere Vorgehen rausgezögert worden ist, bis bestimmte politische Abläufe zu Ende gewesen sind.
Das - das kann ich für mich ganz klar sagen - habe ich - das habe ich aber auch schon gesagt - nie
bemerkt. […]“1937

Zu der Formulierung „künstlich dumm gehalten“ hat der Zeuge Klinge konkretisierend angefügt:

„Ja, das hatte er mir mal irgendwann gesagt, was er damit meinte. Irgendwie hat er, glaube ich - - Aber
das ist auch wieder mit Vorsicht zu genießen. Ich meine, das war zu einem Zeitpunkt, wo sich heraus-
stellte, dass schon einige davon gewusst haben, von dem Verfahren, dass möglicherweise Herr Edathy
gewarnt worden ist. Und ich meine, das hätte er mir gesagt, das hat er damit gemeint, dass wir eben
von diesen ganzen Hintergründen, wer da schon alles was wusste - - das mit künstlich dumm gehalten,
wer da schon - - wo das überall Verbreitung gefunden hat. […]“

Der Zeuge Klinge hat angegeben, von der Erkenntnisanfrage vom 15. Oktober 2013 und deren Adressaten sei-

nerzeit keine Kenntnis erlangt zu haben:

„[…] ich habe das nicht gewusst. Das ist erst im Nachhinein rausgekommen, dass die ermittelnde
Staatsanwaltschaft offensichtlich als Letzte was von dem Verfahren dann mitbekommen hat, als es
uns übergeben worden ist.“1938

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat auf die Frage ob und gegebenenfalls wann er, der Zeuge Dr. Fröhlich, Kenntnis

vom Kreis der Adressaten der Erkenntnisanfrage erlangt habe, geantwortet:

1935 MAT A-Nds 18(27)10-14, Anlage 1, Ordner 2, lfd. Nr. 4, Bl. 264 (265), Entwurf einer Wutrede des Zeugen Dr. Fröhlich vom 23. Februar 2014.
1936 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 123.
1937 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 55.
1938 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 56.

Drucksache 18/6700 – 456 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Nein. Ich hatte es Ihnen schon gesagt. Das ist natürlich eine ganz wichtige Information gewesen für
uns, die wir einfach nicht hatten. Die ist uns auch nie formell mitgeteilt worden, sondern das waren so
singuläre Informationen, die ich teilweise aus der Presse bekam. Ich weiß, am 14. nach der Pressekon-
ferenz habe ich mit Herrn Kolmey telefoniert und dann hat er mir, glaube ich mal, auch so eine abge-
speckte Zeitleiste schon mal geschickt, aus der ich ersehen konnte, was eigentlich auf Ebene des Lan-
deskriminalamts passiert ist. Aber ein schlüssiges Gesamtgeschehen, aus dem man erkennen kann,
wer im Einzelnen informiert wurde, habe ich bis heute nicht.“1939

In seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss wurde auch der Zeuge Dr. Lüttig befragt, ob er den

Entwurf der sogenannten Wutrede kenne. Der Zeuge Dr. Lüttig antwortete:

„Jetzt kenne ich ihn, vorher nicht.“1940

Auf die Frage, warum Dr. Fröhlich den Entwurf der sogenannten Wutrede direkt an den Staatssekretär im Nie-

dersächsischen Ministerium der Justiz, Wolfgang Scheibel, sandte und nicht auf dem Dienstweg, gab der Zeuge

Dr. Lüttig an:

„Ja, weil er mich außen vor halten wollte.“1941

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 32 PUAG1942 zu dieser

Aussage des Zeugen Dr. Lüttig Folgendes erklärt:

„Die Angaben von Dr. Lüttig sind unzutreffend. Ich verweise auf meine Zeugenaussage vom 21. März 2015.

[Angabe der Fundstelle im vorläufigen Stenografischen Protokoll, Anm. 1943]“1944

Insgesamt hatte der Zeuge Dr. Lüttig den Eindruck, dass er nicht Herr des Verfahrens sein sollte.1945 Er hat dazu

ausgesagt:

„Ich weiß, dass es auf jeden Fall direkte Linien gab zwischen dem Staatssekretär, dem ehemaligen,
und Herrn Fröhlich. Ich weiß, dass es direkte Linien gab zwischen Herrn Wiemerslage, dem Presse-
sprecher des Justizministeriums, und Herrn Fröhlich. Und ich weiß, dass es Versuche gab, mich da
komplett rauszuhalten.“1946

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat in seiner Vernehmung angegeben Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig per E-Mail von

dem Entwurf seiner Wutrede unterrichtet zu haben:

„[…] Ich habe das dann auch, ich meine, Herrn Staatssekretär Scheibel geschickt und auch Herrn
Lüttig in einer anderen Mail, so nach dem Motto: Jetzt muss mal irgendeiner was machen.“1947

Auf Nachfrage, ob Dr. Lüttig den Text kannte, hat der Zeuge Dr. Fröhlich erklärt:

1939 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 93.
1940 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 47.
1941 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 48.
1942 Siehe Erster Teil C. VIII. 4.
1943 Die in Bezug genommene Zeugenaussage ist wiedergegen in: Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 107-109.
1944 Ausschuss-Drs. 18(27)140, Stellungnahme des Zeugen Dr. Fröhlich im Rahmen des Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 32 PUAG vom

26. Oktober 2015.
1945 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 48.
1946 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 48.
1947 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 108.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 457 – Drucksache 18/6700

„Ich meine, ja. Ich habe noch mal recherchiert. Die E-Mail an Herrn Scheibel habe ich, glaube ich,
noch gefunden, […]. Ich meine, ich habe sie auch gesondert an Herrn Dr. Lüttig geschickt, einfach
um mal zu sagen: Also, einer muss jetzt reden. […]“1948

XIII. Weiteres Vorgehen von Oberstaatsanwalt Klinge bis zum Eingang der weiteren Katego-
rie-2-Verfahren am 20. Dezember 2013

Nach der Besprechung am 8. November 2013 begann Oberstaatsanwalt Klinge mit der Einholung weiterer In-

formationen.1949

1. Einholung von Informationen über die Behandlung von vergleichbaren Verfahren durch andere Staats-
anwaltschaften

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat zur Einholung von Informationen über die rechtliche Bewertung vergleichbarer

Fälle durch andere Staatsanwaltschaften in seiner Vernehmung ausgesagt:

„[…] Gleichwohl, am 08. sind wir auseinandergegangen und haben gesagt, wir wollen weiter recher-
chieren. Herr Klinge hatte den Auftrag, eilige Telefonate durchzuführen. Das hat er meines Erachtens
auch gemacht. Er hat gleich am nächsten Tag - ich meine, über die Berliner Kollegen - sich die Ent-
scheidungen kommen lassen, die Einstellungsentscheidungen. Die halfen nicht ganz weiter. Das waren
zwei Sätze. Die erschöpften sich darin, zu sagen: Aus straflosem Verhalten kann nicht auf strafbares
geschlossen werden. Deswegen Übernahme zwar, aber das Verfahren wird sofort eingestellt. - Es gab
keine weiteren Sachargumente aus diesen Akten, die uns weitergeholfen hätten. […]“1950

Der Zeuge Klinge hat seine Bemühungen wie folgt wiedergegeben:

„Wir sind dann wieder nach Hannover und haben in den nächsten paar Tagen, glaube ich, oder Wo-
chen zunächst mal gesehen - Herr Schierholt hatte da schon einiges vorbereitet -: Wie sehen das ei-
gentlich die anderen Staatsanwaltschaften, die auch schon mit Kategorie-2-Verfahren zu tun hatten?
Wir wussten - das hat der Herr Schierholt herausbekommen -, dass zum Beispiel die Staatsanwalt-
schaft Berlin und - ich weiß es jetzt nicht, welche es noch war - irgendeine kleinere irgendwo im
Süddeutschen gesagt hatten, sie würden keinen Anfangsverdacht sehen, und die Verfahren eingestellt
hätten; da ist man natürlich dann noch etwas vorsichtiger. Wir wussten aber auch von anderen Staats-
anwaltschaften, die durchaus schon Ermittlungsverfahren eingeleitet und auch schon entsprechende
Maßnahmen - so mein damaliger Stand - eingeleitet hatten, zum Beispiel Flensburg und andere.

Das war also das Erste, was ich dann gemacht habe: dass ich versucht habe, an Aktenzeichen zu kom-
men - einige lagen uns da schon vor -, und ich habe dann bei den einzelnen Staatsanwaltschaften, ohne
Nennung irgendwelcher Namen, gesagt: ‚Wir haben hier ein Verfahren und haben gehört, dass da
unterschiedliche Auffassungen bestehen. Können Sie mir mal Ihre Entscheidung zuschicken, den
Durchsuchungsbeschluss bzw. die Einstellungsverfügung?‘, und hatte gehofft eigentlich, dass ich aus
diesen Einstellungsverfügungen insbesondere einige Informationen noch rauskriege, rechtliche Be-
wertungen, warum und weshalb da nun eingestellt worden ist.

Das war also das Erste. Da habe ich das auch gekriegt, musste allerdings etwas enttäuscht feststellen,
dass diejenigen, die eingestellt haben, sage ich mal, nicht besonders große rechtliche Erwägungen zu
Papier gebracht haben; ich will nicht sagen, dass sie die nicht gemacht haben. Da hieß es dann also

1948 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 108.
1949 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 13.
1950 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 82.

Drucksache 18/6700 – 458 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

regelmäßig: Das Bundeskriminalamt hat gesagt, da sei ein Anfangsverdacht. Dieser Auffassung sind
wir hier nicht. Einstellung: 170 (2). - Damit konnte ich nun gar nichts anfangen.“1951

Auf Nachfrage, wie viel und welche Staatsanwaltschaften er kontaktiert habe, führte der Zeuge Klinge aus:

„[…] [E]twas mehr als fünf. Berlin war es, Flensburg war es, die ich gekriegt habe, München, meine
ich, war dabei, verschiedene Verfahren aus Berlin auch, die die eingestellt hatten, weil ich da gebeten
habe, doch zu gucken, was da noch ist. Aber ich kann es - - Also, nicht 20; das sicherlich nicht. Also,
es waren unter zehn, die ich da abgefragt habe. […]“1952

2. Anforderung weiterer Kategorie-2-Verfahren zu Niedersachsen

Sein weiteres Vorgehen zur Sachaufklärung hat der Zeuge Klinge im Rahmen seiner Vernehmung geschildert:

„[…] Das hatte also im negativen Sinne nicht viel weitergeholfen. Wir waren also weiter darauf an-
gewiesen und wollten sehen: ‚Wann kommen die übrigen Verfahren aus dem Bundeskriminalamt?‘,
bzw. unsere eigentliche Ansprechstelle war ja nicht das Bundeskriminalamt, sondern die General-
staatsanwaltschaft Frankfurt mit Sitz in Gießen; denn das ist die Behörde, die uns ja die Akten zuge-
sandt hat. Also habe ich zunächst mal mit Gießen telefoniert und gefragt: Wie viele Kategorie-2-Ver-
fahren habt ihr denn da schon liegen?“1953

Aus einer Verfügung vom 17. Februar 2014 des Zeugen Klinge ergibt sich, dass dieser „[i]m Rahmen mehrerer

Telefonate mit dem Bundeskriminalamt und der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt […] um eine beschleu-

nigte und gesammelte Übersendung der dort vorhandenen Verfahren“1954 bat.

a) Kontakte mit der ZIT

In seinem Entwurf für Antworten auf Fragen der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag vom 22. April

2014 führte der Zeuge Dr. Fröhlich aus, der Zeuge Klinge habe am 4. und 6. Dezember mit Vertretern der ZIT

gesprochen.1955

Ein Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich vom 13. Februar 2014 gibt für den 12. November 2013 ein Telefonat des

Zeugen Klinge mit Staatsanwalt Dr. Krause von der ZIT wieder.1956 In diesem Telefonat habe der Zeuge Klinge

erfahren, „dass das BKA bislang nur sehr wenige ‚Kategorie 2 – Verfahren‘ nach dorthin abgegeben habe.“1957

Hierzu hat der Zeuge Klinge in seiner Vernehmung folgende Angaben gemacht:

„[…] Das war der 12.11.2013. Da habe ich mit ihm telefoniert, und er hat gesagt, nein, sie hätten da
eigentlich noch ganz wenig, aber wären natürlich gerne bereit, da mal nachzuhaken und zu sehen, dass

1951 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 13.
1952 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 13.
1953 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 13.
1954 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 85, Vermerk des Zeugen Klinge vom 17. Februar 2014.
1955 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 8, lfd. Nr. 26, Bd. 3, Bl. 77 (79), Entwurf für Antworten auf Fragen der CDU-Fraktion im

Niedersächsischen Landtag des Zeugen Dr. Fröhlich vom 22. April 2014.
1956 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 2, lfd. Nr. 4, Bl. 52 (53), Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische Justizmi-

nisterium vom 13. Februar 2014.
1957 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 2, lfd. Nr. 4, Bl. 52 (53), Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische Justizmi-

nisterium vom 13. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 459 – Drucksache 18/6700

sie schnell weitere Kategorie-2-Verfahren vom BKA übersandt kriegen. - Ja, das war erst mal die
Information aus Gießen, die ich so entgegengenommen habe. […]“1958

Er hat dies später wie folgt ergänzt:

„Ich hatte darum gebeten bei der Generalstaatsanwaltschaft, die mögen die doch nicht so kleckerweise
reinschicken, weil ich sonst die Gefahr gesehen habe, dass die mir nicht zugeordnet - - Ich konnte ja
zu dem Zeitpunkt noch nicht offenlegen und sagen: Liebe Kollegen, wir haben hier ein Verfahren
gegen einen Politiker; aus diesem Grunde achtet auf die und die Verfahren, legt mir die alle vor. - Da
hätte ich Probleme gehabt, weil sie alle nachgefragt hätten: ‚Was ist denn das, und wie ist denn das?‘,
und das war mir zu brisant. Darum habe ich bei der Generalstaatsanwaltschaft nachgefragt und gebeten
darum, diese Verfahren doch gebündelt zu uns zu schicken, und die sind dann auch gekommen am
20.12., in einem Schwung quasi, wurden mir vorgelegt dann, sodass da also kein anderer auch was
von mitbekommen hat.“1959

b) Kontakte mit dem Bundeskriminalamt

aa) Anlass der Kontaktaufnahme mit dem Bundeskriminalamt

Der Zeuge Klinge versuchte nach seinem Telefonat mit dem Zeugen Dr. Krause auch Kontakt mit dem Bundes-

kriminalamt aufzunehmen:

„[…] Ich habe dann aber in der Folgezeit auch versucht, mit dem Bundeskriminalamt Kontakt aufzu-
nehmen, um da ein bisschen Druck zu machen; denn das musste vorangetrieben werden in dem Ver-
fahren. Wenn das so hoch gehängt wird, denke ich mal, gegen eine so bekannte Persönlichkeit, waren
wir bestrebt, möglichst schnell die ganzen Informationen zusammenzukriegen, damit wir dann eine
endgültige Entscheidung treffen konnten; denn wir hatten uns ja lediglich vertagt mit unserer Ent-
scheidung. […]“1960

Die Zeugin Greiner hat den Anlass der Kontaktaufnahme von Oberstaatsanwalt Klinge in ihrer Vernehmung

wiedergegeben:

„Meines Wissens - ich war nicht direkt die, die dieses Telefonat entgegengenommen hat - war es so,
dass man nicht nur eine Entscheidung für den Fall Edathy treffen wollte, sondern dass man alle gleich-
gelagerten Fälle von den Fallkonstellationen sich anschauen wollte und dann eine Entscheidung -
durchsuche ich bei allen, oder durchsuche ich bei keinem? - treffen wollte dort. Das war der Hinter-
grund.“1961

bb) Zeitpunkte der Kontaktaufnahme mit dem Bundeskriminalamt

Der Zeuge Dr. Fröhlich legte in einem Entwurf für Antworten auf Fragen der CDU-Fraktion im Niedersächsi-

schen Landtag vom 22. April 2014 dar, in der Zeit vom 8. November 2013 bis zum Eintreffen sämtlicher Kate-

1958 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 14.
1959 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 66 f.
1960 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 14.
1961 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 38.

Drucksache 18/6700 – 460 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gorie-2-Verfahren am 20. Dezember 2013 habe Oberstaatsanwalt Klinge am 13., 15. November und 26. Novem-

ber 2013 sowie am 6. Dezember 2013 mit Vertretern des Bundeskriminalamtes telefoniert.1962 Zudem habe es

noch nicht registrierte eingehende Telefonate und solche über das Mobil-Telefon des Zeugen Klinge gege-

ben.1963 Der Chef der Niedersächsischen Staatskanzlei, Staatssekretär Dr. Jörg Mielke, teilte dem Ausschuss in

einem Schreiben vom 14. Mai 2015 mit, der Zeuge Klinge könne „keine verlässlichen Angaben mehr dazu ma-

chen, wann er mit welchen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern des Bundeskriminalamtes gesprochen“1964 habe.

Aufgrund von Telefonlisten könnten lediglich vier ausgehende Telefonate, „nämlich am 13.11., 15.11., 26.11.

und 06.12.2013“1965 rekonstruiert werden. Dr. Mielke wies in diesem Schreiben darauf hin, dass sich der Zeuge

nicht mehr erinnere, „[o]b und mit wem er an diesen Tagen tatsächlich ein Gespräch geführt“1966 habe. Inhalt

der Gespräche sei, soweit erinnerlich, die Behandlung der noch ausstehenden restlichen Kategorie-2-Akten ge-

wesen.1967 Als Ansprechpartnerinnen seien dem Zeugen Klinge „nur noch KOK’in Greiner und KOK’in Wie-

gand erinnerlich, aber nicht, wann er mit diesen oder anderen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern des Bundes-

kriminalamtes gesprochen“1968 habe.

Der Zeuge Klinge hat seine Kontakte mit dem Bundeskriminalamt allgemein wie folgt geschildert:

„[…] Ich habe dann in der Folgezeit versucht - - Die Sachbearbeiter beim Bundeskriminalamt waren
ja namentlich bekannt, weil sie sich aus den Akten ergeben haben. Das waren Frau Wiegand und Frau
Greiner; ich glaube, eine oder beide haben hier ja auch schon eine Aussage gemacht. […]“1969

An anderer Stelle hat er dem angefügt:

„[…] Ich habe versucht, einige in einen Vermerk mal zu holen anhand der damals noch vorhandenen
Telefonlisten, und habe dann gesehen, dass ich zu bestimmten Zeitpunkten telefoniert habe. Ich weiß
es nicht mehr, ob ich gesagt habe: Können sie mich mal zurückrufen oder so, wenn die wieder da sind?
- Es hat mit Sicherheit auch Anrufe gegeben aus dem Bundeskriminalamt, die bei mir eingegangen
sind; so erinnere ich es jedenfalls. Die kann ich aber überhaupt nicht mehr zeitlich irgendwie festlegen
und auch nicht in der Anzahl festlegen.

Ich erinnere mich also nur noch, dass das ein sehr nettes Gespräch war. Man wusste im Bundeskrimi-
nalamt ja um dieses Verfahren, um was es ging. Also, wenn ich da anrief, dann wusste man, also die
Sachbearbeitung, Bescheid, mit welchem Verfahren ich da zu tun hatte und warum das brisanter war
als andere Verfahren. Es waren sehr nette Gespräche, erinnere ich mich. Aber inhaltlich, was da ge-
laufen ist - - […].“1970

Hinsichtlich anderer BKA-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat der Zeuge Klinge erklärt:

„[…] Ich wollte auch nicht irgendwie größer rumtelefonieren im Bundeskriminalamt. Ich hätte ja auch
die Entscheidung treffen können: Na gut, wenn die beiden Sachbearbeiterinnen nicht da sind, dann

1962 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 8, lfd. Nr. 26, Bd. 3, Bl. 77 (79), Entwurf für Antworten auf Fragen der CDU-Fraktion im
Niedersächsischen Landtag des Zeugen Dr. Fröhlich vom 22. April 2014.

1963 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 8, lfd. Nr. 26, Bd. 3, Bl. 77 (79), Entwurf für Antworten auf Fragen der CDU-Fraktion im
Niedersächsischen Landtag des Zeugen Dr. Fröhlich vom 22. April 2014.

1964 MAT A-Nds 18(27)9-4(neu), Bl. 1, Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei an den Ausschuss vom 11. Mai 2015.
1965 MAT A-Nds 18(27)9-4(neu), Bl. 1, Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei an den Ausschuss vom 11. Mai 2015.
1966 MAT A-Nds 18(27)9-4(neu), Bl. 1, Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei an den Ausschuss vom 11. Mai 2015.
1967 MAT A-Nds 18(27)9-4(neu), Bl. 1, Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei an den Ausschuss vom 11. Mai 2015.
1968 MAT A-Nds 18(27)9-4(neu), Bl. 1, Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei an den Ausschuss vom 11. Mai 2015.
1969 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 14.
1970 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 15.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 461 – Drucksache 18/6700

nimmst du dir irgendjemand anders. - Aber in dieser Sache war ich von Anfang an vorsichtig und
wollte mit den Sachbearbeiterinnen sprechen, die ohnehin wussten, worum es geht, und die auch wuss-
ten, warum es mir eilig war damit und warum wir diese anderen Verfahren brauchten. Also, da noch
jemanden jetzt in den Kreis reinzunehmen, sollte vermieden werden, und darum habe ich abgewartet.
[…]“1971

cc) Telefonat des Zeugen Klinge mit der Zeugin Wiegand am 26. November 2013

Zu einem Telefonat vom 26. November 2013 zwischen dem Zeugen Klinge und ihr hat die Zeugin Wiegand

einen Vermerk angefertigt.1972 Darin ist festgehalten:

„Am heutigen Tag meldet sich StA Klinge der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Hannover telefonisch
und teilt mit, dass er zuständig für die Akte E. ist.“1973

Oberstaatsanwalt Klinge habe signalisiert, „dass er in diesem Fall gerne eine Durchsuchung anregen möchte,

[er] bittet aber um Prüfung der zeitnahen Übermittlung der weiteren Vorgänge im Rahmen der OP Selm von

Beschuldigten, die nur KAT2-Produkte erworben haben, um dann eine Gesamtentscheidung, die für alle Vor-

gänge Gültigkeit haben soll, treffen zu können“1974.

Aus dem Vermerk geht überdies hervor, dass die Zeugin Wiegand den Zeugen Hoppe vom dem Telefonat in

Kenntnis setzte und mit diesem die Erstellung einer Führungsinformation zur Information der Amtsleitung ver-

einbart wurde. Die Zeugin Wiegand hielt ferner fest, dass sie am 26. November 2013 bei der ZIT keinen Staats-

anwalt mehr erreicht habe.1975, 1976

Dem Vermerk vom 26. November 2013 zufolge „wurden diese Ergebnisse telefonisch“ mit Oberstaatsanwalt

Klinge besprochen. Ferner enthält der Vermerk folgende Angaben:

„Es wurde vereinbart, dass sich KHKin Greiner am Mittwoch, 27.11.2013, nach Rücksprache mit der
GStA FFM – ZIT wieder meldet und den aktuellen Sachstand mitteilt.

StA Klinge bittet noch darum, mit der GStA FFM – ZIT zu besprechen, ob die o.g. 26 Vorgänge
DIREKT vom BKA, SO 12 an die Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Hannover übersendet werden
können.“1977

In ihrer Zeugenvernehmung hat die Zeugin Wiegand die Bitte des Zeugen Klinge wie folgt wiedergegeben:

„Also, er hat es mir nicht lange erläutert. Er hat eben nur gesagt, dass er keinen speziellen Einzelfall
für Herrn Edathy möchte, sondern dass er sich einen Überblick verschaffen möchte über die Gesamt-
verfahren der Kategorie 2 und dann eine Entscheidung treffen möchte, die alle Personen betreffen. Bei

1971 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 14.
1972 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 313 (313 f.), Gesprächsnotiz von KOK’in Wiegand vom 26. November 2013 mit Gesprächspartner

StA Klinge mit dem Betreff: „Vorgang E.“.
1973 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 313 (313), Gesprächsnotiz von KOK’in Wiegand vom 26. November 2013 mit Gesprächspartner StA

Klinge mit dem Betreff: „Vorgang E.“.
1974 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 313 (313), Gesprächsnotiz von KOK’in Wiegand vom 26. November 2013 mit Gesprächspartner StA

Klinge mit dem Betreff: „Vorgang E.“.
1975 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 313 (313 f.), Gesprächsnotiz von KOK’in Wiegand vom 26. November 2013 mit Gesprächspartner

StA Klinge mit dem Betreff: „Vorgang E.“.
1976 Näher zu den Abläufen im BKA am 26. November 2013: Zweiter Teil A.10.a).
1977 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 313 (314), Gesprächsnotiz von KOK’in Wiegand vom 26. November 2013 mit Gesprächspartner StA

Klinge mit dem Betreff: „Vorgang E.“.

Drucksache 18/6700 – 462 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

den Kategorie-2-Vorgängen war es ja so, dass wir keine Durchsuchungsbeschlussanregung mit in die
Akte aufgenommen haben, sondern wir haben einen Sachstandsvermerk geschrieben, und die örtliche
Staatsanwaltschaft konnte dann selbst entscheiden, ob ihr das ausreicht für eine Durchsuchung oder
eben nicht. Er wollte eine Entscheidung für alle treffen: also entweder bei allen durchsuchen oder bei
niemandem durchsuchen. Das hat er mir so erläutert.“1978

Der Zeuge Klinge hat zu dem Telefonat vom 26. November 2013 ausgesagt:

„[…] Da kann ich dann gleich das, was ich jetzt gestern, vorgestern oder was in der Zeitung gelesen
habe, dass es da zu Unstimmigkeiten gekommen sei zwischen meinen Angaben in den Akten und den
Aussagen von Frau - ich weiß es nicht; einer der beiden Beamtinnen - - Die hätte gesagt, dieses erste
Gespräch sei erst am 26. geführt worden, während ich in meinen Akten vermerkt habe - in einem
Vermerk niedergelegt habe -, dass da schon wesentlich früher Telefonate stattgefunden haben.

Dazu kann ich schon gleich klarstellend sagen: Ja, das schließt sich aber beides nicht aus; denn - und
auch das habe ich in meinen Akten vermerkt - bis zum 15.11. hat es mehrere vergebliche Versuche
gegeben, im Bundeskriminalamt eine Sachbearbeiterin zu erreichen. Ich weiß es nicht mehr. Also, das
ist - - Hätte ich damals gewusst, welche Ausmaße dieses Verfahren annimmt, hätte ich sicherlich weit
mehr Vermerke geschrieben, als ich das getan habe; aber ich kann es einfach nicht mehr sagen.

Ich bin der Meinung, dass ich auch ein- oder zweimal durchgekommen bin zum Bundeskriminalamt,
irgendjemanden hatte, der mir dann gesagt hat: Die sind im Moment entweder dienstlich unterwegs
oder im Urlaub. - Das weiß ich nicht mehr. Das habe ich auch irgendwo vermerkt in den Akten, dass
mir diese Auskunft erteilt worden ist, sodass die Zeugin des Bundeskriminalamts durchaus recht haben
kann, dass wir Kontakt gekriegt haben erst wesentlich später. Aber ich habe es eben gleich in der
Folgezeit nach dem Gespräch mit Dr. Krause versucht, da jemanden anzurufen. […]“ 1979

Seine Entscheidung, nicht mit anderen im Bundeskriminalamt Kontakt zu suchen hat der Zeuge Klinge im Rah-

men seiner Aussage vor dem Ausschuss erläutert:

„[…] Ich wollte auch nicht irgendwie größer rumtelefonieren im Bundeskriminalamt. Ich hätte ja auch
die Entscheidung treffen können: Na gut, wenn die beiden Sachbearbeiterinnen nicht da sind, dann
nimmst du dir irgendjemand anders. - Aber in dieser Sache war ich von Anfang an vorsichtig und
wollte mit den Sachbearbeiterinnen sprechen, die ohnehin wussten, worum es geht, und die auch wuss-
ten, warum es mir eilig war damit und warum wir diese anderen Verfahren brauchten. Also, da noch
jemanden jetzt in den Kreis reinzunehmen, sollte vermieden werden, und darum habe ich abgewartet.

Nach meiner damaligen Einschätzung eilte ja auch nichts. Das gilt auch für die Folgezeit. Wir hatten
ein Ermittlungsverfahren. Die Anhaltspunkte, die wir hatten, lagen schon Jahre zurück zum Teil; das
waren ja Filme, die er sich schon einige Jahre vor dem Bekanntwerden da in Kanada bestellt hatte.
Und es ist so bei Verfahren wegen des Besitzes von Kinderpornografie: Wer sich so was bestellt, weil
er ein Interesse daran hat, und nicht, weil es aus Versehen mal mit reinrutscht, der behält das auch,
und der behält das nicht nur für ein paar Wochen, sondern der behält das auf seinem Rechner und
sammelt es da, sodass also im Prinzip zwar möglich war, dass weitere Bilder dazukämen, aber es eilte
nichts im Sinne, dass ein Beweismittel unbedingt verloren gehen könnte. […]“1980

1978 Wiegand, Protokoll-Nr. 7, S. 72.
1979 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 14.
1980 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 14.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 463 – Drucksache 18/6700

dd) Telefonat des Zeugen Klinge mit der Zeugin Wiegand am 6. Dezember 2013

Auch zu dem Telefonat mit dem Zeugen Klinge am 6. Dezember 2013 hat die Zeugin Wiegand einen Vermerk

angefertigt.1981 Demnach informierte der Zeuge Klinge die Zeugin Wiegand in diesem Telefonat darüber infor-

miert, dass er durch einen Anwalt von Sebastian Edathy fernmündlich kontaktiert und gefragt worden sei, „ob

es Verfahren gegen seinen Mandanten wegen des Verdachts des Besitzes von Kinderpornografie“1982 gebe.1983

Oberstaatsanwalt Klinge habe „weiterhin um priorisierte Abarbeitung der 26 Akten (KAT2) aus Niedersachsen“

gebeten. Die Zeugin Wiegand habe zugesagt, diese bis zum „Ende der 50. KW“1984 fertig zu stellen.

3. Reaktion der niedersächsischen Staatsanwaltschaften auf die Presseberichterstattung zur Operation
„Spade“ am 14. November 2013

Am 14. Oktober 2013 führten kanadische Ermittlungsbehörden eine Pressekonferenz zur Operation „Spade“

durch.1985 Am selben Tag berichteten deutschsprachige Medien darüber, dass die kanadische Polizei einen „in-

ternationalen Kinderporno-Ring“ gesprengt habe und machten dabei teilweise Angaben zu Bezügen nach

Deutschland.1986 1987

Ausweislich eines Vermerks des Zeugen Dr. Fröhlich vom 17. Februar 2014 unterrichtete Staatsanwalt Dr.

Krause von der ZIT am 12. November 2013 den Zeugen Klinge in einem Telefonat darüber, dass „die kanadi-

schen Ermittlungsbehörden am 13. November 2013 eine Pressekonferenz zur Operation ‚Spade‘ durchfüh-

ren“1988 würden.

Seine Bewertung der Presseberichterstattung hat der Zeuge Dr. Lüttig in seiner Vernehmung geschildert:

„Der Zeitpunkt Besprechung 08.11., da war für uns keine Eile geboten. Wir sind nach wie vor davon
ausgegangen: Es ist ein sehr begrenzter Kreis von Personen, die davon betroffen sind. Wir können erst
mal die Informationen einholen, und dann schauen wir weiter. - Es war für uns jedenfalls bis zu dem
Zeitpunkt 08.11. überhaupt kein Problem. Problematischer wurde es dann - das muss ich einräumen
oder an dieser Stelle auch mal sagen -, als nämlich diese Pressekonferenz in Sachen ‚Spade‘ kam. Ich
bin mir nicht mehr ganz sicher, wann das war.

[…]

1981 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 330, Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand vom 6. Dezember 2013 über ein Gespräch mit StA Klinge.
1982 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 330, Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand vom 6. Dezember 2013 über ein Gespräch mit StA Klinge.
1983 Näher zum Anruf von Rechtsanwalt Noll: Zweiter Teil C.5.a).
1984 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 330, Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand vom 6. Dezember 2013 über ein Gespräch mit StA Klinge.
1985 „Kanadische Polizei sprengt Kinderporno-Ring", Frankfurter Rundschau, 14. November 2013, http://www.fr-online.de/panorama/kriminalitaet-

-kanadische-polizei-sprengt-kinderporno-ring,1472782,25035664.html, zuletzt abgerufen am 2. August 2015. Näheres hierzu: Zweiter Teil.
A.8.b).

1986 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 2, lfd. Nr. 4, Bl. 52 (53), Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische Justizmi-
nisterium vom 13. Februar 2014.

1987 Näher hierzu: Zweiter Teil A.8.b).
1988 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 2, lfd. Nr. 4, Bl. 52 (53), Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische Justizmi-

nisterium vom 13. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 464 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

[…] Da ist jedenfalls die Sache ‚Spade‘ gekommen. Von der Sache ‚Spade‘ haben wir gar nichts
erfahren, GenStA Celle. Aber die Staatsanwaltschaft Hannover hat es einen Tag vor der Pressekonfe-
renz erfahren. Da wäre auch, selbst wenn man in dem Augenblick gesagt hätte: „Oh, jetzt müssten wir
handeln“, ein Handeln nicht mehr möglich gewesen innerhalb eines Tages. Das war der Punkt.”1989

In seiner Vernehmung machte der Zeuge Dr. Fröhlich folgende Angaben:

„[…] Die Ereignisse überschlugen sich dann aber. Denn ich bekam schon am 13. November meines
Erachtens oder am 14. einen Anruf wieder von Herrn Schierholt aus Celle, dass in dieser Phase, wo
wir uns noch so ein bisschen aufstellen wollten und erst mal sondieren wollten, was wir noch an In-
formationen bekommen, nunmehr auch die Pressekonferenz Operation ‚Spade‘ eben entweder schon
stattgefunden hatte oder kurz bevorstand. Da wussten wir natürlich auch nichts von, konnten wir wahr-
scheinlich auch gar nicht wissen. - Alles, was ich jetzt sage, ist jetzt nicht, jedenfalls nicht durchge-
hend, mit Vorwürfen bedacht. Aber von dieser Pressekonferenz wussten wir auch nichts.

Dann war natürlich die Frage, ob wir dann am 13. nun unsere ganze Strategie umstoßen und nun
schnell etwas tun sollten. Das war technisch gar nicht möglich. Wie gesagt, wir waren noch nicht mal
so weit, überhaupt uns über einen Anfangsverdacht im Klaren zu sein - die Vorgänge waren noch
unterwegs, Herr Edathy genoss Immunität, ein schnelles Losschlagen wäre auch gar nicht möglich
gewesen -, sodass in Abstimmung auch mit Herrn Schierholt das Ergebnis der Unterredung war am
Telefon: Dann müssen wir erst mal gucken, was es für Veröffentlichungen gibt, wie intensiv diese
Veröffentlichungen Rückschlüsse auf Kunden in Deutschland zulassen, und dann müssen wir uns ein-
fach noch mal treffen und die Lage neu sondieren. Parallel dazu hat Herr Klinge weiter versucht, beim
BKA Ansprechpartner zu bekommen.”1990

XIV. Eingang der weiteren Kategorie-2-Akten bei der Staatsanwaltschaft Hannover am 20.
Dezember 2013 und deren Bearbeitung ab dem 13. Januar 2014

Die von Oberstaatsanwalt Klinge erbetenen Verfahren sind am 20. Dezember 2013, einem Freitag, bei der Staats-

anwaltschaft Hannover eingegangen.1991 Es handelte sich dabei um 15 weitere Kategorie-2-Verfahren zu Nie-

dersachsen.1992

Der Zeuge Klinge hat zu dem Eingang dieser Verfahren erklärt:

„Ja, das ging dann ja so weiter: Wir warteten. Wir hatten die Verfahren noch nicht in Hannover. Die
kamen dann erst - offensichtlich Eingangsdatum - am 20.12. Das war also noch eine ganze Ecke später.
Das war zwei Tage, glaube ich, vor meinem Jahresurlaub. Also, am 24. hatte ich - - Da war nur noch
ein Tag, meine ich, dazwischen, sodass ich die gar nicht mehr vorgelegt bekommen habe. Denn diese
Verfahren aus Frankfurt sind zwar zu meinen Händen, meine ich, adressiert gewesen als Packen, haben
mich aber vor meinem Urlaub nicht mehr erreicht. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass wir nicht
im Haus rumgegangen sind und gesagt haben: ‚Hier, wir haben hier ein ganz brisantes Verfahren; das
muss alles sofort vorgelegt werden‘, was möglicherweise ja wieder Neugierde hervorgerufen hätte.
[…]“1993

Der Zeuge Klinge hat zum Beginn der Auswertung der gelieferten Akten ausgesagt:

1989 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 20.
1990 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 82 f.
1991 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 66 f.
1992 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 3, lfd. Nr. 9, Bl. 337 (339), Zeitleiste im Komplex "Edathy" des Niedersächsischen Justizminis-

teriums, Stand 27. Februar 2014.
1993 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 15 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 465 – Drucksache 18/6700

„[…] Am 23. hatte ich meinen letzten Arbeitstag - davor war, glaube ich, ein Wochenende sogar noch
oder so -, und dann war ich im Urlaub […]. Also, 13.01. war mein erster Arbeitstag dann wieder.
[…]“1994

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat zu der Auswertung der weiteren Kategorie-2-Akten, die bereits am 20. Dezember

2013 bei der Staatsanwaltschaft Hannover eingegangen waren, aufgeführt:

„Ja, so ging das weiter. Herr Klinge sagte, das BKA hätte jetzt mitgeteilt, die Akten seien unterwegs.
Sie waren eben noch nicht da. Ich weiß auch gar nicht, ob ich den Eingang am 20. Dezember mitbe-
kommen habe - eher nicht. Das war also die Weihnachtszeit. Herr Klinge war, ich glaube, ab 20. oder
ab 21. Dezember auch im Urlaub. Ich erinnere mich nur, dass er mir sagte, die lagen irgendwann auf
seinem Tisch, der Stapel der restlichen Akten. Nur, nach seinem Urlaub - das war Anfang Januar, der
10., 11. - habe ich ihm gesagt, er solle jetzt bitte mit Hochdruck sofort sich an die Akten machen und
letztendlich die Auswertung vornehmen, damit wir jetzt schnell nach Celle fahren und jetzt abschlie-
ßend entscheiden.

Das hatte er auch gemacht. Er kam wenige Tage nach Urlaubsrückkehr dann zurück, hatte die Regis-
tereinträge der einzelnen Beschuldigten, hatte die Akten dabei. Die hatte er alle gelesen, ausgewertet,
hatte also auch seinen Spickzettel. Wir haben das also noch mal durchgesprochen. Wir haben das
rechtlich gewürdigt und waren jetzt eigentlich so weit, dass die Entscheidung nun hätte fallen können.
Was uns daran hinderte, war Herr Rechtsanwalt Noll, der weiterhin Herrn Klinge drängte um ein Ge-
spräch. Das waren mehrere Anrufe, bei denen Herr Klinge Herrn Noll vertröstete. Und natürlich konn-
ten wir jetzt nicht sagen: Jetzt hören wir ihn nicht an. - Es war wichtig, noch mal zu hören: Welchen
Sachstand vermittelt er uns denn? - Das sollte dann aber auch der abschließende Akt sein, bevor die
Entscheidung getroffen werden sollte. […]“1995

Der Zeuge Dr. Lüttig hat die Zeitspanne zwischen dem Eingang der Akten und deren Bearbeitung wie folgt

bewertet:

„Ja, finde ich jetzt nicht so gut, aber das habe ich - - Ich hatte das vorhin schon mal angedeutet: Wenn
man den Kreis derjenigen, die über das Verfahren Bescheid wissen, sehr eng zieht, muss der Stellver-
treter da ran. Der kann ja gerne in Urlaub fahren. Dann hat er ja natürlich auch Weihnachten. Das muss
man ja auch berücksichtigen. Ich weiß nicht mehr genau: Die Tage lagen relativ günstig für einen
Urlaub. Aber dann muss eben sichergestellt sein, dass ein Stellvertreter die Akten durchsieht, und dann
wären wir wahrscheinlich Silvester durch gewesen.“1996

Der Zeuge Klinge hat in seiner Vernehmung angegeben, am 5. November 2013 hätten er und sein Vorgesetzter,

Zeuge Dr. Fröhlich, sich darauf verständigt, die Akte zu Sebastian Edathy „solle zunächst geheim gehalten

werden“.1997 Der Zeuge Dr. Fröhlich hat angegeben, dem Zeugen Klinge aufgetragen zu haben, die Akte nicht

einzutragen und niemanden etwas von dem Verfahren zu erzählen.1998 Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung

hat der Zeuge Klinge ergänzende Angaben hierzu gemacht:

„[…] Wir hatten ja in Hannover schon die Sache Wulff, die auch nur suboptimal da gelaufen ist, die
wir vorher hatten, wo auch schon ab und zu Stimmen kamen: Da ist irgendwas durchgesteckt. Da ist
an die Presse irgendwas rausgekommen, was nicht hätte rauskommen dürfen. - Ich meine, das war
schon zu dem Zeitpunkt. Und wir haben gesagt: Wir machen so dicht, dass bei uns jedenfalls, soweit
das irgendwie in unserem Bereich ist, niemand irgendwas irgendwem stecken kann und dass auch

1994 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 17.
1995 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 84.
1996 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 44.
1997 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 10.
1998 Dr. Fröhlich, Protkoll-Nr. 40, S. 79.

Drucksache 18/6700 – 466 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

niemand im Nachhinein ankommen kann und sagen kann, da hätte aber doch irgendjemand von ir-
gendwo - Geschäftsstelle oder Kollegen oder was weiß ich, was - Kenntnis haben können von dem
Verfahren. - Darum war völlige Einigkeit darüber: Das ist ein Verfahren, das nur zwischen uns beiden
bleibt und jeden Abend in den Stahlschrank eingeschlossen wird. Das liegt nicht auf irgendeiner Ge-
schäftsstelle, wo jemand mal zufällig auch drankommen kann oder Ähnliches, sondern das bleibt ab-
solut abgeschirmt, das Verfahren. Bei uns jedenfalls geht nichts raus.“1999

XV. Nachfragen von Rechtsanwalt Noll bei Staatsanwaltschaft und Polizei in Niedersachsen
zwischen November 2013 und Januar 2014

Zwischen dem 28. November 2013 und dem 22. Januar 2014 nahm der Verteidiger von Sebastian Edathy,

Rechtsanwalt Noll, mehrfach Kontakt zu Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften in Berlin und Niedersachsen

auf.2000

1. Anlass für die Nachfragen und Überlegungen des Rechtsanwalts Noll zum Vorgehen

Seine Motivation, unmittelbar nach seiner Beauftragung durch Sebastian Edathy am 27. November 20142001 mit

Nachforschungen – insbesondere bei der Staatsanwaltschaft Hannover – zu beginnen, hat der Zeuge Noll in

seiner Vernehmung erläutert:

„[…] Es ist ja am wahrscheinlichsten gewesen, dass die Staatsanwaltschaft Hannover zuständig ist
wegen der Sonderzuständigkeit, die man über das Internet herausfinden kann.

[…] Herr Edathy wollte natürlich verhindern, dass das Ganze öffentlich wird, und er wollte, dass ich
tätig werde. Er wollte, dass ich herausfinde, wo die Akte liegt, und wollte, dass ich mit dem Sachbe-
arbeiter spreche. Sie kennen Herrn Edathy. Glauben Sie, ich hätte jetzt eine Woche nichts tun können?
Ich glaube nicht.“2002

Sein Vorgehen hat der Zeuge Noll wie folgt beschrieben:

„[…] Es ist klar, dass Berlin und Niedersachsen zuständig sein können und dort die Polizei, die Staats-
anwaltschaft und die Generalstaatsanwaltschaft. Ich habe natürlich nicht beim BKA nachgefragt, weil
ich wusste, die haben die Akte nicht mehr, nicht in Gießen deswegen angefragt. Dass ich in Celle
angefragt habe, war vielleicht aufgrund dieser Information oder sicher aufgrund dieser Information
von Herrn Hartmann. Sonst hätte ich mich vielleicht auf die Staatsanwaltschaft Hannover beschränkt
erst mal oder auf die Staatsanwaltschaft Verden beschränkt.“2003

Auf die Nachfrage, warum er beim Bundeskriminalamt und der ZIT nicht nachgefragt habe, hat der Zeuge Noll

erklärt:

„Na, wir wussten ja, dass die Akte da nicht mehr ist. Die war ja schon nach Celle weitergegangen; in
Wirklichkeit sogar schon nach Hannover, aber wir wussten ja: Celle. Insofern brauche ich ja nicht bei
einer Behörde nachzufragen, die die Akte nicht vorliegen hat und die auch gar nicht die Ermittlungen
führen könnte. Also, das BKA kann ja nicht in der Sache ermitteln. Die haben ja nur eine Einschätzung

1999 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 49.
2000 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 8 f.
2001 Näher hierzu: Zweiter Teil D.3.
2002 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 20.
2003 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 24.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 467 – Drucksache 18/6700

gemacht. Die Einschätzung war: nicht strafbar. Diese Zentralstelle führt ja auch nicht die Ermittlungen
und wäre sachlich oder örtlich gar nicht zuständig. Die haben ja die Akte dann abgegeben an die örtlich
zuständigen Generalstaatsanwaltschaften.

Ich weiß nicht, ob es da eine Sonderzuständigkeit dieser Zentralstelle in irgendeiner Form gibt. Die
müssen ja aus irgendeinem Grund mit der Sache befasst sein, wahrscheinlich wegen Fachkompetenz
in irgendeiner Form. Aber dass die das nicht selber machen würden, schien mir nahe liegend. Es schien
mir plausibel, dass die die Akte abgegeben haben sollten nach Celle, also an die Generalstaatsanwalt-
schaft des Bundeslandes, wo der Erstwohnsitz von Herrn Edathy war, und es war auch klar: Celle
würde nicht selber ermitteln, sondern das ihrerseits weitergeben an die zuständige, örtlich zuständige
Staatsanwaltschaft. Das wäre beim Wohnsitz Verden gewesen. Es gibt aber diese Sonderzuständigkeit
in Niedersachsen in Hannover, und es hätte sein können wegen des Zweitwohnsitzes Berlin.“2004

Zusammenfassend hat der Zeuge Noll zu seinen Auskunftsersuchen erklärt:

„Ich habe dann relativ schnell rausgefunden, dass in Berlin nichts vorliegt, habe dann nach einiger
Zeit auch rausgefunden, dass in Verden, was zuständig gewesen wäre für den Wohnort von Herrn
Edathy, nichts vorliegt. Alle Behörden haben eigentlich relativ zügig - also, gerade die Berliner Be-
hörden haben relativ zügig geantwortet - geantwortet, dass es nichts gibt. Die Einzigen, die sich be-
deckt gehalten haben, waren die niedersächsischen Behörden. […]“2005

2. Nachfragen bei der Staatsanwaltschaft Hannover am 28. November 2013

a) Fax vom 28. November 201

Am 28. November 2013 versandte Rechtsanwalt Noll ein Fax an die Staatsanwaltschaft Hannover, dem eine

Strafprozessvollmacht von Sebastian Edathy beilag und in dem Rechtsanwalt Noll folgendes ausführte:

„[…]

Gegen meinen Mandanten soll wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornographischer Schriften
ermittelt werden. Ein Aktenzeichen ist ihm nicht bekannt. Da mein Mandant seinen Wohnsitz in Nie-
dersachen hat und die Staatsanwaltschaft Hannover die Zentralstelle für die Bekämpfung pornogra-
phischer Schriften ist, gehe ich davon aus, dass das Verfahren bei Ihnen anhängig ist.

Die Daten meines Mandanten lauten wie folgt: Sebastian Edathy, [Persönliche Daten und Anschrift
nicht wiedergegeben, Anm.]

Ich bitte darum, mir möglichst schnell – gerne auch telefonisch – mitzuteilen, unter welchem Akten-
zeichen das Verfahren bearbeitet wird und wer der Sachbearbeiter ist. Zudem wird bereits jetzt bean-
tragt,

Akteneinsicht

zu erteilen und die Akten an meine im Briefkopf benannten Anschrift zu übersenden. Weiter teile ich
mit, dass mein Mandant selbstverständlich jederzeit zur Verfügung steht und bitte um entsprechende
Rückmeldung, fall dies der Fall sein sollte.

2004 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 19 f.
2005 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 9.

Drucksache 18/6700 – 468 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

[…]“2006

Nach den Angaben des Zeugen Dr. Fröhlich blieb dieses Fax zunächst „irgendwo im Geschäftsgang hängen“2007.

Der Zeuge hat zu diesem Fax ausgesagt:

„[…] Was wir damals nicht wussten, was sich aber im Nachhinein dann durch den Aktenaufbau erge-
ben hat, ist, dass Herr Noll auch am 28., mutmaßlich sogar nach seiner E-Mail, an die Registerstelle
der Staatsanwaltschaft Hannover einen Schriftsatz geschickt hatte, worin er auch noch mal kundtat -
ich meine, sogar unter Beifügung einer Vollmacht von Herrn Edathy vom 27. November -, dass er
denselben vertrete und sich nach irgendwelchen Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Hannover gegen
Herrn Edathy erkundige und um Akteneinsicht ersuche.

Dieses an die Registerstelle der Staatsanwaltschaft Hannover gerichtete Schreiben ist erst viel später
aufgetaucht. Das blieb irgendwo im Geschäftsgang hängen; denn die Registerstelle konnte damit erst
gar nichts anfangen. Wie das nun schließlich zur Akte gekommen ist, weiß ich nicht. Es befand sich
dann aber in dem von Herrn Klinge geführten sogenannten AR-Vorgang. Da wurde also alles gesam-
melt, was bis dahin geschehen war, sein Vermerk über das Gespräch in Celle und, ich meine, er hatte
das dann auch genannt ‚Kontaktversuche Rechtsanwalt Noll‘. Und das wurde auch weitergeführt. Da-
von wusste ich aber, wie gesagt, überhaupt nichts. […]“2008

b) E-Mail vom 28. November 2013

In einem Vermerk vom 13. Februar 2014 berichtet Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich, Rechtsanwalt Noll

habe sich am 28. November 2013 auch mit einer E-Mail an die Staatsanwaltschaft Hannover gewandt und in

einer „relativ eiligen Angelegenheit“ um Kontaktaufnahme durch den Behördenleiter Leitender Oberstaatsan-

walt Dr. Fröhlich gebeten.2009

Zu seiner schriftlichen Kontaktaufnahme mit der Staatsanwaltschaft Hannover hat der Zeuge Noll erklärt:

„[…] [I]ch habe am 28. November die Staatsanwaltschaft Hannover angeschrieben, und zwar die Re-
gisterstelle, in der Hoffnung, dass man mir vielleicht ein Aktenzeichen mitteilen kann, also noch gar
nicht mal jemanden auf Sachbearbeiterebene angeschrieben. Ich weiß gar nicht, ob ich da jemals eine
Antwort bekommen habe - das ist mir jetzt nicht präsent -, jedenfalls nicht zeitnah. Ich weiß auch jetzt
nicht mehr, wann ich eventuell Frau Gresel bei der Staatsanwaltschaft Hannover gesprochen habe. Ich
glaube, das war dann am 28.01. […]“2010

Der Behördenleiter, Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich, war am 28. November 2013 nicht in seiner Dienst-

stelle.2011 Die Anfrage von Rechtsanwalt Noll bearbeitete, dem genannten Vermerk von Leitender Oberstaats-

anwalt Dr. Fröhlich zufolge, die stellvertretende Behördenleiterin Oberstaatsanwältin Angelika Gresel,2012 die

am 2. Dezember 2013 in einem Vermerk festgehalten habe, dass das Sekretariat von Rechtsanwalt Noll auf ihren

2006 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 79 f., Telefax des Zeugen Noll an die Registerstelle der Staatsanwalt-
schaft Hannover vom 28. November 2013.

2007 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 83.
2008 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 83.
2009 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 47 (48),Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische

Justizministerium vom 13. Februar 2014.
2010 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 26 f.
2011 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 83.
2012 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 47 (48),Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische

Justizministerium vom 13. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 469 – Drucksache 18/6700
Anruf am 28. November 2013 einen Rückruf von Rechtsanwalt Noll für den Folgetag zugesagt habe.2013 Den

Inhalt des Telefonats gibt der Vermerk von Leitender Oberstaatsanwältin Gresel vom 2. Dezember 2013 wieder:

„Im Rahmen des Rückrufs bestätigte RA Noll, Verfasser der Mail gewesen zu sein. Er rufe im Auftrag
seines Mandaten Edathy, Bundestagsabgeordneter der SPD, an. Dieser habe über Gerüchte gehört,
dass es Verfahren gegen ihn in Hannover geben solle. Da die Abteilung 11 (Anm.: Verfahren gegen
Politiker und Beamte) zuständig wäre, wenn es um Abgeordnete geht und mir aus dem Gedächtnis
nichts bekannt war, habe ich noch einmal in das System geschaut und keinen Eintrag gefunden. Ich
habe Herrn RA Noll an die StA Berlin verwiesen, die aber von ihm schon befragt worden war und
auch kein Verfahren gehabt habe.

Ich habe Herrn Noll dann gefragt, wie er denn auf Hannover gekommen sei. Er sagte mir, sein Man-
dant habe Gerüchte gehört, wonach ein Verfahren gegen ihn über das BKA an die GenStA Celle ge-
geben worden sei. Auf meine Frage, ob er auch etwas zu dem Vorwurf sagen könne, hat er geäußert,
irgendetwas mit Kinderpornografie. Er wisse, dass die StA Hannover die Zentralstelle habe und sei
daher davon ausgegangen, dass es hier laufen könne. Ich habe ihm zugesagt, mit dem zuständigen
Abteilungsleiter Kontakt aufzunehmen und mich dann wieder zu melden.

Erst durch ein anschließendes Telefonat mit OStA Klinge erfuhr ich, dass verdeckte Vorermittlungen
wegen des Verdachts der Kinderpornographie gegen Edathy laufen würden. Es sei zutreffend, dass die
Erkenntnisse über das BKA an die GenStA Celle gekommen seien. Herr BL und Frau LOStAin Ball-
nus wurden mündlich bzw. telefonisch informiert. Herr RA Noll habe ich noch im Verlauf des Freitag,
29.11., zurückgerufen und ihm gesagt, dass kein Verfahren gegen Edathy bei der StA Hannover ein-
getragen sei, was tatsächlich der Sachlage entspricht.“2014

Das Telefonat zwischen ihm und Leitender Oberstaatsanwältin Gresel hat der Zeuge Klinge in seiner Verneh-

mung wie folgt geschildert:

„[…] Wir haben dann, Frau Gresel und ich, am 29. telefoniert oder uns auch gesehen; das weiß ich
nicht mehr. Ich gehe mal davon aus fast, dass wir uns dann auch getroffen haben noch, aber zunächst
telefoniert. Und sie fragte mich: Was ist das für ein Verfahren? Wieso weiß ich davon nichts? - Der
Behördenleiter war nämlich zu dem Zeitpunkt nicht da. […] Ich habe sie dann aber informiert, was
das ist und dass wir, insbesondere der Behördenleiter, gesagt hatten, dass absolutes Stillschweigen
über dieses Verfahren - - Das hat auch keine Geschäftsstelle. Das ist zunächst nicht eingetragen wor-
den, das Verfahren bzw. - - ‚Verfahren‘ sage ich immer. Wenn ich jetzt ‚Verfahren‘ sage, meine ich
nicht Verfahren im Rechtssinne, sondern ‚der Vorgang‘, sage ich lieber; denn eingetragen war es noch
nicht, weder als AR-Sache noch als Js-Sache.

Ich habe also Frau Gresel geschildert, was Hintergrund dieses Verfahrens ist, dass es sich um einen
Bundestagsabgeordneten handelt, bei dem Anhaltspunkte vorliegen, dass er möglicherweise Kinder-
pornografie in seinem Besitz haben könnte. Gut, dann war die also als Zweite auch eingeweiht.
[…]“2015

Der Zeuge Noll hat zu seinem Telefonat mit der Leitenden Oberstaatsanwältin Gresel ausgeführt:

„[…] Ich habe mich gewandt an die Staatsanwaltschaft Hannover, damals nicht wissend, dass sie zu-
ständig ist, aber es vermutend, weil es eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft oder Schwerpunktabtei-
lung für ganz Niedersachsen in Hannover gibt, was diesen Deliktsbereich betrifft. Ich bin auf eine, ich
glaube, stellvertretende Behördenleiterin gestoßen, die im Telefonat mit mir sichtlich überrascht war

2013 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 47 (48),Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische
Justizministerium vom 13. Februar 2014.

2014 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 47 (49),Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische
Justizministerium vom 13. Februar 2014.

2015 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 16.

Drucksache 18/6700 – 470 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

und offenkundig keine Ahnung hatte. Es stellte sich dann später heraus: Sie war wohl tatsächlich nicht
informiert, im Gegensatz zum Behördenleiter und Sachbearbeiter. […]“2016

c) Bewertung der Nachfragen vom 28. November 2013 durch Leitenden Oberstaatsanwalt Dr.
Fröhlich

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat seine damalige Bewertung der Nachfragen des Zeugen Noll wie folgt wiedergege-

ben:

„[…] Frau Gresel hat dann auch sofort bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle angerufen, hat mit Frau
Ballnus gesprochen und ihr die Kontaktversuche von Herrn Noll mitgeteilt. Und auch da bestand Ein-
vernehmen, so wie bei der Operation ‚Spade‘ und der Pressekonferenz auch: Das ist eine völlig neue
Situation, die die noch nicht abgeschlossene Frage der Prüfung des Anfangsverdachts noch weiter
überlagert. - Wir waren im Grunde genommen jetzt schon so weit, zu sagen: Es scheint ja so, als sei
die Information schon bei Herrn Edathy gelandet. Macht es jetzt überhaupt noch Sinn, irgendetwas zu
machen? - Denn natürlich bestand die Vermutung, dass in dem Moment, wo ein Rechtsanwalt sich
nach einem solchen Verfahren erkundigt, möglicherweise, vielleicht sogar wahrscheinlich, schon alle
Beweismittel vernichtet sind. Aber auch da haben wir gesagt: Wir können jetzt nicht stehenden Fußes
losschlagen. Wir müssen erst mal in Ruhe jetzt noch mal den Anfangsverdacht prüfen, noch intensiver,
als bis dahin schon geschehen. - Herr Klinge erhielt den Auftrag, sich jetzt bitte noch mal mit allem
Nachdruck um diese restlichen Kategorie-2-Verfahren zu kümmern. Das hat er auch gemacht, wobei
ich Einzelheiten da nicht genau weiß. Ich müsste mich auf seine Vermerke beziehen. […]“2017

An anderer Stelle hat er zu dieser Frage dargelegt:

„[…] Also, der erste Kontakt, da hatte ich ja gesagt, da war ich auf das angewiesen, was Frau Gresel
in diesem Telefonat weitergab von Herrn Noll, und da war absolut auffällig eben dieser Weg der Akte:
BKA, GenStA Celle, Hannover. Und da haben wir natürlich gefragt: Wo kann er das herhaben? Und
eine mögliche Theorie war tatsächlich: Das ist einfach mal ein Versuch. Möglicherweise ist er ge-
warnt, woher auch immer, und jetzt versucht er mal sein Glück. - So fernliegend ist das ja nicht. Herr
Edathy hat in Niedersachsen seinen Wohnsitz, in Niedersachsen zuständig ist die Staatsanwaltschaft
Hannover mit ihrer Zentralstelle. Da kann man so was schon mal versuchen. Ich kenne jedenfalls
Anwälte, die würden das durchaus mal sehr professionell machen. Also, zu dem Zeitpunkt: Natürlich
ahnten wir schon, dass da mehr hintersteckt; aber es war - - Und das habe ich auch, meine ich, sogar
im Innenausschuss - - oder Dr. Lüttig hat das seinerzeit gesagt. Es gab natürlich auch keine hundert-
prozentige Sicherheit, dass da entsprechend schon von einer bestimmten Quelle durchgesteckt wird.
Die Informationen gab es also - klar! - am 22. und natürlich, als Herr Noll nicht aufhörte zu fragen
und seine Anfragen immer konkreter wurden.“2018

3. Nachfragen beim Landeskriminalamt Niedersachsen am 2. und 4. Dezember 2013

Am 2. Dezember 2013 erkundigte sich Rechtsanwalt Noll per Fax und telefonisch beim Landeskriminalamt

Niedersachsen nach einem Verfahren gegen seinen Mandanten Sebastian Edathy.

Sein Fax vom 2. Dezember 2013, dem eine Strafprozessvollmacht beigefügt war, hatte folgenden Inhalt:

2016 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 9.
2017 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 83 f.
2018 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 113.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 471 – Drucksache 18/6700

„Hiermit zeige ich Ihnen ausweislich der beigefügten Strafprozessvollmacht an, dass ich die Vertre-
tung von Herrn Sebastian Edathy, geb. am 05.09.1969, innehabe.

Gegen meinen Mandanten soll im Land Niedersachsen ein Verfahren geführt werden. Ich bitte, mir in
diesem Fall den Sachbearbeiter und das Aktenzeichen mitzuteilen, damit Akteneinsicht genommen
werden kann.“2019

Telefonisch erreichte der Zeuge Noll am 2. Dezember Polizeikommissar Felix Piechota vom Dezernat 38 des

Landeskriminalamtes Niedersachsen2020. Kriminalhauptkommissar Schillig vom Dezernat 38 fertigte zu dem

Telefonat folgenden Vermerk an:

„1.

Am heutigen Tag meldete sich telefonisch der Rechtsanwalt Christian NOLL in der Ansprechstelle
Kinderpornografie.

Er teilte mit, dass er Herrn Sebastian EDATHY vertreten würde. Weiterhin wollte er das Aktenzeichen
des gegen seinen Mandanten geführten Verfahrens erfragen. Hier wurde ihm mitgeteilt, dass telefo-
nisch grundsätzlich keine Auskunft zu geführten Verfahren gegeben wird. Weiterhin wurde um Über-
sendung einer Prozessvollmacht gebeten.

Die Vollmacht wurde per Fax übersandt und liegt dem Vermerk bei.

2.

Um auszuschließen, dass das Verfahren durch die GenStA bereits an das LKA Nl übersandt wurde
oder sich dieses schon auf dem Postweg befindet, wurde Rücksprache mit Herrn OStA Rosengarten
der GenStA Celle gehalten. Herr Rosengarten ist über den Fall informiert. Derzeit liegt ihm das Ver-
fahren noch nicht vor. Herr Rosengarten wird Rücksprache mit der GenStA Frankfurt / M. halten und
weitere Erkenntnisse mitteilen.

3.

Nach derzeitigem Ermittlungsstand wird Herrn Rechtsanwalt NOLL mitgeteilt werden, dass im LKA
Nl kein Verfahren gegen seinen Mandaten geführt wird.“2021

Die Rücksprache mit Oberstaatsanwalt Rosengarten hielt der Leiter des Dezernats 38 des Landeskriminalamtes

Niedersachsen, Kriminaloberrat (KOR) Möhring am 2. Dezember um 15.30 Uhr – den Angaben von Kriminal-

oberrat Möhring in Rahmen seiner Vernehmung durch das Landeskriminalamt vom 21. Februar 2014 zufolge –

„unter Berücksichtigung der Auskunft des Bundeskriminalamtes vom 24. Oktober 20132022“2023. Oberstaatsan-

walt Rosengarten habe seinen Rückruf für den 3. Dezember zugesichert. Kriminaloberrat Möhring sagte in sei-

ner Vernehmung durch das Landeskriminalamt ferner aus, dass Kriminalhauptkommissar Schillig „parallel“

Kontakt zur Staatsanwaltschaft Hannover aufgenommen habe, um zu erfragen, ob dort ebenfalls eine Anfrage

2019 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 171 f., Telefax des Zeugen Noll an das Landeskriminalamt Niedersachsen vom 2.
Dezember 2013.

2020 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 152 (158), Protokoll der Vernehmung von PK Piechota durch das Landeskri-
minalamt Niedersachsen am 25. Februar 2014.

2021 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 170, Vermerk von KHK Schillig vom 2. Dezember 2013.
2022 Näher zu dieser Auskunft: Zweiter Teil C.3.
2023 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 135 (138), Protokoll der Vernehmung von KOR Möhring durch das Landeskri-

minalamt am 21. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 472 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

von Rechtsanwalt Noll eingegangen sei.2024 Kriminalhauptkommissar Schillig gab in seiner Vernehmung durch

das Landeskriminalamt an, er habe nicht mit der Staatsanwaltschaft Hannover gesprochen.2025

Am 3. Dezember 2013 habe er, Kriminalhauptkommissar Schillig, einen Anruf von Oberstaatsanwalt Rosenberg

erhalten, der ihm mitgeteilt habe, der Vorgang sei an die Staatsanwaltschaft Hannover versandt worden.2026 Der

Zeuge Klinge von der Staatsanwaltschaft Hannover habe dies auf Anfrage bestätigt und mitgeteilt, dass weitere

Maßnahmen durch die Behördenleitung geprüft würden.2027 In einem Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich vom

13. Februar 2014 wird folgender Vermerk des Zeugen Klinge vom 3. Dezember 2013 hierzu wiedergegeben:

„Herr Schillung [Schreibweise im Original, Anm.] vom LKA Nds. ruft an und teilt mit, dass sich dort
RA Noll aus Berlin gemeldet habe und angefragt habe, ob dort ein Verfahren gegen Herrn Edathy wg.
des Besitzes kinderpronographischer Schriften laufe. Das Verfahren sei im LKA bereits auf Grund
einer Erkenntnisanfrage des BKA bekannt.“2028

Zu diesem Telefonat am 3. Dezember 20132029 hat der Zeuge Klinge ausgesagt:

„[…] Kurze Zeit später kriegte ich dann - das war auch noch, bevor die Akten überhaupt bei uns
eingegangen sind - einen Anruf aus dem Landeskriminalamt von Herrn Schillig. Herr Schillig ist der,
der beim Landeskriminalamt zuständig ist für Kinderpornografie. Den kannte ich also aus diversen
vorherigen Verfahren schon. Das hatte nichts mit Herrn Edathy zu tun, sondern ich habe schon eine
ganze Reihe von Verfahren mit ihm zusammen gehabt. Und der rief mich an und sagte: Herr Klinge,
hören Sie zu. Wir haben hier eine Anfrage gekriegt von einem Anwalt. Wir wissen, das Verfahren
läuft bei Ihnen da, weil wir da schon eine Erkenntnisanfrage hatten - vom BKA, meine ich, hat er
gesagt; daher waren die überhaupt schon im Bilde -: Was sollen wir machen? Was sollen wir dem
antworten? - Und ich habe gesagt: Der hatte sich bei uns auch schon gemeldet. Wir bestätigen ein
solches Verfahren nicht, weil wir überlegen noch: Leiten wir ein? Können wir eine Durchsuchung
machen? Oder haben wir nicht genug dafür? - Und dann war dieses Gespräch quasi auch beendet - das
war recht kurz -, und er sagte: Na gut, dann bespreche ich das, und dann gehe ich davon aus, dass auch
wir dann - -“2030

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat neben dem Kontakt zwischen Kriminalhauptkommissar Schillig und dem Zeugen

Klinge vom 3. Dezember 2013 auch ein Gespräch vom 4. Dezember 20132031 zwischen ihm - dem Zeugen Dr.

Fröhlich - und dem Präsidenten des Landeskriminalamtes Niedersachsen Kolmey geschildert:

„[…] Was ich eben persönlich noch mitbekommen habe, ist, dass Herr Noll dann auch bei der Gene-
ralstaatsanwaltschaft Celle entsprechende Anfragen platzierte und auch beim Landeskriminalamt, so-
dass damals Herr Kolmey - das ist der Präsident des Landeskriminalamts Niedersachsen - Anfang
Dezember bei mir anrief, ich sage mal, parallel zur Sachbearbeiterebene, weil der Sachbearbeiter Herr
Schillig auch bei Herrn Klinge, glaube ich, angerufen hat und gesagt hatte, da melde sich Herr Noll.

2024 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 135 (138), Protokoll der Vernehmung von KOR Möhring durch das Landeskri-
minalamt am 21. Februar 2014.

2025 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (146), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2026 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 173, Vermerk von KHK Schillig vom 3. Dezember 2013; MAT A-Nds 18(27)10-
11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (146), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA Niedersachsen vom 25.
Februar 2014.

2027 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 173, Vermerk von KHK Schillig vom 3. Dezember 2013; MAT A-Nds 18(27)10-
11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (146), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA Niedersachsen vom 25.
Februar 2014.

2028 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 47 (49),Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische
Justizministerium vom 13. Februar 2014.

2029 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 16.
2030 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 16.
2031 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 92.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 473 – Drucksache 18/6700

Und ich habe mit Herrn Kolmey auf Behördenleiterebene, glaube ich, das Gleiche besprochen. Es ging
nur darum, wie wir antworten, nämlich im Grunde genommen ausweichend. Jeder gab also Herrn Noll
zu verstehen, dort sei kein Verfahren, man wisse nichts, und er wurde dann mit unterschiedlichen
Satzfragmenten, immer denselben, beschieden, dass nämlich kein Verfahren anhängig sei. […]“2032

Polizeikommissar Piechota gab in einer Vernehmung durch das Landeskriminalamt Niedersachsen am 25. Feb-

ruar 2014 an, Rechtsanwalt Noll habe ihn noch einmal angerufen und sich nach dem Sachstand erkundigt.2033

Polizeikommissar Piechota habe darauf mitgeteilt, dass die Bearbeitung noch nicht abgeschlossen sei und für

weitere Rückfragen der Leiter des Dezernats 38, Kriminaloberrat Möhring,2034 zu Verfügung stehe.2035 Am 4.

Dezember 2013 erkundigte sich der Zeuge Noll bei Kriminaloberrat Möhring nach einem Vorgang zu Sebastian

Edathy. Kriminaloberrat Möhring hat hierzu folgenden Vermerk angefertigt:

„Auskunftsersuchen in Sachen Edathy

FAX RA Noll vom 02.12.13

Vermerk:

Am 04.12.13 gegen 10.45 Uhr ging bei mir ein Telefonanruf des Herrn Noll ein. Herr Noll erkundigte
sich noch einmal im Sinne seiner FAX – Anfrage.

Ich habe Herrn Noll eine zeitnahe schriftliche Beantwortung seines Auskunftsersuchens in Aussicht
gestellt.“2036

Am 4. Dezember 2013 antwortete Kriminaloberrat Möhring auf die Anfragen des Zeuge Noll mit folgendem

Schreiben, dass am 5. Dezember 2013 um 8.53 Uhr per Fax2037 an Rechtsanwalt Noll versandt wurde.

„Bezug nehmend auf Ihre telefonische und nachfolgend per FAX übersandte Anfrage darf ich Ihnen
mitteilen, dass in meinem Dezernat aktuell kein Ermittlungsverfahren gegen Ihren Mandanten, Herrn
Sebastian Edathy, geführt wird.

Unter Berücksichtigung Ihrer schriftlich formulierten Anfrage habe ich auch eine Recherche im Vor-
gangsbearbeitungssystem NIVADIS der niedersächsischen Landespolizei veranlasst. Dabei konnte
kein Verfahren festgestellt werden, in dem Ihr Mandant als Beschuldigter oder Betroffener angeführt
ist.“2038

2032 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 84.
2033 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 152 (159), Protokoll der Vernehmung von PK Piechota durch das Landeskri-

minalamt Niedersachsen am 25. Februar 2014.
2034 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 135 (135), Protokoll der Vernehmung von KOR Möhring durch das Landeskri-

minalamt am 21. Februar 2014.
2035 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 152 (159), Protokoll der Vernehmung von PK Piechota durch das Landeskri-

minalamt Niedersachsen am 25. Februar 2014.
2036 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 174, Vermerk von KOR Möhring vom 4. Dezember 2013.
2037 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7 Bl. 176, Faxbericht vom 5. Dezember 2013, Sendebericht zum Telefax.
2038 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 175, Schreiben von KOR Möhring des LKA Niedersachsen an den Zeugen Noll

vom 4. Dezember 2013.

Drucksache 18/6700 – 474 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

4. Nachfragen bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle am 3. Dezember 2013

Am 3. Dezember 2013 wandte sich Rechtsanwalt Noll mit einem Fax, dem wiederum die Strafprozessvollmacht

von Sebastian Edathy beigefügt war, an Leitende Oberstaatsanwältin Ballnus bei der Generalstaatsanwaltschaft

in Celle. Dieses Fax hatte folgenden Inhalt:

„[…] hiermit zeige ich Ihnen ausweislich der beigefügten Strafprozessvollmacht an, dass ich die Ver-
tretung von Herrn Sebastian Edathy, geb. am 05.09.1969, innehabe.

Gegen meinen Mandanten soll angeblich im Zuständigkeitsbereich der Generalstaatsanwaltschaft
Celle ein Verfahren geführt werden.

Sollten diese Informationen zutreffen, bitte ich, mir die zuständige Dienststelle und das Aktenzeichen
mitzuteilen.

Ich wende mich an Sie, weil mein Mandant Bundestagsabgeordneter ist und ich annehme, dass die
Behördenleitung informiert wäre, sollte es ein solches Verfahren tatsächlich geben. Für einen kurzen
Rückruf wäre ich daher dankbar.“2039

Im Verlauf seiner Vernehmung hat der Zeuge Noll den Grund für seine Nachfrage bei der Generalstaatsanwalt-

schaft Celle beschrieben:

„[…] [D]as war ja die Mitteilung gewesen von Herrn Hartmann an Herrn Edathy, dass die Akte nach
Celle abgegeben worden sei. Es war ja klar, dass Niedersachsen zuständig ist. Ich habe überall nach-
gefragt, weil ich so schnell wie möglich mit dem zuständigen Sachbearbeiter sprechen wollte. Das
heißt, es war denkbar, dass eine Polizeidienststelle, eine Staatsanwaltschaft oder die jeweilige Gene-
ralstaatsanwaltschaft Kenntnis hat oder die Akte vorliegen hat.“2040

Die Leitende Oberstaatsanwältin Ballnus verfügte am 9. Dezember 2013 die Anlage eines eigenen AR-Vorgangs

zu der Anfrage von Rechtsanwalt Noll und die Versendung des folgenden Antwortschreibens an diesen:2041

„Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Noll,

auf Ihr Auskunftsersuchen vermag ich nichts zu veranlassen. Über die Erteilung von Auskünften ent-
scheidet nach § 478 StPO die zuständige, d.h. ermittelnde Staatsanwaltschaft, die bei Ihrer Entschei-
dung u.a. § 491 StPO zu beachten hat.

Wie Sie wissen, ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft nicht selbst, Sie müssten sich daher mit der
für Ihren Mandanten zuständigen Staatsanwaltschaft in Verbindung setzen.

[…]“2042

2039 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. 30, Bl. 1 f., Telefax des Zeugen Noll an die Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 3.
Dezember 2013.

2040 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 20.
2041 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 30, Bl. 3, Verfügung der Oberstaatsanwältin Ballnus vom 9. Dezember 2013.
2042 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 30, Bl. 3, Verfügung der Oberstaatsanwältin Ballnus vom 9. Dezember 2013.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 475 – Drucksache 18/6700
Unter Punkt 4 der Verfügung der Leitenden Oberstaatsanwältin Ballnus, die wörtlich „Herrn BL mit der Bitte

um Zeichnung bei Billigung“ lautet, findet sich eine Paraphe mit der Datumsangabe „9/12“. Das verfügte Ant-

wortschreiben datiert ebenfalls vom 9. Dezember 20132043 und wurde am selben Tag an die Faxnummer von

Rechtsanwalt Noll versandt2044.

Die Antwort der Leitenden Oberstaatsanwältin Ballnus von der Generalstaatsanwaltschaft Celle hat der Zeuge

Noll in seiner Vernehmung wie folgt eingeordnet:

„Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat auf meine Anfrage verdächtig lange gebraucht, zu antwor-
ten. Sie hat ausweichend geantwortet.“2045

Einer im Namen von Sebastian Edathy am 17. Februar 2014 von Rechtsanwalt Noll erhobenen Dienstaufsichts-

beschwerde ist diesbezüglich zu entnehmen, dass es für den Zeugen Noll bereits mit Kenntnisahme vom Inhalt

des Schreibens der Generalstaatsanwaltschaft Celle vom 9. Dezember 2013 „sehr nahe lag, dass ein entspre-

chender Vorgang bei der Staatsanwaltschaft Hannover liegen muss.“2046

5. Kontakte zwischen Rechtsanwalt Noll und Oberstaatsanwalt Klinge zwischen dem 5. Dezember 2013 und
dem 22. Januar 2014

Oberstaatsanwalt Klinge hielt am 17. Februar 2014 in einem Vermerk fest, in der Zeit zwischen dem 5. Dezem-

ber 2013 und dem 22. Januar 2014 habe ihn Rechtsanwalt Noll mindestens drei Mal angerufen.2047 Die genauen

Daten konnte der Zeuge Klinge nicht mehr rekonstruieren.2048 Zum Datum „5. Dezember 2013“ vermerkte der

Zeuge Klinge „‚vorsorgliche Strafprozessvollmacht‘ siehe BA“2049. Ferner führte der Zeuge Klinge in diesem

Vermerk aus, im ersten Gespräch habe der Zeuge Noll nachgefragt, ob „inzwischen ein Verfahren eingegan-

gen“2050 sei. Im zweiten Telefonat habe der Zeuge Noll um einen persönlichen Besprechungstermin nachgesucht,

da er ohnehin gerade in Hannover sei. Darauf habe er, der Zeuge Klinge, erklärt, aufgrund anderer Termin ver-

hindert zu sein. Im dritten Gespräch sei ein Termin für ein persönliches Gespräch am 22. Januar 2014 vereinbart

worden.2051

Der Zeuge Klinge hat in seiner Vernehmung dargelegt, dass er „nachdem Herr Noll mir diesen Brief geschickt

hatte und gebeten hatte um Auskunft“, habe er, der Zeuge Klinge, einen AR-Vorgang zu diesem Auskunftsersu-

chen angelegt.2052 Dies hat er näher erläutert:

2043 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 30, Bl. 4 f., Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Celle an den Zeugen Noll vom
9. Dezember 2013.

2044 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 30, Bl. 5, Telefaxbericht zum Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Celle an den
Zeugen Noll vom 9. Dezember 2013.

2045 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 9.
2046 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 37, Bl. 2 (8 f.), Dienstaufsichtsbeschwerde des Zeugen Noll vom 17. Februar 2014.
2047 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 78, Vermerk des Zeugen Klinge vom 17. Februar 2014.
2048 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 78, Vermerk des Zeugen Klinge vom 17. Februar 2014.
2049 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 78, Vermerk des Zeugen Klinge vom 17. Februar 2014.
2050 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 78, Vermerk des Zeugen Klinge vom 17. Februar 2014.
2051 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 78, Vermerk des Zeugen Klinge vom 17. Februar 2014.
2052 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 40.

Drucksache 18/6700 – 476 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Also habe ich es eingetragen als AR-Verfahren. In der Akte war nichts anderes als das Schreiben des
Herrn Noll, die Vollmacht des Herrn Noll und, ich glaube, ein oder zwei sehr kurze handschriftliche
Vermerke von mir. Das war der Akt, und da habe ich ihm gesagt - -“2053

a) 5. Dezember 2013

aa) Telefonat am 5. Dezember 2013

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Klinge ein erstes Gespräch am 5. Dezember 2013 für möglich gehalten.2054

Der Zeuge hat den Inhalt dieses Telefonats wiedergegeben:

„Also, Herr Noll wand sich immer und sagte, ja, er hätte aber jetzt Informationen doch und Hinweise;
ich weiß nicht, wie er sich da genau ausgedrückt hat. Jedenfalls: Sein Mandant habe ja nun da so was
bestellt, aber das sei ja alles gar nicht strafbar, und er würde befürchten, dass da irgendwelche Maß-
nahmen kommen könnten, und das würde aber ja ganz schlimme Konsequenzen für seinen Mandanten
haben, und ich möge doch sagen, ob es ein solches Verfahren gibt. Das konnte ich ihm natürlich nicht
sagen, weil wir ja noch - - Zu Beginn war noch nicht mal klar, ob wir überhaupt Maßnahmen ergreifen
wollten. Wir hatten also jedenfalls da noch kein Verfahren eingeleitet.“2055

Auf die Frage, ob er dies Herrn Noll mitgeteilt habe, antwortete der Zeuge Klinge:

„Nein. Ich habe gar nichts gesagt. Ich habe mich überrascht gezeigt und habe jedes Mal, wenn er
angerufen hat, gesagt: ‚Ich kann ja mal in den Rechner gucken, ob inzwischen ein Verfahren gegen
Ihren Mandanten hier vorliegt‘, und habe dann - ja, gut, das war nicht überraschend, weil es ja noch
nicht eingetragen war - festgestellt, dass kein Verfahren eingetragen war, und das habe ich dann Herrn
Noll gesagt: Nein, Herr Noll, es tut mir leid, es ist noch kein Verfahren gegen Ihren Mandanten hier
eingetragen.“ 2056

Der Zeuge Noll hat in seiner Vernehmung das Telefonat wie folgt geschildert:

„[…] Ich habe dann relativ zeitnah auch mit Herrn Oberstaatsanwalt Klinge telefoniert, der sich auch
nicht wissend zeigte. Ich habe Herrn Klinge wohlgemerkt nicht nach der Existenz eines Ermittlungs-
verfahrens gefragt; das konnte es ja noch nicht geben. Ich habe ihn gefragt, ob es ein Vorermittlungs-
verfahren, einen Akt, einen Vorgang gibt. Ich habe das weit gefasst. Er hat das alles verneint. Das war,
glaube ich, am 05.12. nach meiner Erinnerung; jedenfalls in diesem Bereich. Zu dem Zeitpunkt hatte
er die Akte bereits seit einem Monat vorliegen. […]“2057

Auf die Frage, welches Wissen der Zeuge Noll, zum Zeitpunkt des Telefonats nach seinem Eindruck gehabt

habe, führte der Zeuge Klinge aus:

„Das weiß ich nicht; das kann ich nicht einschätzen. Also, ich hatte durchaus den Eindruck - - Ja, hatte
ich den Eindruck, oder sind das Schlüsse von mir gewesen? Das weiß ich nicht mal. Also, es fiel
natürlich auf, wenn er so hartnäckig am Ball blieb - - Dass er beim Landeskriminalamt angerufen
hatte, davon wusste ich. Von irgendwelchen anderen Anrufen wusste ich, meine ich, nichts. Und als
er auch bei mir und bei Frau Gresel anrief, da habe ich mir gedacht: Na, also, natürlich spricht da sehr
vieles dafür, dass er irgendwas weiß. - Denn sonst, wenn ich den Verdacht habe, da läuft irgendwas,
dann frage ich an. Dann wird mir gesagt: ‚Nein, hier läuft nichts‘, und dann gehe ich zu meinem

2053 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 40.
2054 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 25.
2055 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 25.
2056 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 25.
2057 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 9.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 477 – Drucksache 18/6700

Mandanten und sage: Hier, da läuft nichts. Staatsanwaltschaft hat das gesagt. - Diese Hartnäckigkeit,
die hat mich natürlich stutzig gemacht und hat mich glauben lassen, dass da vielleicht etwas mehr
Informationen schon sein könnten.

Aber, wenn ich das noch ganz kurz sagen darf, -

[…]

- das sind alles Fragen, die sehr groß in der Presse diskutiert worden sind. Mich interessierte es zu
diesem Zeitpunkt nicht so sehr; denn wir haben ein Ermittlungsverfahren geführt. Das ist zwar äußerst
schädlich, wenn er davon etwas weiß. Aber ich musste ja gucken: Was hat das für Auswirkungen auf
unser Ermittlungsverfahren? Das hatten wir ja auch - das hatte ich vorhin schon gesagt - beraten. Es
war für das Verfahren insoweit von Bedeutung, ob wir eine Auffindewahrscheinlichkeit hatten; das
habe ich ja schon gesagt. Aber was hätten mir diese Spekulationen sonst gebracht? Nachweisen konnte
ich es nicht. Also habe ich gesagt: Na ja, ist egal. Es stinkt ein bisschen. Aber was soll ich mit der
Information anfangen? Hätte ich sie gehabt oder nicht, wäre unsere Vorgehensweise nicht anders ge-
wesen.”2058

Der Zeuge Klinge hat zu der Frage, ob es üblich sei, dass ihn Rechtsanwälte ohne Bezug zu einem Aktenzeichen

anrufen und im „Ungefähren rumstochern“, dargelegt:

„Also, es kommt schon mal vor. ‚Passiert öfter‘ sicherlich nicht. Aber auch in den Kinderpornografie-
verfahren wüsste ich nicht, dass das irgendwann war. Wir kriegen ab und zu solche Anfragen. Wenn
irgendjemand was hat läuten hören, kommen ab und zu auch irgendwelche Schutzschriften, die dann
vom Anwalt schon vorab eingereicht werden: Mein Mandant hat erfahren, dass möglicherweise eine
Anzeige erstattet worden sei. Er trägt schon jetzt dazu vor, dass - - Das kommt schon ab und zu mal
vor. Aber in dem Fall war es doch schon recht auffällig, insbesondere da wir dieses Verfahren so
kontrolliert geführt haben und dachten, da kann eigentlicher keiner was von mitkriegen.“2059

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat Angaben zu Anrufen von Rechtsanwälten bei der Staatsanwaltschaft Hannover ge-

macht:

„Ich muss erst mal betonen: Ich habe nie mit Herrn Noll gesprochen, jedenfalls zu der Phase nicht.
Dass sich Rechtsanwälte erkundigen, ob etwas gegen ihren Mandanten vorliegt, das erlebe ich in letz-
ter Zeit sehr häufig. Ich kriege jeden Morgen die Postmappe. Da sind bestimmt drei, vier solcher An-
fragen drin. In der morgendlichen Postmappe finde ich bestimmt jeweils drei, vier solcher Anfragen
in allgemeiner Form, nämlich, wie ich gerade sagte: ‚Ich legitimiere mich für‘ - und dann kommen die
Personalien – ‚und bitte um Mitteilung, ob die Staatsanwaltschaft Hannover ein Verfahren führt oder
ob da irgendetwas vorliegt. […]“2060

Aus der bereits genannten Telefonnotiz der Zeugin Kriminaloberkommissarin Wiegand vom Bundeskriminalamt

vom 6. Dezember 20132061 geht hervor, der Zeuge Klinge habe am 6. Dezember 2013 die Zeugin Wiegand vom

Bundeskriminalamt fernmündlich darüber informiert, dass er von Rechtsanwalt Noll, dem Anwalt von Sebastian

Edathy, fernmündlich kontaktiert und gefragt worden sei, „ob es Verfahren gegen seinen Mandanten wegen des

Verdachts des Besitzes von Kinderpornografie“2062 gebe.

2058 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 25 f.
2059 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 26.
2060 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 93.
2061 Näher zu dieser Telefonnotiz: Zweiter Teil C.2.b)dd).
2062 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 330, Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand vom 6. Dezember 2013 über ein Gespräch mit StA Klinge.

Drucksache 18/6700 – 478 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

bb) Fax vom 5. Dezember 2013

Ebenfalls am 5. Dezember 2013 übersandte Rechtsanwalt Noll folgendes Fax, dem eine Strafprozessvollmacht

von Sebastian Edathy beigefügt war, an Oberstaatsanwalt Klinge:

„Sehr geehrter Herr Oberstaatsanwalt Klinge,

in der oben bezeichneten Angelegenheit übersende ich Ihnen wie besprochen rein vorsorglich eine
Strafprozessvollmacht meines Mandanten. Das LKA Niedersachsen hat mir mittlerweile mitgeteilt, es
werde weder dort noch von der niedersächsischen Landespolizei ein Verfahren gegen meinen Man-
danten geführt. Ich gehe daher davon aus, dass die meinem Mandanten gegebene Information schlicht
Unsinn gewesen ist.

Sollte wider Erwarten doch noch ein Vorgang bei Ihnen auftauchen, wäre ich Ihnen sehr verbunden,
wenn Sie mich über das Aktenzeichen und den Sachbearbeiter informieren könnten. Für den benann-
ten Fall würde ich natürlich auch schon jetzt Akteneinsicht beantragen und um Übersendung der Akte
bitten.“2063

Der Zeuge Noll hat in seiner Vernehmung näher erläutert, was er damit gemeint habe, dass die seinem Mandan-

ten gegebene Information „schlicht Unsinn“ gewesen sei:

„Also, das geht zurück auf die Frage der Frau Vorsitzenden: Ist es riskant, sich zu melden? - Ich hatte
natürlich Sorge, da auch zu weit vorgeprescht zu sein. Es gab zwar die Information von Herrn Hart-
mann, dass Herr Edathy auf der Liste steht. Aber man will ja gleichzeitig auch die Pferde nicht scheu
machen. Das heißt, als ich dann Anfang Dezember einen überzeugenden Eindruck hatte, dass die, […]
mit der ich gesprochen hatte, wirklich überrascht war, als ich sie anrief, und offenkundig nichts wusste,
hatte ich natürlich auch gleichzeitig Sorge, dass ich da ein bisschen die Pferde scheu mache, und hatte
natürlich auch ... (akustisch unverständlich)”2064

Auf Nachfrage, ob er dachte, dass der Vorgang gar nicht existiere, hat er konkretisiert:

„Ja, oder dass er vielleicht nicht in Hannover liegt an der Stelle, -

[…]

- sondern dass der noch in Celle ist oder dass Celle das nach Berlin abgegeben hat oder weiß der
Teufel. Das heißt, ich habe daraufhin versucht, es wieder einzufangen, und habe das Schreiben des
LKA dazu benutzt, es vermeintlich wieder einzufangen, weil ja keine Bestätigung von Herrn Klinge
kam. Das war ja ein Schreiben im Anschluss an mein Telefonat mit ihm, wo er auch verneint hatte,
einen Vorgang überhaupt zu kennen, also auch verneint hat, ein Vorermittlungsverfahren zu kennen,
und ich hoffte da ja noch, dass mir ein Staatsanwalt auch die Wahrheit dazu sagen würde. Darum habe
ich das eben so formuliert: ‚Ich gehe daher davon aus, dass die meinem Mandanten gegebene Infor-
mation schlicht Unsinn gewesen ist‘. Damit meinte ich selbstverständlich die Information, die meinen
Mandanten, Herrn Edathy, erreicht hatte, darüber, dass es dieses Verfahren gibt.“2065

Auf weiteres Nachfragen hat der Zeuge Noll klargestellt:

2063 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 82, Telefax des Zeugen Noll an die Staatsanwaltschaft Hannover vom
5. Dezember 2013.

2064 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 42 f.
2065 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 43.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 479 – Drucksache 18/6700

„[…] Am 5. Dezember hatte ich Zweifel, dass es in Hannover ist. Ich hatte aber nicht Zweifel, dass
die Geschichte irgendwie nicht stimmen könnte.“2066

b) 20. Dezember 2013

Das nächste Telefonat zwischen den Zeugen Noll und Klinge fand nach deren Erinnerung am 20. Dezember

2013 statt.2067 Die Umstände dieses Telefonats hat der Zeuge Noll in seiner Vernehmung durch den Ausschuss

geschildert:

„Ich hatte ja Anfang Dezember mit ihm gesprochen. Es kann sein, dass ich dann noch mal mit ihm - -
Also, es kann sein, dass ich zu dem Zeitpunkt zweimal mit ihm gesprochen habe. Das kann ich nicht
mehr aus der Erinnerung sagen, ob das ein oder zwei Gespräche waren. Ich glaube, dass ich dann
einige Zeit nicht mit ihm gesprochen hatte. Es ist aber auch möglich, dass ich mich da irre, weil ich
vielleicht angerufen habe und er konnte mir nichts Neues sagen. Das nächste Gespräch, das mir erin-
nerlich ist, ist dann eben das am 20.12. gewesen.“2068

Zum Inhalt des Telefonats hat der Zeuge Noll erklärt:

„[…] Ich habe dann im Nachgang zu diesem Gespräch [mit Sebastian Edathy am 17. Dezember 2013,
Anm.] noch im Dezember erneut versucht, ein Gespräch mit Herrn Klinge zu führen, also dem Leiter
der Abteilung der Staatsanwaltschaft Hannover, der auch später der Sachbearbeiter geworden ist. Das
war ein relativ kurzes Gespräch, das wir dann hatten, am 20.12.2013. In diesem Gespräch räumte er
erstmals indirekt ein, der Sachbearbeiter zu sein und die Akte vorliegen zu haben. Er sagte - es war ja
kurz vor Weihnachten -, jetzt werde erst mal nichts passieren. Er werde jetzt erst mal zwei oder drei
Wochen in Urlaub sein. Die Akte liege in seinem Zimmer. Es würde jetzt eben erst mal nichts passie-
ren. Er sei ja der Abteilungsleiter. Er sei auch für den Buchstaben E sachlich zuständig. Für mich war
damit klar: Ja, das ist der richtige Sachbearbeiter; denn sonst würden diese Aussagen ja überhaupt
keinen Sinn ergeben. Er könnte mir ja sonst nicht zusagen, dass nichts passieren wird.

Ich dachte also: Jetzt kommen wir mal ein Stück weiter. Es stellte sich dann später raus: Nein, wir
kommen nicht weiter. Ich habe mit ihm dann vereinbart, im Januar wieder zu telefonieren, wenn er
zurück ist. […]“2069

Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung hat der Zeuge Noll zum angeblichen Vorliegen der Akte bei Oberstaats-

anwalt Klinge ergänzt:

„[…] Nach meiner Erinnerung sagte er auch, dass die Akte bei ihm im Zimmer liege. Ich habe ihn
natürlich dann am 22. Januar auch danach gefragt, wenn ich darauf kurz eingehen darf, und dann
meinte er, ja, er hätte nur den AR-Vorgang gemeint, nämlich die Akte, die er angelegt hätte aufgrund
meiner Anfrage. Aber die Aussage, dass jetzt nichts passieren würde, kann er ja nur treffen, wenn er
auch wirklich der Sachbearbeiter ist, egal ob er da einen AR-Vorgang liegen hat oder den richtigen
Vorgang.“2070

Dem Zeugen Klinge sind diese Einlassungen des Zeugen Noll vorgehalten worden. Der Zeuge Klinge hat sich

dazu geäußert:

2066 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 44.
2067 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 27, Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 26.
2068 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 27.
2069 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 10.
2070 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 27.

Drucksache 18/6700 – 480 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Nein, so nicht. So nicht!

[…]

So nicht. Ganz ähnlich vielleicht; aber auch da kommt es auf die einzelne Formulierung an. Ich ver-
suche, da immer sehr - - Gerade in der Situation versuchte ich, sehr genau zu formulieren.

Nachdem er immer wieder nachhakte und sagte: ‚Ist denn nun ein Verfahren?‘, und ich sagte: ‚Nein‘,
da sagte er: ‚Ja, und können Sie mich denn anrufen, wenn was kommt?‘, und ich sagte: ‚Ich glaube,
wenn was käme, würde ich Sie auch nicht anrufen können, weil dann müssten wir ja erst mal ganz
andere Sachen entscheiden.‘ ‚Ja, was denn so in der Folgezeit?‘ Und da kann es durchaus sein, dass
ich gesagt habe: Jetzt fahre ich erst mal in Urlaub. - Ich habe ihm gesagt: ‚Ich bin der Dezernent für
den Buchstaben E‘, so unter dem Motto: Machen Sie sich keine Gedanken. Wir haben bei uns die
Regelung: Es wird nicht groß vertreten bei uns. Wenn ein Verfahren einginge, dann wäre das mein
Buchstabe, und dann würde das ohnehin liegen bleiben, bis ich aus dem Urlaub wieder da bin. - Also,
so rum: nicht bestätigt: ‚Jawohl, da ist was‘, sondern ihn beruhigt und gesagt: Also, erst mal passiert
da nichts; denn wenn ein Verfahren einginge, bin ich dafür zuständig, und wer anders fasst das Ding
nicht an. Also machen Sie sich - - ‚Machen Sie sich keine Sorgen‘, habe ich sicherlich nicht gesagt,
aber so unter dem Motto.“2071

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat auf die Frage, ob die Aussage des Zeugen Noll seiner Kenntnis nach „im Prinzip“

stimme, geantwortet:

„Ja, mit dem Unterschied, dass das natürlich nicht die Akte war. Das hat er - jedenfalls hat Herr Klinge
mir das so gesagt - Herrn Noll aber deutlich gesagt. Es geht nicht um die Akte, die wir ja gar nicht
hatten, sondern wir haben einen AR-Vorgang angelegt, der da lautete: Sachstandsanfragen oder An-
fragen von Rechtsanwalt Noll. Und er sagte: Wir haben da Ihre Vollmacht, und wir haben einen Ak-
tenvorgang, da sind Ihre schriftlichen Eingaben. Diese Akte, die liegt mir vor, und wenn wir irgendwas
hätten, müsste das ja dazukommen. - Aber da er nun der Sachbearbeiter sei, passiert nichts. So jeden-
falls hat mir Herr Klinge das gesagt. Also keineswegs die Edathy-Akte!“2072

Der Zeuge Noll hat überdies ausgesagt, er habe in dem Gespräch Kooperationsbereitschaft angekündigt:

„[…] Ich habe auch in dem Gespräch schon die Kooperationsbereitschaft angekündigt, und zwar zum
wiederholten Male; denn ich hatte mit Herrn Klinge ja schon Anfang Dezember gesprochen - da hatte
ich das auch schon gemacht -, und Anfang Dezember hatte ich mich ihm gegenüber natürlich auch
legitimiert. Das war also nicht erst am 20.12.“2073

Die Art und Weise wie er Kooperationsbereitschaft signalisiert habe, hat der Zuge Noll erläutert:

„Also, ich habe in den ersten beiden Gesprächen, so wie ich die erinnere - Anfang Dezember und am
20.12. -, nur ganz allgemein Kooperationsbereitschaft signalisiert. […]“2074

Dazu hat der Zeuge Noll an anderer Stelle seiner Vernehmung weiter angegeben:

„Es war völlig klar, worum es da gehen kann. Das habe ich vorhin ja auch schon aufgezählt. Bei
Bestellungen über das Internet kann es nur gehen um Computer, und wenn man mit der Kreditkarte
bezahlt, dann kann es um Kreditkartenabrechnungen gehen. Da die Filme nicht vorlagen, konnte man
die Filme auch nicht aushändigen. So. Dann mag man als Ermittler vielleicht noch andere Ideen haben,

2071 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 26 f.
2072 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 121.
2073 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 27 f.
2074 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 43.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 481 – Drucksache 18/6700

was man brauchen kann. Aber das wollten wir anbieten, und wir wollten natürlich […] verhindern,
dass es zu einer Durchsuchung kommt, selbstverständlich.“2075

6. Gespräch zwischen Rechtsanwalt Noll und Oberstaatsanwalt Klinge in Hannover am 22. Januar 2014

Am 22. Januar 2014 suchte Rechtsanwalt Noll Oberstaatsanwalt Klinge in Hannover auf. Der Zeuge Dr. Fröhlich

hielt zu diesem Treffen in einem Vermerk vom 13. Februar 2014 fest, Rechtsanwalt Noll habe gegenüber Ober-

staatsanwalt Klinge angegeben, dass Sebastian Edathy sich „in der Vergangenheit Filme über das Internet be-

stellt“2076 habe. Sebastian Edathy „befürchte, dass nunmehr auch gegen ihn Ermittlungen eigeleitet werden

könnten. Die Filme seien allerdings nicht pornografisch gewesen. Sein Mandant besitze sie auch nicht mehr“.2077

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat den Grund dafür dargelegt, warum man seitens der Staatsanwaltschaft Hannover

das Gespräch mit Rechtsanwalt Noll vom 22. Januar 2014 hinsichtlich des weiteren Vorgehens - insbesondere

mit Blick auf die Durchführung von Durchsuchungsmaßnahmen - abwarten wollte:

„Nein, wir mussten das Gespräch abwarten. Denn noch mal: Es kann ja also auch sein, dass eine
geständige Einlassung kommt oder tatsächlich mal mehr als das, was kam, nämlich wirklich ein offe-
nes Wort mit der Maßgabe: Mein Mandant gibt ein Geständnis ab. Gibt es eine Möglichkeit, das dis-
kret zu halten? Er liefert auch wirklich alle Beweismittel aus.

Wir mussten natürlich erst mal horchen, was eigentlich vorgetragen wurde. Wir hatten da ja auch keine
Vorstellung. Es waren viele verschiedene Möglichkeiten denkbar, und es wäre auch rechtsstaatlich,
wie ich finde, verwerflich gewesen, wenn wir also auf diesen Kontaktversuch dann einfach nicht ein-
gegangen wären und dann auch sehenden Auges möglicherweise Entlastendes weggedrückt hät-
ten.“2078

a) Terminierung des Gesprächs

Der Zeuge Klinge hat die Terminierung des Gesprächs geschildert:

„[…] Also, kurz vor dem 22. rief Herr Noll an und bat doch um einen persönlichen Termin; er wollte
mal vorbeikommen. Das hatte er vorher schon mal gesagt und hatte gesagt, er sei zufällig sowieso
gerade in Hannover und ob er nicht mal kurz bei mir vorbeikommen könne. Dann könnte man sich
doch mal darüber unterhalten.

Und da habe ich gesagt: Zum einen weiß ich nicht, was Sie sich mit mir unterhalten wollen. Da gibt
es nichts zu unterhalten, wenn nichts da ist. Und zum anderen hätte ich aber auch keine Zeit. Gut. Ich
habe ihn also nicht vorgelassen. Dann rief er aber noch mal an und sagte dann, er möchte doch so
gerne. Und ich habe mir überlegt: Ja, was soll ich machen? Wenn ich es absolut abblocke - - Zeit,
sagte er, hätte er immer, und er könnte kommen, so ungefähr, wann ich Zeit hätte. Und dann habe ich
gesagt: Also, das klingt dann auch komisch, wenn ich das so abblocke, wenn er offensichtlich so gro-
ßes Interesse daran hat. Also sage ich: Ich kann Ihnen nichts sagen, und ich weiß auch nicht, was Sie

2075 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 28.
2076 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 47 (49 f.),Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische

Justizministerium vom 13. Februar 2014.
2077 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 47 (49 f.),Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich für das Niedersächsische

Justizministerium vom 13. Februar 2014.
2078 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 121.

Drucksache 18/6700 – 482 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

eigentlich von mir wollen. Aber wenn Sie einen Bedarf haben, mir irgendwas zu schildern, dann kom-
men Sie einfach vorbei. - Und dann hatten wir uns auf diesen 22., war es wohl, geeinigt. […]“2079

Auf die Frage, warum man sich auf ein Gespräch mit Rechtsanwalt Noll eingelassen habe, hat der Zeuge Dr.

Fröhlich geantwortet:

„Ja, er wollte uns etwas sagen. Verstehen Sie? Im Grunde genommen ist das schon ein beginnendes
rechtliches Gehör. Er will uns irgendetwas mitteilen. Es ist - - Wir sagen: ‚Wir wollen von Ihnen gar
nichts hören‘, aber er lässt nicht nach, uns - so stellte sich das für uns dar - irgendetwas zu sagen.

Nun stellen Sie sich mal vor, er will uns also sagen - das, was er später auch gesagt hat -: ‚Mein
Mandant räumt alles ein, aber machen Sie es bitte diskret!‘, oder was auch immer. Ich kann doch da
nicht abblocken und mich tot stellen. Also, das wäre ein Aufschrei der Entrüstung gewesen: Da ist ein
Rechtsanwalt, der hat ein relativ nachvollziehbares, prinzipiell auch legitimes Ansinnen, nämlich für
seinen Mandanten den Auftrag zu erfüllen, in Kontakt mit der Staatsanwaltschaft zu treten, um da
möglicherweise zu retten, was zu retten ist.“2080

Der Zeuge Dr. Lüttig hat zur Terminierung des Gesprächs folgende Ansicht geäußert:

„[…] So ganz glücklich über das Gespräch war ich nicht, weil - - Ich meine, es gibt ja keinen Mehrwert
von so einem Gespräch. Mir wäre es einfach lieber gewesen, wenn er einfach einen Bezug auf 491
StPO gemacht hätte und gesagt hätte: Ich sage gar nichts. Ende. Ich muss mich nicht mit ihm tref-
fen.“2081

b) Inhalt des Gesprächs

Der Zeuge Noll hat zu dem Treffen am 22. Januar 2014 mit dem Zeugen Klinge ausgeführt:

„[…] Ich habe mit ihm [dem Zeugen Klinge, Anm.] dann vereinbart, im Januar wieder zu telefonieren,
wenn er zurück ist. Das haben wir dann auch entsprechend gemacht und einen Termin vereinbart für
den 22. Januar 2014, für den ich nach Hannover gefahren bin und dort etwa 20 Minuten mit Herrn
Klinge sprach. In diesem Gespräch ruderte Herr Klinge wieder zurück und wollte wieder nicht zuge-
ben, die Akte zu kennen, den Vorgang zu kennen, ein Vorermittlungsverfahren zu kennen. Wohlge-
merkt: Seit 5. November kannte er die Ermittlungsakte oder die Vorermittlungsakte, wenn Sie so wol-
len.

Ich werde das nicht vergessen. Das war ein Schauspiel allererster Güte. Er drehte sich nach links zu
seinem Computer und tat so, als würde er noch irgendwie den Namen eingeben oder nach einem Ak-
tenzeichen suchen. Er sagte dann, nein, im Computer würde er nichts finden. Ich fand das im Nach-
hinein, als ich dann wusste, wie es tatsächlich abgelaufen war, natürlich etwas unanständig. Ein Staats-
anwalt, der einen anlügt, ist etwas, was mir noch nicht untergekommen ist und was ich nicht besonders
nett finde. Allein die Existenz des Vorgangs einzuräumen, wäre ja ohne weiteres möglich gewesen.
Dann hätte er ja über Inhalte noch nichts sagen müssen.

Es war ein Gespräch, in dem ich dann die Gelegenheit nutzte und praktisch theoretisch mit ihm sprach.
Also, er wollte nicht zugeben, zu wissen, wovon ich spreche, und ich habe ihm dann aber trotzdem
gesagt, was ich sagen wollte. Ich habe erneut - das hatte ich auch telefonisch schon gemacht - ange-
boten, zu kooperieren, und ich habe auch angeboten, ihm alles zur Verfügung zu stellen, was er
braucht. Das heißt, ich habe ungefähr wörtlich gesagt: Sie bekommen alles, was Sie brauchen. - Ich
habe also sämtliche Beweismittel ihm angeboten. Was das sein konnte bei einer Bestellung über das

2079 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 27.
2080 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 119.
2081 Dr. Lüttig, Protokoll Nr. 42, S. 45.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 483 – Drucksache 18/6700

Internet und bei Bezahlung mit einer Kreditkarte, kann sich jeder ausmalen, nämlich möglicherweise
Computer, möglicherweise die Kreditkartenabrechnung, was auch sonst noch. Herr Klinge wollte
nichts haben. Ich habe das nicht so ganz verstanden. Im Nachhinein hatte ich den Eindruck: Der wollte
keine Beweise - der wollte durchsuchen. Die Staatsanwaltschaft wollte offenbar öffentlichkeitswirk-
sam vorgehen. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass in einem Krimi im Fernsehen, in einem
Tatort oder so etwas, so eine Situation ernsthaft dem Publikum vorgeführt werden würde, dass ein
Anwalt oder ein Beschuldigter zu einem Kriminalbeamten geht oder zu einem Staatsanwalt geht und
ihm Beweise anbietet, und der Staatsanwalt oder der Beamte sagt dann: Will ich nicht haben. Brauchst
mir nichts geben. Kannst wieder nach Hause gehen. - Wenn das dem Publikum gezeigt würde, würden
wahrscheinlich alle auf der Fernsehcouch sagen: Wer hat denn das Drehbuch geschrieben?

Das war schon ein erstaunlicher Vorgang. Da nicht weiterzukommen, machte aber auch deutlich, dass
es offenbar keinen Sinn hat und dass offenbar der Sachbearbeiter, der ja zwischendurch Ende Dezem-
ber schon angedeutet hatte, der Sachbearbeiter zu sein, offenbar einen Wink bekommen hatte, um
Gottes willen nicht zuzugeben, irgendetwas zu wissen. Ich glaube nicht, dass der von sich aus so ge-
handelt hätte. Das kann ich mir schwer vorstellen, vor allem, weil es einfach total widersprüchlich
war.

Das war am 22. Januar. Es war dann klar, dass sich die Dinge schon ein bisschen zuspitzen würden.
Wenn man mit dem nicht ins Gespräch kommt, dann ist ja zu befürchten, dass man kommunikativ
nicht weiterkommt und dass die machen wollen, was ihnen gerade in den Kopf kommt oder was sie
für richtig halten natürlich. […]“2082

Der Zeuge Klinge hat das Treffen mit dem Zeugen Noll ebenfalls beschrieben:

„[…] Da kam Herr Noll. Ja, das war ein sehr merkwürdiges Gespräch. So eines habe ich auch noch
nicht geführt während meiner Laufbahn. Ich hatte immer das Gefühl, er weiß was, aber ging wie die
Katze um den heißen Brei. Und ja, und sein Mandant hätte ja - - Und ich sagte: Ja, woher meint denn
Ihr Mandant - - Ja, da seien ja diese Fernsehberichte gewesen und so was alles. Und darum - - Und er
hätte auch so Gerüchte gehört, meine ich, hat er noch gesagt. Und da müsste doch eigentlich was sein.

Und daraufhin habe ich das gemacht, was ich vorher auch schon in den Gesprächen gemacht habe. Ich
habe mich zur Seite gedreht, habe meinen PC angemacht und habe ‚Edathy‘ eingegeben, ‚Sebastian‘,
und habe gesagt: Da, sehen Sie, in meinem PC ist nichts. Da steht kein Verfahren.

Was sollte ich machen? Lügen tue ich äußerst ungern. Also war das, was am dichtesten dran
war - - Denn das war klar, dass ich ihm nicht sagen durfte: Jawohl, wir haben hier ein Verfahren, aber
warten Sie mal ab, was da noch kommt. - Das war der 20. Ich meine, das war ja noch vor der Ent-
scheidung überhaupt, ob durchsucht werden sollte.

Ja, das ist dann das, was Herr Noll ja in seinen Schriftsätzen auch bestätigt hat und als Schmierenthe-
ater oder so was bezeichnet hat, was ich da aufgeführt habe. Das tut mir leid, dass ich da vielleicht
nicht besser war. Aber jedenfalls musste er sich mit diesen Auskünften begnügen.“2083

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat geschildert, dass er sich nach dem Gespräch vom Zeugen Klinge das „Szenario“

habe schildern lassen. Der Zeuge hat auch seine damalige Bewertung abgegeben:

„[…] Was neu war und was jetzt das Ganze nun letztendlich rund machte, war, dass Herr Noll sich
nun nicht nur konkret nach einem Verfahren erkundigte, sondern ganz offensichtlich fundierte Sach-
kenntnis hatte, indem er nämlich sagte, sein Mandant habe wohl mal irgendwo Filme bestellt. Die

2082 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 10 f.
2083 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 27 f.

Drucksache 18/6700 – 484 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

habe er jetzt auch nicht mehr, die seien vernichtet. Also, es war völlig klar, spätestens am 22., eigent-
lich schon am 28. November des Vorjahres: Herr Edathy war über alles informiert. […]“2084

c) Mögliches Angebot zur Kooperation

Auf Nachfrage, ob mit dem Angebot von Beweismitteln möglicherweise die Staatsanwaltschaft dazu bewogen

werden sollte, auf eine mit hoher Wahrscheinlichkeit öffentlichkeitswirksame Hausdurchsuchung zu verzichten,

hat der Zeuge Noll ausgesagt:

„Ja, selbstverständlich. Natürlich wollten wir eine Durchsuchung vermeiden; denn es ist klar, was
passiert, wenn durchsucht wird. Man hat es ja gesehen. Es wurde ja nicht nur in der Wohnung durch-
sucht, wo man einem Journalisten gestattet hat, die Wohnung zu betreten und durch das Fenster zu
fotografieren, sondern man hat zwei Wohnungen durchsucht. Man hat sogar Bürgerbüros durchsucht.
Es ist doch jedem hier klar, was das bedeutet und wie öffentlichkeitswirksam das ist. In dem Moment
kann man das doch nicht mehr unter der Decke halten. Ich erinnere an das, was ich schon eingangs
gesagt habe: Bevor man durchsuchen darf, muss ja erst mal die Immunität beseitigt werden. Dafür
muss der Bundestag informiert werden. Es ist doch klar: Auch in dem Moment ist das Thema doch
öffentlich.“2085

Das Angebot des Zeugen Noll zur Kooperation hat der Zeuge Klinge in seiner Vernehmung wie folgt erläutert:

„Ja, also, er saß da und sagte: Ja, mein Mandant hat große Angst, dass das irgendwie an die Öffent-
lichkeit - - Wenn da irgendwas kommen sollte, dann ist das ja nicht auszuschließen, dass so was an
die Öffentlichkeit kommt; das könnte beruflich den Tod für meinen Mandanten bedeuten. - Da habe
ich gesagt: Das kann ich mir gut vorstellen, und wenn so ein Verfahren käme, dann würden wir das
sicherlich auch in unsere Überlegungen mit einbeziehen, wenn da irgendwas mal wäre; aber Sie sehen
ja selbst, es ist kein Verfahren eingetragen.

Und er sagte: Ja, mein Mandant ist auch absolut kooperativ. Er ist bereit, alles herauszugeben, was Sie
nur haben möchten. - Da habe ich gesagt: Das ist sehr schön. Das haben wir ganz selten, dass uns
jemand so weit entgegenkommt. Aber wir haben kein Verfahren hier. Sie sehen es ja, es ist nichts
eingetragen. - Ja, ja, aber er wäre auch bereit, und wir könnten ja alle seine Datenträger durchgucken.

Ich habe dann verzichtet darauf, mit ihm in eine tiefere Diskussion einzusteigen, wie sinnvoll es ist,
einen Beschuldigten zu fragen, ob er nicht freiwillig die Beweismittel alle rausgeben wird, die wir
suchen werden, wenn er es vorher bestreitet, ein strafbares Verhalten. Das kann ja vielleicht mal sein,
wenn jemand sagt: Jawohl, ich habe Mist gebaut. Hier sind die Beweismittel; hier habt ihr sie. Ich
schäme mich auch dafür. - Aber jemand, der sagt: ‚Mein Mandant hat nichts gemacht; ich kann Ihnen
die Beweismittel rausgeben‘, da bin ich kritisch und bin da doch etwas skeptisch, ob das tatsächlich
dann alles ist, was wir brauchen, ob er nicht irgendwo was zu Hause vergisst uns auszuhändigen. Das
machen wir ja in keinem Fall, dass wir uns darauf verlassen, und wir klingeln bei irgendjemandem an
der Haustür und sagen ‚Hausdurchsuchung‘, und der sagt: Warten Sie doch bitte draußen, bei mir ist
es gerade unaufgeräumt; ich bringe Ihnen alles, was Sie brauchen, raus. - Das geht nicht. So kann man
nicht ermitteln. Und darum kam das natürlich von Anfang an nicht infrage, sich darauf zu beschränken,
was Herr Edathy uns rausgeben möchte, dann zu untersuchen. Dann hätte ich mir schon vorstellen
können, was wir da gefunden hätten, nämlich auch nichts.“2086

2084 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 84.
2085 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 21.
2086 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 28.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 485 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Klinge hat in seiner Vernehmung die Gründe dargelegt, warum er nicht darüber nachgedacht habe,

auf das Kooperationsangebot einzugehen:

„Nein. Erstens habe ich dem, wenn mir das so angeboten worden ist, keine Bedeutung in dem Sinne
beigemessen, dass ich angenommen hätte, er würde mir da tatsächlich ‚Rechner mit Kinderpornogra-
fie‘ sagen und sagen: Hier, gucken Sie sich das durch. – […]

Zum Zweiten hatte ich aber auch zum Zeitpunkt, als Herr Noll das angeboten hat, natürlich Probleme
damit, wie ich das überhaupt annehmen sollte. Denn zum damaligen Zeitpunkt unterlag er ja noch der
Immunität. Ich durfte also gar kein Ermittlungsverfahren gegen ihn führen. Wenn ich diesen Rechner
- - jetzt gesagt hätte: ‚Ja, zeigen Sie mal her‘, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt hätte ich mir
den denn angucken sollen?“2087

Der Zeuge Noll hat seine Vermutung, aus welchem Grund die Staatsanwaltschaft entschlossen gewesen sei bei

Sebastian Edathy zu durchsuchen, dargelegt:

„Um gut dazustehen, um, ja, einen positiven Eindruck zu hinterlassen nach dem Motto ‚Wir tun was‘.
Das ist ja auch ein Gebiet, in dem die Bevölkerung das dankbar aufnimmt und auch zu Recht, weil das
ja wichtig ist, dass man sich dieses Gebietes annimmt. Nur, wenn man nichts gefunden hat - meine
Meinung haben Sie ja schon zur Kenntnis genommen -, muss man eben den Vorgang schließen und
darf nicht einfach mal gucken, ob man was anderes findet; das ist meine rechtliche Einschätzung an
der Stelle. Ich glaube auch, es war das erste Mal, dass bei einem sogenannten Kategorie-2-Verfahren
- was ja nicht heißt: Grenzbereich; was heißt: legale Sachen - durchsucht worden ist. Ich glaube, das
war so eine Art Testlauf.“2088

7. Aus Sicht des Zeugen Noll aufgrund seiner Nachforschungen bei Staatsanwaltschaften und Polizei in
Niedersachsen erlangte Erkenntnisse

Der Zeuge Noll hat geschildert, folgende Ergebnisse seiner Nachfragen bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle

und des Landeskriminalamtes Niedersachsen erlangt zu haben:

„[…] Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat auf meine Anfrage verdächtig lange gebraucht, zu ant-
worten. Sie hat ausweichend geantwortet. Das LKA hat auch ausweichend geantwortet. In der Summe
war aber durch die zeitliche Verzögerung, die es bei der Beantwortung gegeben hat, und die Art der
Formulierung schon klar, dass die wissen, wovon ich spreche, und dass die das kennen. Ich glaube,
das LKA hat ausdrücklich nur geschrieben, ein Ermittlungsverfahren gebe es nicht. Das war aber nicht
meine Anfrage gewesen. Celle hat gesagt, ich soll mich an die sachbearbeitende Stelle wenden, und
ich glaube, ein Polizeibeamter, mit dem ich telefoniert hatte, hatte formuliert, die Antwort müsse noch
irgendwie abgestimmt werden. Da müsse man noch irgendwie die richtige Formulierung suchen oder
irgend so etwas. Also, es war schon klar, dass ich an der richtigen Stelle gelandet war.

Die Frage war eben für mich: Kann ich mit denen ins Gespräch kommen? Natürlich darf ein Staats-
anwalt nicht sagen, was er weiß, natürlich. Gerade in einem Vorermittlungsverfahren darf ein Staats-
anwalt natürlich nicht einfach die Akte herausgeben und Wissen preisgeben; das versteht sich von
selbst. Aber das abzustreiten, was klar ist, macht ja auch keinen Sinn. Also, wenn ja jemand kommt
und sagt: ‚Ich weiß, da gibt es einen Vorgang, ich weiß, worum es in dem Vorgang geht‘, dann zu
sagen: ‚Den Vorgang kenne ich gar nicht‘, das ist natürlich ein bisschen absurd; denn er würde ja
dadurch nichts verraten, was inhaltliche Dinge betrifft. Es war also etwas schwierig, rauszufinden, wer

2087 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 75.
2088 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 36.

Drucksache 18/6700 – 486 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

der Sachbearbeiter sein würde. Es war relativ klar, wer es ist, aber es war niemand zu finden, der es
zugeben wollte. […]“2089

Auf die Frage, ob die Ergebnisse seiner Nachforschungen beim Landeskriminalamt Niedersachsen und bei

Staatsanwaltschaften dazu geführt hätten, Sebastian Edathy nach der Glaubwürdigkeit des Zeugen Hartmann zu

fragen, hat der Zeuge Noll erklärt:

„Das habe ich nicht gemacht. Ich habe grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen, dass das stimmt, was
Herr Hartmann Herrn Edathy sagt. Ich habe aber durchaus für möglich gehalten - auch gerade nach
meinen ersten Nachfragen Anfang Dezember in Niedersachsen -, dass die Nachfragen durchaus be-
rechtigt sind und dass ich schon bei den Richtigen nachfrage. Ich habe das ja vorhin schon ausgeführt,
dass das Verhalten etwas, ich sage mal, verdächtig war, weil die sehr lange brauchten, um drei, vier
Sätze zu formulieren, was bedeutet, dass man sich abstimmt -

[…]

- und dass man genau überlegt, wie man es formuliert. Das war schon klar, dass irgendwo was sein
muss. Am 5. Dezember hatte ich Zweifel, dass es in Hannover ist. Ich hatte aber nicht Zweifel, dass
die Geschichte irgendwie nicht stimmen könnte.“2090

XVI. Vorlauf zur Einleitung eines formellen Ermittlungsverfahrens gegen Sebastian Edathy

1. Nachfragen des Bundeskriminalamtes bei Oberstaatsanwalt Klinge am 20. Januar 2014

Kriminalhauptkommissarin Greiner vom Bundeskriminalamt hielt in einem Vermerk vom 12. Februar 2014 fest,

dass der Zeuge Klinge sie am 20. Januar 2014 telefonisch davon in Kenntnis gesetzt habe, „dass sich erneut ein

Anwalt des EDATHY bei ihm gemeldet habe, der sich nun auch zu einem persönlichen Gespräch in der darauf-

folgenden Woche angemeldet habe“2091. Der Zeuge Klinge äußerte diesem Vermerk zufolge seine „‚Verwunde-

rung‘ darüber, wie der Anwalt Kenntnis über den Sachverhalt erlangen konnte und kündigte an, keine Informa-

tionen zu dem Ermittlungsverfahren an ihn herauszugeben“2092. In einer Chronologie der Ereignisse des Bun-

deskriminalamtes vom 14. Februar 2014 ist unter dem Datum des 20. Januar 2014 folgender Eintrag zu diesem

Telefonat zwischen der Zeugin Greiner und dem Zeugen Klinge aufgenommen:

„Gem. Auftrag LS wird tel. bei OStA Klinge von der StA Hannover nach dem Sachstand des Verfah-
rens EDATHY nachgefragt. Er erwähnt nochmals die Kontaktaufnahme des Anwaltes und dass dieser
in den nächsten Tagen auch pers. bei der StA Hannover vorsprechen wolle. Außerdem gebe es noch
keine endgültige Entscheidung zum weiteren Vorgehen. Die ZIT, Referatsleitung SO12 und L/LS
werden im Anschluss über das Gespräch informiert.“2093

2089 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 9 f.
2090 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 44.
2091 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 81 (85), Vermerk der Zeugin Greiner vom 12. Februar 2014.
2092 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 81 (85), Vermerk der Zeugin Greiner vom 12. Februar 2014.
2093 MAT A-BKA 18(27)1-3, Nr. 201, Bl. 120 (125), Chronologie des BKA vom 14. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 487 – Drucksache 18/6700

2. Besprechung des weiteren Vorgehens bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle am 28. Januar 2014

Am 28. Januar 2014 fand bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle eine Besprechung zum weiteren Umgang mit

dem Vorgang zu Sebastian Edathy statt.

a) Vereinbarung des Besprechungstermins

Nach dem Gespräch zwischen Oberstaatsanwalt Klinge und Rechtsanwalt Noll entschied der Leitende Ober-

staatsanwalt Dr. Fröhlich, einen Termin mit Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig zu vereinbaren, um über das weitere

Vorgehen zu beraten. Der Zeuge Dr. Fröhlich hat dazu ausgesagt:

„[…] Ich habe dann, nachdem Herr Klinge mir das alles mitteilte und wir das jetzt noch mal geprüft
hatten - - Es war wieder eine neue Situation. Jetzt ist es also nicht nur der Verdacht, dass also durch-
gestochen wurde, sondern im Grunde genommen Sicherheit. Dann haben wir noch mal das Ganze
subsumiert und überlegt: Können wir jetzt überhaupt noch irgendetwas machen, oder ist das Verfahren
ratzetot? Ich habe dann angerufen bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle, bei Herrn Dr. Lüttig, und
habe um einen eiligen Termin gebeten, diesen Termin aber erst am 28. Januar bekommen. Da waren
mehrere Tage zwischen. Das war also keineswegs am nächsten Tag, sondern, ich glaube, vier Tage
bestimmt. […]“2094

Zur Verabredung des Gesprächstermins für den 28. Januar 2014 hat der Zeuge Dr. Lüttig erklärt:

„[…] Die Besprechung vom 28. - - Ich habe eigentlich darauf gewartet, dass die mir sagen - also die
Staatsanwaltschaft Hannover muss auf mich zugehen, nicht umgekehrt -: Wir haben jetzt die Ver-
gleichsakten, wir haben das durchgesehen, wir können kommen. - Das hat gedauert. Dann war wohl
noch am 22.01. eine Besprechung zwischen Herrn Klinge und Herrn Noll, und dann war der Termin
am 28. Also ich bin mir sicher, dass wir das relativ kurzfristig vereinbart haben.“2095

b) Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Besprechung

An der Besprechung bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle haben am 28. Januar 2014 Leitender Oberstaatsan-

walt Dr. Fröhlich, Oberstaatsanwalt Klinge, Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig, Leitender Oberstaatsanwalt Schier-

holt und Leitender Oberstaatsanwalt Rosengarten teilgenommen.

Zu den Besprechungsteilnehmern hat der Zeuge Dr. Fröhlich in seiner Aussage erklärt:

„[…] Bei diesem dann abschließenden Gespräch bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle war nicht
mehr Frau Ballnus dabei, die Vertreterin von Herrn Dr. Lüttig, sondern erstmals Herr Oberstaatsanwalt
Rosengarten. Das ist quasi der Vertreter von Herrn Schierholt als stellvertretender Abteilungsleiter in
der Zentralen Stelle Organisierte Kriminalität und Korruption und, ich will mal sagen, IT-Experte der
Generalstaatsanwaltschaft Celle. […]“2096

Der Zeuge Dr. Lüttig hat zur Besprechungsteilnahme von Oberstaatsanwalt Rosengarten ausgesagt:

2094 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 84 f.
2095 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 21.
2096 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 85.

Drucksache 18/6700 – 488 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Später kam dann noch Herr Rosengarten dazu als der Zuständige für die IT. Den mussten wir
hinzuziehen, weil dann später Fragen, Auswertungen von Festplatten etc. kamen. Also in dem Augen-
blick jedenfalls - - […]“2097

c) Inhalt der Besprechung

Zum Inhalt der Besprechung hat der Zeuge Dr. Fröhlich wie folgt ausgesagt:

„[…] Aber ob es überhaupt eine Auffindungsvermutung gibt und eine Möglichkeit für die Staatsan-
waltschaft, dieses Verfahren noch mit Beweismitteln weiter aufzuklären, das hat sehr lange Zeit in
Anspruch genommen und endete damit, dass wir eigentlich zwei Szenarien im Auge hatten. Das findet
sich dann auch in meinem Schreiben an den Präsidenten des Bundestages. Das eine ist: Die Erfahrung,
insbesondere die auch Herr Klinge beisteuern konnte in derartigen Verfahren, war die, dass Beschul-
digte sehr oft glaubten, durch Löschung von Dateien seien diese Dateien auch tatsächlich im Nirwana
verschwunden und tatsächlich nicht mehr aufrufbar. Dass es Möglichkeiten gibt, auch Löschungen an
Laptops, Computern, PCs wieder rückgängig zu machen, damit rechnen sehr viele nicht. Wir haben
uns überlegt, auch wenn wir bei Herrn Edathy eine gewisse IT-Affinität voraussetzten, das sei einen
Versuch wert.

Der zweite, aber wesentlich entscheidendere Punkt war: Eine der Bestellungen, die vorgenommen
wurden, war auf dem Server des Deutschen Bundestages. Es war ein Download eines Filmes. Und da
waren wir der Auffassung: Selbst wenn Herr Edathy Möglichkeit jetzt mittlerweile zur Genüge gehabt
haben sollte, Beweismittel verschwinden zu lassen, es gibt ja auch IT-Systeme, an die er eben nicht
als Privatmann herankommt, wo es also keine Möglichkeit gibt, Daten verschwinden zu lassen. Unsere
Erwartung war, dass das IT-System des Deutschen Bundestages einen solchen Sicherheitsmechanis-
mus hat, sodass wir dann in Absprache mit dem IT-Serviceteam des Hauses da vielleicht versuchen
sollten, noch Daten zu rekonstruieren.

Das war, wie gesagt, eine Überlegung, der wir nachgegangen sind, die ich auch in dem Schreiben an
den Bundestagspräsidenten niedergelegt habe und die dann letztendlich mit ein bisschen Ermittlungs-
glück, muss ich im Nachhinein sagen, auch diejenige war, die erfolgreich war. Ermittlungsglück des-
wegen, weil - das wissen Sie ja mittlerweile auch - wir hatten keine Vorstellung, wie lange diese Daten
gespeichert werden. Die Aufrufe von Seiten, die ja Gegenstand später der Anklage waren, waren An-
fang November. Drei Monate ist eine ziemlich lange Speicherzeit. Und, wie ich das von Herrn Klinge
verstanden habe, wären wir auch nur wenige Tage später gekommen, wären diese Daten auch vernich-
tet gewesen. Aber da hatten wir eben keine Vorstellung. Wenn wir das recherchiert hätten, hätten wir
also im Grunde genommen wieder eine Möglichkeit gegeben, Beweismaterial zu vernichten. Das war
auf jeden Fall aus unserer Sicht etwas, was wir machen wollten, um der Verantwortung für das Ver-
fahren gerecht zu werden. […]“2098

Gegenstand der Besprechung am 28. Januar 2014 war, ob ein Anfangsverdacht gegen Sebastian Edathy ange-

nommen werden könne und ob es eine für den Erlass von Durchsuchungsbeschlüsse notwendige Auffindewahr-

scheinlichkeit gebe.2099

aa) Vorliegen eines Anfangsverdachts

Der Zeuge Klinge hat zur Erörterung des Anfangsverdachts am 28. Januar 2014 geäußert:

2097 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 21.
2098 Dr. Fröhlich, Protokoll Nr. 40, S. 85.
2099 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 17.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 489 – Drucksache 18/6700

„[…] da hatten wir auch, denke ich, keinen Dissens, soweit ich mich erinnere. Ich hatte dann meine
Zahlen vorgelegt und habe gesagt: Hier, so und so viele Verfahren sind es. - Ich weiß es jetzt nicht
mehr. Ich meine aus dem Kopf, 15 - das habe ich jetzt gar nicht mehr nachgeguckt - Verfahren waren
da; aber da bin ich mir nicht sicher. Und ich habe gesagt: Hier, in den und den und den und den
Verfahren liegen schon Vorerkenntnisse vor, sodass meine Einschätzung dazu - - dass einer, der sich
so was bestellt, eine Neigung zu solchen Bildern hat, und die Wahrscheinlichkeit sehr, sehr groß ist
nach kriminalistischer Erfahrung, dass der auch andere Sachen hat.

Das überzeugte dann wohl auch, und da erinnere ich mich nicht mehr, dass wir da groß diskutiert
haben. […]“2100

Der Zeuge Dr. Lüttig schilderte Folgendes hierzu:

„Wir haben am 28.01. diese Besprechung gehabt. Die war auch nicht lang, sondern wir hatten die
anderen Vergleichsverfahren, da war teilweise durchsucht worden. Für mich war ganz wichtig der
Punkt: Bei mehreren dieser Fälle - ich glaube, das waren 16 oder 19 Vergleichsfälle, die wir hatten -,
bei 16 oder bei mehreren von diesen Vergleichsfällen waren Kategorie-2-Fotos, bei denen durchsucht
wurde und Kinderpornos gefunden wurden. Das war für mich - oder für uns -, für meine Wertung der
ausschlaggebende Punkt: Anfangsverdacht ja.“2101

Zur Beratung über den Anfangsverdacht hat der Zeuge Dr. Fröhlich ausgeführt:

„[…] Kernthema war ganz einfach: Welche Chancen haben wir jetzt überhaupt noch, nachdem nun
alles durchgestochen ist, Beweismittel zu sichern für den Fall, dass wir hier zu einem Anfangsverdacht
kommen? Denn dieser Anfangsverdacht hatte sich tendenziell schon, seit wir die Akte hatten, abge-
zeichnet mit Höhen und Tiefen. Aber da waren wir nach intensiver Erörterung letztendlich der Auf-
fassung: Den werden wir - ich muss nun fast sagen: schweren Herzens - bejahen müssen. […]“2102

bb) Auffindewahrscheinlichkeit

Der Zeuge Klinge hat geschildert, in der Beratung zur Auffindewahrscheinlichkeit sei die Frage erörtert worden,

ob eine Durchsuchung überhaupt sinnvoll sei:

„[…]Die Diskussion war natürlich dann darüber: Lohnt es sich überhaupt noch, da reinzugehen und
zu durchsuchen? Der weiß doch alles, und da finden wir doch sowieso nichts. Der wäre doch schön
blöd, wenn er da noch was zu Hause hätte. - Gut, dem konnte ich entgegenhalten, dass es nach meinen
Erfahrungen eben nicht so ist, dass dann gleich alles weggeschmissen wird, sondern jeder versucht,
zu horten, was er behalten kann. […]“2103

Der Zeuge Klinge hat dies weiter konkretisiert:

„[…] Wir hatten ein ganz ähnliches Verfahren auch in Niedersachsen, zwar nicht so hochrangig, aber
auch aus dem politischen Bereich jemand, bei dem zunächst mal dasselbe diskutiert wurde: Können
wir denn da überhaupt noch rein? Der wäre doch schön doof, wenn er das noch aufgehoben hätte. Der
ist doch schon angesprochen worden auf das Verfahren. - Auch damals hatte ich gesagt: ‚Doch, wir
finden schon was; das könnt ihr mir glauben‘, sind hingegangen und haben einen ganzen Rechner voll
noch gefunden, sodass ich gesagt habe: Wir haben eine große Wahrscheinlichkeit erstens, dass er es
nicht weggeschmissen hat. Zweitens: Selbst wenn er es gelöscht hat, haben wir das auch schon vielfach

2100 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 18.
2101 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 21.
2102 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 85.
2103 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 18.

Drucksache 18/6700 – 490 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gehabt und sind aber durch technische Maßnahmen durchaus in der Lage, auch gelöschte Dateien
wieder sichtbar zu machen, sodass man sehen kann: Was hatte er auf dem Rechner?

Das darf ich aus meiner Erfahrung sagen: Dass jemand so stringent vorgeht und quasi alle Rechner
beiseiteschafft […], habe ich noch nicht erlebt. Also, die meisten haben es dann versucht zu löschen,
wenn es ihnen irgendwie unheimlich war. Und darum habe ich gesagt: Nein, also, ich sehe die Auf-
findewahrscheinlichkeit aus meinen ganzen anderen Verfahren, bei denen wir immer, wenn wir so
einen Verdacht hatten, dann noch was gefunden haben. So gut kann das keiner beseitigen. Wir werden
da auch noch was finden. - Und das setzte sich dann auch durch, diese Meinung, sodass wir am 28.01.
zu dem Ergebnis kamen, dass sowohl ein Anfangsverdacht als auch eine ausreichende Auffindewahr-
scheinlichkeit besteht und somit Vorbereitungen zur Aufhebung der Immunität stattfinden sollten. Die
Entscheidung war getroffen: Ein Verfahren trotz der Bedenken sollte stattfinden. […]“2104

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat hierzu vorgetragen:

„[…] Die Erfahrung, insbesondere die auch Herr Klinge beisteuern konnte in derartigen Verfahren,
war die, dass Beschuldigte sehr oft glaubten, durch Löschung von Dateien seien diese Dateien auch
tatsächlich im Nirwana verschwunden und tatsächlich nicht mehr aufrufbar. Dass es Möglichkeiten
gibt, auch Löschungen an Laptops, Computern, PCs wieder rückgängig zu machen, damit rechnen
sehr viele nicht. Wir haben uns überlegt, auch wenn wir bei Herrn Edathy eine gewisse IT-Affinität
voraussetzten, das sei einen Versuch wert. […]“2105

Den Angaben des Zeugen Dr. Fröhlich zufolge wurde auch die Möglichkeit erörtert, Daten zur Bestellung von

Sebastian Edathy aus dem IT-System des Deutschen Bundestages zu erhalten:

„[…] Der zweite, aber wesentlich entscheidendere Punkt war: Eine der Bestellungen, die vorgenom-
men wurden, war auf dem Server des Deutschen Bundestages. Es war ein Download eines Filmes.
Und da waren wir der Auffassung: Selbst wenn Herr Edathy Möglichkeit jetzt mittlerweile zur Genüge
gehabt haben sollte, Beweismittel verschwinden zu lassen, es gibt ja auch IT-Systeme, an die er eben
nicht als Privatmann herankommt, wo es also keine Möglichkeit gibt, Daten verschwinden zu lassen.
Unsere Erwartung war, dass das IT-System des Deutschen Bundestages einen solchen Sicherheitsme-
chanismus hat, sodass wir dann in Absprache mit dem IT-Serviceteam des Hauses da vielleicht versu-
chen sollten, noch Daten zu rekonstruieren. […]“2106

d) Ergebnis der Besprechung

Zum Ergebnis der Besprechung hat der Zeuge Dr. Lüttig ausgesagt:

„Der finale Punkt war ja der 28., das Gespräch am 28.; das war der finale Punkt: Einleitung; Anfangs-
verdacht ja. - Und die Konsequenz, die daran hing: Einleitung plus Beantragung von Durchsuchungs-
beschlüssen plus Aufhebungsantrag Immunität plus Durchsuchung, ist die Folge. Das war mir ja klar,
das war uns allen klar, das wird kommen. […]“2107

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat zum Abschluss der Besprechung ausgeführt:

„[…] Die Besprechung endete dann damit, dass Herr Dr. Lüttig sich beim Ministerium, beim nieder-
sächsischen Justizministerium erkundigen wollte, ob dort noch ein Vortrag erforderlich sei und, zwar
nicht denkbar, aber immer theoretisch möglich, ob die Einleitungsentscheidung, die wir dann in dieser
Runde getroffen hatten, vielleicht doch noch höheren Ortes dann wieder aufgehoben wird bzw. man

2104 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 18.
2105 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 85.
2106 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 85.
2107 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 29.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 491 – Drucksache 18/6700

andere Ideen hatte. Wir sind auseinandergegangen, und Herr Dr. Lüttig wollte wohl am selben Tag
noch anrufen. Es war aber recht spät. Ich habe dann auch am nächsten Tag, am 29. Januar, nichts aus
Celle gehört. Wir warteten natürlich gespannt auf das, was nun passiert. Am 29. gab es keinen Kontakt
zur Generalstaatsanwaltschaft Celle. […]”2108

3. Kenntnisnahmen von dem geplanten Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy im Niedersächsischen
Justizministerium am 29. Januar 2014

a) Unterrichtung des Niedersächsischen Justizministeriums durch Generalstaatsanwalt
Dr. Lüttig am 28. Januar 2014

Am 29. Januar 2014 telefonierte Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig mit dem „zuständigen Referatsleiter und stell-

vertretenden Abteilungsleiter im Niedersächsischen Justizministerium Dr. Hackner“2109. Nach den Angaben in

einem Vermerk von Dr. Hackner vom 27. Februar 2014 berichtete Dr. Lüttig „von dem Verfahren und der

Absicht, den Präsidenten des Deutschen Bundestages über das Verfahren zu informieren sowie Durchsuchungs-

beschlüsse zu erwirken“2110. Dr. Hackner habe noch am selben Tag Herrn Staatssekretär Scheibel unterrich-

tet.2111

Der Zeuge Dr. Lüttig hat dazu ausgesagt:

„Ich habe am 28.01. mit Dr. Hackner telefoniert - das ist der Abteilungsleiter Strafrecht im Justizmi-
nisterium -, habe ihm von dem Verfahren erzählt und habe gesagt: Sollen wir zum Vortrag kommen?
- Und dann hat er mich zurückgerufen und hat gesagt, nein, brauchen wir nicht. Und damit war für
mich der Weg Ministerium zunächst mal - - Okay.“2112

Weiter hat der Zeuge Dr. Lüttig konkretisierend ausgeführt:

„[…] Er hat einfach gesagt, der Staatssekretär hat gesagt, es ist nicht notwendig; wir sollen so weiter-
machen. Ich habe dann auch eine E-Mail geschrieben an die Kollegen in Hannover, in der ich das kurz
mitgeteilt habe: „Kann losgehen. - […]“2113

Diese E-Mail vom 30. Januar 2014 an die Zeugen Dr. Fröhlich und Klinge von der Staatsanwaltschaft Hannover

hat folgenden Inhalt:

„Liebe Kollegen, ich habe mit LMR [Leitendem Ministerialrat] Hackner telefoniert. Er lässt mitteilen,
dass ein Vortrag in der Sache nicht nötig sei. Er bittet jedoch um Bericht. Ich schlage vor, dass wir so
verfahren wie besprochen und zunächst die notwendigen Anträge formulieren. Den Antrag an den
Präs. des BT können wir dann ja auch als Bericht nehmen. Ich wäre sehr dankbar, wenn ihr bitte bei

2108 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 85 f.
2109 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 3, lfd. Nr. 9, Bl. 337 (340), Zeitleiste im Komplex "Edathy" des Niedersächsischen Justizminis-

teriums, Stand 27. Februar 2014.
2110 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 3, lfd. Nr. 9, Bl. 337 (340), Zeitleiste im Komplex "Edathy" des Niedersächsischen Justizminis-

teriums, Stand 27. Februar 2014.
2111 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 3, lfd. Nr. 9, Bl. 337 (340), Zeitleiste im Komplex "Edathy" des Niedersächsischen Justizminis-

teriums, Stand 27. Februar 2014.
2112 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 23.
2113 Dr. Lüttig, Protokoll-Nr. 42, S. 32.

Drucksache 18/6700 – 492 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

den Punkten ‚Anfangsverdacht‘ und ‚Auffindewahrscheinlichkeit‘ prägnante Begründungen liefern
könntet.“2114

b) Unterrichtungskette im Niedersächsischen Justizministerium und Unterrichtung der Justiz-
ministerin Niewisch-Lennartz

Die Niedersächsische Staatskanzlei hat dem Ausschuss im Wege der Amtshilfe eine tabellarische Liste übermit-

telt2115, aus der sich für den 29. Januar 2014 folgende Unterrichtungskette innerhalb des Niedersächsischen Jus-

tizministeriums ergibt:

Dr. Hackner unterrichtete nach seinem Gespräch mit Dr. Lüttig Staatssekretär Scheibel.2116 Dieser habe dann

die Leiterin des Ministerbüros, Dr. Stefanie Killinger, informiert, die ihrerseits den Leiter der Pressestelle des

Ministeriums, Alexander Wiemerslage, informiert habe.2117 Pressesprecher Wiemerslage habe dann die Nieder-

sächsische Justizministerin Niewisch-Lennartz in Kenntnis gesetzt.2118

Die Niedersächsische Justizministerin Niewisch-Lennartz hat im Rahmen ihrer Zeugenaussage ihre Kenntnis-

nahme vom Vorgang zu Sebastian Edathy wie folgt geschildert:

„[…] Ich selbst habe am 29.01.2014 Kenntnis von dem Verfahren gegen den damaligen Bundestags-
abgeordneten Sebastian Edathy wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften erfahren. Ich be-
fand mich damals in Vechta. Dort habe ich zwei Strafanstalten besucht. Mein Handy war wohl in der
Tasche. Ich habe es jedenfalls nicht gehört, sodass mein Pressesprecher erreicht wurde, der mich dann
darüber informierte. Er war von meiner Büroleiterin angerufen worden. Viel weiter - - nicht nur nicht
viel weiter, sondern weiter ging die Information damals nicht: Es werden Ermittlungen geführt gegen
einen Bundestagsabgeordneten Edathy wegen des schon genannten Tatvorwurfs. […]“2119

Auf den Vorhalt, in der 7. Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 12. März 2014 habe

sie, die Zeugin Niewisch-Lennartz, ausgeführt:

„[…] Ich habe […] am 29. Januar förmlich davon erfahren, dass es ein solches Verfahren überhaupt
geben soll […]. Die einzelnen Umstände habe ich am 10. Februar erfahren. […]“2120

Hierzu hat diese Zeugin in ihrer Vernehmung erklärt:

„Mit ‚förmlich‘ war gemeint, der AV genügend, die nackte Information durchgebend, dass es ein sol-
ches Verfahren gibt, aber keine Ausführungen zu den näheren Inhalten des Ermittlungsverfahrens.“2121

Den Inhalt der am 29. Januar 2014 an ihr Ministerium übermittelten Information hat die Zeugin Niewisch-Len-

nartz näher beschrieben:

2114 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 35, Bl. 20 a, E-Mail des Zeugen Dr. Lüttig an die Zeugen Dr. Fröhlich und Klinge
vom 30. Januar 2014.

2115 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Personenverzeichnis.
2116 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 7, Personenverzeichnis.
2117 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 7 f., Personenverzeichnis.
2118 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 7, Personenverzeichnis.
2119 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 60.
2120 MAT A-InnenA 18(27)6-D, S. 30, Protokoll der 7. Sitzung des Innenausschusses, Zeugin Niewisch-Lennartz.
2121 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 63.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 493 – Drucksache 18/6700

„[…] Der Inhalt der Information an mein Haus war: Die Vorprüfungen sind abgeschlossen. Wir haben
uns dafür entschieden, von einem Anfangsverdacht auszugehen, und wir streben die Aufhebung der
Immunität bzw. dieses Vorgehen 48 Stunden nach Kenntnis des Herrn Bundestagspräsidenten an.“2122

c) Umgang der Ministerin Niewisch-Lennartz mit der Information

Die Zeugin Niewisch-Lennartz hat folgenden Umgang mit der ihr übermittelten Information wiedergegeben:

„[…] Ich habe daraufhin nichts veranlasst, weil Sie können mir glauben, dass jede, auch nur der An-
schein einer Einflussnahme gerade auf so ein Verfahren zu unterbleiben hat. Deswegen habe ich das
einfach zur Kenntnis genommen und mehr überhaupt nicht veranlasst. […]“2123

Auf die Frage, ob sie jemals irgendwie auf das Verfahren eingewirkt habe, hat die Zeugin Niewisch-Lennartz

festgehalten:

„Das habe ich natürlich nicht, und ich lehne eine solche Einflussnahme auch grundsätzlich ab.“2124

4. Nachfragen des Bundeskriminalamtes bei Oberstaatsanwalt Klinge am 31. Januar 2014

Ausweislich des bereits genannten Vermerks der Zeugin Greiner vom 12. Februar 2014 telefonierte diese am

31. Januar erneut mit dem Zeugen Klinge. Oberstaatsanwalt Klinge habe in diesem Telefonat den „Besuch des

Anwalts“2125 bestätigt und mitgeteilt, dass er Rechtsanwalt Noll „keine Informationen gegeben habe“2126. Zudem

habe der Zeuge Klinge angedeutet, „dass weitere Maßnahmen in nächster Zeit wahrscheinlich seien“2127. Wei-

teres habe er nicht mitgeteilt.2128 In einer Chronologie der Ereignisse des Bundeskriminalamtes vom 14. Februar

2014 wird dieses Telefonat wie folgt wiedergegeben:

„gem. Auftrag LS wird tel. bei OStA Klinge von der StA Hannover nach dem Sachstand des Verfah-
rens EDATHY gefragt. Andeutung, dass weitere Maßnahmen in der nächsten Zeit wahrscheinlich
seien. Gespräch mit dem Anwalt habe stattgefunden, ihm wurde aber nichts gesagt. Nachfrage, was
der Grund für die tel. Nachfragen des BKA sei, wer an diesen Informationen im BKA interessiert sei
‚An wen geben Sie diese Information weiter? Antwort: An meinen Chef und dieser unmittelbar an die
Amtsleitung, an Herrn Ziercke, der Vorgang wird bei uns im Haus sehr sensibel behandelt. Frage:
‚Und was macht Herr Ziercke damit? Den Innenminister unterrichten? Wenn das einmal in der Politik
ist …‘ Hierzu wird nicht explizit geantwortet, OStA Klinge wird versichert, dass das BKA selbstver-
ständlich auch kein Interesse daran hat, dass die Informationen an EDATHY / in die Öffentlichkeit
gelangen. Daraufhin ‚rudert‘ dieser zurück, kein Vorwurf ans BKA usw. Danach finden keine weiteren
Telefonate mit der StA Hannover mehr statt.“2129

Der Zeuge Klinge gab in seiner Vernehmung an, sich an das Gespräch nicht mehr zu erinnern:

„[…] Ich kann mich nicht […] daran erinnern, an ein solches Gespräch. Aber wenn man hier die
Wahrheit sagen muss, dann muss ich sagen: Meine Diktion könnte es schon sein. Ich würde es also

2122 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 66.
2123 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 69.
2124 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 76.
2125 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 81 (85), Vermerk der Zeugin Greiner vom 12. Februar 2014.
2126 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 81 (85), Vermerk der Zeugin Greiner vom 12. Februar 2014.
2127 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 81 (85), Vermerk der Zeugin Greiner vom 12. Februar 2014.
2128 MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 81 (85), Vermerk der Zeugin Greiner vom 12. Februar 2014.
2129 MAT A-BKA 18(27)1-3, Nr. 201, Bl. 120 (125), Chronologie des BKA vom 14. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 494 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

nicht bestreiten wollen, wenn das hier so aufgenommen worden ist. Das war mir natürlich nicht be-
wusst - das muss ich ganz offen sagen -, dass, wenn man mit dem Bundeskriminalamt spricht, da dann
irgendwelche Wortprotokolle oder - - Ich weiß nicht, ob es als Vermerk dann anschließend aufgenom-
men wurde oder als Gedächtnisprotokoll oder so was das auftaucht irgendwann. Sondern wenn ich
mich mit einem Polizeibeamten, mit dem ich schon mehrfach telefoniert habe, unterhalte, dann kann
so eine flapsige Bemerkung schon mal kommen.“2130

Auf die Frage, ob es seinerzeit etwas gegeben hätte, was ihn zu dem Hinweis „Und was macht Herr Ziercke

damit? Den Innenminister unterrichten?“2131 gegenüber der Zeugin Greiner veranlasst haben könnte, führte der

Zeuge Klinge aus:

„Gut. Ich bemühe mich seitdem, seitdem ich das hier gelesen habe, weniger flapsig zu formulieren
und solche Seitenhiebe zu unterlassen. Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich weiß es nicht. Ich hatte
[…] keine irgendwie Hintergrundinformationen, irgendwelche Gedanken daran, dass hier das Ge-
spräch, was ich mit dem BKA geführt habe, irgendwie weitere Verbreitung finden könnte. Dass das
im Haus die Kette hochgeht, klar. Dieses ‚dann geht es zum Innenminister‘, da weiß ich nicht, ob ich
es so gesagt habe. Das wäre dann aber nicht was, was ich erwartet habe, sondern rein spekulativ. Und
die Folgen, die ich gesagt habe, die waren sehr flapsig. […]“2132

Der Zeuge Klinge hat seine Aussage später in der Vernehmung ergänzt:

„[…] Wenn ich tatsächlich damals Anhaltspunkte gehabt hätte oder mir gekommen wäre: ‚Da stimmt
doch irgendwas nicht. Warum brauchen die das?‘, dann hätte ich einen Vermerk aufgenommen und
hätte geschrieben: Habe heute Anruf bekommen vom BKA, wurde gefragt nach dem Sachstand in
Sachen Edathy, habe mich darum erkundigt, wofür, man konnte mir keine ausreichende Antwort ge-
ben.“2133

Auf die Frage ob er sich über die Nachfragen des Bundeskriminalamtes gewundert habe, hat der Zeuge Klinge

geäußert:

„[…] Es ist mir jedenfalls keinesfalls erinnerlich und ich würde das eigentlich auch ausschließen, dass
ich damals schon irgendwie im Kopf hatte, dass irgendjemand, ja, da nachfragt, um irgendwas an
irgendwen weiterzugeben, außerhalb natürlich der geregelten Linien. […] Bei keinem anderen Fall
wird das dem Dienstvorgesetzten gesagt: Hier, da läuft nun gerade ein Verfahren bei mir, KiPo. Das
ist die Person Edathy gewesen. - Das war mir natürlich klar, dass das nicht nur beim Sachbearbeiter
bleibt, sondern beim Dienststellenleiter, der das dann möglicherweise auch weitergibt an den Chef.
Da hatte ich aber überhaupt keinerlei Gedanken daran, dass - - Ja, ich sehe uns eigentlich immer so in
einem Boot, Staatsanwaltschaft und Polizei, und wir arbeiten zusammen. Ich habe es also auch noch
nie gehabt, dass ich irgendwem da nicht vertrauen konnte. Das war die einzige - - was das sagen sollte
vielleicht: Also, solange das bei uns bei der Polizei oder bei der Staatsanwaltschaft ist, ist es gut. […]

[…]

[…] Es ist einfach so, dass das - meine Erfahrung -, wenn es im politischen Bereich ist, eben doch so
sehr streut und davon so viele Personen manchmal mitkriegen - das habe ich auch in anderen Verfah-
ren schon erlebt, ohne jetzt einzelne Verfahren benennen zu können -, dass man manchmal dann er-
schrocken ist, wo es alles hingekommen ist, einfach - -“2134

2130 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 41 f.
2131 MAT A-BKA 18(27)1-3, Nr. 201, Bl. 120 (125), Chronologie des BKA vom 14. Februar 2014.
2132 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 48.
2133 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 58.
2134 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 42.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 495 – Drucksache 18/6700
Auf die Frage, ob das BKA bereits vorher von den am 10. und 12. Februar 2014 durchgeführten Durchsuchungen

gewusst habe, hat der Zeuge Kriminaldirektor Hans-Joachim Leon aus dem Leitungsstab des BKA ausgeführt:

„Nein, das BKA wusste davon nichts.“2135

XVII. Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Sebastian Edathy durch die Staatsan-
waltschaft Hannover

Als weitere Schritte sollten das Verfahren gegen Sebastian Edathy verdeckt in das Register der Staatsanwalt-

schaft Hannover eingetragen und ein Schreiben an den Präsidenten des Deutschen Bundestages entworfen wer-

den.2136 Überdies kam es zu Terminabsprachen zwischen der Staatsanwaltschaft Hannover und dem Landeskri-

minalamt Niedersachsen zur Besprechung des weiteren Vorgehens.2137

1. Verdeckte Eintragung der Akte zu Sebastian Edathy in das Verfahrensregister der Staatsanwaltschaft
Hannover am 4. Februar 2014

Am 4. Februar 2014 verfügte der Zeuge Klinge, ein Verfahren gegen Sebastian Edathy als „Js-Sache“ im De-

zernat 3714 wegen „Besitz kinderpornogr. Schriften“ einzutragen.2138 Die verdeckte Eintragung in das Register

erfolgte ebenfalls am 4. Februar 2014.2139 Der Zeuge Klinge hat dazu in seiner Vernehmung nähere Angaben

gemacht:

„[…] Jetzt konnte es also losgehen. Darum: Am 04.02. - da kommt die nächste, die also aus staatsan-
waltschaftlichem Kreis Kenntnis davon hatte - habe ich meine Geschäftsstelle dann eingeweiht und
habe gesagt: Hier, wir haben ein ganz, ganz kritisches Verfahren. Aber das muss jetzt eingetragen
werden. - Damit wir überhaupt Aktenzeichen haben und die weiteren Schritte gehen konnten.

Frau Borgaes habe ich seit ewigen Zeiten als Geschäftsstelle gehabt. Die macht die Pornosachen weit
länger noch als ich, glaube ich, und hat mir dann auch zugesagt, dass niemand davon Kenntnis kriegt.
Wir haben die Akten weiterhin im Stahlschrank verschlossen. Ich habe ihr dann das gegeben, was sie
brauchte, um das einzutragen, und dann auch mit ihr immer nur von Hand zu Hand, wenn irgendwel-
che Eingänge waren oder wenn irgendwas zu machen war. Das lief also nie durch irgendwelche
Wachtmeistereien oder Ähnliches, sondern die Akten wurden von Hand zu Hand gegeben. Ich hatte
ihr die gegeben, sie hat sie mir wieder in die Hand gedrückt und hat gesagt: Hier, ich habe es einge-
tragen, zunächst als verdecktes Verfahren. - Das ist möglich bei solchen Sachen, die nicht irgendwie
rauskommen sollen. Das kann man ja, wenn es eingetragen ist, nie ausschließen; insbesondere da Herr
Noll ja schon mehrfach angefragt hatte beim LKA und bei uns, musste das so sein. Denn die Möglich-
keit ist immer da, dass er irgendwo anders anruft und sagt: Hier, jetzt habe ich den Sachbearbeiter
nicht erreicht. Können Sie mir mal sagen, welches Aktenzeichen das Verfahren hat? - Da gibt es einige
Anwälte, die das ja recht schlau anstellen. Und wenn dann eine Geschäftsstelle gegen eigentliche
Hausverfügungen und Weisungen eben doch sagt: ‚Ach, na ja, komm, das ist das Verfahren Sowieso‘,

2135 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 34.
2136 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 86.
2137 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 13 (14), Schreiben des LKA Niedersachsen mit dem Betreff: „Ermittlungsverfahren

gegen Herrn Edathy; hier: Mitteilung von Erkenntnissen/Verfahrensschritten in dieser Angelegenheit“ vom 17. Februar 2014.
2138 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 2, Bl. 180, Verfügung des Zeugen Klinge vom 4. Februar 2014.
2139 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 3, lfd. Nr. 9, Bl. 337 (340), Zeitleiste im Komplex "Edathy" des Niedersächsischen Justizminis-

teriums, Stand 27. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 496 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

dann hätte er gewusst - oder spätestens dann richtig gewusst -, dass da - - Das sollte vermieden werden,
darum verdeckt eingetragen.“ 2140

2. Vorbereitende Absprachen zwischen Oberstaatsanwalt Klinge und Kriminalhauptkommissar Schillig
vom Landeskriminalamt Niedersachsen am 4. Februar 2014

Aus einem Vermerk des Landeskriminalamtes Niedersachsen vom 17. Februar 20142141 ergibt sich, dass Ober-

staatsanwalt Klinge am 4. Februar 2014 einen Gesprächstermin mit der Ansprechstelle Kinderpornografie des

Landeskriminalamtes Niedersachsen zur weiteren Vorgehensweise „in der Angelegenheit“ vereinbarte.2142 Da-

bei sei – laut Vermerk – der 12. Februar 2014 als Termin avisiert worden.2143 Ausweislich des Protokolls einer

Vernehmung von Kriminalhauptkommissar Schillig von der Ansprechstelle Kinderpornografie des Landeskri-

minalamtes durch das Landeskriminalamt Niedersachsen fand dieses Gespräch mit Kriminalhauptkommissar

Schillig statt.2144 Thema der für den 12. Februar 2014 vereinbarten Besprechung sollte der protokollierten Aus-

sage von Kriminalhauptkommissar Schillig zufolge eine „technische Beratung in einem Verfahren aus der Flä-

che“ sein.2145 Polizeikommissar Piechota vom Landeskriminalamt Niedersachsen gab in seiner Vernehmung

durch das Landeskriminalamt Niedersachsen am 25. Februar 2014 an, sein Kollege Kriminalhauptkommissar

Schillig habe ihn über den Termin mit Oberstaatsanwalt Klinge informiert.2146 Kriminalhauptkommissar Schillig

und Polizeikommissar Piechota seien davon ausgegangenen, dass weitere Abklärungen zur Person von Sebas-

tian Edathy und zu möglichen Durchsuchungsobjekten vorgenommen werden sollten.2147 Zudem hätten „weitere

Ermittlungsmaßnahmen“ durchgesprochen werden sollen.2148

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat im Rahmen seiner Schilderung des weiteren Vorgehens im Anschluss an seine Dar-

stellung der verdeckten Eintragung des Verfahrens in das Register ausgesagt:

„[…] Ich habe Herrn Klinge dann auch gesagt - und das hat er auch gemacht -, er möge schon mal
dann weiterdenken, wie das Szenario sein könne. Er möge beim Landeskriminalamt anrufen und nun-
mehr klären, dass wir dann möglichst zeitnah auch die Durchsuchungsmaßnahmen vorbereiten kön-
nen. Das war alles geplant für die Woche ab dem 10. Februar. Das Schreiben - - Nach Erhalt der
Nachricht oder der Eingangsbestätigung hier aus Berlin hätten wir ja 48 Stunden warten müssen. In-
soweit wurde schon über den Tellerrand gedacht. Das bedeutet also, vielleicht in der nächsten Woche,
ab dem 10., Mittwoch, Donnerstag, wäre dieser Akt dann erledigt und wir könnten in der nächsten

2140 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 19.
2141 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 13 (14), Schreiben des LKA Niedersachsen mit dem Betreff: „Ermittlungsverfahren

gegen Herrn Edathy; hier: Mitteilung von Erkenntnissen/Verfahrensschritten in dieser Angelegenheit“ vom 17. Februar 2014.
2142 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 13 (14), Schreiben des LKA Niedersachsen mit dem Betreff: „Ermittlungsverfahren

gegen Herrn Edathy; hier: Mitteilung von Erkenntnissen/Verfahrensschritten in dieser Angelegenheit“ vom 17. Februar 2014.
2143 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 13 (14), Schreiben des LKA Niedersachsen mit dem Betreff: „Ermittlungsverfahren

gegen Herrn Edathy; hier: Mitteilung von Erkenntnissen/Verfahrensschritten in dieser Angelegenheit“ vom 17. Februar 2014.
2144 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA

Niedersachsen vom 25. Februar 2014.
2145 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA

Niedersachsen vom 25. Februar 2014.
2146 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 152 (159), Protokoll der Vernehmung von PK Piechota durch das Landeskri-

minalamt Niedersachsen am 25. Februar 2014.
2147 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 152 (159), Protokoll der Vernehmung von PK Piechota durch das Landeskri-

minalamt Niedersachsen am 25. Februar 2014.
2148 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 152 (159), Protokoll der Vernehmung von PK Piechota durch das Landeskri-

minalamt Niedersachsen am 25. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 497 – Drucksache 18/6700

Woche dann Durchsuchungsmaßnahmen durchführen. Das sollte mit dem Landeskriminalamt vorbe-
reitet werden. Das hat er dann auch telefonisch schon mal angekündigt. […]“2149

Der Zeuge Klinge hat in seiner Vernehmung zur Vorbereitung von Durchsuchungsmaßnahmen ausgeführt:

„Vorbereitet war da noch gar nichts. Diese Durchsuchungen am 10.02. kamen für uns ja sehr, sehr
überraschend. Wir hatten das ja eigentlich ganz anders vorgesehen. Der Brief, wie Sie wissen, zum
Bundestag war unterwegs. Wir waren also darauf vorbereitet, dass der Bundestag dann irgendwann
sich meldet oder nicht meldet. Dann hätte ja der nächste Schritt erfolgen müssen, dass wir die ge-
wünschte Durchsuchung beim Bundestag anzeigen. […]“2150

Auf den Vorhalt dieser Aussage des Zeugen Klinge hat der Zeuge Dr. Fröhlich ausgeführt:

„Das weiß ich nicht, wann er nun konkret Kontakt aufgenommen hat. Die Absprache war, noch mal,
folgende: Das Schreiben wurde am 06. gefertigt, und ich hatte ihm in diesem Kontext, also am 05./06.,
gesagt: Das schicken wir jetzt raus. Klären Sie es möglichst schnell, dass wir dann in der nächsten
Woche auch Durchsuchungen vornehmen können. - Ich bin da noch von einer Postlaufzeit von ein bis
zwei Tagen ausgegangen, sodass spätestens Anfang der nächsten Woche, am Montag, das Schreiben
dann hier hätte vorliegen müssen. Und dann die 48 Stunden. Also Mittwoch/Donnerstag war ein Sze-
nario, das realistisch war. Und ich habe ihm gesagt, er solle sich bitte schnellstmöglich mit dem Lan-
deskriminalamt in Verbindung setzen. Ob er das dann noch gemacht hat, kann ich nicht sagen.“2151

3. Mitteilungen wegen der Immunität von Sebastian Edathy

a) Rechtsgrundlage für Ermittlungen gegen Mitglieder des Deutschen Bundestages

Artikel 46 Absatz 2 des Grundgesetzes sieht vor, dass ein Abgeordneter nur mit Genehmigung des Bundestages

wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Verantwortung gezogen werden kann. Gemäß Ziffer 1 des „Be-

schlusses des Deutschen Bundestages betr. Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Bundestages“ zu An-

lage 6 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, die am 22. Oktober 2013 für die 18. Wahlperiode

übernommen wurden,2152 hat der Deutsche Bundestag unter Ziffer 1 grundsätzlich „bis zum Ablauf der Wahl-

periode die Durchführung von Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder des Deutschen Bundestages“ genehmigt.

Ziffer 1 dieses Beschlusses bestimmt jedoch, dass vor der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens dem Präsiden-

ten des Deutschen Bundestages Mitteilung zu machen ist und ein Ermittlungsverfahren im Einzelfall frühestens

48 Stunden nach Zugang der Mitteilung beim Präsidenten des Deutschen Bundestages eingeleitet werden darf.

Die „Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren“ (RiStBV)2153 enthalten unter Nr. 192 a mit

dem Titel „Allgemeine Genehmigung zur Durchführung von Ermittlungsverfahren (vereinfachte Handhabung)“

unter anderem für Staatsanwaltschaften verbindliche weitere Vorgaben zur Einleitung von Ermittlungsverfahren

gegen Abgeordnete. Gemäß Nr. 192 a Absatz 3 RiStBV ist dem Präsidenten des Deutschen Bundestages mitzu-

teilen, „dass die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens beabsichtigt ist“. Zudem sind Abschriften der Mitteilung

2149 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 86.
2150 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 44.
2151 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 94.
2152 Plenarprotokoll 18/1, S. 9 C.
2153 Bundesanzeiger AT vom 18. August 2014 B1

Drucksache 18/6700 – 498 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„gleichzeitig dem Generalstaatsanwalt und der Landesjustizverwaltung sowie, bei Abgeordneten des Deutschen

Bundestages, auch dem Bundesministerium der Justiz zu übersenden“.

b) Schreiben an den Präsidenten des Deutschen Bundestages vom 6. Februar 2014

aa) Inhalt des Mitteilungsschreibens

Unter dem Datum vom 6. Februar 2014 setzte der Zeuge Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich ein Schreiben

an den Präsidenten des Deutschen Bundestages auf.2154 Dr. Fröhlich teilte in dem Schreiben mit, dass „die

Staatsanwaltschaft Hannover, Zentralstelle zur Bekämpfung gewaltdarstellender, pornografischer und sonst ju-

gendgefährdender Schriften, beabsichtigt, nach Ablauf der in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages

vorgesehenen Frist, gegen Herrn Sebastian Edathy ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Besitzes

kinderpornografischer Schriften einzuleiten“2155. Das Schreiben legte zudem die Umstände dar, auf denen die

Annahme eines die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens rechtfertigenden Anfangsverdachts gemäß § 152 Ab-

satz 2 Strafprozessordnung beruhe.2156 Der Zeuge Dr. Fröhlich bat in dem Schreiben darum, ihn wegen der

genannten Frist darüber zu unterrichten, wann das Schreiben eingegangen ist.2157 Zudem enthielt das Schreiben

den Hinweis, dass die grundsätzlich notwendige Mitteilung an Sebastian Edathy oder dessen Verteidiger von

der beabsichtigten Einleitung des Ermittlungsverfahrens unterblieben sei, weil die Erwirkung von Durchsu-

chungsbeschlüssen gegen Sebastian Edathy in Betracht komme.2158

Der Zeuge Klinge hat zur Einordnung der Erstellung des Schreibens in die Abläufe bei der Staatsanwaltschaft

Hannover ausgeführt:

„[…] Und am 06., also zwei Tage später, war dann der Brief schon fertig, der rausgegangen ist an den
Deutschen Bundestag. Also, da haben wir nicht irgendwie noch zugewartet und rumgetrödelt, sondern
da ist gearbeitet worden, und da ist dann das Erforderliche veranlasst worden.“2159

Nach der Aussage des Zeugen Klinge, fertigte er, der Zeuge Klinge, einen Entwurf für das Schreiben an den

Präsidenten des Deutschen Bundestages.2160 Er hat dazu erklärt:

2154 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 14 ff, Schreiben des Zeugen Dr. Fröhlich an den Präsidenten des
Deutschen Bundestages vom 6. Februar 2014.

2155 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 14 (14), Schreiben des Zeugen Dr. Fröhlich an den Präsidenten des
Deutschen Bundestages vom 6. Februar 2014.

2156 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 14 (14), Schreiben des Zeugen Dr. Fröhlich an den Präsidenten des
Deutschen Bundestages vom 6. Februar 2014.

2157 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 14 (19), Schreiben des Zeugen Dr. Fröhlich an den Präsidenten des
Deutschen Bundestages vom 6. Februar 2014.

2158 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 14 (19), Schreiben des Zeugen Dr. Fröhlich an den Präsidenten des
Deutschen Bundestages vom 6. Februar 2014.

2159 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 63.
2160 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 19.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 499 – Drucksache 18/6700

„Also, ich würde mich zu viel brüsten, wenn ich es alleine gemacht hätte. In dem Fall ist das alles
auch von Herrn Dr. Fröhlich noch gegengelesen worden. Aber das Schreiben habe ich zunächst ent-
worfen, und dann haben wir das durchgesprochen, und dann wurden da noch einige Änderungen - -
“2161

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat die Erstellung der Endfassung des Schreibens geschildert:

„[…] Das Schreiben in der Endfassung habe ich dann am 6. Februar erstellt. Das war wieder einer der
besonders hektischen Tage bei der Staatsanwaltschaft Hannover. Es war auch ein für uns bedeutsamer
Tag in dem Verfahren Wulff. Da gab es diverse Rücksprachen. Aber, wie gesagt, ich habe das an
diesem Tag endgefertigt und meiner Vorzimmerkraft gegeben, die das noch mit entsprechenden Über-
stücken erstellte. Das ist Frau Stünkel, die an diesem Tag erstmals dann eben auch von dem Verfahren
Kenntnis erlangte. […]“2162

bb) Versand der Mitteilung an den Präsidenten des Deutschen Bundestages

Der Zeuge Klinge hat die Versendung der Mitteilung wie folgt geschildert:

„[…] Und als Nächstes hat dann Frau Stünkel - das ist die Vorzimmerdame, das hatte ich auch schon
gesagt, vom Behördenleiter - am 06.02. diesen Brief rausgeschickt, sodass auch die davon Kenntnis
hatte. Sonst keiner, jedenfalls nicht, soweit ich weiß.“2163

cc) Eingang der Mitteilung beim Präsidenten des Deutschen Bundestages

aaa) Zugang der Mitteilung am 12. Februar 2014

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat im Rahmen seiner Vernehmung folgenden Anruf des Sekretärs des Ausschusses für

Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vom 11. Februar 2014 geschildert:

„[…] Einen weiteren Beschluss für die Büroräumlichkeiten im Deutschen Bundestag haben wir des-
wegen zurückgestellt, weil an diesem Tage, am Dienstag [11. Februar 2014, Anm.], ich einen Anruf
bekam - ich war gerade in einer Besprechung -, ich meine, es war am Vormittag, von Herrn Dr. Pasch-
manns vom Ausschuss für - das wissen Sie besser - Wahlprüfung, Immunitätsangelegenheiten usw.
Herr Dr. Paschmanns sagte mir, man sei durch die Medienberichterstattung über ein mögliches Ver-
fahren gegen Herrn Edathy aufgeschreckt worden und er frage sich gerade, wie es sein könne, dass
wir gegen einen Bundestagsabgeordneten ermitteln. Ja, dann habe ich ihm gesagt: Es ist auch ein
Schreiben unterwegs. Haben Sie das denn noch nicht? - Da war es immerhin schon der 11. Er sagte:
Hier ist kein Schreiben eingegangen. – […]“2164

Den weiteren Angaben von Dr. Fröhlich zufolge wurde die Mitteilung an den Präsidenten des Deutschen Bun-

destages sodann zunächst per Fax an den Sekretär des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-

ordnung des Deutschen Bundestages übermittelt.2165

2161 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 19.
2162 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 86.
2163 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 67.
2164 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 89.
2165 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 89.

Drucksache 18/6700 – 500 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Direktor beim Deutschen Bundestag, Staatssekretär Dr. Horst Risse, erläuterte in der 4. Sitzung des Innen-

ausschusses des Deutschen Bundestages am 19. Februar 2014 den Eingang der Briefsendung mit dem Schreiben

der Staatsanwaltschaft Hannover.2166 Dr. Risse führte ausweislich des Protokolls dieser Sitzung aus, das Schrei-

ben vom 6. Februar 2014 habe den Präsidenten des Deutschen Bundestages am 12. Februar 2014 erreicht.2167

Auf dem Umschlag, in dem sich das Schreiben vom 6. Februar 2014 befunden habe, sei ein Freistempelaufkleber

eines Zustellunternehmens namens CITIPOST mit Datum vom 7. Februar 2014 angebracht gewesen.2168 Über

diesem Aufkleber sei ein zweiter Aufkleber der PIN Mail AG mit Datum vom 11. Februar 2014 angebracht

gewesen.2169 Offenbar erfolgten überregionale Zustellungen der nur regional in Hannover tätigen CITIPOST für

Sendungen, die nach Berlin gehen sollten, unter Inanspruchnahme der PIN AG.2170

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat zum Versandweg der Mitteilung an den Präsidenten des Deutschen Bundestages

ausgeführt:

„[…] Aber, wie gesagt, man sagte mir, das sei ein übliches Prozedere im Hause, unter Bezug auf die
RiStBV. Ich habe auch nicht angeordnet, dass das per Citipost läuft. Auch das ist ein übliches Proze-
dere. Das Justizzentrum Hannover ist flächendeckend Kunde der Citipost, auch mit weiteren überre-
gionalen Anschlussunternehmen. Die gesamte Post, Hunderttausende von Briefen werden über dieses
Unternehmen weitergereicht. Und wir hatten auch noch nie irgendwelche Probleme, sagte man mir.
Aber noch mal: Das war keine bewusste Entscheidung von mir, für die ich natürlich die Verantwortung
übernehme.“2171

bbb) Zustand der Sendung bei Eingang

Dr. Risse schilderte in der 4. Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 19. Februar 2014

sodann den Zustand der im Deutschen Bundestag eingegangenen Sendung der Staatsanwaltschaft Hannover vom

6. Februar 2014. Der Brief sei seinem äußeren Erscheinungsbild zufolge nicht dergestalt geöffnet worden, „dass

jemand einen Brieföffner an einen zugeklebten Brief gesetzt hätte und diesen dann aufgeschlitzt hätte oder ihn

aufgerissen hätten oder sonst in irgendeiner Form unter physischer Zerstörung der körperlichen Integrität des

Briefumschlages“.2172 Dr. Risses Eindruck nach sei der Umschlag „nie wirklich richtig verschlossen gewe-

sen“.2173 Er äußerte die Vermutung, dass der zum Verschließen des Umschlags vorgesehene selbstklebende Ad-

häsionsstreifen eingetrocknet gewesen sein könnte.2174 Dr. Risse legte im Innenausschuss zudem dar, er habe

keine Kenntnis darüber, „ob und wer ggf. sich die Tatsache dieses etwas dysfunktionalen Verschlusses des Um-

schlags zunutze gemacht hat und gelesen hat, was in dem Brief ist“.2175 Dass der Brief über das Wochenende

2166 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 42 ff., Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Risse.
2167 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 43, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Risse.
2168 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 43, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Risse.
2169 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 43, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Risse.
2170 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 43, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Risse.
2171 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 95.
2172 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 43, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Risse.
2173 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 44, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Risse.
2174 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 44, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Risse.
2175 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 44, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Risse.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 501 – Drucksache 18/6700
vom 8. und 9. Februar 2014 bereits „im Haus gelegen“2176 habe, sei „auszuschließen und angesichts des zweiten

Aufklebers, datiert vom 11. Februar, zumindest sehr unwahrscheinlich“2177.

dd) Aussagen der Zeugen Edathy und Noll zu der Mitteilung vom 6. Februar 2014

Sebastian Edathy hat als Zeuge zur der Mitteilung an den Präsidenten des Deutschen Bundestages bekundet:

„[…] Ich wusste nicht, dass und wann da ein Brief von Hannover nach Berlin unterwegs wäre. Das
war dann einfach eine Überschneidung in den zeitlichen Abläufen, dass ich am 6. November - Quatsch,
am 6. Februar - beim Notar war. Dieser Termin beim Notar - das wird Ihnen, falls nötig, auch mein
Anwalt bestätigen können - ist natürlich nicht am 6. vereinbart worden, sondern mit einem gewissen
Vorlauf. Da hätte ich also, als der Termin beim Notar vereinbart worden ist für den 6. Februar, objektiv
gar nicht wissen können, zu welchem Zeitpunkt eventuell ein Brief von der Staatsanwaltschaft Han-
nover in die Hauptstadt auf den Weg gebracht wird. […]“2178

Der Strafverteidiger von Sebastian Edathy, der Zeuge Noll, hat zu diesem Schreiben vom 6. Februar 2014 erklärt:

„[…] Am 06.02. wurde ja auch ein Brief tatsächlich geschrieben von der Staatsanwaltschaft Hannover.
Das ist dieser Brief, der offenbar sechs Tage brauchte, um in Berlin anzukommen, weil da irgendein
Billig-Postdienstleister gewählt wurde, weil die niedersächsische Justiz offenbar Kosten sparen wollte
und ein Faxgerät nicht zur Hand hatte. Von diesem Brief wussten wir nichts. Wir wussten nicht, dass
der auf den Weg gebracht werden würde konkret. Aber es war klar: Es droht, dass so etwas passieren
kann. Dass das nun derselbe Tag war wie der Gang zum Notar, war letztlich Zufall. […]“2179

c) Übersendung von Ablichtungen für den Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig, das Niedersächsi-
sche Justizministerium und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

aa) Inhalt des Übersendungsschreibens

Ebenfalls mit Datum vom 6. Februar 2014 fertigte der Zeuge Dr. Fröhlich ein weiteres Schreiben zur Übersen-

dung des Schreibens an den Präsidenten des Deutschen Bundestages vom 6. Februar 2014 an das Bundesminis-

terium der Justiz und für Verbraucherschutz.2180 Dieses Übersendungsschreiben hatte folgenden Inhalt:

„Beabsichtigtes Ermittlungsverfahren gegen den Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy
wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornographischer Schriften

Nr. 192a Abs. 3 RiStBV in Verbindung mit Anlage 6 der Geschäftsordnung des Deutschen Bun-
destages

2176 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 44, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Risse.
2177 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 44, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Risse.
2178 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 35.
2179 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 12.
2180 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 1, Erste Ausfertigung des Übersendungsschreibens des Zeugen Dr.

Fröhlich an das Bundesministerium der Justiz vom 6. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 502 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

1 Schriftstück

Berichtverfasser: Oberstaatsanwalt Klinge (Tel: […])

Ich überreiche eine Mehrfertigung des Schreibens, mit dem ich Herrn Präsidenten des Bundestages
über die beabsichtigte Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Bundestagsabgeordneten Se-
bastian Edathy unterrichtet habe.

Dr. Fröhlich“2181

Das Übersendungsschreiben war wie folgt adressiert:

„Persönlich! Vertraulich!

An das Bundesministerium der Justiz

in Berlin

durch das

Niedersächsische Justizministerium

in Hannover

über die Generalstaatsanwaltschaft Celle

Der Generalstaatsanwalt

in Celle“2182

Der Übersendungsvorgang enthielt drei Ausfertigungen dieses Übersendungsschreibens. Die erste und die

zweite Ausfertigung des Übersendungsschreibens enthielten über den genannten Adressangaben angebrachte

Empfängerhinweise.

Die erste Ausfertigung enthielt den Hinweis:

„Für die Generalstaatsanwaltschaft

2181 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 1, Erste Ausfertigung des Übersendungsschreibens des Zeugen Dr.
Fröhlich an das Bundesministerium der Justiz vom 6. Februar 2014.

2182 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 1, Erste Ausfertigung des Übersendungsschreibens des Zeugen Dr.
Fröhlich an das Bundesministerium der Justiz vom 6. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 503 – Drucksache 18/6700

- Der Generalstaatsanwalt –

- persönlich – vertraulich-

1. Anlage“2183

Diese erste Ausfertigung des Übersendungsschreibens enthielt überdies einen handschriftlicher Vermerk „Bitte

verschlossen und nur von Hand zu Hand“ verbunden mit der Datumsangabe „7/2.“, der unmittelbar neben dem

Empfängerhinweis für die Generalstaatsanwaltschaft angebracht ist.2184

In der zweiten Ausfertigung des Übersendungsschreibens wurde folgender Empfängerhinweis über den Adres-

sangaben angebracht:

„Für das Niedersächsische Justizministerium

in Hannover – vertrauliche Personalsache! –

1 Anlage“2185

Die dritte Ausfertigung des Übersendungsschreibens enthielt keine zusätzlichen Angaben.2186 Der gesamte Vor-

gang umfasste neben den drei Ausfertigungen des Übersendungsschreibens drei Abschriften des Schreibens an

den Präsidenten des Deutschen Bundestages vom 6. Februar 2014.2187

bb) Versand des Vorgangs an die Generalstaatsanwaltschaft am 7. Februar 2014

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat den Versand dieses Vorgangs in seiner Vernehmung geschildert:

„[…] parallel […] [zur Verfügung der Übersendung des Schreibens an den Präsidenten des Deutschen
Bundestages vom 6. Februar 2014, Anm.] habe ich einen Bericht gefertigt, auf dem Dienstweg über
die Generalstaatsanwaltschaft Celle und das niedersächsische Justizministerium an das BMJ, habe
berichtet und habe eine Mehrfertigung dieses Schreibens an den Bundestagspräsidenten beigefügt.
Das Paket mit meinen Berichten und den Überstücken des Schreibens an den Bundestagspräsidenten
hat ein Wachtmeister am 07. direkt zur Generalstaatsanwaltschaft Celle gebracht.“

2183 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 1, Erste Ausfertigung des Übersendungsschreibens des Zeugen Dr.
Fröhlich an das Bundesministerium der Justiz vom 6. Februar 2014.
2184 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 1, Erste Ausfertigung des Übersendungsschreibens des Zeugen Dr.

Fröhlich an das Bundesministerium der Justiz vom 6. Februar 2014.

2185 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 2, Zweite Ausfertigung des Übersendungsschreibens des Zeugen Dr.

Fröhlich an das Niedersächsische Justizministerium vom 6. Februar 2014.
2186 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 3, Dritte Ausfertigung des Schreibens des Zeugen Dr. Fröhlich vom 6.

Februar 2014.
2187 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 1 (4 ff.), Abschriften des Schreibens an den Präsidenten des Deutschen

Bundestages vom 6. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 504 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

cc) Eingang und Bearbeitung des Vorgangs bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle

Der von Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich übersandte Vorgang ging am 7. Februar 2014 bei der Gene-

ralstaatsanwaltschaft in Celle ein.2188

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat in seiner Vernehmung angegeben, er sei vom 7. bis 9. Februar 2014 privat verreist

gewesen und habe am Abend des 9. Februar 2014 Medienberichte darüber wahrgenommen, dass Sebastian E-

dathy sein Mandat niedergelegt habe.2189 Er habe sodann am Morgen des 10. Februar 2014 mit dem Zeugen Dr.

Lüttig zum Verbleib seiner Unterrichtung vom 6. Februar 2014 telefoniert:

„[…] Ich […] habe am 10. Februar dann sehr früh, gegen 8 Uhr, bei Herrn Dr. Lüttig angerufen und
habe ihm ganz aufgeregt davon berichtet, dass Herr Edathy auf sein Mandat verzichtet habe. Da müsse
jemand durchgesteckt haben, habe ich ihm gesagt; ich habe das Schreiben doch am 06. zur Post gege-
ben, ich verstehe das nicht. Ich habe gesagt: Werden wir hier abgehört? Was ist überhaupt los? - Herr
Dr. Lüttig war sehr ruhig und sagte, es müsse ein Zufall sein, was ich mir überhaupt nicht erklären
konnte. Also alles, aber kein Zufall, in dem Moment.

Ich habe ihn [Dr. Lüttig, Anm.] dann gefragt, ob denn mein Paket mit den Berichten und den ganzen
Überstücken angekommen sei am Freitag. Das hat er bestätigt. Das hätte er gesehen. Da hätte er einen
Strich drangemacht und hätte es seinem Geschäftsleiter gegeben, dieses Paket, damit der Geschäfts-
leiter es dem zuständigen Dezernenten, Herrn Schierholt, bringe. Was dann daraus geworden ist, wisse
er nicht. […]“2190

Der Zeuge Dr. Fröhlich schilderte im weiteren Fortgang folgende Darstellung des Zeugen Dr. Lüttig zur Bear-

beitung des Übersendungsvorgangs vom 6. Februar 2014:

„[…] Herr Lüttig […] sagte mir, dass er im Hause zwischenzeitlich festgestellt habe, dass das Paket
mit den Berichten und den Überstücken des Schreibens an den Bundestagspräsidenten eben noch im
Zimmer von Herrn Schierholt liege, der am Freitag nicht da gewesen ist. Da lag es also, quasi ohne
dass es jemand angerührt hatte, das ganze Wochenende. Man hatte das dann aber geöffnet, und dann
schrieb Herr Schierholt am 10., wenn ich das richtig in Erinnerung habe, da nunmehr ein Mandatsver-
zicht erklärt wird, sei also das Schreiben obsolet, und hat aber am selben Tage das Ganze dann per
Fax weitergeleitet. Das Paket jedenfalls - so wurde es mir mitgeteilt - wurde nicht aufgebrochen. Da
konnten also keine Unterlagen weggekommen sein. Andere Informationen habe ich auch nicht.

Das war der 10. Ich kann gern noch weiter erzählen.“2191

dd) Weiterleitung an das Niedersächsische Justizministerium am 10. Februar 2014

Am 10. Februar 2014 um 11.03 Uhr leitete Leitender Oberstaatsanwalt Schierholt von der Generalstaatsanwalt-

schaft Celle das Schreiben von Dr. Fröhlich an den Präsidenten des Deutschen Bundestages vom 6. Februar

2188 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 3, lfd. Nr. 9, Bl. 337 (340 f.), Zeitleiste im Komplex "Edathy" des Niedersächsischen Justizmi-
nisteriums, Stand 27. Februar 2014.

2189 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 86 f.
2190 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 87.
2191 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 87.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 505 – Drucksache 18/6700
2014 sodann per E-Mail an Dr. Hackner und eine weitere Empfängerin im Niedersächsischen Justizministerium,

Kathrin Krusch, weiter.2192 Diese E-Mail hatte folgenden Inhalt:

„Beigefügt sende ich einen Bericht des Herrn Leitenden Oberstaatsanwalts in Hannover.

Die Weiterleitung hat sich erübrigt, da der Beschuldigte am vergangenen Freitag sein Mandat nieder-
gelegt hat und daher keine Immunität mehr besteht.

Für den heutigen Tag sind erste Durchsuchungen geplant.

Im Auftrag

Christian Schierholt“2193

XVIII. Die Durchsuchungsmaßnahmen in Wohn- und Büroräumen von Sebastian Edathy

Am 10. Februar 2014 entschied die Staatsanwaltschaft Hannover, bei Sebastian Edathy Durchsuchungsmaßnah-

men durchzuführen.2194 Der Zeuge Klinge hat diesen Entschluss folgendermaßen dargelegt:

„[…] [D]er Antrag lag nicht bei mir schon irgendwo in der Schublade, -

[…]

- sondern es wurde entschieden dann, jetzt machen wir das, jetzt ist es - - Ja, Herr Edathy ist zurück-
getreten. Es wurde spekuliert: Gesundheitliche Gründe, ja oder nein, steckt da noch was anderes da-
hinter? - Da haben wir dann gesagt: ‚So, jetzt geht es los‘ […].“2195

1. Vorbereitung von Durchsuchungsmaßnahmen durch die Staatsanwaltschaft Hannover am 10. Februar
2014

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat ausgesagt, er habe sich im Anschluss an sein Telefonat mit dem Zeugen Dr. Lüttig

am 10. Februar 2014 mit dem Zeugen Klinge besprochen und beschlossen, noch am selben Tag Durchsuchungs-

maßnahmen bei Sebastian Edathy durchzuführen:

„[…] ich [habe] Herrn Klinge zu mir gebeten, und wir haben dann relativ schnell entschieden: Jetzt
müssen wir sofort etwas tun. Wenn wir jetzt noch zögern, bei dieser Verdachtslage, aus meiner Sicht,
wie gesagt, fast der Sicherheit sogar, dass möglicherweise mein Schreiben abgefangen worden ist,
dass es Informationsquellen gibt, von denen ich bis dahin nicht zu träumen wagte, und dem Umstand,
dass wir der Auffassung aufgrund der Erklärungen von Herrn Edathy, auch der Wirksamkeit des Ver-
zichts und dass das gegenüber dem Bundespräsidenten [sic!] geschehen sei - - wir zwar nicht alle
Einzelheiten kannten, aber auch aus Sicht von Herrn Edathy annehmen mussten, dass letztendlich der
Mandatsverzicht wirksam gemacht worden ist, haben wir dann kurzerhand entschieden, nunmehr in

2192 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 13, E-Mail des Leitenden Oberstaatsanwalt Schierholt an den Staats-
sekretär Dr. Hackner vom 10. Februar, 11.03 Uhr.

2193 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 13, E-Mail des Leitenden Oberstaatsanwalt Schierholt an den Staats-
sekretär Dr. Hackner vom 10. Februar, 11.03 Uhr.

2194 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 87.
2195 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 68.

Drucksache 18/6700 – 506 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

die offene Phase überzugehen. Das Verfahren wurde eingetragen, und ich habe Herrn Klinge gebeten,
noch am selben Tage zu versuchen, Durchsuchungsbeschlüsse zu bekommen. […]“2196

Zum Stand der Vorbereitungen am 10. Februar 2014 hat der Zeuge Klinge ausgeführt:

„Vorbereitet war da noch gar nichts. Diese Durchsuchungen am 10.02. kamen für uns ja sehr, sehr
überraschend. Wir hatten das ja eigentlich ganz anders vorgesehen. Der Brief, wie Sie wissen, zum
Bundestag war unterwegs. Wir waren also darauf vorbereitet, dass der Bundestag dann irgendwann
sich meldet oder nicht meldet. […]“2197

Der Zeuge Klinge hat des Weiteren ausgeführt:

„[…] Wir sind davon ausgegangen, dass, wenn Herr Edathy das selbst über die Medien verbreitet, er
habe niedergelegt und er unterliegt nicht mehr der Immunität, wir dann auch sehr schnell handeln
sollten, weil man uns sonst sagt: ‚Ja, was habt ihr denn da immer noch abgewartet, wenn ihr jetzt
wusstet, da ist überhaupt nichts mehr, was dagegen spricht?‘, sodass ich dann Kontakt aufgenommen
habe mit dem Landeskriminalamt und erst mal gefragt habe: Kriegen wir das überhaupt hin so schnell,
wenn wir heute einen Durchsuchungsbeschluss kriegen? - Oder ‚kriegten‘ muss ich ja erst mal sagen;
den hatten wir ja noch gar nicht. - Wenn wir einen solchen Durchsuchungsbeschluss kriegten, kriegen
wir das dann hin, zu durchsuchen?

Wir müssen an mehreren Orten gleichzeitig durchsuchen, nämlich in seinen Büros, Wahlkreisbüros,
in Nienburg, glaube ich, und Stadthagen, an seiner Privatadresse und an seiner Berliner Adresse. Und
da kriegte ich dann aber den Ruf vom LKA: „Ja, das schaffen wir; wir haben das vorbereitet“, sodass
das dann losgehen konnte. Das war der 10.; das war der Montag […]. Da wurde dann durchsucht.

Bis dahin habe ich es erst mal vorbereitet, weil die Frage ja lautete, vor den Durchsuchungen, was da
passiert ist, und das war die Durchsuchung, die dann stattfand. Damit wurde das Verfahren natürlich
offen, auch für Herrn Edathy nun. Da wusste er es ja sicher dann.“2198

Auf die Nachfrage, ob man geprüft habe, dass die Immunität von Sebastian Edathy nicht mehr bestand, hat der

Zeuge Klinge dargetan:

„Wir haben die Erkenntnisse, die wir gewonnen haben, für ausreichend gehalten und haben darauf
dann unseren Beschluss gestützt. Wenn jetzt andere das inzwischen anders sehen - - Denn selbst der
Bundestag hat ja zunächst in seiner ersten Stellungnahme auch gesagt, das war erloschen - - und haben
sich dann korrigiert. Daraufhin haben wir die Durchsuchungen dann durchgeführt, ja.“2199

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat seine Überlegungen zur Fragen der Immunität von Sebastian Edathy wie folgt ge-

schildert:

„[…] Also, Zeit, jetzt noch mal in das Gesetz einzusteigen, hatten wir nicht. Wir sind im Grunde
genommen davon ausgegangen, dass Herr Edathy das erklärt hat, notariell, und dass es zu einer, jetzt
mal laienhaft gesprochen, Annahme durch den Bundestagspräsidenten gekommen ist. So wurde es ja
auch suggeriert von Herrn Edathy, wahrscheinlich um dann letztendlich uns auch eine Botschaft zu
senden; so haben wir es gedeutet. Aber ein Annahmeakt des Bundespräsidenten wurde uns quasi of-
feriert, und deswegen nahmen wir in der Kürze der Zeit an, dass im Grunde genommen dann an dem
Tag schon auch die Annahme bestätigt worden ist, dass, was dann letztendlich am 10. erst passierte,
dieser Akt, ohne das jetzt per Gesetz nachzulesen, schon am 07. geschah. Noch mal: Also, das war so
gedacht, sage ich mal; denn warum schreibt man in eine Erklärung, dass der Mandatsverzicht wirksam

2196 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 87.
2197 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 44.
2198 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 21.
2199 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 69.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 507 – Drucksache 18/6700

ist? Das wurde noch mal betont. Wir haben es dann so gedeutet: Er will uns signalisieren, jetzt mögen
wir bitte nicht mehr ermitteln, jetzt sollen wir mal versuchen, ins Gespräch zu kommen.“2200

a) Beantragung von Durchsuchungsbeschlüssen am 10. Februar 2014

aa) Inhalt der Anträge

Den Inhalt der Durchsuchungsanträge hat der Zeuge Dr. Fröhlich wie folgt beschrieben:

„Herr Klinge hat die Durchsuchungsanträge am 10. formuliert, ist mit den Durchsuchungsanträgen
zum Amtsgericht gleich rübergegangen und kam dann irgendwann mit den Beschlüssen zurück. Die
erstreckten sich in der Kürze der Zeit auf, ich meine, vier Objekte. Zeit, nunmehr die Durchsuchung
akribisch vorzubereiten, auch noch mal Adressen von uns aus zu hinterfragen oder irgendetwas ande-
res zu machen als das, was sich auf die Schnelle aus den Akten ergab, war nicht. Vier Objekte hatten
sich dann aber gleichwohl herauskristallisiert. Das waren die, die auch vom BKA vorsondiert waren.
Was darin fehlte, ist das Objekt ‚3 d‘ in, ich weiß nicht, Stadthagen oder Rehburg, was laut Akte
überprüft wurde. Und da gab es eben den Vermerk des Bundeskriminalamts, die Adresse sei nicht
vorhanden, wenn ich mich recht erinnere. Da war uns auch klar, dafür kriegen wir jetzt auch keinen
Beschluss in der Schnelle, wenn es die Adresse nicht gibt.

Herr Klinge hat dann, wie gesagt, einen Beschluss erwirkt beim Amtsgericht für vier Objekte, auch
hier in Berlin. […]“2201

bb) Zeitpunkt der Antragstellung

Ausweislich eines Vermerks des Zeugen Dr. Lüttig vom 20. März 2014 weist der Eingangsstempel des Amts-

gerichts Hannover auf dem Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses das Datum „10.02.2014, 11:05

Uhr“ auf.2202

cc) Bearbeitung des Antrags beim Amtsgericht Hannover

Aus dem am 10. Februar 2014 ergangenen Durchsuchungsbeschluss ergibt sich, dass dieser von Richter am

Amtsgericht Simon erlassen und am selben Tag von Justizobersekretärin (JOS) Bageförde ausgefertigt

wurde.2203

b) Gerichtliche Anordnung von Durchsuchungsmaßnahmen am 10. Februar 2014

Am 10. Februar 2014 erließ das Amtsgericht Hannover unter dem Aktenzeichen 270 Gs 308/14 einen Durchsu-

chungsbeschluss „in dem Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy […] wegen des Verdachts des Besitzes

2200 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 95 f.
2201 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 87 f.
2202 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 2, Bl. 182, Vermerk des Zeugen Dr. Fröhlich vom 20. März 2014.
2203 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 41 f., Ausfertigung des Durchsuchungsbeschlusses (Az. 270 Gs 308/14)

vom 10. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 508 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

kinderpornographischer Schriften“2204, der sich auf Sebastian Edathys Hauptwohnsitz in Rehburg-Loccum, den

Berliner Nebenwohnsitz sowie auf dessen Bürgerbüros in Nienburg und in Stadthagen erstreckte.2205

Das Amtsgericht Hannover bejahte in diesem Beschluss einen Anfangsverdacht, „[a]uch wenn es sich bei den

Bildern ([…] als Kategorie 2 bezeichnet) um strafrechtlich noch nicht relevante Nacktbilder von Kindern /Ju-

gendlichen gehandelt hat“2206. Dies wurde unter Verweis auf im Wesentlichen folgende Ausführungen der

ZIT2207 begründet, denen sich das Amtsgericht „nach eigenständiger Prüfung der Sach- und Rechtslage“2208

anschloss:

„Im vorliegenden Fall waren auch die Produkte der Kategorie 2 nur gegen Zahlung eines entsprechen-
den Entgeltes zu erhalten. Auch wenn in diesen Fällen der Pornographibegriff [sic!, Anm.]der §§ 184b,
184c StGB noch nicht erfüllt sein mag, spricht der (versuchte) Erwerb kostenpflichtiger Aktbilder von
Kindern und Jugendlichen dafür, dass bei dem Besteller eine pädophile Neigung besteht, aufgrund
derer er die jeweilige Handlung vornahm. Aufgrund kriminalistischer Erfahrung aus einer Vielzahl
gleichgelagerter Fälle ist davon auszugehen, dass der jeweilige Besteller auch inkriminiertes Material
besitzt.“2209

c) Fax-Nachricht von Rechtsanwalt Noll an Oberstaatsanwalt Klinge am Vormittag des 10.
Februar 2014

Am Vormittag des 10. Februar 2014 versandte der Zeuge Noll – ausweislich des Faxstempels um 11.04 Uhr –

folgende Faxnachricht an den Zeugen Klinge:

„Sehr geehrter Herr Oberstaatsanwalt Klinge,

da Sie bei unserer Besprechung am 24. [sic!, Anm.] Januar 2014 erklärt hatten, ein Herrn Edathy
betreffender Vorgang sei Ihnen nicht bekannt, erlaube ich mir die Nachfrage, ob es inzwischen einen
neuen Sachstand gibt. Wie bereits bei unserem Gespräch ausgeführt, würde ich gerne unterrichtet wer-
den, ob von Ihrer Seite aus die Annahme eines Anfangsverdachts überhaupt denkbar ist.

Da Sie am Rande auch die Immunitätsfrage angesprochen hatte, teile ich vorsorglich mit, dass Herr
Edathy am Freitag den Verzicht auf sein Bundestagsmandat erklärt hat, so dass Immunitätsfragen im
Weiteren keine Rolle spielen werden.

Mit freundlichen Grüßen

[…]“2210

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat hierzu ausgeführt:

2204 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 41 (41), Ausfertigung des Durchsuchungsbeschlusses (Az. 270 Gs
308/14) vom 10. Februar 2014.

2205 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 41 (41), Ausfertigung des Durchsuchungsbeschlusses (Az. 270 Gs
308/14) vom 10. Februar 2014.

2206 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 41 (42), Ausfertigung des Durchsuchungsbeschlusses (Az. 270 Gs
308/14) vom 10. Februar 2014.

2207 Näher zu dem einschlägigen Vermerk der ZIT: Zweiter Teil A.7.a)aa).
2208 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 41 (42), Ausfertigung des Durchsuchungsbeschlusses (Az. 270 Gs

308/14) vom 10. Februar 2014.
2209 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 41 (42), Ausfertigung des Durchsuchungsbeschlusses (Az. 270 Gs

308/14) vom 10. Februar 2014.
2210 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 2, Bl. 181, Telefax des Zeugen Noll an die Staatsanwaltschaft Hannover vom

10. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 509 – Drucksache 18/6700

„[…] Das Verfahren wurde eingetragen, und ich habe Herrn Klinge gebeten, noch am selben Tage zu
versuchen, Durchsuchungsbeschlüsse zu bekommen. Parallel dazu ging auch das Fax von Herrn Noll
ein, wo er noch mal bestätigte, dass das Mandat niedergelegt worden sei, sodass - so irgendwie war
der Wortlaut - Immunitätsfragen künftig keine Rolle mehr spielen. […]“2211

Der Zeuge Klinge hat den Eingang des Fax in seiner Vernehmung dargelegt:

„[…] [D]ieses Schreiben des Herrn Noll ist gekommen, glaube ich, eine halbe Stunde nachdem wir
uns schon entschlossen hatten und den Durchsuchungsantrag schon rausgeschickt haben. Und darum
wäre es nicht korrekt, dem dann dieses Schreiben noch als Grundlage unserer Überlegungen zu nen-
nen. Das hat uns dann noch weiter bestätigt natürlich, dass sogar der Verteidiger das sagt, aber hatte
mit der grundsätzlichen Entscheidung - das muss ich hier klar sagen - nichts zu tun, -

[…]

- weil das erst anschließend war.“2212

d) Abstimmung der Durchsuchungsmaßnahmen zwischen der Staatsanwaltschaft Hannover
und dem Landeskriminalamt Niedersachsen

Am 10. Februar 2014 nahm der Zeuge Klinge telefonisch Kontakt mit dem Landeskriminalamt Niedersachsen

auf.2213 Dieses Telefonat fand gegen 10.30 Uhr mit Kriminalhauptkommissar Schillig vom Dezernat 38 des

Landeskriminalamtes Niedersachsen statt, der in seiner Vernehmung durch das Landeskriminalamt Niedersach-

sen am 15. Februar 2014 angab, dass er durch eine Mitarbeiterin des Geschäftszimmers auf seinem Mobiltelefon

gebeten worden sei, Herrn Klinge zurückzurufen.2214 Der Zeuge Klinge habe ihm mitgeteilt, dass mit Blick auf

die Mandatsniederlegung sofortige Maßnahmen angedacht seien.2215 Kriminalhauptkommissar Schillig fuhr –

nach eigenen Angaben – im Anschluss an dieses Telefonat zu seiner Dienststelle und bereitete die Durchsu-

chungsmaßnahmen vor.2216

Von seiner Dienststelle aus telefonierte Kriminalhauptkommissar Schillig, erneut mit dem Zeugen Klinge.2217

Kriminalhauptkommissar Schillig und der Zeuge Klinge sprachen, nach weiteren Angaben von Kriminalhaupt-

kommissar Schillig, im Detail ab, welche Objekte durchsucht werden sollten sowie ob und gegebenenfalls wo

der Staatsanwalt an der Durchsuchungen teilnehmen sollte.2218 Die Durchsuchungen sollten am Nachmittag um

2211 Dr. Fröhlich, Protokoll Nr. 40, S. 87.
2212 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 74.
2213 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 21.
2214 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA

Niedersachsen vom 25. Februar 2014.
2215 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA

Niedersachsen vom 25. Februar 2014.
2216 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA

Niedersachsen vom 25. Februar 2014.
2217 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA

Niedersachsen vom 25. Februar 2014.
2218 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA

Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 510 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

15.00 Uhr stattfinden.2219 Ferner habe Kriminalhauptkommissar Schillig mit dem Zeugen Klinge über das Durch-

suchungsobjekt in Berlin gesprochen.2220

Kriminalhauptkommissar Schillig habe sodann die Übersendung eines Aktendoppels erbeten. Dieses Aktendop-

pel sei von Kriminalkommissar (KK) Frank bei der Staatsanwaltschaft Hannover abgeholt worden.2221 Den An-

gaben des Leiters des Dezernats 38, Kriminaloberrat Möhring, zufolge habe es bis zu diesem Zeitpunkt „im

Dezernat keinen Aktenrückhalt zu diesem Verfahren gegeben“2222. Die Durchsuchungsbeschlüsse für alle Ob-

jekte seien – ausweislich der Angaben von Kriminalhauptkommissar Schillig – per Fax übermittelt worden, die

Originale wollte „der Staatsanwalt mitbringen“2223.

Der Zeuge Klinge hat in seiner Vernehmung angegeben:

„[…] Also, wir hatten noch nicht so unmittelbar bevorstehen die Durchsuchungen, was sich dann än-
derte an diesem 10.02., wo es hieß: So, Immunität spielt keine Rolle mehr. - Und dann haben wir
gesagt: Gut, wenn da keine Immunität mehr vorliegt - alles andere haben wir -, dann müssen wir nur
noch fragen: Können wir das auch personell umsetzen? - Daraufhin habe ich mit Herrn Schillig tele-
foniert, und der hat gesagt: ‚Jawohl, das schaffen wir‘, und hat dann das Weitere gemacht. […]“2224

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat angegeben:

„[…] Herrn Klinge hatte ich gebeten, mitzufahren mit den Beamten des LKA, in die Wohnung von
Herrn Edathy, um da vor Ort alles Weitere zu koordinieren. […]“2225

2. Unterrichtung der Niedersächsischen Justizministerin am 10. Februar 2014

Die Niedersächsische Justizministerin Niewisch-Lennartz wurde am 10. Februar 2014 unterrichtet. Die Zeugin

Niewisch-Lennartz hat dies wie folgt geschildert:

„[…] Am Montag - das war dann der 10.02. - erreichte mich über meinen Staatssekretär die Mitteilung,
dass angesichts der Mandatsniederlegung von Herrn Edathy er jetzt als Beschuldigter geführt werde
und dass man vorhabe, unverzüglich zu durchsuchen, natürlich erst, nachdem man die entsprechenden
Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt hätte. Wir haben daraufhin entschieden, die Staatskanzlei zu infor-
mieren. Das hat Staatssekretär Scheibel gemacht. Der hat sich an den Chef der Staatskanzlei, Staats-
sekretär Mielke, gewandt und hat ihm die Umstände mitgeteilt. […]“2226

2219 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2220 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2221 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2222 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 135 (139), Protokoll der Vernehmung von KOR Möhring durch das Landeskri-
minalamt am 21. Februar 2014.

2223 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2224 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 44.
2225 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 88.
2226 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 60.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 511 – Drucksache 18/6700

3. Unterrichtung der Niedersächsischen Staatskanzlei am 10. Februar 2014

Die Zeugin Niewisch-Lennartz hat zur Unterrichtung der Niedersächsischen Staatskanzlei ausgesagt:

„[…] Ein schriftlicher Bericht ist dann am 10. eingegangen, und wegen der schon vorangehenden
Presseberichterstattung zu der Mandatsniederlegung von Herrn Edathy haben wir dann die Staatskanz-
lei am Montag informiert. Da waren allerdings die Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts bereits
ergangen.“2227

4. Unterrichtung des Niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil

Der Chef der Niedersächsischen Staatskanzlei Dr. Jörg Mielke unterrichtete – ausweislich des Personenver-

zeichnisses der Niedersächsischen Landesregierung vom 11. Mai 20142228 – am 10. Februar den Niedersächsi-

schen Ministerpräsidenten Stephan Weil. Die Neue Osnabrücker Zeitung berichtete in ihrer Print-Ausgabe vom

15. Februar 2014, Ministerpräsident Weil sei bereits am 7. Februar 2014 unterrichtet worden.2229 Nachdem die

Niedersächsische Landesregierung am 23. April 2015 in einer Beratungssitzung des Ausschusses auf diese Pres-

semeldung angesprochen worden war, erklärte der Chef der Niedersächsischen Staatskanzlei, Dr. Jörg Mielke

in einem Schreiben an den Ausschuss vom 24. April 2015:

„Wie in der Ausschusssitzung verlesen, findet sich auf Seite 3 der Neuen Osnabrücker Zeitung von
Samstag, dem 15.02.2014 in der Tat die Behauptung, Ministerpräsident Weil habe am 07.02.2014 von
den Vorwürfen gegen Sebastian Edathy Kenntnis genommen.

Diese Angabe ist falsch. Frau Pörksen, die Sprecherin der Landesregierung, hat gestern Abend noch
mit dem Autor, Herrn Brinkmann ein Telefonat über das falsche Datum geführt. Herr Brinkmann
selbst geht davon aus, dass er versehentlich in dem Artikel das falsche Datum genannt habe und dies
bedauerlicherweise niemandem in der Redaktion aufgefallen sei. Er hat angekündigt, das auch noch
schriftlich erklären zu wollen. Er wolle aber zunächst seine Redaktionsleitung informieren, was ihm
gestern Abend nicht mehr möglich war. Herr Brinkmann hat Frau Pörksen gegenüber erklärt, keinerlei
Erkenntnisse darüber zu haben, dass der Ministerpräsident doch früher als am 10.02.2014 hätte infor-
miert worden sein können. Eine entsprechende schriftliche Erklärung würden wir umgehend an Sie
weiterleiten.“2230

5. Vorbereitung der Durchsuchungen am 10. Februar 2014 auf Ebene der niedersächsischen Polizei

Der Einsatz von Polizeibeamten im Rahmen der für den Nachmittag des 10. Februar 2014 ab 15 Uhr geplanten

Durchsuchungen wurde von Kriminalhauptkommissar Schillig vom Dezernat 38 des Landeskriminalamtes Nie-

dersachsen geplant.2231 Nach seinen eigenen Angaben im Nachgang zu den Durchsuchungen habe Kriminal-

hauptkommissar Schillig zunächst mit dem stellvertretenden Leiter des Dezernats 38 des Landeskriminalamtes

Niedersachsen, Kriminalhauptkommissar Schmoll, besprochen, „wie viel Personal wir am Durchsuchungstag

2227 Niewisch-Lennartz, Protokoll-Nr. 42, S. 69.
2228 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 13, Personenverzeichnis.
2229 „Staatsanwalt: Wir sind fassungslos“, Neue Osnabrücker Zeitung, 15. Februar 2014, S. 3.
2230 MAT A-Nds 18(27)9-4(neu), Bl. 1 (1), Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei an den Ausschuss vom 24. April 2015.
2231 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA

Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 512 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

selber stellen könnten“2232. Aus dem Dezernat 38 seien dies sechs Beamte gewesen.2233 Zusätzlich habe Krimi-

nalhauptkommissar Schillig beim Dezernat 56 (SG Forensik) um Unterstützung gebeten, die durch zwei Beamte

gewährt worden sei.2234 Kriminalhauptkommissar Schilig habe zudem mit je einem Beamten der DV-Gruppen

in der Polizeiinspektion Nienburg und der in Hameln, die Unterstützung zugesagt hätten.2235 Den DV-Gruppen

sei „der Sachverhalt“ allerdings nicht mitgeteilt worden.2236

a) Kontakt des Landeskriminalamtes mit dem Ersten Kriminalhauptkommissar Baum

Aus nach den Durchsuchungen von Kriminalhauptkommissar Schillig gemachten Angaben lässt sich entnehmen,

dass er am 10. Februar 2014 zwischen 11 und 14 Uhr telefonisch die Unterstützung des Zeugen Erster Krimi-

nalhauptkommissar Baum von der Polizeiinspektion Nienburg-Schaumburg erbeten hat.2237 Dem Zeugen Baum

sei der Sachverhalt durch die Erkenntnisanfrage und die im Oktober 2013 erfolgte Objektabklärung bereits be-

kannt gewesen.2238 Der Zeuge Baum habe zugesagt, an jedem zu durchsuchenden Objekt einen Beamten zur

Verfügung zu stellen.2239 Zudem habe der Zeuge Baum Durchsuchungszeugen bei den zuständigen Ordnungs-

ämtern bestellt.2240

Der Zeuge Baum hat hierzu ausgeführt:

„[…] Ich sagte das: Danach, nach dieser telefonischen Rückfrage, war erst mal für uns alles erledigt,
bis dann letztendlich zum 10. Februar 2014, als mich morgens ein Anruf von dem Kollegen Schillig
aus der Ansprechstelle Kinderpornografie des niedersächsischen Landeskriminalamts ereilte, der mir
sagte: An diesem Tage sollen dann zeitgleich die Durchsuchungsmaßnahmen stattfinden in den be-
kannten Anschriften des Herrn Edathy. Das waren zum einen seine Hauptwohnung in Rehburg-Loc-
cum, dann die zwei Wahlkreisbüros, einmal im Landkreis Nienburg und einmal im Landkreis Schaum-
burg, sowie meines Erachtens die Nebenwohnung hier in der Bundeshauptstadt Berlin.

Herr Schillig bat mich darum, als Unterstützungskräfte für die drei Objekte in unserem Zuständig-
keitsbereich jeweils einen Mitarbeiter abzustellen. Und für die Wahlkreisbüros bedurfte es noch
Durchsuchungszeugen. Und an der Hauptwohnung nahm ja Herr Oberstaatsanwalt Klinge seitens der
Staatsanwaltschaft Hannover, der Zentralstelle zur Bekämpfung von Kinderpornografie, teil, sodass
wir dort keinen Zeugen benötigten. […]“2241

2232 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2233 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2234 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (148), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2235 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (148), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2236 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (148), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2237 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (147), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2238 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (148), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2239 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (148), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2240 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 143 (148), Protokoll der Vernehmung von KHK Schillig durch das LKA
Niedersachsen vom 25. Februar 2014.

2241 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 10 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 513 – Drucksache 18/6700

b) Koordinierung im 1. Fachkommissariat der Polizeiinspektion Nienburg-Schaumburg durch
den Ersten Kriminalhauptkommissar Baum

Der Zeuge Baum hat vor dem Untersuchungsausschuss sein Vorgehen zur Koordinierung der zugesagten Unter-

stützung nach dem Telefonat mit Kriminalhauptkommissar Schillig beschrieben:

„[…] [Ich] habe […] dann mit einer internen E-Mail zwei Kollegen aus meinem Kommissariat für
die Wahlkreisbüros als Durchsuchungskräfte benannt, und, ich meine, zu 13 Uhr haben wir dann kom-
missariatsintern eine kurze Besprechung durchgeführt. Vorher hatte ich bereits meinen Leiter des
Zentralen Kriminaldienstes, Herrn Walter, telefonisch über die anstehende Durchsuchungsmaßnahme
informiert. […]“2242

aa) Einteilung von Beamten für die Durchsuchung der Wohnung in Rehburg-Loccum und den Wahlkreisbü-
ros in Nienburg und Stadthagen

Am 10. Februar 2014 um 13 Uhr unterrichtete der Zeuge Baum per E-Mail seine Kollegen Kriminalhauptkom-

missar Schröder und Kriminalhauptkommissar Mielke über die für 15 Uhr des selben Tages geplanten Durchsu-

chungen, teilte diese beiden für die Durchsuchungen der beiden Wahlkreisbüros in Nienburg und in Stadthagen

ein und informierte über seine Absicht, selbst zur Privatwohnung von Sebastian Edathy zu fahren, da er „S.

Edathy persönlich kenne“.2243 Erster Kriminalhauptkommissar Baum wies in dieser E-Mail darauf hin, dass für

„diese Durchsuchungen in den Büros“ noch jeweils Zeugen zu bestellen seien und „Klaus Dittrich bereits vom

Landeskriminalamt angefordert worden sei, ohne zu wissen, warum“.2244

Der Zeuge Baum führte – einem von ihm am 6. Juni 2014 erstellten Vermerk zufolge – um 13 Uhr eine Einsatz-

besprechung im 1. Fachkommissariat der Polizeiinspektion Nienburg-Schaumburg durch, in der folgende Be-

amte für die Durchsuchung der im Zuständigkeitsbereich liegenden Objekte eingeteilt worden seien:2245 Krimi-

nalhauptkommissar Schröder und Kriminaloberkommissar Adam für das Wahlkreisbüro in Nienburg2246, Kri-

minalhauptkommissar Mielke und Polizeikommissarin Milde für das Wahlkreisbüro in Stadthagen2247 und Erster

Kriminalhauptkommissar Baum für die Wohnung von Sebastian Edathy.2248 Diese Beamten seien dem benann-

ten Vermerk zufolge auch entsprechend dieser Einteilung eingesetzt worden.2249

Zu der Besprechung hat der Zeuge Baum in seiner Vernehmung ausgeführt:

2242 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 11.
2243 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 5, Bl. 30 f., E-Mail des Zeugen Baum an KHK Schröder und KHK Mielke vom 10. Feb-

ruar 2014, 13.00 Uhr.
2244 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 5, Bl. 30 (31), E-Mail des Zeugen Baum an KHK Schröder und KHK Mielke vom

10. Februar 2014, 13.00 Uhr.
2245 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 222 (223), Dienstliche Erklärung des Zeugen Baum an die Staatsanwaltschaft

Lüneburg vom 6. Juni 2014.
2246 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 222 (223), Dienstliche Erklärung des Zeugen Baum an die Staatsanwaltschaft

Lüneburg vom 6. Juni 2014.
2247 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 222 (223), Dienstliche Erklärung des Zeugen Baum an die Staatsanwaltschaft

Lüneburg vom 6. Juni 2014.
2248 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 222 (223), Dienstliche Erklärung des Zeugen Baum an die Staatsanwaltschaft

Lüneburg vom 6. Juni 2014.
2249 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 222 (223), Dienstliche Erklärung des Zeugen Baum an die Staatsanwaltschaft

Lüneburg vom 6. Juni 2014.

Drucksache 18/6700 – 514 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Wir haben uns dann entschlossen, in jedes Objekt, in die Wahlkreisbüros nicht einen Mitarbeiter
mitzugeben, sondern dort sind jeweils zwei Kollegen aus meinem Kommissariat mitgefahren, weil das
personell vertretbar war an diesem 15. - - 10. Februar, am 10. Februar. Und ich selber habe mich dann
auf den Weg gemacht zur Privatwohnung von Herrn Edathy nach Rehburg-Loccum.

Der gemeinsame Durchsuchungsbeginn war von den sachbearbeitenden Kollegen aus dem Landeskri-
minalamt für 15 Uhr angesetzt worden. Zu 15 Uhr war ich dann dort auch am Objekt und habe dann
halt die Durchsuchungsmaßnahmen ja quasi als Unterstützungskraft begleitet. - Reicht Ihnen das jetzt
erst mal so?“2250

Die Art und Weise der Besprechung hat der Zeuge Baum in seiner Vernehmung durch den Ausschuss beschrie-

ben:

„Ja - Herr Kollege, hätte ich jetzt fast gesagt -, die Einsatzbesprechung fand nicht in dem Rahmen
statt, wie wir es gemeinhin kennen. Dieser Durchsuchungseinsatz stand nicht in meiner Verantwortung
oder in der Verantwortung der Polizeiinspektion Nienburg/ Schaumburg, sondern wir sind als Unter-
stützungskräfte telefonisch an dem Morgen vom sachbearbeitenden Landeskriminalamt angefordert
worden. Der Kollege Schillig hat mir den Durchsuchungszeitpunkt und die Objekte benannt und hat
seine Wünsche geäußert, nämlich dass wir Unterstützungskräfte entsenden mögen und dass wir uns
um zwei Durchsuchungszeugen kümmern mögen. Ich habe das mit meinen Mitarbeitern dann zu 13
Uhr besprochen, und wir sind dann losgefahren und waren pünktlich an den jeweiligen Objekten.

Eine Einsatzbesprechung im eigentlichen Sinne, wie gesagt, hat es für meine Kollegen und mich nicht
gegeben, sondern wir sind dann - - haben uns am Durchsuchungsobjekt getroffen - ich kann jetzt nur
für mich reden -, also in Rehburg-Loccum, haben uns kurz die Hände geschüttelt, haben dann gebim-
melt und wenig später den Schlüsseldienst gerufen.“2251

Der Zeuge Baum hat zudem ausgesagt, in der Einsatzbesprechung auch über die „Personalie Edathy“ unterrichtet

zu haben:

„Ich hatte die Kollegen, von denen zu diesem Zeitpunkt zwei bereits über die Personalie im Rahmen
der Anfrage informiert waren, dann bei der Einsatzbesprechung - das war dann so irgendwie - - also
Einsatzbesprechung im abgespeckten Sinne - gegen 13 Uhr auch über die Personalie Edathy in Kennt-
nis gesetzt.“2252

bb) Teilnahme des Zeugen Baum an der Durchsuchung der Wohnung in Rehburg-Loccum

Auf die Frage, warum er, der Zeuge Baum, an der Durchsuchung der Wohnung von Sebastian Edathy teilnehmen

wollte, hat der Zeuge dargelegt:

„Also, für mich war das ein legitimer Anspruch, weil ich a) ja nicht wusste: Was werden die Durch-
suchungsmaßnahmen an Beweismitteln erbringen? Aber ich konnte mir natürlich sehr gut vorstellen,
dass die Situation für Herrn Edathy, wenn er denn vor Ort gewesen wäre, durchaus belastend gewesen
wäre.

Und insofern, wenn man als Polizeibeamter dann, ich sage mal, den von der Durchsuchungsmaßnahme
Betroffenen kennt, vermag das ja auch, ich sage mal, besänftigend, deeskalierend, wie auch immer,

2250 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 11.
2251 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 17 f.
2252 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 33.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 515 – Drucksache 18/6700

zu wirken. Und insofern war das meine eigentliche Intuition, bei dem Objekt dann mit anwesend zu
sein.“2253

cc) Erneute Einholung einer Melderegisterauskunft durch den Zeugen Polizeihauptkommissar Lange

Erster Kriminalhauptkommissar Baum beauftragte am 10. Februar 2014 erneut2254 vertraulich Polizeihauptkom-

missar Lange mit der Abklärung der Meldeverhältnisse von Sebastian Edathy.2255 Dies hat der Zeuge Baum in

seiner Vernehmung ausgesagt:

„[…] Ach so, und es galt, noch einmal die Meldeverhältnisse abzuklären. Deswegen habe ich noch
mal kurz telefonisch Kontakt mit Herrn Lange aufgenommen, habe ihn wiederum gebeten, eine Mel-
deauskunft einzuholen, die mir dann am späten Vormittag auch zuging. […]“2256

Der Zeuge Lange hat hierzu ausgesagt:

„[…] An dem Tag, als die Durchsuchung dann stattgefunden hat, am 10. Februar, habe ich gegen
Mittag noch mal einen Anruf von Herrn Baum gekriegt, noch mal mit der Bitte der Abklärung, inwie-
fern der Stand vom 16. Oktober noch aktuell wäre. Das habe ich dann aber telefonisch gemacht.“2257

c) Weitere Kenntnisnahmen von den Durchsuchungen vom 10. Februar 2014

aa) Kenntnisnahmen der Zeugen Leitender Polizeidirektor Kreykenbohm und Polizeipräsident Kruse

In einem Vermerk der Polizeidirektion Göttingen vom 17. Februar 2014 findet sich zum Datum des 10. Februar

2014 der Hinweis, der Zeuge Baum habe den Leiter des Zentralen Kriminaldienstes, Kriminaldirektor Walter

sowie den Leiter der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg, den Zeugen Kreykenbohm von dem Unterstüt-

zungsersuchen des Landeskriminalamtes Niedersachsen unterrichtet.2258 Der Zeuge Baum hat insoweit erklärt:

„[…] zu 13 Uhr haben wir dann kommissariatsintern eine kurze Besprechung durchgeführt. Vorher
hatte ich bereits meinen Leiter des Zentralen Kriminaldienstes, Herrn Walter, telefonisch über die
anstehende Durchsuchungsmaßnahme informiert. […]“2259

Der Zeuge Kreykenbohm unterrichtete am 10. Februar 2014 Polizeipräsident Kruse. Der Zeuge Kruse hat diese

Unterrichtung in seiner Vernehmung geschildert:

„Ja. Das war an dem 10.02., und zwar offensichtlich zwischen der Mitteilung an die PI Nienburg, dass
diese Durchsuchungen stattfinden sollten, und der tatsächlichen Durchsuchungsdurchführung, also
kurz vor 15 Uhr muss das irgendwann gewesen sein. Ich glaube, 15 Uhr begannen die Durchsuchun-
gen, und Herr Kreykenbohm rief mich an und hat gesagt: Wir haben gerade eine Nachricht - ich meine,
vom LKA seinerzeit - bekommen; die Durchsuchungen sollen stattfinden, und es geht heute los. -

2253 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 14.
2254 Näher zur Klärung der Meldeverhältnisse durch den Zeugen Lange am 15. Oktober 2015: Zweiter Teil II.
2255 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 222 (223), Dienstliche Erklärung des Zeugen Baum an die Staatsanwaltschaft

Lüneburg vom 6. Juni 2014.
2256 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 11.
2257 Lange, Protokoll-Nr. 36, S. 13.
2258 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 1, Bl. 20 (21), Schreiben der PD Göttingen an das Niedersächsische Ministerium für

Inneres und Sport vom 17. Februar 2014.
2259 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 11.

Drucksache 18/6700 – 516 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Also, das war an dem Tag noch vor dem Beginn der Durchsuchungen und nach der Mitteilung an die
PI Nienburg, auf dem Weg über die PI Nienburg.“2260

Seine Reaktion hat der Zeuge Kruse wie folgt wiedergegeben:

„Ich habe es zur Kenntnis genommen und habe gesagt: Gut. - Also, ich habe nichts weiter gemacht.
Ich habe auch keine weiteren Informationen vorgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war ja dann klar,
dass das LKA dieses Verfahren führen würde, und insofern gab es für mich auch keinen Grund, da
irgendwelche weiteren Meldeverpflichtungen oder Informationen vorzunehmen.“2261

bb) Kenntnisnahme des Zeugen Minister Pistorius

Der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Zeuge Pistorius, hat auf die Frage, wie er von der Durch-

suchungen erfahren habe, erklärt:

„Über die Öffentlichkeit.“2262

6. Durchsuchungen am 10. Februar 2014

Am 10. Februar 2014 fanden ab 15 Uhr Durchsuchungen am Hauptwohnsitz von Sebastian Edathy in Rehburg-

Loccum, an dessen Berliner Nebenwohnsitz sowie in dessen Bürgerbüros in Nienburg und in Stadthagen

statt.2263

a) Insbesondere: Durchsuchung des Hauptwohnsitzes von Sebastian Edathy in Rehburg-Loc-
cum

aa) Beteiligte an der Wohnungsdurchsuchung

An der Durchsuchung des Hauptwohnsitzes von Sebastian Edathy, [Straßenname] 1a, in Rehburg-Loccum wa-

ren ausweislich des Durchsuchungsprotokolls folgende fünf Durchsuchungskräfte beteiligt: Oberstaatsanwalt

Klinge, Erster Kriminalhauptkommissar Baum, Herr Schmalstieg, Polizeikommissarin Sense, Polizeikommissar

Piechota und Kriminalhauptkommissar Schillig.2264

Der Zeuge Klinge hat seine Teilnahme an der Durchsuchung am Hauptwohnsitz von Sebastian Edathy wie folgt

begründet:

„Also, ich habe dann gesagt: Wo müssen wir alles durchsuchen? Wahlkreisbüros, das war relativ - -
war in meinen Augen nicht so wahrscheinlich, dass wir da irre viel finden würden, weil wir davon
ausgegangen sind, wenn, dann hat er es zu Hause oder in Berlin, weil ja verschiedene Adressen darauf
hindeuteten, dass er auch in Berlin da tätig geworden ist. Er hatte sich ja auch was, ich meine, an die
Adresse des Bundestages schicken lassen.

2260 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 76.
2261 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 76.
2262 Pistorius, Protokoll-Nr. 38, S. 45.
2263 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 21.
2264 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 127 (127), Durchsuchungsbericht von KHK Schillig vom 11. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 517 – Drucksache 18/6700

Und ich habe mich darum dann entschieden, zu seiner Privatwohnung mitzufahren. Nachdem er sein
Mandat niedergelegt hatte, wussten wir ja nicht: Ist er überhaupt noch hier greifbar? Wo ist er, in
Berlin oder in Rehburg-Loccum? - Dann habe ich gesagt: Ich gehe an die Privatadresse mit; da ist die
Wahrscheinlichkeit am größten, dass er angetroffen werden kann. - Wir sind dann dort hingefahren;
aber er war nicht da. […]“2265

Der Zeuge Baum hat zu seiner Beteiligung ausgesagt:

„[…] Der gemeinsame Durchsuchungsbeginn war von den sachbearbeitenden Kollegen aus dem Lan-
deskriminalamt für 15 Uhr angesetzt worden. Zu 15 Uhr war ich dann dort auch am Objekt und habe
dann halt die Durchsuchungsmaßnahmen ja quasi als Unterstützungskraft begleitet. - Reicht Ihnen das
jetzt erst mal so?“2266

bb) Möglichkeit der Kenntnis über Anwesenheit von Sebastian Edathy

Auf die Frage, ob man in der Polizeistation Rehburg-Loccum in der Regel wusste, ob Sebastian Edathy in der

Stadt oder zu Hause ist, hat der Zeuge Lange ausgeführt:

„[…] Ja, wenn sein Auto da war, klar, dann konnte man davon ausgehen, dass er da ist. War aber ja
nicht unbedingt zwingend. Also, wir haben das eigentlich nicht so auf dem Schirm gehabt.“2267

cc) Anruf bei Rechtsanwalt Noll

Auf das Klingeln und Klopfen der Durchsuchungskräfte an der Wohnungstür von Sebastian Edathy wurde nicht

geöffnet.2268 Der Zeuge Klinge rief sodann den Zeugen Noll an. Den Inhalt dieses Gespräch hat der Zeuge Klinge

folgendermaßen erläutert:

„[…] Dann wurde die Durchsuchung durchgeführt. Wir haben - oder ich habe, genauer gesagt - den
Rechtsanwalt angerufen, Herrn Noll, um Beschädigungen zu vermeiden. Wir haben vor der Tür ge-
standen. Wir haben gehört, die anderen Personen, die Durchsuchungen durchgeführt haben an den
anderen Orten, waren auch schon in den Objekten drin. Darum bestand keine Gefahr mehr, dass ir-
gendwas beiseitegeschafft werden konnte. Ich habe also den Verteidiger, den späteren, angerufen und
habe ihm gesagt: Wir stehen vor der Wohnung Ihres Mandanten und wollen da rein. Wir haben ihn
aber nicht angetroffen. Gibt es eine Möglichkeit, dass uns hier von einer Nachbarin oder was - das
hätte ja sein können - aufgeschlossen wird? - Das, meine ich, hat er kurz erkundet und dann angerufen
und gesagt, nein, er sähe keine Möglichkeit, uns da einen Schlüssel zur Verfügung zu stellen, sodass
wir dann doch die Tür aufbrechen mussten und dann in das Objekt reingegangen sind.“2269

Der Zeuge Noll hat angegeben, durch diesen Anruf des Zeugen Klinge von den Durchsuchungen am 10. Februar

2015 erfahren zu haben.2270 Er habe dann Sebastian Edathy angerufen.2271 Der Zeuge Noll hierzu folgendes

ausgeführt:

2265 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 21.
2266 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 31.
2267 Lange, Protokoll Nr. 36, S. 10.
2268 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 127 (127), Durchsuchungsbericht von KHK Schillig vom 11. Februar 2014.
2269 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 21 f.
2270 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 22.
2271 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 22.

Drucksache 18/6700 – 518 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Ja, ich habe ihn [Sebastian Edathy, Anm.] natürlich sofort angerufen und informiert. Es folgten eine
Vielzahl weiterer Telefonate, sowohl mit Herrn Klinge als auch mit Herrn Edathy an diesem Tag.

[…]

Es ist ja klar, wie er reagiert hat, nämlich bestürzt. Ich meine, es war ja von Anfang an zu befürchten,
dass das passiert. Wenn Sie über Wochen - über Monate in dem Fall - nicht weiterkommen bei den
Staatsanwaltschaften, wenn Sie keine Information haben darüber, ob jetzt etwas öffentlich wird oder
nicht, wenn Sie das immer befürchten müssen - dann tritt das ein, dann ist doch klar, dass man bestürzt
ist.

[…]

Wir wussten nicht, dass jetzt an dem Tag eine Durchsuchung stattfinden würde. Es war aber klar nach
dem, was Herr Hartmann Herrn Edathy gesagt hatte, dass das jetzt bevorstehen kann. Es war ja logisch,
dass, wenn die Ernst machen, sie vielleicht auch durchsuchen.“2272

Der Zeuge Edathy hat Angaben zu dem Anruf seines Rechtsanwalts Noll bei ihm gemacht:

„Ich war völlig überrascht, weil ich meinen Anwalt ja gebeten hatte, der Staatsanwaltschaft zu signa-
lisieren: Edathy verzichtet auf das Mandat; wir sind nach wie vor kooperationsbereit. - Ich habe ge-
dacht, die würden dann etwas moderater reagieren, als sie reagiert haben. Das war dann so, dass ich
am 10. Februar auf der Terrasse in Dänemark stand, mein Handy klingelte und Herr Noll am Apparat
war und sagte, er sei gerade angerufen worden: Staatsanwalt Klinge stehe vor meiner Wohnungstür in
Niedersachsen, und die wollten die jetzt aufbrechen; ob ich denn irgendwie jemanden hätte, der den
Zweitschlüssel hat, dass das nicht erfolgen muss.

[…]

Ich habe einen Zweitschlüssel, aber der war in Berlin. Das war dann nicht möglich. Ich hatte vor Ort
keinen Beauftragten mit einem zweiten Schlüssel, nein.“2273

dd) Kenntnisnahme einer Nachbarin vom Öffnen der Tür

Der Zeuge Klinge hat vor dem Untersuchungsausschuss dargelegt, dass eine Nachbarin das Aufbrechen der Tür

mitbekommen habe:

„[…]Es haben natürlich - durch den Lärm schon, den das Aufbrechen, Aufbohren gemacht hat - Per-
sonen davon was mitbekommen. Die Nachbarin zum Beispiel, die hat uns gesehen; das weiß ich
noch.“2274

Auf die Frage, ob er dieser Nachbarin etwas gesagt habe, stellte der Zeuge Klinge fest:

„Nein. Also, sie sah, was passierte. Ich gehe davon aus, dass einer der eingesetzten Beamten dann
gesagt hat: ‚Wir sind Polizeibeamte; machen Sie sich keine Sorgen‘ oder so. Aber das habe ich auch
nicht mehr als feste Erinnerung, sondern davon gehe ich aus, dass das ihr gesagt worden ist. Die war
jedenfalls ganz beruhigt […]“2275

2272 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 22.
2273 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 128 f.
2274 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 22.
2275 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 22.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 519 – Drucksache 18/6700

ee) Beginn und Ende der Durchsuchung

Die Wohnungstür wurde dem Durchsuchungsbericht zufolge gegen 16.40 Uhr von einem Schlüsseldienst geöff-

net.2276 Aus dem Durchsuchungsbericht ergibt sich ferner, dass die Durchsuchung um 18.45 Uhr endete.

Der Zeuge Baum hat zu Beginn und Ende der Durchsuchung Folgendes ausgeführt:

„Die Durchsuchungsmaßnahme in der Wohnung des Herrn Edathy zog sich ja über mehrere Stunden
hin. Ich hatte gesagt: 15 Uhr, dann Schlüsseldienst. Irgendwann sind wir dann vielleicht so gegen
15.30 Uhr oder 16 Uhr im Objekt gewesen und - - Ja, wann war Durchsuchungsende? Ich sage jetzt
mal: irgendwie 18 Uhr oder noch später.“2277

ff) Fund vor der Wohnung

Im Durchsuchungsbericht, der von Polizeikommissar Piechota verfasst wurde, findet sich der Hinweis, dass vor

der Durchsuchung „auf einem Sims vor der Wohnungstür Teile eines zertrümmerten Speichersticks“ gefunden

worden seien.2278

Der Zeuge Baum hat hierzu folgende Angaben gemacht:

„[…] Und wir standen also vor dieser Wohnungseingangstür der Privatwohnung des Herrn Edathy.
Und während wir uns dort aufhielten und unterhielten, sind wir da ziemlich schnell beispielsweise auf
zerstörte Mikrobauteile, Elektronikbauteile aufmerksam geworden, die sich dort im äußeren Bereich
schon befanden. […]“2279

Auf Nachfrage, um was es sich bei den Bauteilen gehandelt habe, hat er geantwortet:

„Mikroprozessoren […]

[…]

Also, ganz - - sehr kleine Fragmente von irgendwelchen elektronischen Bauteilen.“2280

Der Zeuge Klinge führte aus:

„[…] Es war auffällig, dass sich quasi überhaupt keine Datenträger in der Wohnung befunden haben,
die da sichergestellt werden konnten. In der heutigen Zeit hat uns das etwas gewundert. Aber ich habe
gesagt: ‚Wundern können wir uns viel. Was bringt es uns, wenn wir uns darüber wundern? Es bringt
das Verfahren nicht weiter. Möglicherweise hat er tatsächlich was beiseitegebracht‘, worauf möglich-
erweise auch - stimmt; das fällt mir jetzt ein - hingedeutet haben könnte, dass wir vor der Wohnung -
- Ich weiß nicht, ob Sie die Bilder gesehen haben von der Wohnsituation. Da ist also - ich wusste mal
den Begriff - so ein Flur quasi, der vor den Wohnungen entlangläuft und von dem man dann in die
einzelne Wohnung reingehen kann. Und da war am Rand dieses Flurs draußen eine metallene Abde-
ckung über die Mauer, also über die Begrenzungsmauer, und da lagen zwei oder drei - weiß ich nicht
- so kleine Bröckchen drauf, die mir aussahen wie irgendein Teil eines Datenträgers, die ich aber nicht
zuordnen konnte. Ich habe dann noch ein Foto davon gemacht; das müsste aber auch in den Akten

2276 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 127 (127), Durchsuchungsbericht von KHK Schillig vom 11. Februar 2014.
2277 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 31.
2278 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 127 (128), Durchsuchungsbericht von KHK Schillig vom 11. Februar 2014.
2279 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 25.
2280 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 26.

Drucksache 18/6700 – 520 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

sein, meine ich, das Foto. Ich weiß gar nicht, was mit den Bröckchen geworden ist. Die Beamten des
LKA sagten: Also, damit anfangen lässt sich überhaupt nichts. Das kann ein Indiz dafür sein, dass er
oder ein anderer - kann natürlich auch wer anders gewesen sein - da irgendwann mal irgendwas ent-
sorgt hat und halt verloren hat oder was auch immer. Anfangen kann man aber mit diesen Bröckchen
nichts. - Es ist also nicht etwa möglich, so was noch auszuwerten oder so: ‚Was ist auf den Bröckchen
gerade drauf?‘, sodass das für das weitere Verfahren für uns keine Rolle gespielt hat.

Da mag man spekulieren: Ist das ein Beweis dafür, dass da irgendwie Informationen vorher waren?
Aber selbst wenn wir es gewusst hätten, hätte es für unser Verfahren keine Rolle gespielt, weil wir ja
gesucht haben nach Hinweisen darauf, dass er Kinderpornografie hat, und alles andere hat uns für das
Verfahren nicht interessiert. Das haben wir auch nicht weiter, meine ich, dann sichergestellt, das Teil.
[…]“2281

gg) Auffindesituation und Zustand der Wohnung

Der Zeuge Baum hat vor dem Untersuchungsausschuss dargelegt, dass er in der Wohnung von Sebastian Edathy

den Eindruck gewonnen habe, dort habe eine überhastete Flucht stattgefunden:

„[…] In der Wohnung selber habe ich sehr schnell den Eindruck gewonnen, dass dort eine überhastete
Flucht - so will ich es mal umschreiben - stattgefunden haben dürfte. Diesen Umstand leite ich daraus
ab, dass beispielsweise im Schlafzimmer unzählige Metallbügel - so einfache, wie Sie sie kennen,
wenn Sie Kleidungsstücke aus der Reinigung holen - auf dem Boden abgeworfen waren. Die Klei-
dungsstücke fehlten. Im Wohnzimmer der Wohnung lagen unsortiert Unmengen an Schriftverkehr,
dann auch Schriftverkehr des Bundestages, bis hin zu als Geheim eingestuften Akten, als Berge abge-
legt. Es gab auch Kabel, Netzkabel, Verbindungskabel zu elektronischen Geräten, Notebook-Taschen,
Bedienungsanleitungen eines Laptops aus dem Eigentum des Deutschen Bundestages, nur die Geräte
fehlten allesamt.

Also, insofern war für mich eigentlich klar, dass hier jemand, ich sage mal, übereilt das Objekt ver-
lassen hat.“2282

Auf Nachfrage, wie der Zustand der Wohnung wahrgenommen worden sei, hat der Zeuge Baum ergänzt:

„[…] man ist natürlich auch geneigt, anzunehmen, dass er Dinge, die ihn belasten würden, mitgenom-
men hat –

[…]

- oder versucht hat, diese zu vernichten. Denn wir fanden ja, ich sage mal, nur noch irgendwelche
rudimentären Beweismittel letztendlich.“2283

Der Zeuge Klinge hat zur Auffindesituation erklärt:

„Wir haben nichts gefunden. Wir haben, glaube ich, in dem Büroraum, in diesem anschließenden, wo
am 12. durchsucht worden ist, irgend so eine uralte Möhre dann da stehen sehen. Da war aber auch
nichts drauf. Die stand da noch. Man muss es sagen: Es gab Anhaltspunkte, dass mal mehr da gewesen
ist. Es waren Anschlüsse da. Es waren - - Sie werden es vielleicht - - Ach nein, nicht gesehen. Es lagen
Kappen von USB-Sticks irgendwo rum, wozu aber keine passenden USB-Sticks aufgefunden werden

2281 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 24.
2282 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 26.
2283 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 32.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 521 – Drucksache 18/6700

konnten. Das hatte ich aber auch vorhin schon gesagt. Es hatte ein Geschmäckle, und der erste Ein-
druck - das gebe ich offen zu - war: Hier muss doch mal mehr gewesen sein. Wo ist das eigentlich
hin? Ein Bundestagsabgeordneter - -“2284

Auf die Nachfrage, ob Grund zu der Annahme bestünde, dass Beweismittel vernichtet worden seien, hat der

Zeuge Klinge entgegnet:

„Das kann man spekulieren.“2285

Der Verteidiger von Sebastian Edathy, Zeuge Noll, führte in einem Schreiben vom 28. Februar 2014 an die

Staatsanwaltschaft Hannover folgendes aus:

„Verwahren möchte ich mich auch gegen die - nach Presseangaben - ‚aus Ermittlerkreisen‘ kolpor-
tierte Idee, mein Mandant könne ja gewarnt worden sein und habe dadurch die Gelegenheit gehabt,
belastendes Material zur Seite zu schaffen […]. Auch die öffentliche Beschwerde eines Ermittlers,
man habe ja gar nichts gefunden, ist rechtsstaatlich äußerst bedenklich, denn ein Ermittler hat unvor-
eingenommen zu sein.“2286

hh) Vorfall mit einem Journalisten der Zeitung „Die Harke“

Der Durchsuchungsbericht vom 11. Februar 2014 enthält einen Hinweis, wonach sich während der Durchsu-

chung vor Ort ein Medienvertreter eingefunden habe, der an die Pressestelle der Staatsanwaltschaft Hannover

verwiesen worden sei.2287 Der betreffende Journalist will nach seinen eigenen Angaben in einem Interview,

welches in einem Vermerk der Staatsanwaltschaft Hannover vom 13. Februar 2014 wiedergegeben ist, „aus der

Bevölkerung“ von den Durchsuchungen erfahren haben.2288

Der Zeuge Baum hat zur Anwesenheit des Reporters ausgesagt:

„[…] Und zu irgendeinem Zeitpunkt irgendwann nach 17 Uhr bemerkte ich dann, dass halt ein - -
jemand mit einer Kamera auf dieser Balustrade, die zu den Wohnungen führte, stand. Und offensicht-
lich ist dort auch reinfotografiert worden; weil es gab dann hinterher ein Bild in der Harke und - das
ist wohl auch verkauft worden - in anderen Medien zur Durchsuchungsaktion.

Und dann ist es so gewesen, dass der Oberstaatsanwalt Klinge mit diesem Redakteur ein erstes Ge-
spräch geführt hat, meine ich. Zu einem späteren Zeitpunkt bin ich dann an den Redakteur herange-
treten, habe mich vorgestellt und habe dann auch den Namen dieses Mitarbeiters unserer - jetzt hätte
ich fast gesagt - Kreiszeitung Die Harke erfahren. […]“2289

Der Zeuge Klinge hat diese Situation ebenfalls beschrieben:

„[…] Gekommen ist noch einer - darauf spielen Sie möglicherweise an -, nämlich ein Reporter von
der Harke, glaube ich, aus Nienburg, also einer Zeitung, die mir bis dato nicht bekannt war. Wir hatten
die Tür offen, wenn es Sie interessiert. Also, da war so ein kleiner Flur, so zweimal zwei Meter, schätze

2284 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 46.
2285 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 46.
2286 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl 27 (33) Schreiben des Zeugen Noll an die Staatsanwaltschaft Hannover vom 28.

Februar 2014.
2287 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 127 (128), Durchsuchungsbericht von KHK Schillig vom 11. Februar 2014.
2288 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, lfd. Nr. 19, Bl. 22, Vermerk der Staatsanwaltschaft Hannover über ein Rundfunkinterview mit

dem Journalisten der Zeitung „Die Harke“ vom 13. Februar 2014.
2289 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 31.

Drucksache 18/6700 – 522 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

ich jetzt aus der Erinnerung. Da befand sich der Mensch, der das neue Schloss einbauen sollte, hat
also das alte Schloss ganz rausgenommen und war dabei, ein neues Schloss einzubauen, und - -

Wie war das? - Ja, plötzlich - - Ich meine, es blitzte zuerst, und dadurch bin ich dann dahingeflitzt und
habe geguckt, was das ist. Offensichtlich stand da ein Mensch vor der Tür, der ein Foto gemacht hat.
Wir haben dann sofort alles verhängt an dem Fenster - das war vorher nur so ein Vorhang, meine ich,
der davor hing -, dann haben wir die Rollos ganz zugemacht. Ich habe diesen Menschen angesprochen
und habe gefragt, wer er denn ist. Da hat er mir gesagt, er sei von der Harke und hätte was gehört und
warum denn hier durchsucht würde oder ob eingebrochen worden sei bei Herrn Edathy. Da habe ich
gesagt: Ich gebe keinerlei Auskunft. – ‚Ja, wer sind Sie denn?‘ Und da habe ich gesagt: Ich bin Ober-
staatsanwalt Klinge, und ich möchte Sie bitten, dass Sie gehen.

Das ist der Punkt, an den ich mich nicht mehr so - - Da bin ich auch schon mehrfach drauf angespro-
chen worden: War der Reporter in der Wohnung, oder war er noch gerade auf der Türschwelle? - Also,
in meiner Erinnerung - - Ich meine, er hätte einen Schritt schon reingesetzt in die Wohnung; aber das
kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Es kann sein, dass er einfach auf der Türschwelle draußen stand
und ich da mit ihm gesprochen habe, und ich habe gesagt, er möchte sich bitte entfernen und er könne
nicht die Wohnung betreten. Hier würde eine polizeiliche Maßnahme laufen, meine ich, habe ich noch
gesagt.“2290

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat dem Untersuchungsausschuss seine Kenntnisse darüber dargelegt, wie der Reporter

der Harke von der Durchsuchung Kenntnis erlangte:

„[…] Und dann passierte das, was unvermeidlich war. Die Tür musste, glaube ich, geflext werden,
weil das ein ganz starkes Schloss war, und das haben dann Nachbarn mitbekommen. Spätabends rief
mich Herr Klinge noch an und sagte: Hier ist jetzt auch ein Reporter aufgetaucht. - Das war dieser
berühmte Reporter von der Harke, der, wie sich im Nachhinein eben herausstellte, ja aufgrund der
reichlichen Action, die da nun geboten wurde mit Flexen und vielen Polizeibeamten, die sich da Ein-
lass verschafften in die Wohnung, von Nachbarn wohl angerufen wurde und dann plötzlich da die
Fotos machte und wohl auch Einlass begehrte in die Wohnung. Herr Klinge hatte ihn dann rausge-
schoben. […]“2291

Der Zeuge Baum hat dazu folgende Angaben gemacht:

„[…] Der Umstand, dass dieser Redakteur dort am Durchsuchungsobjekt eintraf, hat uns natürlich
schon verwundert. Allerdings ist es ja so gewesen, dass der Mitarbeiter des Schlüsseldienstes natürlich
unter Zuhilfenahme von Bohrwerkzeugen die Wohnungstür geöffnet hat. Und ich denke, dass es so
hätte sein können, dass eine Nachbarin, die natürlich auch mal um die Ecke geguckt hat und geschaut
hat, was da passiert, den Zeitungsredakteur informiert hat. Das ist für mich so die schlüssigste Erklä-
rung. Es mag auch andere geben; das wäre aber rein hypothetisch. […]“2292

Zu den Folgen der Anwesenheit des Reporters führte der Zeuge Dr. Fröhlich aus:

„[…] Aber so wurde das Ganze an dem Tage ungewollt pressepublik. Dieser Reporter war wohl auch
sehr findig, wie mir Herr Klinge sagte. Er kannte ihn wohl. Er recherchierte schnell. Klinge, da war
klar, Herr Klinge war Leiter der Zentralstelle Kinderpornografie. Und so kam eine Information zur
anderen, sodass am nächsten Morgen, obwohl wir bis dahin, glaube ich, gar nichts gesagt hatten, gar
keine Pressemeldung herausgegeben hatten, schon in der Presse über die Durchsuchung und auch den
Durchsuchungsgrund wild spekuliert wurde. Wir wurden ab dem Dienstag dann mit Presseanfragen
natürlich überschwemmt. Ich habe meine Pressesprecherin, Frau Söfker, die wir dann auch erst ein-
geweiht haben, gebeten, nur zu bestätigen, dass wir Ermittlungen führen und dass Durchsuchungen

2290 Klinge, Protokoll-Nr. 38, S. 23.
2291 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 88.
2292 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 31.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 523 – Drucksache 18/6700

stattgefunden haben. Auch der Grund des Verfahrens sollte nicht genannt werden. Das hat sie eisern
zwei, drei Tage durchgehalten, gegen harten Widerstand.“2293

ii) Ergebnis der Durchsuchung

Das Ergebnis der Durchsuchung des Hauptwohnsitzes von Sebastian Edathy hat der Zeuge Klinge wie folgt

beschrieben:

„[…] Ja, das war die Durchsuchung. Die ist dann durchgeführt worden. Wir haben einiges mitgenom-
men aus der Wohnung und haben das dann später untersucht. Das waren aber keinerlei Sachen, die
dann für das Verfahren irgendeine Bedeutung hatten. […]“2294

b) Durchsuchung des Nebenwohnsitzes von Sebastian Edathy in Berlin

Aus dem vom Land Niedersachsen übermittelten Personenverzeichnis2295 ergibt sich, dass der ehemalige Büro-

leiter von Sebastian Edathy, der Zeuge Nocht, am 10. Februar 2014, um 16.07 Uhr in der Berliner Wohnung von

Sebastian Edathy erschien.2296

7. Durchsuchungsmaßnahmen in Büroräumen Sebastian Edathys in Rehburg-Loccum am 12. Februar 2014

Am 11. Februar 2014 erhielt das Landeskriminalamt Niedersachsen einen Hinweis auf ein weiteres Büro von

Sebastian Edathy in Rehburg-Loccum.2297 Dieses wurde am 12. Februar 2014 durchsucht.2298

a) Fehlende Kenntnis von der Adresse der „[Straßenname] 3D“ am 10. Februar 2014

Nach einem Vermerk der Zeugin Greiner vom Referat SO 12 des Bundeskriminalamtes vom 16. Oktober 2013

war die Anschrift „[Straßenname] 3D“ bereits am 18. Juni 2013 auf ein staatsanwaltliches Auskunftsersuchen

bei einem Kreditartenunternehmen als Adresse von Sebastian Edathy mitgeteilt worden.2299 In einer E-Mail zur

Übermittlung der im Rahmen der Erkenntnisanfrage vom 15. Oktober 2013 erbetenen Meldedaten von Sebastian

Edathy teilte der Zeuge Baum der Zeugin Greiner unter anderem2300 folgendes mit:

„Korrekt ist die Anschrift [Straßenname] 1; ein Adresse mit der Hausnummer 3 D (so in Onlinetele-
fonbüchern verzeichnet) ist nicht existent.“2301

2293 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 88.
2294 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 23 f.
2295 Näher hierzu: Zweiter Teil XIX.
2296 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 10, Personenverzeichnis.
2297 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 3, lfd. Nr. 9, Bl. 337 (342), Zeitleiste im Komplex "Edathy" des Niedersächsischen Justizminis-

teriums, Stand 27. Februar 2014.
2298 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 3, lfd. Nr. 9, Bl. 337 (342), Zeitleiste im Komplex "Edathy" des Niedersächsischen Justizminis-

teriums, Stand 27. Februar 2014.
2299 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, Lfd. Nr. 20, Bl. 64 (70), Vermerk der Zeugin Greiner vom 16. Oktober 2013.
2300 Näher zum gesamten Vorgang: Zweiter Teil C.5.a).
2301 MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 299, E-Mail des Zeugen Baum an die Zeugin Greiner vom 16. Oktober 2013, 12.46 Uhr.

Drucksache 18/6700 – 524 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

In ihrem genannten Vermerk vom 16. Oktober 2013 nahm die Zeugin Greiner sodann unter der Wiedergabe der

Auskunft des Kreditkartenunternehmens folgenden Hinweis auf:

„Eine Adresse mit der Hausnummer 3D (so in Onlinetelefonbüchern verzeichnet) ist gem. Mitteilung
der örtlich zuständigen Polizeidienststelle nicht existent. Im Rahmen einer Internetrecherche ist die
Adresse allerdings auf der offiziellen Seite www.edathy.de als Büroanschrift von MdB EDATHY ver-
zeichnet.“2302

Der Zeuge Baum hat in seiner Vernehmung hierzu ausgeführt:

„[…]Jetzt im Nachhinein muss man feststellen, dass die Formulierung von mir in dieser Mail, ich sage
mal, sehr unglücklich gewählt worden ist.

Ich bin gefragt worden nach der Meldeanschrift von Herrn Edathy, und die lautet nun mal: [Straßen-
name] 1. Und wenn man mich mit der Anschrift 3 D konfrontiert hat, dann wollte ich damit einfach
nur übermitteln, dass er keine Wohnanschrift 3 D besitzt. Die Existenz um diese zweite Wohnung, die
er offensichtlich als Büro oder Arbeitswohnung genutzt hat, die hat sich erst ergeben aus einem Hin-
weis am Folgetag einer Nachbarin - es mag die besagte sein -, die einen Kollegen aus meinem Kom-
missariat darauf hingewiesen hat: Mensch, wisst ihr denn eigentlich, dass der Herr Edathy im Neben-
haus noch eine weitere Wohnung angemietet hat?“2303

Auf Nachfrage hat er konkretisiert:

„[…] Also, wir wussten tatsächlich nichts davon, dass es eine zweite Wohnung in diesem Wohnareal
gab. Das wusste ja auch Herr Lange nicht, sonst hätte er mich vielleicht dann auf die richtige Idee
gebracht.“2304

Der Zeuge Klinge hat zu seinem Kenntnisstand bis einschließlich 10. Februar 2014 hinsichtlich der Adresse

„[Straßenname] 3D“ ausgeführt:

„Warum das nicht auf dem Schirm war, entzieht sich auch meiner Kenntnis. Wir hatten den Bericht -
also wir als Staatsanwaltschaft - des Bundeskriminalamts, in dem zitiert war die Vor-Ort-Überprüfung
durch die PI Nienburg. Es gab ja Anhaltspunkte dafür, dass ‚3 d‘ auch noch irgendeine Räumlichkeit
sein könnte, die Herrn Edathy zuzuordnen ist. Aber es war ausdrücklich in diesem Bericht aufgeführt,
dass das überprüft worden sei von der PI Nienburg und dass es eine solche Adresse ‚3 d‘ nicht gibt. -
Gut, darauf habe ich mich verlassen, so wie auf die anderen Angaben, die ja überprüft worden sind
von der Polizei, auch. Also, natürlich führen wir als Staatsanwaltschaft nicht alle Ermittlungen selbst
durch, sondern müssen uns verlassen auf das, was uns Polizeibeamte sagen, und da hinterfragen wir
auch nicht jede Angabe und gehen noch mal selbst nach und gucken. Das stand ausdrücklich drin, es
ist überprüft worden, das ist aber keine Wohnung, und damit war bei uns keine Veranlassung, dafür
auch einen Durchsuchungsbeschluss […].“2305

b) Identifizierung der Büroräume

Die Identifizierung der weiteren Räumlichkeiten unter der Adresse „[Straßenname] 3D“ hat der Zeuge Baum

wie folgt geschildert:

2302 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 6, Lfd. Nr. 20, Bl. 64 (70), Vermerk der Zeugin Greiner vom 16. Oktober 2013.
2303 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 35 f.
2304 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 36.
2305 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 70 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 525 – Drucksache 18/6700

„[…] Die Existenz um diese zweite Wohnung, die er offensichtlich als Büro oder Arbeitswohnung
genutzt hat, die hat sich erst ergeben aus einem Hinweis am Folgetag [11. Februar 2014, Anm.] einer
Nachbarin - es mag die besagte sein -, die einen Kollegen aus meinem Kommissariat darauf hinge-
wiesen hat: Mensch, wisst ihr denn eigentlich, dass der Herr Edathy im Nebenhaus noch eine weitere
Wohnung angemietet hat?“2306

c) Einholung eines Durchsuchungsbeschlusses und Durchführung der Durchsuchung

Oberstaatsanwalt Klinge beantragte am 11. Februar 2014 einen Durchsuchungsbeschluss für das Objekt unter

der Adresse „[Straßenname] 3D“.2307 Am 11. Februar 2014 erließ das Amtsgericht Hannover unter dem Akten-

zeichen 270 Gs 324/14 einen Durchsuchungsbeschluss „in dem Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy

[…] wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornographischer Schriften“, mit dem die Durchsuchung der von

ihm genutzten Büroräumlichkeiten unter der Adresse „[Straßenname] 3D“ in Rehburg-Loccum angeordnet

wurde.2308

Der Zeuge Klinge hat die auf Grundlage dieses Beschluss durchgeführte Durchsuchung vor dem Ausschuss

geschildert:

„[…] Und daraufhin haben wir da dann am - das weiß ich nicht; das habe ich mir nicht mehr alles
aufgeschrieben - 12., glaube ich, die weitere Durchsuchung durchgeführt, wobei sich da nichts als
Anhaltspunkt gezeigt hat, dass irgendwer schon zwischenzeitlich da gewesen ist: Die Post lag noch
draußen, die Tür war verschlossen. […]“2309

8. Sicherstellung von Beweismitteln im Deutschen Bundestag ab dem 11. Februar 2014

Ausweislich eines Vermerks von Dr. Hackner aus dem Niedersächsischen Justizministerium vom 27. Februar

2014 seien vor dem Hintergrund, dass „für eine Durchsuchung des Abgeordnetenbüros des Beschuldigten und

die eventuelle Beschlagnahme von Beweismitteln dort noch nicht die erforderliche Genehmigung des Bundes-

tagspräsidenten vorlag und auch eine Rechtsgrundlage für eine Versiegelung des Büros nicht vorlag“, entspre-

chende Anträge zunächst unterblieben.2310

Der Zeuge Dr. Fröhlich hat hierzu ausgeführt:

„[…] Einen weiteren Beschluss für die Büroräumlichkeiten im Deutschen Bundestag haben wir des-
wegen zurückgestellt, weil an diesem Tage, am Dienstag, ich einen Anruf bekam - ich war gerade in
einer Besprechung -, ich meine, es war am Vormittag, von Herrn Dr. Paschmanns vom Ausschuss für
- das wissen Sie besser - Wahlprüfung, Immunitätsangelegenheiten usw. Herr Dr. Paschmanns sagte
mir, man sei durch die Medienberichterstattung über ein mögliches Verfahren gegen Herrn Edathy
aufgeschreckt worden und er frage sich gerade, wie es sein könne, dass wir gegen einen Bundestags-
abgeordneten ermitteln. Ja, dann habe ich ihm gesagt: Es ist auch ein Schreiben unterwegs. Haben Sie

2306 Baum, Protokoll-Nr. 38, S. 36.
2307 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 89.
2308 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 43 ff., Ausfertigung des Durchsuchungsbeschlusses (Az. 270 Gs 324/14)

vom 11. Februar 2014.
2309 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 23.
2310 MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 3, lfd. Nr. 9, Bl. 337 (342), Zeitleiste im Komplex "Edathy" des Niedersächsischen Justizminis-

teriums, Stand 27. Februar 2014.

Drucksache 18/6700 – 526 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

das denn noch nicht? - Da war es immerhin schon der 11. Er sagte: Hier ist kein Schreiben eingegan-
gen. - Im Übrigen prüfe man auch gerade im Hause erst, ob dieser Mandatsverzicht wirksam erklärt
worden sei. Da habe ich ihm gesagt, da möge er sich mal, damals, keine Sorgen machen. Wir hätten
also auch von dem Verteidiger schon schriftlich, dass er uns das bestätigt hat, dass alles wirksam sei.
Na gut. Dann sagte mir Herr Dr. Paschmanns: Wenn Sie sich da mal nicht irren. Wir sind hier noch
völlig uneins. Wir müssen erst mal gucken, wo überhaupt dieses Schreiben ist. Können Sie mir schon
mal das Schreiben an den Bundestagspräsidenten - das nicht auffindbar war, auch nicht eingegangen
war wohl zu diesem Zeitpunkt - einmal faxen? - Das habe ich dann gemacht über mein Vorzimmer.

Herr Dr. Paschmanns rief dann, ich glaube, eine Stunde später zurück und bestätigte noch mal, das
Schreiben liege tatsächlich nicht vor, ob wir denn Durchsuchungsmaßnahmen planen, auch hier in
Berlin, im Bundestag. Das habe ich bestätigt. Das ergibt sich ja inzident auch aus dem Schreiben. Da
habe ich noch mal daran erinnert, dass wir da natürlich entsprechende Beschlüsse bräuchten. Das
wussten wir. Die waren auch schon vorbereitet, aber eben noch nicht zur Unterschrift fertig.

Er sagte, dass man im Bundestag schon mal im Vorgriff, damit jetzt also kein falscher Anschein ent-
steht, ich meine, die IT gesichert habe, also eine Sicherungskopie von sämtlichen Computerdaten ge-
zogen habe, und auch das Büro sei verschlossen. Das Problem, das sich aber stelle und wo er um eine
baldige Lösung bat, sei, Herr Edathy habe auch Mitarbeiter, ob wir auch das Büro der Mitarbeiter
verschlossen haben möchten. Da habe ich ihm gesagt: Das weiß ich nicht. Das müsste der Sachbear-
beiter Herr Klinge klären. Der wird Sie gleich anrufen. - Ich habe das Herrn Klinge dann mitgeteilt,
und dann ergab sich eine Korrespondenz mit Herrn Dr. Paschmanns. Die endete damit, dass mir auch
Herr Klinge bestätigte: In Berlin brennt jetzt erst mal nichts an. Das Büro ist abgeschlossen. Die Soft-
ware, das ist alles gesichert. Das hat noch Zeit. Das können wir auch am nächsten Tag machen.
[…]“2311

Am 17. Februar 2014 erließ das Amtsgericht Hannover unter dem Aktenzeichen 270 Gs 324/14 einen Durchsu-

chungsbeschluss „in dem Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy […] wegen des Verdachts des Besitzes

kinderpornographischer Schriften“, mit dem die Durchsuchung des Abgeordnetenbüros von Sebastian Edathy

im Deutschen Bundestag angeordnet wurde.2312

Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich berichtete am 12. März 2014 in der 7. Sitzung des Innenausschusses

des Deutschen Bundestages wie folgt über die Sicherstellungen im Deutschen Bundestag:

„[…] Um überhaupt im Deutschen Bundestag Sicherstellungen und Beschlagnahmen vorzunehmen,
bedarf es eines gewissen Vorlaufs. Wir brauchen nämlich nicht nur den Beschluss eines deutschen
Gerichts, sondern wir brauchen auch die Genehmigung des Präsidenten des Deutschen Bundestages,
der sich wiederum mit dem Immunitätsausschuss ins Benehmen setzen muss. Das heißt, von heute auf
morgen war ohnehin keine Maßnahme im Deutschen Bundestag umzusetzen, und insoweit war wich-
tig, sich abzustimmen. Aus unserer Sicht ist diese Abstimmung erfolgt: Wir hatten Aussagen, wonach
das Büro verschlossen und die IT-Anlage sichergestellt ist. Das mag am 11. Februar auch tatsächlich
so gewesen sein; das kann ich nicht beurteilen.

Wir erhielten aber keine Kenntnis darüber, dass das Büro anschließend von der parlamentarischen
Nachfolgerin von Edathy bezogen wurde und die IT-Anlage an einen anderen Ort verbracht wurde.
Auch das ist im Ergebnis unschädlich; denn die Staatsanwaltschaft Hannover brauchte diese Compu-
teranlage, brauchte Unterlagen. Wir wollten sie entsprechend auswerten. Die Anlage ist sichergestellt
worden. Es gab einen Durchsuchungsbeschluss. Der Präsident des Deutschen Bundestages hat die

2311 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 89.
2312 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 72 ff., Ausfertigung des Durchsuchungsbeschlusses (Az. 270 Gs 324/14)

vom 17. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 527 – Drucksache 18/6700

Maßnahme genehmigt, und in der vergangenen Woche haben wir schon mit der Auswertung begon-
nen. Die Auswertung wird in dieser Woche fortgesetzt.

Kurzum: Aus meiner Sicht besteht kein Grund zur Aufregung. Die Frage, wer da nun eine Versiege-
lung anordnet - also bitte: Welches Siegel soll das sein? - oder ob es nur darum geht, einen Raum zu
verschließen oder die Anlage, die Habe von Edathy sicherzustellen, das sind in meinen Augen Wort-
klaubereien. Es ist so gelaufen, wie wir es beabsichtigt hatten. Die Auswertung der Anlage wird fort-
gesetzt. Im Grunde genommen besteht auch kein Verdacht, dass hier irgendetwas beiseitegeschafft
wurde oder irgendetwas in der Zwischenzeit nicht seinen gewohnten Gang nahm.“2313

Zur Bedeutung der im IT-System des Deutschen Bundestages gespeicherten Daten hat der Zeuge Dr. Fröhlich

ausgesagt:

„[…] Der zweite, aber wesentlich entscheidendere Punkt war: Eine der Bestellungen, die vorgenom-
men wurden, war auf dem Server des Deutschen Bundestages. Es war ein Download eines Filmes.
Und da waren wir der Auffassung: Selbst wenn Herr Edathy Möglichkeit jetzt mittlerweile zur Genüge
gehabt haben sollte, Beweismittel verschwinden zu lassen, es gibt ja auch IT-Systeme, an die er eben
nicht als Privatmann herankommt, wo es also keine Möglichkeit gibt, Daten verschwinden zu lassen.
Unsere Erwartung war, dass das IT-System des Deutschen Bundestages einen solchen Sicherheitsme-
chanismus hat, sodass wir dann in Absprache mit dem IT-Serviceteam des Hauses da vielleicht versu-
chen sollten, noch Daten zu rekonstruieren.

Das war, wie gesagt, eine Überlegung, der wir nachgegangen sind, die ich auch in dem Schreiben an
den Bundestagspräsidenten niedergelegt habe und die dann letztendlich mit ein bisschen Ermittlungs-
glück, muss ich im Nachhinein sagen, auch diejenige war, die erfolgreich war. Ermittlungsglück des-
wegen, weil - das wissen Sie ja mittlerweile auch - wir hatten keine Vorstellung, wie lange diese Daten
gespeichert werden. Die Aufrufe von Seiten, die ja Gegenstand später der Anklage waren, waren An-
fang November. Drei Monate ist eine ziemlich lange Speicherzeit. Und, wie ich das von Herrn Klinge
verstanden habe, wären wir auch nur wenige Tage später gekommen, wären diese Daten auch vernich-
tet gewesen. Aber da hatten wir eben keine Vorstellung. Wenn wir das recherchiert hätten, hätten wir
also im Grunde genommen wieder eine Möglichkeit gegeben, Beweismaterial zu vernichten. Das war
auf jeden Fall aus unserer Sicht etwas, was wir machen wollten, um der Verantwortung für das Ver-
fahren gerecht zu werden. […]“2314

Der Zeuge Edathy hat zur Speicherung von Daten durch die Bundestagsverwaltung folgendes ausgeführt:

„[…] Ich habe den Ermittlungsakten entnommen, dass ganz offenkundig ohne vorhandene Rechts-
grundlage die Verwaltung des Deutschen Bundestages Informationen über das Kommunikationsver-
halten eines damaligen Mitgliedes des Bundestages ausgehändigt hat. […]

Wie ich den Unterlagen entnehmen musste, verweist die Staatsanwaltschaft erstens auf angebliche
Seitenaufrufe, Eingabe von Suchbegriffen für einen - - Ende Februar sind die Informationen heraus-
gegeben worden -, rückgreifend bis zum 1. November 2013, das heißt, für einen Zeitraum von mehr
als drei Monaten.

[…]

Ich habe übrigens den Akten entnehmen müssen - - mal abgesehen von der Eingriffstiefe, wenn also
angebliche Eingaben von Suchbegriffen mitgespeichert werden; ich halte das für unglaublich. Ich er-
warte ja nicht, dass Abgeordnete bessergestellt werden als andere Bürger. Aber nach dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes zur Vorratsdatenspeicherung ist das eigentlich rechtlich nicht zulässig,
was da gemacht worden ist, und die Mitglieder des Bundestages sind mindestens in der Vergangenheit

2313 MAT A-InnenA 18(27)6-D, S. 32, Protokoll der 7. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Fröhlich.
2314 Dr. Fröhlich, Protokoll-Nr. 40, S. 85.

Drucksache 18/6700 – 528 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

schlechtergestellt worden als andere. Ich habe also den Akten entnehmen müssen, dass E-Mails von
mir noch bestanden haben und auch herausgegeben worden sind zurückreichend bis zum Sommer des
Jahres 2010. […]“2315

Sebastian Edathy meldete am 12. Februar 2014 der Verwaltung des Deutschen Bundestages, dass sein Laptop

während einer Bahnfahrt auf der Strecke Hannover–Amsterdam am 31. Januar 2014 gestohlen worden sei.2316

Den Verlust des Laptops teilte Sebastian Edathy seinen Mitarbeitern am 6. Februar 2014 mit.2317 Der Zeuge

Nocht hat in seiner Vernehmung Angaben zur Art und Weise der Nutzung dieses Laptops durch Sebastian Eda-

thy vor dessen Verlust gemacht:

„Es gab ein Passwort. Das kannte nur er. Wir hatten immer mal, wenn die Parlakom da war, um ir-
gendwelche Dinge sozusagen auf dem Laptop zu machen, und er war gerade nicht im Büro, das Prob-
lem, dass wir ihn anrufen mussten und um das Passwort nachbitten mussten, was er dann aber nicht
gemacht hat, sondern dann musste ein neuer Termin gemacht werden, wenn er da ist, und dann hat er
quasi das Passwort eingegeben, damit die Parlakom-Mitarbeiter da herankonnten.“2318

9. Kenntniserlangung und Möglichkeit der Kenntniserlangung von den am 10. Februar 2014 durchgeführten
Durchsuchungen durch Personen in bestimmten niedersächsischen Behörden

Ausweislich eines vom Land Niedersachsen zur Verfügung gestellten Personenverzeichnisses2319 waren am 10.

Februar 2014 38 Polizeibeamtinnen und -beamte aus Niedersachsen mit den Durchsuchungsmaßnahmen befasst

oder hatten im Laufe des Tages davon Kenntnis erlangt2320. Bei zwölf Beamten hat das Land Niedersachsen

keine Angabe zur Uhrzeit für deren Befassung oder Kenntnisnahme gemacht.2321 26 Beamtinnen und Beamte

wurden bis spätestens 15 Uhr befasst oder hatten bis dahin Kenntnis erlangt.2322

Dem Personenverzeichnis zufolge waren zudem drei Angehörige des Amtsgerichts Hannover sowie vier Mitar-

beiterinnen und Mitarbeiter des Niedersächsischen Justizministeriums mit den Durchsuchungsmaßnahmen be-

fasst oder erlangten davon Kenntnis – Uhrzeitangaben wurden zu diesen Personen nicht gemacht.2323

Schließlich ergibt sich aus einem weiteren vom Land Niedersachen übermittelten Personenverzeichnis, dass eine

Justizangestellte der Generalstaatsanwaltschaft Celle sowie vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtsge-

richts Hannover theoretisch die Möglichkeit gehabt hätten, „von den Vorgängen, insbes. auch den Durchsu-

chungsbeschlüssen Kenntnis zu erhalten“2324.

Das Verzeichnis enthält überdies Angaben zu Kenntnisnahmen folgender Personen am 10. Februar 2014: Mi-

nisterpräsident Weil und Staatssekretärin Pörksen, für die keine Uhrzeit genannt werden, sowie Staatssekretär

Dr. Mielke und der erste stellvertretende Sprecher der Niedersächsischen Landesregierung, die „im Laufe des

2315 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 87 f.
2316 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 9, lfd. Nr. 29, Bl 116, Neue Osnabrücker Zeitung, 19. Februar 2014.
2317 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 53.
2318 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 21.
2319 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Personenverzeichnis.
2320 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 8 ff., Personenverzeichnis.
2321 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 11 f., Personenverzeichnis.
2322 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 9 ff., Personenverzeichnis.
2323 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 12 f., Personenverzeichnis.
2324 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 3, Personenverzeichnis.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 529 – Drucksache 18/6700
10. Februar 2014“ Kenntnis erlangt haben sollen. Für den ebenfalls genannten zweiten stellvertretenden Spre-

cher der Niedersächsischen Landesregierung enthält das Verzeichnis die Angabe zwischen „16.30 Uhr und 17

Uhr“.2325

10. Exkurs: Rechtsbehelfe von Sebastian Edathy gegen die gerichtlichen Entscheidungen zur Anordnungen
der Durchsuchungen

a) Beschwerde und Gegenvorstellung gegen die Durchsuchungsanordnungen beim Landge-
richt Hannover

Unter anderem gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Hannover zur Anordnung der Durchsuchung von Sebas-

tian Edathys Hauptwohnsitz in Rehburg-Loccum, dessen Berliner Nebenwohnsitz, dessen Bürgerbüros in Nien-

burg und in Stadthagen vom 10. Februar 20142326, zur Anordnung der Durchsuchung von Büroräumlichkeiten

in Rehburg-Loccum vom 11. Februar 20142327 sowie zur Anordnung der Durchsuchung seiner Abgeordneten-

Büroräume im Deutschen Bundestag in Berlin vom 17. Februar 20142328 legte Rechtsanwalt Noll für Sebastian

Edathy Beschwerde beim Landgericht Hannover ein.2329 Mit Beschluss vom 1. April 2014 verwarf das Landge-

richt diese Beschwerde.2330 Auf eine von Rechtsanwalt Noll gegen diesen Beschluss des Landgerichts Hannover

vorgebrachte Gegenvorstellung vom 19. Mai 2014 stellte das Landgericht Hannover mit Beschluss vom 28. Mai

2014 fest, dass die Gegenvorstellung „der Kammer keine Veranlassung zur Abänderung ihres Beschlusses vom

01.04.2014“ gebe.2331

b) Verfassungsbeschwerde gegen die Durchsuchungsanordnungen

Unter anderem gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Hannover zur Anordnung der Durchsuchung von Sebas-

tian Edathys Hauptwohnsitz in Rehburg-Loccum, dessen Berliner Nebenwohnsitz sowie dessen Bürgerbüros in

Nienburg und in Stadthagen vom 10. Februar 20142332, zur Anordnung der Durchsuchung von Büroräumlich-

keiten in Rehburg-Loccum vom 11. Februar 20142333 sowie zur Anordnung der Durchsuchung seiner Abgeord-

neten-Büroräume im Deutschen Bundestag in Berlin vom 17. Februar 20142334 sowie gegen den die Beschwerde

gegen unter anderem diese Beschlüsse verwerfenden Beschluss des Landgerichts Hannover vom 1. April

2325 MAT A-Nds 18(27)9-4, Anlage 1, Bl. 13 f., Personenverzeichnis.
2326 Näher hierzu: Zweiter Teil C.6.
2327 Näher hierzu: Zweiter Teil C.7.
2328 Näher hierzu: Zweiter Teil C.8.
2329 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 8, lfd. Nr. 26, Bd. 3, Bl. 28 (28), Beschluss des Landgerichts Hannover vom 1. April 2014

(Az. 58 Qs 10/14).
2330 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 8, lfd. Nr. 26, Bd. 3, Bl. 28 (28), Beschluss des Landgerichts Hannover vom 1. April 2014

(Az. 58 Qs 10/14).
2331 MAT A-Nds 18(27)10-11-1, Anlage 1, Ordner 7, lfd. Nr. 34, Bd. 5, Bl. 131 (131), Beschluss des Landgerichts Hannover vom 28. Mai 2014

(Az. 58 Qs 19-20/14).
2332 Näher hierzu: Zweiter Teil C.6.
2333 Näher hierzu: Zweiter Teil C.7.
2334 Näher hierzu: Zweiter Teil C.8.

Drucksache 18/6700 – 530 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

20142335 erhob Rechtsanwalt Noll für Sebastian Edathy beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbe-

schwerde. Das Bundesverfassungsgericht nahm diese Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 15. August

2014 nicht zur Entscheidung an.2336 Zur Sachverhaltsfeststellung im Beschluss des Landgerichts Hannover vom

1. April 2014 stellte das Bundesverfassungsgericht fest:

„Die Auswertung der Kundendatenbank des kanadischen Internetportals habe es ermöglicht, dem Be-
schwerdeführer Bestellungen über mehr als 1.000 US-Dollar zuzuordnen. Auf der Grundlage verfüg-
barer Auszüge aus diesem Material habe das Gericht eine eigene Bewertung der Vorwürfe vornehmen
können. Das Datenmaterial enthalte Darstellungen von Jungen mutmaßlich unterhalb der Schutzal-
tersgrenze von 14 Jahren in vermeintlichen Alltagssituationen, teilweise werde der vollständig ent-
blößte Genitalbereich abschnittsweise selbstzweckhaft und ohne erkennbaren Handlungskontext in
den Vordergrund gerückt. Der sexualisierte Charakter werde durch akustische Untermalung wie Stöh-
nen des Kameramanns noch verstärkt. Das Bild- und Videomaterial ziele in einigen Fällen offenkun-
dig auf die sexuelle Erregung des Betrachters ab. Der entgeltliche Erwerb durch den Beschuldigten
lasse erwarten, dass er sich auch aus anderen Quellen des Internets kinderpornografisches Material
verschafft habe, zumal die von dem Beschuldigten gewählte Internetplattform auch eindeutig kinder-
pornografisches Material vertrieben habe.“2337

Zum Vorliegen eines Anfangsverdachts führte das Bundesverfassungsgericht aus:

„Nach seinen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausführungen hat das Landgericht den
Anfangsverdacht im vorliegenden Fall darauf gestützt, dass es das dem Beschwerdeführer unstreitig
zuzuordnende Material entweder bereits für strafrechtlich relevant gehalten oder es jedenfalls in einen
von tatsächlichen Wertungen abhängigen Grenzbereich zwischen strafrechtlich relevantem und irre-
levantem Material eingeordnet hat. Damit ist es gerade nicht - wie der Beschwerdeführer meint -,
davon ausgegangen, er habe sich ausschließlich legal verhalten und es lägen aussagekräftige Gesichts-
punkte für einen hinreichenden Anfangsverdacht nicht vor. Vielmehr hat das Landgericht das dem
Beschwerdeführer zugeordnete Material als Darstellung ‚vermeintlicher‘ - also nicht tatsächlich vor-
liegender - Alltagssituationen mit selbstzweckhaften Fokussierungen auf Geschlechtsteile ohne einen
erkennbaren Handlungskontext beschrieben und den sexualisierten Charakter der Darstellungen be-
tont. Es ist dabei zu dem Schluss gelangt, dass zu erwarten sei, der Beschwerdeführer werde sich
‚auch‘ aus anderen Quellen kinderpornografisches Material verschaffen. Damit hat es die ausgewer-
teten Darstellungen als strafrechtlich relevant oder zumindest als Material eingestuft, dessen straf-
rechtliche Relevanz allein von schwierigen tatsächlichen Wertungen - Alter der Kinder, Einschätzung
der dargestellten Handlungsabläufe und Posen als noch natürliche oder als für Kinder schon unnatür-
liche - abhängt. Ohne die Reichweite des durch Art. 13 GG gewährleisteten Schutzes zu verkennen,
ist das Gericht zudem von dem kriminalistischen Erfahrungssatz ausgegangen, dass die Grenze zur
strafbaren Kinderpornografie bei dem Bezug solcher als strafrechtlich relevant einschätzbarer Medien
über das Internet - jedenfalls bei Anbietern, die auch eindeutig strafbares Material liefern - nicht ziel-
sicher eingehalten werden kann und regelmäßig auch überschritten wird.“2338

2335 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 8, lfd. Nr. 26, Bd. 3, Bl. 28 ff., Beschluss des Landgerichts Hannover vom 1. April 2014
(Az. 58 Qs 10/14).

2336 BVerfG, Beschluss vom 15. August 2014, 2 BvR 969/14.
2337 BVerfG, Beschluss vom 15. August 2014, 2 BvR 969/14, Rz. 10.
2338 BVerfG, Beschluss vom 15. August 2014, 2 BvR 969/14, Rz. 40.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 531 – Drucksache 18/6700

XIX. Verzeichnisse von Personen, die bis zur Durchführung von Durchsuchungen bei Se-
bastian Edathy am 10. Februar 2014 Kenntnis hatten oder hätten erlangen können

Der 2. Untersuchungsausschuss hat die Niedersächsische Landesregierung mit Beweisbeschluss vom 4. Juli

2014 im Wege der Amtshilfe ersucht, ihm

„alle Personen zu benennen, die in niedersächsischen Landesbehörden der Geschäftsbereiche Inneres
und Justiz sowie der Staatskanzlei ab dem 15. Oktober 2013 bis zum 10. Februar 2014 davon Kenntnis
erlangt hatten, dass sich der Name Sebastian Edathy auf einer Liste im Zusammenhang mit Ermittlun-
gen wegen des Erwerbs kinder- bzw. jugendpornografischer Schriften befindet bzw. dass gegen Se-
bastian Edathy strafrechtlich ermittelt wird, und zugleich mitzuteilen, wann diese Personen jeweils
auf welche Art und Weise Kenntnis erlangt haben.“2339

Mit Schreiben vom 11. Mai 2015 übermittelte die Niedersächsische Landesregierung dem Untersuchungsaus-

schuss im Rahmen ihrer Auskunftserteilung zu diesem Beweisbeschluss drei Anlagen mit Personenverzeichnis-

sen.2340 In diesem Schreiben teilte die Landesregierung zudem mit, dass „[d]arüber hinaus […] eine Kenntnis-

nahme durch IT-Mitarbeiter, denen – z. B. als Administratoren – Zugriff auf die Daten möglich ist, theoretisch

nicht ausgeschlossen“ sei.2341 In diesen Verzeichnissen werden insgesamt 144 Personen namentlich genannt,

davon 138 aus Niedersachsen.

1. Personenverzeichnis in Anlage 1

Zum Inhalt des Personenverzeichnisses der Anlage 1 enthielt das Schreiben der Niedersächsischen Landesregie-

rung folgenden Hinweis:

„Nunmehr übersende ich in der Anlage 1 - wie zugesagt eine den geäußerten Wünschen entsprechend
neu sortierte Gesamtliste, die in chronologischer Abfolge die Personen (einschl. Dienstbezeichnung
und Dienststelle) und jeweiligen Geschehnisse sowie Gesprächspartner darstellt, die Gegenstand so-
wohl des Beweisbeschlusses 17 (27) 9 als auch der Mündlichen Anfragen von Abgeordneten des Nie-
dersächsischen Landtages waren.“2342

In einer vorangegangenen Beratungssitzung des Ausschusses war die Niedersächsische Landesregierung gebe-

ten worden, bereits zuvor vorgelegte Personenverzeichnisse zu überarbeiten und dabei den Beweisbeschluss des

Ausschusses „großzügig“ auszulegen und auch Personen aufzunehmen, die jedenfalls Anlass und oder Gelegen-

heit hatten, die in Beweisbeschluss 18(27)9 genannte Kenntnis zu erlangen.

Das 14 Seiten umfassende Personenverzeichnis in Anlage 1 zu dem Schreiben vom 11. Mai 2015 enthält insge-

samt 139 Einträge, die sich auf 95 Personen beziehen. Die Differenz aus der absoluten Zahl der Einträge und

der geringeren Zahl der eingetragenen Personen ergibt sich daraus, dass einige Personen unter unterschiedlichen

Daten mehrmals in die Liste aufgenommen wurden.

2339 Beweisbeschluss 18(27)9.
2340 MAT A-Nds 18(27)9-4(neu), Bl. 1 f., Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei an den Ausschuss vom 11. Mai 2015.
2341 MAT A-Nds 18(27)9-4(neu), Bl. 2, Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei an den Ausschuss vom 11. Mai 2015.
2342 MAT A-Nds 18(27)9-4(neu), Bl. 1, Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei an den Ausschuss vom 11. Mai 2015.

Drucksache 18/6700 – 532 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der weitere Inhalt des Personenverzeichnisses der Anlage 1 – die Namen sowie Angaben zu Datum, zu Amts-

oder Dienstbezeichnungen, zu den Dienststellen und zu Gesprächspartnern und Ereignissen – ergibt sich aus

dessen Wiedergabe in Anlage 49 zu diesem Bericht.

2. Personenverzeichnis in Anlage 2

Der Inhalt des Personenverzeichnisses in Anlage 2 wurde im Schreiben vom 11. Mai 2015 wie folgt beschrieben:

„Außerdem füge ich in der Anlage 2 bei eine Liste mit Bediensteten aus dem Geschäftsbereich des
Niedersächsischen Innenministeriums, die mit der Bearbeitung (Weiterleitung/Steuerung) der E-Post
befasst waren bzw. die E-Post erhalten haben.“2343

Das sechs Seiten umfassende Personenverzeichnis der Anlage 2 enthält Einträge zu 54 Personen, von denen

zehn auch in dem Verzeichnis in Anlage 1 enthalten sind. Die Zahl 53, mit der die laufende Nummerierung

dieses Verzeichnisses endet, gibt nicht die Zahl der aufgeführten Personen wieder. Die laufende Nummer 11

wurde darin zwei Mal vergeben.

Der weitere Inhalt des Personenverzeichnisses der Anlage 2 –die Namen sowie Angaben zu Amts- oder Dienst-

bezeichnungen, zu den Dienststellen, zu Zeitpunkt einer möglichen Kenntnisnahme und zur Art und Weise, auf

der Möglichkeit zur Kenntnisnahme bestand - ergibt sich aus dessen Wiedergabe in Anlage 49 zu diesem Bericht.

3. Personenverzeichnis in Anlage 3

Den Inhalt des Personenverzeichnisses in Anlage 3 zu dem Schreiben vom 11. Mai 2015 gab die Niedersächsi-

sche Landesregierung wie folgt wieder:

„Für den Geschäftsbereich des Niedersächsischen Justizministeriums können für den Zeitraum vom
14.10.2013 bis 12.02.2014 die in der Anlage 3 aufgeführten fünf Personen benannt werden, die von
den Vorgängen hätten Kenntnis nehmen können.“2344

Dieses Verzeichnis umfasst fünf Einträge zu fünf Personen. Der Inhalt des Personenverzeichnisses der Anlage

3 – die Namen sowie Angaben zur Funktion der Personen und Erläuterungen – ergibt sich aus dessen Wiedergabe

in Anlage 49 zu diesem Bericht.

2343 MAT A-Nds 18(27)9-4(neu), Bl. 1, Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei an den Ausschuss vom 11. Mai 2015.
2344 MAT A-Nds 18(27)9-4(neu), Bl. 2, Schreiben des Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei an den Ausschuss vom 11. Mai 2015.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 533 – Drucksache 18/6700

D. Informationserlangung und -weitergabe zum Fall „Edathy“ in der Bundespolitik

I. Am Rande des dritten Sondierungsgespräches zur Aufnahme von Koalitionsverhand-
lungen am 17. Oktober 2013 in Berlin

Am 17. Oktober 2013 fand in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin das dritte Sondierungs-

gespräch zwischen Delegationen der CDU und CSU sowie der SPD statt. Unter anderem nahmen daran der

damalige Bundesminister des Innern Dr. Hans-Peter Friedrich2345 und der damalige SPD-Parteivorsitzende Sig-

mar Gabriel sowie der seinerzeitige SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Frank-Walter Steinmeier2346 teil.

1. Kenntniserlangung durch Bundesminister des Innern Dr. Hans-Peter Friedrich

a) Rückrufbitte von Staatsekretär Fritsche

Während des Sondierungsgesprächs erhielt Bundesminister Dr. Friedrich gemäß seiner Aussage vor dem Aus-

schuss die Information, dass ihn sein damaliger Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche dringend sprechen

müsse.2347

Nach Darstellung des Zeugen Fritsche hatte dieser zuvor versucht, eine telefonische Verbindung zum Minister

über das Ministerbüro herstellen zu lassen:

„[Ich] habe […] dem Ministerbüro gesagt […], ich bräuchte den Minister mal dringend am Telefon.
Das hat dann das Büro auch relativ zeitnah hinbekommen, und ich habe mit dem Minister telefoniert.
[…]“2348

Seine Gedanken zu dem dringlichen Gesprächswunsch seines Staatssekretärs hat der Zeuge Dr. Friedrich wie

folgt geschildert:

„[…] Dies war durchaus ungewöhnlich, weil wir Dinge meistens persönlich im Büro und nicht am
Telefon besprochen haben […].“2349

„[…] Ich meine, er hätte ja auch noch ein paar Stunden warten können, wenn ich wieder im Ministe-
rium bin oder im Auto sitze, und hätte mir das dann sagen können. Aber allein dadurch, dass er schon
während der Sondierungsgespräche anruft, war ja für mich schon klar: Er wollte mir jetzt sagen, das
ist eine wichtige Information.“2350

2345 MAT B-Generalsek. 18(27)2, Bl. 1 (3), Schreiben des CSU-Generalsekretärs an den Ausschuss, eingegangen am 8. Mai 2015.
2346 MAT B-Generalsek. 18(27)3, Bl. 1 (1), Schreiben der SPD-Generalsekretärin an den Ausschuss vom 6. Mai 2015.
2347 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 9.
2348 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 139.
2349 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 9.
2350 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 14 f.

Drucksache 18/6700 – 534 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

b) Erstes Telefonat zwischen Bundesminister Dr. Friedrich und Staatssekretär Fritsche

In einer Sitzungspause ließ sich Bundesminister Dr. Friedrich nach eigenen Angaben mit Staatssekretär Fritsche

telefonisch verbinden.2351 In dem Telefonat informierte Staatssekretär Fritsche den Minister über eine Kunden-

liste im Zusammenhang mit kinder- beziehungsweise jugendpornografischem Material, auf der auch der Name

Sebastian Edathy stehe. Nach eigener Aussage erfuhr Bundesminister Dr. Friedrich in diesem Telefongespräch

erstmals sowohl von der Operation des Bundeskriminalamtes als auch von dem Umstand, dass sich der Name

Sebastian Edathy auf der Kundenliste befand.2352

aa) Zeitpunkt des ersten Telefonats

Zur Frage, an welchem Tag das erste Telefonat zwischen Bundesminister Dr. Friedrich und Staatssekretär Frit-

sche stattfand, hatten die Zeugen unterschiedliche Erinnerungen.

aaa) Nach der Erinnerung des Zeugen Dr. Friedrich

Der Zeuge Dr. Friedrich hat erklärt, dass dies während der

„[…] Sondierungssitzung […] wahrscheinlich am 17. Oktober [2013, Anm.] […]“ 2353

gewesen sei.

Er hat dazu weiter ausgeführt:

„[…] er hat es in den Sondierungsgesprächen mir mitgeteilt. Und ich hatte immer den Eindruck, er hat
es gerade erfahren. Deswegen war er auch sehr aufgeregt. […] Vielleicht hatte er vorher irgendwelche
Vorkenntnisse und hat mich nicht erreicht oder hatte dann erst konkretere Kenntnis. […]“2354

Daran, dass ihn diese Informationen während des Sondierungsgespräches erreichten, habe sich der Zeuge Dr.

Friedrich deshalb erinnern können, da er Sigmar Gabriel ansonsten nicht getroffen habe.2355

Die äußeren Umstände des Telefonats hat er wie folgt beschrieben:

„[…] bei dem ersten Telefonat saß ich am Tisch in den Sondierungsgesprächen und habe das alles
sozusagen zur Kenntnis genommen.“2356

In seiner Schutzschrift an die Staatsanwaltschaft Berlin vom 2. Mai 2014 wird bezüglich des Telefonats ausge-

führt:

„Während der dritten Sondierungssitzung am 17. Oktober 2013 teilte das Büro von Herrn Dr. Friedrich
diesem fernmündlich mit, dass ihn Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche dringend sprechen müsse. Herr

2351 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 9.
2352 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 9.
2353 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 9.
2354 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 13.
2355 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 13.
2356 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 12.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 535 – Drucksache 18/6700

Dr. Friedrich ließ sich in einer Sitzungspause oder am Ende der Sitzung […] über sein Büro mit Herrn
Staatssekretär Fritsche telefonisch verbinden.“2357

bbb) Nach der Erinnerung des Zeugen Fritsche

Der Zeuge Fritsche hat zum Zeitpunkt des ersten Telefongespräches erklärt:

„[…] Ich habe am 16. oder 17. Oktober - da bin ich mir nicht mehr sicher; ich gehe aber davon aus,
dass es wahrscheinlicher ist, am 16. Oktober - telefonisch vom Präsidenten des BKA erfahren.[…]
Kurz darauf - ich kann nicht sagen, wie lang, am gleichen Tag jedenfalls; es war vormittags, als Herr
Ziercke mich angerufen hat - habe ich versucht, den Minister zu erreichen. Der Minister war nicht im
Haus; ich habe ihn aber telefonisch erreicht, habe ihm diesen Sachverhalt dargestellt[…]“2358

Auf die Nachfrage, wann genau das erste Telefonat mit Bundesminister Dr. Friedrich stattfand, hat der Zeuge

Fritsche geantwortet, dass dieses, angesichts seiner Erfahrung mit den im Hintergrund gelaufenen verwaltungs-

technischen Prozessen, eher am 16. Oktober gewesen sein müsse:2359

„[…] Aber ich kann Ihnen noch mal von den Abläufen sagen, dass es mir wahrscheinlicher erscheint,
dass es am 16. war, weil wenn ich am Vormittag des 17. das alles gemacht hätte, also telefonisch, dann
glaube ich nicht, dass dieser relativ ausführliche Bericht des BKA schon um 13 Uhr bei mir auf dem
Schreibtisch gelegen hätte; […] Das sind ja mehrere Seiten gewesen; ich weiß jetzt nicht, wie viele,
aber da ist es ja ziemlich ausführlich dargestellt, auch hinsichtlich der E-Mail-Adressen und was da
alles eine Rolle gespielt hat. Ich glaube nicht, dass das irgendwo schon da lag, weil wenn ich am
Vormittag, also 9, 10, 11, telefoniere und um 13 Uhr liegt das schon auf meinem Schreibtisch, dann
ist das schon erstaunlich. Das ist aber ein Erfahrungswert. […]“2360

Nach seiner Aussage wusste der Zeuge Fritsche zum Zeitpunkt des Telefonats nicht, wo sich der Minister gerade

aufhielt und wusste auch nicht, dass der bei Koalitionsverhandlungen war, da die Verbindung über das Minis-

terbüro hergestellt worden war:

„[…] Ich frage das Ministerbüro nur: Ich möchte ihn sprechen, und das Ministerbüro verbindet dann.
Also, ich sage denen Bescheid. Die verbinden natürlich nicht unmittelbar. Die wissen, wo der Minister
ist, verbinden dann, und dann klingelt es bei mir im Staatssekretärsbüro, und der Minister ist dran.“2361

bb) Inhalt des Telefonats

An den Inhalt des Telefonats hat sich der Zeuge Dr. Friedrich wie folgt erinnert:

„[…] Er [Sts. Fritsche, Anm.] wirkte sehr aufgeregt und teilte mir mit, dass im Rahmen internationaler
Ermittlungen gegen einen Pädophilenring - ob er ‚Kanada‘ gesagt hat oder nicht, weiß ich nicht - eine
Liste mit Namen deutscher Bürger, die bei dieser Organisation bestellt hätten bzw. in Kontakt mit
dieser Organisation standen, beim Bundeskriminalamt eingegangen sei, und auf dieser Liste befinde
sich auch der Name des Bundestagsabgeordneten Edathy. Ich habe ihn gefragt, ob es sich dabei um

2357 MAT A-Ber 18(27)5-1, Staatsanwaltschaft Berlin 276/Js 380/14, Bd. 1, Bl. 63 (64), Schriftsatz des Verteidigers des Herrn Dr. Friedrich vom 2.
Mai 2014.

2358 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 130.
2359 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 139.
2360 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 139 f.
2361 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 143.

Drucksache 18/6700 – 536 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Kinderpornografie handele. Darauf sagte er: Nein, nein, es handelt sich um irgendwelche Nacktfotos
von Jugendlichen oder eine Art Jugendpornografie.“2362

Der Zeuge Fritsche hat in seiner Vernehmung ausgesagt, an Bundesminister Dr. Friedrich in dem Telefonat die

Informationen weitergegeben zu haben, die er vom Präsidenten des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke erhalten

habe:

„[…] Das, was Herr Ziercke mir gesagt hat, also: kanadisch, US, Kinder- und Jugendpornografie mit
deutschen Staatsangehörigen, Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main als Zentralstelle zustän-
dig, BKA, polizeiliche Zentralstelle, hat alle 16 LKÄs unterrichtet, und am 15.10., also dann am Tag
davor, habe Herr Ziercke von seinen Leuten erfahren, dass diese von der niedersächsischen Polizei
erfahren hätten, dass sich auf der Liste, die Niedersachsen bekommen hat, der Abgeordnete Edathy
befindet und dass es bisher keinen strafrechtlichen Vorwurf gibt, und dass aber wegen des großen
Verteilers auch der Listen und der Bekanntgabe in den verschiedenen Polizeibehörden und Justizor-
ganisationen man davon ausgehen müsse, dass es bald in die Öffentlichkeit gelange.[…]“2363

Darüber, dass diese Informationen vertraulich zu behandeln seien, sei nicht explizit gesprochen worden. Dies

sei nach Aussage des Zeugen Fritsche vor dem Untersuchungsausschuss „selbstverständlich“2364 gewesen.

cc) Bitte um Klärung der strafrechtlichen Relevanz

In dem Gespräch bat Bundesminister Dr. Friedrich um Klärung, ob der Besitz des beschriebenen Materials

strafbar sei:

„[…] Ich habe ihn dann gefragt, ob denn Jugendpornografie, wie er es bezeichnet hat, von der er
sprach, strafbar sei. Er sagte, er wisse das auch nicht. Und ich habe ihn gebeten, das zu klären.“2365

Der Zeuge Fritsche hat dazu ausgeführt:

„[…] [E]r [BM Dr. Friedrich, Anm.] hat die Rückfrage gestellt: Ja, kein strafrechtlicher Vorwurf.
Was heißt denn das, wenn er auf der Liste, die von den Amerikanern und Kanadiern gekommen ist,
steht? Ich solle bitte noch mal beim BKA nachfragen, warum Herr Ziercke zu dieser Aussage kommen
konnte. […]“2366

dd) Grund für die Unterrichtung des Ministers

Dazu befragt, aus welcher Motivation heraus er den Minister unmittelbar über den Vorgang unterrichtete, hat

der Zeuge Fritsche geantwortet:

„[…] [F]ür mich war das Wichtigste eigentlich, den Minister unmittelbar zu unterrichten, damit er
nicht in ein Mikrofon läuft, weil ein Journalist die Kenntnis schon hat und den Minister fragt. […]“2367

2362 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 9.
2363 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 137.
2364 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 133.
2365 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 9 f.
2366 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 130.
2367 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 138.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 537 – Drucksache 18/6700

„[…] Er muss es nur wissen, dass er dann natürlich am Mikrofon nicht sagt: Jawohl, das weiß ich, und
ich kann Ihnen Folgendes dazu sagen. - - Das ist selbstverständlich; […] Aber es ist ganz etwas ande-
res, wenn Sie unvorbereitet vor ein Mikrofon laufen oder wenn Sie im Hinterkopf haben: Tatsächlich,
da ist was. Dann bin ich schon mal vorsichtiger und sage vorsichtig nichts.“2368

Zu der grundsätzlichen Legitimation einer solchen Unterrichtungspflicht hat der Zeuge Fritsche ausgeführt:

„[…] ich glaube, es ist allgemeines Prinzip aus der Verfassung, Demokratieprinzip, dass die Unter-
richtungspflichten bei der Fach- und Dienstaufsicht von Geschäftsbereichsbehörden existieren, und
ich glaube, das gilt nicht nur für den Geschäftsbereich des BMI, das gilt für jedes Ressort. Es wird
solche Erlasse auch in anderen Ressorts in der einen Art und Weise geben.

Ich halte das für absolut wichtig; denn der Minister muss wissen, was in seinem Geschäftsbereich los
ist. Und wenn eben das BKA eine solche Information hat, dann muss die den Minister betreffen, weil
in diesem Erlass ist ja unter anderem auch geregelt, dass eben öffentlichkeits-, medienwirksame Dinge
zu berichten sind und sonstige, sage ich, schwerwiegende Dinge, die innerhalb der Behörde im Ge-
schäftsbereich vorkommen. Von daher halte ich das für absolut natürlich; sonst würde die Aufsicht
nicht mehr funktionieren.“2369

Zu den Fragen, ob das Bundeskriminalamt die politische Ebene über Ermittlungen gegen einen Abgeordneten

unter Nennung von dessen Namen unterrichten muss, oder ob aus Datenschutzgründen nicht eine Informierung

ohne Namensnennung ausreicht, hat der Zeuge Fritsche ausgesagt:

„In dem konkreten Fall würde ich sagen Nein; denn Ziercke hat gesagt, dass die Listen mit den Namen
an die zuständigen LKÄs verteilt worden sind und dass der niedersächsischen Polizei aufgefallen ist,
dass der Abgeordnete Edathy auf dieser Liste ist und dass er das rückgekoppelt hat an das BKA und
dann noch gesagt hat, dass es jederzeit an die Öffentlichkeit gehen kann. Also, dann halte ich es für
richtig, dass auch der Name genannt wird.“ 2370

„[…] Man muss schon wissen, welche Fälle - und seien es bedeutende Fälle, und das ist eben auch,
wenn es einen Abgeordneten betrifft - hier im BKA zum Beispiel oder im BfV oder in anderen Berei-
chen sich abspielen. Das halte ich für richtig und wichtig, dass das BMI unterrichtet wird.“ 2371

„Also, ich sehe gar nicht den Grund, warum der Name nicht genannt werden kann. Sie sprechen von
Datenschutz. Datenschutzrichtlinien spielen eine Rolle im Kontakt zwischen verschiedenen Behörden.
Aber hier haben wir die Verantwortung eines Ministers für seinen Geschäftsbereich, und das BKA
gehört zu seinem Geschäftsbereich, und in diesem BKA hat dieser Fall eine Rolle gespielt. Da halte
ich das für wichtig und richtig, dass wir informiert werden.“2372

Vor dem Innenausschuss hatte Sts. Fritsche erklärt, Bundesminister Dr. Friedrich nicht dahingehend beraten zu

haben, wie dieser mit der Information umgehen solle:

„[…] Habe ich den Minister beraten, was er mit der Information machen soll? Ich denke, das muss ich
nicht. Dafür gab es auch keinen Anlass, denn ich habe ihn unterrichtet, weil ich von Präsident Ziercke
unterrichtet worden bin mit der Intention, es könnte in die Öffentlichkeit kommen. […]“2373

2368 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 140.
2369 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 141.
2370 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 152.
2371 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 151.
2372 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 152.
2373 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 26, Protokoll der 4. Sitzung des
Innenausschusses, Zeuge Fritsche.

Drucksache 18/6700 – 538 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Dazu befragt, ob er dem Minister geraten habe eine weitere Person, wie zum Beispiel den damaligen SPD-

Vorsitzenden Sigmar Gabriel oder jemand anderen, über den Sachverhalt zu informieren, hat der Zeuge Fritsche

vor dem Untersuchungsausschuss geantwortet:

„Ich habe keine Erinnerung, dass ich dem Minister einen solchen Rat gegeben habe. Ich habe auch
noch mal - - Ich bin von Journalisten ja im Herbst letzten Jahres angesprochen worden, ob das der Fall
gewesen sein könnte […] und ich habe das aber noch mal zum Anlass genommen, darüber nachzu-
denken, noch mal zu grübeln. Ich habe keine Erinnerung, dass ich einen solchen Rat gegeben
habe.“2374

ee) Angeblicher Rat an Bundesminister Dr. Friedrich, den SPD-Vorsitzenden Gabriel zu informieren

Dazu, ob dem Bundesminister Dr. Friedrich seitens des Bundesministeriums des Innern geraten wurde, den

SPD-Vorsitzenden Gabriel zu informieren, haben die Zeugen unterschiedlich ausgesagt:

aaa) Angaben Sts Fritsche vor dem Innenausschuss

Auf Fragen, ob er mit dem Minister besprochen habe, was der mit der Information machen solle oder was er

nicht machen darf bzw. ob die SPD-Spitze informiert werden müsse, antwortete Staatssekretär Fritsche vor dem

Innenausschuss:

„[…] Habe ich den Minister beraten, was er mit der Information machen soll? Ich denke, das muss ich
nicht. Dafür gab es auch keinen Anlass, denn ich habe ihn unterrichtet, weil ich von Präsident Ziercke
unterrichtet worden bin mit der Intention, es könnte in die Öffentlichkeit kommen. […]“2375

„Dann war die Frage, ob ich den Minister insoweit beraten habe. Das war ein reines Informationsge-
spräch. Also im Hinblick darauf beraten, was er mit der Information zu machen hat – das habe ich
nicht. Ich habe ihn informiert. Über die Erstinformation, die ich von Herrn Ziercke bekommen habe.
Dann anschließend hat er mir gesagt, noch mal nachfragen wegen der – wie ich dann erfahren habe –
unterschiedlichen Kategorien und das habe ich ihm wiedergemeldet.“2376

Die Nachfrage, ob er mit dem Minister über eine Information der SPD-Spitze oder des Kanzleramtes gesprochen

habe, beantwortet Staatssekretär Fritsche mit „Nein“.2377

„[…] Es ging um eine Information, um nichts anderes. Und dann hat er [BM Dr. Friedrich, Anm.]
noch eine Nachfrage gestellt. Der bin ich nachgegangen. Mehr war das nicht, und ist aus meiner Sicht
auch nicht notwendig, weil das kein Strategiegespräch war, sondern ein Informationsgespräch.
[…]“2378

„Ich habe mit dem Minister nur einen Informationsaustausch gehabt. Anschließend – [….] hat mich
der Minister kurz unterrichtet – entweder am gleichen Tag oder am nächsten Tag – dass er den Herrn
Gabriel kurz vertraulich unterrichtet hat. Er hat mir aber nichts zum Inhalt und der Art und Weise, wie
er das vorgetragen hat, gesagt.“2379

2374 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 133.
2375 MAT A-InnenA 18(27) 6-A, S. 26, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Fritsche.
2376 MAT A-InnenA 18(27) 6-A, S. 39, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Fritsche.
2377 MAT A-InnenA 18(27) 6-A, S. 40, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Fritsche.
2378 MAT A-InnenA 18(27)6-C, S. 23, Protokoll der 6. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Fritsche.
2379 MAT A-InnenA 18(27)6-C, S. 23, Protokoll der 6. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Fritsche.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 539 – Drucksache 18/6700

bbb) Aussage des Zeugen Fritsche vor dem Untersuchungsausschuss

Der Zeuge Fritsche hat in seiner Vernehmung ausgeführt:

„[…] Ich habe am 16. oder 17. Oktober - da bin ich mir nicht mehr sicher; ich gehe aber davon aus,
dass es wahrscheinlicher ist, am 16. Oktober - telefonisch vom Präsidenten des BKA erfahren. Er hat
mich angerufen, der damalige Präsident Ziercke, dass sie ein Verfahren haben zur Kinderpornografie
und Jugendpornografie mit deutschen Staatsangehörigen und dass der Ausgangspunkt dieses Verfah-
rens kanadische und US-amerikanische Behörden sind. Zuständig sei die Generalstaatsanwaltschaft
Frankfurt am Main als die Zentralstelle für Internetkriminalität, und das BKA sei im Polizeibereich,
also im Kriminalpolizeibereich, die Zentralstelle für die polizeilichen Arbeiten, und deswegen sind
die Informationen auch an alle 16 LKÄs gegangen.

Er habe am 15.10. von seinen Leuten erfahren, die ebenfalls am 15.10. das von der niedersächsischen
Polizei erfahren hätten, dass sich auf der Liste, die Niedersachsen gegeben worden ist, der Name des
Abgeordneten Edathy befinde, und er hat mir gesagt, dass es bisher keine strafrechtlich relevanten
Vorwürfe gegen den Abgeordneten Edathy gibt, er aber mir das trotzdem telefonisch mitteilt, weil bei
dem großen Verteiler, der hinsichtlich der Listen existiert, bald davon auszugehen ist, dass das Ganze
an die Öffentlichkeit gelangt. Ich habe mir das angehört und habe gesagt: Dafür bedanke ich mich,
aber ich möchte dazu einen schriftlichen Bericht haben vom BKA.

Kurz darauf - ich kann nicht sagen, wie lang, am gleichen Tag jedenfalls; es war vormittags, als Herr
Ziercke mich angerufen hat - habe ich versucht, den Minister zu erreichen. Der Minister war nicht im
Haus; ich habe ihn aber telefonisch erreicht, habe ihm diesen Sachverhalt dargestellt, und er hat die
Rückfrage gestellt: Ja, kein strafrechtlicher Vorwurf. Was heißt denn das, wenn er auf der Liste, die
von den Amerikanern und Kanadiern gekommen ist, steht? Ich solle bitte noch mal beim BKA nach-
fragen, warum Herr Ziercke zu dieser Aussage kommen konnte. - Ich habe dann sofort nach meiner
Erinnerung den BKA-Präsidenten versucht zu erreichen. Es ist mir aber gesagt worden, dass er in
irgendeiner Tagung ist.

Deswegen habe ich gesagt, dann möchte ich mit dem Vizepräsidenten Henzler sprechen. Den habe ich
auch erreicht und habe ihm die Frage des Ministers gestellt: Ja, warum gibt es denn aus Sicht des BKA
keinen strafrechtlichen Vorwurf? - Dann hat er mir erklärt, dass es zwei Kategorien gibt: die Kategorie
1, in der zweifelsohne ein strafrechtlicher Vorwurf existiert, und die Kategorie 2, in der es eben um
Nacktbilder - ich verkürze das jetzt - geht und nach Ansicht des BKA kein strafrechtlicher Vorwurf
im Raum steht. Aber er hat auch betont, dass trotzdem die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ent-
schieden hat, dass das an die örtlichen zuständigen Staatsanwaltschaften - also auch die Kategorie 2 -
abgegeben wird; und ich habe noch mal den schriftlichen Bericht angemahnt, und er hat mir bestätigt,
dass dieser schriftliche Bericht noch kommt. Ich habe dann den Minister wieder telefonisch erreicht
und habe die Frage beantwortet, so wie ich es Ihnen gerade geschildert habe.

Am gleichen Tag oder am nächsten Tag hat der Minister wieder telefonisch - diesmal der Minister
mich - angerufen und hat gesagt, er habe Herrn Gabriel darüber kurz und vertraulich unterrichtet. Am
17.10. - und das steht fest, nachdem ich mir die Unterlagen auch noch mal angeschaut habe -, um 13
Uhr, ist dann der BKA-Bericht in meinem Büro eingegangen, und zwar nur bei meinem damaligen
Büroleiter. Also, das Vorzimmer hatte hier keinen Zugriff und keine Kenntnis gehabt; das hatten wir
vorher mit dem BKA entsprechend auch ausgemacht. Und weil ich den Minister ja darüber unterrichtet
habe, über den Sachverhalt, habe ich dem damaligen Leiter Leitungsstab, Herrn Schlatmann, einen
Abdruck dieses Berichtes des BKA zur Unterrichtung des Ministers gegeben. Das war im Zusammen-
hang 16./17. Oktober. […]“2380

2380 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 130 f.
Drucksache 18/6700 – 540 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Auf Nachfragen zu den Informationsvorgängen hat der Zeuge Fritsche ausgesagt:

„[…] Ich habe den Sachverhalt geschildert, so wie Ziercke ihn mir geschildert hat, und das war ja auch
relativ knapp. Vor allem weil Ziercke mir gesagt hat, bei dem breiten Verteiler könnte es jederzeit in
der Öffentlichkeit sein, habe ich den Minister auch unmittelbar angerufen, weil ich nicht wusste, ob
es nicht vielleicht schon über den Medienticker läuft und der Minister irgendwo ist und von irgendje-
mandem angesprochen wird, insbesondere von einem Reporter, und keine Kenntnis hat.“ 2381

Darüber, wie vertraulich diese Informationen zu behandeln seien, sei mit Bundesminister Dr. Friedrich „selbst-

verständlich“ nicht gesprochen worden. 2382

An anderer Stelle hat der Zeuge Fritsche ausgeführt:

„Ich muss gestehen, für mich war das Wichtigste eigentlich, den Minister unmittelbar zu unterrichten,
damit er nicht in ein Mikrofon läuft, weil ein Journalist die Kenntnis schon hat und den Minister fragt.
Und das ist mir das Wichtigste, auch in meinem Job, den Minister dann darauf vorzubereiten. Deswe-
gen habe ich das auch so schnell gemacht und dem Ministerbüro gesagt - das ist ja über das Minister-
büro verbunden worden; ich weiß ja nicht oder wusste nicht, wo der Minister war -, ich bräuchte den
Minister mal dringend am Telefon. Das hat dann das Büro auch relativ zeitnah hinbekommen, und ich
habe mit dem Minister telefoniert. Also, wie gesagt, mein Impetus war eigentlich nur: Ist es vielleicht
schon in der Presse?“2383

Auf die Fragen, was der Minister der Presse denn hätte erzählen dürfen, und ob es Thema gewesen sei, wie man

gegebenenfalls öffentlich reagiert, hat der Zeuge Fritsche geantwortet:

„Das brauche ich eigentlich mit dem Minister nicht zu besprechen, weil, wie Sie richtig sagen, viele
dieser Informationen eben so vertraulich sind. Er soll nicht ins Mikrofon sprechen, er soll nur nicht
überrascht sein, wenn ein Mikrofon mit der Frage kommt, und er hat davon noch nie etwas gehört.
Das sind die Vorfälle, vor denen man den Minister zu schützen hat.“ 2384

„[…] Er muss es nur wissen, dass er dann natürlich am Mikrofon nicht sagt: Jawohl, das weiß ich, und
ich kann Ihnen Folgendes dazu sagen. - - Das ist selbstverständlich; darüber brauchen wir nicht zu
reden. Aber es ist ganz etwas anderes, wenn Sie unvorbereitet vor ein Mikrofon laufen oder wenn Sie
im Hinterkopf haben: Tatsächlich, da ist was. Dann bin ich schon mal vorsichtiger und sage vorsichtig
nichts.“ 2385

Auf Befragen nach dem Verhältnis zu Bundesminister Dr. Friedrich hat der Zeuge Fritsche erklärt, dass er Dr.

Friedrich schon sehr lange aus früheren beruflichen Zusammenhängen kenne. Das habe aber seines Erachtens

überhaupt keinen Einfluss darauf, wie ein Staatssekretär mit seinem Minister insgesamt umgeht, „ sondern der

Staatssekretär hat eine dienende Funktion. Er muss jeden Minister beraten [….] und [das] mache ich bei allen

gleich.“ 2386

Auf die Frage, ob er dem Minister geraten habe, irgendjemanden zu informieren, beispielsweise Herrn Gabriel

oder jemand anderen, hat der Zeuge Fritsche geantwortet:

2381 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 132 f.
2382 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 133.
2383 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 138 f.
2384 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 140.
2385 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 140.
2386 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 135 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 541 – Drucksache 18/6700

„Ich habe keine Erinnerung, dass ich dem Minister einen solchen Rat gegeben habe. Ich habe auch
noch mal - - Ich bin von Journalisten ja im Herbst letzten Jahres angesprochen worden, ob das der Fall
gewesen sein könnte. Ich habe zu den Journalisten natürlich nichts gesagt, weil ich als Zeuge hier ja
infrage komme und auch Zeuge bin, wie es sich jetzt zeigt, und ich habe das aber noch mal zum Anlass
genommen, darüber nachzudenken, noch mal zu grübeln. Ich habe keine Erinnerung, dass ich einen
solchen Rat gegeben habe.“ 2387

Auf den Vorhalt, er habe im Innenausschuss gesagt, keinen Rat gegeben zu haben, sage aber nun, sich nicht

erinnern zu können, hat der Zeuge Fritsche erklärt:

„Das würde ich so nicht sehen. Ich habe in verschiedenen Aussagen, die ich im Innenausschuss getätigt
habe, gesagt, nach meiner Erinnerung ist das so, und das möchte ich auch auf alles, was ich zu Sach-
verhalten sage, im Innenausschuss so gesagt wissen, auch wenn ich es nicht ausdrücklich erwähne,
und das sage ich heute in diesem Ausschuss, im Untersuchungsausschuss, genauso. Also, ich persön-
lich sehe keine unterschiedliche Bewertung.“ 2388

Auf Vorhalt der Angaben in der Schutzschrift des Anwaltes von Dr. Friedrich, wonach Dr. Friedrich auf den

Rat seines erfahrenen Staatssekretärs, Gabriel zu informieren, vertraut habe, hat der Zeuge Fritsche mehrfach

ausgesagt, dass er ihm nach seiner Erinnerung keinen Rat gegeben habe2389 und hat auf die Nachfrage, ob er Dr.

Friedrich auf die rechtlichen Konsequenzen seines Handelns hingewiesen habe, erklärt:

„Wenn ich keinen Rat gegeben habe, also vorher, dann habe ich natürlich auch nicht auf die rechtli-
chen Konsequenzen hingewiesen und - ich wiederhole noch mal, wie er es mir gesagt hat - habe diese
Information zur Kenntnis genommen.“ 2390

Und auf die weitere Nachfrage, ob ihm denn, nachdem er von Dr. Friedrich erfahren habe, dass er Gabriel

informiert hat, die Tragweite dieses Informationshandelns bewusst gewesen sei, hat der Zeuge gesagt:

„Also noch mal: Ich habe diese Information zur Kenntnis genommen, und die Tatsache, dass Herr
Gabriel informiert war, ist schon vorbei gewesen.“ 2391

Die Frage, ob es ihn überrascht habe, dass der Minister ihm über die Informierung Gabriels berichtet habe, hat

der Zeuge Fritsche wie folgt beantwortet

„Also, für mich war das einfach - - Ich habe das zur Kenntnis genommen, und ich habe es eigentlich
plausibel gefunden, weil ich ihm zu einem Sachverhalt etwas gesagt habe. Dann hat er mir gesagt, was
er mit dem Sachverhalt im Weiteren gemacht hat.“ 2392

Auf die Frage, wie er im Hinblick auf seine beamtenrechtliche Beratungs- und Unterstützungspflicht den Um-

stand der Informierung Gabriels durch seinen Minister eingeschätzt habe, hat der Zeuge erklärt:

„Diese Information habe ich zur Kenntnis genommen.“

[…] ich habe die Information nach meiner Erinnerung entgegengenommen, und ich habe keine Ein-
schätzung gehabt. Die Information war ja, dass er es gesagt hat, also war das Ereignis vorbei. Und von

2387 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 133.
2388 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 134.
2389 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 154 f.
2390 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 155.
2391 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 155.
2392 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 147.

Drucksache 18/6700 – 542 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

daher habe ich keine Veranlassung gesehen, von mir aus etwas zu unternehmen. So, und dann habe
ich mir auch keine Gedanken gemacht.“ 2393

Die Nachfragen, ob er in seiner dienenden Rolle als beamteter Staatssekretär sich in seinem Hause erkundigt

habe, ob der Minister sich wegen Geheimnisverrats strafbar gemacht haben könnte, etwa um zu vermeiden, dass

er unvorbereitet vor einem Mikrofon mit der Frage Geheimnisverrat konfrontiert werde, hat der Zeuge verneint,

er habe dazu keine Veranlassung gesehen.2394

Auf die Frage, ob durch das Informationshandeln des Ministers eine Gefährdung von Ermittlungen gegen Edathy

zu befürchten gewesen sei, hat der Zeuge Fritsche geantwortet:

„Ich hatte ja nur die Kenntnis, dass Herr Gabriel unterrichtet worden ist, und ich halte Herrn Gabriel
für einen vertrauenswürdigen Menschen.“ 2395

Die Nachfrage, ob er nicht habe wissen wollen, welchen Inhalt die weitergegebene Information gehabt habe, hat

der Zeuge beantwortet:

„Ich habe nicht nachgefragt“ 2396

Weitere Gespräche mit Bundesminister Dr. Friedrich habe es nach Aussage des Zeugen Fritsche in dieser An-

gelegenheit nicht gegeben:

„Nach meiner Erinnerung haben wir darüber überhaupt nicht mehr gesprochen. Das liegt aber wahr-
scheinlich auch daran, dass er zu der Zeit, in den Wochen, auch kaum im Haus war. Er war in einer
Arbeitsgruppe ‚Koalitionsgespräche‘. Da haben wir auch schon keine Möglichkeit gehabt, uns weiter
darüber am Telefon zu unterhalten. - Nein. Also, ich habe auch kein Bedürfnis gehabt, und für mich
war das ja jetzt bei der Staatsanwaltschaft, und das BMI ist ja nicht mehr die zuständige Behörde. Die
zuständige Behörde ist die Staatsanwaltschaft. Mir ging es nur um die Information aus den gesagten
Gründen, was ich vorhin gesagt habe, und dann war der Fall für mich in meiner Zuständigkeit als
Innenstaatssekretär erledigt.“ 2397

Auf die Frage, ob er mit anderen Personen im Bundesministerium des Innern über den Fall gesprochen habe, hat

der Zeuge Fritsche ausgesagt:

„[…] Ich habe mal überlegt, ob ich mit der Abteilung ÖS darüber rede - das ist ja die fachliche Dienst-
und Fachaufsicht über das BKA -, habe das aber dann nicht gemacht. Denn was hätte die ÖS auch
machen können? Es ging ja eigentlich auch wirklich nur um die Information. Das ganze Verfahren
liegt dann - da haben wir auch Erfahrungen aus der Vergangenheit - bei der Staatsanwaltschaft, und
da halten wir uns raus. Es ist ja auch nicht so, dass wir dann irgendwo in den Ruch kommen sollten,
dass wir uns in irgendwelche staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren einschalten. Das ist für
mich ein Credo. Deswegen wären ja auch keinerlei Tätigkeiten in den zuständigen Fachabteilungen
notwendig gewesen.“ 2398

2393 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 152.
2394 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 153.
2395 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 160.
2396 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 161.
2397 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 148.
2398 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 148.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 543 – Drucksache 18/6700
Die Frage, ob er über die vom BKA-VP Stock am 10. Dezember 2013 erhaltene Information, dass Edathys

Anwalt sich nach einem Verfahren gegen Edathy bei der Staatsanwaltschaft erkundigt hatte, Bundesminister Dr.

Friedrich unterrichtet oder bei VP Stock dazu nachgefragt habe, hat der Zeuge erklärt:

„Das wäre natürlich vor dem Hintergrund, was ich Ihnen vorher gesagt habe, tatsächlich überlegens-
wert gewesen. Aber ich muss gestehen, ich kann mich nicht erinnern, dass ich ihn unterrichtet habe,
und für mich war auch keine Veranlassung, jetzt ganz allgemein auch bei Stock nachzufragen. Denn
um das noch mal zu sagen: Ich halte mich wirklich streng an das Prinzip: Wenn eine Staatsanwalt-
schaft die Federführung hat, dann ist das BKA insoweit Polizeibehörde, die der Staatsanwaltschaft
hilft, und er hat mir halt die Information gegeben, aber die kam vom Staatsanwalt. Also war alles
richtig, weil es beim richtigen Staatsanwalt war.“2399

Die weitere Frage, ob er mit anderen Dienststellen außer dem Bundeskriminalamt in der Edathy-Angelegenheit

Kontakt gehabt habe, hat der Zeuge wie folgt beantwortet:

„Nach meiner Erinnerung nicht. Das wäre auch unnötig gewesen; denn die zuständige Staatsanwalt-
schaft aus dem Land kümmert sich um den Fall, und das BKA ist ja nur im Auftrag der Generalstaats-
anwaltschaft Frankfurt zuständig gewesen. Nein.“2400

Auf die Frage, ob es angesichts der Koalitionsrelevanz einer potentiellen Regierungsverwendung Edathys nicht

angezeigt gewesen sei, auch die CDU-Vorsitzende von dem Edathy-Vorgang zu unterrichten, hat der Zeuge

ausgesagt:

„[…] Also, ich glaube nicht. Für mich war in dem Moment einfach das Wichtigste, meinen Chef zu
unterrichten, weil das BKA in unserem Geschäftsbereich ist. An etwas anderes habe ich nicht ge-
dacht.“ 2401

Der Zeuge Fritsche hat des Weiteren die Frage, ob er eine Wahrnehmung gehabt habe, dass Edathy möglicher-

weise für eine höhere Position in Fraktion oder Regierung in Betracht gekommen sei, verneint. Weiter hat er

dazu ausgeführt:

„Koalitionsverhandlungen habe ich schon mehrere erlebt, und erst kommen die Sachthemen dran und
anschließend das Personal. Und ich habe selber erlebt, dass es eben auch bei Personalfragen ganz
kurzfristig zu Umswitchungen kommen kann. Von daher mache ich mir da grundsätzlich keine Ge-
danken. Weil ich habe keinen Einfluss darauf, will ich auch nicht, und was da rauskommt, weiß ich
nicht.“ 2402

Auf die Nachfrage, ob er nicht wenigstens das Bundeskriminalamt darüber hätte informieren müssen, dass die

Information aus dem Bundesministerium des Innern raus ist, hat der Zeuge Fritsche erklärt:

„Jetzt überlege ich, ob ich das BKA darüber unterrichtet habe. - Habe ich nicht nach meiner Erinne-
rung, habe ich nicht.“ 2403

2399 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 156.
2400 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 156.
2401 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 149.
2402 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 175.
2403 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 160.

Drucksache 18/6700 – 544 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Frage, ob ihm denn klar gewesen sei, dass bei öffentlicher Verbreitung der Information im politischen Raum

Sebastian Edathy nicht nur kompromittiert, sondern politisch und sozial völlig erledigt sei, hat der Zeuge wie

folgt beantwortet:

„[…] Ich wusste nichts anderes, als dass der Minister mir gesagt hat, dass er Gabriel unterrichtet hat,
und das war für mich die Information. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass es noch weitere Men-
schen gibt, die darüber unterrichtet werden.“ 2404

Auf die im Hinblick auf § 353b StGB (Geheimnisverrat) gestellte Frage, was er mit der vom Bundeskriminalamt

erhaltenen Information machen dürfe und was nicht, hat der Zeuge Fritsche geantwortet:

„Ich darf sie nicht nach außen geben an Unbefugte, und ich darf sie an Befugte geben, und das habe
ich gemacht.“ 2405

„[…] im Geschäftsbereich, im Strang des BMI - und nur da habe ich es ja gemacht - ist es befugt.“ 2406

„Wobei es auch die Möglichkeit gibt - und da gibt es natürlich die Kommentierungen, die ich aus
aktuellem Anlass ja auch mir mal angeschaut habe -, dass es eben auch an vertrauenswürdige Personen
gehen kann.“ 2407

ccc) Aussage des Zeugen Dr. Friedrich

Der Zeuge Dr. Friedrich hat ausgesagt:

„Also, das war, was Fritsche natürlich auch gesagt hat. Er hat gesagt: Irgendwann kommt es an die
Öffentlichkeit. Und dann werden sie sagen: Warum habt ihr uns das nicht gesagt? - Ja. Und das war
natürlich - - ist klar. Das ist - - Wie gesagt, wenn du in einer solchen Übergangsphase Informationen
hast, die relevant sind - - Und, wie gesagt, Gabriel war ja schon - das hat sich ja schon abgezeichnet -
der künftige Vizekanzler. Dann musste er diese Information haben.“ 2408

An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„Also, Fritsche hat mich dann noch mal angerufen oder ich habe zurückgerufen und ihn gefragt: Hast
du jetzt was rausbekommen über die Strafbarkeit? - Das kann ich Ihnen nicht sagen. Wahrscheinlich
habe ich zurückgerufen; denn er wusste ja nicht, wann genau das zu Ende ist. Und dann hat er gesagt:
also kein Strafbarkeitsvorwurf. Will also heißen: Er hat geklärt, dass sich das, was man dem Edathy
da vorwirft, den Sachverhalt, bestimmte Fotos zu haben - - dass die nicht unter einer Strafandrohung
stehen. Und das war natürlich wichtig. Das musste ich dem Gabriel sagen, bevor er da jetzt - - Er
musste ja vollständige Informationen haben.“ 2409

Auf die Fragen, ob er Herrn Gabriel von sich aus sowieso informiert hätte oder ob er einer Empfehlung seines

Staatssekretärs gefolgt sei, hat der Zeuge Dr. Friedrich geantwortet:

„Also, ich sage mal so: Ich hätte natürlich die SPD informiert. Ich hätte aber - - Ich weiß aber sicher,
dass er ‚Gabriel‘ gesagt hat, weil mir nicht eine Sekunde in den Sinn kam, Steinmeier zu informieren,

2404 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 162.
2405 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 169.
2406 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 170.
2407 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 170.
2408 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 16.
2409 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 15 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 545 – Drucksache 18/6700

obwohl es für mich näher lag, weil ich Steinmeier besser kannte zu dem Zeitpunkt, den Fraktionsvor-
sitzenden zu informieren. Aber dann habe ich gedacht: Klar, wir sind ja jetzt hier auf einer Ebene, wo
Parteien miteinander sprechen, und insofern ist es logisch, wenn Fritsche sagt: Gabriel; also nimmst
du den Gabriel zur Seite. Und Gabriel ist ja auch der, der sozusagen die Fäden in der Partei in der
Hand hat. Insofern war das logisch. Er musste diese Information haben.“ 2410

„Also, so hatte ich das verstanden. Und für mich war, wie gesagt, allein die Tatsache, dass er während
der Sondierungsgespräche - - Ich meine, er hätte ja auch noch ein paar Stunden warten können, wenn
ich wieder im Ministerium bin oder im Auto sitze, und hätte mir das dann sagen können. Aber allein
dadurch, dass er schon während der Sondierungsgespräche anruft, war ja für mich schon klar: Er wollte
mir jetzt sagen, das ist eine wichtige Information. Und das ist natürlich auch richtig […].“2411

„Und jetzt kommt diese Information - sehr unangenehm für einen Kollegen, der höhere Weihen an-
strebt -, und jetzt muss einfach diese Information zu dem, der sie braucht. Und ob er jetzt - - Also, ich
bin mir relativ sicher, dass er von Gabriel gesprochen hat. Also, ich hätte, wenn Sie mich gefragt
hätten, gesagt: Du musst unbedingt den Gabriel informieren. - Vielleicht habe ich das auch nur mir so
eingebildet. Aber ich hätte das als Formulierung […] so von mir aus gesagt. Aber ich weiß es nicht
mehr.“ 2412

Auf den Vorhalt, dass der Zeuge Fritsche sich hundertprozentig sicher gewesen sei, keine Empfehlung in Rich-

tung Gabriel gegeben zu haben, hat der Zeuge Dr. Friedrich geantwortet, dass dies sein könne. 2413

Auf die Frage, dass der Sachverhalt aber so relevant gewesen sei, dass Staatssekretär Fritsche seinen Minister

auf jeden Fall während der Sondierungsgespräche habe erreichen müssen, hat der Zeuge Dr. Friedrich geant-

wortet:

„Ja. Also, das gibt für mich einen logischen Zusammenhang. Er hat gesagt: Ich muss dich auf jeden
Fall dringend sprechen. - So. Und er konnte nicht warten, bis die Sondierung zu Ende war. Also kann
man daraus ja schlussfolgern, dass er schon das für so relevant hielt, dass ich da auch den SPD-Vor-
sitzenden informiere. Aber ich weiß es nicht. Die Umstände sprechen dafür.“ 2414

Auf die Frage, ob es ihn gewundert habe, dass Fritsche ausgesagt habe, keinen Rat zur Unterrichtung Gabriels

gegeben zu haben, hat der Zeuge bekundet:

„Ja, gut, das hat mich schon gewundert. Aber ich habe mir gedacht: Na ja, wahrscheinlich sagt er: Oh,
will ich nichts damit zu tun haben. Ist strafrechtlich irgendwie - -“ 2415

Die Frage, ob Staatssrekretär Fritsche ihn darauf hingewiesen habe, dass er sich durch die Informierung Gabriels

strafbar machen könnte, hat der Zeuge Dr. Friedrich mit „Nein“ beantwortet. 2416

Auf die Frage, ob über die Motivation der Unterrichtung durch Staatssekretär Fritsche gesprochen worden sei,

etwa um auf öffentliche Nachfrage vorbereitet zu sein oder Schaden von der SPD abzuwenden, hat der Zeuge

erklärt:

2410 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 14.
2411 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 14 f.
2412 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 44 f.
2413 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 45.
2414 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 49.
2415 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 50.
2416 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 34.

Drucksache 18/6700 – 546 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Nein. Aber er hat gesagt: Also, das kommt irgendwann an die Öffentlichkeit. - Und es war klar: Du
musst es ihm jetzt sagen; denn je nachdem, wann es kommt, kann ja schon eine Regierung gebildet
sein, kann Edathy schon - was weiß ich? - Justizminister sein oder sonst was. Und jeder sagt dann:
Warum hat denn der das dem nicht gesagt, wenn er es wusste?“ 2417

An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„[…] Er [Sts. Fritsche, Anm.] gehe davon aus, dass die Liste früher oder später öffentlich werde, und
sagte also entweder: ‚Du musst es dem Gabriel sagen“, oder: „Das wäre sicher für Gabriel eine wich-
tige Information‘, oder - - Ich weiß jedenfalls, dass der Name Gabriel fiel. Die genaue Formulierung
kann ich Ihnen nicht mehr sagen. Aber allein schon die Tatsache, dass er mich in den Sondierungsge-
sprächen gestört hat - in Anführungszeichen -, aber angerufen hat, macht deutlich, dass es ihm darauf
ankam, dass ich noch während der gemeinsamen Sitzung mit der SPD von dieser Information Kenntnis
erhalten habe.“2418

Des Weiteren hat der Zeuge erklärt:

„Um das noch mal klarzustellen: Diese Idee mit dem ‚ich soll nicht in ein Mikrofon laufen‘ war eine
Aussage von Herrn Fritsche. Er sagt, das sei seine Motivation gewesen, mich zu informieren. Ob das
seine Motivation war oder nicht, weiß ich nicht. Ich kann es aber nicht ausschließen. Dass ich das nahe
liegend finde, ist eine andere Sache. Ich fand es nicht nahe liegend, dass er mich informiert, um mich
vor der Presse - - Die Presse hatte ganz andere Interessen bei Sondierungsgesprächen, als mich nach
Herrn Edathy zu fragen. Aber das ist, wie gesagt, wenn er das so sagt, dass es sein Motiv war - - Was
weiß ich?“ 2419

Auf die Frage, ob er sich mit Fritsche irgendwie beraten habe, im Hinblick auf ein Bekanntwerden in der Öf-

fentlichkeit, hat der Zeuge Dr. Friedrich ausgesagt:

„Nein. Wir sind auch nicht davon ausgegangen, dass der Sachverhalt öffentlich ist, dass die Presse
davon weiß. Wir hatten auch nicht vor, die Presse zu informieren.

[…]

Aber ich meine, wie gesagt, da braucht man keinen Ratschlag. Wenn man in so einem Fall gefragt
würde, würde man sagen: Darüber gebe ich keine Auskunft.“ 2420

Auf die Fragen, ob es weitere Gespräche gegeben und er den BKA-Bericht zur Kenntnis genommen habe, hat

der Zeuge geäußert:

„Also, ich weiß nicht, ob ich am - - War der 17. ein Donnerstag? Ich weiß nicht, ob ich am nächsten
Tag im Ministerium war. Also, wenn ich am nächsten Tag im Ministerium war, dann ist es wahr-
scheinlich, dass ich dem Fritsche noch mal gesagt habe, entweder: ‚Ich habe den Gabriel informiert‘,
oder: ‚Hast du da schon einen Bericht?‘, oder - - also dass ich irgendwie noch mal auf den Sachverhalt
zu sprechen gekommen bin. Das wäre wahrscheinlich. Ich kann es Ihnen aber nicht sicher sagen.“ 2421

Auf die Frage, ob er den von Staatssekretär Fritsche angeforderten Bericht gesehen habe, hat der Zeuge Dr.

Friedrich erklärt:

2417 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 15.
2418 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 9.
2419 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 34.
2420 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 51.
2421 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 17.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 547 – Drucksache 18/6700

„Zumindest kann ich mich daran nicht erinnern. Aber wenn in diesem Bericht noch mehr drinsteht,
dann müsste ich ihn gesehen haben. Also, ich glaube, dass ich ihn nicht mehr gesehen habe. Ich weiß
aber nicht, was am nächsten Tag war […].“2422

c) Zweites Telefonat zwischen Bundesminister Dr. Friedrich und Staatssekretär Fritsche

Am Ende der Sitzung telefonierte Bundesminister Dr. Friedrich laut seiner Aussage nochmals mit Staatssekretär

Fritsche. In seiner Vernehmung hat er dazu berichtet:

„[…] Als die Sitzung bereits zu Ende war, aber die Anwesenden sich noch im Raum aufhielten, rief
Staatssekretär Fritsche mich noch einmal an und sagte, dass es sich bei der Angelegenheit Edathy nicht
um einen Strafbarkeitsvorwurf handele. Der Besitz der Fotos, die er bestellt hätte, führte wohl nicht
zu einer Strafbarkeit.“2423

Der Zeuge Fritsche hat bestätigt, mit dem Minister telefoniert zu haben.2424 Seiner Erinnerung nach fand dieses

zweite Telefonat am selben Tag statt, an dem auch das erste Telefongespräch geführt worden war.2425

Vor dem Telefonat mit dem Minister hatte sich Staatssekretär Fritsche hinsichtlich der Frage der Strafbarkeit

der Vorwürfe bei dem Vizepräsidenten des Bundeskriminalamtes Henzler erkundigt:

„[…] Den [Vizepräsidenten Henzler, Anm.] habe ich […] erreicht und habe ihm die Frage des Minis-
ters gestellt: Ja, warum gibt es denn aus Sicht des BKA keinen strafrechtlichen Vorwurf? - Dann hat
er mir erklärt, dass es zwei Kategorien gibt: die Kategorie 1, in der zweifelsohne ein strafrechtlicher
Vorwurf existiert, und die Kategorie 2, in der es eben um Nacktbilder - ich verkürze das jetzt - geht
und nach Ansicht des BKA kein strafrechtlicher Vorwurf im Raum steht. Aber er hat auch betont, dass
trotzdem die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt entschieden hat, dass das an die örtlichen zuständi-
gen Staatsanwaltschaften - also auch die Kategorie 2 - abgegeben wird; und ich habe noch mal den
schriftlichen Bericht angemahnt, und er hat mir bestätigt, dass dieser schriftliche Bericht noch kommt.
[…]“2426

In dem dann späteren zweiten Telefongespräch mit Bundesminister Dr. Friedrich gab Staatssekretär Fritsche,

gemäß seiner Aussage vor dem Ausschuss, die Informationen an diesen weiter:

„[…] Ich habe dann den Minister wieder telefonisch erreicht und habe die Frage beantwortet, so wie
ich es Ihnen gerade geschildert habe. […]“2427

In der Folgezeit gab der Minister an Staatssekretär Fritsche eine Rückmeldung, dass er den SPD-Vorsitzenden

Gabriel informiert habe.

Der Zeuge Fritsche hat in seiner Vernehmung dazu erklärt, die Information, dass auch Gabriel unterrichtet wor-

den war, in einem dritten Telefonat, am gleichen oder am nächsten Tag2428, wahrscheinlich am 17. Oktober

20132429, vom Minister erhalten zu haben:

2422 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 41.
2423 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 10.
2424 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 130.
2425 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 137.
2426 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 130.
2427 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 130.
2428 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 130 f.
2429 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 138.

Drucksache 18/6700 – 548 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Da gab es dann noch mal ein drittes Telefonat, wo er mich davon in Kenntnis gesetzt hat, dass
er mit Gabriel gesprochen hat und seine - - Kurz und vertraulich habe er mit Gabriel gesprochen.“2430

Der Zeuge Dr. Friedrich hat hingegen ausgesagt, Staatssekretär Fritsche wahrscheinlich im Ministerium infor-

miert zu haben:

„[…] Also, wenn ich am nächsten Tag im Ministerium war, dann ist es wahrscheinlich, dass ich dem
Fritsche noch mal gesagt habe, entweder: ‚Ich habe den Gabriel informiert‘, oder: ‚Hast du da schon
einen Bericht?‘, oder - - also dass ich irgendwie noch mal auf den Sachverhalt zu sprechen gekommen
bin. Das wäre wahrscheinlich. Ich kann es Ihnen aber nicht sicher sagen.“2431

Zur Vorlage eines schriftlichen Berichts über den Sachverhalt hat der Zeuge Dr. Friedrich ausgesagt:

„[…] Ich weiß auch nicht, ob ich den schriftlichen Bericht, den der Staatssekretär angefordert hat,
jemals angeschaut habe, weil, wie gesagt, wir hatten damals ja die Situation, dass wir eine Regierung
bilden mussten. […]“2432

2. Unterrichtung des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel

Nach dem ersten Telefonat mit Staatssekretär Fritsche informierte Bundesminister Dr. Friedrich den SPD-Vor-

sitzenden Sigmar Gabriel über den Sachverhalt.

Während des Gesprächs hätten weitere Politiker, beispielsweise Dr. Steinmeier2433, nicht in der Nähe gestanden.

Ob ein Mitarbeiter von Dr. Friedrich anwesend war, ist dem Zeugen Gabriel nicht erinnerlich gewesen. 2434

Der Zeuge Dr. Friedrich hat auf Nachfrage ebenfalls bestätigt, dass sich Dr. Steinmeier nicht in der Nähe be-

funden habe. Nur Sigmar Gabriel und er hätten über den Sachverhalt gesprochen.2435

a) Gesprächszeitpunkt

Nach Aussage des Zeugen Gabriel fand das erste Gespräch in einer Sitzungspause2436 während der Sondierungs-

runde nach der sogenannten Dreierrunde statt. Der Zeuge Gabriel hat dazu erläutert:

„[…] Es gab die 21er-Runde und es gab die Dreierrunde, und die Dreierrunde sind die drei Chefs, also
die drei Vorsitzenden. Nach unserer Presseauswertung gibt es an diesem Nachmittag eine etwa ein-
stündige Dreierrunde.“2437

Weiter hat er ausgeführt:

„Die Gespräche zwischen den Parteivorsitzenden haben relativ klar ergeben, was die Bedingungen für
den Beginn der Koalitionsverhandlungen seien. Das habe ich nach den Gesprächen mit den Parteivor-
sitzenden natürlich zuerst der Verhandlungsgruppe gesagt und dort auch gesagt: Ich gehe davon aus,

2430 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 138.
2431 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 17.
2432 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 11.
2433 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 83.
2434 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 80.
2435 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 26 f.
2436 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 68.
2437 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 80.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 549 – Drucksache 18/6700

dass wir unter solchen Bedingungen dem […] Parteikonvent oder dem Parteivorstand empfehlen, Ko-
alitionsverhandlungen aufzunehmen. Dem haben alle zugestimmt. Das, was danach kam in der Sit-
zung, war keine umfangreiche Erörterung mehr von Gegenständen, über die wir danach in die Koali-
tionsverhandlungen gegangen sind, sondern das war relativ - - Gemessen auch an den Dauern der
Sitzungen davor, in der großen Runde, war das relativ kurz. Die Gespräche mit den Parteivorsitzenden
hatten eine grundsätzliche Klärung ja herbeigeführt.“2438

Nach Erinnerung von Gabriel fand das Gespräch zwischen ihm und Dr. Friedrich nach der Dreierrunde statt.2439

b) Inhalt des Gespräches

Vor dem Untersuchungsausschuss hat der Zeuge Dr. Friedrich zum Inhalt des Gesprächs ausgesagt:

„[…] Ich habe […] Herrn Gabriel beiseite genommen und ihn unter vier Augen informiert. Ich glaube,
er hat mich dann gefragt, ob ich meine, dass es weitere polizeiliche Ermittlungen geben werde, und
ich habe gesagt: Glaube ich eigentlich nicht. Aber ich hätte gebeten, die Strafbarkeit des Vorwurfs
und des Vorgangs noch einmal zu prüfen.

Auf meinen nochmaligen Hinweis, dass dies vertraulich bleiben müsse, sicherte Herr Gabriel das zu
und bedankte sich. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass Herr Gabriel die Angelegenheit auch vertrau-
lich behandeln würde. […]“2440

Weitere Detailinformationen über den Gang der Information vom Bundeskriminalamt bis zu ihm habe Bundes-

minister Dr. Friedrich an Sigmar Gabriel nicht weitergegeben:2441

„[…] der erste Satz muss wohl gewesen sein, […]: Ich habe Ihnen vertraulich was zu sagen. - Und
dann weiß ich nicht, ob ich gesagt habe: ‚Es ist ein internationaler Ring aufgeflogen‘, oder ob ich
gesagt habe: Aus diesen Ermittlungen ist eine Liste beim BKA eingegangen. - Das kann ich Ihnen
nicht sagen. Ich kann Ihnen nur definitiv sagen, dass ich nicht ihm gesagt habe, wie der Weg der
Information - BKA, BMI, Fritsche - an mich gekommen ist. Das war auch nicht relevant für ihn […]-
Also, wahrscheinlich habe ich gesagt: Die Liste ist beim BKA eingegangen. - Das weiß ich aber
nicht.“ 2442

An anderer Stelle hat der Zeuge Dr. Friedrich ausgeführt:

„Er [Gabriel, Anm.] wusste weder, dass ich das von Fritsche weiß, noch, etwas vom BKA weiß, son-
dern das war ja auch nicht relevant.”2443

Der Zeuge Gabriel hat den Gesprächsverlauf in seiner Vernehmung ebenfalls geschildert:

„[…] Ich bin im Rahmen eines Sondierungsgespräches […] in einer Sitzungspause vom damaligen
Bundesinnenminister Herrn Friedrich zur Seite genommen worden, mit dem Hinweis, er hätte eine
unangenehme Mitteilung mir gegenüber zu machen. Er wolle mir das sagen, weil er nicht ausschließen
könne, dass das, was er mir gleich sagen werde, in die Öffentlichkeit kommt, und er wolle den Ein-
druck vermeiden, dass sozusagen dann irgendwie so eine Geschichte entsteht, das sei durchgestochen
worden, um der SPD irgendwie zu schaden.

2438 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 84.
2439 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 82.
2440 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 10.
2441 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 25.
2442 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 33.
2443 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 25 f.

Drucksache 18/6700 – 550 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Er sagte mir dann, dass der Bundestagsabgeordnete, der damalige Bundestagsabgeordnete, Herr Eda-
thy im Rahmen einer Ermittlung auffällig geworden sei bei der Bestellung oder der Betrachtung von
nackten Jugendlichen. Dies sei aber nach seinem Kenntnisstand und nach der bisherigen Beurteilung
kein Straftatbestand. Trotzdem könne es sein, dass das öffentlich würde. Er wolle mich darüber infor-
mieren.

Ich habe dann etwas erstaunt nachgefragt, ob es eigentlich so sein könne, dass das Bestellen von Fotos
nackter Jugendlicher straffrei ist in Deutschland. Ich habe das mir nicht vorstellen können. Daraufhin
sagte er, er wolle sich gerne noch mal vergewissern, verließ den Raum […].“2444

Auf die Frage, ob Dr. Friedrich in dem Gespräch auch gesagt habe, dass er die Information vom damaligen

Staatssekretär Fritsche erhalten habe, hat der Zeuge Gabriel geantwortet:

„In meiner Erinnerung: nein.” 2445

Dass Bundesminister Dr. Friedrich seinerzeit von Staatssekretär Fritsche unterrichtet wurde, hat der Zeuge

Gabriel nach eigener Aussage erst in seiner Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss erfahren.2446

Ob ihm bereits in diesem oder in dem späteren zweiten Gespräch von Bundesminister Dr. Friedrich mitgeteilt

worden war, dass Personen, die sich im nicht strafbaren Bereich bewegen, nach Erfahrung der Ermittlungsbe-

hörden auch in den strafbaren Bereich der Kinderpornografie wechseln, hat der Zeuge Gabriel auf Nachfrage

nicht sagen können.2447

Weitere Details, wie den Gang der Verfahrensakte, seien Sigmar Gabriel auch nach seinem Bekunden nicht

mitgeteilt worden.2448 Auch habe ihm Bundesminister Dr. Friedrich nicht gesagt, dass er seinerseits die Infor-

mationen von Staatssekretär Fritsche erhalten hatte.2449

Auf die Frage, ob er bereits vor dem Gespräch mit Bundesminister Dr. Friedrich von dem ihm geschilderten

Sachverhalt gewusst habe, hat der Zeuge Gabriel erklärt, dass diese Informationen für ihn zu diesem Zeitpunkt

neu gewesen seien und dass er zuvor keine Kenntnis darüber gehabt habe.2450

Die Reaktion Gabriels hat der Zeuge Dr. Friedrich auf die Nachricht wie folgt dargestellt:

„[…] er wirkte absolut überrascht. Ich hatte keinen Grund, anzunehmen, dass er das schon wusste.“2451

Im Nachgang zu diesem Gespräch unterrichtete Dr. Friedrich den SPD-Vorsitzenden Gabriel in einem zweiten

Gespräch über das Ergebnis des Telefonats mit Staatssekretär Fritsche. In seiner Vernehmung hat der Zeuge Dr.

Friedrich dazu ausgesagt:

„[…] Zunächst mal hatte ich geglaubt, dass Herr Gabriel bereits den Raum verlassen hatte, habe aber
dann gesehen, dass er noch bei der Bundeskanzlerin stand. Und als er zur Tür ging, bin ich ihm kurz
vor die Tür nachgegangen und habe ihm gesagt, dass es sich nicht um einen Strafbarkeitsvorwurf

2444 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 68.
2445 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 93.
2446 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 93.
2447 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 81.
2448 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 71, 80.
2449 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 93.
2450 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 70.
2451 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 15.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 551 – Drucksache 18/6700

handele. Er war sichtlich erleichtert, hat das noch mal wiederholt - ‚kein Strafbarkeitsvorwurf‘ - und
sich noch einmal bedankt.“2452

Der Zeuge Gabriel hat das Gespräch wie folgt wiedergegeben:

„[…] [BM Dr. Friedrich, Anm.] sagte mir, […]. Nach derzeitigem Kenntnisstand liege keine Straftat
vor, aber Ermittlungen, weitere Ermittlungen seien nicht völlig ausgeschlossen, weil die Erfahrung
der Strafverfolgungsbehörden sei, dass Menschen, die sich auf diesen - in Anführungsstrichen - lega-
len Seiten bewegen, auch wechseln in strafwürdiges Verhalten. Das sei aber offen, und er könne auch
nicht sagen, ob es da zu weiteren Ermittlungen komme. Er wolle mich nur darauf hinweisen, dass das
nicht völlig ausgeschlossen sei. […]“2453

Gemäß der Darstellung des Zeugen Gabriel handelte es sich um ein kurzes Gespräch:

„Ich kann nur sagen, dass das erste Gespräch schon nicht sehr lang war, und das zweite war in der Tat
ganz kurz. Da war eine Bestätigung seines vorangegangenen Hinweises, dass es um einen nicht straf-
bewehrten oder was - - Deswegen - - Ich habe ja vorhin gesagt, ich weiß nicht, wann er mir gesagt hat,
ob beim ersten oder beim zweiten Gespräch, dass das noch nicht hieße, dass es nicht zu weiteren
Ermittlungen kommen kann. Aber ich habe keine weiteren juristischen Nachfragen gestellt, weil ich
jetzt erst mal davon ausgegangen bin, dass das, was mir der Bundesinnenminister sagt, rechtlichen
Gehalt hat.“2454

Auf Nachfrage hat er sich nicht erinnern können, wann genau dieses zweite Gespräch stattgefunden habe. Er hat

aber nicht ausschließen können, dass dies am Ende des Sondierungsgespräches stattgefunden hat.2455 Der Zeuge

Gabriel hat dazu erläutert:

„[…] Für mich war das jetzt nicht von Bedeutung, wann er mir das gesagt hat, aber jedenfalls nicht in
der Sitzung und auch nicht in Anwesenheit anderer.“2456

Laut Aussage des Zeugen Dr. Friedrich vereinbarten beide Gesprächspartner, die Informationen vertraulich zu

behandeln:

„[…] Auf meinen […] Hinweis, dass dies vertraulich bleiben müsse, sicherte Herr Gabriel das zu und
bedankte sich. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass Herr Gabriel die Angelegenheit auch vertraulich
behandeln würde. […]“2457

Was aus seiner Sicht darunter zu verstehen sei, hat der Zeuge Dr. Friedrich wie folgt erläutert:

„Also, wenn ich sage ‚vertraulich behandeln‘, dann heißt das, dass Herr Gabriel verantwortungsvoll
mit dieser Information umgeht. Das könnte konkret heißen, dass er mich anruft am nächsten Tag und
sagt: Was ist? Ist da jetzt noch was rausgekommen? Gibt es da weitere Informationen, die wichtig
sind? - Aber das hat natürlich nicht bedeutet, dass er jetzt das irgendjemandem sonst erzählt - davon
bin ich nicht ausgegangen -, sondern dass er als derjenige, der handelt, sagt: ‚Also, der Edathy wird
jetzt nicht Justizminister‘, und auf die Frage: ‚Warum nicht?‘, sagt: Weil ich das so entscheide. […]

2452 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 10.
2453 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 68.
2454 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 83.
2455 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 82.
2456 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 82.
2457 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 10.

Drucksache 18/6700 – 552 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Aber das kann ich nur dem Gabriel sagen, weil nur Gabriel diese Entscheidung trifft. […] Und selbst-
verständlich: Wenn ich sage ‚vertraulich‘, gehe ich nicht davon aus, dass das irgendwo sonst hin-
kommt.“2458

Zweifel an der Verschwiegenheit seines Gesprächspartners hatte Dr. Friedrich nicht. Dazu hat er im Ausschuss

ausgeführt:

„Ich konnte darauf vertrauen, dass der SPD-Vorsitzende und künftige Vizekanzler diese Information
vertraulich behandelt und im Rahmen seiner Entscheidungen, die er zu treffen hatte - Koalitionsge-
spräche, Regierungsbildung -, auch verantwortlich damit umgeht.“2459

Der Zeuge Gabriel hat bestätigt, dass zwischen ihm und Bundesminister Dr. Friedrich Vertraulichkeit vereinbart

worden war und dargelegt, wie er dies in der konkreten Situation verstanden hatte:

„[…] die Situation mitten im Raum der Verhandlungen, die nur unterbrochen waren, der Hinweis
darauf, er wolle der SPD signalisieren, dass, wenn da was kommt - - Da war für mich völlig klar, dass
es darum geht, es weder Herrn Edathy noch der Öffentlichkeit zu sagen. Aber dass ich in diesem
Zusammenhang sozusagen den Vorsitzenden der SPD-Fraktion und den Geschäftsführer einweihe,
damit die denkbaren Folgen nicht eintreten, das habe ich nicht als Bruch der Vertraulichkeit verstan-
den, sondern es ging um die Frage, dass das natürlich nicht die Öffentlichkeit erreichen darf. Aber wir
haben auch nicht länger darüber geredet. Aber wir waren uns einig, dass wir sozusagen die Informati-
onen an sich vertraulich halten wollen. Aber was hätte mir die Information genutzt, wenn ich sie nicht
denen sagen konnte, die in der SPD für die Frage verantwortlich waren: ‚Wer wird jetzt für welches
Amt vorgeschlagen?‘“2460

An anderer Stelle hat er nochmals klargestellt:

„Vertraulichkeit hieß für mich: nicht an die Öffentlichkeit, nicht in die SPD, nicht an Herrn Edathy,
aber natürlich an die beiden, die mit mir zusammen die Hauptaufgaben hatten in der Führung von
Koalitions- und Regierungsbildungsverhandlungen.“2461

Sowohl der Zeuge Dr. Friedrich2462 als auch der Zeuge Gabriel2463 haben ausgesagt, dass zu keinem Zeitpunkt

in diesem Gespräch thematisiert worden sei, die Informationen an weitere Personen weiterzugeben.

c) Grund Dr. Friedrichs für die Informationsweitergabe an Gabriel

Der Zeuge Dr. Friedrich hat angegeben, er habe Sebastian Edathy für einen aussichtsreichen Kandidaten für ein

Regierungs- oder Fraktionsamt gehalten:

„[…] Mir war klar zu diesem Zeitpunkt, dass der Kollege Edathy nach seiner erfolgreichen Arbeit als
Vorsitzender des Untersuchungsausschusses Terrorgruppe ‚Nationalsozialistischer Untergrund‘ zu
den herausragenden Innen- und Rechtspolitikern der SPD gehörte. Nicht zuletzt der unter großem
Medieninteresse stattfindende Türkeibesuch des Vorsitzenden des NSU-Untersuchungsausschusses
Mitte November 2012 und auch der Empfang der Mitglieder beim Bundespräsidenten im Januar 2013
unterstrichen das Gewicht von Herrn Edathy. Da er gleichzeitig jahrelang Vorsitzender des Innenaus-

2458 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 28.
2459 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 20.
2460 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 71.
2461 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 86.
2462 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 27.
2463 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 71.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 553 – Drucksache 18/6700

schusses des Deutschen Bundestages war, war ihm eine herausragende Rolle bei den Koalitionsver-
handlungen in den Bereichen Inneres oder Justiz sicher, und er hatte mit Sicherheit gute Chancen, ein
herausgehobenes Amt in Regierung oder Fraktion zu bekommen. […]“2464

Seine Motivation, den SPD-Parteivorsitzenden über den Sachverhalt zu unterrichten, hat der Zeuge Dr. Fried-

rich wie folgt beschrieben:

„Ich musste denjenigen, der diese Information, weil er alle Entscheidungen in der SPD persönlich
treffen muss, informieren, sonst niemanden, weder einen Parteivorsitzenden einer anderen Partei, son-
dern den Parteivorsitzenden, in dessen Partei - der gerade dabei ist, eine Regierung mit zu bilden -
diese Entscheidung relevant war, und das habe ich gemacht. […].“2465

„[…] Ich wusste […], dass es eine relevante Information für den SPD-Vorsitzenden war, der ja vor
der Aufgabe stand, sein Team für die Koalitionsverhandlungen zusammenzustellen, eine Regierung
zu bilden “2466

„[…] ich bin ja nicht davon ausgegangen, dass es weitere Ermittlungen gibt, sondern es war ein abge-
schlossener Sachverhalt: Edathy hat bei denen bestellt. Und es könnte ein Problem für die SPD wer-
den. […] Und in einer Phase, wo es um Regierungsbildung ging, zu welchem Zeitpunkt auch immer
das dann an die Öffentlichkeit kam oder kommen würde, musste der SPD-Parteivorsitzende das schon
im Hinterkopf haben, um nicht überrascht zu werden oder um so handeln zu können, dass er mir nicht
dann hinterher sagen kann: Also, das ist aber unglaublich; das ist eine wichtige Information, die ein-
fach zurückgehalten wird. […]”2467

Auf Befragen hat der Zeuge Dr. Friedrich bekundet:

„Ich habe als geschäftsführender Innenminister den künftigen Vizekanzler informiert. […]“2468

Auf die Frage, ob er mit der Unterrichtung Gabriels Koalitionspolitik auf eigene Rechnung gemacht habe, hat

er geantwortet:

„Ich habe keine Koalitionspolitik gemacht, sondern ich war der Überzeugung, dass ich als der ge-
schäftsführende Innenminister in einer solchen Umbruchsituation, von der einen Regierung zur nächs-
ten, die Verpflichtung habe, den SPD-Vorsitzenden--.”2469

Auf den Vorhalt, dass Gabriel im Innenausschuss geäußert habe, die Mitteilung an sich sei so etwas wie eine

vertrauensbildende Maßnahme gewesen, hat der Zeuge Dr. Friedrich geantwortet:

„Also, von vertrauensbildender Maßnahme war mit Sicherheit nicht die Rede. […]“2470

Der Zeuge Gabriel hat als möglichen Grund für die Informationsweitergabe angegeben:

„Ich glaube, dass er erstens die Motivation hatte, die er selbst gesagt hat, dass er sozusagen nicht
ausschließen könne, dass der Name Edathy im Zusammenhang mit den Ermittlungen auftaucht, und
er vermeiden möchte, dass, wenn es jetzt zu Koalitionsverhandlungen käme oder vielleicht auch nicht

2464 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 10.
2465 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 20.
2466 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 12.
2467 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 26.
2468 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 52.
2469 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 52.
2470 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 27.

Drucksache 18/6700 – 554 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

käme - das war ja noch nicht ganz klar -, der Eindruck entsteht: Da ist irgendwas durchgestochen
worden, um der SPD zu schaden.

Zweitens: Ich habe das so interpretiert, dass er uns auch vor Schaden bewahren wollte. Ich meine, ich
habe mir mal vorgestellt, was eigentlich los gewesen wäre, wenn wir Herrn Edathy dann, weiß ich
nicht, in eine Funktion gewählt oder vielleicht ein bisschen später zum Parlamentarischen Staatssek-
retär gemacht hätten. Das wäre ja alles denkbar gewesen. Der Schaden für die SPD, ich glaube, wenn
es ein Staatsamt gewesen wäre, auch für den Bundestag und die Regierung wäre erheblich gewesen,
und ich habe es einfach als eine hochanständige Motivation von Herrn Friedrich verstanden.“2471

An anderer Stelle hat der Zeuge Gabriel erklärt:

„Für mich war klar, dass das Ziel, das Herr Friedrich hatte, nur dadurch zu erreichen war, dass ich
auch Herrn Steinmeier und Herrn Oppermann informiere.“2472

Dazu im Untersuchungsausschuss befragt, ob es nicht ausreichend gewesen wäre, wenn Bundesminister Dr.

Friedrich ohne weitere Erläuterung lediglich geraten hätte, bei der Betrauung von Sebastian Edathy mit weiteren

Aufgaben vorsichtig zu sein, hat der Zeuge Gabriel geantwortet:

„Ich hätte mich garantiert gewundert, wenn sozusagen kurz nach dem Wahlkampf der politische Geg-
ner kommt und einen sehr populären Abgeordneten - - mir anempfiehlt, dass ich mit dem besser nichts
mehr mache. Ich meine, das ist doch eine, wenn Sie mir das gestatten, lebensfremde Vorstellung in
einem solchen Gespräch. Ich hätte natürlich nachgefragt, und dann hätte ich irgendwann, wenn er
gesagt hätte: ‚Mehr kann ich Ihnen nicht sagen‘, irgendwie - - Ja gut, was mache ich jetzt damit?“2473

3. Unterrichtung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Frank-Walter Steinmeier

Nach der Sitzung informierte der SPD-Vorsitzende Gabriel den damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr.

Frank-Walter Steinmeier über den Sachverhalt.

a) Grund Gabriels für die Informationsweitergabe

Als Begründung, weshalb er im weiteren Verlauf den SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Steinmeier und den Ersten

Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion Oppermann unterrichtete, hat der Zeuge Gabriel ausge-

führt:

„[…] [F]ür mich war klar: Wenn ich das verhindern will, dass Herr Edathy irgendwie eine Rolle
spielt, dann muss ich mit den beiden reden, die in dieser Zeit exakt diese Frage zu beantworten hätten.
Die hatte nämlich ich nicht zu beantworten, sondern ich habe in dieser Zeit dann Koalitionsverhand-
lungen geführt [...].“2474

„[…] Zu dem Zeitpunkt war die Information: kein strafbares Verhalten, möglicherweise weitere Er-
mittlungen. - Mein Ziel und das Ziel von Herrn Steinmeier und Herrn Oppermann war, dass, solange
das nicht bis zum Ende geklärt ist, jedenfalls Herr Edathy nicht in Funktionen kommen sollte, die,

2471 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 70.
2472 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 87.
2473 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 71.
2474 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 87.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 555 – Drucksache 18/6700

wenn es dann doch zu Ermittlungen käme, wenn es dann doch zu strafbaren Handlungen gekommen
wäre, uns oder vielleicht sogar der Regierung ein größeres Problem beschert hätten. […]“2475

An anderer Stelle hat der Zeuge Gabriel erklärt:

„[…] Ich bin ganz sicher, dass ich zu dem Zeitpunkt das Problem auch loswerden wollte, an jemanden
delegieren, der dafür zuständig ist, und nicht mich weiter in den nächsten Tagen mit dem Fall Edathy
befassen wollte. Da bin ich auch ganz sicher, dass das eine Motivation war, warum ich das sofort
machen wollte.“2476

Seinen Eindruck der Motivation Gabriels, ihn zu informieren, hat der Zeuge Oppermann vor dem Untersu-

chungsausschuss geschildert:

„[…] Ich hatte den Eindruck, er wollte das auf mich abwerfen.“2477

b) Inhalt der weitergegebenen Informationen

Den Ablauf des Gespräches mit Dr. Steinmeier hat der Zeuge Gabriel wie folgt beschrieben:

„Ich meine, ich habe ihm nach der Pause gesagt, dass ich ihn danach sprechen möchte und müsste,
und dann danach, unmittelbar im Anschluss an die Sitzung, über die Information informiert. Dann
haben wir über die Frage geredet, ob wir Herrn Oppermann informieren, ja oder nein. Wir waren beide
der Überzeugung, dass das nötig ist wegen der Aufgaben, die Herr Oppermann in der Zeit hatte - Herr
Oppermann war, wie gesagt, nicht Teil der Sondierungsgruppe -, und das war es dann auch schon.

Die Information selbst ist ja auch eine relativ kurze: Herr Edathy fällt auf im Zusammenhang mit
diesen Vorgängen. Zweitens: Es ist unklar - - Oder: Es ist bislang völlig klar, es geht nicht um strafbare
Handlungen. Drittens: Es kann weitere Ermittlungen geben. - Das ist keine sehr lange Information
gewesen.“2478

Auf Nachfrage hat der Zeuge Gabriel erklärt, keinerlei Zweifel daran gehabt zu haben, dass diese Informationen

für seinen Gesprächspartner Dr. Steinmeier neu waren.2479

Dr. Frank-Walter Steinmeier hat in seiner Vernehmung bestätigt, von Sigmar Gabriel entsprechende Informati-

onen in einem Gespräch, das am 17. Oktober 2013 stattgefunden haben müsse, erhalten zu haben:

„[…] ich [habe] am Rande eines Sondierungsgespräches zwischen SPD und Union im Oktober 2013
erstmals Kenntnis von Ermittlungen in Kanada erhalten, in deren Rahmen auch deutsche Staatsange-
hörige und darunter Sebastian Edathy aufgefallen sind. In der Sitzung des Innenausschusses im Feb-
ruar 2014 habe ich gesagt, dass dies am 16. oder 17.10. gewesen sein muss. Inzwischen habe ich den
Kalender noch mal prüfen können und gesehen, dass am 16.10. keine Sondierungsgespräche stattge-
funden haben und deshalb nur der 17. Oktober in Betracht kommt. Deshalb habe ich diese Informati-
onen, wie gerade berichtet, in der Sondierungsrunde am 17.10.2013 erhalten. […]“2480

Das Gespräch selbst habe etwa vier bis fünf Minuten gedauert.2481

2475 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 96.
2476 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 127.
2477 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 25.
2478 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 72.
2479 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 92.
2480 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 132.
2481 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 145.

Drucksache 18/6700 – 556 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Den Gesprächsverlauf hat er wie folgt beschrieben:

„[…] Woran ich mich erinnern kann, ist, dass im Verlaufe dieses Sondierungsgespräches Sigmar Gab-
riel mir zuraunte: Wenn das hier gleich zu Ende ist, lauf nicht sofort weg. Ich brauche dich noch mal
eine Minute. - Dann haben wir uns am Ende dieses Sondierungsgespräches irgendwo in die Ecke ge-
stellt, und dann berichtete er mir, dass er ein Gespräch mit Minister Friedrich gehabt hätte, der ihm
berichtet hat, dass es ein Ermittlungsverfahren in Kanada gebe, groß und international angelegt, wegen
des Vertriebs von Kindernacktbildern oder Nacktbildern von Jugendlichen. In dieses internationale
Verfahren seien offensichtlich auch deutsche Staatsangehörige einbezogen gewesen, und die Informa-
tion eben deshalb an ihn, weil Sebastian Edathy von diesen Ermittlungen berührt sein könnte.

Das habe ich zunächst mal zur Kenntnis genommen. Selbstverständlich war klar: Das ist eine sensible
Information in einer Situation, in der Sebastian Edathy ja durchaus anstand auch für höhere Aufgaben,
mindestens innerhalb der Fraktion. […]“2482

An anderer Stelle hat er sich erinnert,

„[…] dass jedenfalls in dem Gespräch noch nicht klar war, ob es sich tatsächlich um strafbares Ver-
halten handelt.“2483

Dr. Steinmeier war klar, dass diese Informationen vertraulich zu behandeln waren:

„[…] Es war für mich selbstverständlich, natürlich diese erhaltenen Informationen streng vertraulich
zu behandeln, nicht weiterzugeben an andere, und selbstverständlich habe ich auch nicht mit Sebastian
Edathy darüber gesprochen. […]“2484

Diese Vertraulichkeit bewahrte er in der Folgezeit nach eigener Aussage auch gegenüber seinen Mitarbeitern

oder nicht genannten dritten Personen.2485

Auch der Zeuge Gabriel hat erklärt, außer mit Dr. Friedrich und danach mit Dr. Frank-Walter Steinmeier und

Thomas Oppermann, mit keiner weiteren Person über den Sachverhalt gesprochen zu haben:

„[…] das bezieht natürlich meine Büroleiter, die Mitarbeiter alle ein. Das habe ich selbstverständlich
nicht getan.“2486

c) Diskussion über die Einbeziehung von Thomas Oppermann

In dem Gespräch erörterten Dr. Steinmeier und Gabriel die Frage, ob der Erste Parlamentarische Geschäftsführer

der SPD-Fraktion Thomas Oppermann einbezogen werden soll. Der Zeuge Gabriel hat dazu in seiner Verneh-

mung ausgeführt:

„[…] Wir haben dann auch darüber geredet, ob wir Herrn Oppermann informieren, weil das natürlich
ein Zeitpunkt war, wo alle möglichen Entscheidungen über Personalentscheidungen auch in der SPD-
Bundestagsfraktion, möglicherweise sogar im Hinblick auf Regierungsbildung, erfolgten. Und da Herr
Oppermann vor allen Dingen das Geschäft innerhalb der Bundestagsfraktion betreibt oder betrieb, was
die Frage der Organisation der Fraktionen anging, und Herr Edathy zu dem Zeitpunkt ein sehr promi-

2482 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 133.
2483 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 145.
2484 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 132.
2485 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 135.
2486 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 107.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 557 – Drucksache 18/6700

nenter Abgeordneter war mit großen Verdiensten, auch in der Aufarbeitung der damaligen NSU-Af-
färe, war natürlich nicht ausgeschlossen - oder es war sogar wahrscheinlich -, dass er für Funktionen
zur Verfügung stehen könne oder gefragt werden könne oder andere ihn vorschlagen. Und wir wollten
das von Anfang an versuchen zu umgehen. Deswegen haben wir Herrn Oppermann informiert.
[…]“2487

Der Zeuge Dr. Steinmeier hat dazu erklärt:

„[…] Natürlich war sowohl Sigmar Gabriel wie mir die Sensibilität dieser Information vollauf be-
wusst, und auch deshalb haben wir uns entschieden, Thomas Oppermann, der damals Erster Parla-
mentarischer Geschäftsführer war, ins Bild zu setzen, und Sigmar Gabriel hat angeboten, dies zu über-
nehmen. […]“2488

Laut Aussage des Zeugen Gabriel blieb in dem Gespräch offen, wer von ihnen Thomas Oppermann unterrichten

sollte:

„Nach meiner Erinnerung haben wir gesagt, wir rufen ihn beide an, weil wir nicht sicher waren, wer
ihn als Erster erreicht. Und wir wollten, dass die Information ihn schnell erreicht. Das ist meine Erin-
nerung.“2489

Als Grund dafür, auch Thomas Oppermann zu informieren, hat Dr. Steinmeier genannt:

„[…] Thomas Oppermann war nicht nur Parlamentarischer Geschäftsführer, sondern in der damaligen
Situation auch zuständig für Personalfragen innerhalb der Fraktion, und deshalb musste er natürlich
einbezogen sein.“2490

4. Unterrichtung des Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD-Fraktion Thomas Oppermann

Zu einem späteren Zeitpunkt informierte Sigmar Gabriel telefonisch Thomas Oppermann über den Sachverhalt.

a) Zeitpunkt des Gesprächs

An den genauen Zeitpunkt des Telefonats hat sich der Zeuge Gabriel nicht mehr erinnern können:

„[…] Ich habe Herrn Oppermann in meiner Erinnerung direkt nach der Sitzung oder auch am nächsten
Tag - - […] Ich kann das einfach nicht mehr genau sagen. - Ich habe jedenfalls Herrn Oppermann
angerufen, weil Herr Oppermann - - ich ihn nicht persönlich sprechen konnte; denn er war bei den
Sondierungsgesprächen nicht dabei. Sonst hätten wir sicher persönlich gesprochen. So musste ich ihn
anrufen. […]“2491

In der weiteren Vernehmung hat der Zeuge erklärt, er habe Thomas Oppermann wahrscheinlich am selben Tag

aus dem Auto heraus angerufen:

„[…] ich erinnere mich daran, dass ich danach nach Hause gefahren bin, nach der Sondierung, und
dass ich ihn dann angerufen habe. Ich kann Ihnen nicht mehr sagen, ob ich das vom Handy oder vom

2487 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 68.
2488 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 132.
2489 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 86.
2490 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 134.
2491 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 68 f.

Drucksache 18/6700 – 558 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Autotelefon gemacht habe, ob ich noch vor der PG gestanden habe oder bereits auf der Fahrt war. Das
weiß ich nicht.“2492

„Sie werden in meinem Terminkalender finden den Zeitraum, an dem angesetzt war die Sondierungs-
runde. Wenn es sich um den 17.10. handelt - offensichtlich ist das der Tag -, dann endet die Sondie-
rungsrunde - - Ich glaube, sie beginnt um 13 Uhr und war geplant bis maximal 16 Uhr. Sie ist, wenn
ich das richtig in Erinnerung habe, deutlich früher zu Ende gewesen. Danach habe ich Herrn Stein-
meier informiert und dann mich ins Auto gesetzt, und bei den rudimentären Erinnerungen, wann ich
Herrn Oppermann angerufen habe, kann das eigentlich nur auf dem Weg im Auto nach Hause gewesen
sein. […]“2493

Auf Ersuchen der Obleute der Fraktionen im Ausschuss haben der Justiziar der CDU-Bundesgeschäftsstelle, die

Generalsekretärin der SPD und der Generalsekretär der CSU Auskünfte zu Teilnehmerinnen und Teilnehmern

sowie dem Ablauf der Sondierungsgespräche am 17. Oktober 2013 erteilt. So hat die Generalsekretärin der SPD

mit Schreiben vom 6. Mai 2015 zur Dauer des Sondierungsgespräches mitgeteilt:

„[…] Der Beginn der Sondierungsgespräche war für 13:00 Uhr terminiert. Unterlagen über das Ende
der Sondierungsgespräche liegen hier nicht vor. Die Sondierungsgespräche dürften aber kurz nach
15.00 Uhr beendet gewesen sein. Die ersten Pressemeldungen dazu gab es um 15:29 Uhr […].“2494

Der Zeuge Oppermann hat sich erinnert, dass das Gespräch am 17. Oktober 2013 stattgefunden habe:

„Das war der 17.10. nach meiner Erinnerung. Ich glaube, mich deshalb genau zu erinnern, weil das
der Tag war, wo wir Sondierungsgespräche hatten. Ich hatte auch an der Vorbereitung dieser Sondie-
rungsgespräche teilgenommen und habe dann, weil ich nicht zur Sondierungsgruppe gehörte, anschlie-
ßend in meinem Büro gearbeitet, und dort hat mich der Anruf von Sigmar Gabriel erreicht.

[…]

Das muss am Nachmittag gewesen sein. Eine Uhrzeit ist mir überhaupt nicht erinnerlich, weil ich
erstens nicht auf die Uhr geguckt habe und mir zweitens die Zeit auch deshalb nicht notiert habe. Aber
ich bin absolut sicher, dass dieser Anruf, das anschließende Telefonat mit Herrn Ziercke und das da-
rauf folgende Gespräch mit Herrn Steinmeier in einem ganz engen zeitlichen Zusammenhang stan-
den.“2495

Das Gespräch sei aber recht kurz gewesen:

„[…] Es war ein gedrängtes Gespräch. Es hat nicht lange gedauert. Wir haben vielleicht zwei Minuten,
vielleicht zweieinhalb Minuten miteinander geredet. Diese wesentlichen Dinge lassen sich ja schnell
austauschen. Die Bewertung war auch sofort klar für uns beide. Vielleicht waren es drei Minuten; ich
weiß es nicht.“2496

b) Gesprächsinhalt

Den Inhalt des Gespräches hat der Zeuge Oppermann in seiner Vernehmung geschildert:

2492 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 72.
2493 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 79 f.
2494 MAT B-Generalsek. 18(27)3, Bl. 1 (1), Schreiben der SPD-Generalsekretärin an den Ausschuss vom 6. Mai 2015.
2495 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 174.
2496 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 98.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 559 – Drucksache 18/6700

„[…] Am Tag einer Sondierungsrunde […] rief mich der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel nach-
mittags an. Ich war zu der Zeit in meinem Büro im Jakob-Kaiser-Haus. Sigmar Gabriel sagte mir, dass
Minister Friedrich ihm am Rande der Sondierungsgespräche mitgeteilt habe, dass der Name Edathy
im Rahmen von Ermittlungen in Kanada aufgetaucht sei. Es gehe um Bildmaterial mit nackten Kin-
dern und Jugendlichen. Bei Sebastian Edathy gehe es nicht um strafbare Inhalte. Es sei aber nicht
ausgeschlossen, dass es zu strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihn komme. Darüber habe er auch den
Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier informiert. Gabriel und ich waren uns der Brisanz der
Informationen bewusst. Wir waren uns einig, die Sache vertraulich zu behandeln. […]“2497

Im weiteren Verlauf der Vernehmung hat der Zeuge Oppermann präzisiert:

„Er [Gabriel, Anm.] hat gesagt, dass ihm Herr Friedrich berichtet habe, dass bei internationalen Er-
mittlungen in Kanada der Name von Sebastian Edathy in einer Kundenliste aufgetaucht sei und dass
er da etwas bestellt habe, dass es um Bilder von nackten Knaben ginge, dass der Inhalt aber nicht
strafbar sei, dass aber Ermittlungen nicht ausgeschlossen werden könnten.“2498

Zum Inhalt des Telefonats hat der Zeuge Gabriel ergänzt:

„[…] Ich meine, ich habe ihm auch gesagt, dass es derzeit nach Auffassung von Herrn Friedrich und
der Ermittlungsbehörden keinen Straftatbestand gebe, aber dass man jetzt natürlich ein bisschen auf-
passen muss, dass wir nicht Fehlentscheidungen bei den Personalentwicklungen haben. Das war aber
auch schon alles.“2499

„Na, ich habe ihm gesagt, dass diese Information von Herrn Friedrich an mich mit dem Ziel, von der
SPD sozusagen Schaden abzuwenden, vertraulich gegeben wurde. […]“2500

An anderer Stelle hat der Zeuge Gabriel erklärt, er halte es für ausgeschlossen, dass Thomas Oppermann vor

diesem Telefonat etwas über die Vorwürfe gegen Sebastian Edathy und die Informationsweitergabe von Bun-

desminister Dr. Friedrich an Gabriel gewusst hat. 2501

Details zur Informationskette, dass Bundesminister Dr. Friedrich seinerseits durch Staatssekretär Fritsche un-

terrichtet worden sei, seien in dem Gespräch nicht erörtert worden. Auf entsprechende Nachfrage hat der Zeuge

Oppermann dazu erklärt:

„Nein, darüber hat er mir nichts gesagt, und dass Herr Fritsche in dieser Informationskette war, habe
ich zum ersten Mal, ich glaube, im Innenausschuss oder kurz davor in der öffentlichen Berichterstat-
tung gehört.“2502

Auch das Bundeskriminalamt2503 oder der Präsident des Bundeskriminalamts Jörg Ziercke2504 hätten nach Aus-

sage des Zeugen Gabriel in dem Gespräch mit Thomas Oppermann keine Erwähnung gefunden.

Oppermann und Gabriel waren sich nach eigener Aussage der Brisanz der Informationen bewusst und verein-

barten Stillschweigen. Der Zeuge Oppermann hat dazu ausgeführt:

2497 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 169.
2498 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 106.
2499 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 73.
2500 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 111.
2501 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 117.
2502 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 175.
2503 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 80.
2504 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 92.

Drucksache 18/6700 – 560 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Wir haben […] festgelegt: Erstens. Das ist eine brisante Information, über die dürfen wir nicht
sprechen. Es gibt dann schnell den Verdacht der Strafvereitelung. […] Das ist explizit von uns thema-
tisiert worden. Wir haben uns da wechselseitig auch noch mal versichert, dass das höchst brisant ist.
Zweitens. Es ist politisch hochbrisant. Drittens. Wir können im Augenblick nichts machen. Wir müs-
sen den weiteren Gang der Dinge abwarten, weil wir nicht genau wissen, was wirklich passiert ist.
[…]“2505

An anderer Stelle hat der Zeuge Oppermann erklärt:

„[…] Ich habe bis zur Mandatsniederlegung Edathys auch nicht mit meinen Mitarbeitern über die
gegen Sebastian Edathy vorliegenden Verdachtsmomente gesprochen. […]“2506

In dieser Angelegenheit habe der Zeuge Oppermann, laut eigener Aussage, auch keine Kontakte zur niedersäch-

sischen Justiz oder zur Niedersächsischen Staatskanzlei gehabt.2507

Auf die Frage, ob er Thomas Oppermann geraten habe, Sebastian Edathy unter Kontrolle zu halten, hat der

Zeuge Gabriel geantwortet:

„Ich glaube jetzt bestimmt nicht, dass ich gesagt habe: ‚Pass auf den auf‘, oder: ‚Kontrollier den‘,
sondern es ging eher um die Besetzung von Funktionen, bei der man jetzt sinnvollerweise Herrn Eda-
thy nicht vorschlagen sollte.“2508

c) Keine vorherige Kenntnis Oppermanns

Thomas Oppermann hat erklärt, von dem genannten Sachverhalt erstmals in diesem Telefonat erfahren zu haben:

„Ich hatte diese Informationen nicht. Ich habe sie erstmals von Sigmar Gabriel gehört, und ich war
auch, wie ich schon ausgeführt habe, schockiert über diese Auskunft oder diese Informationen. Es gab
niemanden, der sie mir vorher gegeben hat.“2509

Sein Gesprächspartner Gabriel hatte nach seiner Aussage keine Zweifel daran, dass diese Informationen für

Thomas Oppermann zum Zeitpunkt des Gespräches neu waren:

„Ich war ganz sicher, dass er das das erste Mal erfährt. Ich meine, das merkt man doch, wenn man
über so was redet. Und der war […] mit Sicherheit […] genauso nicht nur überrascht, sondern natürlich
auch entsetzt über das, was da im Gange war, über die Vorwürfe und über die Person, um die es
ging.“2510

5. Telefonat von Thomas Oppermann und BKA-Präsident Jörg Ziercke am 17. Oktober 2013

Nachdem ihn der SPD-Parteivorsitzende über den Sachverhalt informiert hatte, rief Thomas Oppermann bei dem

damaligen Präsidenten des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke an.

2505 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 15.
2506 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 169.
2507 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 27.
2508 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 112.
2509 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 174.
2510 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 116.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 561 – Drucksache 18/6700

a) Zeitpunkt des Telefonats

Zum Zeitpunkt des Telefonats mit dem BKA-Präsidenten Ziercke hat der Zeuge Oppermann ausgesagt, dieses

habe am 17. Oktober 2013 im Anschluss an den Anruf von Sigmar Gabriel stattgefunden.2511

„[…] Sigmar Gabriel rief mich am 17. Oktober 2013 nachmittags an und berichtete mir über sein
Gespräch mit Herrn Friedrich. Was ich mit absoluter Sicherheit sagen kann, ist, dass der Anruf von
Herrn Gabriel und das anschließende Telefonat mit Herrn Ziercke und das darauffolgende Gespräch
mit Herrn Steinmeier in genau dieser Reihenfolge stattfanden und in einem engen zeitlichen Zusam-
menhang standen. Die genauen Uhrzeiten, zu denen diese drei Gespräche stattfanden, kann ich nicht
nennen. […]“2512

Jörg Ziercke hat im Innenausschuss erklärt, der Anruf von Thomas Oppermann sei am 17. Oktober 2013 gegen

15.30 Uhr erfolgt.2513 Auf dem am 17. Februar 2014, für die Teilnahme an der Innenausschusssitzung am 19.

Februar 2014, erstellten Sprechzettel für BKA-Präsident Ziercke findet sich folgender Passus:

„Hinweis:

Anruf aus dem Büro des Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD (zu diesem Zeitpunkt
MdB Oppermann) am 17.10.2013, 15:29 h, auf dem Anschluss PR in Wiesbaden“2514

Dazu befragt, wie diese genaue Zeitangabe möglich war, hat der Zeuge Hans-Joachim Leon, seinerzeit Leiter

des Stabsbereiches 1 im Bundeskriminalamt, erklärt, die Zeit „15.29 Uhr“ sei vom Telefondisplay im Wiesba-

dener Büro von BKA-Präsident Ziercke unter „eingegangene Anrufe“ abgelesen worden. Diesen Vorgang hat er

wie folgt beschrieben:

„[…] [Ziercke, Anm.] sagte: Ich weiß nicht mehr genau: Wann hat er mich angerufen? War es der 17.,
war es der 16.? Wie bekommen wir das raus? […]

Und da wir ja keine […] Telefonlisten irgendwo haben bei der Vermittlung - das kann also nicht
festgestellt werden, wer bei uns angerufen hat -, war die einzige Idee, die ich noch hatte, zu gucken:
‚Wann war er wo, in welchem Büro, in seinem Wiesbadener Büro oder in Berlin?‘, und bin dann mit
seinem Einverständnis in sein Büro gegangen und habe einfach mir sein Telefon angeschaut. In jedem
Telefon […] gibt es so eine Anrufliste oder entgangene oder letzte Anrufe. […] die letzten 50 Anrufe
werden geräteseitig einfach angezeigt, welches Telefonat da eingegangen ist. Dann bin ich einfach
diese Liste durchgegangen. Ich […] habe dann […] in seinem Wiesbadener Büro - - an dem besagten
17.10. um 15.29 Uhr war eine Berliner Nummer - ich habe nur nach Berliner Nummern geschaut - im
Display vermerkt als eingehender Anruf, und im Internet habe ich dann nur recherchiert, und die war
ausgewiesen für die Nummer der Frau Lambrecht, also der Geschäftsführerin der Fraktion […], also
jetzt nicht für Herrn Oppermann, sondern für die Geschäftsstelle der Fraktion war es ausgewiesen,
diese Nummer.

Dann habe ich Herrn Ziercke darüber informiert, habe gesagt: Das ist das Einzige, was ich gefunden
habe. - Dann sagte er: Dann muss es das gewesen sein! - Weil Herr Oppermann hatte ja quasi das Büro

2511 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 8.
2512 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 8.
2513 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 12, Protokoll der 4. Sitzung des Innenausschusses, Zeuge Ziercke.
2514 MAT A- BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 375 (386 f.), Sprechzettel für BKA-Präsidenten Ziercke für die Teilnahme an der Innenausschusssit-

zung am 19.02.2014, TOP „Informationsweitergabe im Fall Edathy“.

Drucksache 18/6700 – 562 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

- - oder er hatte ja vorher diese Funktion. Er hatte vorher diese Funktion, und deshalb muss es dieses
Telefonat gewesen sein.“2515

Mit Schreiben vom 26. Juni 2015 hat das Bundesministerium des Innern richtiggestellt, dass das Telefonat tat-

sächlich um 16.29 Uhr stattgefunden habe. Es hat dies wie folgt erläutert:

„Der Zeitpunkt der visuellen Ablesung des Protokolleintrags […] durch Kriminaldirektor Leon fand
[…] im Zeitraum zwischen 14. und 16. Februar 2014 statt […] und damit während der Mitteleuropäi-
schen Winterzeit, das Telefonat zwischen Herrn MdB Thomas Oppermann und Herrn Ziercke am 17.
Oktober 2013 hingegen während der Mitteleuropäischen Sommerzeit.

Der Wechsel von der Sommer- auf die Winterzeit am 27. Oktober 2013 hatte zur Folge, dass die Uhr
um eine Stunde zurückgestellt wurde […].“

Es sei festgestellt worden,

„[…] dass zwar in der Datenbank des Telefongerätes die jeweils tatsächliche Anrufzeit gespeichert
wird, für die Darstellung im Telefondisplay jedoch eine Anpassung auf die zum jeweiligen Visuali-
sierungszeitpunkt geltende Sommer- oder Winterzeit erfolgt. Dieser Umstand war dem Bundeskrimi-
nalamt bislang unbekannt.

Vorliegend bedeutet dies, dass das im Telefondisplay bei der visuellen Ablesung […] mit 17. Oktober
2013 um 15:29 Uhr‘ angezeigte Telefonat tatsächlich […] eine Stunde später, das heißt am 17. Oktober
2013 um 16:29 Uhr stattgefunden hat.“2516

Der Vizepräsident beim Bundeskriminalamt Michael Kretschmer hat in der 44. Sitzung des Untersuchungsaus-

schusses am 1. Juli 2015 erklärt, ein solcher technischer Vorgang sei vor dem Hintergrund, dass Ruflisten dazu

dienten, Daten vergangener Telefonate korrekt nachvollziehen zu können, für eine Sicherheitsbehörde nicht ak-

zeptabel.2517

b) Grund für den Telefonanruf bei Ziercke

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Oppermann ausgesagt, nach dem Telefonat mit Gabriel über die gegen

Sebastian Edathy erhobenen Vorwürfe schockiert gewesen zu sein:

„[…] Nach dem Telefonat war ich fassungslos und schockiert. Ich konnte mir bei Sebastian Edathy
nicht vorstellen, dass gegen ihn ein solcher Verdacht geäußert wird oder er mit solchen Dingen auch
nur ansatzweise zu tun haben könnte. Ich hatte Sebastian Edathy als einen versierten Innenpolitiker
kennengelernt, für den Gesetz und Recht im Mittelpunkt seiner Tätigkeit als Abgeordneter standen,
und er hatte als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses sehr gute Arbeit geleistet. Aber er
war wegen seiner kompromisslosen Aufklärungsarbeit auch vielen Anfeindungen ausgesetzt. Mit an-
deren Worten: Ich konnte mir nach dem Anruf von Sigmar Gabriel auf die Vorwürfe keinen Reim
machen. […]“2518

2515 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 17.
2516 Ausschuss-Drs. 18(27)121, Schreiben des BMI vom 26. Juni 2015.
2517 Kurzprotokoll-Nr. 44 - nichtöffentlich -, S. 8.
2518 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 169.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 563 – Drucksache 18/6700
In der Hoffnung, vom BKA-Präsidenten Ziercke bezüglich der gegen Edathy erhobenen Vorwürfe Gewissheit

zu erlangen, sei ihm die Idee gekommen, Ziercke anzurufen:

„[…] Um die Dinge einordnen zu können - vielleicht auch in der heimlichen Hoffnung, dass hier ein
Irrtum oder eine Verwechslung vorliegen könnte -, habe ich sofort nach dem Gespräch mit Sigmar
Gabriel spontan Herrn Ziercke angerufen. Ich wusste, dass das BKA für internationale Angelegenhei-
ten zuständig ist. Ich ging also davon aus, dass die Informationen, die wir von Minister Friedrich
hatten, ursprünglich vom BKA kommen mussten und Herr Ziercke deshalb mit dem Vorgang vertraut
ist und den Sachverhalt kennt. Die Vorstellung war: Wenn jemand in der Lage ist, ein mögliches
Missverständnis auszuräumen, dann Herr Ziercke. […]“2519

An anderer Stelle hat der Zeuge Oppermann ausgeführt:

„[…] Ich hielt das bei Sebastian Edathy für abwegig. Wenn Sie mich vorher gefragt hätten […]: ‚Hal-
ten Sie es für möglich, dass Sebastian Edathy in eine Kinderpornografie-Affäre verstrickt ist?‘, hätte
ich gesagt: Nein, das schließe ich aus. - Und deshalb war ich schon sehr schockiert und auch irritiert
über diese Information. Das Gespräch war kurz und knapp, weil, sagen wir mal, Gabriel auch schein-
bar nicht viel Zeit hatte. […] Wir haben kurz miteinander gesprochen, und dann habe ich ihm gesagt:
Na ja, also irgendwie kommt mir etwas schräg vor, die ganze Geschichte. - Mit wem sollte ich jetzt
darüber reden? Ich meine, ich konnte ja nicht zu meinem Büroleiter gehen oder einen Freund anrufen:
Sag mal, hältst du das für denkbar? - Da war Herr Ziercke natürlich die einzige Person eigentlich, mit
der ich darüber reden konnte.“2520

Des Weiteren hat der Zeuge erklärt:

„[…] ich habe mir nicht angemaßt, von Herrn Ziercke irgendetwas zu erfahren, worauf ich kein An-
recht hatte. Insbesondere ging es mir nicht darum, Informationen zu einem laufenden Ermittlungsver-
fahren zu bekommen. Mein Vorstellungsbild war ein ganz anderes. Denn ich musste aufgrund der von
Minister Friedrich stammenden Informationen davon ausgehen, dass noch gar kein Ermittlungsver-
fahren gegen Sebastian Edathy anhängig war. […]“2521

Im Innenausschuss wurde Thomas Oppermann gefragt, ob er nicht doch die Hoffnung gehabt habe, etwas zu

erfahren, was er bisher nicht gewusst habe. Darauf antwortete er:

„Nein, ich habe nicht mit dem konkreten Erkenntnisinteresse angerufen, dass mir Herr Ziercke Ein-
zelheiten zu diesem Verfahren genau erzählt. […]“2522

c) Ablauf und Inhalt des Telefonats

Zum Ablauf und Inhalt des Telefonats hat der Zeuge Oppermann in seiner Vernehmung ausgeführt:

„[…] Das Telefonat habe ich alleine in meinem Büro geführt. Vorher hatte ich meine Sekretärin darum
gebeten, eine Verbindung zu Herrn Ziercke herzustellen. An den Verlauf dieses eher kurzen Gesprä-
ches habe ich folgende Erinnerung: Ich habe einleitend Herrn Ziercke vorgetragen, was Sigmar Gab-
riel von Minister Friedrich erfahren und dieser dann Frank-Walter Steinmeier und mir mitgeteilt hatte.
Sinngemäß habe ich ihm gesagt, dass wir von Minister Friedrich informiert wurden, dass der Name
Edathy im Zusammenhang mit Bildern von nackten Kindern und Jugendlichen bei Ermittlungen im
Ausland aufgetaucht sei. Bei ihm gehe es nicht um strafbare Inhalte; strafrechtliche Ermittlungen

2519 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 169.
2520 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 189.
2521 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 170.
2522 MAT A-InnenA 18(27)6-B, S. 17, Protokoll der 5. Sitzung des
Innenausschusses, Zeuge Oppermann.

Drucksache 18/6700 – 564 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

könnten aber dennoch nicht ausgeschlossen werden. Herr Ziercke hat daraufhin gesagt, er könne und
wolle die Informationen von Minister Friedrich nicht kommentieren. Ich habe damals schnell den
Eindruck gewonnen, dass mein Anruf Herrn Ziercke unangenehm war und dass er keinesfalls weiter
über den Sachverhalt sprechen wollte. Das habe ich respektiert und das Gespräch kurz danach beendet.
[…]“2523

Die Reaktion Zierckes hat der Zeuge Oppermann in der weiteren Vernehmung geschildert:

„Es wird ja immer gesagt, wir hätten uns angeschwiegen, und dann hätten beide Bescheid gewusst.
Das ist nicht zutreffend. Wir haben miteinander geredet. Ich habe ihm den Sachverhalt geschildert,
um den es ging, und Herr Ziercke hat dann gesagt - sinngemäß; den genauen Wortlaut erinnere ich
nicht -: Herr Oppermann, Sie erwarten doch jetzt nicht von mir, dass ich das kommentiere. - Und in
dem Moment war mir klar, dass ich ihn - - dass er da nicht weiter drüber reden wollte, und dann habe
ich das Telefonat eben auch schnell beendet. […]“2524

Der Zeuge Ziercke hat das Gespräch wie folgt beschrieben:

„Er [Oppermann, Anm.] hat, wenn ich es richtig erinnere, eingeleitet, dass er eine Information bekom-
men habe, und zwar durch den Innenminister ursprünglich als Informationsquelle - wie das an ihn
weitergereicht worden ist, weiß ich nicht -, und er hat diesen Sachverhalt geschildert, wenn ich es
richtig erinnere. Ich weiß noch […], dass bei mir so das Gefühl hochkam […], dass ich hier möglich-
erweise auf ein Gleis komme, wo ich mich strafrechtlich schuldig machen könnte, was vielleicht auf
eine Amtspflichtverletzung hinauslaufen könnte. Ich habe deshalb nur zugehört und an einer Stelle
dann, ohne dass ich jetzt das insgesamt abbrechen wollte - aber im Grunde war es ein Abbruch -,
deutlich gemacht, dass ich das nicht dementieren werde, was er sagt. Ich habe jetzt aus der Erinnerung
noch bei mir festgehalten, dass dies ihn dann dazu veranlasst hat, auch das Gespräch seinerseits zu
beenden.“2525

An anderer Stelle hat er sich erinnert:

„[…] Er hat den Sachverhalt geschildert, den er erfahren hat über Minister Friedrich in der Kette, was
weiß ich von wem. Und da habe ich dann zwischendurch bei einer Sprechpause ihm gesagt: Also, ich
kommentiere das nicht, oder ich dementiere das nicht. - Dann war das Gespräch im Grunde schnell zu
Ende, weil er merkte, dass ich im Grunde gar nicht empfangsbereit war für irgendwelche Fragen. Er
hat gar keine Frage gestellt […].“2526

„[…] mein Problem war ja, ich wusste ja, dass der Minister - oder nahm es an jedenfalls, Fritsche,
Minister - informiert war. Er sagte ja auch, dass das über den Minister eingespeist worden war in die
SPD-Spitze. Also, insoweit konnte ich ja gar nicht dementieren. Was soll ich dazu - - Ich kann nur
sagen: Ich werde das nicht dementieren und nicht kommentieren […].“2527

Auf die Feststellung, er habe im Zusammenhang mit dem Telefonat mit Thomas Oppermann in seiner Verneh-

mung mehrfach erklärt, gesagt zu haben, „ich kommentiere das nicht“ oder „ich dementiere das nicht“, hat der

Zeuge Ziercke erklärt:

2523 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 169 f.
2524 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 176 f.
2525 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 54.
2526 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 61.
2527 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 59.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 565 – Drucksache 18/6700

„[…] mir ist das eben noch mal bewusst geworden, als der Abgeordnete darauf hinwies, dass das
möglicherweise als Bestätigung verstanden worden sein könnte. Das ist mir eigentlich jetzt erst be-
wusst geworden. Insofern - - Ich müsste sonst darum bitten, dass man mir das Protokoll noch mal
vorlegt. Also, das, was ich damals gesagt habe, das ist richtig.” 2528

Auf den Vorhalt seiner Aussage im Innenausschuss, wonach er seinerzeit in dem Telefonat gesagt habe, dass er

das nicht kommentiere, hat der Zeuge Ziercke geantwortet:

„Genau. Dann ist das die richtige Wortwahl.“ 2529

Im Innenausschuss erklärte BKA-Präsident Ziercke auf die Frage, ob er den Anruf Oppermanns nicht hätte zum

Anlass nehmen können, dies seinen Vorgesetzten zu melden:

„[…] Aber ich habe doch keinen Verdacht gehabt gegen Herrn Oppermann, Hern Steinmeier oder
Herrn Gabriel, auch nicht gegen den Minister selbstverständlich […].“2530

Zur Frage, ob er verpflichtet gewesen sei, einen Vermerk für die Staatsanwaltschaft anzulegen, führte er an

anderer Stelle vor dem Innenausschuss aus:

„[…] Ich bin nicht verpflichtet, der Staatsanwaltschaft in einem solchen Fall mitzuteilen, dass mein
Minister Herrn Gabriel informiert hat. […]“2531

Weitere Telefonate zwischen ihm und Thomas Oppermann hat es nach der Aussage des Zeugen Ziercke nicht

gegeben.2532

Dass Bundesminister Dr. Friedrich seine Informationen von Staatssekretär Fritsche hatte, sei in dem Telefonat

nach Aussage von Thomas Oppermann nicht erwähnt worden.2533

d) Interpretation der Reaktion Zierckes durch Oppermann

Nach eigener Darstellung fasste Oppermann die Reaktion Zierckes als Bestätigung der Vorwürfe gegen Sebas-

tian Edathy auf. In seiner Vernehmung hat er dazu erläutert:

„Da er [Ziercke, Anm.] meinen Ausführungen […] nicht widersprochen, sie also nicht dementiert
hatte, zog ich für mich persönlich nach dem Gespräch den Schluss, dass ein Ermittlungsverfahren
möglich ist; denn wenn hier ein Irrtum oder eine Verwechslung vorgelegen hätte, dann - so meine
Vorstellung - hätte mich Herr Ziercke mit Sicherheit darauf hingewiesen. Deshalb habe ich das Ge-
spräch im Ergebnis als Bestätigung der Informationen aufgefasst, die wir von Minister Friedrich hat-
ten. […]“2534

Der Zeuge Ziercke hat erklärt:

2528 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 64.
2529 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 64.
2530 MAT A-InnenA 18(27)6-C, S. 33, Protokoll der 6. Sitzung des
Innenausschusses, Zeuge Ziercke.
2531 MAT A-InnenA 18(27)6-A, S. 18, Protokoll der 4. Sitzung des
Innenausschusses, Zeuge Ziercke.
2532 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 68.
2533 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 54.
2534 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 170.

Drucksache 18/6700 – 566 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Der Anruf von Herrn Oppermann war ja so gestaltet, dass er glaubte, ich hätte ihm etwas bestä-
tigt. Ich habe zum Ausdruck gebracht, dass ich nicht dementiert habe und dass möglicherweise aus
dieser Situation heraus der Eindruck entstanden war, dass ich etwas hätte bestätigen wollen, was nicht
der Fall ist. Das habe ich klar dementiert, auch öffentlich dementiert, dass dieses, von dem Herrn
Oppermann ausging, nicht stattgefunden hat. […]“2535

e) Kein zweites Telefonat zwischen Oppermann und Ziercke

Im Untersuchungsausschuss ist der Frage nachgegangen worden, ob es bereits am 15. Oktober 2013 ein Telefo-

nat zwischen Thomas Oppermann und dem BKA-Präsidenten Jörg Ziercke gegeben haben könnte. In dem Ent-

wurf einer vom Bundeskriminalamt am 14. Februar 2014 erstellten internen Chronologie findet sich eine mit

Fragezeichen versehene Eintragung eines möglichen Telefonats zwischen Ziercke und Oppermann. Das Telefo-

nat selbst ist mit keinem Datum versehen, der Eintrag findet sich aber zwischen mehreren auf den 15. Oktober

2013 datierten Ereignissen.2536

In einer am selben Tag erstellten aktualisierten Version dieser Chronologie ist ein Telefonat zwischen Opper-

mann und Ziercke mit diesem Datum nicht mehr aufgeführt. 2537

Zur Erstellung der Chronologie hat der Zeuge Leitender Kriminaldirektor Schiffels ausgesagt:

„[…] Also, wenn ich mich recht erinnere, war das so gewesen, dass dort unter dem - so wie ich das
aufgefasst habe - 15. Oktober 2013 irgendwann so eine Rubrik kam ‚Anruf Oppermann‘. Da das nun-
mehr eine Chronologie war, die bei SO 12 erstellt wird, kann SO 12 gar nicht wissen, wann der Prä-
sident mit Herrn Oppermann telefoniert hat. Insofern habe ich dann darum gebeten, das zu korrigieren,
weil - - Ich glaube, so war das von der Frau Greiner auch gar nicht gemeint, weil sie hatte Fragezeichen
da drangemacht, also quasi so die Erklärung: Das ist unbekannt, wann das konkret war. Hier ging es
darum, festzustellen - - oder eine Tabelle anzuliefern, die dann auch richtig ist. Diese Information,
wann dieses Telefonat stattgefunden hat, konnten wir ja gar nicht haben. Das war dieser Hintergrund
gewesen.“2538

Der Zeuge Leitender Regierungsdirektor Braß hat dazu erklärt:

„Aus meiner Sicht gab es gar keinen Eintrag, dass es ein Telefonat am 15.10. gegeben hat.

[…]

Sondern es gab das Bemühen, den Informationsfluss - - Wie kommt die Information von Niedersach-
sen ins BKA? Wie wandert die Information im BKA von der Sachbearbeiterin, die sie entgegennimmt,
über die Abteilungshierarchie bis zur Leiterin der Abteilung? Wie kommt sie dann zur Amtsleitung?
Und dann: Wie kommt sie zu Herrn Oppermann?

Das ist dort sozusagen mit drei Zeilen mit Fragezeichen auch zum Datum des Anrufes eingetragen
worden. Das ist handwerklich schlecht, weil jemand in dem Moment die Chronologie verlässt und
einfach Abläufe darstellen will, wie Informationsflüsse ablaufen, ohne zu bedenken, dass in dem Mo-
ment, wenn man das in eine Zeile reinmacht ‚Am 15.10., 15.30 Uhr‘, wenn ich es richtig erinnere, und
dann eine Folgezeile kommt ‚15.10., 15.42 Uhr‘, dann, wenn man das dazwischen macht mit drei

2535 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 52.
2536 MAT A- BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 120 (120), Chronologie zu Kommunikationsabläufen bzgl. der OP Selm.
2537 MAT A- BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 130 (130), Chronologie zu Kommunikationsabläufen bzgl. der OP Selm.
2538 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 33.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 567 – Drucksache 18/6700

Zeilen, der Eindruck entstehen kann, auch wenn man Fragezeichen vorne reinmacht, die Telefonate
seien alle am 15.10. erfolgt. […]“2539

Nach Aussage des Zeugen Ziercke hat ein solches Telefonat am 15. Oktober 2013 nicht stattgefunden:

„[…] Es hat ja kein Telefonat am 15.10. stattgefunden. Ich habe ja erst am 16. mich schlau gemacht
über das Ganze, dann den Staatssekretär - - und dann den Bericht angefordert. Am 17. war das erste
Telefonat nach über was weiß ich wie viel Jahren wieder mit Herrn Oppermann.“2540

An anderer Stelle hat der Zeuge Ziercke erklärt:

„[…] Ich stelle mit aller Deutlichkeit fest: Es hat nur ein - ich wiederhole das: nur ein - Gespräch am
17.10.2013 gegeben und kein weiteres Gespräch, weder telefonisch noch persönlich. Herr Oppermann
hat mich am 17.10.2013 in Wiesbaden angerufen. Dieses Gespräch ist Gegenstand langer Erörterun-
gen im Innenausschuss und im Untersuchungsausschuss gewesen. Das heißt, es hat kein Gespräch am
15.10.2013 zwischen Herrn Oppermann und mir gegeben. […]“2541

Der Zeuge hat weiter ausgeführt:

„[…] Allerdings müsste jedem Betrachter dieser Liste auffallen, dass der tatsächlich unbestrittene Ter-
min des Telefonats am 17.10. nicht aufgeführt war. Ferner waren auf dieser Liste viele Fragezeichen,
die deutlich machten, dass es sich hier um die erste Fassung eines Entwurfs handelte und die Sachbe-
arbeiterin sehr sorgfältig zwischen gesichertem Wissen und weiteren noch zu klärenden Feststellungen
unterscheiden wollte. […]“2542

6. Gespräch zwischen Thomas Oppermann und Dr. Frank-Walter Steinmeier am 17. Oktober 2013

Im Anschluss an das Telefongespräch mit dem BKA-Präsidenten Ziercke unterrichtete Thomas Oppermann den

damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Frank-Walter Steinmeier in dessen Büro2543 über das Telefonat.

Beide Gesprächspartner seien sich einig gewesen, dass die Informationen vertraulich zu behandeln sind.

Das Gespräch hat er wie folgt beschrieben:

„Ich bin relativ kurz nach dem Gespräch mit Ziercke zu Steinmeier rübergegangen. Zu dem Zeitpunkt
waren die Sondierungsgespräche beendet, und es gab einiges zu besprechen; denn es standen ja jetzt
Koalitionsverhandlungen an. Aber als Erstes haben wir über diese Sache gesprochen. Er […] war ja
auch von Sigmar Gabriel informiert worden, und, tja, es ist ja nicht der erste, sagen wir mal, Immuni-
tätsfall - in Anführungsstrichen -, den wir hatten. Ich habe ihm gesagt, dass ich aus einem Telefonat
mit Ziercke keine anderen Erkenntnisse gewonnen habe als die, die wir von Sigmar Gabriel hatten,
und uns war klar: Das sind heikle, brisante Informationen. Die müssen wir auf jeden Fall für uns
behalten.“2544

Der Zeuge Dr. Steinmeier hat dazu ausgeführt:

„[…] Nach dem Gespräch mit Sigmar Gabriel führte ich ein weiteres Gespräch zu den kanadischen
Ermittlungen und Edathys Verwicklung darin mit Thomas Oppermann. Er berichtete mir von einem
Telefonat, das er mit dem BKA-Präsidenten Ziercke geführt hat. Oppermann hat mir damals gesagt,

2539 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 30 f.
2540 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 56.
2541 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 44.
2542 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 45.
2543 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 186.
2544 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 177.

Drucksache 18/6700 – 568 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

in diesem Telefonat habe es nichts Neues gegeben. Dieses Gespräch mit Herrn Oppermann fand kurze
Zeit nach dem Gespräch mit Sigmar Gabriel statt. Natürlich habe ich auch diese Informationen ver-
traulich behandelt, an niemanden weitergegeben. […]“2545

An anderer Stelle hat der Zeuge gesagt:

„[…] für mich bedeutete das ‚nichts Neues‘, dass wir weiterhin davon ausgehen müssen, dass ein
Ermittlungsverfahren stattfindet.“ 2546

Der nähere Gesprächsablauf sei wie folgt gewesen:

„[…] das war eine relativ typische Bürosituation zwischen Tür und Angel. Er kam rüber, kam in mein
Büro und hat gesagt: Du, nur ganz kurz. Ich weiß von Sigmar Gabriel, dass er dich informiert hat
wegen Edathy. Ich will dir nur sagen, ich habe mit Ziercke telefoniert. Daraus ergibt sich aber nichts
Neues. - Das war das ganze Gespräch, was stattgefunden hat. Für mich blieb dabei, dass - wie nach
dem Gespräch Gabriel mit Minister Friedrich - wir im Augenblick gar keine andere Möglichkeit ha-
ben, als zunächst mal stillzuschweigen, Vertraulichkeit zu bewahren und auf den Ausgang der Ermitt-
lungen zu warten.“2547

Zu seiner Reaktion auf die Information über das Telefonat hat der Zeuge Dr. Steinmeier ausgesagt:

„[…] Ist das ein Anruf gewesen, den ich von meiner Position aus hätte kritischer würdigen sollen? Ich
habe es jedenfalls nicht getan. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass er den Versuch gemacht hat,
die relativ vagen Hinweise noch abzudichten. Dieser Versuch hat offensichtlich in dem Gespräch je-
denfalls mit Herrn Ziercke keine neuen Erkenntnisse gebracht. Damit war die Sache aber auch, ehrlich
gesagt, für mich erledigt. Ich habe das jetzt nicht die nächsten Tage mit mir rumgeschleppt und mich
gefragt: War dieser Anruf richtig oder falsch? Er war ab dem Zeitpunkt, als ich wusste, er bringt uns
jedenfalls nicht weiter, auch gleichzeitig schon wieder bedeutungslos.“2548

II. Internationales Seminar an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster vom 16.
bis 18. Oktober 2013

Aufgrund der Aussage Sebastian Edathys, BKA-Präsident Ziercke habe Michael Hartmann erstmals Mitte Ok-

tober 2013 am Rande einer sicherheitspolitischen Tagung auf die gegen Edathy erhobenen Vorwürfe angespro-

chen, hat sich der Untersuchungsausschuss intensiv mit der vom Zeugen Edathy angesprochenen Tagung an der

Deutschen Hochschule der Polizei in Münster beschäftigt.

1. Aussage des Zeugen Sebastian Edathy

Der Zeuge Edathy hat erklärt:

„[…] Jedenfalls im Dezember bei einem Gespräch sagte mir Michael Hartmann, seine Informations-
quelle sei der damalige BKA-Präsident Jörg Ziercke persönlich. Sie hätten erstmals gesprochen Mitte
Oktober 2013 am Rande einer sicherheitspolitischen Tagung. Er konnte sich nicht mehr genau erin-
nern, wo die war. Ich habe mir das auch nicht gemerkt, habe aber dann später mal aus Interesse im

2545 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 132.
2546 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 147.
2547 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 134.
2548 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 154.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 569 – Drucksache 18/6700

Internet geguckt. Das muss Mitte Oktober in Münster gewesen sein. Da gab es eine Tagung zu poli-
zeipolitischen Fragen, und Hartmann, wie gesagt, sagte, am Rande einer Tagung im Oktober hätte ihn
Ziercke angesprochen, habe sehr besorgt gewirkt und habe gesagt, das hätte ihn sehr bestürzt, dass ich
da mit dieser Thematik, möglicherweise Kinder- und Jugendpornografie oder Posing, in Verbindung
stehen könnte […]. Ziercke sei besorgt gewesen. Er mache sich da auch gerade als SPD-Mitglied
Sorge, weil es schon zu dieser Thematik den Fall Jörg Tauss gegeben habe. Er fände das eigentlich
unerträglich, den Gedanken, dass die SPD jetzt erneut mit einem ihrer Abgeordneten mit diesem
Thema in Verbindung gebracht werden könnte. Näheres können Sie da meiner EV entnehmen
[…].“2549

An anderer Stelle hat der Zeuge Edathy ausgesagt:

„[…] Also, von SPD retten, war nicht die Rede, sondern es war die Rede von Schadensabwendung.
Hartmann hat keineswegs gesagt, dass Ziercke bereits Mitte Oktober ihn informiert hatte bei dieser
Tagung, bei der beide Referenten waren in Westdeutschland. Dass Ziercke Mitte Oktober Hartmann
angesprochen habe mit dem Ziel, mich zu informieren, das muss wohl ziemlich zeitnah gewesen sein
mit dem Bekanntwerden der Tatsache, dass ich da auf der Liste stehe im BKA selber. Jedenfalls hat
mir Michael Hartmann im Laufe der Zeit, im Dezember, einfach gesagt, Ziercke sei ziemlich aufgelöst
gewesen, als er Mitte Oktober auf Hartmann zuging. Insofern ist Ihre Interpretation, dass Ziercke be-
reits im Oktober wollte, dass da irgendwas an mich weitergegeben wird, nicht zwingend. Es kann auch
einfach sein, dass aufgrund eines guten persönlichen Verhältnisses zwischen Ziercke und Hartmann
Ziercke einfach einen Vertrauten haben wollte, mit dem er sein Wissen teilen kann zum damaligen
Zeitpunkt.“ 2550

Auf Nachfrage, ob er sage, dass Mitte Oktober bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der Tatsache, dass sein

Name auf der Kundenliste von Azov Film auftauchte, der damalige BKA-Präsident Ziercke Michael Hartmann

bei dem Zusammentreffen am 17. Oktober informiert habe, hat der Zeuge Edathy geantwortet:

„Also, Hartmann hatte mir nach unserem Gespräch in Leipzig dann am folgenden Montag, sagen wir
mal, 18. November, als wir uns in einem der Innenbalkone auf der Fraktionsebene in der Nähe des
SPD-Fraktionssaals kurz zusammengestellt und unter vier Augen noch mal geredet haben - - und da
fiel der Name Ziercke ja noch nicht, sondern da hatte er mir gesagt: Du, ich war - - Wie gesagt, ich
habe ihn gefragt: Sag mal, wie hast du das eigentlich erfahren? - Das hatte mich schon erstaunt. Ei-
gentlich wäre er für eine solche Sache ja nicht sachlich zuständig gewesen. Dann fiel der Name Ziercke
nicht. Aber Michael Hartmann sagte mir: Ja, es hätte da eine ein- oder zweitägige Tagung gegeben,
Mitte Oktober. Und am Rande dieser Tagung sei er angesprochen worden und hätte das erfahren.
[…]“ 2551

2. Veranstaltungsablauf laut Programm

Vom 16. bis 18. Oktober 2013 fand an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster ein Internationales

Seminar zum Thema „Aktuelle Problemfelder des polizeilichen Spitzenmanagements“ statt unter Leitung des

Leitenden Polizeidirektors i. H. Kubera und des Präsidenten des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz Wolf-

gang Hertinger. BKA-Präsident Ziercke und Abgeordneter Michael Hartmann waren als Referenten zeitweise

und Polizeipräsident Robert Kruse war als Teilnehmer anwesend.

2549 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 13.
2550 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 43.
2551 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 43.

Drucksache 18/6700 – 570 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Das Seminarprogramm2552 sah für den Abend des 16. Oktober 2013 vor:

„18.00 Uhr Abendessen und Informationsaustausch im Casino“

und für den Vormittag des 17. Oktober 2013:

„Schwerpunktthema: Die aktuelle Situation bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus/-terrorismus

08.30 Uhr Konsequenzen aus den Erkenntnissen des NSU-Untersuchungsausschusses MdB Mi-
chael Hartmann, Innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Berlin

09.00 Uhr Fortentwicklung der Sicherheitsarchitektur im Bereich der Polizei
Jörg Ziercke, Präsident des BKA, Wiesbaden

09.30 Uhr Kaffeepause

10.00 Uhr Fortentwicklung der Sicherheitsarchitektur im Bereich der Nachrichtendienste
Dr. Hans-Georg Maaßen, Präsident des BfV, Köln

10.30 Uhr Podiumsdiskussion

12.00 Uhr Mittagspause“

3. Informationsstand über den Vorgang Edathy und mögliches Informationshandeln

a) BKA-Präsident Ziercke

BKA-Präsident Jörg Ziercke wurde am Nachmittag des 15. Oktober 2013 von der Abteilungsleiterin SO im

Bundeskriminalamt, Dr. Vogt, telefonisch darüber unterrichtet, dass sich der Name einer prominenten Person

auf der Kundenliste der kanadischen Firma befindet. 2553 Spätestens gegen 20.30 Uhr teilte ihm Frau Dr. Vogt

mit, dass es sich bei der Person um Sebastian Edathy handelte (siehe oben C. V. 4. dd)).

Am 16. November 2013 wurde BKA-Präsident Ziercke in einer Besprechung durch Frau Kriminalhauptkom-

missarin Greiner über die vorliegenden Erkenntnisse bezüglich Sebastian Edathy in Kenntnis gesetzt.2554

Bereits am Vorabend hatte Frau Greiner eine Führungsinformation zu dem Sachverhalt verfasst.2555 (siehe oben

C. V. 5.)

Nach der Besprechung unterrichtete BKA-Präsident Ziercke den Staatssekretär im Bundesministerium des In-

nern Klaus-Dieter Fritsche über den Sachverhalt (siehe oben C. V. 7.).

2552 MAT A-DHPol 18(27)56, Programm und Teilnehmerliste der Tagung "Aktuelle Problemfelder des polizeilichen Spitzenmanagements" vom
16.-18. Oktober 2013.

2553 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 9, 58; Protokoll-Nr. 34, S. 45 f.
2554 Greiner, Protokoll-Nr. 9, S. 14.
2555 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 118, E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Stahl mit dem

Betreff „FI“ vom 15. Oktober 2013, 19.57 Uhr.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 571 – Drucksache 18/6700
Über den im Rahmen der Operation „Selm“ entstandenen Vorgang betreffend den BKA-Beamten „X“ und die

Entwicklung dieses Vorgangs war BKA-Präsident Ziercke unterrichtet (siehe oben B.).

Zu dem Seminar hat der Zeuge Ziercke ausgeführt:

„[…] Ich beginne mit dem 15. Oktober 2013. Erstmals erfahre ich am Nachmittag von dem Verdacht
gegen Herrn Edathy, nicht vorher. Am 16. Oktober 2013 ließ ich mir von meinen Mitarbeitern über
die Identifizierung von Herrn Edathy durch die Polizei an seinem Wohnort in Niedersachsen berichten.
Ich vollzog selbst die bisherigen Untersuchungsschritte des Falles Edathy nach und unterrichtete den
Staatssekretär. Am 17. Oktober 2013 um die Mittagszeit wurde ein schriftlicher Bericht dem Innen-
ministerium zugestellt.

Ich weiß das deshalb noch sehr genau, weil ich mich zu diesem Zeitpunkt auf einem Führungskräfte-
seminar an der Deutschen Hochschule für Polizei in Münster-Hiltrup als Referent befand und insbe-
sondere zu den Empfehlungen des Untersuchungsausschusses NSU an die Polizei Stellung nahm. Mit
mir referierten Dr. Maaßen für den Verfassungsschutz und Herr Hartmann. Ich war am Vorabend
gegen 22 Uhr an der Deutschen Hochschule eingetroffen. Mit Herrn Hartmann hatte ich nach meiner
Erinnerung nur kurz am nächsten Morgen im Tagungsraum einige Worte gewechselt. Über Herrn E-
dathy haben wir nicht gesprochen.

Nach Ende der Vortragsveranstaltung unterhielt ich mich noch kurz mit Herrn Dr. Maaßen. Ich musste
mich aber beeilen, wieder nach Wiesbaden zu kommen, da ich noch einen vollen Terminkalender hatte
[…].“2556

Auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass er mit Herrn Hartmann über tatsächliche oder mögliche Ermitt-

lungen im Zusammenhang mit Kinderpornografie gesprochen hat, hat der Zeuge Ziercke geantwortet:

„Absolut. Ich bin ja abends spät erst gekommen, hatte keinen Kontakt, habe am nächsten Morgen ihn
im Tagungsraum dann erst getroffen, habe da kurze Worte mit ihm gewechselt vor allen, die da waren.
Ich hatte ja das Problem an dem Tag - ich habe meinen Terminkalender hier -: Ich musste, sportlich
gesehen, ab 12.30 Uhr um 15 Uhr in Wiesbaden sein. Mein Fahrer hat das dann geschafft. Wir waren,
glaube ich, Viertel nach drei dann da.“ 2557.

Weiter hat der Zeuge Ziercke ausgeführt:

„Ich war zu dem Zeitpunkt schon fast 46 Jahre im Polizeidienst und über zehn Jahre schon im BKA
und habe schon einiges erlebt an Bomben - in Anführungsstrichen - und weiß mit solchen Informati-
onen auch umzugehen. Ich kläre vorher immer - - Ich sage immer bei mir im Hause auch, wir müssen
die Dinge vom Ende her denken, bevor wir eine Entscheidung treffen. Für mich war völlig klar: Ein
solcher Fall kann nur über das Ministerium, über den Minister laufen und auf keinen Fall in irgendeiner
Querbeziehung sich im Grunde entwickeln. Das wäre für alle Beteiligten, die so etwas unternehmen,
von vornherein aussichtslos gewesen. Für mich war auch klar, wenn ein solches Ereignis eintritt, dass
dann der Schaden schon da ist. Deshalb - - Wir haben ja schon darüber gesprochen: Was ist Ihre
Motivation? Wollte man irgendjemanden schützen oder so? - Nein, da war nichts mehr zu schüt-
zen.“ 2558

Auf die Frage, ob er bei der Tagung am 16./17. Oktober 2013 mit Herrn Hartmann zusammengetroffen sei, hat

der Zeuge Ziercke geantwortet:

2556 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 9.
2557 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 36.
2558 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 38.

Drucksache 18/6700 – 572 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Ja, da war er Referent. Ich war auch Referent.“ 2559

Auf die weitere Nachfrage, ob er dort mit Michael Hartmann auch ein paar persönliche Worte gewechselt habe,

hat er erklärt, über Edathy nicht gesprochen zu haben:

„Ich habe ausführlich dargestellt, dass ich mich mit ihm über Edathy dort nicht unterhalten habe und
nur sehr kurzen Kontakt hatte, nicht am Abend, sondern am nächsten Tag im Tagungsraum, und ich
sehr schnell wieder nach Wiesbaden musste.“ 2560

b) Michael Hartmann

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Hartmann bestätigt, an dieser Tagung teilgenommen und auch den Präsi-

denten des Bundeskriminalamtes Ziercke getroffen zu haben. Über Sebastian Edathy oder den gegen ihn beste-

henden Verdacht sei zwischen beiden Personen nicht gesprochen worden.2561

Auf die Frage, ob er sich erinnern könne, mit BKA-Präsident Ziercke über andere Dinge gesprochen zu haben,

hat der Zeuge Hartmann erklärt:

„Ja, ich habe eine Erinnerung an diese Tagung. Und zwar bin ich, von anderen Terminen kommend,
spätabends eingetroffen. Ich war dort zum ersten Mal und war eingeladen, am nächsten Morgen zu
referieren und zu diskutieren mit Herrn Ziercke und mit Herrn Maaßen zu - Pardon, Frau Vorsit-
zende - Ihrem Thema NSU. Und am Abend vorher, nach meinem späten Eintreffen - das Essen war
schon fast abgeschlossen -, begab ich mich noch in die gesellige Runde der aus Rheinland-Pfalz stam-
menden Polizeibeamtinnen und -beamten, die da anwesend waren. Ich erinnere mich auch konkret an
einzelne hochrangige LKA-Beamte, mit denen ich da zu Tische saß. Das war sehr schön, die wieder-
zusehen; denn bevor ich Abgeordneter wurde, war ich Pressesprecher des rheinland-pfälzischen In-
nenministeriums, und wir haben uns nach langer Zeit wiedergesehen. Das war so wie Kameradschafts-
treffen, in Anführungsstrichen gesprochen.

An dem Abend, bin ich mir nicht sicher, ob Herr Ziercke schon da war und, wenn er da war, ob wir
uns gesehen und begrüßt haben. Jedenfalls bin ich am nächsten Morgen - ich meine, ohne Frühstück
oder nur nach einem kurzen Frühstück - direkt in den Saal, in dem die Diskussion stattfand. In diesem
Saal waren bereits eine Reihe von Beamtinnen und Beamten anwesend, und ob Herr Ziercke schon da
war oder dazukam, das weiß ich nicht. Aber die Möglichkeit - und darauf zielt ja Ihre Frage unter
anderem - für ein persönliches, privates, gar klandestines Gespräch, die konnte es da gar nicht geben.

Ich bin danach ziemlich zeitig abgereist Richtung Berlin, wie ich jetzt aus meinem Kalender recher-
chierte - das hatte ich auch nicht mehr so deutlich in Erinnerung -, ich glaube, direkt nach der Diskus-
sion. Auf jeden Fall habe ich nicht mehr an Kaffeepausen oder Mittagessen oder so was teilgenommen;
da bin ich mir sicher. Und nach meinem Wissen mussten wir sogar - - Nicht nach meinem Wissen,
nach meiner ungefähren Erinnerung mussten wir die Diskussion sogar abkürzen, weil Herr Ziercke
wiederum seinerseits sehr eilige nachfolgende Termine hatte, sozusagen auf glühenden Kohlen
saß.“2562

2559 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 79.
2560 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 79.
2561 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 84.
2562 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 84.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 573 – Drucksache 18/6700

c) Polizeipräsident Kruse

Der Zeuge Polizeipräsident Kruse hat ausgesagt, weder mit BKA-Präsident Ziercke noch mit Michael Hartmann

gesprochen zu haben:

„Nein, gesprochen nicht. Ob sie nun gleichzeitig da waren, weiß ich nicht. Also, da waren sehr viele
Leute. Ich habe mit den beiden kein Gespräch geführt, weder an diesem Schnitzelabend noch vorher
während der Veranstaltung.“2563

Der Fall Edathy sei auch nicht anderweitig thematisiert worden.2564

Den Zeugen Ziercke hätte er, der Zeuge Kruse, zwar darauf ansprechen können, weil dieser unter fachlichen

Gesichtspunkten damit befasst gewesen sei, dafür habe es aber keinen Anlass gegeben.2565 Der Zeuge Kruse hat

dazu ausgesagt:

„[…] Aber es waren eben auch noch sehr viele andere Menschen da, und es hat aus fachlicher Sicht
eigentlich - aus meiner Sicht - keinen Grund gegeben, mit Herrn Ziercke dort zu sprechen; denn es lief
ja fachlich alles. Es ist ja, wie gesagt, dieses Verfahren zurückgegeben worden oder die Frage an das
BKA zurückgegeben worden. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt gar nicht, ob Herr Ziercke damit befasst
war oder nicht, tatsächlich persönlich. Es hätte also theoretisch auch sein können, dass das auf einer
darunterliegenden Abteilungsleiterebene oder so auch abgehandelt worden wäre. Also, ich habe zu
diesem Zeitpunkt nicht gewusst, ob Herr Ziercke tatsächlich persönlich mit diesem Fall befasst war.
Das hätte ich nicht gewusst. Ich hätte es trotzdem nicht für einen Pflichtenverstoß gehalten, weil er
eben dort Amtsleiter gewesen war. Aber es hat für mich auch keinen Anlass gegeben, weil aus meiner
Sicht ja alles getan war. Die Nienburger haben das ja über das LKA dann - - nein, direkt zurückge-
meldet zunächst, und von daher war alles gesagt. Es gab keinen Grund, das dort anzusprechen.“2566

d) Präsident des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz Wolfgang Hertinger

Der Zeuge Hertinger hat auf die Frage, wie intensiv er als Präsident des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz

in die Operation „Selm“ eingebunden gewesen sei, soweit Rheinland-Pfalz betroffen sei, geantwortet, er habe

außer der Tatsache, dass das Verfahren im Haus war, keine Detailkenntnis gehabt. 2567 Weiter hat er erklärt,

der Name Sebastian Edathy sei in der vom Bundeskriminalamt übermittelten Liste in der Ansprechstelle Kin-

derpornografie nicht aufgefallen und in der Behörde folglich auch nicht kommuniziert worden. 2568

Zum Vorgang des Beamten „X“ hat der Zeuge erklärt, das Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz sei seiner Erin-

nerung nach damit nicht befasst gewesen und er habe über den Fall auch weder mit BKA-Präsident Ziercke noch

mit Michael Hartmann oder einer sonstigen Person gesprochen. Er habe nur hausintern mit einigen Kollegen

spekuliert, wer diese Person gewesen sein könnte und ob man diesen vielleicht gekannt habe. 2569

2563 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 68.
2564 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 68.
2565 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 70.
2566 Kruse, Protokoll-Nr. 36, S. 70 f.
2567 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 13.
2568 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 8.
2569 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 13.

Drucksache 18/6700 – 574 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zu dem Seminar hat der Zeuge Hertinger erklärt, diese Tagung zusammen mit Herrn Kubera organisiert zu

haben. Auf den Vorhalt der Aussage Michael Hartmanns, wonach dieser am Abend vorher noch an einer gesel-

ligen Runde der aus Rheinland-Pfalz stammenden Polizeibeamtinnen und –beamten teilgenommen habe, hat der

Zeuge Hertinger erklärt:

„Also, es gab eine gesellige Runde in der ehemaligen Kantine der Deutschen Hochschule der Polizei,
aber ich erinnere nicht, dass Herr Hartmann dabei gewesen wäre. Herr Ziercke war dabei; das weiß
ich.“ 2570

Nachdem sich der Zeuge in der weiteren Vernehmung unsicher war, ob einzelne Veranstaltungsabläufe Tagun-

gen im Jahr 2013 oder im Jahr 2014 zuzuordnen waren, hat dieser in einer Sitzungsunterbrechung bezüglich der

Abläufe im Jahr 2013 Rücksprache mit seinem damaligen Mitveranstalter gehalten. In der weiteren Vernehmung

hat der Zeuge ausgesagt:

„[…] Ich hatte Glück, dass ich Herrn Kubera erreicht habe, der mit mir gemeinsam dieses Seminar
2013 geplant hatte. Sie sehen unten rechts, Leitung des Seminars: Thomas Kubera und mein Name.
[…]. Die Abende an dem Seminar, das ich organisiert habe, da war der erste Abend zweifelsfrei im
Kasino in der Hochschule und am zweiten Abend in einem Restaurant am Aasee. An beiden Veran-
staltungen habe ich teilgenommen. Herr Kubera meint sich zu erinnern, dass am ersten Abend Herr
Hartmann und auch Herr Ziercke dabei gewesen wären, am zweiten Abend nicht mehr. Das deckt sich
jetzt auch mit meiner Erinnerung, dass ich Herrn Ziercke nach dem Themenblock, zu dem er auch
referiert hatte gemeinsam mit Herrn Dr. Maaßen und Herrn Hartmann, auch verabschiedet habe.“ 2571

Zum Ablauf des ersten Abends im Kasino hat der Zeuge Hertinger erklärt:

„[…] Da ist von der Hochschule ein sogenanntes Schnitzelabendessen, ein Schnitzelbuffet angeboten
worden für die Seminarteilnehmer. Das fand im Kasino in der Hochschule statt. Das Kasino besteht
aus dem Erdgeschoss und einer offenen Galerie im Obergeschoss. In der Galerie im Obergeschoss
haben die Seminarteilnehmer gesessen und im unteren Bereich alle anderen, die das Kasino an dem
Abend aufgesucht haben. Das ist ja öffentlich, also für die Leute, die an der Hochschule studieren.
Soweit ich mich erinnere, hatte der Herr Kubera sogar noch drei Musiker vom Musikkorps Nordrhein-
Westfalen organisiert, die da auch noch Musik gemacht hatten.“ 2572

Auf Nachfrage hat der Zeuge bestätigt, dass ihm Herr Kubera mitgeteilt habe, er erinnere sich, dass an diesem

Abend Michael Hartmann und BKA-Präsident Ziercke anwesend gewesen seien. Zu seiner eigenen Erinnerung

an diesen Abend hat der Zeuge Hertinger ausgesagt:

„Ich erinnere mich eigentlich nur an Ziercke. Aber ich kann auch nicht ausschließen, dass Hartmann
da war.“ 2573

Auf die Frage, ob er mitbekommen habe, dass sich Hartmann und Ziercke auf der Tagung unterhalten haben,

hat der Zeuge erklärt:

2570 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 9.
2571 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 19.
2572 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 21.
2573 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 21.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 575 – Drucksache 18/6700

„Ja, die beiden haben sicher auch miteinander gesprochen. Davon gehe ich einfach mal aus. Aber
worüber sie im Detail gesprochen haben, darüber habe ich keine Kenntnis.“ 2574

Auf den Vorhalt der Aussage Zierckes, wonach dieser am Vorabend gegen 22.00 Uhr in der Hochschule einge-

troffen sei und mit Hartmann nach seiner Erinnerung nur kurz am nächsten Morgen im Tagungsraum einige

Worte gewechselt habe, hat der Zeuge Hertinger geantwortet:

„Ich denke schon, dass es so gewesen sein kann, wie es Herr Ziercke geschildert hat.

[…]

Das denke ich schon. Als Mitveranstalter achte ich ja vor allen Dingen darauf, dass das Ding an dem
Abend gut läuft, dass alle zufrieden sind. Dann redet man auch noch ein paar Takte offiziell. Man
achtet natürlich nicht auf die Einzelheiten, insbesondere natürlich nicht auf jeden, der da ist oder nicht
da ist. Also, ich kann mich da eher irren. Ich denke, Herr Ziercke hat das zutreffend geschildert.“ 2575

Weiter hat der Zeuge ausgesagt, über die Operation „Selm“ sei mit Gewissheit nicht gesprochen worden. Das

Thema Kinderpornografie habe höchstens abstrakt im Zusammenhang mit dem Thema Cybercrime eine Rolle

gespielt haben können, da es seiner Erinnerung nach auch einen Themenblock Cybercrime im Seminar gegeben

habe. 2576

4. Kommunikation zwischen Edathy und Hartmann am 18. Oktober 2013

In seiner Eidesstaatlichen Versicherung, die der Zeuge Edathy in seiner Vernehmung vorgetragen und zum Ge-

genstand seiner Aussage gemacht hat heißt es:

„[…] Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann […] sagte mir in einem Telefonat am
18.10. – also Oktober – 2013: ‚Wenn Du mal privat etwas hast, kannst Du Dich gerne an mich wen-
den.‘ Ich konnte den Satz damals überhaupt nicht zuordnen. Bei dem Telefonat ging es um politische
Zukunftspläne, über seine und meine Perspektiven in der neuen Wahlperiode. […]“ 2577

Auf die Frage, ob der oben genannte SMS-Text im Zusammenhang mit seinem Zusammentreffen mit BKA-

Präsident Ziercke am 17. Oktober 2013 gestanden haben könnte, hat der Zeuge Hartmann geantwortet:

„Ich kann Ihnen noch nicht einmal bestätigen, dass es dieses Telefonat gab. Insofern kann ich Ihnen
auch das Zitat nicht bestätigen. Ich kann es Ihnen auch nicht dementieren. Ich finde aber in der eides-
stattlichen Versicherung die Formulierung interessant, die sich daran anschließt. Die lautet: Bei dem
Telefonat ging es um politische Zukunftspläne, über seine und meine Perspektiven der neuen Wahl-
periode. Warum sollte nicht in einem Prozess auch einer kollegialen Wiederannäherung so ein Satz
fallen, und inwieweit weist der auf einen Geheimnisverrat oder einen beginnenden Geheimnisverrat
oder Strafvereitelung oder Ähnliches hin? – Erschließt sich mir nicht - wenn es das Telefonat über-
haupt gab, was ich Ihnen nicht bestätigen kann.“ 2578

2574 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 10.
2575 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 21.
2576 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 10.
2577 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 24 f.
2578 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 91.

Drucksache 18/6700 – 576 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Auf Nachfrage, ob es das Telefonat gegeben habe, oder ob er sich an den Satz erinnern könne, hat der Zeuge

Hartmann erklärt:

„Ich habe keine Erinnerung, ob es dieses Telefonat und dieses Gespräch gab“. 2579

III. Weitere Entwicklung und Geschehnisse bis zum 15. November 2013

1. Teilnahme Sebastian Edathys an den Koalitionsverhandlungen in der Unterarbeitsgruppe „Integration und
Migration“

In der Folgezeit nahm Sebastian Edathy als Nachrücker in der Unterarbeitsgruppe Integration und Migration der

Arbeitsgruppe Innen und Recht an den Koalitionsverhandlungen teil.

a) Ursprünglich für keine Arbeitsgruppe vorgesehen

Ursprünglich war er für keine Arbeitsgruppe für die Koalitionsgespräche vorgesehen gewesen.

Der Zeuge Oppermann hat erläutert, dass für Edathy in der Arbeitsgruppe Innen und Recht ohnehin kein Platz

gewesen wäre:

„[…] es wurden ja Arbeitsgruppen gebildet. […] Also, beispielsweise in der Arbeitsgruppe Recht und
Innen wäre auch ohne diese Information für Sebastian Edathy gar kein Platz gewesen. Da waren zwei
Sprecher drin für Innen und Recht, da waren zwei Landesminister drin und ich - ich glaube, das war
es schon - als Verhandlungsführer für diesen Bereich. Also, solche Einzelheiten, glaube ich, haben wir
[Dr. Steinmeier und Oppermann, Anm.] noch nicht besprochen. Aber uns war klar, dass er natürlich,
solange ein solcher Verdacht im Raum steht, für, sagen wir mal, irgendwelche wichtigen Positionen
ganz sicher nicht in Betracht kommt.“2580

Die Abgeordnete Christine Lambrecht, die zum Zeitpunkt der Koalitionsverhandlungen nach eigener Aussage

nicht über den Verdacht gegen Edathy informiert war2581, hat bestätigt:

„[…] Da ging es darum, einen Koalitionsvertrag aufzustellen für den Bereich Recht und Innen. Das
war schwierig genug, und da hat das Thema Sebastian Edathy überhaupt keine Rolle gespielt. […]“2582

„[…] das ist relativ einfach damit zu erklären, dass wir eben sehr viele ausgewiesene Innen- und
Rechtspolitiker haben, die auch da mitreden wollten […]. Da waren eben drei Landesminister, also
zwei Innenminister und eine Justizministerin, mit dabei. Unsere Länder haben großen Wert […] darauf
gelegt, bei diesen Verhandlungen mit am Tisch zu sitzen, nicht nur in diesem Fachbereich. […] Dann
war der Sprecher Recht dabei, Burkhard Lischka, der Sprecher Innen, Michael Hartmann, und da war
ich dabei als stellvertretende Fraktionsvorsitzende für Recht und Innen und Thomas Oppermann, der
für diesen Fachbereich auch stand, auch im Kompetenzteam.

[…] Deswegen, muss ich sagen, ist es mir auch gar nicht aufgefallen, dass Sebastian Edathy nicht
dabei war, und ich habe ihn immer wahrgenommen als jemanden, der in dieser anderen Arbeitsgruppe

2579 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 91.
2580 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 178.
2581 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 106.
2582 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 109 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 577 – Drucksache 18/6700

Migration ein Thema auch bearbeitet hat, das ihm ja auch immer am Herzen lag. […] Ich persönlich
habe mir damals auch nichts dabei gedacht.“2583

Gemäß der Aussage des Zeugen Gabriel waren Dr. Steinmeier und er der Überzeugung, dass bei der Besetzung

der Arbeitsgruppen die aktuellen Informationen in Bezug auf Sebastian Edathy zu berücksichtigen seien:

„[…] ich [war] der Überzeugung […] und Herr Steinmeier auch, dass wir jetzt sehr schnell - denn am
nächsten Tag begann die Vorbereitung auf die Koalitionsverhandlungen einschließlich Arbeitsgrup-
penbesetzung - aufpassen müssen, dass da keine Entwicklungen in Gang kommen, die uns dann mit-
tendrin, möglicherweise durch vielleicht dann doch stattfindende Ermittlungen oder durch das Öffent-
lichwerden des Umgangs mit Kinder- und Jugendpornografie, in größere Schwierigkeiten brin-
gen.“2584

Sebastian Edathy hat es nach eigener Aussage seinerzeit nicht überrascht, dass er nicht in die Arbeitsgruppe

Innen und Recht berufen worden war:

„[…] Entsprechend dem Proporz der Verhandlungspartner war die Zahl begrenzt für die SPD, was die
Besetzung der Verhandlungskommission betrifft, und ich war auch nicht wirklich erstaunt, dass ich
jetzt nicht in die Hauptarbeitsgruppe Inneres berufen worden bin, weil es gibt halt einen innenpoliti-
schen Sprecher, das war Hartmann. Es gab eine zuständige - heute natürlich auch, Frau Högl - - aber
die damalige zuständige Fraktionsvize war die heutige Parlamentarische Geschäftsführerin Lam-
brecht, die war da entsandt, und weil Innen und Recht zusammen verhandelt worden sind, ist auch der
damalige rechtspolitische Sprecher Lischka da entsandt worden. […]“2585

b) In der Unterarbeitsgruppe für Frau Prof. Dr. Karakasoglu nachgerückt

Da Frau Prof. Dr. Yasemin Karakasoglu, die ursprünglich in der Unterarbeitsgruppe Migration und Integration

verhandeln sollte, verhindert war, nahm Sebastian Edathy auf Vorschlag der Sprecherin der Unterarbeitsgruppe

Aydan Özoğuz, MdB, ihren Platz in der Unterarbeitsgruppe ein.

An das diesbezügliche Telefonat mit Frau Özoğuz hat sich der Zeuge Edathy in seiner Vernehmung erinnert:

„[…] das Telefonat mit Frau Özoğuz [muss] vor dem 25. Oktober gewesen sein.“ 2586

„[…] sie rief mich an und sagte, die Professorin [Frau Karakasoglu, Anm.] hätte ihr als Sprecherin
jetzt doch mitgeteilt, sie stünde nicht zur Verfügung. Sie hatte wohl strittige Diskussionen, ob sie ihre
Aufgaben an der Universität in Bremen vernachlässigen würde. […] Also, sie hat jedenfalls, nach
Aussage von Frau Özoğuz, Frau Özoğuz gegenüber mit dieser Begründung abgesagt. Das heißt, es
war ein Sitz in dieser Unterarbeitsgruppe für die SPD neu zu besetzen. Und mich fragte Özoğuz, ob
ich mir vorstellen könnte, diese Aufgabe wahrzunehmen. Und weil: Es war ja eine relativ langweilige
Zeit, ehrlich gesagt, so eine große Zwischenzeit, wo jetzt nicht parlamentarisch was passiert ist. Es
gab keine Ausschüsse. Auch wenn ich jetzt eigentlich lieber in der Arbeitsgruppe ‚Inneres‘ gewesen
wäre, was aber halt leider aus Kleiderordnungsgründen jetzt nicht nahe lag und ich auch nicht erwartet
hatte, dann sagte ich: Okay, versuchst du da mit zu verhandeln für diesen Teil der Koalitionsabspra-
chen und des beabsichtigten Koalitionsvertrages […].“2587

2583 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 110.
2584 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 126.
2585 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 38.
2586 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 51.
2587 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 51.

Drucksache 18/6700 – 578 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Edathy hat weiter ausgeführt, ihm seien keine Bedenken gegen diese Entscheidung bekannt geworden:

„[…] Ich habe dann gefragt: Ja, ist das konsentiert? - Und es gab diesen Lenkungsausschuss, dem
unter anderem auch die Vorsitzende angehörte; dem gehörte auch Frau Özoğuz an, und sie sagte mir,
ja, das hätte sie angesprochen in dieser großen SPD-Runde, ob es Bedenken gäbe, wenn ich da in der
Nachfolge der Professorin in die Unterarbeitsgruppe gehe, und diese Bedenken hätte es nicht gege-
ben.“2588

Thomas Oppermann war laut Aussage des Zeugen Staschen über den Personalwechsel informiert:

„[…] Nach meinem Wissen hat dann Frau Özoğuz Herrn Edathy angesprochen, ob er das nicht machen
möchte, und darüber hat dann der Parteivorstand die Fraktion in Form des 1. PGF informiert. […] der
Büroleiter von Frau Nahles hat mich, glaube ich, angerufen und hat gesagt: Sag mal, wisst ihr das?

Es ging auch darum, die Darstellung nach außen zu korrigieren, weil schon andere Listen verteilt,
gedruckt waren. Es gab so lange Listen, wer wo was macht, und die Frage war sozusagen: Wisst ihr
das? Ist das okay für euch? Da bin ich dann zu Herrn Oppermann gegangen und habe ihm das berichtet,
und da hat er gesagt: Ja, ist okay. […]“2589

Der Zeuge Oppermann hat dazu vor dem Untersuchungsausschuss erklärt, keine Probleme damit gehabt zu ha-

ben, Edathy in der Unterarbeitsgruppe mitarbeiten zu lassen.2590 Auf die Frage, ob die Informationen über Eda-

thy für dessen Mitarbeit nicht hinderlich gewesen seien, sagte er:

„Nein, ich konnte ja jetzt nicht sagen, er darf da nicht mitarbeiten. Dann hätte ich ja vielleicht eher
noch Fragen provoziert, die ich gar nicht haben wollte.“2591

2. „Karrieregespräch“ Edathys mit Oppermann am 8. November 2013

Am 8. November 2013 führten Thomas Oppermann und Sebastian Edathy auf dessen Wunsch ein Gespräch, in

dem es um künftige Verwendungsmöglichkeiten für Sebastian Edathy in einer Regierung oder im Bundestag

ging.

Sebastian Edathy hatte einen Tag vorher per SMS um dieses Gespräch gebeten.2592

a) Gesprächsverlauf

Edathy sagte aus, Oppermann habe ihm in dem Gespräch konkrete Ämter in Aussicht gestellt. Das Gespräch hat

er in seiner Vernehmung wie folgt dargestellt:

„Am 08.11.2013 hatte ich am Rande der Koalitionsverhandlungen ein Gespräch mit Thomas Opper-
mann, um das ich diesen zuvor per SMS gebeten hatte.

2588 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 52.
2589 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 22.
2590 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 178.
2591 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 178.
2592 MAT A-Eda 18(27)53, Bl. 4 (5), SMS-Verkehr Sebastian Edathys.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 579 – Drucksache 18/6700

[…] Das war […] im Paul-Löbe-Haus bei einer Sitzungsunterbrechung im Rahmen der Koalitionsver-
handlungen Inneres, Integration, Migration. […] Ich glaube, das war der Sitzungssaal des Innenaus-
schusses.

[…] Ich wollte von Oppermann wissen, […] welche Perspektiven er für mich in der neuen Wahlperi-
ode für den Fall einer großen Koalition sähe. Oppermann würdigte meine Leistung als Vorsitzender
des NSU-Untersuchungsausschusses und stellte - mir - konkret das Amt eines stellvertretenden Frak-
tionsvorsitzenden, eines Parlamentarischen Staatssekretärs oder eines Ausschuss-Vorsitzenden (In-
nen) in Aussicht.

Ich war ja von 2005 bis 2009 Vorsitzender des Innenausschusses. […] Aber es stand durchaus im
Raum - sagte mir jedenfalls Oppermann -, dass bei den Verhandlungen über die Vergabe der Aus-
schussvorsitze die SPD sagt: Für uns ist unter anderem wichtig, dass wir wieder den Vorsitz im In-
nenausschuss besetzen.

Also, das war relativ konkret […] - Alles andere wäre ja auch unseriös gewesen. Ich war ja selber an
den Koalitionsverhandlungen beteiligt. Die waren noch nicht abgeschlossen. […] Es gab zu diesem
damaligen Zeitpunkt nicht mehr so viele Punkte, wo ein Kernbedarf an Diskussionen vorhanden ge-
wesen wäre, an dem das Ganze hätte scheitern können. Also, die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer
Bildung kommen würde, war schon relativ groß. Insofern hat er sich da auch unter Nennung dieser
drei Funktionen mir gegenüber eingelassen. Ich habe das als sehr ernsthaft erlebt, musste natürlich
dann später feststellen, er wusste am 8. November im Gegensatz zu mir schon Bescheid […].“2593

Der Zeuge Oppermann hat in seiner Vernehmung nachdrücklich bestritten, Sebastian Edathy konkrete Angebote

bezüglich etwaiger Posten gemacht zu haben. Den Inhalt des Gesprächs stellte er wie folgt dar:

„[…] Am 8. November 2013 habe ich auf Wunsch von Sebastian Edathy im Paul-Löbe-Haus in einer
Sitzungspause am Rande der Koalitionsverhandlungen ein kurzes Gespräch geführt. Sebastian Edathy
hatte am Vorabend per SMS um das Gespräch gebeten. […]

In diesen Tagen bin ich als Parlamentarischer Geschäftsführer oft um persönliche Gespräche gebeten
worden, in denen Abgeordnete mit mir über ihre künftige Verwendung sprechen wollten. Ich hatte die
Vermutung, dass dies auch der Hintergrund für den Gesprächswunsch von Sebastian Edathy war, und
darum ging es dann auch in dem Gespräch. Er wollte wissen, welche Möglichkeiten und hervorgeho-
benen Positionen ich für ihn sehe.

[…]

Zunächst habe ich in all diesen Gesprächen niemandem etwas angeboten. Das wäre eine Anmaßung
gewesen, da ich darüber als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer nicht allein zu entscheiden hatte.
Ich habe ihm solche Ämter auch nicht in Aussicht gestellt. Im Gegenteil, so etwas habe ich in allen
Gesprächen dieser Art bewusst vermieden. Stattdessen habe ich zunächst den Entscheidungsprozess
dargestellt: Wenn klar ist, wer für die SPD als Minister oder Staatssekretär in die Regierung geht, wird
zunächst der Fraktionsvorsitzende gewählt und auf dessen Vorschlag die Erste Parlamentarische Ge-
schäftsführerin. Dann werden die Mitglieder des geschäftsführenden Vorstandes gewählt, dann die
Arbeitsgruppensprecher und Ausschussvorsitzenden und zuletzt die Mitglieder des Fraktionsvorstan-
des.

Zu seiner Person habe ich ihm lediglich erklärt, dass er als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsaus-
schuss sehr gute Arbeit geleistet und er sich dadurch empfohlen habe, dass ich ihm aber noch nichts
über konkrete Möglichkeiten sagen könne. Eine andere Aussage war zum damaligen Zeitpunkt auch
gar nicht möglich, weil die künftige Ressortverteilung noch gar nicht feststand. Wir waren ja noch

2593 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 31.
Drucksache 18/6700 – 580 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

mitten in den Koalitionsverhandlungen. Außerdem lag es mir fern, bei Sebastian Edathy konkrete
Erwartungen zu wecken, die ich am Ende aus ganz unterschiedlichen Gründen gar nicht hätte erfüllen
können. […]“2594

Oppermann wollte aber nicht ausschließen, dass Edathy möglicherweise eine andere Wahrnehmung von dem

Gespräch hatte:

„[…] Und ich habe ihm bescheinigt, dass er gute Arbeit gemacht hat und dass das dabei sicherlich
dann auch berücksichtigt werde, seine gute Arbeit. […] Also, er hat dieses Gespräch möglicherweise
so wahrgenommen, als ob ich ihn für die einzige politische Lichtgestalt halte, die jetzt, sagen wir mal,
höchstrangig berücksichtigt werden muss. Mag sein, dass das seine Wahrnehmung war; aber mit dem,
was ich gesagt habe, hat das jedenfalls nichts zu tun.“2595

Oppermann, dem zu diesem Zeitpunkt die Vorwürfe gegen Sebastian Edathy bekannt waren, hat die Gesprächs-

situation vor diesem Hintergrund als unangenehm beschrieben:

„[…] Das Gespräch war für mich eine äußerst unangenehme Situation; denn aufgrund meines Wissens
war ein offenes und ehrliches Gespräch mit Sebastian Edathy über seine künftigen Aufgaben gar nicht
möglich. Hätte ich auch nur angedeutet, dass es belastende Informationen über ihn gibt, hätte ich mich
dadurch wegen Strafvereitelung strafbar machen können. Mir blieb also gar nichts anderes übrig, als
das Gespräch so zu führen, als ob ich von den belastenden Informationen keine Kenntnis gehabt hätte.
Ein solches Gespräch ist also zwangsläufig unaufrichtig. Umso mehr war ich auf Zurückhaltung be-
dacht. Deshalb hat es mich empört, als Sebastian Edathy im Stern behauptet hatte, ich habe ihm in
diesem Gespräch das Amt eines stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden oder eines Parlamentarischen
Staatssekretärs angeboten. […]“2596

Auf die Frage, warum er gegenüber dem Spiegel ausgeführt habe, er (Oppermann) hätte Edathy „nur wissen

lassen, dass er kaum Chancen auf ein Ministeramt“2597 habe, was sonstige Funktionen offen lasse, hat der Zeuge

Oppermann geantwortet:

„Ich habe gesagt, […] Minister werden wahrscheinlich nur Leute aus dem Team - da war er nicht drin
-, und nicht mal alle aus dem Team werden Minister, weil so viele Ministerien -

[…]

- standen ja für den Koalitionspartner SPD gar nicht zur Verfügung und im Übrigen kennst du die
Abläufe […].“2598

Nach dieser Begegnung fand nach Erinnerung des Zeugen Oppermann kein weiteres Gespräch zwischen ihm

und Sebastian Edathy dessen Karriere betreffend statt:

„Nach dem persönlichen Vieraugengespräch, was wir am 8. November hatten, hat sich Herr Edathy
nie wieder bei mir und nach meiner Kenntnis auch bei niemand anderem gemeldet und sich für ir-
gendeinen Posten beworben.“2599

2594 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 170 f.
2595 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 17.
2596 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 171.
2597 „Einer wird Bleiben", Spiegel-Online, 20. Dezember 2014, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-130967240.html, zuletzt abgerufen am 02. No-

vember 2015.
2598 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 20.
2599 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 12.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 581 – Drucksache 18/6700

„[…] Nach diesem Gespräch kam Sebastian Edathy nicht mehr auf mich zu. Ich habe das darauf zu-
rückgeführt, dass eine Woche später, zwischen dem 14. und 16. November 2013, es eine breite Be-
richterstattung in Deutschland über die Ermittlungserfolge in Kanada gab. […]“2600

b) SMS Edathys im Anschluss an das Gespräch

Am Abend des 8. November 2013 bedankte sich Edathy in einer SMS an Oppermann für das

„[…] gute Gespräch vorhin […]“2601

Der Zeuge Edathy hat dazu erklärt, über den Gesprächsverlauf zufrieden und zu diesem Zeitpunkt noch „ganz

guter Dinge“ gewesen zu sein.2602

IV. BKA-Herbsttagung in Wiesbaden vom 12. bis 13. November 2013

1. Thema

Vom 12. bis 13. November 2013 fand in Wiesbaden die Herbsttagung des Bundeskriminalamtes zum Thema

„Cybercrime-Bedrohung, Intervention, Abwehr“ statt.2603 BKA-Präsident Ziercke hielt dort einen Vortrag mit

dem Titel „Kriminalistik 2.0 – effektive Strafverfolgung im Zeitalter des Internet aus Sicht des BKA“, in dem

es u. a. um die Bekämpfung von Kinderpornografie ging und über Ergebnisse einer diesbezüglichen Operation

aus dem Sommer 2013 berichtet wurde2604.

2. Teilnehmer/Teilnehmerinnen

Unter den angemeldeten Teilnehmern/Teilnehmerinnen2605 der BKA-Herbsttagung 2013 waren:

Aus dem Bundestag u. a.:

MdB Michael Hartmann. Er nahm nach seinen Angaben auf Twitter an der Tagung teil und fuhr nach deren

Ende von dort am 13. November 2013 zum SPD-Parteitag nach Leipzig2606, der dort vom 13.-16. November

2013 stattfand (dazu siehe Teil D. IV.).

2600 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 171.
2601 MAT A-Eda 18(27)53, Bl. 4 (4), SMS-Verkehr Sebastian Edathys.
2602 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 32.
2603 https://www.bka.de/nn_193916/nsc_true/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Publikationsreihen/08CodLiteraturreihe/8__25__Cyber-

crimeBedrohungInterventionAbwehr.html, zuletzt abgerufen am 02. November 2015.
2604 „Kriminalistik 2.0 – effektive Strafverfolgung im Zeitalter des Internet aus Sicht des BKA", Tagungsband S. 62 ff. (67),

http://www.bka.de/nn_205932/DE/Publikationen/Herbsttagungen/2013/Redebeitraege/herbsttagung2013Redebei-
traege__node.html?__nnn=true, zuletzt abgerufen am 02. November 2015.

2605 MAT A-BMI 18(27)76, Liste der angemeldeten Teilnehmer der BKA-Herbsttagung 2013.
2606 Tweets: 13. März 2013: “Von Wiesbaden direkt zum Bundesparteitag nach Leipzig.MH“ „Zweiter Tag #BKA Herbsttagung beendet. Kampf

gegen cyberangriffe aller Art muss in der 18.WP.Eines der Hauptthemen sein.MH“, 12. November 2013: “Wie in jedem Jahr bei der Herbstta-
gung des #BKA. Präsident Ziercke eröffnet. Thema brandaktuell:#cybersecurity. MH“, abrufbar unter https://twitter.com/hartmannmdb, zuletzt
abgerufen am 14. September 2015.

Drucksache 18/6700 – 582 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Aus dem Bundeskriminalamt:

BKA-Präsident Ziercke, VP Henzler (bis Ende März 2013 AL SO), VP Prof. Dr. Stock, LKD Braß (Leiter Lei-

tungsstab), Dir’in Dr. Vogt (AL’in SO seit 01.04.2013), LKD Schiffels (Gruppenleiter SO 1), KD Hoppe (bis

14.12.2013 RL SO 12)

Aus dem Bundesministerium des Innern:

Sts Fritsche, MD Kaller (AL ÖS)

Aus der Hessischen Staatsanwaltschaft:

GStA Blumensatt, LOStA Wittig (Sprecher), OStA Franosch (Leiter der ZIT), OStA May (ZIT).

LKA Rheinland-Pfalz:

LKA-Präsident Hertinger

3. Aussagen von Zeugen

Der Zeuge Hartmann hat in seiner Vernehmung nachdrücklich verneint, mit in der Vernehmung namentlich

abgefragten Angehörigen des Bundeskriminalamtes über die Operationen Selm/Spade oder über die Causa Eda-

thy gesprochen zu haben.2607

Auf die Frage, ob er generell über die Operationen „Spade“ oder „Selm“ gesprochen habe, hat der Zeuge Hart-

mann geantwortet:

„Ich habe viele Gespräche immer wieder in dienstlichen Angelegenheiten mit dem BKA geführt. Ich
werde im Einzelnen natürlich nicht ausbreiten, worüber. Ich kann Ihnen nur sagen: nie über die Causa
Edathy. Sie würden vermutlich auch dienstliche Gespräche, die Sie im und mit dem BKA führen, nicht
im Einzelnen ausbreiten. Dass alle Themenfelder im Geschäftsbereich des BKA dabei eine Rolle ge-
spielt haben, ist eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich.“2608

Auf die daraufhin erfolgte Nachfrage, ob er die Frage, ob er über die Operation „Selm“ gesprochen habe, nicht

beantworten könne oder wolle, hat der Zeuge Hartmann erklärt:

„Ich habe keine sichere Erinnerung, ob oder ob nicht. Mit Sicherheit alle Themenfelder, alle aktuellen
Themen spielten immer wieder in Besprechungen mit dem BKA eine Rolle in unterschiedlichster Zu-
sammensetzung, zum Teil auch mit Personen, die ich Ihnen gar nicht benamen könnte.“2609

Auf Nachfrage nach Kontakten mit Personen aus dem Bundeskriminalamt über den Vorgang Edathy und/oder

über die Operation „Selm“ hat der Zeuge Hartmann geantwortet:

„Wenn Sie da auf etwas Bestimmtes anspielen, eine bestimmte Person, nein.“2610

2607 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 110.
2608 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 110 f.
2609 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 111.
2610 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 111.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 583 – Drucksache 18/6700
Im Weiteren hat er auf Nachfrage bestätigt, dass er sich bezüglich der Einzelheiten seiner Gespräche in dienst-

lichen Angelegenheiten mit dem Bundeskriminalamt auf sein Zeugnisverweigerungsrecht als Abgeordneter be-

rufe und dabei klargestellt, dass es ihm nicht darum gehe, Informationen zurückzuhalten, sondern dass es einen

unbedingten Schutzbereich der Abgeordnetentätigkeit gebe.2611

Der Zeuge Hartmann hat weiter ausgeführt:

„Ich habe generell in meiner Zeit als innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion zu vielen
Mitarbeitern in allen Sicherheitsbehörden Kontakt gehabt und auch bewusst gepflegt in Wahrnehmung
meiner Aufgaben als Abgeordneter. Das gilt übrigens für den gesamten Geschäftsbereich des BMI,
und ich hoffe, Sie machen das auch.“2612

Nach Aussage des Zeugen Ziercke hat dieser auf der Tagung nicht mit Michael Hartmann gesprochen:

„[…] Ich war ja am zweiten Tag noch da. Wir haben ja zwei Tage nur gehabt. Der erste war meine
Verabschiedung. Da hat der Minister zwar ein Grundsatzreferat zur organisierten Kriminalität gehal-
ten. Da waren Abgeordnete da. Das habe ich wahrgenommen. Ich habe mit ihm da auch nicht gespro-
chen. Ich habe ihn [Hartmann, Anm.] einfach von weitem nur gesehen, weil der ganze Trubel um mich
herum ja stattfand. Ich habe mit ihm kein Wort gewechselt auf dieser Veranstaltung.“2613

Die Zeugen Fritsche2614, Henzler2615, Dr. Vogt2616, Braß2617 und Schiffels2618 haben ausgesagt, mit Michael Hart-

mann nicht über den Fall Edathy gesprochen zu haben.

Am Rande der Herbsttagung sprachen BKA-Präsident Ziercke und Staatssekretär Fritsche nach eigenen Anga-

ben über den dienstrechtlichen Umgang mit dem Beamten „X” (siehe oben B. III. 8. d)).

V. Im Umfeld des SPD-Bundesparteitags vom 14. bis 16. November 2013

Vom 14. bis 16. November 2013 fand in Leipzig der Bundesparteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutsch-

lands (SPD) statt.

2611 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 111 f.
2612 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 113.
2613 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 71.
2614 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 168.
2615 Henzler, Protokoll-Nr. 32, S. 69.
2616 Dr. Vogt, Protokoll-Nr. 30, S. 53.
2617 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 16.
2618 Schiffels, Protokoll-Nr. 30, S. 15.

Drucksache 18/6700 – 584 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

1. Vorfeld und Zusammenhang des 15. November 2013

a) Feststellungen zum Verhalten des Zeugen Edathy betreffend den Zeitraum 1. bis 10.November 2013

Die Staatsanwaltschaft Hannover hatte dem vormaligen Bundestagsabgeordneten Edathy in ihrer Anklage vom

15. Juli 2014 u. a. vorgeworfen, in der Zeit vom 1. bis 10. November 2013 an sechs Tagen über seinen Bundes-

tags-Laptop kinderpornografische Bild- und Videodateien aus dem Internet heruntergeladen zu haben.2619 In

einem Interview mit dem Spiegel räumt Sebastian Edathy ein, Videos auf der kanadischen Internetseite erworben

zu haben. Er betonte, dass alles, was er getan habe, sich im legalen Bereich bewegt habe.2620 Das Verfahren ist

durch Beschluss des Landgerichts Verden vom 19.März 2015 gemäß § 153a StPO gegen Geldauflage endgültig

eingestellt worden.2621

b) Berichterstattung über das kanadische „Project Spade“ und deren Kenntnisnahme durch Sebastian Edathy
und Michael Hartmann

Am 14.November 2013 fand um 9.30 Uhr Ortszeit (= ca 15.30 Uhr MEZ) in Toronto die dem Bundeskriminal-

amt zuletzt am 13. November 2013 durch Übersendung des Textes einer Presseerklärung angekündigte Presse-

konferenz der Toronto Police zum Project „Spade“ statt.2622 (Zur Kommunikation betreffend diese Presseaktivi-

tät siehe Teil A. II. 8.) Online gab es dazu am 14. November 2013 um 06.00 Uhr Ortszeit eine (Voraus-)Mel-

dung2623; dort und in späteren englischsprachigen Meldungen werden Deutschland oder Kunden aus Deutsch-

land nicht explizit erwähnt, der Name der Firma A. wird genannt.

Laut eigenen Aussagen haben sowohl Sebastian Edathy als auch Michael Hartmann die Medienberichterstattung

zur kanadischen Operation „Spade“ zur Kenntnis genommen.

Am 14. November 2013 meldeten verschiedene deutsche Medien, dass in Kanada ein internationaler Kinder-

porno-Ring ausgehoben worden sei. In den Meldungen wird nur ein allgemeiner Bezug zu Deutschland herge-

stellt, der Name der Firma wird nicht genannt, von Kunden in Deutschland ist nicht die Rede. 2624

So berichtete beispielsweise ZEIT ONLINE am 14. November 2013 um 18.23 Uhr:

„Die Polizei im kanadischen Toronto hat nach eigenen Angaben einen internationalen Kinderpornor-
ing gesprengt und Hunderte Kinder gerettet. Die Verdächtigen hätten vor allem in Osteuropa Fotos

2619 Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Hannover vom 17. Juli 2014, http://www.staatsanwaltschaften.niedersachsen.de/portal/live.php?naviga-
tion_id=22875&article_id=126374&_psmand=165, zuletzt abgerufen am 14. September 2015; Tgb-Nr. 05/15 VS-V (Seite 2 der Anklageschrift
der StA Hannover sowie Anlagen).

2620 „Ich bin verfemt", DER SPIEGEL, 17. März 2014, S. 22 ff.
2621 Pressemitteilung des Landgerichts Verden vom 20. März 2015, http://www.landgericht-verden.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilun-

gen/pressemitteilungen-des-landgerichts-verden-132546.html, zuletzt abgerufen am 14. September 2015.
2622 https://www.youtube.com/watch?v=jlNYzIu8tWI#t=70, 14. November 2013, zuletzt abgerufen am 2. November 2015.
2623 http://www.theglobeandmail.com/news/national/canadian-firm-at-centre-of-child-porn-case/article15433659/, zuletzt abgerufen am 14. Sep-

tember 2015.
2624 MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 108, Bl. 473, 481, 482 ff., auch z. B. focus online vom 14. November 2014, 22.46 Uhr.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 585 – Drucksache 18/6700

und Filme gemacht und dann in Kanada, den USA, Australien und vielen anderen Ländern verkauft.
341 Verdächtige wurden festgenommen und 386 Kinder gerettet, sagte die Polizei in Toronto.

Kopf der Organisation war den Ermittlungen zufolge ein 42 Jahre alter Mann aus Toronto, der schon
im Mai 2010 festgenommen worden war. Dieser habe sich vor allem in Osteuropa Sexvideos und –
fotos mit Kindern, ausschließlich Jungen, beschafft. Dafür habe er eine ganze Reihe Partner, die solche
Filme und Fotos machten, bezahlt. Über seine Webseite verkaufte er sie dann in der ganzen Welt.

Die Ermittlungen hätten im Oktober 2010 begonnen und Polizeieinheiten vor allem aus den USA, aber
auch Australien, Mexiko, Spanien, Südafrika, Hongkong, Irland, Norwegen, Griechenland und Gib-
raltar beteiligt. Fahndern in mehr als 50 Ländern seien die Ermittlungsergebnisse der Operation
‚Spade‘ (Spaten) zur Verfügung gestellt worden.

Bei dem 42-Jährigen fanden die Polizisten den Angaben zufolge 45 Terrabyte Daten mit Hunderttau-
senden Fotos und Filmen. Hunderte Kunden des Kanadiers hätten identifiziert werden können. Von
den 341 Verdächtigen seien allein in Kanada 108 festgenommen worden. In den USA habe es 76 und
in anderen Ländern noch einmal mehr als 150 Festnahmen gegeben.“2625

Die dpa meldete am 15. November 2013:

„Getarnter Kindesmissbrauch: Kinderpornoring in Kanada aufgedeckt […]

[…] im großen Stil soll ein 42-Jähriger aus Toronto Kinderpornos in die ganze Welt verkauft haben –
auch nach Deutschland. Die kanadische Polizei ermittelte jahrelang. Fast 400 junge Opfer sind iden-
tifiziert – und die Zahl könnte steigen.

Toronto [dpa] – Sie arbeiten als Lehrer, Ärzte, Priester, Polizisten, Hockeytrainer oder Journalisten.
Sie leben in Mexiko, Australien, Südafrika, Spanien oder Deutschland. Und sie alle haben eine dunkle
Verbindung zu einem Mann in der ostkanadischen Metropole Toronto: Der 42-Jährige soll seinen
mehr als 300 Kunden in rund 50 Ländern Videos mit Kinderpornografie verkauft haben. Getarnt als
naturalisitisch-künstlerische Experimentalfilme soll er auf seiner Webseite Videos mit nackten Jungen
angeboten haben – vom Kleinkind bis zum Teenager.

Viele Kinder sind für die Filme missbraucht worden, da ist sich die Polizei in Toronto sicher. Schon
im Mai 2011 sei der 42-Jährige festgenommen worden, teilte sie am Donnerstag (Ortszeit) mit, seit-
dem wird sein Fall untersucht. Bislang konnten rund 386 Kinder als Opfer identifiziert werden, 341
Verdächtige wurden festgenommen.

Die Aufnahmen sollen unter anderem in Pfadfinderlagern und auf eigens veranstalteten Kindersex-
Touren entstanden sein. Schon jetzt ist es kanadischen Medienberichten zufolge der größte jemals
aufgedeckte Kinderpornoring in dem nordamerikanischen Land – und die Zahlen könnten noch deut-
lich steigen.

Auch nach Deutschland führen Spuren: Videos sollen hier gekauft worden sein und auch deutsche
Kinder sollen unter den Opfern sein. Der Vorgang sei bekannt, sagte am Freitag ein Sprecher der
hessischen Generalstaatsanwaltschaft. Nähere Informationen gab es von den deutschen Behörden je-
doch zunächst nicht.

Der 42-jährige mutmaßliche Chef des Kinderpornorings sei ein unscheinbarer Mann, berichtet die
Zeitung ‚Toronto Star‘, die die Operation ‚Spade‘ (Spaten) genannten Ermittlungen der Polizei mehr
als ein Jahr lang begleitete: gepflegte Haare, ein kleiner Spitzbart, Jeans und Pulli. Seinem Briefträger
habe er zu Weihnachten eine Flasche Wein geschenkt. Jeden Morgen sei er zu seinem unauffälligen

2625 „Kanadische Polizei befreit Hunderte Kinder", ZEIT ONLINE, 14. November 2013, 18.23 Uhr, http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgesche-
hen/2013-11/weltweiter-kinderpornoring-zerschlagen, zuletzt abgerufen am 2. November 2015.

Drucksache 18/6700 – 586 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Büro an einer großen Straße im Westen Torontos aufgebrochen, auf dem Weg habe er sich noch einen
Kaffee und einen Bagel geholt. Auf einem dieser Kaffee-Stopps sei er schließlich festgenommen wor-
den.

Da hatte der 42-Jährige schon eine ausgeklügelte Website aufgebaut. Wie bei großen Online-Versand-
händlern gab es Besprechungen von Filmen, Bestseller-Listen, Downloads, Kreditkartenbezahlung –
und das nach Ansicht der Polizei falsche Versprechen, dass keiner der Filme gegen kanadisches oder
US-amerikanisches Recht verstoße.

Mehr als drei Millionen Menschen besuchten 2010 die Website. Ganze Lastwagenladungen von Vi-
deos verließen Medienberichten zufolge das Haus des 42-Jährigen. Mehr als vier Millionen Dollar
(etwa 2,9 Millionen Euro) Umsatz habe der Webauftritt gebracht, teilte die Polizei mit.

Monatelang versuchten die Beamten, an Beweismaterial zu kommen, doch der mutmaßliche Täter war
vorsichtig. Dutzende Bestellungen habe er aus Angst vor Undercover-Ermittlungen abgelehnt, berich-
tete der ‚Toronto Star‘. Aber schließlich gelang es den Ermittlern, zehn Videos zu kaufen, von denen
die Hälfte klar gegen kanadisches Recht verstoßen habe – genug für eine Festnahme.

In elf Punkten ist er nun angeklagt, darunter Besitz, Import und Export von Kinderpornografie. Wann
ein Urteil fallen kann, ist noch unklar. Doch Lisa Belanger, die die Ermittlungen bei der Polizei in
Toronto leitete, ist sich sicher: ‚Hinter den Kulissen fand Kindesmissbrauch statt.‘‘2626

In deutschen elektronischen Medien gab es am Morgen des 15. November 2013 im ARD/ZDF-Morgenmagazin

im Rahmen der „Heute“-Nachrichten zwischen 7.30 und 9 Uhr drei Mal eine gleichlautende Meldung über einen

spektakulären Schlag gegen weltweiten Kinderpornoring, von Toronto aus hätten Kriminelle über das Internet

Fotos und Filme verkauft, es habe Durchsuchungen in Australien gegeben und weltweit 348 Festnahmen, 100

Kinder seien befreit worden.2627 Deutschland und die Firma A. wurden in diesen Berichten nicht genannt.

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Ziercke dazu erklärt:

„[…] Im Internet findet man seit vielen Jahren Debattenbeiträge zu der Frage: Was ist bei Nacktbildern
noch legal? Was ist illegal? Genauso gibt es Hinweise auf die Durchführung von Durchsuchungen als
polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Maßnahme, die von kriminalistischen Prognosen ausgehen.
Speziell zu den Aktionen der kanadischen Polizei in Verbindung mit der Filmfirma Azov finden sich
schon im März des Jahres 2013 viele Hinweise, auch über Festnahmen und Hausdurchsuchungen ins-
besondere in Kanada […].“2628

c) Kenntnisnahme der Meldungen durch Sebastian Edathy und eigene Recherchen Edathys im In-
ternet

Diese Berichterstattung nahm auch Edathy zur Kenntnis. In seiner Vernehmung hat er dazu ausgeführt:

„[…] Ich habe ungefähr Mitte November der deutschen Medienberichterstattung entnommen - No-
vember 2013 -, dass in Kanada die dortigen Sicherheitsbehörden ermitteln würden gegenüber einer
Firma, die im Internet Filme vermarktet und vertrieben hat, und dass diese Firma weltweit Kunden
beliefert habe. Es bedurfte nur einer kurzen Internetrecherche, um herauszufinden, wie diese Firma
heißt. Ich glaube, das war in der Berichterstattung nicht, wenn überhaupt, dann nur im Einzelfall mal
genannt. Aber es war ein Leichtes, über eine Internetsuche herauszufinden, welche Firma das ist, weil

2626 dpa-Meldung vom 15. November 2013.
2627 ZDF-Aufzeichnung der Morgenmagazin-Sendung vom 15. November 2013 von 7.30-8.00 Uhr (Minute 1.50-2.13), 8.00-8.30 Uhr (Minute 3.31-

3.53) und 8.30-9.00 Uhr (Minute 3.36-4.01).
2628 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 11.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 587 – Drucksache 18/6700

mir erinnerlich war, dass ich, einige Jahre zurückliegend, in Kanada meines Erachtens nicht strafbare
Filme bestellt hatte.

Diese Internetrecherche hat mich dann bestätigt, dass das genau die Firma ist. Ich habe jetzt den Un-
terlagen aus der Ermittlungsakte entnommen, ich hätte da - das stimmt auch - zwischen 2005 und 2010
- das war also Ende 2013 natürlich schon eine gewisse Zeit her - unter meinem Namen an meine
private Wohnanschrift in Niedersachsen über meine private Kreditkarte - die ich auch übrigens mir
nicht extra zugelegt habe; das ist die, die ich seit Jahren habe - Material bestellt. […]“2629

Gemäß seiner Einlassung vor dem Untersuchungsausschuss hat Edathy diesen Meldungen zum damaligen Zeit-

punkt aber keine besondere Bedeutung beigemessen:

„[…] Ich habe es etwas irritierend gefunden und konnte das gar nicht einordnen, was denn jetzt dieser
Firma vorgeworfen wird. Ich habe auch damals nur aufgrund der Kenntnisnahme des Sachverhaltes
aus den Medien dem nicht besondere Bedeutung beigemessen. Ich konnte ja nicht wissen, falls da von
den kanadischen Behörden an ihre nationalen Kontaktstellen außerhalb von Kanada Listen mit Kun-
den weitergegeben werden: Bin ich da überhaupt drauf? Einmal wegen der zurückliegenden Zeit -
mehrere Jahre seit der letzten Bestellung -, und zum anderen auch, weil ich mir nicht vorstellen konnte,
dass das Material, was ich bestellt habe, rechtlich zu beanstanden sein könnte […].“2630

An anderer Stelle hat der Zeuge Edathy zu von ihm durchgeführten Internetrecherchen erklärt:

„[…] ich habe das gemacht, ja, klar, weil ich mehr wissen wollte. Ich wollte halt wissen: Ist das wirk-
lich die Firma? Das war für mich dann klar. Was für mich natürlich nicht klar war, ist: Bin ich auf
einer solchen Liste überhaupt enthalten? Ich wusste ja nicht: Haben die jetzt noch von vor zehn Jahren
den Kundenstamm, die kanadischen Behörden, oder machen die selber eine Selektion? Ich habe dann
den Akten entnommen, dass - das ist halt dann bei divergierenden Rechtssystemen so - da zum dama-
ligen Zeitpunkt die strafrechtliche Situation in Kanada eine deutlich schärfere war als in Deutschland.
Ich hatte aber eigentlich gedacht, okay; ich war der festen Überzeugung, dass das, was ich bestellt
hatte - - Ich habe unter Klarnamen, Privatanschrift, meiner regulären Kreditkarte; nichts irgendwie
extra beschafft oder irgendwie konspirativ; nein, völlig offen und guten Gewissens, weil ich der festen
Überzeugung war, das ist legal. Wie das in Kanada gesehen wird, wusste ich natürlich nicht. Deswegen
war für mich offen: Haben die noch so weit zurückreichend eine Kundenliste? Und wenn sie eine
haben: Machen sie vielleicht eine Selektion zwischen dem, was sie als Kunden betrachten, die mög-
licherweise strafbares, und Kunden, die eindeutig legales Material bestellt haben?

Insofern war das so, dass das, was mir Hartmann dann sagte, einfach eine ergänzende Information
war, die natürlich für mich sehr wichtig war, weil ich zu dem Zeitpunkt dann einfach wusste: Okay,
der Vorgang existiert. […]“2631

Zu den vorhandenen Recherchemöglichkeiten im Internet hat der Zeuge Edathy berichtet:

„[…] Wenn Sie die Stichworte da eingeben: ‚Azov‘, ‚Kanada‘, ‚Pornografieverdacht‘, dann finden
Sie die ersten Einträge in deutschsprachigen Internetforen - - die sind schon Monate vor Oktober 2013
erfolgt, weil es ja andernorts, nicht nur in Kanada selbst, sondern auch in anderen Ländern, Maßnah-
men gegeben hat. Ob ich das jetzt aus der Zeitung hatte oder im Fernsehen gesehen habe, das kann ich
jetzt nicht direkt sagen. Aber jedenfalls bin ich hellhörig geworden, als ich gelesen oder gesehen hatte,
es geht da um eine kanadische Firma. Mir war ja bewusst, dass ich bei einer kanadischen Firma, Jahre
zurückliegend - nach den Unterlagen des BKA war das zwischen 2005 und 2010; das war Ende 2013
ja nicht ganz taufrisch, der Vorgang, um den es geht - - aber dass es halt eine kanadische Firma war;
ich wusste auch noch den Namen. Ob der Name der Firma bei den Medienberichten vorkam, das weiß

2629 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 11.
2630 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 11.
2631 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 45.

Drucksache 18/6700 – 588 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

ich nicht. Aber mit den Stichworten, die über die Medienberichte geliefert wurden, konnten Sie mittels
einer einfachen Internetrecherche sofort weitergehende Informationen sich erschließen. […]“2632

An anderer Stelle hat der Zeuge Edathy ausgeführt:

„[…] Also, wenn Sie damals ein bisschen gegoogelt haben im Netz, konnten Sie feststellen, dass es
bereits im November erste Durchsuchungen gab bei einzelnen deutschen Kunden dieser Firma.
[…]“2633

Der Zeuge Noll hat sich in seiner Vernehmung ebenfalls zu Recherchemöglichkeiten im Internet geäußert:

„[…] Er [Edathy, Anm.] hat natürlich versucht, herauszufinden, ob er irgendetwas finden kann, also
welche Firma das ist, wie weit das ist, ob es da irgendwelche Ermittlungen in Deutschland geben
könnte. Es war so, dass er mich auch auf die Medienberichte verwiesen hat oder mir, glaube ich, sogar
welche - - Ich weiß nicht, ob er mir welche ausgehändigt hat. Ich glaube, es war eher so, dass ich dann
selber nachgeschaut habe, auch im Internet, versucht habe, das zu verifizieren, und versucht habe, da
Bestätigung zu erlangen, und habe das auch alles bestätigt gesehen, was er mir dazu gesagt hatte, also
welche Firma das ist. In der Tat war da schon von Durchsuchungen die Rede. Ob das richtige Berichte
waren, kann ich nicht sagen, aber das fand man im Internet so.

Es war auch so, dass er darauf hingewiesen hatte, dass Herr Ziercke sich schon zu der Geschichte
geäußert hätte. Der hätte wohl sinngemäß gesagt, es sei wohl nicht alles strafbar, worum es da gehen
würde, oder irgend so etwas in dieser Richtung. Ich habe auch versucht, das dann selber noch mal zu
verifizieren. Ich habe irgendeine Äußerung auch von Herrn Ziercke gefunden, die dazu passte.“2634

d) Aussagen Sebastian Edathys über anderweitige Wahrnehmungen

In einem Interview mit der Zeitschrift DER SPIEGEL vom 17. Februar 2014 wurde der Zeuge Edathy unter

anderem gefragt, ob er vorab über die Ermittlungen gegen ihn informiert gewesen sei oder ihm jemand einen

Tipp gegeben habe. Bei der Beantwortung seiner Frage hat sich der Zeuge Edathy auf die Darstellung seiner

Wahrnehmungen der deutschen Medienlandschaft über das Projekt „Spade“ beschränkt. Erst auf die Frage, wa-

rum er sein Mandat Anfang Februar 2014 niedergelegt habe, antwortete Edathy, dass ihm keinerlei Hinweise

auf bevorstehende Ermittlungsmaßnahmen vorlagen.2635

In einem weiteren Interview mit der Zeitschrift DER SPIEGEL vom 17. März 2015 wurde der Zeuge Edathy

nach einem Informanten aus der Partei sowie nach der Herkunft seiner Informationen über die Ermittlungen

gefragt. Der Zeuge beschränkte seine Antwort erneut auf die Darstellung seiner medialen Wahrnehmung der

Ermittlungen. Auf den Vorhalt, dass es den Verdacht gebe, dass er einen Tippgeber gehabt habe, verneint der

Zeuge Edathy die Frage, ob er mit Sigmar Gabriel, Thomas Oppermann, Dr. Frank-Walter Steinmeier oder

Christine Lambrecht über den Fall gesprochen habe. Weiterhin begründete der Zeuge in dem Interview seinen

2632 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 44.
2633 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 34 f.
2634 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 19.
2635 „Ungeheuerlich“, Spiegel-Online, 17. Februar 2014, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-125080775.html, zuletzt abgerufen am 24. September

2015.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 589 – Drucksache 18/6700
Mandatsverzicht am 7. Februar 2015 mit der Ungewissheit über ein mögliches Ermittlungsverfahren und die

damit einhergehende psychisch belastbare Situation.2636

e) Kenntnisnahme der medialen Berichterstattung über die Operation durch Michael Hartmann

Von der entsprechenden Medienberichterstattung über die polizeiliche Maßnahme nahm Hartmann gemäß sei-

ner Aussage ebenfalls Kenntnis:

„[…] Ich hatte am Morgen dieses Tages über eine Nachrichtensendung des Fernsehens von dem Zu-
griff in Kanada erfahren. Als Innenpolitiker nahm ich diese Information sehr aufmerksam wahr; denn
ich war Befürworter der Vorratsdatenspeicherung […] und erwartete heiße Debatten darüber in
Leipzig. In der SPD war das Thema ohnehin sehr umstritten. […]“2637

2. Gespräch zwischen Sebastian Edathy und Michael Hartmann am 15. November 2013

Am Abend des 15. November 2013 kam es am Rande des sogenannten Parteiabends in der Raucherlounge zu

einer Begegnung zwischen Michael Hartmann und Sebastian Edathy. Dabei ging Sebastian Edathy auf Michael

Hartmann zu.

a) Aussage Sebastian Edathys

Der Zeuge Edathy hat ausgesagt, Hartmann habe ihm an diesem Abend mitgeteilt, dass sich Edathys Name auf

der Kundenliste einer kanadischen Firma, gegen die Ermittlungen liefen, befinde und dass darüber sowohl Dr.

Frank-Walter Steinmeier als auch Thomas Oppermann Bescheid wüssten.

aa) Gesprächsablauf

Das Gespräch hat er wie folgt beschrieben:

„[…] Ich habe […] am Parteitagsabend, an diesem 15.11., Herrn Hartmann angesprochen. Ich bin auf
ihn zugegangen und wollte eigentlich inhaltlich das Telefonat, das wir einige Wochen vorher geführt
hatten, fortsetzen. […] Wir haben darüber kurz gesprochen, und dann stellte er mir, für mich völlig
[…] überraschend […]; ich hatte zwar aus den Medien das gehört mit Kanada, aber ich habe nicht
damit gerechnet, dass das irgendwo weiter bekannt sein könnte; zumal die Tatsache, dass ich da Kunde
war […] ich habe natürlich mir das nicht aufgeschrieben, was er mir gesagt hat, aber es war so ungefähr
oder ziemlich genau wahrscheinlich sogar: Bist du bereit für eine schlechte Nachricht?

[…] er sagte mir dann halt, er hätte aus Sicherheitskreisen - also BKA wurde dann benannt; keine
Personen - - er sei aus Sicherheitskreisen informiert. Die kanadischen Sicherheitsbehörden oder die
nationale Polizei Kanadas habe jedenfalls dem BKA eine Liste mit Kunden aus Deutschland übermit-
telt, die bei dieser kanadischen Firma Filme bestellt hatten, und zurzeit würde geprüft, ob unter dem
angebotenen Filmmaterial der Firma strafbares Material sich befinden könne. Es sei aber bereits auf-
gefallen, dass ich als damaliger Bundestagsabgeordneter auf dieser Liste zu finden sei. Er sagte mir,

2636 „Ich bin verfemt“, Spiegel-Online, 17. März 2014, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-125966631.html, zuletzt abgerufen am 24. September
2015.

2637 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 77.

Drucksache 18/6700 – 590 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

die BKA-Spitze wüsste davon. Es fielen keine Namen, aber ich habe das so verstanden: mehr als eine
Person. […] Man wird ja auch als Leitung eines Sicherheitsapparates nicht ohne Vorarbeit anderer
Mitarbeiter über solche Sachverhalte unterrichtet.

[…] die Spitze des BKA sei im Bilde. Es ginge jetzt noch gar nicht darum, ob es zu einem Ermitt-
lungsverfahren kommen könnte. Es gebe zurzeit kein Ermittlungsverfahren, könnte aber theoretisch
nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einem solchen kommen könnte. Informiert seien der damalige
Innenstaatssekretär Herr Fritsche, der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, und die
Information habe auch erreicht die Herren Thomas Oppermann und Frank-Walter Steinmeier. Ich habe
nicht nachgefragt, auf welchem Wege, aber, wie gesagt, die Aussage von Hartmann war: BKA hat die
Information, und sie hat eben ihren Weg bereits gefunden zu einer größeren Zahl von Personen.
[…]“2638

Weiter hat der Zeuge Edathy ausgeführt:

„[…] Und er selber sagte mir, er hätte ebenfalls, wie ich ja auch, zeitnah in den Medien die Berichter-
stattung zur Kenntnis genommen. Also, er sagte mir - - Ich glaube, ich habe es auch kurz gesehen; ich
war sogar noch im Hotel. Das war, glaube ich, am 15.11. vormittags; kann man aber wahrscheinlich
nachschauen bei ARD oder ZDF, ich weiß nicht, wer da federführend war. Im Frühstücksfernsehen
gab es wohl einen Bericht, in Kanada läuft was. Es gibt auch deutsche, es gibt internationale Kunden,
wohl auch in Deutschland. Und er sagte mir - das war allerdings noch in Leipzig selber -, nachdem
das jetzt in den Medien sei, hätte er sich entschlossen, mir zu sagen: Ja, du bist da auch auf der
Liste.“ 2639

An anderer Stelle hat der Zeuge ausgesagt:

„[…] er, also Hartmann, habe über die Tatsache, dass ich auf einer Kundenliste des bekannten kana-
dischen Unternehmens stehe, Gespräche geführt, wohl, wie er mir sagte - 15.11.2013., genau - - wo er
mir sagte, dass die wohl getrennt geführt worden sind, einmal mit Thomas Oppermann und einmal mit
Frank-Walter Steinmeier.

Dazu ist mir noch eingefallen, dass er mir sagte, er hätte bei der Reaktion von Herrn Steinmeier ein
Gefühl gehabt, dass Steinmeier meine Situation sehr empathisch sieht. Steinmeier habe ihm, also Hart-
mann, gesagt, das sei zum einen sicherlich für mich besonders schwierig, darüber möglicherweise
nachdenken zu müssen, das Mandat niederzulegen, weil es sich um ein Direktmandat handele. Zum
anderen sagte mir Hartmann, Steinmeier habe sich bei Hartmann erkundigt, ob ich ein stabiles persön-
liches Umfeld hätte, das für den Fall, dass die Vorwürfe gegen mich öffentlich werden könnten, zu
mir steht. Das hat mir Hartmann, vermute ich, deswegen gesagt, weil er das von der Empathieleistung
her sehr stark abgegrenzt hat gegenüber dem, was in dem Gespräch, das er mit Herrn Oppermann
geführt hat, dieser Herrn Hartmann gesagt hat. […]“2640

Auf die Frage, weshalb er die Namen Fritsche und Dr. Friedrich in seiner eidesstattlichen Versicherung nicht

erwähnt habe, hat der Zeuge Edathy ausgesagt, dass dies nicht absichtlich geschehen sei. 2641

Dazu befragt, weshalb er den Namen Gabriel in seiner eidesstattlichen Versicherung nicht unter dem 15. No-

vember 2013 aufgeführt habe, hat der Zeuge Edathy geantwortet:

2638 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 11 f.
2639 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 41.
2640 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 86 f.
2641 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 93.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 591 – Drucksache 18/6700

„Na ja, wenn er [Hartmann, Anm.] mir am 18.11. gesagt hat, Sigmar weiß auch Bescheid, dann kann
ich das ja nicht hier so aufschreiben, dass er mir das schon am 15.11. gesagt hat.“ 2642

bb) Reaktion Edathys auf dieses Gespräch

Seine Reaktion hat der Zeuge Edathy wie folgt beschrieben:

„[…] Ich habe das so entgegengenommen. Wir haben das Gespräch jetzt nicht intensiv vertieft. Wir
waren ja auch nicht alleine, sondern das war eine Veranstaltung mit vielen Hundert Besuchern. Wir
standen zwar alleine am Tisch, aber konnten natürlich auch nicht ausschließen, ob jemand vielleicht
doch zufällig das eine oder andere Wort aufschnappt, und waren so verblieben, dass wir das Gespräch
fortsetzen. […]“2643

Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung hat der Zeuge Edathy erklärt:

„[…] er [Hartmann, Anm.] sagte mir schon Mitte November entweder in Leipzig oder drei Tage später
hier in Berlin, am 18.11., […] er ginge davon aus, dass in der Spitze des BKA ungefähr 20 Leute
informiert seien. Das war natürlich für mich eine ziemlich heftige Nachricht neben der Information,
dass mein Freund Fritsche und der damalige Innenminister informiert waren, Oppermann informiert
war, Steinmeier informiert war und Gabriel informiert war; da war für mich völlig klar: Du brauchst
jetzt hier mit niemandem in der Fraktion mehr über irgendwelche hervorgehobenen Posten für dich
sprechen. - Und es hat auch niemand mehr nachgefragt.“2644

Nach dem Gespräch habe sich Edathy an diesem Tag vorzeitig in sein Hotel begeben:

„[…] Ich war am 15. November vorzeitig wieder im Hotel; ich hatte da keine Lust, noch irgendwie
Smalltalk mit anderen Leuten - nachdem ich die Nachricht hatte am 15.11. von Hartmann - zu betrei-
ben. Ich bin ins Hotel, habe lange nachgedacht, viel geraucht und, ich glaube, zwei - wahrscheinlich
waren es auch nicht zwei Bier, es waren wahrscheinlich mehr […].“2645

An anderer Stelle hat der Zeuge Edathy ausgeführt:

„[…] Also, ich hätte jetzt nicht zwingend dieser Information bedurft. Ich hätte natürlich gar keine
Möglichkeit gehabt, zu wissen, ob da jetzt wirklich was kommt; das nicht. Aber die Tatsache, dass die
Möglichkeit besteht, dass etwas passieren könnte, hatte ich aus den Medien ableiten können. […]“2646

b) Darstellung Michael Hartmanns

aa) Pressemitteilung vom 14. Dezember 2014

Der Abgeordnete Hartmann, der laut der Zeitschrift Stern zunächst bekundet hatte, sich zu den im Stern vom

17. Dezember 2014 dann veröffentlichten, aber bereits vorab kommunizierten Vorgängen, aus Respekt vor der

Arbeit des Untersuchungsausschusses, von dem er wahrscheinlich als Zeuge geladen werde, nicht zu äußern,

veröffentlichte am 14. Dezember 2014 folgende Erklärung:

2642 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 93.
2643 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 12.
2644 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 45.
2645 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 47.
2646 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 34 f.

Drucksache 18/6700 – 592 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Pressemitteilung von Michael Hartmann, MdB

Die Darstellung von Herrn Edathy ist unzutreffend. Bisher hatte er sich öffentlich zum Sachverhalt
mehrfach anders geäußert. Danach will er aus den Medien über die Ermittlungen gegen einen kanadi-
schen Kinder-Pornoring erfahren haben. Wie mittlerweile bekannt, stand er dort auf der Kundenliste.
Die Nachricht über die Zerschlagung des Rings wurde zum Zeitpunkt des SPD-Bundesparteitags in
Leipzig vom 14.-16. November 2013 veröffentlicht.

Am Morgen des 15.11. entnahm ich den Medien Informationen über ein von Kanada ausgehendes
Ermittlungsverfahren wegen des Erwerbs von "Kinderpornographie". Mich interessierte der Vorgang
zunächst, weil ich daraus Schlußfolgerungen für die Diskussion über Datenvorratsspeicherung erwar-
tete. Am Abend dieses Tages sprach mich Edathy auf einer Veranstaltung am Rande des Parteitages
auf dieses Verfahren an und offenbarte mir, daß er bei der in Rede stehenden Firma Kunde gewesen
war. Er teilte mir weiterhin mit, daß das von ihm erworbene legale Material auch über Amazon zu
erhalten sei. Gleichwohl machte er sich Sorgen und fragte mich, ob ich ihm helfen könne. In der Zelt
danach versuchte ich, mich um ihn zu kümmern. Dazu war ich als innenpolitischer Sprecher und lang-
jähriger Kollege des einstmals von mir geschätzten Kollegen Edathy verpflichtet. Nicht nur mir war
aufgefallen, daß es ihm schlecht ging. In diesem Zusammenhang haben wir verschiedentlich über seine
Befürchtung, gegen ihn könne strafrechtlich ermittelt werden, kommuniziert. Ich habe versucht, ihn
zu beruhigen. Auf angebliche Informationen des damaligen BKA-Präsidenten Ziercke griff ich dabei
nicht zurück. Ich werde mich in dieser Sache einstweilen nicht weiter äußern, unter anderem weil ich
andernfalls Einzelheiten zu dem damaligen Zustand von Edathy offenbaren müßte.

Michael Hartmann“ 2647

bb) Aussage des Zeugen Hartmann vor dem Untersuchungsausschuss

Nach der Erinnerung des Zeugen Hartmann hat Edathy ihm in diesem Gespräch von möglichen Vorwürfen

gegen ihn im Zusammenhang mit der Zerschlagung eines Kinderporno-Ringes berichtet.

aaa) Gesprächsverlauf

Zum Gespräch mit Edathy hat der Zeuge Hartmann in seiner Vernehmung ausgesagt:

„[…] Am Abend des 15. November kam es zu jener Begegnung mit Sebastian Edathy, bei der er mich
erstmals über mögliche Vorwürfe gegen ihn im Zusammenhang mit der Zerschlagung eines Kinder-
pornorings in Kanada konfrontierte. Ihm war durch die mediale Berichterstattung wohl bekannt ge-
worden, dass es diese Ermittlungen gab. Er wusste, dass er dort Kunde war. Er schilderte mir eindring-
lich, dass er keinerlei illegales Bildmaterial geordert habe und dass er es lächerlich fände, deswegen
möglicherweise in Verruf zu geraten, und das in Rede stehende Material ja auch bei Amazon frei
angeboten würde. Seine Sorge war nicht, dass gegen ihn ermittelt würde, sondern dass ein legales
Verhalten bekannt würde, das ihn aber in der Öffentlichkeit in ein schlechtes Licht stellen und Karri-
erewünsche vereiteln könnte. Er befürchtete, in Verruf zu geraten. Ich verstand die Ansprache so, dass
er darüber den Austausch mit mir suchte. Er bat mich um Beratung, Hilfe und Unterstützung. Dies
sagte ich ihm in allgemeiner Form zu. […]“2648

Auf Nachfrage hat der Zeuge Hartmann präzisiert:

2647 Hartmann, Protokoll-Nr. 21, Anlage 1, S. 4.
2648 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 76 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 593 – Drucksache 18/6700

„Er hat mir sinn-, fast wortgemäß gesagt, dass er auf der Kundenliste stand. Er hat gesagt, wenn des-
wegen gegen ihn ermittelt werden würde, wäre das ja wohl ein Witz, weil man das in Rede stehende
Material, das er mir nicht näher beschrieben hat, auch über Amazon bekommen könnte […].“2649

Der Begriff „Kinderpornografie“ sei nach der Erinnerung Hartmanns nicht gefallen. 2650

Auf entsprechende Nachfrage dazu hat der Zeuge Hartmann erklärt:

„Also, ich kann das Gespräch im Wortlaut Ihnen nicht wiedergeben. Dass der Schlag gegen einen
sogenannten - - Dass der Schlag gegen einen Kinderpornoring in Kanada geführt wurde, das war
Nachrichtenlage.“ 2651

Ob der Name „azov-Films“ gefallen sei, hat sich der Zeuge Hartmann nicht erinnern können.2652

Auf die Frage, ob Edathy strafrechtliche Ermittlungen befürchtet habe, hat der Zeuge ausgesagt:

„Die Grundbefürchtung, dass mit der Zerschlagung einer Firma, die wohl auch solches Material an-
geboten haben soll, er überhaupt in einen Diskussions- und vielleicht auch Ermittlungszusammenhang
geraten könnte, die gab es.“ 2653

bbb) Keine Informationserlangung oder -weitergabe an andere Personen durch Hartmann

Der Zeuge Hartmann hat dargestellt, dass er zu keinem Zeitpunkt von anderen Personen Informationen im Zu-

sammenhang mit den Vorwürfen gegen Sebastian Edathy erhalten habe. Daher habe er auch keine Informationen

weitergeben können:

„[…] Weder zu einem früheren noch späteren Zeitpunkt setzten mich Herr Gabriel oder Herr Stein-
meier oder Herr Oppermann in Kenntnis über ihr Wissen. Auch Herr Ziercke oder andere Personen
taten dies nicht. Daher konnte ich auch keine Informationen weitergeben. […]“2654

Auch mit Angehörigen des Bundeskriminalamtes habe er nicht über die Causa Edathy gesprochen. 2655

Auf die Frage, ob in Gesprächen mit BKA-Angehörigen die Operation „Selm“ angesprochen worden sei, hat der

Zeuge Hartmann geantwortet:

„Ich habe keine sichere Erinnerung, ob oder ob nicht. Mit Sicherheit alle Themenfelder, alle aktuellen
Themen spielten immer wieder in Besprechungen mit dem BKA eine Rolle in unterschiedlichster Zu-
sammensetzung, zum Teil auch mit Personen, die ich Ihnen gar nicht benamen könnte.“ 2656

2649 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 97.
2650 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 93.
2651 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 97.
2652 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 105.
2653 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 97.
2654 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 77.
2655 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 104.
2656 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 111.

Drucksache 18/6700 – 594 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

cc) Sonstige Verlautbarungen von Michael Hartmann

Der Zeuge Hartmann hat in seinem Schreiben vom 30. Januar 20152657, mit dem er Korrekturen zum Protokoll

seiner Vernehmung vom 18. Dezember 2014 anbrachte, unter Ziffer 3., letzter Satz, zunächst ausgeführt, dass

er bei der nächsten Befragung im Untersuchungsausschuss auch für weitere Fragen zur Verfügung stehe.

Zu Beginn seiner weiteren Vernehmung am 5. Februar 2015 hat der Zeuge Hartmann von einem umfassenden

Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch und dies glaubhaft gemacht2658 durch Bezugnahme auf die Anlagen

(Schreiben der Staatsanwaltschaften Berlin und Hannover) zu seinem Schreiben vom 5. Februar 20152659.

c) Persönliches Verhältnis zwischen Edathy und Hartmann

Im Untersuchungsausschuss ist auch das persönliche Verhältnis zwischen Sebastian Edathy und Michael Hart-

mann thematisiert worden.

aa) Darstellung des Zeugen Hartmann

aaa) Verhältnis zu Edathy

Gemäß der Darstellung des Zeugen Hartmann war das persönliche Verhältnis zwischen beiden Personen von

keiner besonderen Zuneigung geprägt:

„[…] Ich darf vorabstellen, dass ich mit Herrn Edathy weder befreundet war noch dass wir uns beson-
ders mochten. Ich fand ihn bereits seit längerer Zeit sehr schwierig im Umgang. Ich hatte auch zuvor
erlebt, dass er sich mir gegenüber sehr unkollegial verhalten hat. Sein Benehmen schien mir teilweise
geradezu unverständlich. […] Hinzu kam, dass er in den letzten Monaten des vergangenen Jahres, für
viele Menschen im und beim Deutschen Bundestag wahrnehmbar, Alkoholprobleme zeigte. […]“2660

Rückblickend hat er seine gemeinsame Zeit als Abgeordneter mit Sebastian Edathy wie folgt geschildert:

„[…] Ich kannte Herrn Edathy seit dem Jahre 2002, als ich erstmals in den Bundestag einzog. Er war
bereits Mitglied des Innenausschusses; ich wurde es. In dieser Wahlperiode entwickelten wir zunächst
ein gutes, kollegiales Verhältnis. 2005 wurde Herr Edathy dann Innenausschussvorsitzender, während
ich als stellvertretender innenpolitischer Sprecher und Obmann meiner Fraktion dem Gremium wei-
terhin angehörte. Unser Kontakt wurde schwächer.

In der 2009 beginnenden 17. Wahlperiode wollte Herr Edathy erneut Innenausschussvorsitzender, un-
ter Umständen sogar stellvertretender Fraktionsvorsitzender werden. Die SPD war jedoch Opposition
geworden, weshalb Herr Edathy beide Ziele nicht erreichte. Deshalb strebte er plötzlich die Funktion
des innenpolitischen Sprechers, ein Amt, das mich grundsätzlich ebenfalls interessierte, an. […] Ich
verzichtete daher auf eine Kandidatur. Herr Edathy erhielt hingegen bei einer internen geheimen Wahl
in der AG Innen meiner Fraktion lediglich eine Stimme. Deshalb verließ er enttäuscht und verbittert
den Innen- und wechselte in den Rechtsausschuss. Er machte vor allem mich für seine Niederlage

2657 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, Anlage 2.
2658 Hartmann, Protokoll-Nr. 26, S. 49 f.
2659 Ausschuss-Drs. 18(27) 86.
2660 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 75.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 595 – Drucksache 18/6700

verantwortlich und wollte keinerlei Kontakt mehr mit mir. Dennoch unterstützte ich später uneinge-
schränkt, dass er für die SPD den Vorsitz im NSU-Untersuchungsausschuss erhielt; denn fachlich war
er dafür auf jeden Fall geeignet.

Zum Ende der Wahlperiode - ich war mittlerweile seit zwei Jahren innenpolitischer Sprecher - kün-
digte er mir an, in der 18. Wahlperiode wieder in den Kreis der Innenpolitiker zurückkehren zu wollen.
Er entschuldigte sich für sein früheres Verhalten mir gegenüber, sagte mir Unterstützung bei einer
erneuten Sprecherkandidatur zu und bat mich, ihn gegebenenfalls ebenfalls bei seinen Karriereplänen
für den Fall einer SPD-Regierungsbeteiligung zu unterstützen. Dieses signalisierte ich ihm, war aber
vor allem froh, dass die kollegial unangenehme Spannung zwischen uns aufgelöst schien. Ein engeres
Verhältnis zwischen Herrn Edathy und mir bestand nicht. […]“2661

bbb) Angeblicher Grund Edathys, sich Hartmann anzuvertrauen

Zu dem möglichen Grund befragt, weshalb Sebastian Edathy ihm beim Bundesparteitag diese Informationen

anvertraut habe, hat der Zeuge Hartmann geantwortet:

„[…] Er befürchtete einfach, in Verruf zu geraten; das war seine große und intensive Sorge. Und er
nutzte nicht nur unser wieder kollegiales Verhältnis legitimerweise, um sich mit mir auszutauschen,
weil er in mir so was wie eine Art Vertrauensperson sah, sondern ich denke, er hoffte darauf, dass ich
ihm mehr sagen kann, weil ich eben weiß, wie solche Verfahren laufen können - ich hatte mich als
innenpolitischer Sprecher mit diesen wie mit anderen großen Fachfragen immer wieder beschäftigt -,
und weil ich vielleicht auch Informationen für ihn beschaffen könnte.“2662

bb) Darstellung des Zeugen Edathy

aaa) Verhältnis zu Hartmann

Nach der Darstellung Sebastian Edathys war sein Verhältnis zu Michael Hartmann einige Zeit angespannt ge-

wesen:

„[…] Ich hatte einen Dissens mit Herrn Hartmann, der war auch ziemlich intensiv. Das hat zwei Jahre
gedauert, bis wir das einigermaßen überwunden haben und wieder ordentlich miteinander umgegan-
gen sind. Wir waren uns zwei Jahre aus dem Weg gegangen. Das war 2009 nach einer herben Wahl-
niederlage für die SPD. Wir waren da abgestürzt auf 23 Prozent, haben sehr viele Mandate verloren,
und damals, bis 2009, war ich halt vier Jahre lang Vorsitzender im Innenausschuss gewesen. Bei den
Verhandlungen über die Ausschussvorsitze, wo der SPD halt im Vergleich zur vorhergehenden Wahl-
periode deutlich weniger Positionen zur Verfügung standen, hat sich dann ergeben, dass bei den Ver-
handlungen das Ergebnis war, dass der Vorsitz von der Union besetzt wird im Innenausschuss durch
Herrn Bosbach. Er ist ja jetzt auch in der aktuellen Wahlperiode der Vorsitzende des Innenausschus-
ses.

Da ich im Bereich der Innenpolitik bleiben wollte, hatte ich mich dann entschieden, für den Sprecher-
posten in der SPD-Arbeitsgruppe 2009 zu kandidieren. Das Ergebnis war ein ziemliches Desaster: Ich
habe nur meine eigene Stimme bekommen in geheimer Abstimmung. Eigentlich hatte ich mit Michael
Hartmann da Vorgespräche geführt, aber er wollte mich unterstützen für den Vorsitz; er wollte eigent-
lich Sprecher werden. Als das mit dem Vorsitz nicht geklappt hat, wollte ich Sprecher werden. Das
fand er nicht gut - verständlicherweise. Und nach dieser herben Niederlage mit acht zu eins Stimmen

2661 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 76.
2662 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 82.

Drucksache 18/6700 – 596 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

oder was war für mich klar: Du kannst jetzt als ehemaliger Vorsitzender des Ausschusses nach einem
solchen Wahlergebnis nicht sinnvollerweise als Mitglied der Arbeitsgruppe der SPD im Innenaus-
schuss bleiben. […]“2663

Ab dem Jahr 2011 habe sich das Verhältnis zu Hartmann aber wieder verbessert:

„[…] Dann habe ich halt erklärt, ich hätte mich entschieden, den Ausschuss zu verlassen. Zwei Jahre
später ist dann Michael Hartmann zum innenpolitischen Sprecher gewählt worden. Wir hatten halt da
ein paar Friktionen gehabt. Ich habe ihm aber, als die Abstimmung war für die Nachfolge von Herrn
Wiefelspütz Mitte der letzten Wahlperiode in der Fraktion - - bin ich auf ihn zugekommen, habe ihm
damals - 2011 muss das gewesen sein - gesagt: Hier gibt es zwei Kandidaten für den Sprecherposten.
Einer davon bist du. Ich will dir nur sagen: Ich habe das damals ärgerlich gefunden, dass wir so einen
Dissens hatten vor zwei Jahren, aber du hast meine Stimme in der Fraktion bei der Abstimmung. Ich
finde, du bist der geeignete Kandidat, das jetzt zu machen. Du hast es auch verdient. - Darüber hat er
sich offenkundig gefreut, und seitdem, also seit 2011, war das Verhältnis wieder relativ intakt
[…].“2664

An anderer Stelle hat Edathy ausgeführt:

„[…] Also, wir waren nicht befreundet; aber innerhalb der SPD-Fraktion war Michael Hartmann je-
mand, mit dem ich überdurchschnittlich viel Kontakt hatte, weil er einfach auch ein netter Mensch ist.
[…]“2665

bbb) Angeblicher Grund Hartmanns, Edathy zu informieren

Als Motivation Michael Hartmanns, ihn über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu informieren, hat der Zeuge

Edathy angegeben:

„[…] Dass mich Michael Hartmann informiert hat, hat er mir gegenüber mit unserem Vertrauensver-
hältnis begründet. Der ist einfach menschlich ein feiner Kerl[…].“2666

cc) Vorherige Kontakte zwischen Edathy und Hartmann bis zum SPD-Bundesparteitag

Sowohl Hartmann als auch Edathy haben vor dem Ausschuss erklärt, es habe auch vor dem SPD-Bundespartei-

tag Kontakte gegeben.

Der Zeuge Hartmann hat dazu ausgesagt:

„[…] Während des Bundestagswahlkampfes und in der Zeit danach gab es zwischen uns nach meiner
Erinnerung lediglich einige wenige Telefonate und möglicherweise auch SMS-Verkehre. Diese bezo-
gen sich auf seine Positionierung im neuen Bundestag. […]“2667

Nach Darstellung des Zeugen Edathy hätten Hartmann und er im Kontakt gestanden, um sich bei den Karriere-

planungen abzustimmen und Verwerfungen zu vermeiden:

2663 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 38 f.
2664 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 39.
2665 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 40.
2666 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 41.
2667 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 76.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 597 – Drucksache 18/6700

„[…] Nachdem es also diesen Vorlauf gab und klar war - - Natürlich: Hartmann als innenpolitischer
Sprecher, der ist eine Größe im Bereich der Innenpolitik. Ich war jetzt auch nicht irgendwie der unbe-
kannteste Innenpolitiker in meiner Zeit als Abgeordneter, und mein Bestreben war halt, Mitte Oktober
ein Gesprächsthema mit Hartmann herbeizuführen, das davon gekennzeichnet ist, dass wir diese Ver-
werfungen, die wir vier Jahre vorher hatten, nicht wiederholen, sondern uns nach Möglichkeit früh-
zeitig auch miteinander verständigen, uns da nicht im Weg zu stehen, sondern vielleicht auch ein Paket
zu schnüren, das uns allen nützt. […]“2668

Ausweislich des vom Zeugen Edathy vorgelegten verschriftlichten SMS-Verkehrs hat Hartmann am 16. Oktober

2013 Edathy um 8.35 Uhr per SMS ein Telefonat angeregt.2669

Laut Sebastian Edathy kam das Gespräch - aus im SMS-Verkehr nachzuvollziehenden Termingründen - erst am

18. Oktober 2013 zustande. 2670

In diesem habe Hartmann zu ihm gesagt:

„Wenn Du mal privat etwas hast, kannst Du Dich gerne an mich wenden.“2671

Seinerzeit habe Edathy diesen Satz nicht zuordnen können, da es in dem Telefonat

„[…] um politische Zukunftspläne, über seine und meine Perspektiven in der neuen Wahlperiode
[…]“2672

gegangen sei.

Der Zeuge Hartmann hat dazu erklärt, sich nicht erinnern zu können, das Telefonat geführt zu haben. Das Zitat

könne er aber auch nicht dementieren. Weiter hat er ausgeführt:

„[…] Warum sollte nicht in einem Prozess auch einer kollegialen Wiederannäherung so ein Satz fallen,
und inwieweit weist der auf einen Geheimnisverrat oder einen beginnenden Geheimnisverrat oder
Strafvereitelung oder Ähnliches hin? - Erschließt sich mir nicht - wenn es das Telefonat überhaupt
gab, was ich Ihnen nicht bestätigen kann.“2673

d) Aussagen von Zeugen über das, was diese im Zeitraum zwischen Mitte November 2013 bis Ende Januar
2014 über das Gespräch zwischen Edathy und Hartmann vom 15. November 2013 gehört haben wollen

Drei Zeugen haben ausgesagt, von Edathy über sein Ge-spräch mit Hartmann informiert worden zu sein. Bei

diesen Zeugen handelt es sich um Edathys ehemalige Büroleiter Nocht und Schuparis sowie um seinen Rechts-

anwalt Noll (zu Einzelheiten, Rahmen und Inhalt dieser Gespräche s. unten Zweiter Teil D. IX. 2. und 3.).

2668 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 39.
2669 MAT A-Eda 18(27)53, Bl. 4 (5), SMS-Verkehr Sebastian Edathys.
2670 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 24 f.
2671 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 25.
2672 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 25.
2673 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 91.

Drucksache 18/6700 – 598 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

aa) Aussage des Zeugen Nocht

Der Zeuge hat in seiner Vernehmung bekundet, dass Edathy ihm und Herrn Schuparis am 25. November 2013

folgendes berichtet habe:2674

„[…] Dann erzählte er [Edathy, Anm.] uns, dass er, zunächst aus Medienberichten, Anlass hatte zu
der Vermutung, dass es eine Liste beim Bundeskriminalamt gäbe mit Kunden einer Firma, von der er
sich erinnerte, dort mal Material bezogen zu haben. In diesem Kontext sagte er uns, dass es sich dabei
um Material handelt, was als kinderpornografisch eingestuft werden kann […].“2675

„Später berichtete er uns dann, dass auf dem Bundesparteitag der SPD in Leipzig vom 14. bis zum 16.
November 2013 der Abgeordnete […] Hartmann auf ihn zugekommen wäre […]

[…]

[…] und ihm quasi die Information übermittelt hätte, dass er tatsächlich auf dieser Liste stehe.“2676

Weiter hat der Zeuge beschrieben:

„[…] Herr Edathy hat uns dann erzählt, dass nach seiner Information der Chef des BKA, Jörg Ziercke,
den Vorgang kennt, den damaligen Staatssekretär Fritsche darüber unterrichtet habe, dieser den da-
maligen Bundesinnenminister unterrichtet habe und dass nach seiner Kenntnis auch die Führung der
SPD davon ins Bild gesetzt wurde.“2677

„[…] er sprach vom Parteivorsitzenden, vom damaligen Fraktionsvorsitzenden […].“2678

„[…] Von Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Thomas Oppermann.“2679

Auf die Frage, ob der Name „Ziercke“ gefallen sei, hat der Zeuge Nocht geantwortet:

„Es fiel in diesem Kontext der Name Jörg Ziercke. Jetzt muss ich ganz ehrlich sagen, dass ich nicht
mehr ganz in Erinnerung habe, in welchem konkreten Zusammenhang. […] Ob er uns in diesem Ge-
spräch konkret gesagt hat, dass die primäre Quelle von Hartmanns Kenntnissen Jörg Ziercke ist, das
erinnere ich nicht mehr konkret.

[…]

Ich kann mich nicht mehr richtig erinnern, ob er, wie gesagt, als Primärquelle genannt wurde oder ob
es hieß: ‚aus dem Umfeld von Ziercke‘, oder so was wie: ‚Das kommt von Ziercke‘, was ja auch
interpretationsfähig ist. […]“2680

„[…] Ich würde wahrheitswidrig aussagen, wenn ich jetzt sagen würde: Ja, Herr Edathy hat meiner
Erinnerung nach Herrn Ziercke als Primärquelle von Herrn Hartmann genannt.“ 2681

2674 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 9, 10, 11, 12, 22.
2675 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 9.
2676 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 9 f.
2677 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 11.
2678 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 12.
2679 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 12.
2680 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 11.
2681 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 19.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 599 – Drucksache 18/6700
Relativ sicher sei er sich aber, dass der Name „Ziercke“ in späteren Gesprächen mit Edathy nicht noch einmal

gefallen sei. 2682

Weiter hat der Zeuge Nocht bekundet, er sei nach dem, was Edathy berichtet habe, damals davon ausgegangen,

dass Hartmann über ein mögliches Ermittlungsverfahren informiert gewesen sei. 2683

Der Zeuge Nocht hat des Weiteren erklärt, ihn habe überrascht, dass Michael Hartmann der Informant gewesen

sein soll:

„Weil zu diesem Zeitpunkt Herr Edathy und Herr Hartmann eigentlich nicht das beste Verhältnis zu-
einander gepflegt haben.“2684

bb) Aussage des Zeugen Schuparis

Nach Aussage des Zeugen Schuparis habe Edathy um ein Gespräch in Schuparis` Wohnung gebeten, bei dem

auch Dennis Nocht zugegen sein sollte. Dies sei ungewöhnlich gewesen:

„[…] es gab das erste Gespräch, was wir diesbezüglich hatten; da war Herr Nocht mit dabei. Das war
der 25. November. […]“2685

Zum Gespräch hat der Zeuge Schuparis ausgesagt:

„[…] Dann hat er irgendwann erzählt, dass es - - nach Presseberichten würde er - - also würde es in
Kanada dort einen Kinderpornoring gegeben haben, der aufgeflogen ist, und dass auch eine Liste mit
Namen übermittelt worden wäre. Das hätte er aus der Pressemitteilung bekommen, oder das hätte er
aus der Presse erfahren. Im späteren Verlauf hat er uns dann noch mehrere Details dazu gegeben,
warum man sich denn so sicher ist, dass er draufstehen würde, unter anderem halt auch, dass er darüber
mit Herrn Hartmann in Leipzig gesprochen hätte beim Parteitag.“ 2686

„[…] Ich glaube mich daran zu erinnern, dass er gesagt hat, dass Herr Hartmann auf ihn selber zuge-
gangen wäre.

[…]

Herr Edathy hat Folgendes erst mal zu uns gesagt: Der Michael Hartmann ist ein wahrer Freund. Er
hat mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass es diese Untersuchung geben - - oder dass es diese Liste
geben würde, und das wüsste er aus Sicherheitskreisen.“2687

Auf die Frage, ob in dem Gespräch der Name des Präsidenten des Bundeskriminalamtes gefallen sei, hat der

Zeuge Schuparis geantwortet:

2682 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 20.
2683 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 32.
2684 Nocht, Protokoll-Nr. 24, - nichtöffentlich -, S. 10.
2685 Schuparis, Protokoll-Nr. 24, - nichtöffentlich -, S. 38.
2686 Schuparis, Protokoll-Nr. 24, - nichtöffentlich -, S. 39.
2687 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 39.

Drucksache 18/6700 – 600 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Ich habe die ganze Zeit versucht, mich daran zu erinnern, ob das - - Ich weiß mit Sicherheit, dass
‚Sicherheitskreise‘ genannt worden ist. Der Name Ziercke: Ich weiß nicht, ob in einem späteren Ge-
spräch der Name gefallen ist. […]. Ich bin mir jetzt nicht hundertprozentig sicher, ob an dem Abend
schon der Name Ziercke gefallen ist, aber definitiv ist er später gefallen. […]“2688

Sebastian Edathy habe aber die Namen der SPD-Politiker, die unterrichtet seien, genannt:

„[…] Meines Erachtens sind auch die Namen gefallen. Die Parteispitze wäre wohl mit informiert ge-
wesen. Die Namen - - Ich habe mich selber dann gewundert, woher sie es wissen könnten, aber an
dem Abend haben wir dann halt auch gesagt: Okay, wenn scheinbar diese Personen auch darüber
Bescheid wissen würden, dann wirst du nichts mehr in der Fraktion, egal, ob daraus was wird oder
nichts wird. Und wir haben das unter dem Aspekt gesehen: Was machst du jetzt mit deinem Man-
dat?“2689

Später habe Edathy auch mitgeteilt, dass Hartmann nach eigener Aussage seine Informationen vom BKA-Prä-

sidenten Ziercke habe:

„Ich kann mich also auch nur darauf verlassen, was sozusagen Herr Edathy mir damals mitgeteilt hat,
und das waren seine Worte, dass Hartmann das von Ziercke wissen würde.“ 2690

An den genauen Zeitpunkt dieser Information hat sich der Zeuge Schuparis aber nicht erinnern können:

„[…] im Laufe dieser Zeit zwischen Ende November und Anfang Dezember und bis Weihnachten hin
ist auch irgendwann der Name Ziercke gefallen. Aber wann genau, an welchem Datum das war, das
weiß ich nicht mehr. […]“ 2691

In dem Gespräch habe Edathy auch berichtet, dass Frank-Walter Steinmeier, Thomas Oppermann und Sigmar

Gabriel unterrichtet seien. Der Name Lambrecht sei hingegen nicht gefallen. 2692

Dazu befragt, ob er habe unterscheiden können, welche Informationen von Herrn Hartmann stammten und wel-

che der Presseberichterstattung zu entnehmen gewesen seien, hat der Zeuge Schuparis ausgeführt:

„[…] so wie ich das damals verstanden habe am 25.11., war das so, dass Herr Edathy erfahren hat,
dass es, wie gesagt, dort aufgeflogen ist und eine Liste übersandt worden wäre. Und die Bestätigung
dieser Information und die letzte Kenntnis darüber hat ihm scheinbar das Gespräch mit Herrn Hart-
mann gebracht am 15.11.“ 2693

cc) Aussage des Zeugen Noll

Der Zeuge Noll hat bekundet, Edathy habe ihm bei der Mandatierung am 27. November 2013 berichtet:

„[…] Er schilderte […], dass er neben der Medienberichterstattung auch Kenntnis erlangt habe von
einigen Dingen über etwas, was ihm, wie er es damals zunächst ausdrückte, der innenpolitische Spre-
cher der SPD-Bundestagsfraktion gesagt habe. Er nannte dann im weiteren Verlauf des Gesprächs
auch den Namen Hartmann, der mir damals nicht geläufig war, und ging darauf ein, was Herr Hart-
mann ihm berichtet hatte, nämlich dass das BKA mit der Sache befasst gewesen sei, dass das BKA
wohl eine eher günstige Einschätzung abgegeben habe, dass das BKA die Sache wohl abgegeben habe

2688 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 39.
2689 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 40.
2690 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 48.
2691 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 47.
2692 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 41.
2693 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 56.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 601 – Drucksache 18/6700

an die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main. Da fiel auch die Stadt Gießen. Ich konnte das
zunächst nicht zuordnen, weil ich in diesem Moment nicht wusste, dass es da eine Außenstelle gibt,
diese Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität, und dass Gießen wohl, ohne sich jetzt
inhaltlich festgelegt zu haben zur Frage ‚strafbar oder nicht‘, das Ganze an die Generalstaatsanwalt-
schaft Celle weitergegeben hätte. Herr Edathy sagte mir auch, dass Herr Hartmann diese Information
offenbar aus dem BKA, aus Sicherheitskreisen aus dem BKA, aus der Spitze des BKA, erhalten hätte.

[…] Herr Edathy stellte aber auch dar, dass schon eine ganze Reihe von Personen in der Politik Kennt-
nis hätten. Klar, das BKA hat eine Berichtspflicht. Herr Fritsche habe Bescheid gewusst, also alles
nach Aussage von Herrn Hartmann jetzt. Herr Fritsche habe Bescheid gewusst, Herr Friedrich habe
Bescheid gewusst, und auch Herr Gabriel, Herr Steinmeier und Herr Oppermann hätten Bescheid ge-
wusst. Herr Hartmann hätte sogar bei Herrn Oppermann und bei Herrn Steinmeier mal zu dem Thema
vorgesprochen. Herr Oppermann habe Herrn Hartmann gesagt, dass dieser nicht mit Herrn Edathy
darüber sprechen solle. […]“2694

Dass BKA-Präsident Ziercke laut Hartmann der Informant Hartmanns gewesen sei soll, habe Edathy ihm im

Dezember 2013 gesagt. 2695

e) Aussage des Zeugen Edathy zu Wahrnehmungen am 18. November 2013 in Bezug auf sein Gespräch mit
Hartmann vom 15. November 2013

Der Zeuge Edathy hat bekundet:

„[…] Hartmann ist am 15.11.2013 auf mich zugekommen. Das nächste Mal haben wir gesprochen
Anfang der Folgewoche, am 18. November 2013. Am 18. November 2013, als wir vor dem Fraktions-
saal auf der Terrasse im Reichstagsgebäude standen, sagte mir Hartmann unter anderem, weil Opper-
mann ihm gedroht hat, es hätte für Hartmann persönliche Konsequenzen, wenn er mich informiert,
hätte er gezögert, mich in Kenntnis zu setzen. Er sagte mir ja, er sei - - Im Dezember hat er dann
gesagt, es sei Ziercke gewesen.

Aber er sagte mir bereits am 18.11., er sei am Rande einer sicherheitspolitischen Tagung - - Das weiß
ich noch genau: Das war hier in Berlin, dass er mir die Information gegeben hat. Das war nicht in - -
Dieses Detail war nicht in Leipzig, sondern am 18.11. in Berlin. Das heißt, er hatte ja diese Kenntnis
demnach schon vier Wochen, und er meinte, er sei jetzt wochenlang in einem Gewissenskonflikt ge-
wesen, mich aus rechtlichen Gründen eigentlich nicht informieren zu dürfen, verstärkt noch mal durch
die angebliche Drohung durch Oppermann an ihn, auf der anderen Seite, weil wir einen guten Kontakt
hätten, mich da nicht sehenden Auges in eine schwierige Situation laufen zu lassen.

Und er sagte mir halt am 18.11., da hätte er länger darüber nachdenken müssen. Der Auslöser, mich
anzusprechen, sei eine Fernsehberichterstattung gewesen, die ich auch zur Kenntnis genommen hatte,
am 15.11. Da hat er wohl im Hotelzimmer - ich auch - diese Berichterstattung gesehen, Fernsehbeitrag
über eine Pressekonferenz, die da in Kanada stattgefunden hat. Er sagte mir, er würde davon ausgehen,
ich hätte das auch mitbekommen, und das wäre jetzt der Zeitpunkt, wo er mir das mitteilen wollte,
dass ich da tatsächlich auf der Liste auftauchen würde und dass das halt einer ganzen Reihe von Leuten
schon bekannt sei. Das hätte er nicht machen müssen, wenn er mir nicht einen Gefallen hätte erweisen
wollen.“2696

2694 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 8.
2695 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 8.
2696 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 143.

Drucksache 18/6700 – 602 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

3. Gespräche zwischen Hartmann und Jenssen am 15. November 2013

a) Darstellung des Gesprächs durch Jens Jenssen

Der Zeuge Jenssen hat vor dem Ausschuss ausgesagt, am 15. November 2013 habe ihn Michael Hartmann am

Rande des Parteiabends in der Raucherlounge darüber unterrichtet, dass der Name Sebastian Edathys auf einer

Kundenliste im Zusammenhang mit kinderpornografischem Material stehe. An das Gespräch hat sich Jenssen

wie folgt erinnert:

„[…] Am 15. November auf dem Parteitag der SPD in Leipzig, am Parteiabend, im Raucherzelt, in
der Raucherlounge, habe ich mit Michael Hartmann gesprochen. Wir haben miteinander geplaudert,
und er hat mich irgendwann beiseitegenommen, um mit mir zu zweit zu sprechen. Er hat mich gefragt,
ob mir bei Sebastian Edathy in letzter Zeit Ungewöhnliches aufgefallen wäre, ob etwas komisch wäre,
und ich habe nicht genau verstanden, […] worauf er hinauswollte. Er hat dann gemeint, ob ich jemals
den Eindruck gehabt habe, ob Sebastian Edathy eigenwillige, komische Vorlieben habe, und ich
wusste nicht, […] worauf er hinauswollte, was ich auch sagte.

Er hat mir dann gesagt, dass an dem Tag, dem 15., in den Medienberichten davon berichtet worden
wäre, dass von einem kanadischen Unternehmen die Kundendaten übermittelt worden wären und die-
ses Unternehmen mit kinderpornografischem Material gehandelt habe und überprüft würde, welche
Kunden davon, die übermittelt wurden, auch solches Material bezogen hätten, dass Sebastian Edathy
auf dieser Liste stünde und dass die Einstufung nicht eindeutig wäre. […]“2697

In dem Gespräch habe Hartmann auch mitgeteilt, dass die SPD-Fraktionsspitze bereits informiert sei:

„[…] Und er sagte mir, dass bereits auch in der Fraktionsspitze das bekannt wäre, und er sagte, woran
ich mich erinnere, den Namen von Herrn Steinmeier und von Herrn Oppermann, um damit auch deut-
lich zu machen - - Oder mir wurde damit deutlich - oder das war auch im Gespräch dann -, dass neben
der Frage des Sich-auf-der-Liste-Befindens oder nicht das im politischen Raum angekommen ist und
da nicht wieder rauskommen würde. Und er fragte mich, Michael Hartmann, wie ich das einschätze,
was ich darüber denke, und ich habe gesagt, dass ich niemals einen Eindruck hätte, dass ich mir das
nicht vorstellen könnte, dass er auf einer solchen Liste stünde. Aber es war irgendwie klar, dass das
das Ende der politischen Karriere ist. […]“2698

Weiter hat der Zeuge berichtet:

„[…] Und er sagte mir, dass er darauf achten wird, dass, wenn etwas passiert, eine Durchsuchung oder
- - ich weiß aber nicht, ob das damals schon so konkret gesagt wurde - - dass er versuchen wird, da zu
sein, damit Sebastian Edathy sich nichts antut. Und ich habe ihn gebeten, mir eine SMS zu schreiben
oder einen anderen Hinweis zu geben, wenn so etwas eintreten würde, damit ich auch nach Berlin
kommen könnte. […]“2699

Woher Michael Hartmann die Informationen gehabt habe, sei Jens Jenssen nach dessen Aussage nicht mitgeteilt

worden.2700

Er habe Michael Hartmann danach aber auch nicht gefragt:

2697 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 76.
2698 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 76.
2699 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 76.
2700 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 80.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 603 – Drucksache 18/6700

„[…] ich habe ihn nicht gefragt. Michael Hartmann ist ein langjähriger Innenpolitiker, der was zu dem
Thema gesagt hat, und das habe ich ihm geglaubt. Ich habe ihm vertraut.“ 2701

Zwischen beiden Personen sei nach der Aussage Jenssens vereinbart worden, über das Gespräch Stillschweigen

zu bewahren:

„[…] Und er sagte mir, dass er darauf achten wird, dass, wenn etwas passiert, eine […] - dass er
versuchen wird, da zu sein, damit Sebastian Edathy sich nichts antut. […] Er hat mir abverlangt, dass
ich mit niemandem darüber rede, über das Gespräch, und das habe ich auch nicht gemacht, mit nie-
mandem darüber gesprochen. […]“2702

Auf die Frage, ob Hartmann ihm gesagt habe, dass er mit Sebastian Edathy über den Sachverhalt sprechen wolle,

hat der Zeuge Jenssen geantwortet:

„Das hat er im Gespräch mit mir nicht gesagt, dass er mit ihm darüber reden will. Er hat nur gesagt,
dass er da sein will, wenn etwas passiert, damit er aufpasst, dass er sich nichts - Sebastian sich nichts
- antut.“2703

Nach seiner Aussage habe Jens Jenssen in der Folgezeit auch Sebastian Edathy nicht über das Gespräch mit

Michael Hartmann informiert.2704

Der Zeuge Jenssen hat weiter ausgeführt, er habe wenig später wahrgenommen, dass Sebastian Edathy und

Michael Hartmann ein Gespräch führten:

„[…] Später am Abend - nicht sehr viel später, vielleicht 15 Minuten, 20 Minuten später - habe ich
gesehen, dass Sebastian Edathy und Michael Hartmann abseitsstanden und miteinander gesprochen
haben. Ich weiß nicht genau, wie lange sie gesprochen haben. Irgendwann war Sebastian Edathy weg,
und ich habe ihn an dem Abend auch nicht noch einmal gesehen. […]“2705

Am selben Abend sei Michael Hartmann nochmals auf ihn zugekommen. Jens Jenssen hat dazu ausgesagt:

„[…] Mit Michael habe ich an dem Abend nicht mehr wirklich darüber gesprochen. Wir haben mit
Leuten noch mal zusammengestanden, und er hat, mich ganz kurz beiseitenehmend, mir gesagt: Wir
haben miteinander gesprochen. Ich glaube, das war gut. - Ich bin mir nicht mehr genau sicher, ob das
da gesagt wurde oder Sebastian mir das später gesagt hat. Aber ich glaube, es wurde da gesagt, er habe
- - Sebastian Edathy habe Michael Hartmann im Gespräch gesagt, dass die Filme alle harmlos wären
und man die auch hätte noch vor kurzem bei Amazon kaufen können. Und das war es an dem Abend.
[…]“2706

Auf die Frage, worüber zwischen Edathy und Hartmann gesprochen worden sei, hat der Zeuge Jenssen geant-

wortet:

„Dass sie miteinander gesprochen haben, über die -

[...]

2701 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 80.
2702 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 76.
2703 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 88.
2704 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 86.
2705 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 76 f.
2706 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 77.

Drucksache 18/6700 – 604 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

- Situation, dass er auf einer dieser Listen stünde.“ 2707

Weiter hat der Zeuge ausgesagt:

„Ich möchte das vielleicht noch mal gerade konkretisieren, weil das für mich auch natürlich eine sehr
ungewöhnliche Situation ist hier. Ich habe ein Gespräch mit Michael Hartmann gehabt. Ich habe ge-
sehen, dass Michael Hartmann und Sebastian Edathy sich unterhalten, und hatte einen kurzen Kontakt
danach zu Michael Hartmann, wo er sagt: Wir haben gesprochen, es war gut. - Was er gesagt hat, all
das weiß ich nicht. Deswegen wollte ich das noch mal konkretisieren. […]“2708

Auf Nachfrage, es seine eigene Schlussfolgerung gewesen sei, dass die beiden Politiker über die besagte Ange-

legenheit gesprochen haben, hat der Zeuge Jenssen erklärt:

„Wenn man so will, ja.“ 2709

Laut weiterer Aussage des Zeugen Jenssen habe er nach dem SPD-Parteitag mit Michael Hartmann bis Februar

2014 nicht mehr gesprochen:

„Ich habe mit Michael Hartmann seit dem Gespräch auf dem Parteitag bis zum - - bis Mitte Februar
keinen direkten Kontakt gehabt und habe ihm nur eine SMS geschrieben […]. Aber wir haben nicht
in der Zeit miteinander gesprochen gehabt.“2710

Auf die Frage, ob er später von Michael Hartmann aufgefordert worden sei, Sebastian Edathy auszurich-

ten, ihn unter keinen Umständen in der Öffentlichkeit als Informationsquelle zu benennen, hat der Zeuge

Jenssen geantwortet:

„[…] Ich habe nie Botentätigkeiten oder irgendwie Vermittlung gemacht, und das ist auch mir nie
aufgetragen worden von Herrn Hartmann, und ich habe das auch nicht weitergegeben in dieser Art.
[…]“

„An so ein Gespräch erinnere ich mich nicht.“2711

b) Stellungnahme des Rechtsbeistandes von Michael Hartmann nach Abschluss der Vernehmung
des Zeugen Hartmann

Der Zeuge Hartmann hat sich im Zusammenhang mit der schriftlichen Ankündigung umfassender Auskunfts-

verweigerung2712 sowie durch von seinen Rechtsvertretern dem 2.Untersuchungsausschuss übermittelte Kopie

einer an die Staatsanwaltschaft Berlin gerichteten Schutzschrift,2713 außerhalb seiner Zeugeneigenschaft und der

für Zeugenaussagen geltenden Pflicht, die Wahrheit zu sagen (d. h. richtig und vollständig auszusagen, nichts

2707 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 88.
2708 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 88.
2709 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 89.
2710 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 83.
2711 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 83.
2712 Ausschuss-Drs. 18(27) 86 mit Rechtsanwaltsscheiben vom 05.02.2015 nebst Schreiben der StA Berlin vom 26.01.2015 (zu Hartmann betreffen-

den Prüfvorgang AZ: 276 AR 286/14) sowie der StA Hannover vom 20.01.2015 (Verweis auf einen bei der StA Lüneburg angelegten Prüfvor-
gang AZ: 5101 JS 34094/14).

2713 MAT B-Hart 18(27)54-4, Schreiben vom 25. Februar 2015; Korrekturschreiben vom 03. März 2015.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 605 – Drucksache 18/6700
wegzulassen, was zur Sache gehört und nichts hinzuzufügen, was der Wahrheit widerspricht) als potentiell Be-

schuldigter vorsorglich gegen ihn belastende Aussagen des Zeugen Jenssen wie folgt verteidigen lassen:

„[…] Das Zusammentreffen mit […] Jensen auf dem SPD-Parteitag am 15.11.2013 erinnerte Hart-
mann nicht. Er traf dort viele Bekannte Edathys und kann nicht ausschließen, dass er mit Jens[s]en
auch über Edathy gesprochen hat. Wenn er das getan hat, dann jedenfalls nach dem Gespräch mit
Edathy. Bei der Beurteilung der Aussage Jensen ist zu berücksichtigen, dass dieser ein Näheverhältnis
zu Edathy pflegt und ihn – ohne das in seiner Aussage vor dem PUA zu erwähnen – noch im Sommer
2014 in Frankreich aufgesucht hat. Es kann danach nicht ausgeschlossen werden, dass er – bewusst
oder unbewusst – von den Gedanken getragen wird, Edathy zu unterstützen. In der Sache steht fest,
dass Edathy die Unwahrheit sagt. Es steht zudem fest, dass es keine Zeugen gibt, die die Behauptungen
Edathys bestätigen […].“2714

4. Google-Suchanfragen

In Presseartikeln wurde berichtet:

„Am 16. November [2013, Anm.] um 22.17 Uhr suchte er offenbar nach ‚Edathy Azov‘. Am 10.
Dezember tippte der Nutzer in die Suchmaske ‚Azov Ziercke‘.“2715

„20. November 2013: Von Edathys Laptop wird ‚Ziercke innocence‘ gegoogelt.“2716

„Im Dezember intenisivierte sich die Suche von Edathys Laptop aus nach den Aktivitäten des Bun-
deskriminalamtes und seinen damaligen Chefs im Zusammenhang mit den Ermittlungen im Fall Azov.
Gleich zwei entsprechende Einträge finden sich am 10. Dezember 2013. Am 16. Dezember taucht der
Name ‚Ziercke‘ wieder auf, gleich zweimal, einmal am Morgen, einmal am Nachmittag. Der nächste
Suchbefehl zu Azov und Ziercke stammt vom 20. Dezember.“2717

5. SMS von Sebastian Edathy an Sigmar Gabriel vom 17. November 2013

Der Zeuge Edathy hat ausgesagt, nicht gewusst zu haben, ob auch der damalige SPD-Vorsitzende Gabriel die

gegen ihn erhobenen Vorwürfe gekannt habe. Am 17. November 2013 habe er Gabriel eine SMS gesandt, in der

er ihm zu einer gelungenen Rede auf dem SPD-Parteitag gratuliert habe.

a) Inhalt des SMS-Verkehrs

Der Zeuge Edathy hat dazu ausgeführt:

„[…] Ich wusste nicht, ob Gabriel Bescheid weiß, und ich wollte das testen. Deswegen habe ich nach
dieser […] sehr gelungenen Abschlussrede am 16. November Sigmar Gabriel eine […] SMS ge-
schickt, in der ich ihm gratuliert habe. Er hat darauf sehr freundlich, überhaupt nicht distanziert, rea-
giert. Und dann gab es anschließend halt noch einen SMS-Verkehr mit ihm, ich glaube, am selben
Tag, am Abend, am 16., wo ich ihm geschrieben habe: Hey, wenn du mal irgendwie wieder Leute mit
einem sogenannten Migrationshintergrund brauchst, für die du was tun kannst oder möchtest, dann

2714 MAT B-Hart 18(27)54-4, Bl. 2 (3), Schreiben des Rechtsbeistandes des Zeugen Hartmann an die Staatsanwaltschaft Berlin vom 25. Februar
2015.

2715 „Die Akte Edathy“, FOCUS, 15. Dezember 2014, S.46.
2716 „Ein Strafprozess mit politischer Sprengkraft", Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. Februar 2015, S. 4.
2717 „Tief im Netz", Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Januar 2015, S. 3.
Drucksache 18/6700 – 606 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

denke doch an mich. - Das habe ich ihm quasi insinuiert, relativ erkennbar. Und auch darauf hat er
reagiert mit einem Smiley, glaube ich, oder: ‚Gern‘ und ein Smiley geschickt. […].“2718

b) Edathys angebliches Motiv für die SMS

In der weiteren Vernehmung hat Edathy erklärt, er habe versucht, anhand der Reaktion Gabriels auf die SMS

herauszufinden, ob dieser über die Vorwürfe informiert sei:

„[…] Und dann habe ich mir gedacht: Okay, jetzt lässt du mal einen Ballon steigen, schickst dem
Gabriel ein Lob per SMS für die Rede und guckst, wie er reagiert. Und aufgrund der Reaktion hatte
ich eigentlich noch so eine Resthoffnung, dass er erstens vielleicht nicht informiert gewesen ist. Ich
konnte natürlich nicht ausschließen, dass er später informiert werden könnte; aber damals konnte ich
ja nicht wissen, dass er informiert war; und für den Fall, dass er nicht informiert ist, ob er nicht dann
trotzdem irgendwas für mich rausschlagen kann, wenn es um Aufgaben in der Fraktion geht. Natürlich
ist nicht der Parteivorsitzende derjenige, der entscheidet über Positionen in der Fraktion oder im Par-
lament, in der Regierung natürlich sehr wohl, aber das Gewicht eines Parteivorsitzenden - das muss
ich Ihnen ja nicht erzählen - ist bei solchen Entscheidungen natürlich schon von einer gewissen Be-
deutung.“2719

c) Darstellung Gabriels bezüglich seiner Reaktion auf die SMS

Als Grund für seine Reaktion auf die SMS hat der Zeuge Gabriel angeführt:

„Na, jeden Eindruck vermeiden, als dass ich Anlass hätte, dieses Ansinnen zurückzuweisen. Das hätte
meinen Gesprächen, die ich vor Bekannt- - also vor der Information an mich über den Fall Edathy mit
ihm geführt habe, massiv widersprochen. Ich fand - - Wir hatten mehrere Gespräche, früher schon. Er
fühlte sich ja als jemand, der angesichts dessen, was er tut, nicht ausreichend berücksichtigt - - in den
Funktionen, die in einer solchen Bundestagsfraktion oder innerhalb der SPD zu vergeben sind.

Deswegen haben wir auch über die Frage sozusagen während des Bundestagswahlkampfes und davor
häufiger mal geredet. Er ist ja damals in den NSU-Untersuchungsausschuss gekommen, auch weil
man ihm eine Möglichkeit geben wollte, eine herausgehobene Funktion wahrzunehmen und zu zeigen,
dass er das kann. Und ich hatte natürlich allen Grund, zu vermeiden, dass er irgendwie den Eindruck
hat, ich distanzierte mich von ihm. Und diese Art der SMS-Antwort schien mir die geeignetste, jeden
Verdacht dieser Art nicht aufkommen zu lassen.“2720

6. Telefonat von Sebastian Edathy mit Bärbel Tewes-Heiseke

Die Zeugin Tewes-Heiseke, nach eigener Aussage eine „mütterliche Freundin“ 2721 Sebastian Edathys, hat vor

dem Untersuchungsausschuss ausgesagt, Sebastian Edathy habe sie nach dem SPD-Parteitag am 15. oder 16.

November 2013 angerufen. In dem Gespräch habe Edathy ihr mitgeteilt, dass er auf einer Liste von Kunden im

Zusammenhang mit kinderpornografischem Material stehe. Gemäß der Aussage der Zeugin Tewes-Heiseke habe

zwischen ihr und Sebastian Edathy ein enges Freundschaftsverhältnis bestanden.2722

2718 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 46.
2719 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 47.
2720 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 73 f.
2721 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 62.
2722 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 65.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 607 – Drucksache 18/6700
An das Telefonat hat sich die Zeugin wie folgt erinnert:

„[…] Der Parteitag war […] vom 14. bis zum 16. November, nicht? – Ja. […] Das muss entweder der
15. oder der 16. gewesen sein. Er hat das so geschildert, dass er sagte, jemand hätte sich zu ihm gebeugt
und hätte ihm ins Ohr geflüstert, dass er auf einer Liste stünde, wo Material, kinderpornografisches
Material, verkauft wird.“2723

An anderer Stelle hat die Zeugin zum Telefonat ausgeführt:

„[…] Das war auch ganz kurz, das Gespräch. Ich weiß, dass er hochgradig aufgeregt war und gesagt
hat: ‚Ich glaube, ich habe etwas Schlimmes gemacht‘, oder so, in dem Sinne. Und ich wusste aber ja
gar nicht, worum es sich handelte, also null, nichts. Dann habe ich ihm geraten: Jetzt cool mal durch
und rede da jetzt nicht lange drüber, jetzt schlaf mal aus, und dann reden wir wieder drüber.

Also, da wusste ich dann - - Und das muss dann ein, zwei Tage später gewesen sein, dass wir dann
den Kontakt noch mal - - Ich sage: Was ist denn nun eigentlich gewesen? Und da sagt er: Ich habe
dieses Material bestellt, und das hat mir jemand gesagt. […] Er [Edathy, Anm.] war auch entsetzt, dass
der das wusste und er selbst das noch nicht wusste. Also, er sagte: ‚Das wissen andere auch schon‘,
oder so.“2724

Die Zeugin Tewes-Heiseke hat weiter erklärt, Sebastian Edathy habe in dem Telefonat den Namen seines Infor-

manten weder genannt noch entsprechende Andeutungen hinsichtlich der Person gemacht.2725

Auf Nachfrage, ob ein Interesse Edathys an jugend- und/oder kinderpornografischem Material jeweils vorher

ein Thema zwischen ihnen beiden gewesen sei, hat die Zeugin Tewes-Heiseke geantwortet:

„Nein, ich bin aus den Wolken gefallen.“2726

VI. Angebliche Informationsweitergabe am Rande der SPD-Fraktionsvorstandssitzung in
Berlin am 18. November 2013 gemäß der Aussage Sebastian Edathys

Bezüglich weiterer Informationen, die Michael Hartmann an ihn weitergegeben habe, hat der Zeuge Edathy in

seiner Vernehmung ausgesagt, Hartmann habe ihm am 18. November 2013 am Rande einer SPD-Fraktionssit-

zung in Berlin nähere Details mitgeteilt.

1. Aussage des Zeugen Edathy, wonach Hartmann berichtet habe, über den Fall mit Oppermann und
Dr. Steinmeier gesprochen zu haben

Der Zeuge Edathy hat das Gespräch wie folgt wiedergegeben:

„Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann sagte mir am 18.11.2013 […] am Rande einer
Fraktionssitzung in Berlin, - genau genommen war das zwischen Fraktionsvorstand und Fraktion, […]
dass auch der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel informiert sei. […]“2727

2723 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 64.
2724 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 67.
2725 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 67, 69.
2726 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 70.
2727 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 25.

Drucksache 18/6700 – 608 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Zeuge Edathy hat in seiner Vernehmung die Vermutung geäußert, dass Hartmann am 15. November 2013

noch nicht gewusst habe, dass auch Gabriel unterrichtet war:

„[…] Ich gehe auch davon aus: Wenn Michael Hartmann am 15.11. schon gewusst hätte, auch Sigmar
Gabriel ist informiert, hätte er es mir gesagt, weil das eine relevante Information gewesen wäre, dass
der SPD-Bundesvorsitzende Bescheid weiß. Ich gehe daher davon aus, dass er das erst zwischen dem
15.11. und 18.11. erfahren hat.

Das ist aber gegenüber der Informationskette - BKA, BMI, dann Friedrich an Gabriel und Gabriel
einmal an Oppermann und einmal an Steinmeier – […] kein Widerspruch, weil Hartmann ja gar nicht
Bestandteil dieser Kette war. […]“2728

Laut Aussage des Zeugen Edathy habe Michael Hartmann über die gegen Edathy erhobenen Vorwürfe auch mit

dem damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Frank-Walter Steinmeier und dem Ersten Parlamentarischen

Geschäftsführer Thomas Oppermann persönliche Gespräche geführt:

„[…] Bei dieser Gelegenheit teilte er mir auch mit, er habe, nachdem er von dem Vorgang - im Oktober
- erfahren habe, Thomas Oppermann und Frank-Walter Steinmeier jeweils um ein Gespräch gebeten.
[…] Er hat mir auch gesagt, diese Gespräche hätten stattgefunden, und zwar nicht am Telefon, sondern
jeweils persönlich.

Auf diesbezügliche telefonische Anfrage habe Steinmeier mit folgenden Worten reagiert: ‚Geht es um
den Abgeordneten E aus Niedersachsen?‘ […]“ 2729

Laut Aussage von Edathy habe Hartmann spätestens am 18. November 2013 berichtet, Thomas Oppermann

habe ihm in einem Gespräch persönliche Konsequenzen angedroht, falls dieser Edathy etwas sage. Insoweit habe

Hartmann mit sich gerungen, ob er Edathy die Informationen überhaupt geben solle:

„[…] Michael Hartmann […] hat mir gesagt, er hätte sehr lange mit sich gerungen, zumal Oppermann
ihn schon bedroht hatte. […] Er hat mir […] in Leipzig oder am Montag danach in Berlin gesagt, dass
ihn Oppermann halt angesprochen hätte nach meiner SMS und als ich das Gespräch mit ihm hatte, mit
der Frage: Sag mal, Michael, hast du Sebastian irgendwas gesagt? Und falls du ihm was sagen solltest,
sorge ich dafür, dass du in der Sache mit drinhängst. Das ist eine Strafvereitelung, und dann hättest du
dich strafbar gemacht. - Und Hartmann sagte mir halt - wie gesagt, spätestens am 18. November -, er
hätte lange gezögert. Er hätte eben wegen dieser Drohung, die nach Angaben von Hartmann Opper-
mann ausgesprochen hätte, Zeit gebraucht für die Entscheidung, ob er mir was sagt oder nicht sagt.
[…]“2730

Als Grund, Sebastian Edathy gleichwohl zu informieren, habe Hartmann angegeben:

„[…] Der Auslöser, mich anzusprechen, sei eine Fernsehberichterstattung gewesen, die ich auch zur
Kenntnis genommen hatte, am 15.11. Da hat er wohl im Hotelzimmer - ich auch - diese Berichterstat-
tung gesehen, Fernsehbeitrag über eine Pressekonferenz, die da in Kanada stattgefunden hat. Er sagte
mir, er würde davon ausgehen, ich hätte das auch mitbekommen, und das wäre jetzt der Zeitpunkt, wo
er mir das mitteilen wollte, dass ich da tatsächlich auf der Liste auftauchen würde und dass das halt
einer ganzen Reihe von Leuten schon bekannt sei. Das hätte er nicht machen müssen, wenn er mir
nicht einen Gefallen hätte erweisen wollen.“2731

2728 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 94.
2729 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 25.
2730 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 40.
2731 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 143.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 609 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Edathy hat weiter erklärt, Michael Hartmann habe ihm in dem Gespräch auch berichtet, bei welcher

Gelegenheit er von dem Sachverhalt erfahren habe:

„[…] Zudem sagte mir Hartmann, er, Hartmann, habe von dem Sachverhalt Mitte Oktober am Rande
einer sicherheitspolitischen Tagung Kenntnis erhalten. […]“2732

„[…] es hätte da eine ein- oder zweitägige Tagung gegeben, Mitte Oktober. Und am Rande dieser
Tagung sei er angesprochen worden und hätte das erfahren. […]“2733

Der Name „Ziercke“ sei in diesem Gespräch nicht genannt worden:

„[…] ich habe ihn gefragt: Sag mal, wie hast du das eigentlich erfahren? - Das hatte mich schon er-
staunt. Eigentlich wäre er für eine solche Sache ja nicht sachlich zuständig gewesen. Dann fiel der
Name Ziercke nicht. […]“2734

2. Aussage des Zeugen Hartmann

Der Zeuge Michael Hartmann hat in seiner Vernehmung ausgesagt, Thomas Oppermann habe ihm gegenüber

niemals die oben zitierte Drohung ausgesprochen.2735 Auch hat sich der Zeuge nach eigener Aussage wegen der

Ermittlungen gegen Sebastian Edathy zu keinem Zeitpunkt an Thomas Oppermann oder Dr. Frank-Walter Stein-

meier gewandt. 2736 Des Weiteren hat er bestritten, auf der Tagung in Münster über Sebastian Edathy gespro-

chen zu haben.2737

3. Aussagen der Zeugen Dr. Steinmeier und Oppermann, beide hätten nicht mit Hartmann über den Fall
gesprochen

Mit der Aussage Sebastian Edathys konfrontiert hat der Zeuge Dr. Steinmeier erklärt, ein solches Gespräch mit

Michael Hartmann, in dem

„[…] der Abgeordnete Hartmann irgendwelche Informationen über ein laufendes Ermittlungsverfah-
ren von mir bekommen hat oder der Abgeordnete Hartmann mir gegenüber hat erkennen lassen, dass
er etwas weiß über ein Ermittlungsverfahren […]“2738

habe es nicht gegeben.

Er hat weiter erklärt, mit dem Abgeordneten Hartmann nur Kontakt in innenpolitischen Fragen gehabt zu haben:

„[…] Ich habe mit Herrn Hartmann über andere Dinge [gesprochen, Anm.], soweit sie insbesondere
Fragen der Innenpolitik angingen - - aber nicht bezogen auf Herrn Edathy.“2739

An anderer Stelle hat der Zeuge ausgeführt:

2732 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 25.
2733 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 43.
2734 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 43.
2735 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 99.
2736 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 99.
2737 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 84.
2738 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 154.
2739 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 162 f.

Drucksache 18/6700 – 610 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Nun will ich - - Bei der Vielzahl von Gesprächen, die ich führe, will ich jetzt gar nicht für mich
sagen, dass ich mich an jedes Gespräch und jeden Inhalt eines Gespräches erinnere; aber wenn ein
Abgeordneter der SPD-Fraktion auf mich zukommt, auf den Fraktionsvorsitzenden zukommt, und ei-
nen Kollegen der Fraktion mit großer Schuld belädt - ein solches Gespräch wäre mir in Erinnerung
geblieben. Das ist es nicht, und deshalb hat es auch nicht stattgefunden. Deshalb ist diese Darstellung
falsch.“2740

Der Zeuge Thomas Oppermann hat in seiner Vernehmung bestritten, mit Michael Hartmann über den gegen

Sebastian Edathy bestehenden Verdacht2741 jemals gesprochen zu haben:

„[…] Ich habe auch nie mit Michael Hartmann über mein von Herrn Friedrich stammendes Wissen
gesprochen. Über die Gespräche, die Michael Hartmann und Sebastian Edathy geführt haben bzw.
geführt haben sollen, ist mir nichts bekannt. Es ist mir auch nicht bekannt, was Michael Hartmann
über die Vorwürfe gegen Sebastian Edathy gewusst hat oder gewusst haben könnte. […]“2742

4. Aussage des Zeugen Nocht

Der Zeuge Nocht hat in seiner Vernehmung angegeben, Sebastian Edathy habe ihm gegenüber zu einem späteren

Zeitpunkt erwähnt, dass Michael Hartmann ein Gespräch mit Thomas Oppermann geführt habe:

„Herr Edathy hatte mir gegenüber mal erwähnt, dass er von Hartmann erzählt bekommen habe, dass
Hartmann mal ein Gespräch mit Oppermann geführt habe […].

[…]

Ich hatte nicht das Gefühl, dass er [Edathy, Anm.] selber so richtig weiß, was Gegenstand des Gesprä-
ches war. […]

[…]

Er hat mir geschildert, dass er Kenntnis davon habe - ich interpretiere jetzt mal meine Erinnerungen
weit, um da einfach eine gewisse Logik einzuhalten -, dass Michael Hartmann ihm erzählt habe, dass
er auf Oppermann zugegangen sei, und es ging um ihn. Ob es um ein mögliches Ermittlungsverfahren
ging oder um andere Dinge, da hatte ich nicht das Gefühl, dass er das weiß.“2743

VII. Exkurs: Verlautbarungen und Aussagen zum Gesundheitszustand Sebastian Edathys

Das Thema der Gesundheit Sebastian Edathys hat im Untersuchungsausschuss durch Presseverlautbarungen und

Zeugenaussagen Bedeutung erlangt.

2740 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 143.
2741 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 179.
2742 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 9.
2743 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 34.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 611 – Drucksache 18/6700

1. Verlautbarungen

a) Edathy

aa) Begründung Mandatsverzicht

MdB Edathy hat am 8. Februar 2014 bei Facebook und gegenüber der Presse bekannt gegeben, das er aus ge-

sundheitlichen Gründen auf sein Mandat verzichtet habe.

bb) Edathy-Spiegel-Interview vom 17.Februar 2014

Auf die Frage, warum er sein Mandat niedergelegt habe, antwortete Edathy in der Zeitschrift Der Spiegel vom

17.Februar 2014:

„Ich habe bereits seit längerer Zeit, nicht zuletzt aufgrund der Arbeit im NSU-Untersuchungsaus-
schuss, Erschöpfungsprobleme. Nachdem ich es zudem zwar nicht für wahrscheinlich, hielt, es aber
auch nicht auszuschließen vermochte, dass unge-rechtfertigte Maßnahmen gegen mich eingeleitet
werden könnten, bin ich zu dem Entschluss gelangt, das Mandat niederzulegen. Damit wollte ich eine
Situation vermeiden, in der ich genau dem ausgesetzt bin, was an Diffamierung gerade stattfindet.
Hinweise auf bevorstehende Ermittlungsmaßnahmen lagen mir nicht vor.”2744

b) SPD-Fraktionsvorsitzender Oppermann Pressemitteilung vom 13. Februar 2014

In der Erklärung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann vom 13. Februar 2014 (Volltext siehe

unter D. XVIII. 1.) heißt es im 4. Absatz:

„[…] Der innenpolitische Sprecher Michael Hartmann sprach mich Ende November 2013 darauf an,
dass sich Sebastian Edathy in einem schlechten gesundheitlichen Zustand befindet. Ich habe ihn als
zuständigen Arbeitsgruppen-Sprecher gebeten, sich deswegen um Sebastian Edathy zu kümmern.
[…]“2745

c) MdB Hartmann Stellungnahme vom 13. Dezember 2014

Dort heißt es u. a. (Volltext siehe Zweiter Teil D. V. 2. b) aa)):

„[…] In der Zeit danach [gemeint: Gespräch vom 15. November 2013 beim Leipziger SPD-Parteitag,
Anm.] versuchte ich, mich um ihn zu kümmern. Dazu war ich als innenpolitischer Sprecher und lang-
jähriger Kollege des einstmals von mir geschätzten Kollegen Edathy verpflichtet. Nicht nur mir war
aufgefallen, dass es ihm schlecht ging. [….]. Ich werde mich in dieser Sache einstweilen nicht weiter
äußern, unter anderem weil ich anderenfalls Einzelheiten zu dem damaligen Zustand von Edathy of-
fenbaren müsste.“ 2746

2744 „Die E-Bombe", DER SPIEGEL, 17. Februar 2014, S. 24.
2745 „Thomas Oppermann zu Sebastian Edathy", http://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/thomas-oppermann-zu-sebastian-edathy, zu-

letzt abgerufen am 29. Oktober 2015.
2746 Hartmann, Protokoll-Nr. 21, Anlage 1, S. 4.

Drucksache 18/6700 – 612 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

d) MdB Lauterbach im ZDF am 18. Dezember 2014

MdB Lauterbach hat sich in der ZDF-Sendung Maybritt Illner zum Edathy-Fall am 18. Dezember 2014, 22.15

Uhr2747 wie folgt geäußert: Er selbst habe über einen Fraktionskollegen angeboten, medizinische Hilfe zu orga-

nisieren. Es habe geheißen, er (Edathy) sei im Rahmen dieser Sache in ein komplettes Burnout verfallen und

dass er (Lauterbach), ohne in Details gehen zu wollen, wisse, „dass wir uns in Teilen um ihn gekümmert haben“

(Minute 27.47 bis 28.12 der Sendung). Er (Lauterbach) habe einen Kontaktversuch aus rein medizinischen

Gründen gemacht. Den darauf für den 16.2.2014, 14 Uhr, mit Edathy vereinbarten Termin hat MdB Lauterbach

kurz darauf wie folgt abgesagt - so eine in der Sendung (ab Minute 29.05) zitierte SMS von Lauterbach an

Edathy: „Lieber Sebastian, es ist für heute Abend besser, wenn wir nicht telefonieren. Ich möchte, auch in Dei-

nem Sinne, neutral wirken können. Unser Kontakt würde einen anderen Eindruck vermitteln. Gruß Karl“. Ge-

meint war die Günther Jauch-Sendung zum Edathy-Fall am 16.2.2014, an der u. a. Lauterbach teilnahm.

e) MdB Hartmann Schreiben an den 2.Untersuchungsausschuss vom 12. Januar 2015

In einem Schreiben Michael Hartmanns an den Untersuchungsausschuss vom 12. Januar 2015 heißt es:

„[…] hiermit teile ich Ihnen vereinbarungsgemäß mit: über den Gesundheitszustand von Herrn Edathy
tauschte ich mich sorgenvoll mit einer Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen und weiteren Personen
aus. Die Notwendigkeit professioneller Hilfe war dabei im Gespräch mit den Abgeordneten Sören
Bartol und Burkard Lischka in besonderer Weise Thema.“ 2748

2. Aussagen von Zeugen

a) Zeuge Hartmann

Zu Beginn der Vernehmung vom 18. Dezember 2014 hat der Zeuge Hartmann erklärt:

„[…]. Ich habe bis jetzt auch und gerade wegen der persönlichen Umstände, der Lebenssituation von
Herrn Edathy in den letzten Monaten des vergangenen Jahres und bis zu seinem Rücktritt nicht darüber
sprechen wollen. Ich sehe mich jetzt gezwungen, diese Zurückhaltung aufzugeben. […] Ich fand ihn
bereits seit längerer Zeit sehr schwierig im Umgang. […] Sein Benehmen schien mir teilweise gera-
dezu unverständlich. […] Hinzu kam, dass er in den letzten Monaten des vergangenen Jahres, für viele
Menschen im und beim Deutschen Bundestag wahrnehmbar, Alkoholprobleme zeigte. […]“2749

Weiter hat er ausgeführt:

„[…] Ich stellte fest, dass er immer fahriger und nervöser wurde. Er verlor an Gewicht und war auch
ansonsten nicht in bester Verfassung. Ich begann, mir zunehmend Sorgen zu machen. Nicht alleine

2747 https://www.youtube.com/watch?v=iWFpNe7nWNc, zuletzt abgerufen am 14. September 2015.
2748 MAT B-Hart 18(17)54, Schreiben des Zeugen Hartmann an den Untersuchungsausschuss vom 12. Januar 2015.
2749 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 75.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 613 – Drucksache 18/6700

die eventuell drohenden öffentlichen Vorhaltungen wegen eines Bezugs nicht strafbewehrten Materi-
als gegen ihn schienen ihn zu belasten. Er befürchtete offensichtlich auch, mit seiner Karriere nicht
weiterzukommen, fühlte sich isoliert, erschien oft nicht oder verspätet.

Ich sah mich daher verpflichtet, irgendwann spät im November am Rande einer Sitzung oder bei einem
anderen gemeinsamen Termin in Berlin Herrn Oppermann auf den schlechten Gesundheitszustand
von Sebastian Edathy aufmerksam zu machen. Er reagierte aus meiner Sicht unverständlich brüsk,
zurückweisend und forderte mich auf, mich um Edathy zu kümmern - ich sei ja schließlich Sprecher -
und ihn damit nicht zu behelligen. Andere Informationen wurden weder von ihm noch von mir ausge-
tauscht. Ich war seinerzeit verärgert über seine harsche Reaktion. Ich fand sie menschlich nicht in
Ordnung, ließ ihn aber fortan mit dem Thema Edathy in Ruhe.

Nicht nur mir war der schlechte Zustand von Herrn Edathy aufgefallen. Auch andere Kolleginnen und
Kollegen, Mitarbeiter, ja, sogar Fahrer bemerkten dies und fragten nach, so, wie ich dies meinerseits
auch tat bei jenen, die näheren Umgang mit ihm pflegten. Viele machten sich Gedanken um ihn.

Ich versuchte, ihm zu helfen, ihn aufzumuntern und ihn mittels beruhigenden Zuredens zu stabilisie-
ren. […]“2750

„[…] Am 17. Dezember bei der Wahl der Kanzlerin war Herr Edathy nicht beim Zählappell erschie-
nen. Ich versuchte, ihn mehrfach vergeblich zu erreichen. Ich fürchtete ernsthaft um sein Leben. Ich
hatte Angst, dass er sich etwas angetan hat an dem Morgen; denn ich erreichte ihn nicht. Ich redete
mit Herrn Oppermann darüber. Er war auch dieses Mal wenig bereit, mir zuzuhören. Herr Edathy
erschien dann verspätet und, ich meine, gerade noch rechtzeitig. Das hat mich erleichtert. Wir unter-
hielten uns, rauchten eine Zigarette gemeinsam. Sein Zustand war auch an diesem Morgen nicht gut.

Bei einem verunglückten Abendessen im Dezember in Berlin Mitte war er außerstande, etwas zu es-
sen, und trank lediglich. Im Laufe des Abends eröffnete mir Herr Edathy, sich möglicherweise im
Bundestag für längere Zeit krankzumelden, eventuell eine Kur beginnen zu wollen oder sogar aus dem
Bundestag ausscheiden zu wollen. Es ging ihm erkennbar sehr schlecht. Ich fand durchaus, dass er
eine Kur machen sollte.

[…]

Edathys Zustand wurde schlechter. Am 28. Januar besuchte ich ihn deshalb zum ersten und einzigen
Mal in seiner Berliner Wohnung. Wenn ich mich richtig erinnere, teilte er mir da auch mit, dass er
sich für längere Zeit bereits habe krankschreiben lassen. Ich traf dort einen ohne Frage verzweifelten
und fast gebrochenen Menschen an. Sein Entschluss, den Deutschen Bundestag zu verlassen, schien
festzustehen. Er wollte sich zu Freunden zurückziehen. Als Gründe nannte er nicht alleine die mögli-
che drohende Rufschädigung wegen des Bezugs aus seiner Sicht legaler Abbildungen, sondern gene-
relle Karrierezweifel. Seine Leistungen würden aus seiner Sicht offenkundig ohnehin nicht genügend
gewürdigt. Wenn nun diese Sache noch hinzukäme, sei es aus. Er fühlte sich verlassen und völlig
isoliert. Ich denke, so war das auch, oder fast auch. […]“2751

Auf die Fragen, warum er Oppermann nur etwas vom Gesundheitszustand Edathys und nichts von Kinderpor-

nografie gesagt habe, obwohl es seit dem Gespräch mit Edathy vom 15. November 2013 den Hinweis bzw.

Befürchtungen diesbezüglich gegeben habe, hat der Zeuge Hartmann geantwortet:

„Weil es nicht um Kinderpornografie ging, weil es darum ging, dass es Herrn Edathy sehr schlecht
ging. Das war mein dominierendes Bild, und das war meine große Sorge. Das andere war doch nie
sich erhärtend. Schauen Sie, noch mal: Ich erinnere mich, dass er mehr als einmal mir sagte: Mein

2750 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 77 f.
2751 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 79.

Drucksache 18/6700 – 614 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Anwalt kümmert sich, aber da scheint nichts zu sein. Da ist nichts. - Also, wegen eines Nichts zu Herrn
Oppermann zu gehen, um zu sagen: ‚Uh, da könnte bei Sebastian Edathy was ganz Schlimmes passie-
ren‘, dazu fühlte ich mich weder ermächtigt noch genötigt. Es ging um seine Lebenskrise.“ 2752

Weiter hat der Zeuge Hartmann ausgesagt, auch bei seiner Kommunikation mit der Abgeordneten Lambrecht,

nachdem sie Parlamentarische Geschäftsführerin geworden war, sei mindestens einmal die Sorge um Edathys

Gesundheitszustand Inhalt gewesen. 2753

Bei den Personen, mit denen er über Edathy kommuniziert habe habe nach Aussage des Zeugen Hartmann im-

mer Edathys Gesundheitszustand im Vordergrund gestanden.2754 Hartmanns Hauptsorge sei nicht gewesen,

„dass Herr Edathy irgendwelche strafrechtlichen Vorwürfe zu gewärtigen hatte – das war auch mög-
lich als Thema, und es war Thema: ich habe da bestellt, hoffentlich komme ich da in nichts rein -,
meine Sorge war, dass der sich nichts antut. Ich hatte Angst, der bringt sich um.“2755

Der Zeuge Hartmann hat des Weiteren erklärt, mit Edathy sei dessen Alkoholproblem kein ausgesprochenes

Thema gewesen, aber er hätte Edathy sicherlich nicht abgeraten, eine Kur zu machen.2756

Zur Frage, ob er die über seine Sorge hinsichtlich einer möglichen Suizidgefährdung Edathys mit Kollegen

gesprochen habe, hat der Zeuge Hartmann geantwortet:

„Ich habe dieses sehr heikle Thema bestimmt nicht breit thematisiert. Ob ich es gegenüber Fraktions-
kollegen überhaupt thematisiert habe, da bin ich mir zumindest nicht sicher. […]“2757

Auf die Frage, ob angesichts dieser großen Sorge an das Ergreifen von Vorsichtsmaßnahmen, das Heranholen

professioneller Hilfe gedacht worden sei, hat der Zeuge Hartmann ausgesagt:

„[…] Genau darum ging es in einzelnen Gesprächen durchaus auch. Ich weiß, dass ich im persönlichen
Austausch mit Herrn Edathy meiner Besorgnis Ausdruck verliehen habe und auch er mir gegenüber
zumindest nicht ausschloss, dass er tatsächlich auch schon an so etwas gedacht hat. Die Befürchtung,
dass er sich etwas antun könnte, hegte, wie bereits dargestellt, nicht nur ich. Ich weiß, dass weitere
Kollegen ihm auch professionelle Hilfe angeboten haben und Kontakte zu professionellen Helfern.
Das weiß ich.“2758

Auf die Nachfrage, was der Grund für die Sorge bezüglich eines Suizides gewesen ist zu einer Zeit, wo doch

Edathy wie der Zeuge Hartmann davon ausgegangen seien, dass es um nichts strafrechtlich Relevantes ginge,

hat der Zeuge Hartmann geantwortet:

„[…] Die Sorge war da aufgrund des Gesamtverhaltens von Herrn Edathy, das ich denke dargelegt zu
haben. Es gab mindestens eine Äußerung mir gegenüber, dass er das in Erwägung gezogen hatte. Es
gab auch andere Kollegen meiner Fraktion, die diese Sorge teilten und ihm Hilfe, Unterstützung oder
Vermittlung von Hilfe, Unterstützung, konkreter als ich es konnte, angeboten haben. Dass diese Nie-

2752 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 94.
2753 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 103.
2754 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 107.
2755 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 106.
2756 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 103.
2757 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 113.
2758 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 114.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 615 – Drucksache 18/6700

dergeschlagenheit, Verzweiflung von Herrn Edathy auf der Frage eines möglichen Ermittlungsverfah-
rens trotz nicht strafbewehrter Materialien allein beruht, das habe ich nie gesagt, und so war es auch
nicht, sondern es war ein Agglomerat von Belastungen, die Herr Edathy zum Ausdruck brachte.“2759

Die weitere Nachfrage, was die anderen Kollegen, die sich auch Sorgen hinsichtlich eines Suizids gemacht, aber

von der Angelegenheit im Übrigen überhaupt nichts gewusst hätten, als Motiv für einen Suizid angenommen

hätten, hat der Zeuge Hartmann wie folgt beantwortet:

„Es geht Sebastian schlecht. Das war fast so etwas wie eine stehende Redewendung. Die anderen
Sachverhalte, nach denen Sie jetzt vielleicht fragen, die haben dabei keine Rolle gespielt, definitiv
nicht.

[…]

Ein Burnout, ein schwerer Wahlkampf, abgekämpft nach diesem schweren NSU-Untersuchungsaus-
schuss, das Auf-der-Stelle-Treten, obwohl man doch glaubte, man avanciere. All diese Punkte spielten
eine Rolle. Eine tiefere Motiverforschung haben wir da aber auch in den Gesprächen nicht vorgenom-
men.“ 2760

Auf die Frage, ob er beim Kümmern um Edathy konkret nach dessen Gesundheitszustand gefragt habe, der

vorliegende SMS-Verkehr enthalte nicht eine derartige Frage, hat der Zeuge gesagt:

„Ich habe mich sehr oft mit Herrn Edathy ausgetauscht über seinen Gesundheitszustand, sehr oft, ob
per SMS – ich weiß ja auch nicht, ob das alles vollständig ist -, ob im direkten Gespräch, ob in Tele-
fonaten, das kann ich Ihnen jetzt natürlich nicht mehr genau sagen. Ich gehe aber davon aus, dass ich
da all diese drei genannten drei Kommunikationswege benutzt habe.“2761

In seiner weiteren Vernehmung hat der Zeuge Hartmann angegeben, dass das Alkoholproblem mit fortschrei-

tendem Jahr größer zu werden schien. 2762

Die anschließende Frage hat sich auf folgenden SMS-Verkehr im Vorfeld eines abendlichen Treffens in Edathys

Wohnung am 28. Januar 2014 bezogen, der da lautete:

Hartmann: „Alles gut, wenn es was vernünftiges zu trinken gibt.“

Edathy: „Wein?“

Hartmann: „Was immer du hast. Auch bier oder so wat.“2763

Die Frage, warum er, wenn er sich nach seiner Aussage schon um Edathy aufgrund eines Alkoholprobelms

kümmere, dann noch einen Trinkabend anheize, hat der Zeuge Hartmann beantwortet:

„Weil ich nicht sein Therapeut bin.“2764

2759 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 114.
2760 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 115.
2761 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 118.
2762 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 118.
2763 MAT A-Eda 18(27) 53, Bl. 4 (11), SMS-Verkehr Sebastian Edathys.
2764 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S.119.

Drucksache 18/6700 – 616 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Dazu gefragt, weshalb er nicht bereits im Innenausschuss zu den Fragen Stellung bezogen habe, hat der Zeuge

Hartmann erklärt:

„Ich habe eine Reihe von Gründen genannt, warum ich es weder für erforderlich noch für opportun
hielt, im Innenausschuss mich da zu exponieren. Wenn Herr Edathy und ich im Moment auch in vie-
lem nicht übereinstimmen - ich glaube, er hat heute in der Pressekonferenz auch gesagt, dass wir nicht
unbedingt Freunde waren -: Man kann sich kollegial verstehen und sympathisch finden, ohne Freund
zu sein, und man kann auch jemandem, dem man mit größter Distanz begegnet, kollegial Hilfe anbie-
ten.

Ich kann bisher nicht nachvollziehen, wie durch eine Aussage von mir im Innenausschuss sich an der
Situation etwas verändert hätte. Aber die bewerten wir vielleicht unterschiedlich.“ 2765

Auf die Frage, ob er an dem Tag, als Edathy seinen Mandatsverzicht bekannt gab, davon ausgegangen sei, dass

das Mandat aus rein gesundheitlichen Gründen zurückgegeben werde, hat der Zeuge Hartmann geantwortet:

„Woraus denn sonst? Außerdem war das der Mandatsverzicht von Herrn Edathy.“ 2766

„Herr Edathy hat gesundheitliche Gründe eingeführt für seinen Mandatsverzicht.

[…]

Ich musste davon ausgehen, wenn er es angibt.“2767

b) Zeuge Edathy

Zum Thema Gesundheit hat der Zeuge Edathy in seiner Vernehmung ausgeführt:

„[…] Ich habe die Medienberichterstattung so vernommen, dass Herr Hartmann berichtet hat, er hätte
sich da große Sorgen gemacht, und ich hätte da wohl zu viel Alkohol getrunken, wie auch immer. Ich
will festhalten, dass, selbst wenn das so gewesen sein sollte, erstens ich mich offenkundig besser er-
innern kann als Herr Hartmann an die Ereignisse und an das, was geschehen ist, und zum Zweiten
erlaube ich mir, nur halbironisch anzumerken nach 15 Jahren Bundestag: Nach meiner Beobachtung
war und ist mein Konsumverhalten, was die Zunahme von Alkohol betrifft, im Bundestagsvergleich
eher unterdurchschnittlich. […]“2768

An anderer Stelle hat er erklärt:

„[…] Ich habe gelesen, Herr Hartmann habe unter anderem ausgeführt, ich hätte die Überlegung ge-
habt, eine Kur anzutreten. Das war eine Überlegung von Herrn Hartmann, allerdings nicht wegen
meiner gesundheitlichen Befindlichkeit, sondern Herr Hartmann hatte die Anregung gemacht: Wenn
du das Mandat niederlegst, dann mach eine dreimonatige Kur. Dann hast du einen guten Grund, dich
gegenüber den Medien nicht äußern zu müssen.

Das war der Hintergrund, und über meine Gesundheit haben wir nie gesprochen. Das spielte überhaupt
keine Rolle. Das war nie das Thema. Das Thema der Gespräche zwischen Herrn Hartmann - - war

2765 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S.122.
2766 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S.127.
2767 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S.127.
2768 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 84.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 617 – Drucksache 18/6700

nach dem SPD-Parteitag im November 2013 in Leipzig ausschließlich das, was möglicherweise be-
hördlicherseits gegen mich veranlasst werden könnte. […]“2769

„[…] Wenn Sie fünfmal in den Bundestag gewählt werden und Sie haben erst wenige Monate vor dem
Jahreswechsel einen sehr anstrengenden Untersuchungsausschuss geleitet und einen anstrengenden
Wahlkampf geführt, wo Sie auch drauf angewiesen waren, weil Sie keine Absicherung auf der Liste
hatten: Warum hätte ich aus gesundheitlichen Gründen, objektiv ohne krank zu sein - das wird Ihnen
möglicherweise ein Arzt bestätigen können -, auf das Mandat verzichten sollen? […]

Nein, der Rücktritt vom Mandat war ausschließlich dem Umstand geschuldet, dass mir Hartmann Ende
Januar - das entspricht übrigens auch dem, was in meiner eidesstattlichen Versicherung steht; das kann
ich hier gern noch mal vortragen; Ende Januar, nicht am 21. - mitgeteilt hat, dass Maßnahmen unmit-
telbar bevorstehen könnten, dass die Wahrscheinlichkeit jedenfalls extrem groß geworden sei. In mei-
ner eidesstattlichen Versicherung heißt es dazu übrigens - das ist Seite 3 oben, der zweite und dritte
Spiegelstrich; ich habe diese Schilderung ja chronologisch vorgenommen; der zweite Spiegelstrich -:

Hartmann ...

- besuchte mich am 28.01. ... in meiner Wohnung in Berlin-Mitte. ... Er legte mir nahe, darüber nach-
zudenken, mein Bundestagsmandat niederzulegen. […]“2770

Zu einer möglichen Diskussion innerhalb der SPD-Fraktion hat der Zeuge Edathy erklärt:

„Also, dass in der SPD breit über meinen Gesundheitszustand diskutiert wurde, ist mir nicht erinner-
lich. Ich bin angesprochen worden von Hartmann genau einmal. Das war nach dem 15.11, als ich halt
diese Information hatte: Da könnte was kommen. - Das hat mich sehr belastet. Er sprach mich danach
an, er sei schon von einigen Kollegen angesprochen worden, ich würde keinen guten Eindruck ma-
chen.“ 2771

Auf die Frage, welcher Fraktionskollege sich um ihn in Sachen Gesundheitszustand, Hilfe, Fürsorge gekümmert

habe, vielleicht damit beauftragt war oder von selbst, hat der Zeuge Edathy geantwortet:

„Ja, keiner. Wissen Sie, ich habe das ja mit Interesse der Berichterstattung entnommen, dass Herr
Hartmann sagte, ich hätte wohl angeblich zu viel getrunken. Ich kann mich nur erinnern, dass sowohl
im Restaurant, wo wir in Mitte waren, als auch bei mir in der Wohnung, er eher mehr getrunken hat
als ich.

[…]

Jetzt mal realistisch betrachtet: Also, wenn man sich wirklich Sorgen um mich macht und um meinen
Gesundheitszustand, dann müssten die Sorgen doch eigentlich am 10. Februar eintreten mit dem Öf-
fentlichwerden der ersten Durchsuchung.“ 2772

Auf den Vorhalt, er habe in der Bundespressekonferenz erklärt, er habe in dieser schwierigen Zeit den einen

odere anderen Abend zu viel getrunken, hat der Zeuge Edathy ausgesagt:

„Ja, ich halte das jetzt hier im Regierungsviertel für nicht ganz ungewöhnlich. Wenn ein sporadisch
starker Alkoholgenuss dazu führt, dass man nicht glaubwürdig ist, dann dürfte das Vertrauen in mehr
als die Hälfte des Bundestages in den Keller sinken.

2769 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 85.
2770 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 86.
2771 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 108.
2772 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 108 f.

Drucksache 18/6700 – 618 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Sehen Sie, ich habe das angesprochen, weil ich gefragt worden bin: Was könnte eigentlich Hartmann
damit meinen, als er angekündigt hat, er wollte sich lange Zeit öffentlich nicht äußern, weil er dann
etwas über meinen Zustand hätte sagen müssen? Sehen Sie, aber wenn jemand starke Sorge gehabt
haben sollte, dass jemand zu viel trinkt - das hat er mir nie gesagt -, dann gehe ich nicht zu dem in die
Wohnung, trinke eine Flasche Wein, und der trinkt zwei Bier.“ 2773

Auf die Frage, ob ihn die Abgeordneten Sören Bartol oder Burkhard Lischka im Hinblick auf eine Notwednigkeit

professioneller Hilfe mit ihm unterhalten haben, hat der Zeuge Edathy geantwortet:

„Es war so, dass nach meinem Mandatsverzicht und dem Eintreten der öffentlichen Diskussion - - Da
war ich noch in Dänemark. Das muss also in der ersten oder in der zweiten Woche - - Das war in der
zweiten Wochen in Dänemark. Also, in der Woche vom 17. Februar 2014 hatte mich Sören Bartol
kontaktiert, dessen Schwiegermutter wohl Psychologin ist, und da hatte er mir angeboten, ich könne
mich an die wenden. Von dem Angebot habe ich keinen Gebrauch gemacht. Das war aber das einzige
im weitesten Sinne medizinische Hilfsangebot, was mir gemacht worden ist: vor dem 10.02. keines
und nach dem 10.02. dieses eine von Sören Bartol.

Herr Lischka hat sich nach meinem Zustand erkundigt. Da ging es aber nicht um Gesundheit, sondern
um meine beruflichen Perspektiven. Das war Gegenstand unseres Telefonates gewesen. Und ich habe
mit Verwunderung in einer Fernsehdiskussion gesehen, dass der Abgeordnete Karl Lauterbach be-
hauptet hat, er habe mir Hilfe angeboten oder anbieten lassen.

Der Sachverhalt war der, dass Lauterbach - ich meine, eine Woche nach den Durchsuchungen - - Das
muss ein Sonntag gewesen sein. Ich gucke keine Talkshows, deswegen weiß ich es nicht ganz genau.
Das war eine Jauch-Sendung, wo er zu Gast war. Ich hatte Lauterbachs Telefonnummer nicht. Und
Bartol hatte sich bei mir gemeldet - das kann ich auch belegen durch SMS-Verkehr -, Lauterbach wolle
mit mir sprechen. Und das war für mich völlig klar: Lauterbach wollte mit mir sprechen über seinen
Auftritt in der Sendung und nicht über medizinische Hilfe.

Ich habe dann die Funktelefonnummer bekommen von Lauterbach über Sören Bartol, habe Lauterbach
mehrere SMS-Nachrichten geschickt, der dann aber, nachdem er sich erst mit mir telefonisch verab-
reden wollte, an dem Nachmittag des Sendungstages mir eine SMS schickte, das sei für ihn besser,
und er könnte unbefangener in der Sendung auftreten, wenn wir nicht telefonieren. Es ging zu keinem
Zeitpunkt um annähernd so etwas wie medizinische Beratung. Warum er dann so was behauptet, was
eindeutig nicht der Wahrheit entspricht, entzieht sich meiner Kenntnis.“ 2774

An anderer Stelle hat der Zeuge ausgeführt:

„[…] jetzt zu dem Thema Lischka. Ich habe ja ausdrücklich gesagt, dass es einen Kontakt gab und
dass er sich interessiert hat für meine Situation. Da ging es aber nicht um Gesundheitszustände. Burk-
hard Lischka, 24. Februar, 19.32 Uhr, SMS an Sebastian Edathy:

Lieber Sebastian, wenn ich irgendwie helfen kann, lass es mich bitte wissen. Dein Burkhard

Antwort von mir, ohne Uhrzeit, aber auch am 24. Februar:

Sterbehilfe in Deutschland zulassen?

- Smiley. -

Nee, im Ernst, können wir mal telefonieren? Sebastian

2773 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 112.
2774 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 112 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 619 – Drucksache 18/6700

Dann Lischka an mich:

Ja klar, ich ruf dich morgen an. Ist das okay? Denk an dich.

Dann schreibe ich:

Ist okay.

Ich nehme an, das Telefonat war dann am 25. [Februar 2014, Anm.].“ 2775

Auf die sinngemäße Frage, ob er sich anderen Kollegen dahingehend offenbart habe, dass er ihnen erzählte, was

bislang hinter ihm lag, hat der Zeuge Edathy geantwortet:

„Nein. Ich habe darüber aus dem politischen Bereich nur mit Hartmann gesprochen. Ich habe natürlich
mit meinem Anwalt gesprochen, mit Freunden gesprochen, aber mit keinem Mitglied meiner Fraktion
zum Beispiel. Meiner Erinnerung nach war das halt so, dass Hartmann nach dem 15.11. mir mal am
Rande einer Fraktionssitzung sagte, er wäre angesprochen worden von einigen Kollegen. Es sehe so
aus, als ob es mir nicht so gut ginge. Eine davon leitet diesen Ausschuss.“ 2776

Zu seiner Krankschreibung hat der Zeuge ausgeführt:

„[…] Ich war am 20. Dezember am Nachmittag bei meinem Hausarzt, habe meinem Hausarzt gesagt
- wir sind per du -: […] kannst du mir eine Krankschreibung geben bis Ende Februar? Ich bin irgend-
wie ziemlich ausgebrannt und brauche mal ein bisschen Ruhe; ich brauche eine Ruhepause.“ 2777

„[…] Der Grund für die Krankschreibung war, dass ich ein Argument haben wollte in Berlin, um nicht
ständig in irgendwelchen Gremiensitzung mich aufzuhalten. […]“2778

Die Frage, ob sich jemand aus der Fraktionsführung wegen der längeren Krankschreibung bei ihm erkundigt

habe, hat der Zeuge verneint. 2779

Zum Thema Suizidgefährdung hat der Zeuge Edathy erklärt, er habe darüber niemals mit Michael Hartmann

gesprochen. Dieser habe ihm nur gesagt, er wäre aus der Fraktion angesprochen worden, dass Edathy nicht so

gut aussehe. 2780

An anderer Stelle hat der Zeuge ausgesagt:

„[…] die Behauptung von Hartmann muss ja wohl die sein, es wäre ständig um meinen Gesundheits-
zustand gegangen. Nein, allenfalls am Rande und vielleicht einmal. Wie gesagt, andere frühere Kol-
legen aus dem Bundestag: Das war ausschließlich Herr Bartol, wie ich vorhin ausgeführt habe. Lau-
terbach wollte sich auf eine Talkshow vorbereiten, und Lischka wollte insgesamt wissen, wie ich das
sehe, und hat mir ein paar Ratschläge gegeben, die aber nichts mit Gesundheit zu tun hatten, sondern
er hat mir zum Beispiel geraten, mich öffentlich erst mal einige Wochen zurückzuhalten. Dem bin ich
nicht gefolgt. Aber das war sein Ratschlag, und er hat mir aus dem Fraktionsgremienvorstand und

2775 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 136.
2776 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 113.
2777 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 119.
2778 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 120.
2779 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 121.
2780 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 132 f.

Drucksache 18/6700 – 620 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Gesamtfraktionen berichtet, wie über mich diskutiert würde und dass es auch durchaus kritische Stim-
men zum Beispiel gegenüber einem möglichen Parteiordnungsverfahren gibt. Darüber haben wir ge-
sprochen.“ 2781

c) Zeuge Staschen

Der Zeuge Staschen (Büroleiter von Thomas Oppermann) hat zum Gesundheitszustand Edathys ausgesagt:

„[…] Dass Herr Edathy seit Anfang Januar bei der Fraktion krankgemeldet war, wusste ich abstrakt,
weil wir als Büro vor den Fraktionssitzungen eine Liste der Krankmeldungen/Entschuldigungen für
die Fraktionssitzungen erhalten. Das sind durchschnittlich, würde ich sagen, je nach Wetter, Witterung
und Konkurrenzterminen so um zehn oder 15 Abgeordnete, würde ich sagen. Ich muss es also wahr-
genommen haben, kann mich aber nicht konkret daran erinnern, dass ich es wahrgenommen habe, weil
da stehen ja dann viele Leute drauf, und ich kannte auch keine näheren Umstände.[…]

Ich habe der Presseberichterstattung über den Untersuchungsausschuss entnommen, dass seine Krank-
heit oder seine Krankmeldung Gesprächsthema gewesen sein soll. Das mag unter den Innenpolitikern
der SPD so gewesen sein. Ich kann es jedenfalls für meine Person nicht bestätigen. Ich kann mich
nicht daran erinnern, mit irgendjemandem über den Gesundheitszustand von Herrn Edathy gesprochen
zu haben. […]“2782

Von Gerüchten, betreffend den Gesundheitszustand oder eine Suizidgefährdung Edathys, habe der Zeuge

Staschen nichts mitbekommen. 2783

d) Zeuge Kahrs

Der Zeuge Kahrs hat bekundet, keine Wahrnehmungen hinsichtlich einer Verschlechterung des Gesundheitszu-

standes oder eines übermäßigen Alkoholkonsums Sebastian Edathys gehabt zu haben. 2784

Weiter hat er zum Gesundheitszustand Edathys ausgesagt:

„Ich habe ihn immer für einen sehr starken Charakter gehalten, und auch wenn er Probleme hatte, hat
er die in der Vergangenheit auch immer selbst gelöst, und er hat immer sehr in sich geruht.“ 2785

e) Zeuge Dr. Steinmeier

Nach Aussage des Zeugen Dr. Steinmeier hat dieser weder selbst eine Verschlechterung des Gesundheitszustan-

des Sebastian Edathys wahrgenommen noch wurde diese an von Dritten ihn herangetragen. 2786 Der Zeuge war

sich sicher, dass er von gesundheitlichen Problemen Edathys im November 2013 noch nichts gewusst habe. 2787

2781 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 136 f.
2782 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 9.
2783 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 31.
2784 Kahrs, Protokoll-Nr. 24, S. 25.
2785 Kahrs, Protokoll-Nr. 24, S. 26.
2786 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 142.
2787 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 151.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 621 – Drucksache 18/6700

f) Zeuge Gabriel

Der Zeuge Gabriel hat ausgesagt, sich bis zum Öffentlichwerden der Causa Edathy keine Gedanken über eine

Suizidgefährdung Sebastian Edathys gemacht zu haben. 2788

Zu einer möglichen Gefährdung nach Niederlegung des Mandats hat der Zeuge Gabriel erklärt:

„Der Zusammenhang gesundheitliche Gründe, Mandatsverzicht, also nicht etwa: ‚Ich melde mich
krank, und ich warte mal‘, sondern ‚Ich lege mein Mandat nieder, ich beginne sozusagen, meine ge-
samte bisherige berufliche, bürgerliche Existenz zu beenden‘ - - Da habe ich einen Zusammenhang
gesehen, und den fand ich - - hätte dramatisch sein können.“ 2789

„[…] Ich habe ein bisschen überlegt, ob ich mich melde, und der Zusammenhang gesundheitliche
Gründe und der von mir vermutete Hintergrund, nämlich dass er in schlechter physischer und psychi-
scher Verfassung ist wegen des Verdachts oder der Debatte um das Anschauen von nackten Kindern
und Jugendlichen, da kann man Sorge haben - und ich hatte diese Sorge -, dass ein Mensch den Verlust
seiner bürgerlichen Existenz vor sich sieht und Dinge macht, vor denen man Menschen schützen sollte.
Und das war die Überlegung, warum ich gesagt habe: Ich glaube, dass man ihm signalisieren muss,
wenn er vor einer solchen Entscheidung steht, dass man ihm auch Hilfe zukommen lassen kann, um
eine solche Entscheidung, die eine Gefahr für Gesundheit oder Leben beinhaltet, nicht zu tref-
fen.“ 2790

Infolge des Mandatsverzichtes Edathys sendete Sigmar Gabriel ihm eine SMS mit folgendem Wortlaut:

„[…] Hallo Sebastian, es tut mir sehr leid für Dich. Wenn Du Hilfe brauchst, melde Dich. Kopf hoch!
Es kommen auch wieder bessere Zeiten. Dein Sigmar […].“2791

Auf die Frage, ob er geglaubt habe, mit der SMS einen möglichen Suizid Edathys zu verhindern, hat der Zeuge

Gabriel geantwortet:

„Ich glaube, dass, wenn er in einer Lage gewesen wäre, wo das denkbar gewesen wäre, er sich viel-
leicht gemeldet hätte. Er hat aber lediglich, wenn ich das richtig erinnere, mit ‚Danke‘ geantwor-
tet.“ 2792

Eigene Wahrnehmungen bezüglich einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes Edathys hat der Zeuge

Gabriel nach eigener Aussage zuvor nicht gehabt. Er sei auch nicht von Dritten darauf angesprochen wor-

den. 2793

g) Zeuge Oppermann

Der Zeuge Oppermann hat in seiner Vernehmung ausgeführt:

„[…] Ende November - ein genauer Zeitpunkt ist mir nicht mehr erinnerlich; womöglich war es am
Rande der Koalitionsverhandlungen - kam mein Kollege Michael Hartmann auf mich zu und sprach

2788 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 124.
2789 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 75.
2790 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 75.
2791 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 75.
2792 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 123.
2793 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 117 f.

Drucksache 18/6700 – 622 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

mich auf Sebastian Edathy an. Er sagte, dass sich Sebastian Edathy in einer schlechten Verfassung
befinde. Er wirke überarbeitet, ziehe sich sehr zurück. Er habe stark abgenommen und sehe schlecht
aus. Er mache insgesamt einen gesundheitlich schlechten Eindruck. Herr Hartmann fühlte sich als
Sprecher unserer Arbeitsgruppe Innenpolitik für Sebastian Edathy verantwortlich. Da ich es für mög-
lich hielt, dass Edathys schlechter Zustand etwas mit den inzwischen bekannt gewordenen Ermittlun-
gen aus Kanada zu tun haben könnte, war mir auch dieses Gespräch äußerst unangenehm. Auf keinen
Fall wollte ich ein vertieftes Gespräch über Sebastian Edathy aufkommen lassen und habe deshalb
Michael Hartmann gebeten, sich um ihn zu kümmern. […]“2794

„[…] Ebenfalls kurz vor Weihnachten, am 17.12.2013, fand die Wahl der Bundeskanzlerin statt. Als
gerade neu gewählter Fraktionsvorsitzender war ich an diesem Tag voll und ganz darauf konzentriert,
alle Abgeordneten an Bord zu haben und alle Stimmen zusammenzubekommen. Unmittelbar vor der
eigentlichen Wahl der Kanzlerin im Plenum fand der übliche Zählappell in der Fraktion statt. Als die
Namen einzeln aufgerufen wurden, fiel auf, dass neben anderen Sebastian Edathy fehlte.

Wie in solchen Fällen üblich, ist da mit Sicherheit die Frage gestellt worden, ob jemand weiß, was mit
ihm ist. Jedenfalls hatte sich Michael Hartmann wohl zunächst vergeblich darum bemüht, Sebastian
Edathy zu erreichen, und berichtete mir davon. Ich meine, das war entweder noch im Fraktionssaal
oder auf dem Weg in den Plenarsaal. An den genauen Wortwechsel habe ich keine konkrete Erinne-
rung. Aber ich kann mit Sicherheit ausschließen, dass ich mir dabei Gedanken gemacht oder Gedanken
geäußert hätte, wie man sich bei einem möglichen Suizid von Edathy gegenüber den Medien positio-
niere. Die Behauptung von Sebastian Edathy, ich hätte mich sinngemäß so gegenüber Michael Hart-
mann geäußert, ist völlig absurd. Diese Unterstellung hat erkennbar keinen anderen Zweck, als mich
persönlich zu diskreditieren. […]

Im Januar 2014 hat sich Sebastian Edathy dann bei der Bundestagsfraktion krankgemeldet. Die Ent-
schuldigung ist am 08.01.2014 bei der Fraktion eingegangen. Am 08.02.2014 erfuhr ich aus den Me-
dien, dass Sebastian Edathy sein Bundestagsmandat aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt habe.
Die Nachricht hatte mich überrascht, weil eine vorübergehende Erkrankung oder Erschöpfung norma-
lerweise kein Grund ist, auf das Mandat zu verzichten. Aber wie schon bei dem ersten Hinweis auf
seinen schlechten Gesundheitszustand hielt ich es auch diesmal für möglich, dass seine Entscheidung
mit den Ermittlungen aus Kanada zusammenhängt. […]“2795

„[…] Der Mandatsverzicht war für mich ein Indiz dafür, dass er sich in einer schweren Lebenskrise
befinden musste. Deshalb wollte ich ihm Mut machen und habe ihm mit meiner SMS vom 8. Februar
zu verstehen gegeben, dass ich die Entscheidung, auf das Mandat zu verzichten, für richtig halte und
dass es nach überstandener Krise immer auch einen Neuanfang gebe. […]“2796

Zum Gespräch mit dem Abgeordneten Hartmann Ende November 2013 hat der Zeuge Oppermann ausgeführt:

„[…] Hartmann hat in einem Stadium Ende November, nachdem ich diese Berichterstattung aus Ka-
nada zur Kenntnis genommen hatte, von, sagen wir mal, einer schwierigen gesundheitlichen Situation
Edathys berichtet, und insofern sozusagen war das ein weiterer Punkt in der Entwicklung, und den
habe ich deshalb erwähnt, um den deutlich zu machen. Ich habe ja gesagt: Auch die Information von
Hartmann habe ich auf die Kanada-Ermittlungen zurückgeführt. Zumindest habe ich mir gedacht: Die
Dinge haben wohl was miteinander zu tun. Und da lag ich ja auch nicht falsch.“ 2797

An anderen Stellen hat der Zeuge dazu ausgeführt:

2794 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 171.
2795 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 172.
2796 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 172.
2797 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 33.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 623 – Drucksache 18/6700

„[…] Wir haben lediglich Ende November über den gesundheitlichen Zustand von Sebastian Edathy
gesprochen. Er kam auf mich zu und sagte mir, dass es um den schlecht bestellt sei.“ 2798

„Also, wenn ein Kollege auf mich zukommt und wenn man mich auf gesundheitliche Probleme eines
anderen Kollegen anspricht, dann bin ich normalerweise ein aufmerksamer Zuhörer. Dann frage ich:
Was ist denn los? Was gibt es für Probleme? Braucht der Unterstützung? Können wir etwas tun? - Das
versteht sich von selbst, weil ich als Fraktionsvorsitzender natürlich auch eine Fürsorgepflicht habe.

Nur, in diesem Fall verbot sich das für mich von Anfang an. Jeder Satz, den ich jetzt in einem Gespräch
mit Herrn Hartmann geäußert hätte, jede Frage, die ich ihm gestellt hätte, hätte doch auch möglicher-
weise noch falsch verstanden werden können. Ich wollte gar nicht im Ansatz ein vertieftes Gespräch
aufkommen lassen und habe ihm deshalb, sagen wir mal, zu verstehen gegeben: Dann kümmere dich
um den. - Und das war es im Wesentlichen.

Er hatte mir geschildert, dass sich seit einiger Zeit Sebastian Edathys - - dass der also angeschlagen
sei, dass der in gesundheitlich schlechter Verfassung sei, übermüdet, und das falle auch anderen auf,
und was man da tun könne oder solle - so sinngemäß. Ich kann mich an den Wortlaut seiner Schilde-
rung naturgemäß nicht mehr erinnern. Dann habe ich gesagt: Du, dann musst du dich eben um ihn
kümmern. - Punkt! Und es war ohnehin eine Gesprächssituation, irgendwo; das hatte so einen transi-
torischen Charakter. Wir waren irgendwo -

[…]

- am Rande einer Sitzung, oder kam er auf mich zu. Ich habe ihm aber doch eher versucht, da mit - -
wollte das nicht an mich rankommen lassen.“ 2799

Zu seiner Wahrnehmung des Gesundheitszustandes Edathys hat der Zeuge erklärt:

„Ich hatte von seiner schlechten gesundheitlichen Verfassung keine eigene Anschauung.“ 2800

Auf Nachfrage hat der Zeuge Oppermann bestätigt, dass ihm Sebastian Edathy beim „Karrieregespräch“ am 8.

November 2013 gesund erschienen sei. 2801

Auf die Frage, ob er im Dezember 2013 irgendwelche Gerüchte über den Gesundheitszustand Edathys gehört

hätte, hat der Zeuge Oppermann geantwortet:

„Es gab keine Gerüchte, die ich gekannt hätte, und wenn es welche gegeben hat, habe ich jedenfalls
nicht in den Kreisen verkehrt, in denen es sie gab.“ 2802

Der Zeuge Oppermann hat des Weiteren auf Nachfrage bestätigt, dass der Abgeordnete Hartmann seiner Kennt-

nis nach mit Sebastian Edathy ausschließlich über dessen Gesundheitszustand gesprochen habe. 2803

Weiter hat der Zeuge erklärt:

„[…] Herr Hartmann hat mir über seine Gespräche mit Edathy nichts berichtet, und ich habe ihn auch
nicht danach gefragt. Und als er mich ansprach auf den Gesundheitszustand von Edathy, habe ich ihm

2798 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 29.
2799 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 42 f.
2800 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 107.
2801 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 107.
2802 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 180.
2803 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 35 f.

Drucksache 18/6700 – 624 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

auch in einer Art und Weise zu verstehen gegeben, er solle sich um ihn kümmern, dass ich, sagen wir
mal, an einer Vertiefung des Themas nicht interessiert bin.“ 2804

Auf die Frage, ob Michael Hartmann ihm gegenüber seinerzeit in dem Gespräch ausdrücklich von „gesundheit-

lichen Problemen“ gesprochen habe, hat der Zeuge Oppermann geantwortet:

„Die genaue Formulierung weiß ich nicht mehr, aber es ging um seinen gesundheitlichen Zustand, der
sich erkennbar verschlechtere. Er mache einen angeschlagenen Eindruck usw.

[…]

Kann auch sein, dass er gesagt hat: Edathy geht es nicht gut.“ 2805

Zum Mandatsverzicht Edathys hat der Zeuge Oppermann ausgesagt:

„[…] Ich habe nicht geglaubt, dass es gesundheitliche Gründe sind, die ihn zum Mandatsverzicht be-
wegt haben, sondern ich habe auch da vermutet, es hängt zusammen mit der Kanada-Geschichte. Des-
halb war ich weiterhin vorsichtig und habe keine Informationen über meine Kenntnisse, die ich über
die Informationskette hatte, preisgegeben.“ 2806

Bezüglich der Erwähnung Michael Hartmanns in seiner Pressemitteilung vom 13. Februar 2014 hat der Zeuge

ausgeführt:

„[…] Ich habe die Pressemitteilung ja verfasst am 12. Am 13. habe ich sie publiziert, am 13. Februar
2014. Da hatte ich ja auch genau vor Augen: Der Edathy ist dann krank geworden, hat sich krankge-
meldet, dann kam der Mandatsverzicht, sodass das Gespräch mit Hartmann dadurch insgesamt eine
Bedeutung bekam. Da gibt es einen Wechsel, Edathy ist auffällig in schlechter gesundheitlicher Ver-
fassung. Das schien mir Teil einer, sagen wir mal, Geschichte zu sein. Deshalb habe ich den Namen
Hartmann erwähnt. Andere Gründe dafür hatte ich nicht.“ 2807

h) Zeugin Lambrecht

Die Zeugin Lambrecht hat zum Gesundheitszustand Sebastian Edathys ausgesagt:

„[…] Thomas Oppermann hat mir in oben beschriebenem Gespräch nach meiner Amtsübernahme -
wie gesagt, zwischen dem 17. und dem 19. Dezember - auch gesagt, dass er mit Michael Hartmann
ein Gespräch über den Gesundheitszustand von Edathy hatte und dass Michael Hartmann sich um ihn
kümmere. In dem Gespräch mit Michael Hartmann sei es ausschließlich um den Gesundheitszustand
gegangen. Auch mir war zu diesem Zeitpunkt aufgefallen, dass Sebastian Edathy sich verändert hatte,
sehr stark abgenommen hatte. Das und die Information von Thomas Oppermann, Michael Hartmann
kümmere sich um Edathy, waren auch der Grund, warum ich dann in der Angelegenheit auf Michael
Hartmann zugegangen bin. Es hat meiner Erinnerung nach ein Gespräch am Rande des Plenums oder
der Fraktion stattgefunden. Thema war dabei ausschließlich Edathys gesundheitliche Verfassung. Ob
ich direkt auf Michael Hartmann zugegangen bin oder das Gespräch vorher telefonisch oder per SMS
angekündigt habe, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Eine entsprechende SMS liegt mir zu-
mindest nicht vor. Ich habe allerdings auch Ende des Jahres 2013 ein neues Handy bekommen.

Nach meiner Wahl zur Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin erinnere ich mich überhaupt nur
an einen Kontakt, also direkten Kontakt, zu Sebastian Edathy, und das war der Jahreswechsel

2804 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 36.
2805 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 78.
2806 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 31.
2807 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 42.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 625 – Drucksache 18/6700

2013/2014. Ich traf ihn auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes am Neujahrsmorgen, und wir
führten, umgeben von vielen Menschen, ein kurzes, belangloses Gespräch und haben uns wechselsei-
tig Neujahrsgrüße abgegeben.

Am 8. Januar 2014 ging bei der zuständigen Parlamentarischen Geschäftsführerin der Fraktion ein
vom 6. Januar 2014 datiertes Schreiben von Sebastian Edathy ein, in dem er mitteilte, dass er am
selben Tag dem Bundestagspräsidenten ein Attest über seine vorläufige Arbeitsunfähigkeit bis ein-
schließlich 28. Februar 2014 übermittelt habe. Er bat unsere Geschäftsführerin, ihn für diesen Zeit-
raum für die Gremiensitzungen der Fraktion zu entschuldigen, und hiervon wurde ich in Kenntnis
gesetzt. Von der Verzichtserklärung über die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag von Sebastian
Edathy mit der Begründung ‚aus gesundheitlichen Gründen‘ habe ich über Facebook am 8. Februar
erfahren. […]“2808

Zu ihrem Gespräch mit Michael Hartmann über den Gesundheitszustand Sebastian Edathys hat die Zeugin Lam-

brecht mitgeteilt:

„Das war auch ein sehr kurzes Gespräch. Mir ging es darum, dass ich diese Information hatte, die aber
sehr kurz von Thomas Oppermann kam: Der Hartmann, der macht sich da Sorgen, und der kümmert
- - Ich habe ihn dann gebeten, sich darum zu kümmern. Und ich wollte mal aus erster Hand wissen,
wie denn der Gesundheitszustand einzuschätzen ist, ob der länger ausfällt. Das ist ja für die Fraktion
auch von Bedeutung gewesen. Deswegen habe ich Michael darauf angesprochen. Ich habe dann von
ihm erzählt bekommen, dass er offensichtlich in einer schwierigen Situation ist gesundheitlich, dass
er auch darüber nachdenkt, in eine längere Kur zu gehen, und sogar darüber nachdenkt, auf sein Man-
dat zu verzichten. Das habe ich dann zur Kenntnis genommen. Ich habe es auch noch nicht intensiviert,
weil ich hatte ja mein Hintergrundwissen, wollte aber deswegen auch nicht noch weiter darüber jetzt
sprechen, habe es zur Kenntnis genommen. Dann ging es aber auch wieder um andere Themen, bzw.
es war auch kein langes Gespräch. Ich wollte für meinen Hintergrund nur wissen: Was kann da jetzt
auch auf uns zukommen?“ 2809

Ob andere Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion sich Sorgen um Edathys Gesundheitszustand gemacht haben,

habe sie nicht mitbekommen. 2810

Dazu gefragt, ob sie nach Kenntnisnahme von dem Mandatsverzicht Edathys einen Bezug zu den gegen ihn

erhobenen Vorwürfen hergestellt habe, hat die Zeugin Lambrecht geantwortet:

„Er hat ja gesundheitliche Gründe angegeben, und ja, es war nicht auszuschließen, dass das auch der
Hintergrund ist. Aber ich habe auch im Hinterkopf gehabt: Es kann auch einen anderen Grund ha-
ben.“ 2811

Zu ihrer eigenen Wahrnehmung des Zustandes von Edathy hat die Zeugin ausgesagt:

„[…] ich [habe] Sebastian Edathy selten in Fraktionssitzungen mal gesehen, und da ist mir nur aufge-
fallen, dass er abgenommen hat, deutlich abgenommen hat, also meiner Einschätzung nach, meiner
Wahrnehmung nach, und einen anderen Eindruck gemacht hat, auch vom Kleidungsstil. Er war immer
einer der bestangezogenen Kollegen für mich zumindest, und das hat sich - - Er war mehr ein bisschen
lockerer angezogen in dieser Zeit. Aber über die anderen Vorwürfe [Alkoholprobleme, Suizidgefähr-
dung, Anm.] kann ich nichts sagen. So nah war ich jetzt nicht an ihm dran.“ 2812

2808 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 96 f.
2809 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 100.
2810 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 100.
2811 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 101.
2812 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 108.

Drucksache 18/6700 – 626 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Zeugin Lambrecht hat weiter ausgesagt, sie sei selbst nicht an Sebastian Edathy herangetreten, da sie ge-

wusst habe, dass sich Michael Hartmann um ihn kümmere. Zudem habe auch kein entsprechendes Näheverhält-

nis zu Edathy bestanden. 2813

Von einer möglichen Suizidgefährdung Edathys hat die Zeugin nach eigener Aussage nichts mitbekom-

men. 2814

i) Zeuge Nocht

Der Zeuge Nocht (bis Ende September 2012 Büroleiter des MdB Edathy), hat auf die Frage, ob er bis zu dem

gemeinsamen Gespräch mit Edathy am 25. November 2013 bei diesem Auffälligkeiten habe feststellen können,

geantwortet:

„Das hatte ich nicht, wobei ich anfügen muss, dass ich zu diesem Zeitpunkt aufgrund meiner Tätigkeit,
die ja nicht mehr in seinem Büro stattgefunden hat, jetzt keinen täglichen Kontakt mehr zu ihm hatte.
Insofern habe ich da im Vorfeld keine große Veränderung wahrgenommen.“ 2815

Bis zum Mandatsverzicht habe der Zeuge Nocht eine Veränderung des allgemeinen Zustands von Sebastian

Edathy wahrgenommen:

„Dass er in dieser Zeit stark an Gewicht verloren hatte, dass er nicht ganz bei sich war, das kann ich
bestätigen. Das war so. […]“2816

„[…] er hat quasi keine Veranstaltung mehr wahrgenommen. Er ist zu keinen großen Versammlungen
gegangen. Wenn er zu Fraktionssitzungen gegangen ist, dann - haben mir später Kollegen berichtet -
hat er die meiste Zeit rauchend auf der Terrasse gestanden. Das sind so sowohl meine eigenen persön-
lichen Eindrücke wie auch das, was mir erzählt wurde: dass er in der Zeit nicht der Sebastian Edathy
war, den man kannte.“2817

Der allgemeine Gesundheitszustand Sebastian Edathys sei auch Gesprächsthema in der SPD-Fraktion gewesen.

Der Zeuge Nocht hat dazu erklärt:

„Also, ich kann aus eigener Erfahrung in der Zeit sagen, dass mich auch andere Kollegen, weil sie ja
wussten, dass ich mal bei ihm gearbeitet hatte, angesprochen haben, was denn mit ihm los sei, der sei
ja so dünn geworden und ob der eine Krankheit hat oder sonst irgendwas. Das war Gesprächsthema
der Fraktion, ja.“2818

Angesichts dieses Zustandes habe der Zeuge Nocht befürchtet, dass sich Sebastian Edathy in diesem Zustand

etwas antun könne.2819

2813 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 110 f.
2814 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 121.
2815 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 8 f.
2816 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 20.
2817 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 21.
2818 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 31.
2819 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 32.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 627 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Nocht hat weiter von einem Gespräch mit der Abgeordneten Ernstberger (Parlamentarische Ge-

schäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion) Mitte Dezember 2013 berichtet, in dem auch der Gesundheitszu-

stand Edathys angesprochen worden sei:

„[…] ich [habe] ihr [Abg. Ernstberger, Anm.] gesagt, dass es ihm nicht gut geht und dass ich mir auch
nicht vorstellen kann, dass er für Dinge zur Verfügung steht im Moment. Und danach hat sie dann
gesagt: Ja, das hörte man auch schon. Das wird in der Fraktion auch so gesagt, dass der gesundheitliche
Probleme hat.“ 2820

An anderer Stelle hat er dazu ausgeführt:

„[…] das hat sie mir auch gesagt -, dass es eben in der Fraktion Gesprächsthema war, dass er so
schlecht aussieht, dass er sich rauszieht, sich einigelt. […]“2821

Der Zeuge Nocht hat des Weiteren ausgesagt, auch von anderen Kollegen auf Sebastian Edathy angesprochen

worden zu sein:

„[…] ich kann aus eigener Erfahrung in der Zeit sagen, dass mich auch andere Kollegen, weil sie ja
wussten, dass ich mal bei ihm gearbeitet hatte, angesprochen haben, was denn mit ihm los sei, der sei
ja so dünn geworden und ob der eine Krankheit hat oder sonst irgendwas. Das war Gesprächsthema
der Fraktion, ja.“ 2822

„Ich habe dann immer gesagt: ‚Dem geht es nicht gut; das ist gesundheitlich bei ihm gerade so ein
bisschen schwierig‘, habe mich da aber möglichst immer bemüht, die Gespräche nicht allzu lang wer-
den zu lassen, um das mal so auszudrücken.“ 2823

j) Zeuge Schuparis

Der Zeuge Schuparis, seinerzeitiger Leiter des Abgeordnetenbüros Sebastian Edathys, hat seine Wahrnehmung

zum Gesundheitszustand Edathys wiedergegeben:

„Ich habe mich damals auch ein bisschen gewundert. Vor allem, nachdem er auch selber noch in den
Koalitionsverhandlungen mit drinsaß, habe ich auch gedacht, dass es bergauf gehen könnte. Ich habe
das dann damals darauf bezogen, dass es ihm nicht so gut ginge oder geht, dass vielleicht jetzt kein
offensichtlicher Posten für ihn rausspringt. Er hat auch manchmal Phasen gehabt, wo es ihm tatsäch-
lich nicht so gut ging, wo er sich zurückgezogen hat. Das habe ich anfangs darauf gemünzt. Nach dem
Gespräch [am 25.11.2013, Anm.] war es mir dann durchaus klar, was sozusagen Grund des Übels war
zwischen diesen zehn Tagen, zwischen dem 15. und dem 25., weil er da zum Teil auch nur sporadisch
im Büro war. Wenn überhaupt, war er spätabends da.“ 2824

Auf die Frage, wann genau er bei Edathy eine Veränderung beobachtet habe, hat der Zeuge geantwortet:

„Das kann ich nicht genau sagen. Wie gesagt, er hatte einen ziemlich anstrengenden Wahlkampf hinter
sich. Ich habe das dann zum Teil darauf bezogen. Er war auch wirklich nach den ganzen Wahlkämpfen
- wir haben ein ziemlich gutes und strammes Programm gehabt - einfach körperlich fertig. Ich glaube,
als Abgeordnete wissen Sie selber, was Sie da zum Teil für ein Programm irgendwie runterreißen. Er
hatte auch noch einen Flächenwahlkreis und - - egal. Die Doppelbelastung dann unter anderem mit

2820 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 31.
2821 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 28.
2822 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 31.
2823 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 31.
2824 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 42.

Drucksache 18/6700 – 628 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

dem Untersuchungsausschuss - - Den Herbst über hat er sich relativ viele Auszeiten genommen. Die
habe ich ihm eigentlich auch gegeben, ohne das zu hinterfragen, weil ich das selber sehr gut nachvoll-
ziehen konnte. Ich bin dann auch irgendwann noch mal zwei oder drei Wochen im Urlaub gewesen,
weil ich, wie gesagt, auch den Wahlkampf geleitet habe. Mir ist da nur erinnerlich, dass ab dem 25.11.
ich mir dann auch erklären konnte, warum er jetzt die zwei Wochen vorher zum Teil schon nur noch
sporadisch im Büro war.“ 2825

Dazu befragt, ob er bei Sebastian Edathy einen übermäßigen Alkoholkonsum beobachtet habe, hat der Zeuge

Schuparis erklärt:

„Für den 25.11. kann ich das definitiv sagen, ja. Aber das haben wir alle drei gehabt. Danach kann ich
mir durchaus vorstellen, dass er das auch durchaus gemacht hat, ja. Aber er ist dann noch weniger im
Büro gewesen. Ich habe ihn dann sozusagen immer nur bei den wirklich wichtigen Sachen ins Büro
sozusagen gezwungen und diktiert.“ 2826

Auf die Nachfrage, ob man anhand der Präsenz Edathys im Bundestag einen übermäßigen Alkoholkonsum hätte

erkennen können, hat der Zeuge gesagt:

„Also, wie gesagt, er ist erst spät - - Herr Edathy hat aber auch sonst in Sitzungswochen das Talent
gehabt, später ins Büro zu kommen. Ich habe das damals nicht wirklich darauf gemünzt. Aber ich weiß
durchaus, dass er in der Zeit relativ viel getrunken hat, ja.“ 2827

Nach der Darstellung des Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss habe ihn der Gedanke beschäftigt, dass

Sebastian Edathy Suizid begehen könnte.2828 Entsprechende Gedanken habe Edathy bereits in dem Gespräch am

25. November 2013 geäußert. Der Zeuge Schuparis hat dazu berichtet:

„Er hat in dem Gespräch damals konkret darüber gesprochen, ob es nicht besser wäre, sich das Leben
zu nehmen. Und da habe ich ihm gesagt: Sebastian, tu mir einen Gefallen. Das kann ich nun wirklich
nicht seelisch verkraften. Ich hoffe, dass du dir nicht das Leben nimmst, weil das würde mich komplett
fertig machen.“2829

Auf die Frage, ob außer Herrn Nocht und dem Zeugen Schuparis jemand Hilfe angeboten oder geleistet habe,

hat der Zeuge geantwortet:

„Wir haben ihm später geraten, dass er erst mal abtauchen soll, dass er sich dann auch - - Er meinte,
auf sein Mandat könne und werde er erst einmal nicht verzichten. Er hätte sonst keine existenzielle
Grundlage mehr. Dann haben wir ihm dazu geraten, er solle doch zu Frau Tewes fahren nach Frank-
reich, damit sich jemand um ihn kümmern kann. Er soll mit ihr vielleicht auch noch darüber sprechen,
was er dann auch später getan hat.“ 2830

Dazu befragt, ob er Edathy darauf angesprochen habe, dass dieser selten im Büro sei und er den Eindruck mache,

dass es ihm nicht gut ginge, hat der Zeuge Schuparis ausgeführt:

„[…] ich habe es mir damals damit erklärt - ich habe ihn nicht darauf angesprochen, auch nicht auf
seinen Gesundheitszustand oder Alkoholkonsum -, dass er einfach jetzt nach den Koalitionsverhand-
lungen, nach den Wahlen einfach körperlich fertig ist und sich seine Auszeit nimmt. Und es war ja

2825 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 43.
2826 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 43.
2827 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 43.
2828 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 45.
2829 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 45 f.
2830 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 43.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 629 – Drucksache 18/6700

damals so viel auch nicht im Büro zu tun. Deswegen habe ich ja auch versucht, das, was ich mit ihm
kommunizieren konnte - und da hat er meistens auch relativ schnell drauf reagiert -, per E-Mail oder
per SMS - - und habe ihm sozusagen die Freiheit gegeben, dass er das irgendwie von zu Hause aus
machen kann, und habe ihn nicht weiter - - Nur bei Sachen, die jetzt wirklich dringend waren und wo
ich seine Unterschrift brauchte, da habe ich ihm dann irgendwann die Mappen fertig gemacht und
gesagt: Jetzt musst du mir zumindest versprechen, dass du noch mal ins Büro kommst und die Mappen
zeichnest. […]“2831

Der Zeuge hat weiter erklärt:

„Später gab es kaum noch Kontakte dazu, jetzt über die Sache. Da ging es eher darum - - da habe ich
mir dann Sorgen gemacht, als er das Mandat niedergelegt hatte, dass er sich was antun könnte. Das
sind vor allem die Gespräche gewesen. Er hat darüber gesprochen, wie fertig er ist und dass es alles
zu viel für ihn ist. Und dann ging ja auch die Berichterstattung los. Ja, das ging dann eher um seine
Gesundheitszustände als noch zu der Sache.“ 2832

Zur möglichen Aussage Oppermanns bei der Wahl der Bundeskanzlerin befragt, hat der Zeuge Schuparis aus-

geführt:

„[…] das ist die konkrete Erinnerung bei der Wahl der Kanzlerin gewesen, als diese Aussage kam,
dass Herr Oppermann meinte: Was machen wir mit dem Herrn Edathy, wenn er sich jetzt umbringen
würde?

[…]

[…] lch glaube, er hat mir sogar eine SMS dazu geschickt gehabt - ich bin mir nicht sicher -, dass er
das am Rande gesagt hätte, Oppermann.“2833

k) Zeugin Tewes-Heiseke

Die Zeugin Tewes-Heiseke, nach eigenen Angaben eine „mütterliche Freundin“2834 Edathys, will keinen erhöh-

ten Alkoholkonsum bei Sebastian Edathy festgestellt haben. Zu ihrer Wahrnehmung seines gesundheitlichen

Zustands hat sie ausgesagt:

„Ich habe mir, solange ich ihn kenne, Sorgen um seine Gesundheit gemacht, weil er immer über seine
Grenzen gearbeitet hat und eigentlich zu wenig - - Ich wusste, wovon ich rede, weil ich ja selbst Politik
gemacht hatte […]. Ich wusste, wie wenig man selbst bemerkt, wann die Grenzen der Gesundheit
überschritten sind oder der Machbarkeit, um gesund zu bleiben. Und natürlich habe ich deswegen
gefragt. Aber ich habe an seinem Verhalten nicht feststellen können - außer dass er unendlich geraucht
hat, was ich ihm auch gesagt habe -, dass er Alkoholprobleme - - Er hat genauso zum Essen den Wein
getrunken, den wir auch getrunken haben. Ich habe ihn nie betrunken erlebt, nie. Ich habe ihn über-
müdet erlebt, ja. Ich habe ihn auch erlebt, dass er - für ihn ganz untypisch - kurz wütend war, also so,
dass er, weil er ja sonst so höflich war […].“2835

Auf die Nachfrage, ob er in den Monaten vor Weihnachten 2013 und danach möglicherweise ein richtiges Al-

koholproblem und Suizidgedanken gehabt habe, hat die Zeugin Tewes-Heiseke geantwortet:

2831 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 45.
2832 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 49.
2833 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 49.
2834 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 62.
2835 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 66.

Drucksache 18/6700 – 630 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Nein, nein. Ein Alkoholproblem, glaube ich, hatte er bestimmt nicht. Da kenne ich mich ein bisschen
aus. Das hatte er sicher nicht. Er war überarbeitet. Er war zeitweise deprimiert […].“2836

An anderer Stelle hat die Zeugin erklärt, sich nach dessen Mandatsverzicht über den psychischen Zustand Se-

bastian Edathys Sorgen gemacht zu haben:

„Also, ich habe mir Sorgen gemacht, weil ihm der Boden so unter den Füßen weggezogen schien und
nachher ja auch weggezogen wurde. Ich habe mir Sorgen gemacht, dass es unter Umständen sein
könnte, dass er Suizid macht, weil ich ihn auch als so klar immer empfunden habe, auch vorher schon:
[…] Aber ich meine, das war wirklich erst nach dem Februar, als das dann so losging mit: ‚Wo soll
ich hin?, ‚Jetzt waren die in meiner Wohnung‘ usw. […].“2837

Die Frage, ob Edathy erzählt habe, dass er in dieser Sache weitere Vertraute hat oder dass sich jemand auch

aufgrund seines psychischen Zustandes in besonderer Art und Weise um ihn kümmert, hat die Zeugin mit „nein“

beantwortet.2838

l) Zeuge Jenssen

Der Zeuge Jenssen (rheinland-pfälzischer SPD-Parteifreund Hartmanns, früherer zeitweiser studentischer Mit-

arbeiter des Abgeordneten Michael Hartmann, mit dem er immer ein sehr freundschaftliches Verhältnis gehabt

habe, ihn sehr mochte und vor allem menschlich sehr schätze2839, sowie Bekannter des Zeugen Edathy) hat

ausgesagt:

„[…] seit dem Telefonat Ende November [2013, Anm.], in den Kontakten, war Sebastian extrem lau-
nisch, sehr oft niedergeschlagen, machte einen gehetzten Eindruck. Aber einen manifesten gesund-
heitlichen Verschlechterungszustand, den habe ich nicht beobachtet.“ 2840

Zum Alkoholkonsum Edathys hat der Zeuge erklärt:

„Ich habe keine krankhaften Züge daran erkennen können. Wenn ich ihn getroffen habe, war das nor-
mal. […]“2841

Von Dritten zum Gesundheitszustand Edathys befragt worden sei der Zeuge Jenssen nicht:

„Ich war zu der Zeit nicht in Berlin und habe mit niemandem Kontakt gehabt, der mich das hätte fragen
können. Ich bin das nicht gefragt worden.“ 2842

Die Frage, ob er sich Sorgen um Edathy gemacht habe, was dessen psychischen Zustand vor dem Hintergrund

des Mandatsverzichts anbetraf, hat der Zeuge Jenssen mit: „ja, sehr“ 2843 beantwortet.

2836 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 66.
2837 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 68.
2838 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 69.
2839 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 78.
2840 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 82.
2841 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 82.
2842 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 82.
2843 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 87.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 631 – Drucksache 18/6700

m) Zeuge Noll

Der Zeuge Noll (seit 27. November 2013 mandatierter Rechtsanwalt Edathys) hat dargelegt:

„[…] Die Idee, das Mandat niederzulegen, war ja schon über einen längeren Zeitraum vorhanden. Er
hatte auch letztlich mehrere Gründe, das zu tun: erstens tatsächlich die gesundheitlichen, die angege-
ben waren, weil er sicherlich überarbeitet war und sehr belastet durch die Situation, zweitens natürlich
die Idee, die Durchsuchungen noch zu verhindern oder das Öffentlichwerden oder die Information des
Bundestagspräsidiums zu verhindern. Wie realistisch das dann ist oder wie hoffnungsvoll man da noch
sein kann, ist eine andere Frage. Aber das war ja die Hoffnung, die damit verbunden war. […]“2844

VIII. Gespräch zwischen Thomas Oppermann und Michael Hartmann

Ende November 2013 fand am Rande einer Sitzung ein Gespräch zwischen Michael Hartmann und Thomas

Oppermann statt. Darin zeigte sich Michael Hartmann besorgt über den schlechten Gesundheitszustand von

Sebastian Edathy.

Der Zeuge Hartmann hat zu diesem Gespräch ausgesagt:

„[…] Ich sah mich daher verpflichtet, irgendwann spät im November am Rande einer Sitzung oder bei
einem anderen gemeinsamen Termin in Berlin Herrn Oppermann auf den schlechten Gesundheitszu-
stand von Sebastian Edathy aufmerksam zu machen. Er reagierte aus meiner Sicht unverständlich
brüsk, zurückweisend und forderte mich auf, mich um Edathy zu kümmern - ich sei ja schließlich
Sprecher - und ihn damit nicht zu behelligen. Andere Informationen wurden weder von ihm noch von
mir ausgetauscht. Ich war seinerzeit verärgert über seine harsche Reaktion. Ich fand sie menschlich
nicht in Ordnung, ließ ihn aber fortan mit dem Thema Edathy in Ruhe. […]“2845

Nach der Erinnerung des Zeugen Oppermann ist die Unterhaltung wie folgt abgelaufen:

„[…] Ende November - ein genauer Zeitpunkt ist mir nicht mehr erinnerlich; womöglich war es am
Rande der Koalitionsverhandlungen - kam mein Kollege Michael Hartmann auf mich zu und sprach
mich auf Sebastian Edathy an. Er sagte, dass sich Sebastian Edathy in einer schlechten Verfassung
befinde. Er wirke überarbeitet, ziehe sich sehr zurück. Er habe stark abgenommen und sehe schlecht
aus. Er mache insgesamt einen gesundheitlich schlechten Eindruck. Herr Hartmann fühlte sich als
Sprecher unserer Arbeitsgruppe Innenpolitik für Sebastian Edathy verantwortlich. Da ich es für mög-
lich hielt, dass Edathys schlechter Zustand etwas mit den inzwischen bekannt gewordenen Ermittlun-
gen aus Kanada zu tun haben könnte, war mir auch dieses Gespräch äußerst unangenehm. Auf keinen
Fall wollte ich ein vertieftes Gespräch über Sebastian Edathy aufkommen lassen und habe deshalb
Michael Hartmann gebeten, sich um ihn zu kümmern. […]“2846

Bei diesem Gespräch ist auch nach der Aussage Thomas Oppermanns „ausschließlich über Gesundheitsprob-

leme“2847 gesprochen worden.

Als Grund für seine Reaktion auf die Mitteilung Michael Hartmanns, hat der Zeuge Oppermann angegeben, er

habe auf keinen Fall ein vertieftes Gespräch über Sebastian Edathy aufkommen lassen wollen:

2844 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 45.
2845 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 77 f.
2846 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 171.
2847 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 35 f.

Drucksache 18/6700 – 632 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Also, wenn ein Kollege auf mich zukommt und wenn man mich auf gesundheitliche Probleme eines
anderen Kollegen anspricht, dann bin ich normalerweise ein aufmerksamer Zuhörer. Dann frage ich:
Was ist denn los? Was gibt es für Probleme? Braucht der Unterstützung? Können wir etwas tun? - Das
versteht sich von selbst, weil ich als Fraktionsvorsitzender natürlich auch eine Fürsorgepflicht habe.

Nur, in diesem Fall verbot sich das für mich von Anfang an. Jeder Satz, den ich jetzt in einem Gespräch
mit Herrn Hartmann geäußert hätte, jede Frage, die ich ihm gestellt hätte, hätte doch auch möglicher-
weise noch falsch verstanden werden können. Ich wollte gar nicht im Ansatz ein vertieftes Gespräch
aufkommen lassen und habe ihm deshalb, sagen wir mal, zu verstehen gegeben: Dann kümmere dich
um den. - Und das war es im Wesentlichen.

Er hatte mir geschildert, dass sich seit einiger Zeit Sebastian Edathys - - dass der also angeschlagen
sei, dass der in gesundheitlich schlechter Verfassung sei, übermüdet, und das falle auch anderen auf,
und was man da tun könne oder solle - so sinngemäß. Ich kann mich an den Wortlaut seiner Schilde-
rung naturgemäß nicht mehr erinnern. Dann habe ich gesagt: Du, dann musst du dich eben um ihn
kümmern […]“2848

An anderer Stelle hat der Zeuge Oppermann dazu ausgeführt:

„Ich wollte ein vertieftes Gespräch mit Hartmann über Edathy nicht führen. Das war meine Motiva-
tion, ihm zu sagen: Dann kümmere dich bitte um ihn. - Ich wollte ihm das Problem sofort zurückgeben.

Ich konnte mich nicht selber um Sebastian Edathy kümmern. Da wäre ich in große Schwierigkeiten
gekommen. […] Sagen wir mal, da wäre ich möglicherweise in Verdacht gekommen, dass ich nur eine
Gelegenheit gesucht hätte, an ihn heranzukommen, um ihn zu warnen. […] Ich musste mich von der
Sache fernhalten. Und so habe ich auch agiert.“2849

Die Reaktion Thomas Oppermanns hat der Zeuge Hartmann in seiner Vernehmung bestätigt:

„Ich wünschte, meine Erinnerung wäre da genauer. […] Ich weiß nur, dass ich gesagt habe, ich glaube,
Sebastian geht es nicht gut, ich mache mir Sorgen um ihn, sinngemäß, und dann die sehr harsche und
brüske Antwort erhielt: Dann kümmer dich um ihn, du bist schließlich Sprecher. - Wer Herrn Opper-
mann kennt, wird zumindest die Authentizität der Reaktionsweise nicht dementieren.“2850

An anderer Stelle hat der Zeuge Hartmann angemerkt:

„Ich hätte mich sowieso um Herrn Edathy gekümmert, auch ohne diesen Satz. Ich fand diese Bemer-
kung wenig empathisch.“2851

In der weiteren Vernehmung hat der Zeuge Oppermann erklärt, in der Folgezeit habe es keine weiteren Gesprä-

che mit Michael Hartmann über dieses Thema gegeben:

„Er hat mir zum Gesundheitszustand von Edathy nicht berichtet, und ich habe ihn auch nicht darum
gebeten.

[…]

2848 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 42 f.
2849 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 73.
2850 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 93.
2851 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 94.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 633 – Drucksache 18/6700

Ich habe das Gespräch mit Herrn Hartmann nicht so kurz abgebügelt, um ihn dann hinterher ausführ-
lich zu befragen.“2852

Den Eindruck, dass Michael Hartmann in diesem Gespräch mehr über den Hintergrund der Situation Sebastian

Edathys gewusst haben könnte, habe Thomas Oppermann nicht gehabt.2853

Auf den Hinweis, Sebastian Edathy habe behauptet, Thomas Oppermann habe Michael Hartmann beauftragt,

Sebastian Edathy zum Mandatsverzicht zu bewegen, hat der Zeuge Oppermann geantwortet:

„Das ist völliger Blödsinn. Ich habe durch dieses Gespräch mit Michael Hartmann erstmals wahrge-
nommen, dass es ihm schlecht geht. Ich hatte ja in meinem Statement gesagt, das habe ich darauf
zurückgeführt, dass er möglicherweise gesehen hat, dass was auf ihn zukommen könnte, wusste das
aber nicht genau, und dann habe ich nichts mehr von ihm gehört bis zur Kanzlerinnenwahl, aber auch
nur ganz am Rande, weil er einer von den drei oder vier Personen war, die beim Zählappell zunächst
gefehlt hatten. Ich meine, das waren meine ganzen Informationen. Ich wusste ja nichts über einen
möglichen Fortgang dieses Verfahrens, gar nichts. […]“2854

IX. Aktivitäten Sebastian Edathys und seines Umfeldes bis zum 9. Dezember 2013

1. SMS-Kommunikation zwischen Michael Hartmann und Sebastian Edathy

a) SMS vom 21./22. November 2013

Am 21. November 2013 sandte Sebastian Edathy an Michael Hartmann folgende SMS:

„Lieber Kollege, gibt es bei Dir war Neues? Sebastian“2855

Michael Hartmann antwortete am 22. November 2013 per SMS:

„Still ruht der See. Habe auch meinerseits nicht nachgehakt.“2856

Der Zeuge Hartmann hat dargelegt, keine deutliche Erinnerung an den SMS-Austausch zu haben. Als mögliche

Erklärung für die SMS hat er angegeben:

„[…] ‚Still ruht der See‘, und ‚Habe … nicht nachgehakt‘, vielleicht hat sich das auf das drängende
Bitten von Herrn Edathy bezogen: Finde was raus! Kannst du nichts rauskriegen? - Ich war da nicht
besonders bemüht, weil ich ja fest davon ausgehen musste, dass er sich möglicherweise da in etwas
hineinsteigert, weil er hat mir ja selbst das dargelegt als harmlos. Jedenfalls wollte er schon Informa-
tionen. Ob das zu diesem Zeitpunkt schon so drängend war, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen;
ich will es nicht ausschließen.

Aber […]: Dieser Austausch kann doch genauso bezogen sein auf seine Planung, im Bundestag vo-
ranzukommen, Positionen zu beziehen. Wir wollten uns ja auch über viele andere Fragen, vor allem

2852 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 75.
2853 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 43.
2854 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 179.
2855 MAT A-Eda 18(27)53, Bl. 4 (7), SMS-Verkehr Sebastian Edathys.
2856 MAT A-Eda 18(27)53, Bl. 4 (7), SMS-Verkehr Sebastian Edathys.

Drucksache 18/6700 – 634 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

die auch, unterhalten. Ich kann es also nicht zuordnen. Aber wenn man sich das anschaut, was er mir
geschrieben hat und was ich geantwortet haben soll:

Lieber Kollege, gibt es bei dir was Neues? Sebastian

Kann sich auf alles und nichts beziehen, und ‚Still ruht der See. Habe auch meinerseits nicht nachge-
hakt.‘ genauso. - Also, ich kann diese unbedingte Interpretation so nicht wiedergeben, dass es sich auf
diesen Komplex bezog. […]“2857

b) SMS vom 27. November 2013

Am 27. November 2013 schrieb Michael Hartmann an Sebastian Edathy eine SMS mit folgendem Inhalt:

„Hi., Seit 10 Tagen läuft schon vieles. Nehme daher nicht an, dass noch was droht. Bin jedenfalls
relativ beruhigt bis jetzt.“2858

Zu dieser SMS befragt hat der Zeuge Hartmann ausgesagt, er könne sich daran weder erinnern noch diese un-

mittelbar zuordnen:

„[…] Vielleicht bezog es sich auf den Komplex. Auf jeden Fall wäre dies in beiden Fällen doch kein
Beweis, dass ich an irgendeiner Stelle irgendetwas verraten habe oder wusste.“2859

Er hat sich erinnert, Edathy habe ihn als innenpolitischen Experten seinerzeit aufgefordert, in der Angelegenheit

etwas herauszufinden. 2860 Seine weiteren Maßnahmen und Reaktionen hat er wie folgt beschrieben:

„[…] Natürlich habe ich versucht, immer mit dem Ziel, ihn zu beruhigen - es schien ja nichts zu dro-
hen, und er selbst sagte mir, sein Anwalt habe ihm auch mitgeteilt, da ist nichts - - Ich habe immer
versucht, ihn zu beruhigen und zu stabilisieren, vielleicht auch allgemeine Kenntnis und Einschätzung
ihm weitergegeben. Aber Wissen hatte ich nicht und konnte ich auch nicht weitergeben an ihn.“2861

Der Zeuge Edathy hat seine damalige Interpretation dieser SMS vor dem Ausschuss geschildert:

„Es gab bis zu diesem Zeitpunkt, im November, als diese SMS geschrieben worden ist von Michael
Hartmann, Hausdurchsuchungen […] bei deutschen Kunden dieser kanadischen Firma. Und ich habe
ihn so verstanden - wir haben ja auch telefoniert in der Zeit -, dass er - es ging eigentlich noch bis zur
Weihnachtspause so - persönlich aufgrund seiner Informationen mir durchaus Hoffnung gemacht hat,
es könnte alles sich auch noch auflösen, also dass am Ende da eben kein Ermittlungsverfahren einge-
leitet wird.“2862

Er hat weiter ausgeführt:

„[…] Also, er hatte ja offenkundig die Information, es hat bei Leuten auf einer Liste Hausdurchsu-
chungen gegeben, bei mir ja offensichtlich noch nicht. Und das könnte ein Indiz dafür sein, dass mög-
licherweise die zuständige Staatsanwaltschaft oder die jeweilige Behörde, bei der die Akte sich gerade

2857 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 85.
2858 MAT A-Eda 18(27)53, Bl. 4 (7), SMS-Verkehr Sebastian Edathys.
2859 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 85.
2860 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 85.
2861 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 86.
2862 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 61.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 635 – Drucksache 18/6700

befunden hat, sich veranlasst sähe, nicht zu agieren. Es ist ja übrigens so, dass das offenbar bundesweit
völlig unterschiedlich gehandhabt worden ist. […]“2863

2. Unterrichtung von Vertrauten Edathys über den Sachverhalt am 25. November 2013

Am 25. November 2013 zog Sebastian Edathy seinen aktuellen Büroleiter Maik Schuparis und seinen ehemali-

gen Büroleiter Dennis Nocht ins Vertrauen2864, indem er ihnen mitteilte, dass er von Michael Hartmann erfahren

habe, dass sich sein Name wohl auf einer Liste des Bundeskriminalamtes befinde, die im Zusammenhang mit

der Zerschlagung eines Kinderporno-Rings stehe. Das Gespräch fand in der Wohnung von Maik Schuparis statt.

a) Verhältnis Edathys zu den beiden Personen

Zu seinem Verhältnis zu Dennis Nocht und Maik Schuparis hat der Zeuge Edathy erklärt, er sei mit beiden

Personen befreundet gewesen.2865

Dazu befragt, ob den Abgeordneten Edathy mit allen Mitarbeitern im Büro ein freundschaftliches Verhältnis

verband, hat der Zeuge Schuparis erklärt:

„Ich war […] die engste Vertrauensperson zu ihm. Wir haben zwar noch mehrere Mitarbeiter gehabt,
aber ich würde sagen: Ich habe das engste Verhältnis […] zu ihm gehabt. Ich habe zwar nicht das
längste Verhältnis und Arbeitsverhältnis zu ihm gehabt, aber durchaus doch das engste und das ver-
trauensvollste. […]“2866

Auch Edathys Verhältnis zu seinem ehemaligen Büroleiter Nocht sei nach Aussage des Zeugen Schuparis ähn-

lich gewesen:

„[…] Das kann man wohl ähnlich sehen, weil er pflegte eigentlich immer zu seinen Büroleitern die
engste Verbindung.“2867

b) Zustandekommen des Gesprächs

Zum Zustandekommen des Gesprächs mit Nocht und Schuparis hat der Zeuge Edathy ausgesagt:

„[…] ich kann das jetzt terminlich nicht eingrenzen auf ein genaues Datum, aber es war noch im
November; das muss innerhalb der ersten 14 Tage gewesen sein nach dem Gespräch mit Michael
Hartmann von Leipzig - - Ich habe meinen Büroleiter gebeten, mitzukommen, zu Herrn Nocht zu
gehen, und habe dann meinen Büroleiter und Herrn Nocht gesagt: Ich bin nicht sicher, ob mein Büro
abgehört wird; lass uns bitte gegenüberliegend im Paul-Löbe-Haus auf die Raucherterrasse gehen. –
Dann habe ich ihnen eröffnet, dass da möglicherweise eine problematische Entwicklung sich auftut,
und habe auch das Thema Internet, mögliche Kinder- oder Jugendpornografie angesprochen. Wir ha-
ben dann am selben Abend uns verabredet in der Wohnung von Herrn Schuparis, wo ich beiden alles
offenbart habe, was ich von Hartmann in Leipzig erfahren habe. Wir haben uns öfter noch getroffen

2863 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 61.
2864 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 54.
2865 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 54; Protokoll-Nr. 21, S. 148.
2866 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 38.
2867 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 38.

Drucksache 18/6700 – 636 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

und gesprochen. Ich habe im Dezember auch beiden gesagt, dass mir zwischenzeitlich Hartmann mit-
geteilt habe, dass sein Informant wiederum Ziercke gewesen sei.“2868

Nach Aussage des Zeugen Schuparis habe Edathy um ein Gespräch in Schuparis’ Wohnung gebeten, bei dem

auch Dennis Nocht zugegen sein sollte. Dies sei ungewöhnlich gewesen:

„[…] es gab das erste Gespräch, was wir diesbezüglich hatten; da war Herr Nocht mit dabei. Das war
der 25. November. […]

[…]

Das war bei mir in der Wohnung. Und zwar hat er vorher uns - - oder mich darum gebeten, dass wir
uns vielleicht jeden Abend jetzt treffen könnten. Es wäre etwas vorgefallen, was ich wissen müsste.
Oder: Es gibt da etwas, was ich wissen müsste. Daraufhin hat er auch noch gesagt, dass ich Dennis
dazubitten, also Herrn Nocht dazubitten solle […].

Und ich habe mir dann natürlich Gedanken darüber gemacht, was da alles passieren könnte. Und mir
war es nicht klar. Ich hätte jetzt eher gedacht, dass irgendwie es um seine - - um irgendeinen Posten
gehen würde, aber mir war nicht ganz klar, worum es geht. Ich glaube, das war - - Auf jeden Fall war
es abends. Ich schätze, so um 19, 20 Uhr werden wir uns bei mir getroffen haben.

[…]

[…] bevor das Gespräch stattfand, habe ich zu Herrn Nocht gesagt: Ich weiß jetzt nicht, was vorgefal-
len ist, aber er bittet dich explizit dazu. Ich mache mir jetzt so meine Gedanken, kann mir aber nicht
erklären, worum es sich handelt. […]“2869

Der Zeuge Nocht hat dazu ausgeführt:

„Das Gespräch, wo er mir erstmalig - und da auch mit einiger Ausführlichkeit - berichtet hatte, was er
sozusagen in Erfahrung gebracht hätte, was passieren könnte, war am 25. November 2013.

[…]

[…] ‚Ausführlich‘ habe ich deswegen gesagt, weil es das erste und auch einzige Mal war, wo wir
wirklich länger miteinander über diesen Komplex gesprochen haben. Die Gespräche, die sich dann bis
zu seiner Mandatsniederlegung angeschlossen haben, waren immer sehr sporadischer Natur - deswe-
gen. Das war das erste und einzige ausführliche Gespräch.“2870

Der Zeuge hat weiter erklärt, das Gespräch habe in der Privatwohnung von Maik Schuparis stattgefunden, was

auch aus seiner Sicht ungewöhnlich2871 gewesen sei:

„Das war der Wunsch von Herrn Edathy, der uns diesen Wunsch gegen Mittag des 25. November hier
im Hause übermittelt hat. Er hat uns gebeten, dass wir uns doch abends Zeit nehmen mögen; er hätte
uns etwas zu sagen. Und er bat darum, dass dieses Gespräch eben nicht hier im Hause stattfindet.“2872

2868 Edathy, Protokoll-Nr. 21 (VERTRAULICH-herabgestuft), S. 8
2869 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 38.
2870 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 8.
2871 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 8.
2872 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 8.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 637 – Drucksache 18/6700

c) Inhalt des Gespräches

Den Inhalt des Gesprächs hat der Zeuge Schuparis wie folgt wiedergegeben:

„[…] Also, es war erst mal, dass Herr Edathy ungefähr in einem halbstündigen Monolog uns auf das
Thema sozusagen hingeführt hat, worum es sich jetzt gleich handeln würde, und er bat uns darum,
dass wir ihn nicht vorab verurteilen sollen. Im Endeffekt hat er mindestens eine halbe Stunde uns
darauf vorbereitet, dass gleich die große Bombe platzen würde, und daraufhin wurden wir alle ein
bisschen nervöser. Dann hat er irgendwann erzählt, dass es - - nach Presseberichten würde er - - also
würde es in Kanada dort einen Kinderpornoring gegeben haben, der aufgeflogen ist, und dass auch
eine Liste mit Namen übermittelt worden wäre. Das hätte er aus der Pressemitteilung bekommen, oder
das hätte er aus der Presse erfahren. Im späteren Verlauf hat er uns dann noch mehrere Details dazu
gegeben, warum man sich denn so sicher ist, dass er draufstehen würde, unter anderem halt auch, dass
er darüber mit Herrn Hartmann in Leipzig gesprochen hätte beim Parteitag.

[…]

[…] Ich glaube mich daran zu erinnern, dass er gesagt hat, dass Herr Hartmann auf ihn selber zuge-
gangen wäre.

[…]

Herr Edathy hat Folgendes erst mal zu uns gesagt: Der Michael Hartmann ist ein wahrer Freund. Er
hat mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass es diese Untersuchung geben - - oder dass es diese Liste
geben würde, und das wüsste er aus Sicherheitskreisen.“2873

Auf die Frage, ob in dem Gespräch der Name des Präsidenten des Bundeskriminalamtes gefallen sei, hat der

Zeuge Schuparis geantwortet:

„Ich habe die ganze Zeit versucht, mich daran zu erinnern, ob das - - Ich weiß mit Sicherheit, dass
‚Sicherheitskreise‘ genannt worden ist. Der Name Ziercke: Ich weiß nicht, ob in einem späteren Ge-
spräch der Name gefallen ist. […] Ich bin mir jetzt nicht hundertprozentig sicher, ob an dem Abend
schon der Name Ziercke gefallen ist, aber definitiv ist er später gefallen. […]“2874

Sebastian Edathy habe aber die Namen der SPD-Politiker, die unterrichtet seien, genannt:

„[…] Meines Erachtens sind auch die Namen gefallen. Die Parteispitze wäre wohl mit informiert ge-
wesen. Die Namen - - Ich habe mich selber dann gewundert, woher sie es wissen könnten, aber an
dem Abend haben wir dann halt auch gesagt: Okay, wenn scheinbar diese Personen auch darüber
Bescheid wissen würden, dann wirst du nichts mehr in der Fraktion, egal, ob daraus was wird oder
nichts wird. Und wir haben das unter dem Aspekt gesehen: Was machst du jetzt mit deinem Man-
dat?“2875

Auch der Zeuge Nocht hat in seiner Vernehmung das Gespräch am 25. November 2013 wiedergegeben:

„Er begann das Gespräch mit der Bitte, dass wir ihn anhören mögen und bitte, ja, weder gewalttätig
werden sollten noch einfach gehen sollten. Dann erzählte er uns, dass er, zunächst aus Medienberich-
ten, Anlass hatte zu der Vermutung, dass es eine Liste beim Bundeskriminalamt gäbe mit Kunden
einer Firma, von der er sich erinnerte, dort mal Material bezogen zu haben. In diesem Kontext sagte

2873 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 39.
2874 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 39.
2875 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 40.

Drucksache 18/6700 – 638 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

er uns, dass es sich dabei um Material handelt, was als kinderpornografisch eingestuft werden kann;
so war seine Formulierung. Ja, das war dann erst mal schwierig.“2876

An anderer Stelle hat der Zeuge Nocht ergänzt:

„[…] Wobei er stets allerhöchsten Wert darauf gelegt hat, […] dass er das nicht konspirativ getan hätte
- also mit seiner Kreditkarte und die normalen Geschäftsverbindungen, dass er das benutzt hätte -, weil
er eben davon ausging, dass es sich dabei um nicht strafbares Material handelte. […] Er wusste -
deswegen auch sein Eingang, wir sollen ihm weder Gewalt antun noch einfach gehen - um die Brisanz
dessen, was er da bezogen hatte, um die moralische Komponente des Ganzen. Er war sich aber uns
gegenüber - - oder hat sich uns gegenüber dahin gehend eingelassen, dass er eigentlich immer der
Auffassung war, dass das Geschäftsmodell dieser Firma legal sei und dass deswegen auch das Mate-
rial, was er bezogen habe, legal sei.“2877

Wie sich Sebastian Edathy das entsprechende Material besorgt habe, sei nach Aussage des Zeugen Nocht nicht

thematisiert worden:

„[…] Wir haben relativ wenig Fragen gestellt, weil er ja sehr umfassend berichtet hat, und ein Teil
seines Berichtes war dann auch, dass er das quasi im Büro konsumiert hat.“2878

Der Zeuge hat weiter ausgeführt:

„Später berichtete er uns dann, dass auf dem Bundesparteitag der SPD in Leipzig vom 14. bis zum 16.
November 2013 der Abgeordnete […] Hartmann auf ihn zugekommen wäre. […]“2879

„[…] Das war zu einem Zeitpunkt, als er quasi schon über diese Medienberichte im Bilde war und
sich scheinbar auch schon Gedanken gemacht hat. Und dann berichtete er uns, dass am Rande des
Parteiabends - das muss der 15. November gewesen sein - Herr Hartmann auf ihn zugekommen wäre
und ihm quasi die Information übermittelt hätte, dass er tatsächlich auf dieser Liste stehe.“2880

Der Zeuge Schuparis hat zu der Frage der Informationsbeschaffung durch Edathy erklärt:

„Wie gesagt, in späteren Gesprächen fiel dann irgendwann auch der Name von Ziercke, dass er wissen
würde, dass es diese Information halt im BKA geben würde. Aber die meiste Zeit hat er eigentlich
dann mit seinem Anwalt darüber kommuniziert und auch seinen Anwalt sozusagen in die Spur ge-
schickt, investigativ herauszufinden, wo denn sozusagen die Liste liegt und was weiterhin auf ihn
zukommen könnte, ob es ein Ermittlungsverfahren gebe, ob es ein Gerichtsverfahren geben würde.
[…]” 2881

Auf die Frage, ob der Name „Ziercke“ gefallen sei, hat der Zeuge Nocht geantwortet:

„Es fiel in diesem Kontext der Name Jörg Ziercke. Jetzt muss ich ganz ehrlich sagen, dass ich nicht
mehr ganz in Erinnerung habe, in welchem konkreten Zusammenhang. […] Ob er uns in diesem Ge-
spräch konkret gesagt hat, dass die primäre Quelle von Hartmanns Kenntnissen Jörg Ziercke ist, das
erinnere ich nicht mehr konkret.

[…]

2876 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 9.
2877 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 25.
2878 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 25.
2879 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 9.
2880 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 10.
2881 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 44.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 639 – Drucksache 18/6700

Ich kann mich nicht mehr richtig erinnern, ob er, wie gesagt, als Primärquelle genannt wurde oder ob
es hieß: ‚aus dem Umfeld von Ziercke‘, oder so was wie: ‚Das kommt von Ziercke‘, was ja auch
interpretationsfähig ist. […]“2882

„[…] Ich würde wahrheitswidrig aussagen, wenn ich jetzt sagen würde: Ja, Herr Edathy hat meiner
Erinnerung nach Herrn Ziercke als Primärquelle von Herrn Hartmann genannt.“ 2883

Der Zeuge Nocht hat des Weiteren ausgesagt, dass in diesem Gespräch auch mitgeteilt worden sei, dass die SPD-

Führung im Bilde sei:

„[…] Herr Edathy hat uns dann erzählt, dass nach seiner Information der Chef des BKA, Jörg Ziercke,
den Vorgang kennt, den damaligen Staatssekretär Fritsche darüber unterrichtet habe, dieser den da-
maligen Bundesinnenminister unterrichtet habe und dass nach seiner Kenntnis auch die Führung der
SPD davon ins Bild gesetzt wurde.“2884

„[…] er sprach vom Parteivorsitzenden, vom damaligen Fraktionsvorsitzenden […]

[…]

[…] Von Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Thomas Oppermann.“2885

Weiter hat er ausgeführt:

„[…] Er hat uns gegenüber nicht diese [Informations-, Anm.] Kette dargelegt, sondern die Kette, die
er uns dargelegt hat, die seiner Kenntnis nach stattgefunden hat, war die Kette von Ziercke zum Bun-
desinnenminister. Dass von dort die Kette weiterging an die entsprechenden Personen auf SPD-Seite,
das ist nach meiner Erinnerung von ihm so nicht gesagt worden, sondern er hat vielmehr eine Formu-
lierung gebraucht wie: ‚Außerdem wissen Bescheid‘.“2886

Der Name „Christine Lambrecht“ sei an dem Abend nicht genannt worden.2887

d) Reaktionen von Nocht und Schuparis auf die Mitteilung

Der Zeuge Schuparis hat beschrieben, wie er die Information aufgenommen hat:

„[…] Für mich stand erst mal eine riesige Enttäuschung im Raum, unter anderem: Ich habe da auch
die berufliche Zukunft gesehen und an meine Kolleginnen und Kollegen gedacht. Als ich allein das
gehört habe, waren für mich schon alle Alarmknöpfe an und war ich ziemlich aufgelöst. […]“2888

„[…] es [waren, Anm.] tatsächlich die kinderpornografischen Vorwürfe, die er uns ja sozusagen un-
terbreitet hat. Das hätte ich mir, wie gesagt, beim besten Willen nicht vorstellen können. Das war, wie
gesagt, eine herbe Enttäuschung für mich. Das habe ich in keinster Weise anfangs verstanden. […]“2889

2882 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 11.
2883 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 19.
2884 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 11.
2885 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 12.
2886 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 12.
2887 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 12.
2888 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 39.
2889 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 40.

Drucksache 18/6700 – 640 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Zeugen Nocht hatte nach seiner Aussage nicht den Eindruck, dass Sebastian Edathy eine erfundene Ge-

schichte erzählt:

„[…] So, wie ich ihn in der Situation erlebt habe, und auch so, wie unser dienstliches, was sich dann
zu einem gewissen freundschaftlichen Verhältnis über die Jahre entwickelt hatte, war, wüsste ich ei-
gentlich nicht, warum er mir in einer solchen Situation, wo er vor den gefühlten Trümmern seiner
Existenz stand und eigentlich kaum in der Lage war, sich ein Taxi zu rufen, geschweige denn, andere
Schritte zu vollziehen, warum er da nicht doch sehr offen und ehrlich mit uns hätte reden sollen.

[…] Mein persönlicher Eindruck von diesem Abend war: Er hat mir oder uns das geschildert, wie es
ist, zumindest aus seiner Sicht, wie es ist. - Ich hatte nicht das Gefühl, dass mir da jemand eine Ge-
schichte erzählt. Auf der anderen Seite ist man als Mensch, der hier im Betrieb beheimatet ist und tätig
ist, natürlich auch jemand, der Dinge im Kontext sieht und sich fragt: Warum eigentlich? Und dann
kommen so Dinge, wie: Warum sollte Herr Ziercke - so, wie er das hier berichtet hat - Herrn Hartmann
ins Bild gesetzt haben? Das will mir nicht einleuchten, warum das so sein könnte. […]

Insofern: Ja, es gibt auch bei mir mittlerweile Punkte in der Erzählung von Edathy, von denen ich
nicht weiß, ob ich dafür meine Hand ins Feuer legen würde. Aber mein persönlicher Eindruck von
diesem Abend und eigentlich auch von allen Gesprächen danach war nicht der, dass er da irgendwas
inszeniert hat.“2890

Der Zeuge Schuparis hat auf die Frage, ob Edathy eine Versi-on erfunden haben könnte, geantwortet:

„Das würde ich ihm nicht unterstellen, weil er ist zwar sehr selbstbezogen, aber das, was er uns dort
gesagt hat und mitgeteilt hat und was er jetzt auch später dann in seiner eidesstattli-chen Erklärung
mitgeteilt hat […].“2891

Der Zeuge Nocht hat des Weiteren erklärt, ihn habe überrascht, dass Michael Hartmann der Informant gewesen

sein soll,

„Weil zu diesem Zeitpunkt Herr Edathy und Herr Hartmann eigentlich nicht das beste Verhältnis zu-
einander gepflegt haben.“2892

Auch der Zeuge Schuparis hat sich darüber gewundert:

„[…] Ich habe mich wirklich gewundert, dass Herr Hartmann das scheinbar dann genau so auf dem
Parteitag gesagt hat, weil ich weiß, dass sie vorher ziemlich arge politische Konkurrenten waren. Als
es einmal auch darum ging, innenpolitischer Sprecher zu werden, ist Herr Edathy sozusagen der Un-
terlegenere gewesen. Seitdem haben sie ein nicht gerade meines Erachtens - - kein sehr freundschaft-
liches Verhältnis. Ein kollegiales, aber kein besonders freundschaftliches Verhältnis haben sie zuei-
nander gehabt. Deswegen hat es mich schon gewundert, dass der Name dort gefallen ist.“2893

e) Ratschläge für das weitere Vorgehen

Im weiteren Gesprächsverlauf haben Dennis Nocht und Maik Schuparis nach beiderseitiger Aussage einen Man-

datsverzicht ins Spiel gebracht und Edathy geraten, rechtliche und therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

2890 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 26 f.
2891 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 41.
2892 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 10.
2893 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 42 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 641 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Nocht hat dazu berichtet:

„[…] Der Fall war uns relativ klar. Also, da hatten wir eigentlich nicht furchtbar viele Nachfragen,
sondern für uns war klar, dass er eigentlich so schnell wie möglich aus dem Mandat raus muss.

[…]

[…] wenn er uns quasi mitteilt, dass sozusagen die Führung des Bundesinnenministeriums im Bilde
sei - wo wir ja quasi dabei waren, gerade mit der Partei, der die Führung angehörte, eine Koalition zu
bilden -, dass scheinbar nach seiner Darstellung auch die SPD-Führung darüber im Bilde sei, konnten
wir uns an einer Hand abzählen, dass jenseits von irgendwelchen Ergebnissen strafrechtlicher Ermitt-
lungen das eigentlich keine Grundlage für einen Verbleib im Deutschen Bundestag sein kann.“2894

Seine Reaktion hat der Zeuge Schuparis wiedergegeben:

„Ich habe zu ihm gesagt: Sebastian, tue mir einen Gefallen: Überlege, ob du dein Mandat so schnell
wie möglich zurückgibst, und dann such dir so schnell wie möglich therapeutische Hilfe, weil das
kannst du nicht alleine wuppen. Das schafft keiner. - Das hat er nicht gemacht. Aber wozu wir ihm
definitiv geraten haben, weil wir ihm das dann auch gesagt haben: Wir können dir keine rechtlichen
Ratschläge geben. Wir sind Politikwissenschaftler. - Und ich konnte selber am nächsten Tag nicht ins
Büro gehen, aber Herr Nocht hat dann durchaus den Kontakt hergestellt und ihm einen Rechtsbeistand
sozusagen besorgt.“2895

An anderer Stelle hat der Zeuge Schuparis ausgeführt:

„[…] Ich habe ihn darum gebeten, so schnell wie möglich auf sein Mandat zu verzichten, weil wenn
es eine BKA-Liste gäbe mit seinem Namen drauf, dann, habe ich gesagt, dauert es nicht besonders
lange, bis das oben ankommt. Und dann wird irgendwann dein Name vielleicht auch in der Presse
auftauchen, und dann bist du eine politisch tote Person. Und das möchten wir dir eigentlich ersparen.
[…]“2896

Nach Aussage des Zeugen Nocht sei Sebastian Edathy zu diesem Zeitpunkt für die Ratschläge wenig aufge-

schlossen gewesen. Er hat diesbezüglich erklärt:

„[…] Herr Edathy war in dieser Situation aufgelöst, in einer Art, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Ich
glaube, er hat verstanden, warum wir das gesagt haben, dass wir der Meinung sind, dass er eigentlich
im Mandat keine Zukunft mehr hat und dass jeder Tag länger nur mehr Risiko birgt; das hat er, glaube
ich, verstanden. […] Also, die Wahrnehmung seiner Situation und die Situation, wie sie sich uns dar-
gestellt hat, da hat man gemerkt: Das war noch nicht eins. Von daher ist er auf unsere - ja, freundlich
formuliert - Anregung, so schnell wie möglich das Mandat niederzulegen, sich einen Anwalt zu suchen
und sich in therapeutische Behandlung zu begeben, nicht proaktiv eingegangen, um es mal so auszu-
drücken.“2897

Sebastian Edathy habe nach der Aussage des Zeugen Nocht diesen aber noch an diesem Abend gebeten, ihm

einen Rechtsanwalt zu suchen:

„Herr Edathy hat mich noch am 25. November, an dem Abend, nachdem wir ihm quasi gesagt haben,
aus unserer Sicht sind drei Schritte notwendig: die Niederlegung des Mandats, die Beauftragung eines
Anwalts und therapeutische Hilfe in irgendeiner Form - - Das Einzige, worauf er sich konkret einge-
lassen hat, war das mit dem Anwalt. Er sagte, er kenne keinen. Er wüsste auch nicht, wem er sich

2894 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 13.
2895 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 43 f.
2896 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 39 f.
2897 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 13 f.

Drucksache 18/6700 – 642 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

anvertrauen könne, um nach einem Anwalt zu fragen, und hatte mich dann gebeten, ob ich das nicht
übernehmen könne, was ich dann am folgenden Tag auch getan habe.“2898

f)Weitere Unterrichtung von Nocht und Schuparis in der Folgezeit

Laut Aussage des Zeugen Edathy habe er ab November 2013 mehrere Gespräche mit seinem ehemaligen Büro-

leiter Nocht und seinem amtierenden Büroleiter Schuparis geführt:

„Wir haben mehrfach zu dritt gesprochen, bei mir jetzt in der Wohnung, bei meinem damaligen Bü-
roleiter in der Wohnung. Ab dem November 2013.

[…]

Es geht um zwei Personen, die zu einem jeweiligen Zeitpunkt mal Büroleiter waren […].“2899

Der Zeuge Nocht hat erklärt, in der Folgezeit sporadisch von Sebastian Edathy weitere Informationen erhalten

zu haben:

„[…] Das war das erste Gespräch, wie ich gesagt habe. ‚Ausführlich‘ habe ich deswegen gesagt, weil
es das erste und auch einzige Mal war, wo wir wirklich länger miteinander über diesen Komplex ge-
sprochen haben. Die Gespräche, die sich dann bis zu seiner Mandatsniederlegung angeschlossen ha-
ben, waren immer sehr sporadischer Natur - deswegen. Das war das erste und einzige ausführliche
Gespräch.“2900

An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„Es gab seitens Herrn Edathy immer mal wieder Andeutungen, Informationen abstrakter Art, aber in
der Ausführlichkeit, wie das am 25. November geschehen ist, dann nie wieder.“2901

Der Zeuge Schuparis hat ausgesagt, Sebastian Edathy habe ihn in der Folgezeit über seinen neuesten Kenntnis-

stand2902, über die weiteren Entwicklungen unterrichtet. Zu den Gesprächsinhalten hat er ausgeführt:

„Na ja, unter anderem, dass er mit seinem Anwalt gesprochen hätte, […] er ist dann investigativ sozu-
sagen vorgegangen, hat dann alle möglichen Staatsanwaltschaften abgeklappert und sich erkundigt,
ob irgendwelche Akten oder Namenslisten vorliegen würden und ob da irgendwas gegen ihn in der
Planung ist, sozusagen dass ermittelt werden würde. Das ist zum großen Teil das gewesen, was er mir
immer wieder mitgeteilt hat. Er hat zum Teil auch deshalb immer noch die Hoffnung gehabt, dass er
sein Mandat behalten könnte, was bei mir auf absolutes Unverständnis gestoßen ist, weil das fand ich
dann zum Teil schon relativ dreist, weil es war für mich nach dem Gespräch […] der Fall - - dass ich
das Büro und die Zukunft des Büros eigentlich nicht mehr gesehen habe, und dann am Ende stellt er
sich hin und meinte, er könnte sich durchaus vorstellen, dass da jetzt nichts käme, und wenn da nichts
kommt, dann würde er auch weiterhin sein Mandat behalten wollen.[…]“2903

Der Zeuge Schuparis hat weiter erklärt:

„Es fiel ab und zu der Name Hartmann, ja, und im Laufe dieser Zeit zwischen Ende November und
Anfang Dezember und bis Weihnachten hin ist auch irgendwann der Name Ziercke gefallen. Aber

2898 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 17.
2899 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 151.
2900 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 8.
2901 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 18.
2902 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 46.
2903 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 46.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 643 – Drucksache 18/6700

wann genau, an welchem Datum das war, das weiß ich nicht mehr. Für mich hat sich das immer nur
so dargestellt: Okay, es sind Leute informiert. Es macht eigentlich keinen Sinn mehr. […]“2904

„[…] Nicht jede neue Information wurde mit dem Namen Michael Hartmann in Verbindung gesetzt.
Zum Teil hat er dann gesagt: Hier liegt bei der Staatsanwaltschaft nichts vor. Und dann habe ich das
eher auf den Anwalt gemünzt, aber auch nicht weiter großartig nachgefragt, woher er denn scheinbar
so sehr präzise oder - was heißt präzise? - woher er diese Information denn hätte. Das hat mich in dem
Fall, wie gesagt, dann irgendwann nicht mehr interessiert. Ich hatte die Information am 25. November.
Das ist die Information, mit der ich ihn konfrontiert sah, und das ist für mich auch die schwerwie-
gendste gewesen. So, und danach kam ab und zu von ihm, wie gesagt, sein Kenntnisstand, wie sein
Verfahren - - ob es ein Verfahren geben könnte oder nicht geben könnte. […]“2905

Im Laufe der Zeit sei die Informationsübermittlung seltener erfolgt:

„Na ja, wie gesagt: zum Teil die Kenntnisstände, die sein Rechtsanwalt bei den Staatsanwaltschaften
eingeholt hat. Das ist vor allem das gewesen, was mich interessiert hat, weil dann hätte ich einschätzen
können, wie lange er das Mandat vielleicht noch behält oder nicht. Und dann wurde das sporadischer,
weil ich dann irgendwann auch zu ihm gesagt habe: Sebastian, du kennst meine Position, dass du auf
das Mandat verzichten solltest, und ich werde dir da auch nicht großartig weiterhelfen können. Dafür
hast du jetzt deinen Rechtsbeistand, der dir - - Ich bin für dich sozusagen menschlich da, aber ich
werde dir jetzt hier nicht großartig noch Rechtshilfe geben können.“2906

In den weiteren Gesprächen sei es zwischen Schuparis und Edathy zu einem Streit hinsichtlich eines Mandats-

verzichtes gekommen. Der Zeuge Schuparis hat dazu ausgesagt:

„[…] Er [Edathy, Anm.] machte sonst später nachher den Eindruck, dass er jetzt so eine Trotzreaktion
irgendwie entwickeln würde und sagen würde: Okay, ich behalte jetzt mein Mandat, und dann gucken
wir mal, was da kommt. Und das habe ich dann irgendwann nicht mehr verstanden. Das war dann im
Januar der Fall. Ich habe irgendwann einen richtigen Streit mit ihm gehabt und habe gesagt: ‚Sebastian,
das kommt raus. Das wird rauskommen, da sei dir sicher. Denk auch mit an uns Mitarbeiter. Wir
müssen irgendwann auch eine Planung haben, weil das gerade keine besonders nette Situation ist.‘
Und da hat er zu mir gesagt: Ich bin der Abgeordnete, und ich entscheide immer noch, wann ich auf
mein Mandat verzichte.“2907

3. Mandatierung von Rechtsanwalt Noll am 27. November 2013

Am 27. November 2013 suchte Sebastian Edathy den in Berlin ansässigen Rechtsanwalt Christian Noll auf. Der

Zeuge Edathy hat dazu ausgeführt:

„[…] Es war ein Beratungsgespräch. Ich habe Herrn Noll aufgesucht; er ist mir empfohlen worden als
möglicher Rechtsberater. Es ging ja damals noch nicht darum, dass es irgendwie da zu einem Verfah-
ren kommen könnte.

[…] Ich habe es mir hier nicht eingetragen, aber wenn mein Anwalt sagt, am 27.11. war ich bei ihm,
wird das sehr wahrscheinlich zutreffend sein. Nur habe ich natürlich den Termin beim Anwalt nicht
am 27.11., sondern vorher vereinbart.“2908

2904 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 47.
2905 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 47.
2906 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 58 f.
2907 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 48.
2908 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 62.

Drucksache 18/6700 – 644 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

a) Auf Anregung seines ehemaligen Büroleiters

Der Kontakt war zuvor durch seinen ehemaligen Büroleiter Dennis Nocht hergestellt worden. Der Zeuge Nocht

hat in seiner Vernehmung beschrieben, wie es dazu gekommen ist:

„Also, ich kenne auch keinen Strafverteidiger in meinem näheren Umfeld. […] Ich habe zu dieser Zeit
eine, wie ich fand, sehr spannende Aufsatzsammlung von Ferdinand von Schirach gelesen und hatte
den Eindruck - dessen Kanzlei ist in Berlin -, dass der eine gewisse Erfahrung und Souveränität im
Umgang mit Personen, die im öffentlichen Leben stehen, sozusagen bei der Verteidigung dieser Per-
son hat, und habe dann mehr oder weniger auf gut Glück in der Kanzlei angerufen, habe dann, ohne
den Namen Sebastian Edathy zu nennen, geschildert, dass ich für eine verhältnismäßig prominente
Person anfragen möchte, der grob die und die Dinge möglicherweise ins Haus stehen, ob sich da je-
mand in der Kanzlei vorstellen könnte, die Verteidigung gegebenenfalls zu übernehmen. Das wurde
mir dann zugesagt. Dann habe ich dem entsprechenden Anwalt, der dann aus der Kanzlei sich dazu
bereit erklärt hat, die Telefonnummer von Herrn Edathy gegeben, und damit war die Sache für mich
vorbei.“2909

Auf Nachfrage hat der Zeuge erklärt, er sei seinerzeit direkt ins Sekretariat von Herrn Rechtsanwalt Noll durch-

gestellt worden:

„Direkt zu Herrn Noll, und habe ihm quasi den Sachverhalt geschildert und ihn gebeten, doch mal zu
fragen, ob jemand in der Kanzlei sich der Sache annehmen würde. Wenig später hat Herr Noll mich
zurückgerufen und gesagt, das würde er selber machen.“2910

Der Zeuge Noll hat sich erinnert, in dem geschilderten Telefonat mit Dennis Nocht sei von einer Überlegung

eines Mandatsverzichtes die Rede gewesen:

„[…] Es war […] so, dass in dem Telefonat, das Herr Nocht mit mir geführt hatte quasi zur Anbahnung
des Mandats, Herr Nocht schon erwähnt hatte, dass aus seiner Sicht es sehr dringlich sei, dass Herr
Edathy sein Mandat niederlegen solle […].“2911

b) Gesprächsinhalte beim ersten Termin

Zu dem Gespräch mit Sebastian Edathy hat der Zeuge Noll erklärt, am 27. November 2013 von ihm in seinem

Büro aufgesucht und bevollmächtigt worden zu sein. Die Terminvereinbarung sei über Herrn Dennis Nocht

gelaufen.

„[…] Ich bin am 27. November 2013 von Sebastian Edathy bevollmächtigt worden und in meinem
Büro aufgesucht worden. Die Terminvereinbarung war über Herrn Dennis Nocht gelaufen. […]“2912

Die Gesprächsinhalte hat der Zeuge Noll in seiner Vernehmung wiedergegeben:

„[…] Herr Edathy kam an diesem Tag in mein Büro und schilderte mir einen Sachverhalt dergestalt,
dass er aus den Medien entnommen habe, dass es eine Firma in Kanada gebe, die Gegenstand von
Ermittlungen dort geworden sei. Er selbst habe bei dieser Firma auch Bestellungen getätigt. Es sei so,

2909 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 17.
2910 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 23.
2911 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 12.
2912 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 8.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 645 – Drucksache 18/6700

dass auch nach seiner Kenntnis die deutschen Behörden informiert worden seien. Er schilderte in ei-
nem längeren Gespräch erst einmal monologartig, was er für einen Sachstand hat, das heißt, was er
getan hat, was es mit dieser Firma auf sich hat, zum Beispiel, dass man Dinge, die diese Firma ver-
treibt, auch über Amazon bestellen kann, dass nach seiner Kenntnis die Dinge, die er da bestellt hat,
rechtlich nicht zu beanstanden seien, dass er auch keine Kenntnis habe, dass diese Firma irgendetwas
Illegales vertreibe, und ging auch auf die Medienberichterstattung näher ein, die es zu diesem Zeit-
punkt schon gegeben hatte. Das heißt auch zum Beispiel darauf, dass sich Herr Ziercke schon dazu
geäußert hatte und dass das BKA damit befasst war. […]“2913

In seiner weiteren Vernehmung hat der Zeuge Noll ausgeführt, dass ihm Sebastian Edathy in diesem Gespräch

auch von seinen Bemühungen, nähere Informationen aus dem Internet zu erhalten, berichtet habe:

„[…] Er hat natürlich versucht, herauszufinden, ob er irgendetwas finden kann, also welche Firma das
ist, wie weit das ist, ob es da irgendwelche Ermittlungen in Deutschland geben könnte. Es war so, dass
er mich auch auf die Medienberichte verwiesen hat oder mir, glaube ich, sogar welche - - Ich weiß
nicht, ob er mir welche ausgehändigt hat. Ich glaube, es war eher so, dass ich dann selber nachgeschaut
habe, auch im Internet, versucht habe, das zu verifizieren, und versucht habe, da Bestätigung zu erlan-
gen, und habe das auch alles bestätigt gesehen, was er mir dazu gesagt hatte, also welche Firma das
ist. In der Tat war da schon von Durchsuchungen die Rede. Ob das richtige Berichte waren, kann ich
nicht sagen, aber das fand man im Internet so.“2914

Der Zeuge Noll hat weiter ausgeführt:

„[…] Er schilderte dann im weiteren Lauf des Gesprächs, dass er neben der Medienberichterstattung
auch Kenntnis erlangt habe von einigen Dingen über etwas, was ihm, wie er es damals zunächst aus-
drückte, der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion gesagt habe. Er nannte dann im
weiteren Verlauf des Gesprächs auch den Namen Hartmann, der mir damals nicht geläufig war, und
ging darauf ein, was Herr Hartmann ihm berichtet hatte, nämlich dass das BKA mit der Sache befasst
gewesen sei, dass das BKA wohl eine eher günstige Einschätzung abgegeben habe, dass das BKA die
Sache wohl abgegeben habe an die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main. Da fiel auch die
Stadt Gießen. Ich konnte das zunächst nicht zuordnen, weil ich in diesem Moment nicht wusste, dass
es da eine Außenstelle gibt, diese Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität, und dass
Gießen wohl, ohne sich jetzt inhaltlich festgelegt zu haben zur Frage ‚strafbar oder nicht‘, das Ganze
an die Generalstaatsanwaltschaft Celle weitergegeben hätte. Herr Edathy sagte mir auch, dass Herr
Hartmann diese Information offenbar aus dem BKA, aus Sicherheitskreisen aus dem BKA, aus der
Spitze des BKA, erhalten hätte.

Wir haben dann […] darüber gesprochen, wie mit diesen Informationen umzugehen ist. Herr Edathy
stellte aber auch dar, dass schon eine ganze Reihe von Personen in der Politik Kenntnis hätten. Klar,
das BKA hat eine Berichtspflicht. Herr Fritsche habe Bescheid gewusst, also alles nach Aussage von
Herrn Hartmann jetzt. Herr Fritsche habe Bescheid gewusst, Herr Friedrich habe Bescheid gewusst,
und auch Herr Gabriel, Herr Steinmeier und Herr Oppermann hätten Bescheid gewusst. Herr Hart-
mann hätte sogar bei Herrn Oppermann und bei Herrn Steinmeier mal zu dem Thema vorgesprochen.
Herr Oppermann habe Herrn Hartmann gesagt, dass dieser nicht mit Herrn Edathy darüber sprechen
solle. […]“2915

In diesem Gespräch habe es laut Aussage des Zeugen Noll auch die Überlegung gegeben, das Mandat niederzu-

legen.2916

2913 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 8.
2914 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 19.
2915 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 8.
2916 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 12.

Drucksache 18/6700 – 646 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Zeuge Edathy hat bestätigt, Rechtsanwalt Noll bei diesem Termin mitgeteilt zu haben, dass Michael Hart-

mann sein Informant sei.2917

Auf die Frage, ob Sebastian Edathy seinerzeit möglicherweise an einer „perfekten Story“ gearbeitet habe, hat

der Zeuge Noll geantwortet:

„[…] Das ist mir nicht vorstellbar. Seine Hoffnung war ja, dass das Ganze niemals öffentlich werden
würde. Wir reden über November 2013. Im Februar 2014 ist es öffentlich geworden. Das wollte er
nicht. Er konnte nicht wissen, dass da irgendwann mal ein Untersuchungsausschuss einberufen werden
würde, um über diese Fragen zu sprechen. Ich habe das nie in Zweifel gezogen, was Herr Edathy mir
dazu gesagt hat. Ich habe das schon allein deswegen nicht in Zweifel gezogen, weil das für ihn eine
außergewöhnlich belastende Situation war. Also, ich könnte in einer solchen Situation keinen solchen
Plot erfinden; das ist ja offenbar die Idee. Also, nein, das ist etwas, was ich nie in Zweifel gezogen
habe.“ 2918

c) Überlegungen bezüglich der weiteren Vorgehensweise

Seinen Auftrag, den er von Sebastian Edathy erhalten habe, hat der Zeuge Noll dargestellt:

„[…] Der Auftrag an mich war dann, zu überlegen, wie man herausbekommen kann, wer tatsächlich
zuständig ist; denn das versteht sich ja von selbst, dass eine Generalstaatsanwaltschaft nicht selbst
ermittelt. Ermitteln tut immer eine Staatsanwaltschaft oder in ihrem Auftrag dann ein LKA. […]“2919

4. Erste Überlegungen Edathys hinsichtlich einer vorzeitigen Mandatsniederlegung

Sebastian Edathy hat in seiner Vernehmung berichtet, ab Anfang Dezember 2013 selbst über einen vorzeitigen

Mandatsverzicht nachgedacht zu haben:

„[…] Also, ich habe dann überlegt: Was machst du jetzt? Ich hatte auch überlegt: Okay, wenn das jetzt
erst mal nicht hochkocht, kannst du im Laufe des Jahres 2015 das Mandat niederlegen, in der Zeit
schon mal gucken, was nach einer gewissen Karenzzeit eine andere berufliche Perspektive betrifft.
Also, keine Ahnung: Ebert-Stiftung oder Ähnliches, wie das halt so ist, was die Perspektiven und die
Möglichkeiten betrifft. Oder irgendwas in der Türkei zu machen für eine Stiftung, hätte ich mir auch
gut vorstellen können. Ich hatte mir da ja einen ganz guten Namen im Rahmen der Arbeit des NSU-
Ausschusses auch in der türkischen Öffentlichkeit und Politik gemacht. […]“2920

An anderer Stelle hat er erklärt:

„[…] Ich hatte […] eine Perspektive - - Eine Variante, die ich mir überlegt habe, wäre gewesen: Okay,
irgendwann Ende 2015 das Mandat abzugeben und bis zur Abgabe des Mandates irgendwie zu klären,
dass ich dann ein Jahr nach Mandatsverzicht irgendwo anders eine berufliche Zusage habe, also Pla-
nungssicherheit habe. […]“2921

Der Zeuge Nocht hat ausgesagt, Sebastian Edathy habe ihn im Rahmen seiner Überlegungen zu einem Mandats-

verzicht gebeten, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Stellensuche zu unterstützen:

2917 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 85.
2918 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 42.
2919 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 8.
2920 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 42.
2921 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 53.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 647 – Drucksache 18/6700

„Die Gespräche drehten sich aus meinem eigenen Antrieb heraus vor allem um die Frage, wann er
denn nun das Mandat niederlegen würde, weil, wie am 25. November ich ihm schon mitgeteilt habe,
habe ich da eigentlich keinen - was heißt ‚keinen Sinn‘? - - einfach keine Zukunft darin gesehen, und
habe zusätzlich noch die Befürchtung gehabt, dass, wenn das zu einem Zeitpunkt rauskommt, wo er
sich noch im Mandat befindet, auch das Ansehen der SPD-Bundestagsfraktion nach dem Fall Jörg
Tauss erheblich Schaden nehmen könnte. Das habe ich ihm mehrfach gesagt.

Ab irgendeinem Punkt hatte ich das Gefühl, dass er das auch ähnlich sieht. […] Zu dem Zeitpunkt, als
ich das Gefühl hatte, dass er das ähnlich sieht, hat er mich mehr oder weniger aufgefordert, seine
damaligen Mitarbeiter bei der Suche nach neuen Stellen zu unterstützen, was ich dann zugesagt habe.
[…]“2922

Bereits am 30. November 2013 teilte Sebastian Edathy in einem Telefonat Jens Jenssen nach dessen Erinnerung

mit, dass seine Karriere beendet sei. Der Zeuge Jenssen hat den Gesprächsverlauf in seiner Vernehmung wie-

dergegeben:

„[…] Ende November, am 28./29., hat Sebastian Edathy mir dann eine SMS geschrieben von einer
neuen Nummer, die ich nicht kannte, und bat mich darum, dass wir telefonieren könnten. Wir haben
dann am 30. November tagsüber über die neue Nummer gesprochen. Das Gespräch war kryptisch und
konspirativ irgendwie, weil klar war, dass es eine neue Nummer gibt, weil er Angst hatte, abgehört zu
werden, weil er - - und er wollte mir sagen, dass das - - dass seine Karriere, so wie er sie kennt, zu
Ende ist, dass er sich um was Neues kümmern muss, was Neues anfangen muss. Und das war ein sehr
bedrückendes Gespräch und irgendwie auch irritierend, trippelte immer drum herum, weil man nichts
sagen konnte, worüber man da eigentlich reden wollte oder sollte. […] Ich weiß nicht, wie lange das
Gespräch gedauert hat. Aber er hat eben da nichts Konkretes gesagt. […]“2923

5. Gespräch von Sebastian Edathy mit Mitarbeiterinnen seines Abgeordnetenbüros in Berlin am 4. Dezem-
ber 2013 und der Wahlkreisbüros am 7. Dezember 2013

Diese Überlegungen haben Sebastian Edathy nach eigener Aussage veranlasst, seine Mitarbeiterinnen in seinem

Berliner Abgeordnetenbüro am 4. Dezember 2013 und später in seinen Wahlkreisbüros über die Möglichkeit

einer vorzeitigen Mandatsniederlegung in Kenntnis zu setzen. In seiner Vernehmung hat er dazu ausgeführt:

„[…] Also, das war am 4. Dezember um 12 Uhr. Das hat mich veranlasst, Gespräche zu führen mit
meinen Mitarbeitern im Berliner Büro, und ich habe auch jeweils ein separates Gespräch geführt mit
meinen beiden - ich hatte jeweils eine Mitarbeiterin - - in meinen beiden Wahlkreisbüros in Nieder-
sachsen, mit denen habe ich auch gesprochen. Das war auch noch vor der Weihnachtspause. […] Aber
mit den festangestellten Mitarbeitern in Berlin, mit den festangestellten Mitarbeitern im Wahlkreis
habe ich gesprochen - wie gesagt, in Berlin am 4. Dezember - und habe ihnen gesagt: Hör mal; es kann
sein - es muss nicht sein, aber es kann sein -, dass ich im Laufe des nächsten Jahres, also dieses Jahres,
2014 – […] vielleicht Ende des Folgejahres […], möglicherweise aber auch schon kurzfristiger, […]
das Mandat niederlege. Das wollte ich ihnen rechtzeitig sagen, für den Fall, dass sie mindestens prä-
ventiv sich mal umhören wollen, ob sie vielleicht woanders eine Anstellung kriegen. […]“2924

Die Mitarbeiterinnen in den Wahlkreisbüros seien ab dem 7. Dezember 2013 unterrichtet worden:

2922 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 18.
2923 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 77.
2924 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 53.

Drucksache 18/6700 – 648 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Ich habe meine Mitarbeiterin in Nienburg am 7. Dezember informiert um 15 Uhr und meine Mitar-
beiterin in Stadthagen […] zwei Wochen später.“2925

Über den konkreten Sachverhalt im Zusammenhang mit der Operation in Kanada habe Sebastian Edathy mit

den Mitarbeiterinnen allerdings nicht gesprochen:

„[…] Gegenüber den anderen Mitarbeitern - Mitarbeiterinnen, muss ich genau sagen, vier Frauen -
habe ich das, was Inhalt war, nicht geäußert. Die hatten dann gefragt: Worum geht es denn? Ich habe
gesagt: Probleme; ich habe vielleicht einen Fehler gemacht, der strafrechtliche Konsequenzen haben
könnte. Wenn es zu strafrechtlichen Konsequenzen kommen sollte, werde ich das Mandat nicht be-
halten können. Ihr müsst nicht wissen, was jetzt der genaue Hintergrund ist. Aber ihr müsst wissen,
wie die Situation aussieht und was das für eure Jobperspektive bedeutet.“2926

Vor diesen Gesprächen hatte der damalige Büroleiter Maik Schuparis nach eigener Aussage bereits mit zwei

Mitarbeiterinnen im Berliner Büro gesprochen:

„[…] am 26. [November 2013, Anm.] war ich dann nicht im Büro. Und dann der Freitag - - Meine
[…] beiden Kolleginnen […] haben dann mitbekommen - so gut kann ich nicht schauspielern -, wie
schlecht es mir ging, und das haben die durchaus gesehen. Und die meinten: Es ist doch irgendwas.
Was ist denn? - Sie haben mich sozusagen dahin gedrängt, dass ich ihnen sage, was denn vorgefallen
wäre. Dann habe ich am Freitag, ich glaube, an dem Freitag - oder vielleicht habe ich sogar noch eine
Woche durchgehalten? Da bin ich mir nicht mehr hundertprozentig sicher - auf jeden Fall seine Sach-
bearbeiterin und die wissenschaftliche Mitarbeiterin darüber informiert, dass gegen ihn [Edathy,
Anm.] ermittelt werden könnte, weil er etwas aus der Presse - - und da wäre sein Name drauf gewesen.
Aber über weitere Details des Gesprächs habe ich sie sozusagen nicht informiert. Das hat dann schon
ausgereicht. […]“2927

6. Kommunikation über ein Mobiltelefon mit Prepaid-Karte

Zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt im Dezember 2013 erwarb Sebastian Edathy ein zweites Mobilte-

lefon, das mit einer Prepaid-Karte ausgestattet war. Auch über dieses Telefon kommunizierte er nach seiner

Darstellung mit Michael Hartmann sowie mit seinem Anwalt.

a) Erwerb des Telefons

Der Zeuge Edathy hat zum Erwerb des Telefons ausgesagt:

„[…] Ich habe mir meiner Erinnerung nach im Dezember am Bahnhof Friedrichstraße bei einem Te-
lefonshop so ein Prepaid-Handy gekauft und hatte von diesem Handy aus SMS-Verkehr gehabt über
das, was Sie hier vorliegen haben, hinaus mit Herrn Hartmann auf einem Mobiltelefon seinerseits, wo
er mir sagte, das ist ihm zur Verfügung gestellt worden als Mitglied im PKGr, also im Parlamentari-
schen Kontrollgremium. […]“2928

2925 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 108.
2926 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 53 f.
2927 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 46.
2928 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 20.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 649 – Drucksache 18/6700

„[…] Ich glaube […], dass ich das selber für eine gute Idee gehalten habe, ein zweites Handy zuzule-
gen. Ich meine, mich aber - - ich will mich da nicht festlegen, aber ich meine, mich erinnern zu können,
dass auch mein Anwalt das für eine ganz gute Idee gehalten hat.“2929

Der Zeuge Hartmann hat dazu erklärt:

„[…] Herr Edathy hatte mir mitgeteilt, dass er sich ein Prepaidhandy gekauft habe, und im Regelfalle
verfügt das nicht über Kryptotechnik.“2930

Die Motivation, die Kommunikation über ein zweites Mobiltelefon zu betreiben, hat der Zeuge Edathy wie folgt

beschrieben:

„[…] Ich habe über dieses Handy, ohne dass jetzt da die entsprechenden SMS-Texte vorliegen, im
Wesentlichen mit Herrn Hartmann über seine PKGr-Telefonnummer kommuniziert. Ich habe auch
über dieses Handy aus Sicherheitsgründen überwiegend mit meinem Anwalt kommuniziert, weil ich
nicht ausschließen konnte - legal oder nicht legal, sei mal dahingestellt -, dass mein normales Handy
mit einer allgemein öffentlich ohne Weiteres schnell recherchierbaren Nummer Gegenstand sein
könnte von Abhörmaßnahmen. So. Das war der Grund, warum ich das andere Handy benutzt habe.
[…]“2931

b) Sorge Sebastian Edathys vor Abhörmaßnahmen

Laut seiner Aussage hat Sebastian Edathy befürchtet, dass seine Kommunikation möglicherweise abgehört wer-

den könnte:

„[…] ich musste natürlich davon ausgehen, dass, wenn da irgendwas Verdecktes gegen mich läuft -
konnte ich ja nicht ausschließen […]: Machen die irgendwie Vorermittlungen? - - Ob das jetzt recht-
mäßig gewesen wäre, mich abzuhören, oder nicht, will ich mal dahingestellt sein lassen. Meine Erfah-
rung aus dem Bereich der Innenpolitik der letzten Jahre ist allerdings, dass die Tatsache, dass etwas
möglicherweise nicht legal ist, nicht heißt, dass es nicht trotzdem stattfindet. Um das Risiko auszu-
schließen, habe ich mich dann entschieden, neben meinem regulären Handy ein zweites mir zuzulegen.
[…]“2932

Der Zeuge Hartmann hat sich erinnert, Sebastian Edathy habe die Befürchtung gehabt, seine Telefongespräche

könnten abgehört werden:

„[…] Ich kann den Zeitraum aus meiner Erinnerung leider nicht mehr genau eingrenzen, aber aus
meiner Sicht machte er sich unverständlicherweise Sorgen und suchte immer mal wieder den Kontakt
zu mir. Es gab Telefonate und SMS-Kontakte. Mir schien das zeitweise fast wie eine fixe Idee. Einer-
seits wollte er wissen, ob und was Ermittlungsbehörden tun. Andererseits fürchtete er sich vor einer
Ausspähung seines Computers durch Unbekannte. Ebenso fühlte er sich am Telefon nicht mehr sicher,
weshalb wir die Geräte wechselten. Er befürchtete, dass die Telefongespräche abgehört würden, eine
Befürchtung, mit der er mich schon mal konfrontiert hatte in der Zeit, in der er Vorsitzender des NSU-
Untersuchungsausschusses war, und zwar sehr intensiv mich mit Fragen konfrontierte. Mir schien das
etwas - sagen wir - sehr misstrauisch. […]“2933

2929 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 21.
2930 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 81.
2931 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 66.
2932 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 21.
2933 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 77.

Drucksache 18/6700 – 650 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Auf Nachfrage, wie er sich erkläre, dass Edathy in der Folgezeit auch über sein dienstliches Mobiltelefon kom-

munizierte, hat der Zeuge Hartmann erklärt:

„Es ist keine wahre Logik darin. Es gab ja auch in Wirklichkeit nichts Engeres zu verbergen oder
etwas zu verbergen, sondern Herr Edathy hatte einfach Angst. Es war alles sehr angstbestimmt in jener
Zeit.“2934

Der Zeuge Schuparis hat im Zusammenhang mit dem Treffen am 25. November 2013 die Sorge Sebastian Eda-

thys vor Abhöraktionen bestätigt:

„Ja, er hat Angst gehabt, dass er irgendwie abgehört wird und dass er - - Er hat dort ein wenig Verfol-
gungswahn gehabt […].“2935

Den Erwerb eines zweiten Mobiltelefons habe Sebastian Edathy ihm gegenüber folgendermaßen begründet:

„[…] Er hat einfach nur gesagt, er hätte die Befürchtung, dass er vom BKA abgehört werden
könnte.“2936

Laut Aussage des Zeugen Edathy hat Michael Hartmann vorgeschlagen, den sensibleren Teil der Kommunika-

tion über dessen vom Parlamentarischen Kontrollgremium zur Verfügung gestelltes Telefon zu führen:

„[…] Also, der Vorschlag, den eher sensibleren Teil unserer Kommunikation über seine PKGr-Num-
mer zu führen, der kam von Michael Hartmann. […]“2937

„[…] Wenn er [Michael Hartmann, Anm.] den Vorschlag nicht gemacht hätte, wir nehmen ein ande-
res Handy, was seine Seite betrifft, dann hätten wir halt alles über sein normales Handy abgewickelt;
aber das wollte er halt nicht.“2938

c) Weitere Kommunikation auch über die bisherigen Telefone

Der Zeuge Hartmann hat ausgeführt, dass die Kommunikation in der Folgezeit sowohl über die üblichen Mo-

bilfunkverbindungen als auch über das PKGr-Telefon und Edathys Telefon mit Prepaid-Karte gelaufen sei:

„[…] Ich weiß aber sehr genau: Wir haben nie nur über einen oder den anderen Weg kommuniziert,
sondern wir haben zunächst unsere üblichen Handyverbindungen genutzt und ab einem bestimmten
Zeitpunkt sporadisch und keineswegs konsequent auch jenes andere Handy, bei dem im Unterschied
zu meinem Diensthandy sogar die Nummer übertragen wird und bei dem, wie gesagt, Kryptifizie-
rungsvorgänge nie eine Rolle spielten.“2939

An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„Ich kann da auch keine logische Stringenz […] ausbreiten, weil wir sogar immer wieder manch-
mal […] mal damit und mal damit telefoniert haben. Da gibt es keinen Zusammenhang außer dem,

2934 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 100.
2935 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 46.
2936 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 54.
2937 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 116.
2938 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 117 f.
2939 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 82.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 651 – Drucksache 18/6700

dass Herr Edathy zunehmend befürchtete, nicht mehr offen kommunizieren zu können, so wie er auch
befürchtete, dass auf seinem Rechner irgendetwas platziert sei.“2940

„[…] Es gab ja auch in Wirklichkeit nichts Engeres zu verbergen oder etwas zu verbergen, sondern
Herr Edathy hatte einfach Angst. Es war alles sehr angstbestimmt in jener Zeit.“2941

Der Zeuge Edathy hat in seiner Vernehmung bestätigt, dass die Kommunikation mit Michael Hartmann über

seine beiden Mobiltelefone geführt worden sei:

„[…] Das war dreigestuft im Grunde genommen. Wir haben die Kommunikation - telefonisch, SMS
-, die uns nicht wirklich problematisch erschien, über, was mich betrifft, das iPhone abgewickelt, und
wir haben alles andere über mein Prepaidhandy abgewickelt […]“2942

Dem Untersuchungsausschuss hat Sebastian Edathy eine Verschriftlichung seiner Kommunikation per SMS zur

Verfügung gestellt. Laut seiner Aussage umfasse diese Darstellung seine vollständige über sein dienstlich be-

reitgestelltes Mobiltelefon geführte Korrespondenz:

„Das ist vollständig, was den Zeitraum betrifft, also vollständig auf jeden Fall, was den Endpunkt
betrifft der Kommunikation in Sachen Michael Hartmann, Februar 2014. Ich habe aber die Sachen,
die vor dem Parteitag - nein, Entschuldigung, vor dem ersten Kontakt, als wir im Oktober über unsere
Karriereplanung sprechen wollten -, also Sachen aus 2012, 2011 - - da haben wir natürlich auch kom-
muniziert. Er war innenpolitischer Sprecher, ich war Vorsitzender des NSU-Ausschusses. Da haben
wir mal hin und wieder einen SMS-Austausch gehabt, aber das ist nichts, was hier von Relevanz sein
sollte […].“2943

„[…] Es ist vollständig für den Zeitraum, wie gesagt, 16.10. bis Ende der Kommunikation Februar
2014 für das iPhone, also für mein Hauptgerät. Die Korrespondenz umfasst, weil - - Es hat Korres-
pondenz gegeben auch über das Zweithandy, was ich mir im Laufe der Zeit besorgt habe. Diese Kor-
respondenz ist nicht mehr vorhanden, weil ich die löschen musste, um Speicherkapazität wiederher-
zustellen, und weil ich auch nicht davon ausgegangen bin damals, Anfang des Jahres, dass ich die
jemals wieder brauchen würde. […]“2944

Bezüglich der von Sebastian Edathy vorgelegten SMS-Korrespondenz hat der Zeuge Hartmann ausgesagt:

„[…] Der Duktus der einen oder anderen SMS scheint mir authentisch zu sein. Das ist die Sprache,
die ich gelegentlich führe. Ob die vollständig sind, ob es die waren, das weiß ich nicht. Ich kann mich
zum Beispiel auch an diese Harke - sicher, das war eine aufgeregte Zeit - so genau nicht erinnern, dass
ich die als SMS erhalten habe. Aber ich will das alles nicht bestreiten. Meine Erinnerung ist einfach
nicht besonders gut. Die sind bestimmt nicht unplausibel, und, wie gesagt, die Sprachführung scheint
mir bei manchen dieser Nachrichten authentisch die meine zu sein. Ob die vollständig sind - keine
Ahnung. […]“2945Verlust des PKGr-Mobiltelefons

Am 25. März 2014 meldete Michael Hartmann sein PKGr-Telefon gegenüber der Verwaltung des Deutschen

Bundestages als verloren. In seiner Vernehmung hat der Zeuge Hartmann dazu erklärt:

2940 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 100.
2941 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 100.
2942 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 119.
2943 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 19.
2944 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 21.
2945 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 83.

Drucksache 18/6700 – 652 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Dieses Handy habe ich verloren gemeldet […]. Ich habe dieses Handy über meine Mitarbeiterin
sperren lassen und den Verlust - ich habe nie von einem Diebstahl gesprochen - gemeldet am 25. März
2014 um 16 Uhr.

Am Tag zuvor habe ich […] in einer viel zu dichten Terminfolge vier, fünf oder sechs Redaktionen
fremdsprachiger Sender und Zeitungen besucht. Wir waren in dichter Folge bei diesen Terminen - ich
wurde begleitet von einem Ehrenamtlichen der SPD/Aktiven Bürger - und waren in Zeitverzug. Meine
Vermutung war immer, dass es mir dabei - beim Aussteigen aus dem Auto oder anderswo - aus der
Tasche gefallen ist. Ich habe keinen Grund, dieses Handy fingiert als verloren oder gar gestohlen zu
melden. […]“2946

In einem Schreiben an den Untersuchungsausschuss vom 5. Februar 2015 hat das vom Zeugen Hartmann be-

nannte SPD-Parteimitglied zu dem Verlust des Mobiltelefons mitgeteilt:

„[…] am 24. März 2014 habe ich Herrn Hartmann (MdB) als ehrenamtlicher Helfer zu den verschie-
denen Presseterminen i[m] Rhein-Main-Gebiet begleitet. Dabei habe ich gesehen, wie er an diesem
Tag mit seinem Handy telefoniert hat.

Hr. Hartmann ging ohne mich zu einem anderen Termin, bevor er eine[n] Verlust des Handys be-
merkte.

Später wurde ich telefonisch von seinem Büro kontaktiert. Ich wurde informiert, dass Hr. Hartmann
sein Handy nicht finden kann und gebeten, bei den Medienvertretern nachzufragen, ob das Handy dort
sei/gefunden wurde. Daraufhin telefonierte ich mit den Medienvertretern und fragte nach. Ich habe
nicht alle erreicht. Das Handy wurde nicht gefunden. Dann habe ich durch sein Büro erfahren, dass
das Handy (nach meiner Erinnerung-Folgetag) gesperrt wurde und ich mir keine weitere Mühe mehr
bei der Suche geben brauchte […]“2947

7. Maßnahmen von Rechtsanwalt Noll

a) Anfragen von Rechtsanwalt Noll bei Staatsanwaltschaften und dem Landeskriminalamt Nieder-
sachsen

Rechtsanwalt Noll fragte zunächst bei mehreren Staatsanwaltschaften und beim Landeskriminalamt Niedersach-

sen2948 nach, ob gegen seinen Mandanten Ermittlungen wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischer

Schriften geführt würden. Seine Maßnahmen hat der Zeuge Noll in seiner Vernehmung dargestellt:

„[…] Ich habe dann versucht, rauszubekommen, wer da zuständig sein könnte, und bei unterschiedli-
chen Stellen nachgefragt. […] Es hätte sein können, dass Celle die Akte schon weitergegeben hat an
eine sachbearbeitende Staatsanwaltschaft. Es hätte sein können, dass schon eine Polizeidienststelle
involviert gewesen wäre. Es hätte auch sein können, dass die Generalstaatsanwaltschaft Celle diese
Akte noch bei sich liegen hat oder vielleicht sogar nach Berlin geschickt haben könnte, rein theore-
tisch. Herr Edathy hat ja zwei Wohnsitze, einen in Niedersachsen - oder hatte damals jedenfalls zwei
Wohnsitze -, einen in Niedersachsen, einen in Berlin. Man hätte nicht ausschließen können - auch
wenn es unwahrscheinlich gewesen wäre -, dass die Akte auch nach Berlin hätte gegangen sein kön-
nen. […]

2946 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 80.
2947 MAT B-Hart 18(27)54-2, E-Mail des ehrenamtlichen Mitarbeiters des Zeugen Hartmann an den Ausschuss vom 5. Februar 2015, 10.41 Uhr.
2948 MAT A-Nds 18(27)10-11, Anlage 2, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 171 f., Telefax des Zeugen Noll an das Landeskriminalamt Niedersachsen vom 2.

Dezember 2013.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 653 – Drucksache 18/6700

Diese ganzen Nachfragen waren relativ unergiebig. […]

Ich habe dann relativ schnell rausgefunden, dass in Berlin nichts vorliegt, habe dann nach einiger Zeit
auch rausgefunden, dass in Verden, was zuständig gewesen wäre für den Wohnort von Herrn Edathy,
nichts vorliegt. Alle Behörden haben eigentlich relativ zügig - also, gerade die Berliner Behörden
haben relativ zügig geantwortet - geantwortet, dass es nichts gibt. Die Einzigen, die sich bedeckt ge-
halten haben, waren die niedersächsischen Behörden. Ich habe mich gewandt an die Staatsanwalt-
schaft Hannover, damals nicht wissend, dass sie zuständig ist, aber es vermutend, weil es eine Schwer-
punktstaatsanwaltschaft oder Schwerpunktabteilung für ganz Niedersachsen in Hannover gibt, was
diesen Deliktsbereich betrifft. […]“2949

Als Grund für seine Vorgehensweise hat der Zeuge Noll angegeben:

„[…] Die Intention von unserer Seite war natürlich, ins Gespräch zu kommen mit dem Sachbearbeiter,
um dort Kooperation anzubieten, um ins Gespräch zu kommen, um eine Einschätzung zu erlangen, ob
es ein offizielles Ermittlungsverfahren geben soll oder nicht, und nach Möglichkeit die Sache irgend-
wie - - […] geräuschlos zu klären. Es war ja klar oder war auch mir natürlich sofort klar, als ich
gesehen habe, wer da in mein Büro kommt, was das bedeutet, wenn dieser Vorwurf öffentlich wird.
Über mehr als einen Vorwurf haben wir ja damals nicht gesprochen. Das Ganze musste sich im Sta-
dium eines sogenannten Vorermittlungsverfahrens befinden. Es ging also um die Frage: Muss über-
haupt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden? Muss der Deutsche Bundestag informiert werden
wegen der Immunitätsproblematik? Welche Maßnahme würde dann ergriffen werden, und könnte man
das irgendwie verhindern? […]“2950

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Edathy diese Vorgehensweise bestätigt:

„[…] Als es dann immer klarer wurde für mich, dass sich das verdichtet, dass es immer wahrscheinli-
cher wurde, dass da Maßnahmen ergriffen werden - Stichwort volles Programm: Immunitätsaufhe-
bung, Durchsuchung -, habe ich halt den Versuch unternommen, über meinen Anwalt in Erfahrung zu
bringen, ohne dass mein Anwalt das so thematisiert hat bei seinen Anfragen, dass wir da Hinweise
haben […]. Wir haben da ja alle theoretisch infrage kommenden Stellen angefragt. Das war verbunden
mit dem Ziel, wenn das irgendwo liegt bei einer Staatsanwaltschaft - und dass es den Vorgang gibt,
dass er irgendwo liegen muss, auch wo er mutmaßlich liegt, das hatte ich ja erfahren aus den Gesprä-
chen mit Hartmann - - Mein Bestreben war, mithilfe meines Anwaltes einer zuständigen Staatsanwalt-
schaft volle Kooperationsbereitschaft inklusive der Zurverfügungstellung von Rechnern etc. anzubie-
ten und umgekehrt halt eben auch zu erhoffen, dass seitens einer Strafverfolgungsbehörde Sensibilität
an den Tag gelegt wird. […]“2951

Der Zeuge Noll hat in seiner Vernehmung eingeräumt, dass diese Handlungen aus seiner Sicht nicht ohne ein

gewisses Risiko gewesen seien:

„[…] Natürlich war das riskant. Natürlich ist das etwas, was für Aufsehen sorgen kann, was natürlich
jemanden erst auf eine Spur bringen kann. Herr Edathy hat das abgewogen und wollte dieses Risiko
eingehen und wollte versuchen, zu verhindern, dass das Ganze öffentlich wird. […]“2952

An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„[…] Ich hatte natürlich Sorge, da auch zu weit vorgeprescht zu sein. Es gab zwar die Information von
Herrn Hartmann, dass Herr Edathy auf der Liste steht. Aber man will ja gleichzeitig auch die Pferde
nicht scheu machen. Das heißt, als ich dann Anfang Dezember einen überzeugenden Eindruck hatte,

2949 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 8 f.
2950 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 9.
2951 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 42.
2952 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 20.

Drucksache 18/6700 – 654 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

dass die […], mit der ich gesprochen hatte, wirklich überrascht war, als ich sie anrief, und offenkundig
nichts wusste, hatte ich natürlich auch gleichzeitig Sorge, dass ich da ein bisschen die Pferde scheu
mache […].“2953

b) Erste konkrete Hinweise auf ein mögliches Ermittlungsverfahren

Auf entsprechende Anfragen von Rechtsanwalt Noll antworteten unter anderem mit Schreiben vom 4. Dezember

2013 das Landeskriminalamt Niedersachsen2954 und die Generalstaatsanwaltschaft Celle2955 mit Schreiben vom

9. Dezember 2013. Der Inhalt der Schreiben in Verbindung mit der Bearbeitungsdauer habe Rechtsanwalt Noll

nach eigener Aussage zu erkennen gegeben, dass den Behörden der angefragte Vorgang möglicherweise bekannt

war. Den Ablauf hat der Zeuge Noll geschildert:

„[…] Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat auf meine Anfrage verdächtig lange gebraucht, zu ant-
worten. Sie hat ausweichend geantwortet. Das LKA hat auch ausweichend geantwortet. In der Summe
war aber durch die zeitliche Verzögerung, die es bei der Beantwortung gegeben hat, und die Art der
Formulierung schon klar, dass die wissen, wovon ich spreche, und dass die das kennen. Ich glaube,
das LKA hat ausdrücklich nur geschrieben, ein Ermittlungsverfahren gebe es nicht. Das war aber nicht
meine Anfrage gewesen. Celle hat gesagt, ich soll mich an die sachbearbeitende Stelle wenden, und
ich glaube, ein Polizeibeamter, mit dem ich telefoniert hatte, hatte formuliert, die Antwort müsse noch
irgendwie abgestimmt werden. Da müsse man noch irgendwie die richtige Formulierung suchen oder
irgend so etwas. Also, es war schon klar, dass ich an der richtigen Stelle gelandet war. […] Es war
[…] etwas schwierig, rauszufinden, wer der Sachbearbeiter sein würde. Es war relativ klar, wer es ist,
aber es war niemand zu finden, der es zugeben wollte. […]“2956

Der Zeuge Edathy hat dazu ausgesagt:

„[…] Ich kann mich erinnern, dass ich über dieses Schreiben mit Herrn Noll gesprochen habe, wie das
zu bewerten sei, und er meinte, er würde es so bewerten, dass ja, ich sage mal, eine Klarstellung: Hier
liegt überhaupt - - Es gibt nichts; uns ist nichts bekannt; es liegt nichts vor. - Ein entsprechendes
Schreiben sähe anders aus als so ein Schreiben.

Deswegen war die Mutmaßung, es könnte etwas vorliegen, möglicherweise dann aber nicht in Celle,
sondern anderenorts. Und nun ist es so, dass für meinen damaligen Wohnsitz im Kreis Nienburg in
Betracht kam im Wesentlichen die Staatsanwaltschaft Hannover und die in Verden, die ja auch ange-
fragt worden ist von Herrn Noll.“2957

Zuvor hatte Rechtsanwalt Noll am 5. Dezember 2013 mit Oberstaatsanwalt Klinge von der Staatsanwaltschaft

Hannover telefoniert, der die Existenz eines Vorermittlungsverfahrens verneint habe. Der Zeuge Noll hat sich

diesbezüglich in seiner Vernehmung erinnert:

„[…] Ich habe […] auch mit Herrn Oberstaatsanwalt Klinge telefoniert, der sich auch nicht wissend
zeigte. Ich habe Herrn Klinge wohlgemerkt nicht nach der Existenz eines Ermittlungsverfahrens ge-
fragt; das konnte es ja noch nicht geben. Ich habe ihn gefragt, ob es ein Vorermittlungsverfahren, einen
Akt, einen Vorgang gibt. Ich habe das weit gefasst. Er hat das alles verneint. Das war, glaube ich, am

2953 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 43.
2954 MAT A-Nds 18(27)10-11, Ordner 1, lfd. Nr. 7, Bl. 175 f., Schreiben des LKA Niedersachsen an den Zeugen Noll vom 4. Dezember 2013.
2955 MAT A-Nds 18(27)12-13-14, Anlage 1, Ordner 10, lfd. Nr. 30, Bl. 4 f., Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Celle an den Zeugen Noll

vom 9. Dezember 2013.
2956 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 9 f.
2957 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 65.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 655 – Drucksache 18/6700

05.12. nach meiner Erinnerung; jedenfalls in diesem Bereich. Zu dem Zeitpunkt hatte er die Akte
bereits seit einem Monat vorliegen […]“2958

8. Unterrichtung der Abgeordneten Johannes Kahrs und Petra Ernstberger, dass Sebastian Edathy für keine
Position in der Fraktion zur Verfügung steht

Zu einem nicht näher bestimmbaren Termin im Dezember 2013 teilte Dennis Nocht in Gesprächen den SPD-

Abgeordneten Johannes Kahrs und Petra Ernstberger mit, dass Sebastian Edathy für Aufgaben in der Fraktion

nicht zur Verfügung stehe.

a) Gespräch zwischen Dennis Nocht und Abgeordnetem Johannes Kahrs

Der Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD Johannes Kahrs erfuhr nach Aussage des Zeugen Nocht von

den Vorgängen um Sebastian Edathy erstmals durch ihn. Der Zeuge Nocht hat dazu ausgesagt:

„[…] wir waren auf dem Weg zu diesem Treffen [der Spitze des Seeheimer Kreises, Anm.] , und dabei
ging es um Personalplanung für die Fraktion, für den Fraktionsvorstand, wen man da quasi unterstützt
und ob man vielleicht noch Ideen hat, wen man noch, ja, auf einen Posten unterstützen sollte, weil
man das für politisch angebracht hielte, und da fragte er [Johannes Kahrs, Anm.] mich: Was ist eigent-
lich mit Sebastian? - Da habe ich ihm dann bedeutet, dass man den Namen Sebastian Edathy bei diesen
ganzen Überlegungen vielleicht erst mal außen vor lassen sollte - aus Gründen. Er fragte dann relativ
überrascht: Aus was für Gründen? - Und daraufhin habe ich ihn informiert, dass Edathy selber damit
rechnet, dass es gegen ihn in Bälde ein Ermittlungsverfahren geben könnte. Er hatte dann gefragt:
‚Wegen was?‘, und daraufhin habe ich ihm gesagt: ‚Irgendwas mit Internet‘, und ich hatte das Gefühl,
dass er einigermaßen verstanden hat, was gemeint war.“2959

Der Zeuge Nocht hat weiter ausgeführt:

„Er hat nicht mehr nachgefragt, und von daher habe ich geschlossen, dass er sich ungefähr vorstellen
kann, worum es geht.“2960

„[…] diese letzte Aussage von mir: ‚Irgendwas mit Internet‘ und sein Hinnehmen dieser Auskunft
waren das Ende des Gesprächs.“2961

An das Gespräch hat sich der Zeuge Kahrs wie folgt erinnert:

„[…] Ich weiß, dass wir irgendwann mal zu einem dieser Seeheimer Gespräche gegangen sind und
wir auch darüber gesprochen haben. Wir haben auch mal darüber gesprochen, ob er zur Verfügung
steht oder nicht. Irgendwie, glaube ich, hat er gesagt, er steht nicht zur Verfügung oder er will nicht,
keine Ahnung. […]“2962

„[…] er hat mir gesagt, es gibt irgendwie Gründe, warum er nicht will oder nicht kann, und dass es da
irgendwelche Probleme bei ihm gibt. Glaube ich zumindest, dass das so war.“2963

2958 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 9.
2959 Nocht, Protokoll-Nr. 24, - nichtöffentlich -, S. 15.
2960 Nocht, Protokoll-Nr. 24, - nichtöffentlich -, S. 15.
2961 Nocht, Protokoll-Nr. 24, - nichtöffentlich -, S. 16.
2962 Kahrs, Protokoll-Nr. 24, S. 27.
2963 Kahrs, Protokoll-Nr. 24, S. 27.

Drucksache 18/6700 – 656 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Es kann sehr gut sein, es war irgendwas mit rechtlichen Problemen. Es kann auch was mit dem
Internet gewesen sein. Aber ernsthafterweise war für mich die Frage wichtig, ob er zur Verfügung
steht oder nicht, ob er was will, wo man ihm bei helfen kann, und die Ansage war: Nein.“2964

Auf die Frage, ob von strafrechtlichen Ermittlungen die Rede war, hat der Zeuge Kahrs dies für möglich gehal-

ten, dann sei es aber „irgendwas mit Internet“ gewesen. Kinderpornografie habe in dem Gespräch keine Rolle

gespielt.2965

Der Zeuge Kahrs hat erklärt, dass zu diesem Zeitpunkt nicht über konkrete Ämter gesprochen worden sei:

„Also, zum einen ging es nicht darum, ob er [Sebastian Edathy, Anm.] als stellvertretender Fraktions-
vorsitzender kandidiert, sondern um die Frage, ob er überhaupt für irgendwas zur Verfügung steht.
Und außerdem ist es in diesem Fall so, dass Sebastian Edathy und Dennis Nocht sich sehr gut kannten.
Das ist natürlich - - hatte was mit der Vergangenheit bei ihm als Büroleiter zu tun. Und wenn der sagt,
dass der nicht zur Verfügung steht, dann glaube ich dem das, klar. Aber das war eben ein spezielles
Verhältnis. Das ist nicht ein Verhältnis, wo irgendein anderer Abgeordneter - - wo man das hätte
vergleichen können.“2966

An anderer Stelle hat der Zeuge ergänzt:

„Es gab aber nie eine Ansage von Sebastian Edathy zu dem Zeitpunkt, als es darum ging, dass er
irgendetwas will.“2967

Mit Johannes Kahrs hatte Sebastian Edathy nach seiner Aussage bereits Mitte November 2013 über seine wei-

teren Pläne in der SPD-Fraktion gesprochen:

„[…] Ich habe zum Beispiel vor Mitte November mit dem SPD-Abgeordneten Johannes Kahrs ge-
sprochen, dem Sprecher des Seeheimer Kreises. Das war eine von zwei Gruppierungen, der ich ange-
hört habe in der SPD-Fraktion. Ich habe ihn gebeten, ob er nicht mal mit Oppermann sprechen könnte,
was den Innenausschuss betrifft, dass wir diesmal, anders als 2009, als Fraktion Zugriff nehmen für
die Besetzung des Vorsitzes. Das hat er mir auch zugesagt. Aber das war halt alles vor dem 15.11.,
also als ich noch Hoffnungen hatte.“2968

An anderer Stelle hat der Zeuge Edathy erklärt:

„[…] Herr Kahrs wollte, dass ich gegen Frau Högl als Fraktionsvize antrete. Herr Nocht hat mir be-
richtet, er habe versucht, Herrn Kahrs zu signalisieren, dass das keine gute Idee ist. Herr Kahrs fand
das aber eine sehr gute Idee, und Herr Nocht sah sich dann veranlasst, Herrn Kahrs zu offenbaren,
warum das definitiv nicht geht.“2969

b) Gespräch von Dennis Nocht mit der Abgeordneten Petra Ernstberger

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Edathy erklärt, innerhalb des Seeheimer Kreises habe es Überlegungen

gegeben, ihn bei der Besetzung eines Postens in der SPD-Bundestagsfraktion zu einer Kampfkandidatur zu be-

wegen:

2964 Kahrs, Protokoll-Nr. 24, S. 28.
2965 Kahrs, Protokoll-Nr. 24, S. 28.
2966 Kahrs, Protokoll-Nr. 24, S. 30.
2967 Kahrs, Protokoll-Nr. 24, S. 37.
2968 Edathy, Protokoll-Nr. 19. S. 52 f.
2969 Edathy, Protokoll-Nr. 21 (VERTRAULICH-herabgestuft), S. 17.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 657 – Drucksache 18/6700

„[…] Was ich weiß, war - ich bin selber Mitglied des Seeheimer Kreises -, dass es dort die Überlegung
gab, bei der Besetzung eines stellvertretenden Fraktionsvorsitzes in der SPD-Fraktion mich zu einer
Kampfkandidatur […] zu bewegen. Darauf habe ich aber dann verzichtet, habe also signalisiert: Dafür
stehe ich nicht zur Verfügung. […]“2970

Der Zeuge Edathy hat weiter ausgeführt, er habe der Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Bundestags-

fraktion Petra Ernstberger mitteilen lassen, für die Postenbesetzung im Innenausschuss nicht zur Verfügung zu

stehen:

„Frau Ernstberger ist eine der Sprecherinnen eines Arbeitskreises, eines Flügels der SPD-Fraktion,
einer Gruppierung innerhalb der SPD-Fraktion, und mein früherer Büroleiter ist seit einiger Zeit der
Leiter des Sekretariats dieser Gruppe. Und in meinem Auftrag hat mein früherer Büroleiter, jetziger
Referent der Seeheimer, Frau Ernstberger in einem Vieraugengespräch mitgeteilt, dass sie mich bitte
für weitere Personalplanungen erst mal nicht berücksichtigt und dass ich mein Vollmandat im Innen-
ausschuss nicht wahrnehmen werde. Ich bin dann, glaube ich, auch irgendwie als Vize dann, irgendwie
stellvertretendes Mitglied - - Dann gab es eine Nachfrage von ihr, warum. Dann hat er ihr gesagt - so
hat er es mir erzählt, dass er Frau Ernstberger unterrichtet hat -, da könnte etwas öffentlich werden,
was zu einem Mandatsverzicht führt.“2971

An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„[…] Frau Ernstberger ist auch ins Bilde gesetzt worden, dass das deshalb der Fall ist, weil möglich-
erweise strafrechtlich auf mich was zukommt.“2972

Wann genau die Unterrichtung von Frau Ernstberger erfolgt ist, hat der Zeuge Edathy nicht sagen können. Er

hat sich aber an eine SMS erinnert, die er Dennis Nocht geschrieben habe:

„Am 9. Januar schreibe ich eine SMS an den Referenten der Seeheimer: Hast du Petra Ernstberger
informiert, dass sie mich wegen Arbeitsunfähigkeit ausschussmäßig nicht einplant? - Das war Anfang
Januar.“2973

Laut Aussage des Zeugen Nocht habe das Gespräch mit Frau Ernstberger nach dem Gespräch mit Johannes

Kahrs stattgefunden.2974 An sein Gespräch mit der Abgeordneten Ernstberger hat sich der Zeuge Nocht wie folgt

erinnert:

„[…] Ich habe jedenfalls mit Frau Ernstberger über die mögliche, sage ich mal, Verwendung von
Herrn Edathy einmal gesprochen. Das war aber lange nach dem 25. November, und das war infolge
eines Treffens mit der Spitze des Seeheimer Kreises, wo sozusagen sie auf mich zukam und sagte: Es
wird in der Fraktion geredet. Was machen wir denn jetzt mit dem Sebastian? […]“2975

„Das muss auf jeden Fall vor der Wahl des geschäftsführenden Fraktionsvorstandes der SPD-Bundes-
tagsfraktion gewesen sein, meines Erachtens Dezember, Mitte Dezember, also nach Abschluss des
Mitgliedervotums der SPD. Nach Bekanntgabe der Regierungsmannschaft der SPD wurden dann die
Tableaus für den geschäftsführenden Fraktionsvorstand präsentiert, und danach ging es um die Frage

2970 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 123.
2971 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 121.
2972 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 120.
2973 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 122.
2974 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 28.
2975 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 14.

Drucksache 18/6700 – 658 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ausschusszuteilung, Zusammensetzung der AGs, Sprecherposten etc. Und in dem Kontext fiel Frau
Ernstberger auf, dass da Edathy nirgends vorgesehen sei. […]“2976

„Ich habe ihr gesagt, dass es Sebastian nicht gut geht und dass er für Aufgaben deswegen nicht zur
Verfügung steht.“2977

An anderer Stelle hat er zum Gespräch mit Frau Ernstberger ausgeführt:

„[…] Wie gesagt, dieses Gespräch von Frau Ernstberger und mir, was übrigens auch am Rande und
sehr kurz war, fand statt, nachdem der geschäftsführende Fraktionsvorstand der SPD gewählt wurde,
wo klar war, dass Herr Edathy keine Rolle bekommen hatte, und das hat Frau Ernstberger scheinbar
doch interessiert, warum das denn so sei. Plus - das hat sie mir auch gesagt -, dass es eben in der
Fraktion Gesprächsthema war, dass er so schlecht aussieht, dass er sich rauszieht, sich einigelt. Und
ich habe ihr dann das mehr oder weniger bestätigt, dass es ihm nicht gut geht und dass er deswegen
auch für keine Dinge kandidiert hat, zur Verfügung stand […].“2978

Der Zeuge Nocht hat weiter erklärt, er habe nur gesundheitliche Gründe Sebastian Edathys angeführt und sich

bemüht, nicht den Eindruck zu erwecken, dass noch andere Gründe eine Rolle spielen könnten.2979

X. Informationsweitergabe durch Thomas Oppermann an seine Nachfolgerin im Amt
Christine Lambrecht nach dem 16. Dezember 2013

Am 16. Dezember 2013 wurde Abgeordneter Thomas Oppermann zum Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfrak-

tion, Abgeordnete Christine Lambrecht zur Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Bundestags-

fraktion gewählt.

Im Rahmen der Amtsübergabe informierte Thomas Oppermann seine Nachfolgerin im Amt der Ersten Parla-

mentarischen Geschäftsführerin Christine Lambrecht über den Vorgang Edathy. An die Gesprächssituation hat

sich die Zeugin Lambrecht in ihrer Vernehmung erinnert:

„Meiner Erinnerung nach war es im damaligen Büro von Thomas Oppermann, heute mein Büro. Wir
haben zu dem Zeitpunkt zahlreiche Gespräche geführt, aber ich meine, das war bei ihm im Büro, und
wir haben da unter vier Augen miteinander gesprochen. Es ging um viele Dinge, die jetzt auch die
Amtsübergabe, die Funktionsübergabe betroffen haben. Deswegen war ich bei ihm, und in dem Zu-
sammenhang hat das Gespräch dann stattgefunden. Wir haben das unter vier Augen geführt. Die Tür
war verschlossen, wie das bei solchen Themen ratsam ist.“2980

1. Inhalt des Gespräches

Zum Inhalt des Gespräches hat der Zeuge Oppermann ausgesagt:

„[…] Kurz vor Weihnachten, nach meiner Wahl zum Fraktionsvorsitzenden, informierte ich Christine
Lambrecht als meine Nachfolgerin im Amt des Parlamentarischen Geschäftsführers über den ganzen

2976 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 14.
2977 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 15.
2978 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 28.
2979 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 17.
2980 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 98.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 659 – Drucksache 18/6700

Vorgang. Das Gespräch muss kurz nach dem 16.12. stattgefunden haben. Ich habe ihr sinngemäß ge-
sagt, dass bei Ermittlungen im Ausland der Name von Sebastian Edathy aufgetaucht sei. Dabei gehe
es um Bilder von nackten Kindern und Jugendlichen. Bei Sebastian Edathy gehe es nicht um strafbare
Inhalte; strafrechtliche Ermittlungen könnten aber nicht ausgeschlossen werden. Das war mein Kennt-
nisstand, der sich seit den Gesprächen mit Steinmeier, Gabriel und Ziercke am 17.10. nicht verändert
hatte […]“2981

In dem Gespräch habe er den schlechten Gesundheitszustand Sebastian Edathys angesprochen:

„Ich glaube, dass ich ihr auch gesagt habe, dass ich, sagen wir mal, über seinen schlechten Gesund-
heitszustand - - Das war ja die einzige Information, die ich hatte. Ich habe ja Edathy nie gesehen in
der ganzen Zeit, und ich wusste das ja auch nur von Michael Hartmann. Das - da bin ich mir ziemlich
sicher - habe ich ihr auch gesagt.“2982

Das von ihm mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke in der Angelegenheit Sebastian Edathy

geführte Telefonat habe der Zeuge Oppermann gegenüber Christine Lambrecht nach seiner Aussage nicht er-

wähnt:

„[…] Und bei Christine Lambrecht spielte das eigentlich auch keine Rolle mehr. Das lag weit zurück
dann, kurz vor Weihnachten, und da kann es sein, dass ich Ziercke nicht erwähnt habe […] in dem
Übergabegespräch […].“2983

Zum Zeitpunkt, in dem das Gespräch stattgefunden habe, hat der Zeuge Oppermann erklärt:

„Das war im Dezember. Ich erinnere nicht mehr den genauen Tag; aber es war eines der Übergabege-
spräche, die wir hatten. Ich will mal gucken: Das muss zwischen dem 17. und dem 19. Dezember
gewesen sein.“2984

Die Reaktion von Christine Lambrecht hat der Zeuge Oppermann wie folgt beschrieben:

„[…] die [Abg. Lambrecht, Anm.] hat genauso reagiert wie ich, als ich das von Gabriel gehört habe.
Die war auch einigermaßen entsetzt darüber, konnte sich das auch nicht vorstellen. […] Sie ist in
vielen Jahren im zuständigen Geschäftsordnungsausschuss gewesen, im Ausschuss für Immunitätsan-
gelegenheiten, und war da schon eine sehr professionelle Gesprächspartnerin. Die wusste natürlich
sofort: Wir müssen damit äußerst vorsichtig umgehen. Es ist klar, dass er jetzt nicht für herausgeho-
bene Positionen in Betracht kommt innerhalb der Fraktion. Die Regierungspositionen waren ja zu dem
Zeitpunkt der Übergabegespräche schon entschieden.“2985

Die Zeugin Lambrecht hat sich an das Gespräch wie folgt erinnert:

„[…] Am 16. Dezember 2013 wurde ich zur Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-
Bundestagsfraktion gewählt, und kurz danach - ich meine, zwischen dem 17. und dem 19. Dezember
- wurde ich vom neugewählten Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann darüber informiert, dass
im Rahmen von Ermittlungen im Ausland gegen Dritte der Name Sebastian Edathy auf einer Liste
aufgetaucht sei. Hierbei gehe es um Bilder von nackten Kindern und Jugendlichen, keine strafbaren
Inhalte. Strafrechtliche Ermittlungen seien aber dennoch nicht ausgeschlossen. Er hat mir damals auch
gesagt, wie der Informationsfluss von Minister Friedrich über Herrn Gabriel bis zu Herrn Steinmeier

2981 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 171 f.
2982 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 179.
2983 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 177.
2984 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 24.
2985 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 179.

Drucksache 18/6700 – 660 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

und ihm gelaufen ist. Von dem Telefonat mit Herrn Ziercke habe ich erst im Februar 2014 im Zusam-
menhang mit der Erklärung von Herrn Oppermann erfahren.

Wir haben vereinbart, diese Angelegenheit streng vertraulich zu behandeln, und daran habe ich mich
auch strikt gehalten. Als frühere Sprecherin der SPD-Fraktion im Immunitätsausschuss, wo ich mit
ähnlichen Fällen befasst war, weiß ich, wie wichtig in solchen Fällen absolute Verschwiegenheit ist.
Ich hatte zu Sebastian Edathy in dieser Angelegenheit nie Kontakt.

Thomas Oppermann hat mir in oben beschriebenem Gespräch nach meiner Amtsübernahme - wie
gesagt, zwischen dem 17. und dem 19. Dezember - auch gesagt, dass er mit Michael Hartmann ein
Gespräch über den Gesundheitszustand von Edathy hatte und dass Michael Hartmann sich um ihn
kümmere. In dem Gespräch mit Michael Hartmann sei es ausschließlich um den Gesundheitszustand
gegangen. […]“2986

Auf Nachfrage hat die Zeugin Lambrecht erklärt, die Frage der Kenntnis der Vorwürfe gegen Sebastian Edathy

und die Sorge Michael Hartmanns um dessen Gesundheitszustand seien zwei Sachverhalte gewesen, die in dem

Gespräch erörtert wurden:

„Nein, das ist ein Gespräch gewesen, in dem Oppermann mir mitgeteilt hat, wer was wusste, und es
wussten eben Friedrich, Steinmeier, Gabriel, Oppermann und Lambrecht - durch die Information jetzt
-, dass es diese Ermittlungen im Ausland gab und dabei der Name Edathy aufgetaucht ist; die wussten
das. Und der Michael Hartmann in dem Zusammenhang macht sich Gedanken um den Edathy - der
weiß - - wegen Gesundheit, und den habe ich gebeten, sich um den Gesundheitszustand zu kümmern.
- Es waren zwei Bereiche, einmal der Strang: ‚Wer weiß von dem einen Vorgang?‘, und damit ich
eben auch wusste, dass Michael Hartmann sich um die gesundheitlichen Fragen kümmert, deswegen
auch diese Information.“2987

An anderer Stelle hat die Zeugin ausgeführt:

„[Es] war klar, dass Michael Hartmann über diese Kette nicht informiert war, sondern dass es bei der
Information von Michael Hartmann oder bei dem Aspekt Michael Hartmann nur um den gesundheit-
lichen ging.“2988

Der Zeuge Oppermann hat in seiner Vernehmung bestätigt, der Abgeordneten Lambrecht auch den Gang der

Information von Bundesminister Dr. Friedrich zu ihm geschildert zu haben.2989

Hinsichtlich der ihr mitgeteilten Informationskette hat die Zeugin Lambrecht ausgeführt:

„[…] Ich war in diese Kette nicht eingebunden. […] Aber ich habe eine Kette an Informationen wahr-
genommen, die lief eben: Friedrich an Gabriel, an den Parteivorsitzenden, dass der Fraktionsvorsit-
zende eingebunden war, und logisch dann auch in der Kette der damalige Erste Parlamentarische Ge-
schäftsführer. Was aber da untereinander gelaufen ist, wann wer wo wen und ob das früher oder später
oder am Abend oder nicht, dazu kann ich Ihnen jetzt wirklich nicht weiterhelfen.“2990

„Ich habe diese Kette wahrgenommen, eine Kette, die da lautet - - Da bin ich davon ausgegangen:
Parteivorsitzender, der den Fraktionsvorsitzenden und der den 1. PGF. Ob das dann in diesem Einzel-
fall so gelaufen ist, da war ich ja nicht dabei. Für mich war das schlüssig, aber wie gesagt, ich war ja

2986 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 96.
2987 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 108.
2988 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 123.
2989 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 24.
2990 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 137.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 661 – Drucksache 18/6700

nicht dabei. Deswegen: Für mich war es schlüssig, wenn ich diese Namen habe, dass es in der Rei-
henfolge gelaufen ist.“2991

2. Grund für die Informationsweitergabe

Als Begründung für die Unterrichtung der Abgeordneten Lambrecht hat der Zeuge Oppermann in seiner Ver-

nehmung angegeben:

„[…] Ich habe sie informiert, weil ich damals gemeinsam mit ihr eine Liste aufgestellt habe, wer für
wichtige Positionen in der Fraktion infrage käme; da wäre Sebastian Edathy ohne diese Informationen
durchaus ein Kandidat gewesen. Dafür brauchte Frau Lambrecht diese Information, und deshalb bin
ich ja auch neben Frank-Walter Steinmeier von Sigmar Gabriel als Parlamentarischer Geschäftsführer
informiert worden. Als langjähriges Mitglied im Ausschuss für Immunitätsangelegenheiten war Chris-
tine Lambrecht die hohe Sensibilität der Angelegenheit bewusst. Auch aufgrund der Erfahrungen aus
früheren Verfahren war uns beiden völlig klar, dass die uns von Herrn Friedrich mitgeteilten Informa-
tionen vertraulich zu behandeln sind. Dies haben wir auch so miteinander besprochen. […]“2992

An anderer Stelle hat er erläutert:

„[…] Frau Lambrecht habe ich in einem der Übergabegespräche, die ich als ehemaliger, als ihr Vor-
gänger als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer mit ihr hatte, informiert. Aus dem gleichen
Grunde, aus dem mich Sigmar Gabriel informiert hatte: Ich wollte, dass sie, wenn dieses Thema ‚Was
wird aus Edathy?‘ aufkommt, den Hintergrund kennt und ich nicht ihr, sagen wir mal, unter falschen
Vorwänden so etwas ausreden müsste. […]“2993

„[…] Ich habe nur vorsorglich Frau Lambrecht informiert, damit wir beide den gleichen Informati-
onsstand haben und dann, falls die Frage aufgekommen wäre, gemeinsam, sage ich mal, in der glei-
chen Richtung da vorgegangen wären. Das heißt nicht, dass Frau Lambrecht und ich alleine die Ent-
scheidungen treffen. Wir beraten uns dann auch mit anderen. Aber es war mir wichtig, dass sie dann
den gleichen Kenntnisstand hat wie ich.“2994

Die Zeugin Lambrecht hat sich in der Vernehmung ebenfalls zu dem Grund für ihre Unterrichtung durch Thomas

Oppermann geäußert:

„[…] zum einen war ich natürlich jetzt als Erste Parlamentarische Geschäftsführerin mit ihm dafür
verantwortlich, ein neues Fraktionstableau vorzuschlagen. Wir waren ja eine neue Fraktion. Gerade
hat sich die Regierung gebildet. Ein Teil der alten Fraktion ist in die Regierung gegangen, und jetzt
mussten wir loslegen, die Fraktionsgremien zu besetzen, und dafür musste ich natürlich für den Hin-
tergrund dann auch wissen zu der Personalie Sebastian Edathy den Hintergrund. Aber darüber hinaus
ist auch immer der 1. PGF natürlich zuständig, wenn es dann darum geht, falls es zu einem Immuni-
tätsverfahren kommt, dass er da informiert ist. Das war der Hintergrund.“2995

Weitere Vereinbarungen oder Anweisungen über zu treffende Maßnahmen seien in dem Gespräch nach Darstel-

lung der Zeugin Lambrecht nicht erfolgt. 2996

2991 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 137.
2992 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 172.
2993 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 16.
2994 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 68.
2995 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 98 f.
2996 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 99.

Drucksache 18/6700 – 662 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Laut Aussage der Zeugin Lambrecht sei an sie in der Folgezeit von niemandem, auch nicht von Sebastian Eda-

thy, die Frage herangetragen worden, warum aus Sebastian Edathy2997 nichts werde.2998

Für die Unterrichtung weiterer Personen aus der Fraktion habe nach Aussage des Zeugen Oppermann keine

Notwendigkeit bestanden:

„[…] Es war nicht notwendig, alle darüber zu informieren. Ich habe deshalb auch nur Frau Lambrecht
informiert.“2999

Der Zeuge Dr. Steinmeier hat in seiner Vernehmung erklärt, seinerzeit von der Unterrichtung der Abgeordneten

Lambrecht keine Kenntnis gehabt zu haben. Die Einbeziehung der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin

sei für ihn aber nachvollziehbar. Wörtlich hat er ausgesagt:

„Das [Unterrichtung der Abgeordneten Lambrecht, Anm.] glaube ich, habe ich erst aus den Medien
erfahren, will ich aber nicht kritisieren, weil Frau Lambrecht später in derselben Situation war wie
Thomas Oppermann zum damaligen Zeitpunkt mir gegenüber, als dann Erste Parlamentarische Ge-
schäftsführerin und genauso zuständig für die Personalfragen, wie es Thomas Oppermann vorher war.
Deshalb habe ich Verständnis dafür, dass Frau Lambrecht einbezogen wurde.“ 3000

Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel sei über die Einbeziehung von Christine Lambrecht nach seiner

Darlegung ebenfalls nicht in Kenntnis gesetzt worden. Auf die Frage, ob er es für richtig gehalten habe, dass die

Information weitergebeben wurde, hat der Zeuge Gabriel geantwortet:

„Nein. Ich hätte mit Sicherheit, wenn mir das vorher jemand gesagt hätte, gesagt, mach es nicht. Aber
ich wusste davon nichts.“3001

XI. Gespräch zwischen Michael Hartmann und Christine Lambrecht über den Gesundheits-
zustand Edathys

Nach der Amtsübernahme von Christine Lambrecht als Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bun-

destagsfraktion tauschte sich Michael Hartmann mit ihr über den Gesundheitszustand Sebastian Edathys aus.

Der Zeuge Hartmann hat dazu ausgesagt:

„Ich habe mit Christine Lambrecht, nachdem sie Parlamentarische Geschäftsführerin geworden war,
kommuniziert darüber. Ob direkt, ob telefonisch, ob über SMS, weiß ich nicht genau. Jedenfalls ging
es auch da um den Gesundheitszustand und die Sorge um Herrn Edathy. Es war allgemeines
Thema.“3002

Die Zeugin Lambrecht hat die Umstände, wie es zu dem Gespräch kam, beschrieben:

„[…] Thomas Oppermann hat mir […] nach meiner Amtsübernahme […] auch gesagt, dass er mit
Michael Hartmann ein Gespräch über den Gesundheitszustand von Edathy hatte und dass Michael
Hartmann sich um ihn kümmere. In dem Gespräch mit Michael Hartmann sei es ausschließlich um

2997 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 110.
2998 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 99.
2999 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 66.
3000 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 135.
3001 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 111.
3002 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 102.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 663 – Drucksache 18/6700

den Gesundheitszustand gegangen. Auch mir war zu diesem Zeitpunkt aufgefallen, dass Sebastian
Edathy sich verändert hatte, sehr stark abgenommen hatte. Das und die Information von Thomas Op-
permann, Michael Hartmann kümmere sich um Edathy, waren auch der Grund, warum ich dann in der
Angelegenheit auf Michael Hartmann zugegangen bin. Es hat meiner Erinnerung nach ein Gespräch
am Rande des Plenums oder der Fraktion stattgefunden. Thema war dabei ausschließlich Edathys ge-
sundheitliche Verfassung. Ob ich direkt auf Michael Hartmann zugegangen bin oder das Gespräch
vorher telefonisch oder per SMS angekündigt habe, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. […]“3003

Zum Inhalt und Verlauf des Gesprächs hat die Zeugin Lambrecht ausgeführt:

„Das war auch ein sehr kurzes Gespräch. Mir ging es darum, dass ich diese Information hatte, die aber
sehr kurz von Thomas Oppermann kam: Der Hartmann, der macht sich da Sorgen, und der kümmert
- - Ich habe ihn dann gebeten, sich darum zu kümmern. Und ich wollte mal aus erster Hand wissen,
wie denn der Gesundheitszustand einzuschätzen ist, ob der länger ausfällt. Das ist ja für die Fraktion
auch von Bedeutung gewesen. Deswegen habe ich Michael darauf angesprochen. Ich habe dann von
ihm erzählt bekommen, dass er offensichtlich in einer schwierigen Situation ist gesundheitlich, dass
er auch darüber nachdenkt, in eine längere Kur zu gehen, und sogar darüber nachdenkt, auf sein Man-
dat zu verzichten. Das habe ich dann zur Kenntnis genommen. Ich habe es auch noch nicht intensiviert,
weil ich hatte ja mein Hintergrundwissen, wollte aber deswegen auch nicht noch weiter darüber jetzt
sprechen, habe es zur Kenntnis genommen. Dann ging es aber auch wieder um andere Themen, bzw.
es war auch kein langes Gespräch. Ich wollte für meinen Hintergrund nur wissen: Was kann da jetzt
auch auf uns zukommen?“3004

Weiter hat die Zeugin erklärt:

„In dem Gespräch ging es nur um den Gesundheitszustand, die Einschätzung, was denn da mit Sebas-
tian Edathy kommen wird. Darüber hinaus hat er mir gegenüber auch keine Andeutungen ge-
macht.“3005

Laut Aussage der Zeugin Lambrecht habe sie zu keinem Zeitpunkt mit Michael Hartmann über die Vorwürfe

gegen Sebastian Edathy gesprochen. 3006 Auch habe sie weder den Eindruck noch Kenntnis darüber gehabt,

dass Michael Hartmann über den Fall informiert gewesen sei.3007

Der Zeuge Hartmann hat dazu ausgesagt:

„Ich habe mit Christine Lambrecht, nachdem sie Parlamentarische Geschäftsführerin geworden war,
kommuniziert darüber. Ob direkt, ob telefonisch, ob über SMS, weiß ich nicht genau. Jedenfalls ging
es auch da um den Gesundheitszustand und die Sorge um Herrn Edathy. Es war allgemeines
Thema.” 3008

Auf Nachfrage hat der Zeuge Hartmann erklärt, Frau Lambrecht habe ihn nicht darüber in Kenntnis gesetzt, dass

sie irgendetwas über die Causa Edathy wisse.3009

3003 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 96.
3004 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 100.
3005 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 100.
3006 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 101.
3007 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 128.
3008 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 102.
3009 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 103.

Drucksache 18/6700 – 664 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

XII. Gespräche und Geschehnisse am Rande der Wahl der Bundeskanzlerin am 17. Dezem-
ber 2013

1. Abwesenheit Edathys bei der SPD-Fraktionssitzung mit „Zählappell“

Am 17. Dezember 2013 fand vor der Wahl der Bundeskanzlerin eine Fraktionssitzung der SPD statt, in der

festgestellt werden sollte, ob alle Abgeordneten der SPD-Bundestagsfraktion anwesend waren. Sebastian Edathy

war zu dieser Sitzung nicht erschienen.

Der Zeuge Oppermann hat dazu ausgeführt:

„[…] Ebenfalls kurz vor Weihnachten, am 17.12.2013, fand die Wahl der Bundeskanzlerin statt. Als
gerade neu gewählter Fraktionsvorsitzender war ich an diesem Tag voll und ganz darauf konzentriert,
alle Abgeordneten an Bord zu haben und alle Stimmen zusammenzubekommen. Unmittelbar vor der
eigentlichen Wahl der Kanzlerin im Plenum fand der übliche Zählappell in der Fraktion statt. Als die
Namen einzeln aufgerufen wurden, fiel auf, dass neben anderen Sebastian Edathy fehlte.

Wie in solchen Fällen üblich, ist da mit Sicherheit die Frage gestellt worden, ob jemand weiß, was mit
ihm ist. Jedenfalls hatte sich Michael Hartmann wohl zunächst vergeblich darum bemüht, Sebastian
Edathy zu erreichen, und berichtete mir davon. Ich meine, das war entweder noch im Fraktionssaal
oder auf dem Weg in den Plenarsaal […].“3010

Der Zeuge Hartmann hat die Situation wie folgt geschildert:

„[…] Am 17. Dezember bei der Wahl der Kanzlerin war Herr Edathy nicht beim Zählappell erschie-
nen. Ich versuchte, ihn mehrfach vergeblich zu erreichen. Ich fürchtete ernsthaft um sein Leben. Ich
hatte Angst, dass er sich etwas angetan hat an dem Morgen; denn ich erreichte ihn nicht. Ich redete
mit Herrn Oppermann darüber. Er war auch dieses Mal wenig bereit, mir zuzuhören. Herr Edathy
erschien dann verspätet und, ich meine, gerade noch rechtzeitig. Das hat mich erleichtert. Wir unter-
hielten uns, rauchten eine Zigarette gemeinsam. Sein Zustand war auch an diesem Morgen nicht gut.
[…]“3011

Gemäß seiner Aussage habe der Zeuge Staschen mitbekommen, dass Sebastian Edathy beim „Zählappell“ nicht

anwesend war. Er hat dazu erklärt:

„[…] das war ja ein Zählappell. Der ist so abgelaufen, dass Frau Lambrecht die Namensliste vorgele-
sen hat, und Herr Edathy hat sich nicht gemeldet; er war nicht da. Das hat dann zu allgemeinem Nach-
fragen geführt: Wo ist Herr Edathy? Wer kann sich darum kümmern? Weiß jemand was? - Das habe
ich gemerkt.“3012

Zur Frage, wer mit Sebastian Edathy in Kontakt treten sollte, hat der Zeuge Staschen ausgeführt:

„[…] Das ist dann irgendwie runterdelegiert. Es ist sozusagen in den Raum reingefragt worden: Wer
kann sich darum kümmern? - Ich weiß nicht. Ich habe das jetzt nicht mitbekommen, wer sich darum
gekümmert hat. Ich habe mitbekommen, dass er am Ende da war.“3013

3010 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 172.
3011 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 79.
3012 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 17.
3013 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 17.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 665 – Drucksache 18/6700
Den Grund für seine Verspätung hat der Zeuge Edathy in seiner Vernehmung benannt:

„[…] Ich hatte an dem Morgen verschlafen, weil ich schlichtweg zu spät ins Bett gegangen bin und
den Wecker überhört hatte, bekam eine SMS kurz - - um 9 Uhr. Die ist aber auch Bestandteil des
SMS-Verkehrs zwischen mir und Herrn Hartmann, den ich Ihnen ausgehändigt habe. ‚Bist du da?‘,
hieß es in dieser SMS. Also, Hartmann hatte registriert, ich bin nicht da. Das war auch relativ einfach,
weil beim Verlesen der Namensliste bei meinem Namensaufruf ich halt nicht da war. […]“3014

Sebastian Edathy erschien nach Aussage des Zeugen Oppermann noch vor Beginn der Wahl der Bundeskanzle-

rin:

„[…] Schließlich bekam ich kurz vor Beginn der Wahl den Hinweis, dass Sebastian Edathy doch noch
rechtzeitig erschienen sei, um an der Abstimmung teilnehmen zu können. Die SPD-Fraktion war damit
nahezu vollzählig. […]“3015

2. Gespräch zwischen Hartmann und Edathy während der Stimmenauszählung

Gemäß der Aussagen von Sebastian Edathy und Michael Hartmann unterhielten sich beide und rauchten ge-

meinsam eine Zigarette.

Der Zeuge Edathy hat zu dem Gespräch ausgeführt:

„[…] Das war dann so, dass, als die Stimmen ausgezählt wurden - das dauert ja ein bisschen - - ich
und Hartmann standen auf einem der Balkone im Reichstagsgebäude, und zwar auf der Plenarsaal-
ebene da, wo das sogenannte Casino sich befindet. Da gibt es zwei Balkone, auf dem einen standen
wir. Ich weiß noch, Richtung Bundeskanzleramt, also Richtung West. Mir sagte tatsächlich Herr Hart-
mann, es sei so gewesen: Beim Zählappell wäre mein Name aufgerufen worden. Ich wäre halt nicht
da gewesen. Oppermann habe zu Hartmann geschaut, und nach der Fraktionssitzung beim Rausgehen
habe Oppermann Hartmann angesprochen […] mit dem Inhalt - Moment -: ‚Falls sich Sebastian um-
bringt, wie positionieren wir uns gegenüber den Medien?‘ oder: Wie vermitteln wir das den Medien?

Ich war da etwas berührt, als ich das gehört habe, weil ich das so nicht erwartet hätte, und weiß noch
- ich war ja dann da zur Wahl -, dass Herr Oppermann mir im Plenarsaal vermeintlich freundlich noch
auf den Rücken geklopft hat, was ansonsten nicht unbedingt seine Art ist. Ich weiß jetzt nicht - -
Hoffentlich war er erleichtert, dass ich noch lebe. […]“3016

Der Zeuge Schuparis hat vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt, was Sebastian Edathy ihm über dieses

Gespräch berichtet habe:

„[…] Woran ich mich ganz genau erinnern kann, ist zum Beispiel die Aussage - weil die hat ihn
wirklich enttäuscht, als es die Wahl der Bundeskanzlerin gab, als er da zu spät war - - als Herr Opper-
mann gesagt hätte: Was machen wir denn im Fall, wenn er sich umbringen würde? - Das zum Beispiel
ist eine Aussage - - weil ich die ziemlich menschlich krass fand, deswegen ist mir die so sehr erinner-
lich. Und das hat er von Hartmann gehabt. […]“3017

Zu weiteren möglichen Gesprächen am Rande der Wahl der Bundeskanzlerin hat der Zeuge Schuparis erklärt:

3014 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 26.
3015 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 172.
3016 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 26.
3017 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 47 f.

Drucksache 18/6700 – 666 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Also, zu Herrn Gabriel und zu Herrn Steinmeier gab es überhaupt keinen Kontakt meines Erachtens,
auch nicht, dass irgendwie Herr Hartmann mit denen gesprochen hätte. […]“3018

Der Zeuge Hartmann hat in seiner Vernehmung bestritten, dass Thomas Oppermann ihm gegenüber eine solche

Aussage getätigt habe. Er selbst habe gegenüber Sebastian Edathy ebenfalls niemals Derartiges berichtet.3019

Auch der Zeuge Oppermann hat erklärt, eine solche von Sebastian Edathy behauptete Äußerung niemals abge-

geben zu haben. In seiner Vernehmung hat er dazu ausgesagt:

„Insbesondere habe ich nicht diesen mir in den Mund gelegten Satz geäußert: Was machen wir, was
sagen wir gegenüber der Presse, wenn Sebastian Edathy Suizid begeht? - Das ist eine Formulierung,
die abwegig und absurd ist. Ich habe auch mit Michael Hartmann nie darüber gesprochen, wie ich
mich gegenüber der Presse positioniere, und schon gar nicht in so einem Fall. Und das war auch über-
haupt kein Thema. Der Edathy tauchte ja dann auch noch auf, ja. Dass aber, sagen wir mal, er nicht
da war, war eine weitere Bestätigung: Mit dem ist was nicht in Ordnung.“3020

Zum Gespräch mit Michael Hartmann auf dem Weg in den Plenarsaal hat der Zeuge Oppermann ausgeführt:

„[…] An den genauen Wortwechsel habe ich keine konkrete Erinnerung. Aber ich kann mit Sicherheit
ausschließen, dass ich mir dabei Gedanken gemacht oder Gedanken geäußert hätte, wie man sich bei
einem möglichen Suizid von Edathy gegenüber den Medien positioniere. Die Behauptung von Sebas-
tian Edathy, ich hätte mich sinngemäß so gegenüber Michael Hartmann geäußert, ist völlig absurd.
Diese Unterstellung hat erkennbar keinen anderen Zweck, als mich persönlich zu diskreditieren.
[…]“3021

An anderer Stelle hat der Zeuge Oppermann die Gesprächssituation mit Michael Hartmann wiedergegeben:

„Er [Michael Hartmann, Anm.] hat mir gesagt, dass er ihn [Sebastian Edathy, Anm.] zunächst nicht
erreicht hat. Das war ein Gespräch irgendwie auf dem Weg. […] Da waren auch andere nach meiner
Erinnerung in der Umgebung; vielleicht war es auch im Fahrstuhl auf dem Weg ins Plenum. Dass er
sich Sorgen gemacht hat, ist möglich; aber ich erinnere mich nicht an irgendwelche, sagen wir mal,
konkreten Einzelheiten, die er mir zu seinem Gesundheitszustand berichtet hätte. Ich hatte in dem
Moment auch andere Sachen im Kopf, muss ich ehrlich sagen. Ich war auf dieses Gespräch mit Mi-
chael Hartmann nicht konzentriert.“3022

XIII. Amtsübergabegespräch zwischen Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Maizière
und Dr. Hans-Peter Friedrich am 17. Dezember 2013

Im Rahmen der Übernahme des Amtes als Bundesminister des Innern führten Dr. Hans-Peter Friedrich und Dr.

Thomas de Maizière am 17. Dezember 2013 ein Gespräch. Nach Aussage des Zeugen Dr. Thomas de Maizière

sei dabei nicht über die gegen Sebastian Edathy erhobenen Vorwürfe gesprochen worden:

3018 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 49.
3019 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 100.
3020 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 74.
3021 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 172.
3022 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 179.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 667 – Drucksache 18/6700

„Ich bin Ende Dezember oder kurz vor Weihnachten zum zweiten Mal Bundesminister des Innern
geworden. Selbstverständlich habe ich ein Übergabegespräch - so nennt man das wohl - mit Herrn
Friedrich gehabt; da spielte das Thema keine Rolle. […]“3023

Der Zeuge Dr. Friedrich hat in seiner Vernehmung bestätigt, dass über diesen Sachverhalt nicht gesprochen

worden sei:

„Der Sachverhalt Edathy war für mich spätestens am 18. völlig aus dem Blickfeld verschwunden. Und
als Oppermann mir sagte, der Edathy war doch noch bei einer der Unterarbeitsgruppen dabei - - Ich
habe das nicht zur Kenntnis genommen. Also, daran können Sie sehen: Für mich waren der Sachver-
halt und meine Verpflichtung, den SPD-Vorsitzenden zu informieren, an dieser Stelle beendet. Ich
hatte da keine weitere Befassung mit dem Thema.“3024

XIV. Gespräche und Aktivitäten Sebastian Edathys und seines Umfeldes bis Ende Dezember
2013

1. Gespräch nach Angaben Sebastian Edathys zwischen ihm und Michael Hartmann im Dezember 2013

In seiner Vernehmung hat Sebastian Edathy ein weiteres Gespräch erwähnt, das er mit Michael Hartmann ge-

führt habe. Seiner Erinnerung nach habe dieses zu einem nicht mehr genauer zu benennenden Zeitpunkt im

Dezember 2013 stattgefunden3025.

a) Darstellung des Gesprächs aus Sicht Sebastian Edathys, wonach der BKA-Präsident Ziercke der
Informant Hartmanns sei

Der Zeuge Edathy hat das Gespräch wie folgt geschildert:

Michael Hartmann habe ihm seinerzeit eröffnet, dass der Präsident des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke die

Informationsquelle Hartmanns sei. Der Zeuge Edathy hat dazu ausgesagt:

„[…] Bei einem dieser Gespräche - meiner Erinnerung nach im Dezember - eröffnete mir Herr Hart-
mann von sich aus - - Es kann auch sein, dass ich mal gefragt habe; jetzt nicht unwahrscheinlich: Sag
mal, wo kommt das denn jetzt eigentlich konkret her, was du das weißt? - Jedenfalls im Dezember bei
einem Gespräch sagte mir Michael Hartmann, seine Informationsquelle sei der damalige BKA-Präsi-
dent Jörg Ziercke persönlich. Sie hätten erstmals gesprochen Mitte Oktober 2013 am Rande einer
sicherheitspolitischen Tagung. Er konnte sich nicht mehr genau erinnern, wo die war. Ich habe mir
das auch nicht gemerkt, habe aber dann später mal aus Interesse im Internet geguckt. Das muss Mitte
Oktober in Münster gewesen sein. Da gab es eine Tagung zu polizeipolitischen Fragen, und Hartmann,
wie gesagt, sagte, am Rande einer Tagung im Oktober hätte ihn Ziercke angesprochen, habe sehr be-
sorgt gewirkt und habe gesagt, das hätte ihn sehr bestürzt, dass ich da mit dieser Thematik, möglich-
erweise Kinder- und Jugendpornografie oder Posing, in Verbindung stehen könnte. […]“3026

Zur Gesprächssituation hat der Zeuge Edathy erklärt:

3023 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 11.
3024 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 17.
3025 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 13 f.
3026 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 12 f.

Drucksache 18/6700 – 668 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Ich weiß, es war im Dezember. Es war mit Sicherheit nicht am Telefon; das kann ich ausschlie-
ßen. Wenn es nicht am Telefon war, es war nicht bei dem Treffen im Restaurant, es war nicht bei dem
Treffen bei mir in der Wohnung: Das muss hier sehr wahrscheinlich in einer Sitzungswoche gewesen
sein. Er war unter anderem einmal bei mir in meinem damaligen Büro im Paul-Löbe-Haus. Es kann
da gewesen sein. Da will ich mich jetzt aber nicht festlegen. Ich glaube nicht, dass wir das irgendwo
auf dem Flur besprochen haben. […]“3027

Laut eigener Aussage sei Sebastian Edathy überrascht gewesen, dass der BKA-Präsident Ziercke der Informant

gewesen sein solle. Der Zeuge Edathy hat diesbezüglich erklärt:

„[…] Ich war darüber ziemlich erstaunt. Ziercke war im Untersuchungsausschuss NSU, der von mir
geleitet worden war, Zeuge, und er hat in dieser Eigenschaft damals, als er als Zeuge im Ausschuss
war, nicht einen besonders glücklichen Eindruck gemacht. […] Ich war nicht der Einzige, aber ich war
sicherlich in der Sitzung jemand, der - ich finde, berechtigterweise - harte Fragen an ihn gerichtet hat,
aber eben auch harte Fragen. Und dass er nicht wirklich zufrieden sein konnte mit seinem Auftritt, das
war mir schon klar und auch noch gut erinnerlich. Deswegen war das für mich eine zunächst überra-
schende Information, dass ausgerechnet Herr Ziercke derjenige sei, der die Informationsquelle für das
war, was mir Michael Hartmann gesagt hat. Aber ob er es wirklich war, kann ich Ihnen nicht sagen,
weil ich mit Herrn Ziercke nicht gesprochen habe. […]“3028

Zweifel am Wahrheitsgehalt der Informationen habe Edathy nicht gehabt. Er hat in seiner Vernehmung ausge-

sagt:

„[…] Ich kenne Michael Hartmann, seitdem er dem Bundestag angehört. […] er war ja sehr lange und
sehr intensiv in der Innenpolitik, und ich wusste auch, er hat hervorragende Verbindungen im Bereich
der Sicherheitsbehörden. Außerdem war er Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Ich
hatte insofern bereits Mitte November, als er mich in Leipzig informiert hat, er hätte aus dem Bereich
BKA erfahren - das war klar; er ist da nicht von Oppermann wohl und nicht von Steinmeier informiert
worden - -

Ich hatte keinen Zweifel, an dem aus meiner Sicht verlässlichen Gehalt der mir von ihm übermittelten
Information zu zweifeln. Und als er mir im Dezember sagte, es sei der BKA-Präsident persönlich
gewesen, hatte ich erst recht keinen Zweifel mehr. […] Das kann man ja nachvollziehen. Es stimmt
halt eben. Auch den Ermittlungsakten konnte ich entnehmen, dass genau die Zeitpunkte, die Zeiträume
auch übereinstimmten, wann die Akte jeweils wo war. Das hat sich gedeckt mit den Informationen,
die ich von Herrn Hartmann hatte. Ich war mir zwar sicher: Okay, nicht jeder im Bereich der Sicher-
heitsbehörden hat die Möglichkeit, auf solche Informationen zuzugreifen oder diese sich gar zu ver-
schaffen; da ist der Kreis nicht so groß. […]“3029

Auf die Frage, ob Michael Hartmann bezüglich der Quelle möglicherweise die Unwahrheit gesagt haben könnte,

hat der Zeuge Edathy geantwortet:

„Ich wüsste nicht, was Herr Hartmann für einen Grund gehabt haben sollte, eine Behauptung aufzu-
stellen an der Stelle, die unzutreffend ist. Er hätte das ja auch offenlassen können, so wie er es die
ersten Wochen offengelassen hat.

Ich habe erst im Dezember von ihm gehört, es soll sich um Ziercke handeln, der ihm das zugetragen
hat, was die Entwicklung der Angelegenheit betrifft. Das hat er mir ja noch nicht Mitte November
mitgeteilt. Wenn es nicht Ziercke war - er hätte überhaupt keine Motivation gehabt, eine Person mir
gegenüber zu nennen. Das war für mich auch gar nicht erforderlich, zu wissen, dass es sich um Ziercke

3027 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 36.
3028 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 37.
3029 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 36 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 669 – Drucksache 18/6700

handelt. Es war für mich insofern hilfreich, es zu wissen, weil das für mich ein Beleg dafür war, wenn
er mich da wahrheitsgemäß unterrichtet hat, dass Ziercke sein Informant ist, dass die Qualität der
Information schon als sehr belastbar zu bewerten ist. […]“3030

Dass BKA-Präsident Ziercke die Quelle Michael Hartmanns sei, habe Edathy laut eigener Aussage seinem Bü-

roleiter Schuparis „nachträglich im Dezember mitgeteilt“.3031 Sebastian Edathy hat des Weiteren erklärt, diese

Information neben Maik Schuparis auch an andere Personen weitergegeben zu haben:

„[…] Ich habe mit drei, also neben meinem Anwalt, Personen aus meinem unmittelbaren Umfeld im
November/Dezember darüber gesprochen, was der Sachverhalt ist, dass Hartmann mein Informant
war und dass Hartmann mir gesagt hat, das, was Hartmann wisse, habe er von Ziercke.“3032

b) Darstellung des Zeugen Michael Hartmann

Der Zeuge Michael Hartmann hat in seiner Vernehmung betont, er habe keine Informationen des damaligen

Präsidenten des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke gehabt:

„[…] Ich hatte keine Informationen über laufende oder drohende Ermittlungen von dem damaligen
BKA-Präsidenten. Ich hatte ebenfalls keine Informationen darüber von Herrn Oppermann, Herrn
Steinmeier oder Herrn Gabriel. […]“3033

An anderer Stelle hat der Zeuge ausgeführt:

„[…] Ich verstehe nicht, warum Herr Edathy seit Samstag eine andere Version als zuvor berichtet.
Alles in allem stelle ich für mich fest, dass ich Herrn Edathy nichts verraten habe, weil ich ihm nichts
verraten konnte. Ich versuchte ihn zu stützen aus menschlicher Fürsorge. Das ist alles. […]”3034

Gefragt, ob er möglicherweise zumindest den Eindruck erweckt haben könnte, über Ziercke Zugang zu Infor-

mationen zu haben, hat er gesagt:

„Ich wusste nichts, und ich habe nichts gesagt.“3035

Dazu befragt, woher Sebastian Edathy die Informationen bezüglich gemeinsamer Termine von ihm und dem

BKA-Präsidenten Ziercke, wie zum Beispiel die Tagung in Münster, gehabt habe, hat der Zeuge Hartmann

geantwortet:

„Das kann ich Ihnen nicht sagen, was die Konferenz anbelangt. Dass ich mit Herrn Ziercke wie mit
Herrn Schindler, BND-Präsident, wie mit Herrn Maaßen, wie mit dem Präsidenten des BSI häufig
Termine hatte als innenpolitischer Sprecher, das ist weder besonders noch gar exotisch. Ich denke,
jeder, der Innenpolitik macht und gar Sprecher ist, wird solche Termine regelmäßig pflegen. Das
konnte Herr Edathy wissen. Ob diese Veranstaltung damals, wo angeblich Herr Ziercke mir alles ver-
raten hat, ob die irgendwo medienbekannt ist, ob er andere Quellen hat? - Das wäre eine Einladung
zur Spekulation. Ich weiß es nicht.“3036

3030 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 104.
3031 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 147.
3032 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 147.
3033 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 75.
3034 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 80.
3035 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 98.
3036 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 88.

Drucksache 18/6700 – 670 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

c) Aussagen des ehemaligen Präsidenten des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke

Der ehemalige Präsident des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke hat erklärt, sich gelegentlich mit Michael Hart-

mann getroffen zu haben, jedoch niemals mit ihm über den Fall Sebastian Edathy gesprochen zu haben:

„[…] Mit Herrn Hartmann telefonierte ich gelegentlich und traf mich in den letzten Jahren circa einmal
im Jahr auch zu einem Abendessen im Umkreis von Mainz. Immer ging es darum, kriminal- und
rechtspolitische Themen zu erörtern. Für mich waren es interessante Rückmeldungen zur Arbeit des
BKA, zur Sicherheitsarchitektur und zu kriminalpolitischen Entwicklungen durch einen angesehenen
Innenpolitiker. Ich kann nicht ausschließen, dass wir im Zusammenhang mit Diskussionen über orga-
nisierte Kriminalität auch über die Bekämpfung der internationalen Kinderpornografie und die Rechts-
lage in Deutschland gesprochen haben. Niemals aber hat Herr Hartmann bei unseren Kontakten die
rote Linie überschritten, die eine Verletzung meiner Amtspflichten bedeutet hätte. Nie haben wir in
dieser Zeit über den Fall Edathy gesprochen. […]“3037

An anderer Stelle hat der Zeuge Ziercke ausgesagt:

„Also, die Grenze ist ganz klar der konkrete Fall, das konkrete Ermittlungsverfahren. Das ist absolut
tabu. Das machen wir nie. Das darf auch keiner. Jeder weiß, dass da die rote Linie ist, die man nicht
überschreiten darf. […]”3038

Ebenfalls keine Gespräche hätten zwischen dem BKA-Präsidenten Ziercke und Michael Hartmann über Zierckes

Telefonat mit Thomas Oppermann oder über den Sachverhalt Beamter „X“ stattgefunden.3039

Des Weiteren habe Ziercke nach eigener Aussage auch mit keiner anderen Person außerhalb des Bundeskrimi-

nalamtes oder des Bundesministeriums des Innern vor Februar 2014 über die Causa Edathy gesprochen. 3040

d) Aussagen von Edathys ehemaligen Büroleitern Schuparis und Nocht

Der damalige Büroleiter Maik Schuparis hat in seiner Vernehmung auf die Frage, ob Sebastian Edathy nach dem

25. November 2013 ihm gegenüber erwähnt habe, dass ihm Michael Hartmann neue Informationen geliefert

habe, geantwortet:

„[…] Es fiel ab und zu der Name Hartmann, ja, und im Laufe dieser Zeit zwischen Ende November
und Anfang Dezember und bis Weihnachten hin ist auch irgendwann der Name Ziercke gefallen.
[…]“3041

Weiter hat er gesagt:

„[…] Nicht jede neue Information wurde mit dem Namen Michael Hartmann in Verbindung gesetzt.
Zum Teil hat er dann gesagt: Hier liegt bei der Staatsanwaltschaft nichts vor. Und dann habe ich das
eher auf den Anwalt gemünzt, aber auch nicht weiter großartig nachgefragt, woher er denn scheinbar
so sehr präzise oder - was heißt präzise? - woher er diese Information denn hätte. […]“3042

3037 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 7 f.
3038 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 72.
3039 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 80.
3040 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 18.
3041 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 47.
3042 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 47.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 671 – Drucksache 18/6700
An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„[…] er [Edathy, Anm.] hat damit einfach nur unterstreichen wollen, dass die Information - - oder,
besser gesagt, dass das BKA diese Liste hat, definitiv hat. Das hat er damit bekräftigt, dass selbst der
BKA-Präsident Ziercke das wissen würde und mit Hartmann darüber gesprochen hätte.“3043

Nach Aussage des Zeugen Nocht habe Sebastian Edathy den Namen „Ziercke“ in keinem weiteren Gespräch

nach dem 25. November 2013 erwähnt.3044

Auf die Frage, ob ihm nachvollziehbar erscheine, dass man jemanden aus staatspolitischer Verantwortung in-

formiert, um zu verhindern, dass ein potentieller Straftäter in wichtige Regierungsämter kommt, hat der Zeuge

Nocht geantwortet:

„Na ja, aber das hat Ziercke ja getan.“3045

Zuvor hatte der Zeuge Nocht auf die Frage, ob er es für unwahrscheinlich hielte, dass Herr Ziercke so handeln

würde, bekundet:

„[…] Warum sollte denn Ziercke Hartmann gewarnt haben? Die Behauptung erscheint mir nicht lo-
gisch. Ich habe keine Kenntnis darüber, ob sie stimmt. Aber logisch erscheint sie mir nicht. Da wurde
ja in der Presse spekuliert: Na ja, das sind ja beides Genossen. - Aus meiner Kenntnis von Ziercke ist
das nicht - -“3046

In seiner Vernehmung hat sich der Zeuge Nocht auch zu der Aussage geäußert, Jörg Ziercke sei der Informant

Michael Hartmanns gewesen:

„[…] Ich habe 2008 bei Edathy angefangen. Da war er Vorsitzender des Innenausschusses. Seitdem
immer mal wieder und vor allem dann während der Zeit des NSU-Untersuchungsausschusses habe ich
auch mehrfach Herrn Ziercke beobachten dürfen, auch in seinen Aussagen.

Und die Tatsache oder die behauptete Tatsache von Sebastian Edathy in der Eindeutigkeit, wie er das
vor der Bundespressekonferenz und hier im Ausschuss getan hat, dass der Informant für Herrn Hart-
mann seiner Kenntnis nach Herr Ziercke gewesen ist, das passt nicht mit meinem Eindruck von Herrn
Ziercke überein. Das ist etwas, das will mir nicht so richtig klar werden, was für einen Grund er hätte.
Selbst wenn er einen Grund gehabt hätte, glaube ich, hätte er es trotzdem nicht gemacht. […] Das ist
rein subjektiv. Ich habe keine Erkenntnisse darüber, -“3047

2. Weitergabe von Informationen an Rechtsanwalt Noll

a) Mitteilung am 17. Dezember 2013, dass BKA-Präsident Ziercke der Informant sei

Am 17. Dezember 2013 suchte Sebastian Edathy seinen Rechtsbeistand Rechtsanwalt Noll in dessen Büro auf.

3043 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 48.
3044 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 22.
3045 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 33.
3046 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 33.
3047 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 30.

Drucksache 18/6700 – 672 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Dort habe er Rechtsanwalt Noll mitgeteilt, dass Michael Hartmann seine Informationen vom Präsidenten des

Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke habe. An das Gespräch hat sich der Zeuge Noll wie folgt erinnert:

„[…] Vor Ende Dezember war Herr Edathy dann aber noch einmal in meinem Büro. Ich habe in mei-
nem Kalender nachgesehen: Es war am 17.12. […] Das war ein Gespräch, in dem Herr Edathy mir
mitteilte, dass er jetzt auch wisse, wer der Informant von Herrn Hartmann sei. Es handle sich um Herrn
Ziercke. Sie können sich vorstellen, dass ich relativ überrascht war. Auch Herr Edathy war überrascht.
Herr Edathy hatte nach meiner Meinung, so nach meinem Eindruck überhaupt nicht damit gerechnet,
dass es sich um Herrn Ziercke handeln könnte. Er verwies auf das, was er auch hier gesagt hat, nämlich
dass er mit Herrn Ziercke im NSU-Ausschuss aneinandergeraten sei, und sagte weiter, dass er, also
Ziercke, ihm, Edathy, das offenbar nicht nachtragen würde. Das war seine Einschätzung. Er erwähnte
auch, dass Herr Ziercke mal irgendwann in seinem Wahlkreis aufgetreten sei, und hatte die Vermu-
tung, dass Herr Ziercke offenbar - wie soll ich das formulieren? - ihm vielleicht nicht ganz ablehnend
gegenüberstehen würde, was Herr Ziercke wahrscheinlich anders formulieren würde oder - ja - Medi-
enberichten zufolge anders formuliert hat. […]“3048

Anlass, an der Richtigkeit dieser Information zu zweifeln, habe Rechtsanwalt Noll nach seiner Aussage nicht

gehabt:

„Ich hatte nie Anlass, daran zu zweifeln, dass das stimmen würde. Es gab ja - auch wenn ich im Nach-
hinein darüber nachdenke - überhaupt keinen Anlass für Herrn Hartmann, nun zu spezifizieren oder
zu konkretisieren, wer diese Quelle im BKA ist. Warum hätte er das tun sollen? Die Informationen,
die ich vorhin schon kurz erwähnt habe, dass offenbar auch ein BKA-Mitarbeiter auf dieser Liste
stand, ist natürlich etwas, was man vielleicht am ehesten im BKA wissen konnte. Was damit weiter
passiert ist, mit diesem BKA-Mitarbeiter, wussten wir dann natürlich überhaupt nicht. Darum kann
ich Ihnen nicht sagen, wer da eventuell noch Mitwisser gewesen sein könnte von dieser Information,
ob die auch außerhalb des BKA vorlag zum Beispiel.“3049

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Edathy bestätigt, im Dezember 2013 Rechtsanwalt Noll mitgeteilt zu haben,

dass der Präsident des Bundeskriminalamtes Ziercke laut Aussage von Michael Hartmann dessen Informations-

quelle sei.3050

b) Mitteilung im Dezember 2013, dass sich auf der kanadischen Liste der Name eines BKA-Mitar-
beiters befinde

Der Zeuge Noll hat weiter ausgesagt, er habe von seinem Mandanten Edathy auch die Information erhalten, dass

sich auch der Name eines Mitarbeiters des Bundeskriminalamtes auf der Liste befinde, die dem Bundeskrimi-

nalamt aus Kanada übermittelt wurde. In seiner Vernehmung hat er dazu erklärt:

„[…] Herr Edathy erwähnte auch - ich meine, das wäre im Dezember gewesen, kann das aber nicht
mehr genau zuordnen; es kann im selben Gespräch gewesen sein, in dem er mir sagte, Herr Ziercke
sei Quelle von Herrn Hartmann -, dass wohl auch ein BKA-Mitarbeiter auf einer Liste des BKA
stünde, die da aus Kanada gekommen sei. […]“3051

Ein Name des Beamten sei nach Aussage des Zeugen Noll in dem Gespräch nicht gefallen:

3048 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 10.
3049 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 23 f.
3050 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 85.
3051 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 10.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 673 – Drucksache 18/6700

„Also, nach meiner Erinnerung war das nicht konkretisiert. Jedenfalls hat Herr Edathy mir da nichts
dazu gesagt. Ein Name ist da meiner Erinnerung nicht gefallen, oder eine Position erinnere ich jetzt
nicht. […]“3052

Ob er die Information in dem Gespräch am 17. Dezember 2013 erhalten habe, daran hatte der Zeuge Noll keine

konkrete Erinnerung. Zum möglichen Zeitpunkt des Gesprächs hat er ausgesagt:

„Das war nicht in dem ersten Gespräch, definitiv nicht. Das war vermutlich irgendwann im Dezember
- ich hatte das vorhin schon ausgeführt -, vermutlich Dezember. Ich will nicht ausschließen, es könnte
Januar gewesen sein. Ich hätte gedacht, es könnte eventuell in dem Gespräch gewesen sein, wo es auch
hieß, Herr Ziercke sei der Informant von Herrn Hartmann. Das wäre der 17.12. voraussichtlich gewe-
sen. Ich kann es zeitlich beim besten Willen nicht zuordnen, wann diese Information kam. […]“3053

An anderer Stelle hat der Zeuge Noll ergänzt:

„[…] Also, es war ja klar, Herr Hartmann ist derjenige, der ihm etwas sagt, und Herr Hartmann bezieht
seine Informationen von irgendwem. Ich erinnere mich, um anzuknüpfen an die Frage, die vorhin
gestellt worden ist, dass im Zusammenhang mit dem LKA da nichts rübergekommen ist. In dem Zu-
sammenhang war es nicht. Also, für mich war klar, das muss dieselbe Quelle sein wie immer. Ich kann
Ihnen jetzt aber nicht zuordnen, ob ich zu dem Zeitpunkt schon wusste, dass Herr Ziercke die Quelle
von Herrn Hartmann ist, oder es noch nicht wusste und nur wusste, BKA oder Spitze des BKA; kann
ich Ihnen nicht sagen.“3054

3. Treffen mit Michael Hartmann im Restaurant „Volver“ am 18. Dezember 2013

a) Darstellung Sebastian Edathys, dass die Abgeordnete Lambrecht ebenfalls informiert sei

Der Zeuge Edathy hat in seiner Vernehmung ausgesagt, er habe sich am 18. Dezember 2013 mit dem Abgeord-

neten Hartmann in Berlin-Mitte in einem Restaurant getroffen. Bei dieser Gelegenheit habe Michael Hartmann

ihn darüber unterrichtet, dass auch die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion

Christine Lambrecht über den Sachverhalt unterrichtet sei. Wörtlich hat der Zeuge Edathy ausgesagt:

„[…] Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann

- berichtete mir am 18.12.2013

- also am Tag nach der Kanzlerwahl -

in einem spanischen Restaurant in Berlin-Mitte,

- das ist hier um die Ecke in der Luisenstraße und heißt ‚Volver‘; da hatten wir uns verabredet -

dass ihm die neue 1. Parlamentarische Geschäftsführerin, Christine Lambrecht,

- die war gerade gewählt worden von der Fraktion als Nachfolgerin von Oppermann, der ja Fraktions-
vorsitzender wurde -

3052 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 24.
3053 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 30.
3054 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 32.

Drucksache 18/6700 – 674 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

eine SMS geschickt habe. Der Inhalt sei gewesen, sie habe von dem Sachverhalt Kenntnis.

Meiner Erinnerung muss sie sinngemäß geschrieben haben: Ui, ui, ui, das mit Sebastian ist ja ein
dickes Ding. - So habe ich das Gespräch mit Michael Hartmann in Erinnerung. Jedenfalls habe ich
dem Gespräch mit Hartmann also entnommen, dass jetzt mittlerweile nicht nur Oppermann Bescheid
weiß, Sigmar Gabriel Bescheid weiß, Frank-Walter Steinmeier Bescheid weiß, sondern auch Christine
Lambrecht Bescheid wusste und auch wusste, dass Hartmann Bescheid wusste. Ich war nicht erfreut
darüber .[…]“3055

Weiter hat der Zeuge Edathy ausgeführt:

„[…] Ich habe Hartmann so verstanden, dass sozusagen im Zuge der Amtsübergabe von Oppermann
an Lambrecht er Lambrecht informiert hat. So habe ich Hartmann verstanden.“3056

An anderer Stelle hat der Zeuge Edathy zur Kommunikation Michael Hartmanns mit Christine Lambrecht aus-

gesagt:

„[…] Hartmann [sagte], er hätte von Lambrecht einen Anruf oder eine SMS bekommen. Ich glaube -
- Also, eines von beiden definitiv. Das war die Aussage von Hartmann, dass die da jetzt Bescheid
wüsste, was meine Causa anbelangt, und wohl auch wusste - das kann sie aber nur von Oppermann
gewusst haben -, dass Hartmann das auch weiß. Sie hatte sich wohl bei ihm gemeldet. Ui, ui, ui, das
wäre wohl - - das wäre ja eine schwierige Geschichte. […]“3057

b) Aussage der Zeugin Lambrecht zur vorgetragenen SMS

Auf den Wortlaut der vom Zeugen Edathy genannten SMS angesprochen, hat die Zeugin Lambrecht geantwortet:

„Ich erinnere mich an diese SMS nicht; ich habe sie auch nicht vorliegen. Es ist an sich auch nicht
meine Wortwahl in einer SMS. Ich kann es aber auch nicht ausschließen, dass ich ihn vielleicht anders
avisiert habe, den Michael Hartmann, dass ich ihn sprechen möchte und dass ich informiert bin über
die Tatsache, dass er sich um Edathy aus gesundheitlichen Gründen kümmert. Dass sich ein Kollege
so große Sorgen um einen anderen Kollegen macht, das fand ich schon eine besondere Situation. Des-
wegen kann ich es gar nicht ausschließen […].“

Die Zeugin hat aber auf Nachfrage ausgeschlossen, zu irgendeinem Zeitpunkt mit Michael Hartmann, also bis

zu den Durchsuchungen, über den Sachverhalt, der ihr bekannt war, dass Sebastian Edathy auf einer Kinderpor-

nografie-Anbieterliste stand, gesprochen zu haben. 3058

c) Darstellung Michael Hartmanns, Edathy habe eine längere Krankschreibung erwogen

Nach Darstellung des Zeugen Hartmann habe Sebastian Edathy ihm an diesem Abend eröffnet, dass er erwäge,

sich krank zu melden:

„[…] Bei einem verunglückten Abendessen im Dezember in Berlin Mitte war er außerstande, etwas
zu essen, und trank lediglich. Im Laufe des Abends eröffnete mir Herr Edathy, sich möglicherweise
im Bundestag für längere Zeit krankzumelden, eventuell eine Kur beginnen zu wollen oder sogar aus

3055 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 26 f.
3056 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 141 f.
3057 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 141.
3058 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 100 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 675 – Drucksache 18/6700

dem Bundestag ausscheiden zu wollen. Es ging ihm erkennbar sehr schlecht. Ich fand durchaus, dass
er eine Kur machen sollte. […]“3059

d) Darstellung Edathys

Zur Frage der möglichen Durchführung einer Kur hat der Zeuge Edathy ausgeführt:

„[…] Ich habe gelesen, Herr Hartmann habe unter anderem ausgeführt, ich hätte die Überlegung ge-
habt, eine Kur anzutreten. Das war eine Überlegung von Herrn Hartmann, allerdings nicht wegen
meiner gesundheitlichen Befindlichkeit, sondern Herr Hartmann hatte die Anregung gemacht: Wenn
du das Mandat niederlegst, dann mach eine dreimonatige Kur. Dann hast du einen guten Grund, dich
gegenüber den Medien nicht äußern zu müssen.

Das war der Hintergrund, und über meine Gesundheit haben wir nie gesprochen. Das spielte überhaupt
keine Rolle. Das war nie das Thema. Das Thema der Gespräche zwischen Herrn Hartmann - - war
nach dem SPD-Parteitag im November 2013 in Leipzig ausschließlich das, was möglicherweise be-
hördlicherseits gegen mich veranlasst werden könnte. […]“3060

4. Telefonat zwischen Rechtsanwalt Noll und Oberstaatsanwalt Klinge am 20. Dezember 2013

Am 20. Dezember 2013 führte Rechtsanwalt Noll mit Oberstaatsanwalt Klinge von der Staatsanwaltschaft Han-

nover ein Telefonat. Aus dem Gespräch habe Rechtsanwalt Noll nach eigener Aussage geschlossen, dass Ober-

staatsanwalt Klinge der Sachbearbeiter einer Sebastian Edathy betreffenden Akte sei. In seiner Vernehmung hat

der Zeuge Noll dazu ausgeführt:

„[…] Ich habe dann im Nachgang zu diesem Gespräch [mit Sebastian Edathy am 17.12., Anm.] noch
im Dezember erneut versucht, ein Gespräch mit Herrn Klinge zu führen, also dem Leiter der Abteilung
der Staatsanwaltschaft Hannover, der auch später der Sachbearbeiter geworden ist. Das war ein relativ
kurzes Gespräch, das wir dann hatten, am 20.12.2013. In diesem Gespräch räumte er erstmals indirekt
ein, der Sachbearbeiter zu sein und die Akte vorliegen zu haben. Er sagte - es war ja kurz vor Weih-
nachten -, jetzt werde erst mal nichts passieren. Er werde jetzt erst mal zwei oder drei Wochen in
Urlaub sein. Die Akte liege in seinem Zimmer. Es würde jetzt eben erst mal nichts passieren. Er sei ja
der Abteilungsleiter. Er sei auch für den Buchstaben E sachlich zuständig. Für mich war damit klar:
Ja, das ist der richtige Sachbearbeiter; denn sonst würden diese Aussagen ja überhaupt keinen Sinn
ergeben. Er könnte mir ja sonst nicht zusagen, dass nichts passieren wird. […]“3061

Der Zeuge Klinge hat die Situation in seiner Vernehmung wie folgt wiedergegeben:

„[…] Nachdem er [Rechtsanwalt Noll, Anm.] immer wieder nachhakte und sagte: ‚Ist denn nun ein
Verfahren?‘, und ich sagte: ‚Nein‘, da sagte er: ‚Ja, und können Sie mich denn anrufen, wenn was
kommt?‘, und ich sagte: ‚Ich glaube, wenn was käme, würde ich Sie auch nicht anrufen können, weil
dann müssten wir ja erst mal ganz andere Sachen entscheiden.‘ ‚Ja, was denn so in der Folgezeit?‘
Und da kann es durchaus sein, dass ich gesagt habe: Jetzt fahre ich erst mal in Urlaub. - Ich habe ihm
gesagt: ‚Ich bin der Dezernent für den Buchstaben E‘, so unter dem Motto: Machen Sie sich keine
Gedanken. Wir haben bei uns die Regelung: Es wird nicht groß vertreten bei uns. Wenn ein Verfahren
einginge, dann wäre das mein Buchstabe, und dann würde das ohnehin liegen bleiben, bis ich aus dem
Urlaub wieder da bin. - Also, so rum: nicht bestätigt: ‚Jawohl, da ist was‘, sondern ihn beruhigt und
gesagt: Also, erst mal passiert da nichts; denn wenn ein Verfahren einginge, bin ich dafür zuständig,

3059 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 79.
3060 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 85.
3061 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 10.

Drucksache 18/6700 – 676 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

und wer anders fasst das Ding nicht an. […] ‚Machen Sie sich keine Sorgen‘, habe ich sicherlich nicht
gesagt, aber so unter dem Motto.“3062

5. Krankschreibung Sebastian Edathys am 20. Dezember 2013

Gemäß seiner Aussage habe sich Sebastian Edathy am 20. Dezember 2013 von seinem Hausarzt im Kreis Nien-

burg bis Ende Februar 2014 krankschreiben lassen.3063 Der Zeuge Edathy hat dazu erläutert:

„[…] Ich bin nach der letzten Sitzungswoche vor der Weihnachtspause am 20. Dezember von hier mit
dem Auto in den Wahlkreis gereist und bin direkt zu meinem Hausarzt in den Kreis Nienburg gefahren,
habe dem gesagt: […] Du, ich bin irgendwie ausgebrannt. - Ehrlich gesagt, war das ja nicht mal gelo-
gen. Ich hatte ja nicht nur Wahlkampf hinter mir, sondern noch bis in den September hinein die Arbeit
im NSU-Untersuchungsausschuss. Das hat er mir sofort auch geglaubt. Es war natürlich nicht die
Tatsache, dass ich ausgebrannt war, die mich veranlasst hat, mich krankschreiben zu lassen, sondern
die Tatsache, dass ich eine Begründung haben wollte, mich erst mal zurückzuziehen und abzuwarten,
wie sich die Dinge entwickeln. […]“3064

Zu seiner Motivation hat der Zeuge Edathy ausgeführt:

„[…] Der Grund für die Krankschreibung war, dass ich ein Argument haben wollte in Berlin, um nicht
ständig in irgendwelchen Gremiensitzung mich aufzuhalten. Der letzte Tag, wo ich im Bundestag war,
war der, wo unsere Staatssekretäre benannt worden sind, die Ministerbesetzung, und der engere Frak-
tionsvorstand gewählt worden ist. Ich war bei der Wahl zum Beispiel der Fraktionsvizes gar nicht
mehr da - da war ich in der Wohnung -, weil ich mir das nicht antun wollte, unter anderem mutmaßlich
ständig gefragt zu werden: Was ist eigentlich mit dir? Warum wirst du nichts? - Für mich war ja klar:
Es ist noch offen, ob da jetzt wirklich gegen mich vorgegangen wird oder nicht. Aber es war auch klar:
Die Karriereplanung kann von mir eingestellt werden. Um dann nicht ständig mit der Frage konfron-
tiert zu werden: ‚Was ist eigentlich los?“3065

An anderer Stelle hat der Zeuge Edathy seine Aktivitäten zu dieser Zeit beschrieben:

„[…] Ich war aber halt trotzdem - nicht im Bundestag natürlich - auch im Januar teilweise in Berlin,
bin dann teilweise abends, nachts ins Büro gegangen, um dann schon mal zu gucken für den Fall
meiner Mandatsniederlegung: Was für Sachen können eigentlich schon mal jetzt weggeworfen wer-
den? Was habe ich an persönlichen Habseligkeiten? Ich habe das schon mal so vorsortiert ein bisschen.
[…]“3066

6. Weitere Gespräche Sebastian Edathys

a) Gespräch mit Jens Jenssen am 23. Dezember 2013

Am 23. Dezember 2013 wurde der Zeuge Jenssen nach eigener Aussage von Sebastian Edathy darüber infor-

miert, dass dieser auf einer Liste des Bundeskriminalamtes stünde. Der Zeuge Jenssen hat vor dem Untersu-

chungsausschuss sein persönliches Verhältnis zu Sebastian Edathy dargestellt.

3062 Klinge, Protokoll-Nr. 40, S. 26 f.
3063 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 119.
3064 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 30.
3065 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 120.
3066 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 30.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 677 – Drucksache 18/6700
Über das Gespräch zwischen ihm und Edathy hat der Zeuge Jenssen ausgeführt:

„[…] ich denke, dass am 23. der Tag war, wo […] er [Sebastian Edathy, Anm.] mir […] eröffnet hat,
[…] dass er auf der Liste stünde von diesem kanadischen Internetversandhandel, dass Steinmeier und
Oppermann und Gabriel - - Aber das weiß ich nicht mehr ganz genau, die Namen; es war ja nicht
wichtig, weil es war entscheidend, dass es aus dem politischen Raum Leute wussten und damit das
Ende der politischen Karriere klar war. Und er hat gehofft damals, […] weil es sich auf Dinge bezog,
die nicht strafbar waren, die harmlos wären, wie er sagte, dass es zu keiner Ermittlung kommt und
dass er die Chance hat, bis zum Ende der Legislatur oder auf jeden Fall eine gewisse Zeit noch im
Bundestag zu bleiben, um sich etwas Neues aufzubauen, um einen neuen Schritt zu gehen. […]“3067

An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„Er war sich nicht sicher, ob das zu einem Verfahren kommt oder nicht. Er hatte große Sorge, dass
das so sein kann, und er hat aber gehofft, weil er sich unschuldig glaubte, dass es nicht zu einem
Verfahren kommt, wenn es mit rechten Dingen zugeht, und dass, wenn der Anwalt signalisiert, dass
Gesprächsbereitschaft besteht, das dazu führen kann, dass das eben besser läuft.“3068

Zur Rolle Michael Hartmanns hat der Zeuge Jenssen erläutert:

„Ich weiß es nicht mehr genau, was er […] über die Hilfe durch Michael Hartmann gesagt hat, ob er
gesagt hat: ‚Er hat mir die Information gegeben‘, oder ob er sagte: ‚Er hilft mir.‘ Was er aber sicher
nicht gesagt hat, weil ich das nie so gesehen habe: Er gibt mir dauerhaft Informationen. - Das hat er
nie - - Ich war immer der Überzeugung, dass der Anwalt Nachforschungen macht und dass das das
Ergebnis ist.“3069

An anderer Stelle hat der Zeuge Jenssen erklärt:

„Er hat in dem Gespräch gesagt, dass er sehr froh ist, dass der Michael sich um ihn kümmert, dass er
ihm hilft. Was die Informationen genau angeht, das weiß ich nicht mehr, ob er das gesagt hat. […]
Aber was […] weitere Informationen angeht, hat Sebastian manchmal geschrieben: ‚Ich warte auf
Infos‘, oder so etwas, und das war immer mir erschließend, dass das die Aktivität seines Anwalts
war.“3070

„[…] mir war immer klar, dass der Anwalt derjenige ist, der nachfragt, wo eine Akte sich befindet,
wie das Verfahren weitergeht. Einen anderen Eindruck hat er mir nie versucht zu vermitteln, und der
ist mir nicht erinnerlich, sondern ich bin ausgegangen davon, dass er einen Anwalt eingeschaltet hat
und dass der sich darum bemüht, zu schauen, wie dieses Verfahren verläuft.“3071

Ob in einem der Gespräche der Name Jörg Ziercke von Sebastian Edathy oder Michael Hartmann genannt

wurde, daran hat der Zeuge Jenssen laut eigener Aussage keine Erinnerung gehabt.3072

Der Zeuge Edathy hat im Rahmen seiner Vernehmung sein persönliches Verhältnis zum Zeugen Jenssen darge-

stellt. Zu dem Gespräch mit dem Zeugen Jenssen hat Edathy ausgeführt:

„Ich habe ihn um Weihnachten herum besucht […] und habe dort mit ihm im Zeitraum 22./23./24.
Dezember gesprochen – an einem Tag sind wir zusammen spazieren gegangen – und habe ihn eben-
falls informiert, dass mich Michael Hartmann in Leipzig in Kenntnis gesetzt hat, dass da strafrechtlich

3067 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 77.
3068 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 86.
3069 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 86.
3070 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 83 f.
3071 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 84.
3072 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 87.

Drucksache 18/6700 – 678 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

etwas auf mich zukommen könnte – nicht müsste -, und dass er mir kurz zuvor, im Dezember, mitge-
teilt habe, dass Ziercke sein Informant gewesen sei.“3073

Auf die Nachfrage hat der Zeuge Edathy erklärt, das Gespräch habe „Dezember 2013“ stattgefunden.

b) Begegnung mit der Abgeordneten Christine Lambrecht auf der Fraktionsebene des Reichstags-
gebäudes am 31. Dezember 2013

Zum Jahreswechsel 2013/2014 kam es zu einer Begegnung zwischen der Ersten Parlamentarischen Geschäfts-

führerin der SPD Christine Lambrecht und Sebastian Edathy auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes.

Die Situation hat die Zeugin Lambrecht in ihrer Vernehmung geschildert:

„[…] Nach meiner Wahl zur Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin erinnere ich mich überhaupt
nur an einen Kontakt, also direkten Kontakt, zu Sebastian Edathy, und das war der Jahreswechsel
2013/2014. Ich traf ihn auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes am Neujahrsmorgen, und wir
führten, umgeben von vielen Menschen, ein kurzes, belangloses Gespräch und haben uns wechselsei-
tig Neujahrsgrüße abgegeben. […]“3074

Der Zeuge Edathy hat sich wie folgt erinnert:

„Es war dann nur so, dass ich Frau Lambrecht getroffen habe im Rahmen einer halböffentlichen Be-
gegnung. Das war Silvester 2013 oben im Reichstagsgebäude auf der Fraktionsebene. […] Da habe
ich Frau Lambrecht getroffen, habe ihr ein gutes neues Jahr gewünscht. Da standen wir an einem der
- - Da sind so thekenähnliche Aufbauten auf der Fraktionsebene, und da habe ich persönlich - - Also,
wir haben natürlich nicht über mich gesprochen. Aber ich habe versucht, ihr Verhalten mir gegenüber
daraufhin einzuordnen, ob das, was mir Hartmann gesagt hat, plausibel ist. Sie hat sich aber nichts
anmerken lassen, wenn sie denn was gewusst hat. Das war also 13 Tage später.“3075

Auf Nachfrage hat die Zeugin Lambrecht erklärt, Sebastian Edathy weder direkt noch indirekt zu verstehen

gegeben zu haben, dass sie seit Dezember 2013 von der Causa Edathy Kenntnis hatte.3076

c) Gespräch mit Frau Bärbel Tewes-Heiseke

Bei einem Besuch bei Frau Tewes-Heiseke kurz nach Weihnachten 2013 kam Sebastian Edathy auch auf die

gegen ihn bestehenden Vorwürfe zu sprechen. Die Zeugin Tewes-Heiseke hat über das Gespräch ausgesagt:

„Da hat er gesagt: ‚Jawohl, ich stehe auf dieser Liste‘, und dann hat er mir ganz ausführlich erklärt -
und nicht nur ein Mal, sondern auch öfter -, wie er darauf gekommen ist, dass er das alles genau geprüft
hat und dass er der Meinung sei - - Er hat auch gesagt, wie viele Leute davon in Deutschland und
woanders betroffen sind. Das hat er alles ganz genau erklärt, wie das zustande gekommen ist und dass
er aber sich nicht schuldig fühlt. Also, er habe das bestellt, jawohl. […] ‚Das muss das Gericht klären‘,
sagt er. ‚Das ist jetzt nicht pornografisches Material.‘ Und dann hat er immer versucht, mir zu erklären,

3073 Edathy, Protokoll-Nr. 21 (VERTRAULICH-herabgestuft), S. 8.
3074 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 96.
3075 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 141.
3076 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 96.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 679 – Drucksache 18/6700

wer was dazu gesagt hat von den Wissenschaftlern oder Psychologen oder sonst was, was ich alles ja
aus der Presse auch wusste.“3077

Namen von Personen, von denen er seine Informationen erhielt, habe Sebastian Edathy nicht genannt. 3078 Auf

konkrete Nachfrage hat die Zeugin erklärt, dass weder der Name Michael Hartmann3079 noch der Name Jörg

Ziercke3080 gefallen sei.

XV. Weitere Entwicklung und Geschehnisse bis zum 27. Januar 2014

1. Gespräche nach Angaben Sebastian Edathys mit Michael Hartmann

a) Angebliches Gespräch mit Michael Hartmann Ende Dezember 2013/Anfang Januar 2014 über
den Gang der Ermittlungsakte zur Staatsanwaltschaft Hannover

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Edathy ein weiteres Gespräch erwähnt, dass dieser Ende Dezember oder

Anfang Januar 2014 mit Michael Hartmann geführt habe. Über den Gesprächsinhalt hat der Zeuge Edathy aus-

gesagt:

„[…] Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann …

- teilte mir im Dezember 2013 oder Januar 2014 mit, dass meine Akte von der Generalstaatsanwalt-
schaft Celle

- da war sie mittlerweile, von Gießen kommend, gelandet -

zur Staatsanwaltschaft in Hannover gegangen sei. Er wusste zudem,

- ohne dass ich mit ihm davor darüber gesprochen hatte; […]

dass mein Rechtsanwalt bei Behörden angefragt hatte, ob gegen mich ermittelt wird. […]“3081

In seiner Vernehmung ist Sebastian Edathy seine Darstellung in der Bundespressekonferenz vorgehalten wor-

den. Dort hatte er gesagt:

„Mindestens einmal die Woche bekam ich halt einen Hinweis. Wie wird das gerade in Hessen bei der
Zentralstaatsanwaltschaft eingeschätzt? Wie sieht das die Generalstaatsanwaltschaft in Celle? Wie
sieht das die Staatsanwaltschaft in Hannover? Was sagt das BKA aufgrund der eigenen Prüfung dieser
kanadischen Filme?“

Weiter ist er auf seine Aussage vor dem Untersuchungsausschuss hingewiesen worden, die da lautetete:

3077 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 63.
3078 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 66.
3079 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 66.
3080 Tewes-Heiseke, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 71.
3081 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 28.

Drucksache 18/6700 – 680 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Auch den Ermittlungsakten konnte ich entnehmen, dass genau die Zeitpunkte, die Zeiträume auch
übereinstimmten, wann die Akte jeweils wo war. Das hat sich gedeckt mit den Informationen, die ich
von Herrn Hartmann hatte.“

Auf Nachfrage, ob es sich also um eine kontinuierliche Information, eine Art „Liveberichterstattung“ gehandelt

habe, hat er geantwortet:

„‚Liveberichterstattung‘ kann man nicht sagen. Er hat mich halt sporadisch informiert.“3082

Diese Informationen habe Sebastian Edathy zum Anlass genommen, seinen Anwalt zu bitten, bei den Behörden

nachzufragen, ob gegen seinen Mandanten etwas vorliege:

„[…] Ich bin also auch informiert gewesen, wann die in Celle war, und ich bin dann auch informiert
gewesen, wann die Akte in Hannover war. Das war dann auch der Anlass für mich unter anderem, um
da auch Gewissheit zu haben - ist da jetzt was, kommt da wirklich was? -, meinen Anwalt zu bitten,
da entsprechend mal nachzufragen bei den zuständigen Behörden im Bereich staatsanwaltschaftlicher
Institutionen, ob etwas dort vorliegt, was mit meinem Namen verbunden ist. […]“3083

Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen habe Edathy nach seinen Angaben nicht gehabt:

„[…] Ich hatte keinen Zweifel über die Aussagen, über die Glaubwürdigkeit der Aussagen von Herrn
Hartmann, und dass die Informationen gut gewesen sein müssen, das ist so. Das kann man ja nach-
vollziehen. Es stimmt halt eben. Auch den Ermittlungsakten konnte ich entnehmen, dass genau die
Zeitpunkte, die Zeiträume auch übereinstimmten, wann die Akte jeweils wo war. Das hat sich gedeckt
mit den Informationen, die ich von Herrn Hartmann hatte. […]“3084

Laut Aussage des Zeugen Ziercke habe dieser bereits ausweislich der Führungsinformation Nr. 5 vom 28. Ok-

tober 2013 Ende Oktober 2013 gewusst, dass die Akte Sebastian Edathy über die Generalstaatsanwaltschaft

Celle an die Staatsanwaltschaft nach Hannover übergeben würde. 3085 Er hat dies damit begründet, dass

„[…] Celle das mit Sicherheit nicht selbst bearbeitet hätte. Das macht immer die örtlich zuständige
Staatsanwaltschaft.“3086

Zum weiteren Verfahren hat der Zeuge Ziercke ausgeführt:

„[…] ich war eigentlich davon ausgegangen, dass dieser Prüfprozess Generalstaatsanwaltschaft relativ
kurz nur sein würde, maximal vielleicht zehn Tage, und dass dann die ganze Sache auch weiterlaufen
müsste.“3087

Auf den Vorhalt, dass die Akte bereits am 5. November 2013 bei der Staatsanwaltschaft Hannover eingegangen

ist, hat der Zeuge Edathy geantwortet:

„[…] Dass er [Hartmann, Anm.] mich hier nicht tagesaktuell unterrichtet hat, das habe ich Ihnen ja
mitgeteilt. Aber für das Einschalten meines Anwaltes war ja für mich im Wesentlichen relevant: ‚Wie

3082 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 95.
3083 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 13.
3084 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 37.
3085 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 20.
3086 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 20 f.
3087 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 21.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 681 – Drucksache 18/6700

ist die Bewertung der zuständigen Stellen?‘, und nicht so sehr die Frage: An welchem Datum liegt
was wo vor?“3088

Weiter hat er ausgeführt:

„- es kann durchaus sein, dass sich das nicht immer eins zu eins gedeckt hat. Aber ich habe ja meinen
Anwalt nicht ohne Grund auf den Weg geschickt, da mal in Niedersachsen nachzufragen. Und ich war
halt - - Ich war informiert […].“3089

Laut Aussage des Zeugen Edathy sei er von Michael Hartmann über die Ermittlungen regelmäßig auf dem Lau-

fenden gehalten worden:

„[…] wir haben mindestens einmal in der Woche diesbezüglich Kontakt gehabt, und er hat mich un-
terrichtet, was nach seiner Kenntnis gerade der aktuelle Stand der Dinge sei. […]“3090

An anderer Stelle hat der Zeuge Edathy erklärt:

„[…] Er [Hartmann, Anm.] hat mich halt sporadisch informiert.“3091

Auf die Frage, ob Sebastian Edathy im Zusammenhang mit dem aktuellen Verfahrensstand ihm gegenüber er-

wähnt habe, dass ihn Michael Hartmann auf dem Laufenden halte, hat der Zeuge Nocht geantwortet:

„Er hat mal erwähnt, dass von Hartmann in der Sache nichts groß Neues gekommen sei, ja.“3092

Diese Äußerung sei ihm gegenüber „zwischen dem 25. November und dem 7. Februar“ getätigt worden.3093

Der Zeuge Hartmann hat sich in seiner Vernehmung nicht detailliert erinnern können, ob Sebastian Edathy ihm

von den Aktivitäten seines Rechtsanwaltes berichtet habe. Ihm sei eher die Richtung der Aussage erinnerlich

gewesen, die gelautet habe:

„[…] Der [Rechtsanwalt, Anm.] hat sich erkundigt. Da ist nichts.“ 3094

Auf Nachfrage hat der Zeuge Hartmann bestätigt, dass er im Zeitraum Dezember 2013 bis Januar 2014 keine

Information darüber gehabt habe, dass die Ermittlungen von der Generalstaatsanwaltschaft Celle an die Staats-

anwaltschaft Hannover abgegeben wurden und dass er diese Information auch nicht an Sebastian Edathy habe

weitergeben können.3095

Zu seinen mit Sebastian Edathy geführten Gesprächen hat der Zeuge Hartmann generell erklärt:

„[…] Ich versuchte, ihm zu helfen, ihn aufzumuntern und ihn mittels beruhigenden Zuredens zu sta-
bilisieren. Die Causa Edathy, wenn ich das einmal so nennen darf, stand weiterhin nicht im Mittel-
punkt meines Alltags. […] Seinen Bitten um Unterstützung und Beratung kam ich so gut wie möglich
nach - das hätte ich auch für jede andere Kollegin oder jeden anderen Kollegen getan -, soweit es den

3088 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 96.
3089 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 97.
3090 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 13.
3091 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 95.
3092 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 19.
3093 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 28.
3094 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 105.
3095 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 105.

Drucksache 18/6700 – 682 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bezug des nicht strafrechtbewehrten Bildmaterials aus Kanada betrifft, mit allgemein gehaltenen Aus-
sagen, mit Schein- oder Halbwissen, gelegentlich unter Rückgriff auf meine allgemeine Kenntnis über
Verfahrensabläufe aus meiner Fachexpertise als Innenpolitiker, nie aber mit echtem Wissen; denn
dieses hatte ich nicht. Das alles diente seiner Beruhigung und Stabilisierung. […]“3096

An anderer Stelle hat der Zeuge ausgeführt:

„[…] ich hatte gelegentlich bzw. ab dann auch das Gefühl: Na ja, der wollte dich jetzt - nehmen Sie
das bitte nicht im Wortsinne - zu so was wie seinem Agenten machen, um da etwas herauszubekom-
men; denn anscheinend war ja doch mehr dran, zumindest der Vorwurfslage nach, als er bisher erzählt
hat. Ich hätte nur über mein Wissen und nicht das anderer Personen berichten können.“3097

b) Angebliches Gespräch mit Michael Hartmann Anfang Januar 2014, dass BKA-Präsident Ziercke
Hartmann auf dem Laufenden halte

Der Zeuge Edathy hat in seiner Vernehmung angegeben, Januar 2014 ein weiteres Gespräch mit Michael Hart-

mann geführt zu haben, in dem ihm berichtet worden sei, dass Hartmann vom BKA-Präsidenten Ziercke fortlau-

fend über die Ermittlungen unterrichtet werde.

aa) Darstellung Sebastian Edathys

Wörtlich hat der Zeuge Edathy ausgesagt:

„Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann ...

- sagte mir im Januar 2014, Ziercke hielte ihn […]

persönlich über den Fortgang der Angelegenheit auf dem Laufenden. Er habe Hartmann mehrfach
[…]

von sich aus diesbezüglich angesprochen. […]“3098

Der Zeuge Edathy hat weiter ausgeführt:

„[…] Hartmann fragte mich, was ich denke, warum BKA-Präsident Jörg Ziercke ihn […]

über mich auf dem Laufenden halte und sagte: […]

Ziercke habe trotz

- seiner und meiner -

unserer harten Auseinandersetzung im NSU-Untersuchungsausschuss nichts gegen mich. […]

Hartmann gehe davon aus, dass Ziercke wolle, dass ich im Bild sei.

3096 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 78.
3097 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 87.
3098 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 27.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 683 – Drucksache 18/6700

Er hatte mir sehr deutlich gesagt: Ich frage mich irgendwie, habe mich lange gefragt: Warum erzählt
mir das Ziercke alles in regelmäßigen Abständen? Ich kann mir das nur so erklären: Eigentlich scheint
er zu wollen, dass das weitergegeben wird an dich. […]

Die SPD

- so Ziercke -

habe durch den Fall Jörg Tauss schon einmal Schaden genommen. […]“3099

Nach Darstellung des Zeugen Edathy habe Michael Hartmann ihm offenbart, dass ihn BKA-Präsident Ziercke

bei Zusammenkünften mehrfach auf den Sachverhalt Edathy angesprochen und ihn über Entwicklungen infor-

miert habe:

„[…] Also, konkret hat mir Hartmann gesagt - - Bei dem Zeitraum gab es auch einen Wechsel - wann
genau das war, weiß ich nicht; […] im Bereich der Verabschiedung des langjährigen Bundesdaten-
schutzbeauftragten. Da waren Ziercke und Hartmann wohl beide anwesend. Es gab die Amtseinfüh-
rung des neuen und alten Innenministers sozusagen, also nicht in der letzten Wahlperiode, zum Ende
hin, also de Maizière. Da waren sie wohl auch beide. Und unter anderem bei solchen Gelegenheiten
hätten - so Hartmann - Ziercke und er über meinen Fall gesprochen. Hartmann selber sagte mir ja: Hör
mal, kannst du dir eigentlich vorstellen, warum mir das Ziercke alles erzählt? – […] Hartmann selber
unterstrich halt - das hat ihn selber verwundert offenkundig -, dass er bei solchen Zusammenkünften,
als es um mich ging, gar nicht auf Ziercke zukommen musste, um das anzusprechen, sondern in der
Regel Ziercke von sich aus Hartmann angesprochen hat, um ihm mitzuteilen, was Wissensstand
Ziercke sei. Bei einer der Gelegenheiten soll Ziercke meiner Erinnerung nach zu Hartmann vor einem
solchen Gespräch über mich gesagt haben: Wir müssen noch mal kurz über unser Sorgenkind spre-
chen.“3100

Zu einem nicht mehr nachvollziehbaren Zeitpunkt habe Ziercke nach Aussage Edathys zudem Hartmann mitge-

teilt, dass er im Bundeskriminalamt absolute Verschwiegenheit vereinbart habe:

„Das eine, was ich noch nachtragen will, was mir gerade einfällt, ist, dass es einen Zeitpunkt gab, wo
mir Hartmann sagte, Ziercke habe ihm, also Hartmann, mitgeteilt, er habe im BKA absolute Ver-
schwiegenheit vereinbart. Er hätte seine Mitarbeiter und alle, die davon Kenntnis hatten, dazu verdon-
nert, da nichts nach draußen zu tragen.

Ich habe jetzt nicht in Erinnerung, ob bei dem Telefonat - - Das war ein Telefonat. Das war offenkun-
dig auch Hartmann zeitlich dringend, mir das mitzuteilen: Hannover will aktiv werden. Ich habe jetzt
nicht konkret in Erinnerung, ob er bei diesem Telefonat gesagt hat: Das hat mir gerade Ziercke erzählt.
[…]“3101

Zur Motivation Zierckes, Hartmann zu informieren, hat der Zeuge Edathy geschildert, was Michael Hartmann

ihm gesagt habe:

„[…Ziercke, Anm.] habe sehr besorgt gewirkt und habe gesagt, das hätte ihn sehr bestürzt, dass ich
da mit dieser Thematik, möglicherweise Kinder- und Jugendpornografie oder Posing, in Verbindung
stehen könnte. Es hat sich ja später herausgestellt nach Expertise des Bundeskriminalamtes, dass die
Filme, die mir zugerechnet werden, die ich da also gekauft habe, nicht nach deutschem Recht straf-
rechtlich relevant sind, auch nicht in der Grauzone sind, sondern als legal eingestuft worden sind. Aber

3099 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 27 f.
3100 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 41.
3101 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 113.

Drucksache 18/6700 – 684 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

damals war das noch nicht klar, und Ziercke sei besorgt gewesen. Er mache sich da auch gerade als
SPD-Mitglied Sorge, weil es schon zu dieser Thematik den Fall Jörg Tauss gegeben habe. Er fände
das eigentlich unerträglich, den Gedanken, dass die SPD jetzt erneut mit einem ihrer Abgeordneten
mit diesem Thema in Verbindung gebracht werden könnte. […]“3102

An anderer Stelle hat der Zeuge ausgeführt:

„[…] Hartmanns Interpretation war, Ziercke wollte Schaden von der SPD abwenden […]“3103

Auf eine mutmaßliche Motivation Zierckes, er habe die Informationen über Michael Hartmann schnell Sebastian

Edathy zukommen lassen wollen, angesprochen, hat der Zeuge Edathy geantwortet:

„[…Die, Anm.] Interpretation, dass Ziercke bereits im Oktober wollte, dass da irgendwas an mich
weitergegeben wird, [ist, Anm.] nicht zwingend. Es kann auch einfach sein, dass aufgrund eines guten
persönlichen Verhältnisses zwischen Ziercke und Hartmann Ziercke einfach einen Vertrauten haben
wollte, mit dem er sein Wissen teilen kann zum damaligen Zeitpunkt.“3104

bb) Einlassung des Zeugen Ziercke zu seiner angeblichen Motivation

Der Zeuge Ziercke hat betont, mit Michael Hartmann niemals über den Fall Edathy gesprochen zu haben.3105

Auf seine angebliche Motivation, einen Schaden von der SPD abzuwenden, angesprochen, hat der Zeuge Ziercke

geantwortet:

„[…] ich [bin, Anm.] […] nicht der typische Parteigenosse […]. Ich habe mich noch nie um ein Par-
teiamt beworben. Ich war noch nie auf einem Parteitag der SPD oder auf lokalen oder regionalen
Parteiveranstaltungen der SPD in der Rolle eines Parteimitglieds - noch nie. Warum unterstellt Herr
Edathy mir diese Sorge um die SPD? […] Ich frage mich: Worin sollte der Schutz der SPD eigentlich
nach der Information des Ministers durch mich bestehen? Das Verfahren gegen Edathy war doch im
BKA angelaufen. Die Staatsanwaltschaft hat die Entscheidungshoheit und nicht das BKA. Wer sollte
das stoppen können? Die Tatsache, dass ein Spitzenpolitiker der SPD Bilder nackter kleiner Jungen
aus Osteuropa gekauft hatte, ist doch der für eine Partei größtmögliche öffentliche Imageschaden. Wie
sollte ich eine mögliche Veröffentlichung der Vorwürfe verhindern können? Die öffentliche Debatte
über legale oder nicht legale Produkte hat doch gezeigt, dass es im Kern darum gar nicht geht. Was
hätte es denn noch geben können zum angeblichen Schutz der SPD? Es war doch gar nichts mehr zu
verhindern. Es konnte doch nicht darum gehen, ob Herr Edathy eventuell bestraft wird oder nicht. Das
war für ihn natürlich von überragender Bedeutung, würde aber am Imageverlust der Partei nichts ent-
scheidend ändern können. […]“3106

Die Existenz eines persönlichen Grundes, Sebastian Edathy Informationen über den Fall zukommen zu lassen,

hat der Zeuge Ziercke ebenfalls verneint:

„[…] Irrational ist auch, dass ausgerechnet Herr Edathy meint, ich hätte ihn schützen wollen. Das
würde bedeuten, dass ich wegen eines mir unsympathischen Menschen mein Amt und meine persön-

3102 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 13.
3103 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 42.
3104 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 43.
3105 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 35.
3106 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 10.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 685 – Drucksache 18/6700

liche Zukunft aufs Spiel gesetzt hätte. Dass gerade ich jemanden schützen sollte, der durch sein mög-
licherweise kriminelles Verhalten zum Leid vergewaltigter und misshandelter Kinder indirekt beige-
tragen haben könnte, ein Präsident, der seine eigene Behörde hintergeht - auch das ist absurd. […]“3107

„[…] Er war mir als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses NSU in sehr schlechter Erinnerung.
Aus dem Wortprotokoll meiner Anhörung wird deutlich, dass ich bereits in der ersten Minute nach
meinem Eingangsstatement das Gefühl von Herrn Edathy vermittelt bekam, dass er mir gar nicht zu-
hören wollte. Arroganz, Interesselosigkeit an der Perspektive des anderen und Überheblichkeit, das
war mein Empfinden in dieser Minute, was ich auch die gesamte Vernehmungszeit über nicht los-
wurde und was mich emotional steuerte - nicht gerade positiv, wie ich es selbst empfand. Hinzu kam,
dass mich Herr Edathy vor den Medien nach der Anhörung charakterlich abqualifizierte. […]“3108

An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„[…] Warum sollte ich das Vertrauen meines Ministers aufs Spiel setzen, der sogar meine Amtszeit
verlängert hatte? Ich hätte mich möglicherweise noch an demselben Tag aus dem Amt verabschieden
können. Dass ich dieses Risiko eingegangen sein könnte, ist ebenfalls absurd. […]“3109

„[…] welchen Sinn sollte […] eine Unterrichtung von Herrn Edathy machen? Damit Herr Edathy
Beweismittel vernichten kann? Zum Zeitpunkt seines angeblich ersten Kontaktgesprächs auf dem Par-
teitag Mitte November mit Herrn Hartmann war Herr Edathy doch bereits durch die kanadische Ver-
öffentlichung vorgewarnt. […]

Zu diesem Zeitpunkt konnte möglicherweise nur Edathy wissen, dass von seinem Bundestagsserver -
ich zitiere das hier aus einer Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Hannover - in der Zeit vom
01.11.2013 bis 10.11.2013 an sechs Tagen kinderpornografische Bild- und Videodateien aus dem In-
ternet heruntergeladen worden sind. So der Vorwurf der Staatsanwaltschaft Hannover in der Presse-
erklärung vom 17.07.2014. Das ist auch der Kern der Anklage vor dem Landgericht in Verden.

Ferner vermute ich, dass der Grund für die Nachfrage des Anwalts nicht die legalen Bilder waren. Da
glaubte sich Edathy immer auf der sicheren Seite. Es ging meines Erachtens bereits zu diesem Zeit-
punkt vorrangig um die Frage, ob weitergehende Untersuchungen das Bildmaterial vom 1. bis zum
10. November hätten betreffen können; denn davon ging ja die eigentliche strafrechtliche Gefahr für
Edathy aus. […]“3110

Auch den Begriff „unser Sorgenkind“ habe Ziercke im Zusammenhang mit der Person Sebastian Edathys nicht

benutzt. Der Zeuge Ziercke hat dazu erklärt:

„Nein, überhaupt nicht. Ich habe ja mit Herrn Hartmann darüber überhaupt nicht gesprochen, und
wenn ich den Begriff ‚unser Sorgenkind‘ in den Mund nehmen sollte, also dann müsste ich mir einiges
abbeißen - das muss ich mal wirklich sagen -, was ich erlebt habe mit Herrn Edathy […].“3111

3107 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 10.
3108 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 8.
3109 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 10.
3110 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 10 f.
3111 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 35.

Drucksache 18/6700 – 686 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

2. Teilnahme Edathys am Neujahrsempfang der Lokalzeitung „Die Harke“ am 8. Januar 2014

Am 8. Januar 2014 nahm Sebastian Edathy am Neujahrsempfang der Nienburger Tageszeitung Die Harke teil.

Nach seiner Aussage habe er versucht, anhand der Reaktionen des ebenfalls anwesenden Leitenden Polizeidi-

rektors Frank Kreykenbohm zu erschließen, ob dieser über die gegen Edathy erhobenen Vorwürfe im Bilde war.

Der Zeuge Edathy hat dazu erklärt:

„[…] Und zwar gab es im Januar 2014 einen Neujahrsempfang. Das war einer der letzten offiziellen
Termine, die ich wahrgenommen habe. Das war ein Jahresempfang der Lokalzeitung […] Die Harke
[…]. Das war am 8. Januar. Da stand ich unter anderem neben dem Leiter der Polizeiinspektion Nien-
burg/Schaumburg, habe ihm ein gutes neues Jahr gewünscht - Herr Kreykenbohm war das - und habe
versucht, seinem Reagieren auf mich und unserem Gespräch, was einfach gute Wünsche beinhaltet
hat - wir haben also nicht über irgendwelche inhaltlichen Geschichten gesprochen -, zu entnehmen, ob
ich den Eindruck haben könnte, dass er etwas wusste. Das hat er aber, wie ich jetzt heute weiß, einfach
sehr geschickt überspielt. Mir ist da nichts aufgefallen. Aber ich habe nicht nachgefragt, und ich habe
es auch nicht thematisiert.“3112

3. Übersendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Edathys an die SPD-Bundestagsfraktion

a) Eingang des Schreibens am 8. Januar 2014

Am 8. Januar 2014 erreichte die SPD-Bundestagsfraktion ein an die Parlamentarische Geschäftsführerin der

SPD-Bundestags-fraktion Petra Ernstberger gerichtetes Schreiben3113 Sebastian Edathys mit einer vorläufigen

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Die Zeugin Lambrecht hat in ihrer Vernehmung ausgesagt:

„[…] Am 8. Januar 2014 ging bei der zuständigen Parlamentarischen Geschäftsführerin der Fraktion
ein vom 6. Januar 2014 datiertes Schreiben von Sebastian Edathy ein, in dem er mitteilte, dass er am
selben Tag dem Bundestagspräsidenten ein Attest über seine vorläufige Arbeitsunfähigkeit bis ein-
schließlich 28. Februar 2014 übermittelt habe. Er bat unsere Geschäftsführerin, ihn für diesen Zeit-
raum für die Gremiensitzungen der Fraktion zu entschuldigen, und hiervon wurde ich in Kenntnis
gesetzt. […]“3114

Die Zeugin Lambrecht hat weiter ausgeführt, aus Gesprächen über den Gesundheitszustand Sebastian Edathys

habe sie erfahren, dass Sebastian Edathy beabsichtige, eine längere Kur zu machen. In diesem Zusammenhang

habe sie auch die Krankmeldung Edathys gesehen. Vor dem Untersuchungsausschuss hat sie erklärt:

„Ich habe die Information bekommen, dass Sebastian darüber nachdenkt, längere Zeit in Kur zu gehen,
dass er sich da stabilisieren will. Aber es war auch kein allzu intensives Gespräch über Gesundheits-
- also jetzt auch fachliche Hintergründe, was denn da der Grund sein sollte, sondern dass es da, wie

3112 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 125.
3113 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 121.
3114 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 96 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 687 – Drucksache 18/6700

gesagt, dazu kommen könnte: mehrwöchiger Ausstieg oder womöglich sogar ganz das Mandat nie-
derlegen. Und nachdem ich dann Anfang Januar, am 8. Januar, die Kenntnis bekommen habe, dass er
sich jetzt für längere Zeit krankgemeldet hat, da war mir klar: Also, jetzt ist der Zeitpunkt.“3115

b) Reaktionen aus der SPD-Fraktion gegenüber Edathy auf die Krankschreibung

Die Frage, ob angesichts der Krankmeldung sich jemand aus der Fraktionsführung nach ihm erkundigt habe, hat

der Zeuge Edathy verneint. Auf die weitere Frage, ob sich sonst jemand anders bei ihm erkundigt oder Hilfe

angeboten habe, hat der Zeuge Edathy geantwortet:

„[…] Doch, ich habe, glaube ich, auf Facebook eine Nachricht bekommen von einem neuen Frakti-
onsmitglied der SPD, der irgendwie mir gute Besserung gewünscht hat, ja. Das ist wohl - - Ach so,
was ich auch weiß, ist, dass in meiner Landesgruppe das bekannt gegeben worden ist. […]“3116

Weiter hat er ausgeführt:

„[…] ich habe ein Genesungsschreiben von dem SPD-Abgeordneten Matthias Miersch bekommen.
Das war so eine Postkarte, glaube ich.“3117

„ Und […] von der Landesgruppenvorsitzenden Niedersachsen der SPD-Fraktion; das war damals
noch die heutige Staatssekretärin Lösekrug-Möller. Die hat mir auch einen Brief geschrieben.“3118

Auf den Vorhalt, dass vergleichsweise in der Fraktion DIE LINKE. mit Sicherheit ein Anruf des Fraktionsvor-

sitzenden gekommen wäre, hat der Zeuge Edathy mit Blick auf den SPD-Fraktionsvorsitzenden geantwortet:

„[…] der wusste ja auch, dass es nicht um Krankheit geht.” 3119

c) Gesprächsthema der Abwesenheit Edathys innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion

Der Zeuge Abgeordneter Kahrs hat in seiner Vernehmung ausgesagt, innerhalb der SPD-Bundestagfraktion sei

Sebastian Edathy Gesprächsthema gewesen. Auf die Frage, ob er vor der öffentlichen Bekanntmachung im Feb-

ruar 2014 jemals etwas von den Vorwürfen gegen Sebastian Edathy gehört habe, hat der Zeuge geantwortet:

„Natürlich gab es da eine Gerüchteküche, klar.“3120

Auf die Bitte, die Gerüchte näher zu beschreiben, hat er erläutert:

„Na ja, wenn Sie wissen, dass es da Probleme mit dem Internet gibt - - Und im Januar, Ende Januar,
gab es dann auch Gespräche, was das sein kann. Dann gab es auch Verdachtsmomente. Ich weiß es
nicht. Es war jedenfalls so, dass in der Zeit das eine sehr fließende Veranstaltung war. […]“3121

Weiter hat der Zeuge Kahrs ausgeführt:

3115 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 118.
3116 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 121.
3117 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 121.
3118 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 121.
3119 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 121.
3120 Kahrs, Protokoll-Nr. 24, S. 31.
3121 Kahrs, Protokoll-Nr. 24, S. 31.

Drucksache 18/6700 – 688 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Es gibt durchaus welche, die haben gefragt: Was ist denn nun mit Sebastian? - Es ist dann ja eine
Situation gewesen, wo er dann auch irgendwann überhaupt nicht mehr gekommen ist. Und natürlich
hat man sich dann Sorgen gemacht.“3122

„Das war die Gerüchteküche bei uns in der Fraktion darüber, warum er nicht da ist. […]“3123

Die Zeugin Lambrecht hat nach eigener Aussage keine Gerüchte über Sebastian Edathy mitbekommen:

„Ich habe diese Stimmungslage nicht wahrgenommen. Mir gegenüber hat niemand in irgendeiner
Weise da Andeutungen fallen lassen oder gefragt. Ich habe das nicht zur Kenntnis genommen oder
auch nicht nehmen müssen […].“

„[…] Aber wenn es eine Gerüchteküche und allgemein wabernd und von jedem angesprochen - - dann
wäre doch ein Vorwurf in dieser Dimension auch irgendwann öffentlich geworden. Deswegen: Es gab
diese Situation nicht. Es gab diese Situation in der Fraktion nicht.“3124

Der Zeuge Nocht hat ausgesagt, der allgemeine Gesundheitszustand Edathys sei Gesprächsthema gewesen:

„[…] Frau Ernstberger […] hat […] mir auch gesagt -, dass es eben in der Fraktion Gesprächsthema
war, dass er so schlecht aussieht, dass er sich rauszieht, sich einigelt. […]“3125

Der Zeuge Staschen hat dazu ausgeführt:

„[…] Ich habe der Presseberichterstattung über den Untersuchungsausschuss entnommen, dass seine
Krankheit oder seine Krankmeldung Gesprächsthema gewesen sein soll. Das mag unter den Innenpo-
litikern der SPD so gewesen sein. Ich kann es jedenfalls für meine Person nicht bestätigen. Ich kann
mich nicht daran erinnern, mit irgendjemandem über den Gesundheitszustand von Herrn Edathy ge-
sprochen zu haben. Ich hatte, ganz ehrlich gesagt, auch noch andere Sachen zu tun in dieser Zeit.
[…]“3126

Auch die Zeugen Dr. Steinmeier3127 und Gabriel3128 haben erklärt, von irgendwelchen Gerüchten im Zusam-

menhang mit Sebastian Edathy nichts mitbekommen zu haben.

4. Treffen zwischen Michael Hartmann und Dr. de Maizière am 14. Januar 2014

Am 14. Januar 2014 trafen sich Bundesminister des Innern Dr. de Maizière und Michael Hartmann zu einem

Gespräch. Der Zeuge Dr. de Maizière hat dessen Verlauf in seiner Vernehmung geschildert:

„[…] Am 14. Januar 2014 […] traf ich mich in meinem Büro mit dem innenpolitischen Sprecher der
SPD-Fraktion Hartmann. Wir besprachen Schwerpunkte bei der Umsetzung der Koalitionsvereinba-
rung; das ist auch ein ganz normales Verfahren, dass der Bundesminister mit dem Sprecher eines der
Koalitionspartner über innenpolitische Themen spricht. In diesem Zusammenhang fragte ich den Ab-
geordneten Hartmann nach einigen Personalien, unter anderem danach, warum der Abgeordnete Eda-

3122 Kahrs, Protokoll-Nr. 24, S. 31.
3123 Kahrs, Protokoll-Nr. 24, S. 49.
3124 Lambrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 112.
3125 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 28.
3126 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 10.
3127 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 135.
3128 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 39.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 689 – Drucksache 18/6700

thy im Zuge der Regierungsbildung und der Wahlen in der SPD-Fraktion keine herausgehobene Funk-
tion bekommen habe. Herr Hartmann antwortete mir, das habe mit einem persönlichen Problem zu
tun; er wolle darüber aber keine Auskunft geben. […]“3129

Der Rechtsbeistand von Michael Hartmann hat in einem an die Staatsanwaltschaft Berlin gerichteten Schreiben

zu dem Sachverhalt erklärt:

„[…] Am 14.1.2014 beantwortete der Mandant entsprechende Fragen de Maizières nach politischen
Gründen ausweichend auf der Grundlage dessen, was ihm vom Edathy berichtet worden war und be-
antwortete damit die Frage, ob es ‚politische‘ Gründe für den Rückzug von Edathy gab […].“3130

5. Treffen von Michael Hartmann mit dem BKA-Präsidenten Jörg Ziercke am 21. Januar 2014

Am 21. Januar 2014 trafen sich Michael Hartmann und BKA-Präsident Jörg Ziercke zu einem gemeinsamen

Essen in Mainz.

a) Häufigkeit und regelmäßiger Ablauf derartiger Treffen

Nach Aussage des Zeugen Braß hätten derartige Treffen in Mainz zwischen beiden Personen außerhalb des

politischen Parketts geschätzt etwa ein bis zweimal im Jahr stattgefunden.3131

Der Zeuge Ziercke hat bestätigt, sich einmal im Jahr mit Michael Hartmann zu einem solchen Abendessen ge-

troffen zu haben.3132

Zum Verhältnis zwischen Michael Hartmann und BKA-Präsident Ziercke hat der Zeuge Braß ausgesagt:

„[…] Herr Hartmann [war, Anm.] ein wichtiger Ansprechpartner von Herrn Ziercke in der AG Innen
der SPD-Bundestagsfraktion […], und das über mehrere Jahre hinweg.“3133

Über den Ablauf und die Gesprächsinhalte derartiger Treffen mit Michael Hartmann hat der Zeuge Ziercke

berichtet:

„[…] Mit Herrn Hartmann telefonierte ich gelegentlich und traf mich in den letzten Jahren circa einmal
im Jahr auch zu einem Abendessen im Umkreis von Mainz. Immer ging es darum, kriminal- und
rechtspolitische Themen zu erörtern. Für mich waren es interessante Rückmeldungen zur Arbeit des
BKA, zur Sicherheitsarchitektur und zu kriminalpolitischen Entwicklungen durch einen angesehenen
Innenpolitiker. Ich kann nicht ausschließen, dass wir im Zusammenhang mit Diskussionen über orga-
nisierte Kriminalität auch über die Bekämpfung der internationalen Kinderpornografie und die Rechts-
lage in Deutschland gesprochen haben. Niemals aber hat Herr Hartmann bei unseren Kontakten die
rote Linie überschritten, die eine Verletzung meiner Amtspflichten bedeutet hätte. Nie haben wir in
dieser Zeit über den Fall Edathy gesprochen […]“3134

3129 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 10.
3130 MAT B-Hart 18(27)54-3, Bl. 2 (2), Schreiben des Rechtsbeistandes des Zeugen Hartmann an die Staatsanwaltschaft Berlin vom 11. Juni 2015.
3131 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 42.
3132 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 70.
3133 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 41.
3134 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 7 f.

Drucksache 18/6700 – 690 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

b) Gesprächsinhalte am 21. Januar 2014

Zum Treffen am 21. Januar 2014 hat der Zeuge Ziercke ausgesagt:

„Wir haben über organisierte Kriminalität uns unterhalten - das kann durchaus sein; das habe ich auch
eingeräumt -, aber nicht über das Verfahren ‚Spade‘, sondern allgemein: Was haben wir auch in der
Vergangenheit schon vor dem Hintergrund, dass das Thema Löschen und Sperren, ja immer irrtümlich
interpretiert als ‚Löschen statt Sperren‘ - - Das ist ja nie das Thema gewesen eigentlich. Darüber haben
wir uns schon unterhalten, und dies in Verbindung mit der Vorratsdatenspeicherung.“3135

An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„[…] Über Herrn Edathy ist nicht gesprochen worden. Auch über die Einleitung eines Verfahrens oder
eine eventuelle Durchsuchung bei Herrn Edathy ist nicht gesprochen worden. Dies wäre auch inhalt-
lich gar nicht möglich gewesen, weil die Staatsanwaltschaft Hannover und die Generalstaatsanwalt-
schaft Celle, wie wir aus der Anhörung im Innenausschuss wissen, erst am 28. Januar 2014 zu einer
Entscheidung gekommen sind und nicht schon am 21. Januar oder davor. Ich habe davon aber erst
nach dem 10. Februar 2014 erfahren. […]“3136

Der Zeuge Hartmann hat bestätigt, am 21. Januar 2014 mit BKA-Präsidenten Ziercke nicht über den Fall Edathy

gesprochen zu haben.3137

c) Aussage Edathys, Hartmann habe ihn zuvor über das bevorstehende Treffen mit Ziercke infor-
miert

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Edathy ausgesagt, Michael Hartmann habe ihn über das bevorstehende

Treffen mit Jörg Ziercke informiert. Wörtlich hat er ausgesagt:

„[…] Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann …

- teilte mir Mitte Januar 2014 telefonisch mit, dass er sich erneut mit BKA-Präsident Jörg Ziercke
treffen werde, voraussichtlich am 21.01.2014. […]“3138

An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„[…] Ich habe mal geguckt. Es gibt noch eine SMS. […], die habe ich von meinem Anwalt, Herrn
Noll, bekommen im Januar. Diesem hatte ich mitgeteilt, ich habe die Information von meiner Quelle,
der trifft sich noch mal mit dem BKA-Chef. […] Da hatte mir dann Herr Noll eine SMS geschickt:
‚Gab es gestern Abend was Neues?‘ Gestern Abend, das war, wie mir Herr Hartmann sagte, halt das
geplante Treffen. […] Hartmann und Ziercke wollten - zu Abend essen – […]- - ob es da was Neues
gebe. Das war aber nicht der Fall. […]“3139

Der Zeuge Noll hat sich an die erwähnte SMS nicht erinnern können:

3135 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 37.
3136 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 16.
3137 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 79.
3138 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 28.
3139 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 20.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 691 – Drucksache 18/6700

„Ich konnte mich an die SMS nicht erinnern. Ich war ja dabei, als er Ihnen die mitgeteilt hat. Das war
mir jetzt nicht mehr bewusst. Der 22. Januar war ja der Tag, an dem ich mich mit Herrn Oberstaats-
anwalt Klinge in Hannover getroffen habe. Ich kann jetzt nur spekulieren, was ich damit gemeint
haben könnte, nämlich logischerweise, ob er etwas Neues von Herrn Hartmann erfahren haben würde.
Und wenn ich die Frage ‚Was Neues?‘ gestellt habe, muss ich auch Anlass gehabt haben, die Frage
konkret an diesem Tag zu stellen. Also, mutmaßlich habe ich gewusst, dass Herr Hartmann vielleicht
neue Informationen haben könnte. Aber das erinnere ich nicht mehr, wie ich die ganze SMS nicht
mehr weiß […].“3140

Auf die Frage, woher Sebastian Edathy von dem Treffen am 21. Januar 2014 gewusst haben könnte, hat der

Zeuge Hartmann geantwortet:

„Vermutlich haben wir uns darüber ausgetauscht. Rein private Treffen mit Herrn Ziercke hatte ich
nie.“3141

An anderer Stelle hat der Zeuge Hartmann erklärt:

„[…] Herr Edathy kannte den Termin offensichtlich. Diesen Termin gab es. Aber er kannte keine
Inhalte. Es ging nicht um ihn bei diesem Gespräch.“3142

6. Angebliches Gespräch von Michael Hartmann mit Heiner Staschen am 25. Januar 2014

Am 25. Januar 2014 kam Michael Hartmann bei einer Veranstaltung mit dem Büroleiter von Thomas Opper-

mann, Heiner Staschen, ins Gespräch.

Die Gesprächssituation hat der Zeuge Staschen wie folgt beschrieben:

„[…] Ich war am 25. Januar auf verschiedenen Veranstaltungen im Vorfeld des Sonderparteitages der
SPD. […] Ich meine, mich an ein Gespräch mit Herrn Hartmann zu erinnern. Es war aus meiner Er-
innerung her aber eher bei der Berliner Republik, bei der Herr Hartmann Mitherausgeber ist, als bei
der Veranstaltung des Vorwärts. Ich erinnere mich, jedenfalls flüchtig, an eine Gesprächssituation,
indem ich mit Herrn Hartmann geredet habe. Ein Thema war, dass er mich gefragt hat, was ich von
Frau Fahimi halte, wenn ich mich richtig erinnere. Sie sollte am nächsten Tag zur Generalsekretärin
gewählt werden, und das war an dem Tag Thema, dass die Leute sagten: Mensch, warum wird die
denn Generalsekretärin, und was ist denn von der zu halten?

[…]

Sie hatte sich auf der Parteivorstandssitzung vorher vorgestellt, an der ich teilgenommen hatte.
[…]“3143

3140 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 41 f.
3141 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 117.
3142 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 118.
3143 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 9 f.

Drucksache 18/6700 – 692 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

a) Aussage Sebastian Edathys, Hartmann habe ihm in einem späteren Telefonat berichtet, Staschen
habe ihn bei dieser Veranstaltung auf den Fall Edathy angesprochen

Der Zeuge Edathy hat in seiner Vernehmung ausgesagt, Michael Hartmann habe ihm später telefonisch berich-

tet, er sei auf der besagten Veranstaltung von Heiner Staschen auf den Fall Edathy angesprochen worden. Wört-

lich hat der Zeuge Edathy erklärt:

„[…] Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann […] teilte mir telefonisch mit, am Vor-
abend des SPD-Sonderparteitages, der am 26.01.2014 in Berlin stattfand – […] habe ihn […] bei
einem Presseempfang Heiner Staschen, Büroleiter von Thomas Oppermann, […] auf mich angespro-
chen. Heiner Staschen habe sich

- Hartmann gegenüber -

folgendermaßen geäußert: ‚Wie geht das eigentlich weiter mit Sebastian? Der ist doch nicht mehr
tragbar. […]“3144

Seine damalige Schlussfolgerung auf diesem Gespräch hat der Zeuge Edathy in seiner Vernehmung dargelegt:

„[…] Die Haltung von Oppermann muss sich im Laufe der Wochen verändert haben. Ich hatte spätes-
tens im Januar den Eindruck, dass er - - Das war auch die Wahrnehmung von Hartmann, wie er mir
sagte. Hartmann ging davon aus, Oppermann hat irgendwie geschlossen, dass wir über die Sache ge-
redet haben oder noch diesbezüglich laufend in Kontakt sind. Mein Eindruck war dann, dass er ver-
sucht hat, über Michael Hartmann, ohne das formal so zu machen - das wäre auch nicht besonders
klug gewesen -, diese Idee eines möglichen Mandatsverzichts mir nahezubringen. […]“3145

An anderer Stelle hat der Zeuge Edathy ausgeführt, dass ihn diese Information bewogen habe, ernsthaft über

einen Mandatsverzicht nachzudenken.3146

Seine damaligen Gedankengänge hat er wie folgt beschrieben:

„[…] Als mir Hartmann darüber berichtet hat, war für mich klar, dass es von der Gestreutheit, mit der
mutmaßlich diese Information - ich stehe da auf einer Liste, und da könnte was passieren - - dass die
Breite der Streuung dieser Information für mich überhaupt nicht mehr steuerbar war. Sehen Sie, das
war dann auch Ende Januar für mich der Punkt, wo ich gesagt habe: Okay, ich bitte meinen Anwalt,
einen Termin beim Notar zu machen.

Für mich war ja klar - das habe ich ja vorhin gesagt -: Innenpolitik erledigt, BKA-Spitze weiß Be-
scheid. Um Himmels willen, da können Sie im Bereich der Innenpolitik nichts Gescheites mehr ma-
chen. Da sind Sie im Zweifelsfall erpressbar, wenn man es übel mit Ihnen meint. […] Da können Sie
nicht unbefangen arbeiten. […] Wenn das BKA weiß, sie haben da was in der Hand, ob strafrechtlich
relevant oder nicht, aber wenn das - auch wenn sich herausgestellt hat, das ist nicht strafrechtlich
relevant - dann gestreut worden wäre an die Medien, da war was, das hätte auch dann einfach gereicht,
mit fertigzumachen, mich politisch zu erledigen.

Als ich aber hörte, der Büroleiter von Oppermann weiß es auch, wird da gegenüber Hartmann vorstel-
lig - wahrscheinlich auf eigene Rechnung ja nicht -, war das für mich ein klares Indiz: Er hatte sozu-
sagen den Auftrag. Oppermann wollte das vielleicht nicht selber machen, also schickt er halt seinen

3144 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 28 f.
3145 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 16.
3146 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 16.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 693 – Drucksache 18/6700

Büroleiter und lässt Hartmann, weil man weiß, der ist mit mir in der Sache in Gesprächen, ausrichten,
das wäre doch eine ganz gute Lösung, wenn ich mich vom Mandat zurückziehe.

Das war der Punkt, wo für mich letztendlich fast schon völlig klar war bis zur Unterzeichnung meines
Verzichts beim Notar, dass das nicht nur in der Innenpolitik nichts wird, sondern im Bundestag insge-
samt […].“3147

Die Information, dass Michael Hartmann vom Büroleiter von Thomas Oppermann auf die Causa Edathy ange-

sprochen worden sei, habe Edathy nach eigenen Angaben auch an Rechtsanwalt Noll weitergegeben.3148

b) Aussage des Zeugen Noll

Der Zeuge Noll hat in seiner Vernehmung bestätigt, dass Edathy in einem Telefonat erwähnt habe, auch der

Büroleiter von Thomas Oppermann wisse über den Fall Bescheid.3149

An das Telefongespräch hat sich der Zeuge Noll wie folgt erinnert:

„[…] Herr Edathy sagte mir das in einem Telefonat. Ich meine, das war Ende Januar. Ich glaube, das
richtig zuzuordnen. Das könnte dasselbe Telefonat gewesen sein, in dem er auch sagte, dass jetzt alle
Register gezogen werden sollen. Es ist jedenfalls in engem zeitlichen Zusammenhang damit, mindes-
tens. […] Er war bestürzt, dass jetzt auch schon die Büroleiterebene informiert sei; das war seine
Formulierung: Büroleiterebene. Damit wollte er - - oder hat mir auch in dem Telefonat zu verstehen
gegeben, dass er eben Kenntnis hat, dass Herr Oppermann mit seinem Büroleiter gesprochen hat. Der
Name Staschen fiel damals, glaube ich, nicht; den habe ich dann später erfahren. Das war für Herrn
Edathy eben deswegen bedeutsam, weil er davon ausging, dass der Büroleiter dann vielleicht mit an-
deren Büroleitern oder anderen Personen in seinem Umfeld wiederum sprechen würde.“ 3150

An anderer Stelle hat der Zeuge Noll ausgesagt:

„[…] Herr Edathy warf dann in diesem Telefonat, als es um den Büroleiter von Herrn Oppermann
[…] ging, die Frage auf: Wem hat Herr Oppermann es eigentlich nicht erzählt? - Ich glaube, da fiel
auch die Frage, ob er es auch seiner Putzfrau erzählt hätte. Es war für ihn völlig klar, dass das alles
durch sei. Das war am ersten Tag schon klar, weil er ja wusste, sein Parteivorsitzender weiß es, sein
Fraktionsvorsitzender weiß es, der Erste PGF weiß es. Dass seine politische Karriere vorbei war, war
an diesem Tag dann schon klar. Die Frage war nur, wie es weitergehen würde, ob es öffentlich werden
würde. Und mit jeder weiteren Person war es immer klarer. […]“3151

c) Aussage des Zeugen Staschen, dass über Sebastian Edathy an dem Abend nicht gesprochen wor-
den sei

Der Zeuge Staschen hat bestritten, über einen möglichen Rücktritt Sebastian Edathys mit Michael Hartmann

gesprochen zu haben:

„[…] Ich schließe aus, dass ich mit Herrn Hartmann über den Rücktritt von Herrn Edathy geredet
habe. Dazu gab es keinen Anlass, und wenn, dann hätte ich ein solches Gespräch sicherlich nicht
ausgerechnet auf einer öffentlichen Veranstaltung in Gegenwart von sehr vielen Leuten geführt. Den

3147 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 29.
3148 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 124.
3149 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 11.
3150 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 41.
3151 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 12.

Drucksache 18/6700 – 694 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

mir zugeschriebenen Auftrag, ich solle im Auftrag von Herrn Oppermann über Herrn Hartmann für
den Rücktritt von Herrn Edathy sorgen, halte ich für völlig abwegig. Einen solchen Auftrag hatte ich
nicht. Ein solcher Auftrag würde auch nicht meiner Aufgabe und meinem Selbstverständnis als Mit-
arbeiter der Fraktion entsprechen. Es steht einem Mitarbeiter einer Fraktion aus meiner Sicht schlicht
nicht zu, einen Abgeordneten zum Rücktritt aufzufordern oder einen anderen Abgeordneten zum
Rücktritt eines dritten Abgeordneten aufzufordern. Das würde sich jeder Abgeordnete zu Recht ver-
bitten. Das entspricht nicht der eingeübten Rollenteilung zwischen Abgeordneten und ihren Mitarbei-
tern. Es entspricht auch nicht meiner Rolle und meiner Auffassung von Aufgaben eines Mitarbeiters
und dem notwendigen Respekt vor dem Mandat eines Abgeordneten. […]“3152

Über die gesundheitliche Situation Edathys sei nicht gesprochen worden. Der Zeuge Staschen hat dazu erklärt:

„[…] ich wusste damals ja gar nichts über die Situation von Herrn Edathy, dass ich da jetzt über Herrn
Edathy angefangen hätte zu reden.“3153

d) Aussage des Zeugen Oppermann, dass er mit seinem Büroleiter nicht über die Verdachtsmomente
gegen Edathy gesprochen habe

Der Zeuge Oppermann hat dargestellt, mit seinem Büroleiter bis zu dessen Mandatsniederlegung niemals über

die Causa Edathy gesprochen zu haben:

„[…] Ich habe bis zur Mandatsniederlegung Edathys auch nicht mit meinen Mitarbeitern über die
gegen Sebastian Edathy vorliegenden Verdachtsmomente gesprochen. Die Unterstellung, ich hätte
meinen Büroleiter Herrn Staschen informiert oder diesen gar beauftragt, mit Michael Hartmann über
Sebastian Edathy zu sprechen, weise ich entschieden zurück. […]“3154

e) Aussage des Zeugen Michael Hartmann

Der Zeuge Hartmann hat sich in seiner Vernehmung auf Nachfrage nicht erinnern können, ob es zu dem besagten

Kontakt mit Heiner Staschen gekommen ist, er habe dies weder ausschließen noch bestätigen können.3155

7. Telefonate zwischen Michael Hartmann und dem Präsidenten des Landeskriminalamtes Rheinland Pfalz
Wolfgang Hertinger im Januar 2014

Ende Januar 2014 erhielt der Präsident des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz Wolfgang Hertinger mehrere

Anrufe von Michael Hartmann.

a) Darstellung der Telefonate durch den Zeugen Hertinger

Der Zeuge Hertinger hat vor dem Untersuchungsausschuss den Inhalt der Telefonate wie folgt wiedergegeben:

„[…] Ende Januar 2014 - das genaue Datum kann ich nicht angeben - erhielt ich einen Anruf von
Herrn Michael Hartmann. Er bat mich um Auskünfte zu dem Verfahren. Den genauen Wortlaut seiner

3152 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 10.
3153 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 44.
3154 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 169.
3155 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 106.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 695 – Drucksache 18/6700

Fragen kann ich nach nunmehr einem Jahr nicht wiedergeben. Nach meiner Erinnerung galt sein Inte-
resse der Unterscheidung von strafbarem von nicht strafbarem Material, wie intensiv Rheinland-Pfalz
von dem Verfahren betroffen sei und wie bei den Ermittlungen vorgegangen werde. Herr Hartmann
fragte nicht nach bestimmten Personen; das betone ich ausdrücklich.

Ich war wegen seines Anrufs bei mir schon etwas konsterniert und wusste zunächst nicht recht, wie
damit umgehen. Ich gab ihm zu verstehen, dass ich keine Detailkenntnisse zu dem Verfahren hatte
und selbst erst mal Informationen einholen müsse; er könne mich noch einmal anrufen. Ich sage ganz
offen, dass ich nach diesem Gespräch nicht so recht wusste - ich war mir nicht darüber im Klaren -,
was Herr Hartmann eigentlich von mir wollte. Allerdings, ja, entstand bei mir eine gewisse Vorsicht.
Ich entschloss mich, ihm keinerlei Auskünfte zu dem Verfahren zu geben, und holte bei der Ansprech-
stelle Kinderpornografie auch keine Informationen dazu ein. […]

Einen oder zwei Tage später rief Herr Hartmann wieder bei mir an. Ich habe ihn allerdings bei diesem
Anruf nicht von vornherein abgewiesen, was zweifellos besser gewesen wäre. Aber ich habe ihn erneut
hingehalten. Ich hatte insgeheim die Hoffnung, dass er mein Zögern bemerken und von seinen Nach-
fragen absehen werde.

Einen oder zwei Tage später erfolgte ein weiterer Anruf von Herrn Hartmann bei mir. Diesmal sagte
ich ihm, dass ich ihm keine Auskunft erteilen werde, dass er vielmehr sich und mich mit seinen Fragen
nach den Ermittlungen in große Schwierigkeiten bringen könne. Daraufhin erklärte Herr Hartmann,
dass er dies auf keinen Fall wolle, und wir beendeten das Gespräch. […]“3156

Der Zeuge Hertinger hat erklärt, Michael Hartmann habe nach „dem Verfahren, über das die Presse berichtet

habe“ 3157, gefragt. Die Bezeichnung „Operation „Selm““ sei in diesem Zusammenhang nicht gefallen. Auch

hätten weder die Namen „Edathy“ oder „Ziercke“ noch das Bundeskriminalamt Erwähnung gefunden.3158 Über

den Beamten „X“ habe Hertinger nach eigener Aussage weder mit Michael Hartmann noch mit einer anderen

Person außerhalb des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz gesprochen.3159

Auf Nachfrage hat der Zeuge Hertinger geantwortet, er habe den Eindruck gehabt, dass Michael Hartmann

konkrete Kenntnisse über den Gesprächsgegenstand gehabt habe. Dass es aber um einen konkreten Sachverhalt

gegangen sei, habe sich aus dem Gespräch nicht ergeben. Es habe sich um relativ allgemeine Fragen mit vor-

wiegendem Bezug zu Rheinland-Pfalz gehandelt.3160

Auf die Frage, ob derartige Anrufe mit dem Ziel, Auskünfte zur Polizeiarbeit er zu erhalten, ungewöhnlich seien,

hat der Zeuge Hertinger erklärt:

„Also für einen Bundestagsabgeordneten ist es eher ungewöhnlich. Es war der einzige Kontakt zu
einem Bundestagsabgeordneten. […]“3161

3156 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 9.
3157 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 11.
3158 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 12.
3159 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 14.
3160 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 12.
3161 Hertinger, Protokoll-Nr. 24, S. 15.

Drucksache 18/6700 – 696 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

b) Einlassung des Rechtsanwaltes von Michael Hartmann

Der Rechtsbeistand von Michael Hartmann hat in einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft Berlin zu dem

Sachverhalt erläutert:

„[…] Das Motiv des Anrufes bei dem LKA-Präsidenten Rheinland-Pfalz hatte nichts mit Edathy zu
schaffen. Hartmann erwartete nicht, dass im LKA Rheinland-Pfalz Ermittlungen gegen Edathy geführt
wurden […].“3162

c) Aussage Sebastian Edathys, Hartmann habe ihm von einem Telefonat mit einem Vertreter des
Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz berichtet

Der Zeuge Edathy hat ausgesagt, Michael Hartmann habe ihm in einem Telefonat berichtet, er habe sich Januar

2014 im Bereich des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz erkundigt, wie man dort in derartigen Verfahren mit

den Kategorisierungen 1 und 2 umgehe. Die Idee dafür habe Michael Hartmann gehabt. 3163 Wörtlich hat der

Zeuge Edathy erklärt:

„[…] Er hat mir mal gesagt, dass er, also Hartmann, um eine generelle Einschätzung zu bekommen,
wie überhaupt in den Bundesländern umgegangen wird mit diesem Vorgang ‚Selm‘ und mit den Kun-
den - - Das heißt, ich finde irgendwie das etwas unglücklich, mit Kategorie 1 und 2 zu argumentieren,
weil man damit unterstellt, 1 ist strafbar und 2 ist ein bisschen strafbar. Ich halte es eher für sinnvoll,
zu sagen, legal und nicht legal, also: Wie wird in den verschiedenen Bundesländern eigentlich einge-
schätzt, wie man mit Kunden, die legales Material bestellt haben, umgehen soll? Und da sagte mir
Hartmann - ich kann jetzt nicht genau sagen, wann das war; Anfang des Jahres 2014, wahrscheinlich
im Januar -, er hätte auch beim Präsidium des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz - da hätte er gute
Verbindungen - mal nachgefragt: Wie wird das eigentlich bei euch gehandhabt?“3164

An anderer Stelle hat der Zeuge Edathy ausgeführt:

„[…] es ging nicht um mich, sondern es ging darum, einen Eindruck zu bekommen, wie eine Landes-
sicherheitsbehörde - in dem Fall in Rheinland-Pfalz - mit dieser Thematik umgeht, ob es da Verbin-
dungen, ob es Absprachen gegeben hat zwischen den Landeskriminalämtern zum Beispiel. Herr Hart-
mann war einige Zeit, glaube ich, Pressesprecher des Innenministeriums in Rheinland-Pfalz und sagte:
Ich habe da einen in der Leitung in Rheinland-Pfalz vom LKA, eine Vertrauensperson. Die kann ich
mal kontaktieren und fragen: Gibt es da irgendwelche Absichten, obwohl schon einige Zeit ins Land
gegangen ist, noch mal irgendwas Konzertiertes zu machen? - Die Rückmeldung von Hartmann war
dann, dass er da eher auf Blockade gestoßen sei, dass seine Vertrauensperson ihm gesagt habe, das sei
ein heißes Eisen insgesamt und dazu könne keine Auskunft gegeben werden.“3165

Der Zeuge Edathy hat auf Nachfrage klargestellt, die Erkundigungen Michael Hartmanns hätten sich auf das

Gesamtverfahren in Kanada bezogen. Namen seien im Zusammenhang mit der Vertrauensperson beim Landes-

kriminalamt Rheinland-Pfalz nicht gefallen.3166

3162 MAT B-Hart 18(27)54-4, Bl. 2 (3), Schreiben des Rechtsbeistandes des Zeugen Hartmann an die Staatsanwaltschaft Berlin vom 25. Februar
2015.

3163 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 134.
3164 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 113 f.
3165 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 134.
3166 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 126.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 697 – Drucksache 18/6700

d) Aussage des Zeugen Noll

Der Zeuge Noll hat in seiner Vernehmung angegeben, Sebastian Edathy habe ihm gegenüber erwähnt, dass

Michael Hartmann mit einer Kontaktperson im Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz gesprochen habe:

„[…] Weil Sie aber nach weiteren Personen fragen, fällt mir natürlich ein, dass er [Edathy, Anm.]
erwähnt hat, dass Herr Hartmann auch mal mit jemandem vom LKA in Rheinland-Pfalz gesprochen
habe. Da fiel kein Name, da fiel keine Position. Aber das fand auch mal Erwähnung. Da kam aber
offenbar inhaltlich nichts. Aber er hat mich informiert, dass er mit Herrn Hartmann darüber gespro-
chen hat und dass Herr Hartmann ihm da von einem entsprechenden Kontakt offenbar berichtet
hat.“3167

Auf Nachfrage, von wem die Idee zu dieser Kontaktaufnahme gestammt habe, hat der Zeuge Noll geantwortet:

„Ich nehme an, dass das Herr Hartmann gemacht hat. Es war sein Kontakt. Also, für mich hörte sich
das so an, dass er da nachgefragt hat. Dass das auf eine Initiative von Herrn Edathy zurückgehen
könnte, glaube ich eher nicht, weil der ja gar nicht wusste, dass Herr Hartmann diesen Kontakt hat. So
hat es sich mir dargestellt. Ich glaube nicht, dass das so war.“3168

XVI. Weitere Entwicklung und Ereignisse bis zur Niederlegung des Bundestagsmandates
durch Sebastian Edathy

1. Besprechung des weiteren Vorgehens bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle am 28. Januar 2014

Am 28. Januar 2014 fand bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle eine Besprechung über das weitere Vorgehen

in der Causa Edathy statt. Im Ergebnis wurde zwischen den Beteiligten ein Anfangsverdacht bejaht, mit der

Konsequenz der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens einschließlich der Beantragung von Durchsuchungsbe-

schlüssen, Stellung eines Antrags zur Aufhebung der Immunität sowie der Durchführung von Durchsuchungs-

maßnahmen (siehe oben C. XVI. 2.).

2. Gespräche zwischen Sebastian Edathy und Michael Hartmann

a) Treffen von Hartmann und Edathy in dessen Wohnung am 28. Januar 2014

Am 28. Januar 2014 trafen sich Michael Hartmann und Sebastian Edathy in Edathys Berliner Wohnung.

aa) Aussage Edathys, dass Hartmann ihm eine Mandatsniederlegung nahegelegt habe

Der Zeuge Edathy hat dazu dem Untersuchungsausschuss berichtet:

3167 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 23.
3168 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 23.

Drucksache 18/6700 – 698 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann […] besuchte mich am 28.01.2014 in mei-
ner Wohnung in Berlin-Mitte.

Wir hatten uns also verabredet und waren auch länger zusammen. Das hat vielleicht zwei bis drei
Stunden, zweieinhalb Stunden realistisch - - Wir haben sehr lange gesessen und, ja, ein bisschen was
getrunken und uns einfach ausgetauscht, wie die Situation ist und was es da für Perspektiven geben
könnte. Jedenfalls besuchte er mich am 28. Januar 2014 in meiner Wohnung in Berlin-Mitte. […]

Michael Hartmann -

legte mir nahe, darüber nachzudenken, mein Bundestagsmandat niederzulegen.

Das war noch nicht so massiv, dieses Nahelegen. Klar, da war nichts mit Erpressung oder was, aber
er sagte so: An deiner Stelle, auch wenn es dir schwerfällt: Überleg mal, ob das nicht in Betracht
kommt, das Mandat niederzulegen. […]“3169

Weiter hat der Zeuge Edathy ausgeführt, Michael Hartmann habe ihm von seinem Eindruck berichtet, Thomas

Oppermann wolle ihn als „Boten“ einsetzen:

„[…] Bei dem Gespräch in der Wohnung hatte er [Hartmann, Anm.] mir schon gesagt, Oppermann
fände das gut. Er hätte sich schon mal über meine Übergangsgeldansprüche Gedanken gemacht, also
Oppermann jetzt.

Das war auch der Termin, wo mir Hartmann sagte, er hätte den Eindruck, dass Oppermann ihn da ein
bisschen als Boten einsetzen will mir gegenüber. […]“3170

An anderer Stelle hat der Zeuge Edathy erklärt:

„[…] Hartmann hat mir gesagt […], Oppermann habe bei einem kürzlichen Gespräch mit Hartmann
schon mal ausgerechnet, wie viel Übergangsgeldanspruch ich hätte im Falle meines Mandatsverzich-
tes, dass das politisch vielleicht sinnvoll sein könnte, wenn ich nicht weiter dem Bundestag angehöre.
[…]“3171

Auf Nachfrage, ob er ausschließe, dass Thomas Oppermann angeregt oder angewiesen habe, ihn über die Sach-

verhalte auf dem Laufenden zu halten und dass Oppermann Auslöser für die Kontaktaufnahme von Michael

Hartman mit ihm gewesen sei, hat der Zeuge Edathy geantwortet:

„Ich habe keinen Grund zu einer solchen Annahme.

[…]

Eher im Gegenteil. Mein Eindruck ist - um das noch mal zu unterstreichen -, dass Oppermann erst mal
versucht hat, Hartmann unter Druck zu setzen, mich nicht zu informieren. Dass er irgendwann dann
doch so zur Kenntnis genommen haben muss, dass mutmaßlich diese Information stattgefunden
hat - - Thomas Oppermann ist jemand, der auf veränderte Situationen sehr schnell zu reagieren weiß,
wie Ihnen auch möglicherweise bekannt ist, und er hat dann einfach wohl die Tatsachen zur Kenntnis
genommen und versucht, das Beste daraus zu machen aus seiner Sicht. Das scheint dann gewesen zu

3169 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 29 f.
3170 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 110.
3171 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 146.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 699 – Drucksache 18/6700

sein, den Versuch zu unternehmen, über Hartmann darauf hinzuwirken, ohne dass er dafür einen förm-
lichen Auftrag bekommen haben wird. […]“3172

bb) Aussage des Zeugen Hartmann, Edathy habe sich entschlossen, den Deutschen Bundestag zu verlassen

Der Zeuge Hartmann hat in seiner Vernehmung den Verlauf seines Gespräches mit Sebastian Edathy wie folgt

wiedergegeben:

„[…] Edathys Zustand wurde schlechter. Am 28. Januar besuchte ich ihn deshalb zum ersten und
einzigen Mal in seiner Berliner Wohnung. Wenn ich mich richtig erinnere, teilte er mir da auch mit,
dass er sich für längere Zeit bereits habe krankschreiben lassen. Ich traf dort einen ohne Frage ver-
zweifelten und fast gebrochenen Menschen an. Sein Entschluss, den Deutschen Bundestag zu verlas-
sen, schien festzustehen. Er wollte sich zu Freunden zurückziehen. Als Gründe nannte er nicht alleine
die mögliche drohende Rufschädigung wegen des Bezugs aus seiner Sicht legaler Abbildungen, son-
dern generelle Karrierezweifel. Seine Leistungen würden aus seiner Sicht offenkundig ohnehin nicht
genügend gewürdigt. Wenn nun diese Sache noch hinzukäme, sei es aus. Er fühlte sich verlassen und
völlig isoliert. Ich denke, so war das auch, oder fast auch.

Das Gespräch war auch davon geprägt, dass er mit mir durchspielte, was ihm im Falle einer von ihm
für möglich gehaltenen strafrechtlichen Ermittlung - - zu gewärtigen sei: Hausdurchsuchung, Be-
schlagnahmen, öffentliche Wahrnehmung des Vorgangs etc. Davor hatte er Angst. Ich konnte sie ihm
nicht nehmen. […]“3173

cc) Aussage Oppermanns

Der Zeuge Oppermann hat in seiner Vernehmung erklärt, einen derartigen vom Zeugen Edathy dargelegten

Auftrag an Michael Hartmann niemals erteilt zu haben.3174

b) Angebliches Telefonat mit Michael Hartmann gemäß der Darstellung Sebastian Edathys

Nach Aussage des Zeugen Edathy habe er wenige Tage nach dem Treffen in seiner Wohnung mit Michael Hart-

mann ein Telefonat geführt.

aa) Aussage des Zeugen Edathy, Hartmann habe mitgeteilt, die Staatsanwaltschaft werde „alle Register“ zie-
hen

Über den Gesprächsinhalt hat der Zeuge Edathy ausgesagt:

„Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann …

- sagte mir […] wenige Tage nach dem Besuch bei mir in der Wohnung am 28. Januar –[…] am
Telefon, es werde ernst, die Staatsanwaltschaft Hannover werde wohl ‚alle Register‘ ziehen.

Es kann auch sein, dass die Wortwahl war ‚volles Programm fahren‘.

3172 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 48 f.
3173 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 79.
3174 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 40.

Drucksache 18/6700 – 700 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Es sei also […] auch mit der Aufhebung meiner Immunität zu rechnen

- mindestens mit dem Antrag; dem wird ja aber fast immer zugestimmt -

und danach mit einer Hausdurchsuchung.

Oder Hausdurchsuchungen. Also, am Ende waren es ja sechs, sechs Maßnahmen, die die Staatsan-
waltschaft da auf den Weg gebracht hat und sich vom Amtsgericht Hannover hat bewilligen lassen,
also meine Privatwohnung im Wahlkreis, meine Privatwohnung in Berlin, mein Privatbüro neben mei-
ner Privatwohnung im Wahlkreis, mein offizielles Bürgerbüro in Nienburg und mein Bürgerbüro in
Schaumburg und mein Bundestagsbüro; macht sechs.

Ja, das war halt dann auch - - Da war für mich klar: Jetzt mach das. Mach den Termin mit dem Notar
und leg das nieder. […]“3175

Ob Michael Hartmann in dem Gespräch gesagt habe, woher er diese Information gehabt habe, daran hatte der

Zeuge Edathy keine Erinnerung:

„[…] Ich habe jetzt nicht konkret in Erinnerung, ob er [Hartmann, Anm.] bei diesem Telefonat gesagt
hat: Das hat mir gerade Ziercke erzählt. - Aber es war zu keinem Zeitpunkt von einer anderen Infor-
mationsquelle die Rede, mit einer Ausnahme: Er hat mir mal gesagt, […] er hätte auch beim Präsidium
des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz […] mal nachgefragt: Wie wird das eigentlich bei euch
gehandhabt?“3176

Laut Aussage von Sebastian Edathy habe Michael Hartmann aber erläutert, woher er die Information habe:

„Das wäre beim BKA so eingegangen als Information der Staatsanwaltschaft Hannover […].“3177

Diese Information habe Sebastian Edathy nach seiner Darstellung dazu bewogen, sein Bundestagsmandat nie-

derzulegen:

„[…] Mir war im Dezember noch nicht klar, dass ich tatsächlich auf das Mandat verzichten würde.
Der Auslöser war ja dann Ende Januar der Hinweis von Hartmann: Staatsanwaltschaft Hannover will
Ernst machen. […]“3178

Zu seiner diesbezüglichen Motivation hat der Zeuge Edathy ausgeführt:

„[…] Es war jedenfalls unter den Optionen, die ich hatte - Mandat behalten und das möglicherweise
alles über sich als Amtsträger hineinbrechen zu lassen, oder den Versuch zu unternehmen, wenn das
überhaupt öffentlich wird, das dann nicht so die große Rolle spielt, wenn es sich um einen ehemaligen
Abgeordneten, einen nicht mehr amtierenden Politiker handelt - - habe ich mich für letztere Option
entschieden, um, ja, Schaden von mir abzuwenden, klar. […]“3179

3175 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 30 f.
3176 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 113 f.
3177 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 111.
3178 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 53.
3179 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 14.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 701 – Drucksache 18/6700

bb) Aussage des Zeugen Hartmann, er habe keine Kenntnis über eine bevorstehende Durchsuchung gehabt

Der Zeuge Hartmann hat ausgesagt, er habe keinerlei Kenntnisse über eine bevorstehende Aufhebung der Im-

munität Edathys oder einer Durchsuchung gehabt:

„[…] Ich hatte keine Kenntnis von einer bevorstehenden Aufhebung der Immunität oder einer Durch-
suchung. Ich hatte keine Kontakte zu niedersächsischen Justiz- oder Polizeibehörden in dieser Sache.
Was ich ihm sicher und mehrfach mitgeteilt habe, ist, dass ich davon ausgehe, im Falle der Aufnahme
von Ermittlungen auch mit strafprozessualen Maßnahmen - - zu rechnen hat. Davon ging er aber auch
selbst aus; denn er kannte sich mit derartigen Verfahren aus. […]“3180

cc) Aussage des Zeugen Ziercke

Nach Aussage des Zeugen Ziercke habe das Bundeskriminalamt von den Durchsuchungsmaßnahmen erst aus

den Medien erfahren:

„[…] Kann ich nicht erinnern, dass ich vorher eine Information bekommen hatte mit dem Hinweis:
Die Staatsanwaltschaft hat jetzt entschieden, wir leiten jetzt gegen Edathy ein, Edathy wird Beschul-
digter. Ein Js-Zeichen müsste ja dann vergeben werden. Damit wäre ja verbunden dann die Aufhebung
der Immunität. Kann ich nicht erinnern, dass ich das zur Kenntnis bekommen habe, habe ich auch
nicht. Das BKA wusste auch nichts von der Durchsuchung; haben meine Mitarbeiter mir auch bestä-
tigt.“3181

Der Zeuge Ziercke hat weiter erklärt, die Führungsinformation Nr. 6 vom 27. November 2013 gekannt zu haben,

in der stand, dass der zuständige Staatsanwalt, Oberstaatsanwalt Klinge, signalisiert habe, dass er grundsätzlich

eine Durchsuchung beim Abgeordneten Sebastian Edathy anregen würde.3182

Nach Aussage des Zeugen Ziercke sei dem Vermerk aber nicht zu entnehmen gewesen, dass von Seiten der

Staatsanwaltschaft eine Entscheidung getroffen worden sei:

„Davon habe ich Kenntnis gehabt. Das hatte ich mit meinem Vertreter auch diskutiert. Wir waren dann
vor der Frage, wenn ich es richtig erinnere - jetzt auch aus der Vorbereitung zu dieser Sitzung -, dass
wir entschieden hatten, darüber das Innenministerium nicht zu informieren, weil wir der Meinung
waren, dass diese Aussage nichts wesentlich Neues ist, dass dies nur sozusagen so eine Art Zwischen-
ergebnis war, aber dass wir dem Ministerium, wenn es denn dazu gekommen wäre, wegen der öffent-
lichen Wirkung auch einer solchen Polizeiaktion oder Staatsanwaltschaftsaktion nur berichtet hätten,
wenn eine Entscheidung getroffen worden ist. Das konnte ich diesem Vermerk nicht entnehmen.“3183

3. Unterrichtung von Rechtsanwalt Noll am 29. oder 30. Januar 2014

Der Zeuge Edathy hat berichtet, er habe Rechtsanwalt Noll am 29. oder 30. Januar 2014 darüber unterrichtet,

dass die Staatsanwaltschaft Hannover nach Aussage Michael Hartmanns nunmehr aktiv werde. Wörtlich hat der

Zeuge Edathy ausgesagt:

3180 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 79.
3181 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 93 f.
3182 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 22.
3183 Ziercke, Protokoll-Nr. 21, S. 22.

Drucksache 18/6700 – 702 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Herr Noll würde Ihnen bestätigen können, […] dass ich ihn am 29. oder am 30. Januar informiert
habe, ich hätte von Hartmann den Hinweis bekommen, die Staatsanwaltschaft Hannover wolle gegen
mich aktiv vorgehen. Ich habe die Wortwahl noch gut in Erinnerung - ich habe die hier auch im De-
zember vorgetragen -: sämtliche Register ziehen, Aufhebung der Immunität beantragen, Durchsuchun-
gen vornehmen. - Das war der Grund für meinen Mandatsverzicht. […]“3184

Der Zeuge Noll hat sich an die Situation wie folgt erinnert:

„[…] Ich bin dann in Urlaub gefahren. Ich erwähne es deshalb, weil es für die zeitliche Zuordnung
eine Rolle spielt. Ich war in Spanien im Urlaub und bin innerhalb dieses Urlaubs einige Tage in Va-
lencia gewesen. Ich habe noch mal nachgeguckt, wann das war. Das war vom 29. bis zum 31. Januar.
Ich habe in diesem Urlaub - ich meine, am ersten Tag dieses Urlaubs; es kann auch der zweite Tag
gewesen sein, also am 29. eher als am 30. Januar - eine SMS von Herrn Edathy bekommen. Herr
Edathy schrieb sinngemäß, er habe von H. erfahren, dass dieser von Z. gehört hätte, dass es jetzt ernst
werde. Das war etwas Besonderes, weil wir bis dahin Namen noch nie benutzt hatten und auch nicht
Abkürzungen von Namen wie H. für Hartmann und Z. für Ziercke. Daher ist mir das noch ganz gut in
Erinnerung. Wir haben daraufhin telefoniert, und er hat mir das inhaltlich dann noch mal bestätigt,
dass es jetzt nach Aussage von Herrn Hartmann ernst werden würde, dass alle Register gezogen wer-
den sollten, also Aufhebung der Immunität, Durchsuchung etc. […].“3185

4. Telefonische Unterrichtung des Bundeskriminalamtes durch die Staatsanwaltschaft Hannover am 31. Ja-
nuar 2014, dass Maßnahmen in nächster Zeit wahrscheinlich seien

Am 31. Januar 2014 deutete Oberstaatsanwalt Klinge von der Staatsanwaltschaft Hannover gegenüber Frau Kri-

minalhauptkommissarin Julia Greiner im Bundeskriminalamt in einem Telefonat in der Causa Edathy an, „dass

weitere Maßnahmen in nächster Zeit wahrscheinlich seien“3186 (Siehe oben C. XVI. 4.).

5. Mitteilung von Sebastian Edathy, dass er sein Bundestagsmandat niederlegen werde.

a) Unterrichtung von Michael Hartmann am 4. Februar 2014

Sebastian Edathy informierte am 4. Februar 2014 Michael Hartmann in einem Telefonat darüber, dass er sein

Mandat als Bundestagsabgeordneter niederlegen werde.3187

Der Zeuge Michael Hartmann hat sich diesbezüglich in seiner Vernehmung erinnert:

„[…] Am 4. Februar teilte mir Herr Edathy telefonisch mit, dass er zum Ende der Woche definitiv sein
Mandat niederlegen werde. Dieses Datum habe ich in genauer Erinnerung, weil mich sein Anruf wäh-
rend der Amtseinführung der neuen Datenschutzbeauftragten des Deutschen Bundestages in Bonn er-
reichte. […]“3188

3184 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 86.
3185 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 11.
3186 MAT A- BKA 18(27)1-3. Nr. 201, Bl. 81 (85), Vermerk der Zeugin Greiner vom 12. Februar 2014.
3187 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 110.
3188 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 79.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 703 – Drucksache 18/6700

b) Unterrichtung von Dennis Nocht und Jens Jenssen

Der Zeuge Nocht hat ausgesagt, Sebastian Edathy habe ihn über seinen Entschluss, sein Mandat niederzulegen,

in der ersten Februarwoche in Kenntnis gesetzt:

„[…] offenkundig hat sein Anwalt dann immer mal wieder versucht, etwas in Erfahrung zu bringen.
Nach dem, was Edathy mir erzählt hat, war das zum größten Teil relativ fruchtlos, Die einzige Verän-
derung war dann in der ersten Februarwoche, als er mich anrief, ob ich mal in sein Büro kommen
könne, was ich dann gemacht habe. Da teilte er mir dann mit, dass es also doch eher schlecht aussieht.

[…]

[…] also dass er jetzt doch die Erwartung hegt, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden wird
und dass er sich jetzt entschlossen habe, das Mandat niederzulegen […].“3189

Woher Sebastian Edathy diese Information bezüglich des Ermittlungsverfahrens hatte, darüber sei nach Aussage

des Zeugen Nocht nicht gesprochen worden.3190

Gemäß der Aussage des Zeugen Jenssen habe Sebastian Edathy ihm am 4. Februar 2014 über seine Absicht, das

Mandat niederzulegen, berichtet.3191

6. Notartermin zur Erklärung des Mandatsverzichts am 6. Februar 2014

Am 6. Februar 2014 hatte Sebastian Edathy einen Termin bei einem Notar, um seinen Mandatsverzicht zu er-

klären. Den Ablauf hat der Zeuge Edathy wie folgt beschrieben:

„[…] Als mir Hartmann darüber [Gespräch mit Heiner Staschen, Anm.] berichtet hat, war für mich
klar, dass es von der Gestreutheit, mit der mutmaßlich diese Information - ich stehe da auf einer Liste,
und da könnte was passieren - - dass die Breite der Streuung dieser Information für mich überhaupt
nicht mehr steuerbar war. Sehen Sie, das war dann auch Ende Januar für mich der Punkt, wo ich gesagt
habe: Okay, ich bitte meinen Anwalt, einen Termin beim Notar zu machen. Praktischerweise war das
Notarbüro im selben Bürogebäude wie das Büro meines Anwalts. Ich habe ihn gebeten, einen Termin
zu machen, um beim Notar dann Anfang Februar meinen Mandatsverzicht zu erklären. […]“3192

Laut der Aussage des Zeugen Schuparis habe er zuvor auf Bitten Edathys herausgefunden, dass ein Mandats-

verzicht zur Niederschrift bei einem Notar erklärt werden könne:

„[…] Ich wusste nur, dass er [Edathy, Anm.] angefragt hatte, ob er, wenn er auf sein Mandat verzichten
würde - und das war vorher der Fall - - was er sozusagen machen müsste. Und da haben wir ihm
herausgesucht, dass er auch eine notarielle Beglaubigung sozusagen abgeben könnte.

[…]

Die [Anfrage, Anm] kam irgendwann, glaube ich, Ende Januar. Aber für mich hat sich das zum Teil
eher nach einer theoretischen Frage angehört. Ich wusste dann auch nicht genau, ob er jetzt - - wie
weit er jetzt wirklich bereit ist, das abzugeben, sein Mandat, weil das hat dann irgendwann auch zum

3189 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 18 f.
3190 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 21.
3191 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 89.
3192 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 29.

Drucksache 18/6700 – 704 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Teil sehr geschwankt. Also, mal war es so weit, dass er gesagt hat: Okay, ich glaube, da kommt was.
- Dann wiederum war er komplett überzeugt - weil es ja nicht strafrechtlich relevantes Material wäre
-, dass er weiterhin sein Mandat behalten würde. […]“3193

Der Zeuge Noll hat bestätigt von Sebastian Edathy gebeten worden zu sein, einen Notartermin zu vereinbaren:

„[…] Er hat mich in diesem Gespräch, das auf die SMS folgte mit H. und mit Z., auch informiert, er
habe sich entschieden, er wolle jetzt sein Mandat niederlegen. Ich solle einen Notartermin vereinbaren.
Ich habe das dann in der Folge gemacht. Er wollte gerne mit mir zum Notar gehen. Ich war bis zum
05.02., heute vor einem Jahr, im Urlaub. Am 06.02. waren wir dann beim Notar. […]“3194

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Edathy klargestellt, zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst zu haben, dass

ebenfalls am 6. Februar 2014 in der Causa Edathy ein Brief der Staatsanwaltschaft Hannover an den Präsidenten

des Deutschen Bundestages erstellt worden war:

„[…] Ich wusste nicht, dass und wann da ein Brief von Hannover nach Berlin unterwegs wäre. Das
war dann einfach eine Überschneidung in den zeitlichen Abläufen, dass ich […] am 6. Februar - beim
Notar war. Dieser Termin beim Notar - das wird Ihnen, falls nötig, auch mein Anwalt bestätigen kön-
nen - ist natürlich nicht am 6. vereinbart worden, sondern mit einem gewissen Vorlauf. Da hätte ich
also, als der Termin beim Notar vereinbart worden ist für den 6. Februar, objektiv gar nicht wissen
können, zu welchem Zeitpunkt eventuell ein Brief von der Staatsanwaltschaft Hannover in die Haupt-
stadt auf den Weg gebracht wird. […]“3195

Auch der Zeuge Noll hat erklärt, keine Kenntnis von dem Brief gehabt zu haben:

„[…] Am 06.02. wurde ja auch ein Brief tatsächlich geschrieben von der Staatsanwaltschaft Hannover.
Das ist dieser Brief, der offenbar sechs Tage brauchte, um in Berlin anzukommen, weil da irgendein
Billig-Postdienstleister gewählt wurde, weil die niedersächsische Justiz offenbar Kosten sparen wollte
und ein Faxgerät nicht zur Hand hatte. Von diesem Brief wussten wir nichts. Wir wussten nicht, dass
der auf den Weg gebracht werden würde konkret. Aber es war klar: Es droht, dass so etwas passieren
kann. Dass das nun derselbe Tag war wie der Gang zum Notar, war letztlich Zufall. […]“3196

7. Abgabe der den Mandatsverzicht beinhaltenden Urkunde beim Präsidenten des Deutschen Bundestages
am 7. Februar 2014

Am 7. Februar 2014 gab der Büroleiter von Sebastian Edathy Maik Schuparis im Büro des Präsidenten des

Deutschen Bundestages die den Mandatsverzicht beinhaltende Urkunde ab. An die Situation hat sich der Zeuge

Schuparis wie folgt erinnert:

„Das war am 07.02. Ich habe vorher im Büro des Bundestagspräsidenten angerufen gehabt und habe
gefragt, wie lange das Büro geöffnet wäre. Bis zum Büroschluss - - da war ich fünf Minuten vorher
da, weil das hatte mir Herr Edathy mit auf den Weg gegeben: Ich solle doch bitte erst zum Büroschluss
seinen Mandatsverzicht einreichen, damit er die Pressemitteilung selber gestalten kann und rausbrin-
gen kann.“3197

Weiter hat der Zeuge ausgeführt:

3193 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 52.
3194 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 12.
3195 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 35.
3196 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 12.
3197 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 52.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 705 – Drucksache 18/6700

„Das war ein Freitag. Ich glaube, man hat mir gesagt, um 14 Uhr oder 16 Uhr. Also 14 Uhr oder 16
Uhr; jetzt bin ich mir nicht hundertprozentig sicher. Ich bin auf jeden Fall fünf Minuten vorher hin.

[…]

[…] ich bin im Vorzimmer vom Bundestagspräsidenten gewesen und habe es eingereicht und habe
das nicht weiter kommentiert.

[…]

Es war ein geschlossener Umschlag, wo draufstand ‚An den Bundestagspräsidenten‘ und ‚Sebastian
Edathy‘. Das war es.“3198

Ob eine Kopie dieser Verzichtserklärung an Thomas Oppermann geschickt wurde, hat der Zeuge Schuparis nicht

sagen können.3199

Der Zeuge Edathy hat zum Ablauf ausgesagt:

„[…] Ich habe mich also dann von meinen Mitarbeitern verabschiedet nach dem Notartermin, habe
meinen Büroleiter gebeten, meine Verzichtserklärung am Freitag ganz kurz vor Büroschluss persön-
lich im Büro des Bundestagspräsidenten abzugeben. Mir war ja klar, wenn ich auf mein Mandat ver-
zichte - ich habe dann ja gesagt: gesundheitliche Gründe -, dann gibt es natürlich - - ein paar Schlag-
zeilen wird es geben, wahrscheinlich auch Nachfragen, warum. Und ich wollte, dass mich das aller-
frühestens Anfang der nächsten Woche erreicht und nicht am Wochenende die Berichterstattung mit-
prägt. Das wäre sicherlich nicht die Topmeldung gewesen, aber das wäre eine Meldung gewesen.
[…]“3200

8. Bekanntgabe seiner Mandatsniederlegung gegenüber der Öffentlichkeit durch Sebastian Edathy am 8.
Februar 2014

Der Zeuge Edathy hat weiter geschildert, er habe dann am Morgen des 8. Februar 2014 per E-Mail die Lokal-

presse seines Wahlkreises und am Abend desselben Tages auf seiner Facebook-Seite über seinen Mandatsver-

zicht informiert:

„[…] Ich habe mich am 8. Februar in Rehburg-Loccum in Niedersachsen mit Gepäck für eine Woche,
zwei Kisten Bier und Lebensmitteln - weil sie so teuer sind in Dänemark - auf den Weg auf eine
dänische Insel gemacht. Da bin ich dann am Abend des 8. eingetroffen. Ich habe an dem 8. Februar
selber, noch während der Autofahrt - also, natürlich nicht während der Autofahrt, sondern bei einer
Pausenunterbrechung -, eine Facebook-Meldung geschrieben, dass ich aus gesundheitlichen Gründen
auf mein Mandat verzichtet hätte. Ich hatte zeitgleich am Morgen noch von meiner damaligen Wahl-
kreiswohnung aus eine E-Mail geschickt an die Lokalpresse mit gleichem Inhalt, wobei mir halt klar
war: Das reicht völlig aus; das dauert dann ein paar Stunden, dann hat es auch dpa. Das ist ja klar. Ich
war ja jetzt irgendwie nicht völlig unbekannt. Also, dass das auch über die Grenzen des Wahlkreises
hinaus eine Meldung wäre, die auf Interesse stößt, war für mich völlig klar. Aber ich habe gesagt:
Okay, das dauert dann ein, zwei Tage, bis das verbreitet ist. […]“3201

3198 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 53.
3199 Schuparis, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 55.
3200 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 32.
3201 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 55.

Drucksache 18/6700 – 706 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

9. Kommunikation mit Sebastian Edathy unmittelbar nach seiner Bekanntgabe des Mandatsverzichts

a) SMS des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann vom 8. Februar 2014

In Reaktion auf den Mandatsverzicht Sebastian Edathys sendete ihm der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfrak-

tion Thomas Oppermann am 8. Februar 2014 eine SMS mit folgendem Wortlaut:

„[…] Lieber Sebastian, die Entscheidung war richtig. Jetzt alles in Ruhe abwarten. Wenn alles über-
standen ist, gibt es immer auch einen Neuanfang. Wenn du Hilfe brauchst, lass es uns wissen. Gruß,
Thomas […]“3202

Zu seiner Motivation, diese SMS zu schreiben, hat der Zeuge Oppermann in seiner Vernehmung erklärt:

„[…] Am 08.02.2014 erfuhr ich aus den Medien, dass Sebastian Edathy sein Bundestagsmandat aus
gesundheitlichen Gründen niedergelegt habe. Die Nachricht hatte mich überrascht, weil eine vorüber-
gehende Erkrankung oder Erschöpfung normalerweise kein Grund ist, auf das Mandat zu verzichten.
Aber wie schon bei dem ersten Hinweis auf seinen schlechten Gesundheitszustand hielt ich es auch
diesmal für möglich, dass seine Entscheidung mit den Ermittlungen aus Kanada zusammenhängt. Für
mich war das auch nicht ausgeschlossen, dass er sich mit den Ermittlungsbehörden arrangiert haben
könnte, um ein peinliches Verfahren bei der Aufhebung seiner Immunität zu vermeiden.

In jedem Fall hatte er eine schwerwiegende Entscheidung getroffen, die seine ganze berufliche Exis-
tenz und damit auch seine politische und persönliche Identität berührt. Der Mandatsverzicht war für
mich ein Indiz dafür, dass er sich in einer schweren Lebenskrise befinden musste. Deshalb wollte ich
ihm Mut machen und habe ihm mit meiner SMS vom 8. Februar zu verstehen gegeben, dass ich die
Entscheidung, auf das Mandat zu verzichten, für richtig halte und dass es nach überstandener Krise
immer auch einen Neuanfang gebe. […]“3203

Gemäß seiner Aussage habe Thomas Oppermann zunächst überlegt, Sebastian Edathy anzurufen, er habe sich

aber dann für das Versenden einer SMS entschieden:

„Ich hatte eine Sekunde darüber nachgedacht, anzurufen, habe das aber sofort verworfen, weil ich
natürlich überhaupt nicht wusste, was der genaue Hintergrund ist. Ich hatte es für möglich gehalten,
dass er sich mit den Ermittlungsbehörden arrangiert hat, um, sagen wir mal, die Peinlichkeit und Öf-
fentlichkeit eines Immunitätsverfahrens zu vermeiden.“3204

An anderer Stelle hat der Zeuge Oppermann ausgeführt:

„[…] Ich wollte […] nicht in einen Dialog mit ihm eintreten. Das war auch der Grund dafür, dass ich
mich gegen einen Anruf entschieden habe. Ich wusste überhaupt nicht, in welcher strafrechtlich rele-
vanten Situation er sich befindet, und deshalb wollte ich da auf keinen Fall einen Fehler machen.
[…]“3205

Auf Nachfrage, ob die Formulierungen in der SMS nicht auch so verstanden hätten werden könnten, dass er

mehr Wissen über den Sachverhalt habe, hat der Zeuge Oppermann geantwortet:

3202 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 137.
3203 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 172.
3204 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 87 f.
3205 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 108.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 707 – Drucksache 18/6700

„Diese Interpretation ist […] nur denkbar, wenn man von heute darauf guckt. […] Damals hatte ich
eine mehrere Monate alte Information, die von Minister Friedrich stammte, hatte den Hinweis, dass
es ihm [Edathy, Anm.] gesundheitlich schlecht geht und dass er sich dann im Januar krankgemeldet
hat. Mehr wusste ich nicht. Und plötzlich kam der für mich total überraschende Mandatsverzicht.

Mein Gedanke war: Wenn einer wie Sebastian Edathy auf sein Mandat verzichtet, dann ganz sicher
nicht aus irgendwelchen gesundheitlichen Gründen. Das ist ja eher ein Grund, das Mandat zu behalten,
als darauf zu verzichten. Aber mir war schon klar, dass bei dem Verdacht, der gegen ihn im Raum
stand, und der Erkrankung - - dass das zwei Dinge sind, die was miteinander zu tun haben. Und wenn
einer wie er, der, sagen wir mal, doch sein Mandat wirklich gerne ausgeübt hat, der gerne Abgeord-
neter war, darauf verzichtet, dann muss er sich in einer ganz tiefen Krise, in einer Lebenskrise befun-
den haben. Das war mir in der Situation klar, und ich wollte mit der SMS nichts anderes, als ihm in
der Situation Mut zuzusprechen, weil ich glaube, er muss sich in einer sehr, sehr miserablen Situation
befunden haben.“3206

An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„[…] eine SMS mit dem Inhalt ‚Gute Besserung‘ schien mir einfach zu banal. Ich wollte ihm etwas
sagen. Ich wollte ihm sagen: Wenn diese Krise überstanden ist, dann gibt es immer auch einen Neu-
anfang.

[…]

[…] Jeder, der ein Problem hat und der oder die dann die Krise - oder was auch immer - überwindet,
dann gibt es eben immer auch Hoffnung. Dann gibt es die Chance auf einen Neuanfang. Dafür steht
‚Neuanfang‘. Ich wollte ihm sozusagen in dieser Lebenssituation ein bisschen Hoffnung machen, ein
bisschen beistehen, und deshalb habe ich diese SMS geschrieben […].

Ich habe diese Worte nicht auf die Goldwaage gelegt. Ich habe sie auch, bevor ich sie abgeschickt
habe, jetzt nicht exakt noch mal genau interpretiert, wie man sie hätte interpretieren können. Ich musste
vage bleiben, weil ich mit ihm nicht offen über […] den möglichen Verdacht reden konnte. Das war
mir klar. Da fühlte ich mich natürlich nach wie vor absolut verpflichtet, obwohl irgendetwas passiert
sein musste. Ich hatte es auch für möglich gehalten, dass er tatsächlich sich mit den Ermittlungsorga-
nen vielleicht arrangiert hätte. Es kann ja noch kein Ermittlungsverfahren gegeben haben - dann hätte
ja die Immunität vorher aufgehoben werden müssen -, aber es hätte ja sein können, dass er zur Staats-
anwaltschaft gegangen ist und sagt: Mensch, ich habe ein Problem. Ich lege mein Mandat nieder, und
dann müsst ihr kein Immunitätsverfahren, keine Aufhebung der Immunität gegen mich durchführen.

Ich hatte ein bisschen die Vorstellung: Wahrscheinlich wollte er sich einer peinlichen Aufhebung in
einem öffentlichen Verfahren, einer peinlichen Aufhebung seiner Immunität entziehen. Das war meine
Vorstellung.“3207

b) SMS-Austausch zwischen Michael Hartmann und Sebastian Edathy

Am 8. Februar 2014 leitete Sebastian Edathy die SMS von Thomas Oppermann an Michael Hartmann weiter

mit dem Kommentar:

„Mir wird schlecht bei so was. Danke!“3208

3206 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 180.
3207 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 181.
3208 MAT A-Eda 18(27)53, Bl. 4 (12), SMS-Verkehr Sebastian Edathys.

Drucksache 18/6700 – 708 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Zeuge Edathy hat ausgesagt, für ihn sei die SMS der Beleg dafür gewesen, dass Thomas Oppermann über

den Sachverhalt informiert gewesen sei:

„[…] Für mich war die SMS von Oppermann der Beleg dafür, dass Herr Oppermann wusste, ich bin
über den Sachverhalt Kanada informiert. Wenn ein Mitglied Ihrer Fraktion sagt - und Sie haben keine
andere Kenntnis -: ‚Ich trete vom Mandat zurück aus gesundheitlichen Gründen‘, dann schreiben Sie
doch irgendwie: Gute Besserung. Was ist denn los? Ist das eine ernsthafte Krankheit? Hat es keine
Alternative gegeben? - Aber, ich meine, würden Sie dann schreiben: ‚Die Entscheidung war richtig‘?
Würden Sie dann schreiben: ‚Jetzt alles in Ruhe abwarten‘? Was denn? Den Verlauf der Krankheit,
oder was? Und deswegen habe ich geschrieben zu Hartmann, mit Weiterleitung der SMS von Opper-
mann: ‚Mir wird schlecht bei so was‘. - Weil das fand ich einfach unnötig, mal abgesehen davon, dass
es nicht klug war, mir so eine SMS zu schicken. Ich habe die auch knapp beantwortet mit: ‚Danke.‘
Punkt. […]“3209

An anderer Stelle hat der Zeuge Edathy dazu ausgeführt:

„[…] Mir war - das war auch der Grund für die Weiterleitung an Hartmann - klar - das war für mich
der Beleg -, dass Oppermann wusste, ich bin im Bilde. […]“3210

Ausweislich dem von Sebastian Edathy vorgelegten SMS-Verkehr antwortete Michael Hartmann auf die SMS

von Edathy:

„Wie besprochen und erwartet. Ich bin da wenn du Hilfe brauchst.“3211

Den weiteren SMS-Verkehr mit Michael Hartmann hat der Zeuge Edathy in seiner Vernehmung wie folgt be-

schrieben:

„[…] Ich hatte ihm da die Nachricht von Oppermann geschickt. Darauf hat er reagiert. Und er schreibt
am 08.02., 23.17 Uhr:

Ich bin da wenn du Hilfe brauchst

Dann schickt er hinterher ein Smiley, also so ein Icon, ein lachendes Gesicht. Und dann schreibt er
noch mal, also drei SMS in Folge:

Ernst gemeint.

Dann antworte ich am späten Abend 08.02.:

Ja, ich weiß. Du hast soviel bei mir gut, dass ich das ein Leben lang nicht zurückgeben kann.

Das hatte ich ihm auch telefonisch gesagt. Wir haben nachher noch mal telefoniert. […]“3212

Ausweislich dem von Edathy vorgelegten SMS-Verkehr antwortete Michael Hartmann darauf per SMS:

„Nein, nein, nein. Darum geht es nicht.“3213

3209 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 57.
3210 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 138.
3211 MAT A-Eda 18(27)53, Bl. 4 (12), SMS-Verkehr Sebastian Edathys.
3212 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 142.
3213 MAT A-Eda 18(27)53, Bl. 4 (12), SMS-Verkehr Sebastian Edathys.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 709 – Drucksache 18/6700
Auf sein Verhältnis zu Michael Hartmann angesprochen, hat der Zeuge Edathy erklärt, er sei Hartmann dankbar

gewesen, dass er ihn informiert habe. Eine Verpflichtung dazu habe er ihm gegenüber nicht gehabt. 3214 Weiter

hat der Zeuge Edathy ausgeführt:

„[…] Meine Interpretation ist, dass Michael Hartmann aus menschlichen Motiven heraus sich mir
gegenüber geäußert hat. […]“3215

„[…] Auch meine Dankbarkeit für Hartmann: Die war ernst gemeint. Ich habe ihm das auch in Ge-
sprächen gesagt, dass ich das ihm hoch anrechne, dass er mich da in Kenntnis gesetzt hat.“ 3216

Der Zeuge Hartmann hat in seiner Vernehmung ausgesagt, keine Erinnerung an die SMS-Kommunikation zu

haben.3217

Zur Textpassage „Wie besprochen und erwartet“ gefragt, hat der Zeuge Hartmann geantwortet:

„Ich kann es interpretieren. Wenn diese SMS von mir stammt, kann das eine Reaktion darauf sein,
dass Herr Edathy nichts erwartet hat von Herrn Oppermann, wenn der der Absender ist, und dass er
das auch schon mit mir besprochen hatte. Aber das ist jetzt wirklich Textexegese und kein Wissen.“3218

Seine Antwort „Nein, nein, nein. Darum geht es nicht.“ hat der Zeuge Hartmann wie folgt erläutert:

„Es geht nicht darum, dass du mir Dankbarkeitsgesten gibst. Es ist für mich selbstverständlich, kolle-
giale Selbstverständlichkeit.“3219

c) SMS vom SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel

Auch der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel sendete Sebastian Edathy eine SMS. Diese hatte folgenden

Wortlaut:

„[…] Hallo Sebastian, es tut mir sehr leid für Dich. Wenn Du Hilfe brauchst, melde Dich. Kopf hoch!
Es kommen auch wieder bessere Zeiten. Dein Sigmar […].“3220

Zu seinen Beweggründen hat der Zeuge Gabriel ausgesagt:

„Das ist, glaube ich, ein paar Tage später gewesen. Ich habe ein bisschen überlegt, ob ich mich melde,
und der Zusammenhang gesundheitliche Gründe und der von mir vermutete Hintergrund, nämlich dass
er in schlechter physischer und psychischer Verfassung ist wegen des Verdachts oder der Debatte um
das Anschauen von nackten Kindern und Jugendlichen, da kann man Sorge haben - und ich hatte diese
Sorge -, dass ein Mensch den Verlust seiner bürgerlichen Existenz vor sich sieht und Dinge macht,
vor denen man Menschen schützen sollte. Und das war die Überlegung, warum ich gesagt habe: Ich
glaube, dass man ihm signalisieren muss, wenn er vor einer solchen Entscheidung steht, dass man ihm
auch Hilfe zukommen lassen kann, um eine solche Entscheidung, die eine Gefahr für Gesundheit oder
Leben beinhaltet, nicht zu treffen.“3221

3214 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 56.
3215 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 56.
3216 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 57.
3217 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 122 f., 126.
3218 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 122.
3219 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 120.
3220 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 75.
3221 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 75.

Drucksache 18/6700 – 710 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Dazu gefragt, ob er davon habe ausgehen könne, dass Sebastian Edathy gewusst habe, dass er über den Sach-

verhalt im Bilde sei, hat der Zeuge Gabriel geantwortet:

„Nein, das nicht. Und ich wollte ihm auch damit nicht signalisieren, was ich weiß, sondern ich habe
mir Sorgen um ihn gemacht, und solche Entscheidungen werden manchmal sehr schnell getroffen,
und dann fragt man sich, ob man hinterher - - Ich habe ein paar Tage überlegt, ob man das macht oder
nicht, und ich […] mochte mir nicht vorstellen, was man sich für Vorwürfe macht, wenn man einem
Menschen in einer solchen Verfassung, von der ich geglaubt habe, wegen des Hinweises ‚gesundheit-
liche Gründe‘, dass er in einer solchen Verfassung ist, kein Hilfsangebot macht. Das wollte ich ver-
meiden.“3222

Zur Frage, was für eine Entscheidung er gemeint habe, hat der Zeuge Gabriel erklärt:

„[…] Ich meinte die Entscheidung, dass er sich was antut bis hin zum möglichen Suizid. Ich halte so
was oder habe so etwas für denkbar gehalten.“3223

In seiner weiteren Vernehmung hat der Zeuge Gabriel klargestellt, dass er sich bei Inanspruchnahme seines

Hilfsangebotes in der SMS die Vermittlung professioneller Hilfe hätte vorstellen können. 3224 Er hat diesbe-

züglich ausgeführt:

„Ich hätte richtig dafür gesorgt, dass es einen Kontakt zu Personen gibt. Im Zweifel hätte ich dafür
gesorgt, dass er einen Anruf bekommt, weil ich jedenfalls aus anderen Beziehungen hinreichend weiß,
dass dann eine professionelle Beratung und Hilfe nötig ist.“3225

XVII. Weitere Entwicklung bis zum 11. Februar 2014

1. Ereignisse im Umfeld oder im Zusammenhang mit den Durchsuchungsmaßnahmen bei Sebastian Edathy

a) Durchsuchungsmaßnahmen bei Sebastian Edathy am 10. Februar 2014

Am 10. Februar 2014 fanden ab 15 Uhr Durchsuchungen am Hauptwohnsitz von Sebastian Edathy in Rehburg-

Loccum, an dessen Berliner Nebenwohnsitz sowie in dessen Bürgerbüros in Nienburg und in Stadthagen statt

(siehe oben Zweiter Teil C. XVIII. 6.).

3222 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 75.
3223 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 122.
3224 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 127.
3225 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 128.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 711 – Drucksache 18/6700

b) Bekanntwerden der Durchsuchungsmaßnahmen in der Bundespolitik am 10. Februar 2014

aa) Kenntnisnahme durch Thomas Oppermann und seinen Büroleiters Heiner Staschen

Nach seiner Aussage habe der Vorsitzende der SPD-Bundestagfraktion Thomas Oppermann durch seinen Pres-

sesprecher am 10. Februar 2014 erfahren, dass es bei Sebastian Edathy zu Durchsuchungsmaßnahmen gekom-

men sein solle. Wörtlich hat der Zeuge Oppermann dazu ausgesagt:

„[…] Am Montag, den 10. Februar 2014, hat mir am Nachmittag mein Pressesprecher am Rande der
Sitzung unseres Fraktionsvorstandes berichtet, dass es Hinweise gebe, dass die Wohnung von Sebas-
tian Edathy in Niedersachsen durchsucht worden sei. Genauere Informationen gab es zunächst nicht.
Es war die Sitzung, in der es um die Themen Diätenreform und Abgeordnetenbestechung ging. Das
hat mich intensiv beschäftigt. Ich hatte von Mittag an durchgehend Termine bis circa 22 Uhr. Ich habe
dann in der Nacht von Montag in der Online-Ausgabe der Harke, einer Nienburger Lokalzeitung,
gelesen, dass der Grund für die Durchsuchungen Ermittlungen wegen Besitzes von Kinderpornografie
seien. […]“3226

Zum Zeitpunkt, an dem er diese Information erhalten habe, hat der Zeuge Oppermann auf Nachfrage angegeben:

„[…] Am Ende der Sitzung des geschäftsführenden Vorstandes. Das ist ein Wechsel gewesen. Im
gleichen Raum hat dann der Fraktionsvorstand stattgefunden. Und in dieser Sitzungsunterbrechung
hat mir mein Pressesprecher gesagt -

[…]

[…] dass es Hinweise darauf gebe, dass bei Sebastian Edathy eine Durchsuchung stattfinde.“3227

Woher er diese Information gehabt habe, habe der Pressesprecher nicht sagen können. Der Zeuge Oppermann

hat dazu ausgesagt:

„Ich habe ihn [den Pressesprecher, Anm.] gefragt, woher er das hat. Das weiß er nicht mehr. Ich ver-
mute aber, dass diese Information von Mitarbeitern stammt, die bei der Durchsuchung im Abgeord-
netenbüro anwesend gewesen sind, dass die das sozusagen per SMS oder wie auch immer weiterge-
geben haben. Wie die Information bei uns gelandet ist, weiß ich nicht.“3228

Der Zeuge Oppermann hat weiter berichtet:

„[…] Ich habe ihn [Pressesprecher, Anm.] auch noch mal gefragt, ob er das auch anderen mitgeteilt
habe. Das hat er nur mir und meinem Büroleiter mitgeteilt. […]“3229

Kurze Zeit später habe sich Oppermann mit seinem Büroleiter Heiner Staschen darüber ausgetauscht:

„[…] Mein Büroleiter, Herr Staschen, kam kurze Zeit später auch zu mir und sagte mir das. […]

[…]

3226 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 173.
3227 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 111.
3228 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 111.
3229 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 111.

Drucksache 18/6700 – 712 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

[…] Und das weiß ich deshalb noch, weil ich ihm bei der Gelegenheit gesagt habe: Ja, da gibt es einen
Hintergrund, der mir bekannt ist. - Das hatte ich denen vorher so nicht mitgeteilt.“3230

Der Zeuge Staschen hat sich wie folgt erinnert:

„[…] Von der Hausdurchsuchung selbst habe ich dann am Nachmittag des 10. Februar erfahren. Der
Pressesprecher von Herrn Oppermann berichtete mir am Rande einer Sitzung des Fraktionsvorstandes,
dass es Hinweise gebe, dass es bei Herrn Edathy eine Hausdurchsuchung gegeben habe. An die genaue
Uhrzeit erinnere ich mich nicht. Ich meine aber, dass es um 16 Uhr herum gewesen sein muss, da kurz
nach 16 Uhr der Fraktionsvorstand begann und es kurz vorher war, während der Sitzung des Ge-
schäftsführenden Fraktionsvorstands.

Ich habe am Rande der Sitzung dann Herrn Oppermann auf die Hausdurchsuchung angesprochen.
Herr Oppermann sagte mir, dass er seit längerem Bescheid wisse, dass Herr Edathy möglicherweise
Probleme habe. Herr Gabriel habe ihn informiert, dass es im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen
Kinderpornografie in Kanada Vorwürfe gegen Herrn Edathy gibt […]“3231

An anderer Stelle hat der Zeuge Staschen ausgeführt:

„[…]. Ich war nicht erstaunt, nicht vorher informiert worden zu sein. Herr Oppermann hatte mich im
Fall Tauss auch vorher nicht informiert […].“3232

bb) Kenntnisnahme durch Christine Lambrecht

Am Abend des 10. Februar 2014 erhielt die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfrak-

tion Christine Lambrecht nach eigenen Angaben Kenntnis von den Durchsuchungsmaßnahmen. Vor dem Un-

tersuchungsausschuss hat sie dazu ausgesagt:

„[…] Am Abend des 10. Februar 2014 habe ich durch unseren Pressesprecher von angeblichen Haus-
durchsuchungen in Sebastian Edathys Wohnung und Büro im Wahlkreis erfahren. Näheres war mir
zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. In der Nacht von Montag auf Dienstag erfuhr ich dann durch
Onlinemedien - die Harke - erstmals von einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hanno-
ver gegen Sebastian Edathy. Diese Informationen von der Staatsanwaltschaft Hannover nebst den in
den Medien genannten Gründen haben mich zutiefst erschüttert. […]“3233

An anderer Stelle hat die Zeugin ausgeführt:

„[…] dieser Montag, der 10. Februar, war schon ein ganz besonderer. Das war nämlich der Montag,
an dem wir - ziemlich überraschend für viele Fraktionskolleginnen und -kollegen - ein Gesetz vorge-
stellt haben zur Neuregelung der Abgeordnetenentschädigung und der Bekämpfung der Abgeordne-
tenbestechung. Das haben wir in den Tagen davor - ja, so ein Thema behandelt man sensibel - erar-
beitet und an dem Montag dann den Gremien vorgestellt. Deswegen war das ein Marathon an Sitzun-
gen […]. irgendwann am Abend hat mich unser Pressesprecher - aber wirklich nur nebenbei - infor-
miert: angeblich Hausdurchsuchungen bei Edathy. So, das habe ich zur Kenntnis genommen. Da ich
ja mein Hintergrundwissen hatte, habe ich mir gedacht: Jetzt erreicht es uns. - Aber mehr war für mich
jetzt auch in der Situation dann nicht zu tun, und deswegen habe ich es zur Kenntnis genommen, habe
dann, wie gesagt, meine weiteren Sitzungen gemacht; denn überall musste ich ja den Gesetzentwurf
vorstellen, darüber informieren, Fragen beantworten. […] Deswegen bin ich da wirklich von Sitzung
zu Sitzung an diesem Tag und habe dann erst um 23 Uhr - so was rekonstruiert man dann ja auch noch

3230 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 111.
3231 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 8 f.
3232 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 9.
3233 Lambrecht; Protokoll-Nr. 42, S. 97.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 713 – Drucksache 18/6700

mal -, am späten Abend dann einen Link geschickt bekommen von unserer Pressestelle zu der Veröf-
fentlichung der Harke, und da habe ich dann ganz konkret Kenntnis bekommen von den Ermittlungen
der Staatsanwaltschaft Hannover und auch den dort genannten Gründen. […]“3234

Die Zeugin hat weiter erklärt, sie habe sich an diesem Tag mit keiner Person über die Durchsuchungsmaßnahmen

ausgetauscht.3235

Auch habe sie nicht wahrgenommen, dass die Durchsuchungsmaßnahmen am Rande der Fraktionsvorstandssit-

zung ein Thema gewesen seien.3236

cc) Kenntnisnahme durch Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Maizière

Der Zeuge Dr. de Maizière hat ausgesagt, am Abend des 10. Februar 2014 sei er durch Michael Hartmann über

die Durchsuchungsmaßnahmen informiert worden:

„[…] Am 10. Februar, also zwei Tage vorher, fand gegen Abend - nach meiner Erinnerung war es 18
Uhr - ein sogenanntes Koalitionsgespräch statt. Ich treffe mich in jeder Sitzungswoche mit Innenpoli-
tikern der Regierungskoalition. Wir tauschen uns hier regelmäßig zu den anstehenden Themen der
Innenpolitik aus; das läuft bei uns unter dem Titel ‚Koalitionsgespräch‘.

Bevor das Gespräch begann, nahm mich der Abgeordnete Hartmann beiseite und berichtete mir unter
vier Augen von der an diesem Tag bereits zuvor erfolgten staatsanwaltschaftlichen Durchsuchung in
Wohn- und Büroräumen von Herrn Edathy vom selben Tag. Auf meine Frage, was denn der Vorwurf
sei, antwortete er, es ginge um Kinderpornografie. Mehr sagte er nicht, zumal die anderen Gesprächs-
partner bereits warteten. [...]“3237

Zum möglichen Motiv Michael Hartmanns, ihn zu unterrichten, hat der Zeuge Dr. de Maizière erklärt, Hartmann

habe ihm seine diesbezüglichen Beweggründe nicht mitgeteilt. 3238 Woher Michael Hartmann diese Informa-

tion gehabt habe, darüber habe sich Bundesminister Dr. de Maizière keine Gedanken gemacht. Er sei im Nach-

hinein wegen der üblichen Abläufe bei Hausdurchsuchungen davon ausgegangen, dass diese Information längst

in der Presse gewesen sei. 3239 Er hat weiter ausgesagt:

„[…] Ich war im Nachhinein total darüber erstaunt, dass es noch keine Presse gab. Denn normaler-
weise bei Durchsuchungen, die um 6, 7, 8 Uhr beginnen, spätestens um elf, zwölf gibt es natürlich
Meldungen und oft von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft selbst. Also, dass hier durchsucht
wurde, offenbar den ganzen Vormittag und Nachmittag, und erst abends die ersten Tickermeldungen
kamen, fand ich im Nachhinein sehr ungewöhnlich. Deswegen hatte ich gar keinen Grund, zu zwei-
feln, dass das vielleicht längst presseöffentlich war. Mir war das jedenfalls neu. […]“3240

Auf Nachfrage hat der Zeuge Dr. de Maizière ausgesagt, dass bei ihm gedanklich eine Brücke zwischen diesem

und dem am 14. Januar 2014 geführten Gespräch mit Michael Hartmann entstanden sei.3241

3234 Lambrecht; Protokoll-Nr. 42, S. 102.
3235 Lambrecht; Protokoll-Nr. 42, S. 102.
3236 Lambrecht; Protokoll-Nr. 42, S. 117.
3237 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41 , S. 9.
3238 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 18.
3239 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 34.
3240 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 34.
3241 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 18.

Drucksache 18/6700 – 714 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Auf die Frage, ob der Zeuge Hartmann über die Durchsuchungsmaßnahmen an diesem Tag möglicherweise

durch Herrn Staschen oder den Pressesprecher unterrichtet worden sei, hat der Zeuge Oppermann geantwortet:

„[…] Wir standen zu dritt, und ich habe beide gefragt: Sagt mal, habt ihr dem [Michael Hartmann,
Anm.] etwa die Information weitergegeben an dem Abend - an dem Tag -, als das öffentlich berichtet
wurde? - Und das haben beide verneint.“3242

Der Rechtsbeistand von Michael Hartmann hat in einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft Berlin zu dem

Sachverhalt erklärt:

„[…] Gegen 16.00 Uhr fand am 10.2.2014 eine Fraktionsvorstandssitzung der SPD-Bundestagsfrak-
tion statt. Am Rande dieser Veranstaltung, an der nach Erinnerung des Mandanten ca. 30 Abgeordnete
und eine Vielzahl von Mitarbeitern teilnahmen, wurde bekannt, dass es `bei Edathy in Niedersachsen
Durchsuchungen‘ gegeben hat. Wie diese Wissenschaft den Weg in die Runde fand, weiß der Mandant
nicht sicher. Es kann sogar sein, daß die Information aus niedersächsischen SPD-Kreisen kam, denn
nach Erinnerung des Mandanten wurden auch Büroräume in einer Geschäftsstelle der SPD durchsucht,
was dort einer Mitarbeiterin nicht verborgen blieb. Der Weg von dort ist dem Mandanten nicht bekannt
oder nicht erinnerlich. Der Mandant hat diese Durchsuchungen mit dem ihm bekannten Sachverhalt
in Verbindung gebracht und Herrn de Maizière später darauf angesprochen. Irgendwelche Informati-
onen aus niedersächsischen Polizei-, Justiz- oder Sicherheitskreisen hatte der Mandant nicht zu diesem
Zeitpunkt […].“3243

c) SMS von Michael Hartmann an Jens Jenssen vom 10. Februar 2014

Nach Aussage des Zeugen Jenssen habe dieser am 10. Februar 2014 von Michael Hartmann eine SMS erhalten.

Der Zeuge hat dazu ausgesagt:

„[…] Michael Hartmann […] hat mir dann am 10. noch mal eine SMS geschrieben, Februar, am späten
Nachmittag, dass ich mich um Sebastian kümmern solle. Aber wir haben nicht in der Zeit miteinander
gesprochen gehabt.“3244

d) Berichterstattung in der Online-Ausgabe der Lokalzeitung Die Harke vom 10. Februar 2014

Am Abend des 10. Februar 2014 berichtete die Nienburger Zeitung Die Harke auf ihrer Internetseite unter dem

Titel „Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Edathy“, dass gegen Sebastian Edathy wegen des Verdachts auf Besitz

kinderpornografischen Materials am Vortag Durchsuchungen in Rehburg und Nienburg stattgefunden hätten.3245

e) SMS von Sebastian Edathy an Michael Hartmann mit Screenshot des Artikels der Harke

Einen Screenshot des Online-Artikels in der Harke sendete Sebastian Edathy ausweislich der von ihm vorgeleg-

ten SMS-Dokumentation am 10. Februar 2014 an Michael Hartmann mit der Anmerkung:

3242 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 114.
3243 MAT B-Hart 18(27)54-3, Bl. 2 (2), Schreiben des Rechtsbeistandes des Zeugen Hartmann an die Staatsanwaltschaft Berlin vom 11. Juni 2015.
3244 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 83.
3245 MAT A-Nds 18(27)12-1, Ordner 7, lfd. Nr. 26, Bd. 1, Bl. 33, Die Harke, Online-Artikel, Titel „Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Edathy“ vom

11. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 715 – Drucksache 18/6700

„Glaube. das war’s“.3246

An von Sebastian Edathy an diesem Abend erhaltene SMS hatte der Zeuge Hartmann in seiner Vernehmung

folgende Erinnerung:

„[…] Eine Vielzahl von Nachrichten von ihm traf bei mir ein. Es gab auch einen Anruf. Er beschimpfte
mich heftig und bezichtigte mich, an seiner - Zitat – ‚Hinrichtung‘ beteiligt zu sein. Das fand ich
unfair. Aber ich hatte angesichts seiner Panik trotz mancher kränkenden Bemerkung auch Verständnis.
Übrigens wusste ich nicht das Geringste von einer konkret drohenden Durchsuchung. Für mich war
nicht erkennbar, dass der Zeitpunkt seiner Mandatsniederlegung damit etwas zu tun haben könnte.
[…]“3247

f)Erklärung des Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann vom 11. Februar 2014

Am 11. Februar 2014 forderte der Vorsitzende der SPD-Bundestagfraktion Thomas Oppermann gegenüber der

Presse eine umfassende Aufklärung im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen Sebastian Edathy.3248

Der Zeuge Oppermann hat in seiner Vernehmung dazu ausgeführt:

„[…] Am nächsten Tag, Dienstag, habe ich dann erklärt, dass die gegen Sebastian Edathy in der Öf-
fentlichkeit genannten Vorwürfe schwerwiegend sind und dass ich mir eine schnelle Aufklärung durch
die Staatsanwaltschaft wünsche. […]“3249

g) Erklärung der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion Chris-
tine Lambrecht vom 11. Februar 2014

Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion Christine Lambrecht gab am 11.

Februar 2014 eine Erklärung vor Journalisten ab. Die Zeugin Lambrecht hat dazu ausgeführt:

„[…] Am Vormittag des 11. Februar, ein Dienstag, habe ich dann vor Journalisten erklärt, dass seit
Montagnacht bekannt ist, dass die Staatsanwaltschaft Hannover gegen Sebastian Edathy ein Ermitt-
lungsverfahren führe. Auf Nachfragen habe ich erklärt, dass mir sowohl das Ermittlungsverfahren der
Staatsanwaltschaft Hannover als auch die in den Medien genannten Gründe durch Veröffentlichungen
der Medien in der Nacht von Montag auf Dienstag bekannt wurden. Darauf habe ich mehrfach aus-
drücklich hingewiesen. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis über ein Ermittlungsverfah-
ren der Staatsanwaltschaft Hannover gegen Sebastian Edathy. […]“3250

h) Telefonat zwischen Heiner Bartling und Sebastian Edathy

Der Zeuge Edathy hat ausgesagt, nach dem 10. Februar 2014 habe ihn unter anderem der ehemalige niedersäch-

sische Innenminister Heiner Bartling angerufen. Das Telefonat hat er wie folgt wiedergegeben:

3246 MAT A-Eda 18(27)53, Bl. 4 (13), SMS-Verkehr Sebastian Edathys.
3247 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 79 f.
3248 „Oppermann: Vorwürfe gegen Edathy wiegen ungeheuer schwer“, Frankfurter Allgemeine Zeitung (Online), 11. Februar 2014,

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/berlin-oppermann-vorwuerfe-gegen-edathy-wiegen-ungeheuer-schwer-12796593.html, zuletzt abge-
rufen am 2. November 2015.

3249 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 173.
3250 Lampbrecht, Protokoll-Nr. 42, S. 97.

Drucksache 18/6700 – 716 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„[…] Und in dieser Woche - wann genau das gewesen ist, kann ich nicht sagen, aber es muss in dieser
ersten Woche vom 10. Februar gewesen sein - haben mich natürlich viele Leute angerufen. Einer der
damaligen Landtagsabgeordneten, nicht Herr Bartling, aus dem Landkreis Schaumburg, Karsten Be-
cker, wollte einfach wissen: Was ist jetzt eigentlich los? Wie muss er das bewerten? Und Heiner Bart-
ling hat mich angerufen. Heiner Bartling hatte mich damals, als ich das erste Mal für den Bundestag
kandidiert habe - da war er Vorsitzender des SPD-Kreisverbandes Schaumburg -, mit unterstützt. […]
Heiner Bartling hatte mich damals sehr früh unterstützt. Das habe ich ihm auch immer gedankt, und
wir haben ein sehr gutes Verhältnis gehabt, haben uns gut verstanden. Und der rief mich - ich habe
das als privates Telefonat aufgefasst - in der Woche an und sagte: Das ist irgendwie - - Also, er wollte
hören, wie es mir geht.“3251

In diesem Telefonat habe Sebastian Edathy auch erwähnt, dass er aus Sicherheitskreisen3252 informiert gewesen

sei:

„[…] Ich war sicher, der behält das für sich. Und dass er dann mit dem NDR darüber spricht, das hatte
ich nun schon gar nicht erwartet, also hat mich auch geärgert. […] Ich bin dann nicht bei jedem Anruf
rangegangen, der mich erreicht hat, aber bei Bartling bin ich halt rangegangen, weil ich wusste: Wir
haben ein gutes Verhältnis, und ich kann mit dem auch vertraulich reden.

Und ich habe Bartling, ohne einen Namen zu nennen - also, insofern ist seine öffentliche Ausführung,
soweit sie mir bekannt ist, auch zutreffend -, gesagt: Du, ja, ich bin informiert worden, dass da was
auf mich zukommt. - Ich habe ihm nicht gesagt, von wem.

[…]

[…] ich habe halt keinen Namen genannt. Ich meine, das war dann bei aller Vertrauensseligkeit ge-
genüber Herrn Bartling wahrscheinlich auch die richtige Entscheidung. Ich habe keinen Namen ge-
nannt, und ich weiß auch nicht, ob er gefragt hat. Jedenfalls, wenn er gefragt haben sollte: ‚Wer denn?‘
- ich glaube nicht, dass er gefragt hat, aber wenn er gefragt haben sollte, hätte ich das nicht beantwortet
oder habe es nicht beantwortet.“ 3253

An anderer Stelle hat der Zeuge Edathy ausgeführt:

„[…] ich habe Hartmann gemeint, aber nicht genannt.“ 3254

Am 17. Februar 2014 berichtete der NDR auf seiner Internetseite:

„In einem NDR Fernsehinterview hat der SPD-Politiker Heiner Bartling, ehemaliger niedersächsi-
scher Innenminister, von Informanten gesprochen, die Sebastian Edathy mit Gerüchten über Ermitt-
lungen gegen ihn versorgt hätten. Edathy hatte am vergangenen Wochenende den Eindruck erweckt,
dass es keine Tipp-Geber gegeben habe, er vielmehr aus den Medien von einem Polizeieinsatz gegen
einen kanadischen Kinder-Pornoring erfahren habe.

Konkret habe ihm Edathy in einem Telefongespräch vergangene Woche die Existenz von Informanten
offenbart. Bartling: "Das hat er in der Tat im Telefongespräch zum Ausdruck gebracht, dass er ge-
rüchteweise etwas gehört hätte und zwar von irgendwelchen Informanten, also insbesondere nicht von
irgendwelchen Amtsträgern, sondern von Leuten, die das ihm mitgeteilt hätten, als Gerücht." Nähere
Angaben zu seinen Quellen habe Edathy nicht gemacht.

3251 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 55.
3252 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 129.
3253 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 56.
3254 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 56.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 717 – Drucksache 18/6700

Dass die streng vertraulichen Informationen an Sebastian Edathy herangetragen worden seien, sei al-
lerdings kaum verwunderlich, wenn man bedenke, wer alles schon frühzeitig in die Ermittlungen ein-
geweiht war, so Bartling. Neben dem Bundeskriminalamt waren auch die 16 Landeskriminalämter,
der Göttinger Polizeipräsident Robert Kruse und der Chef der Nienburger Polizei, Frank Kreyken-
bohm, bereits im Oktober 2013 über den Verdacht gegen Sebastian Edathy informiert. Ein mögliches
Leck sei daher nicht nur in Kreisen der SPD zu suchen, sondern auch bei den Ermittlungsbehörden.
Bis heute fehlen allerdings konkrete Anhaltspunkte.“3255

Der Zeuge Hartmann hat hinsichtlich eines möglichen Informanten Sebastian Edathys geäußert:

„Herr Edathy hat mir gegenüber zwar nie geäußert, dass er einen Informanten hätte, dass er informiert
ist. Aber ich konnte das doch gerade, nachdem alles ruchbar wurde, nicht ausschließen, zum Beispiel
was die Frage anbelangt, Mandatsniederlegung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Durchsu-
chung.“3256

2. Gespräch zwischen Bundesminister des Innern Dr. de Maizière und Staatssekretär Fritsche am 11. Februar
2014

Am 11. Februar 2014 fand ein Abschlussgespräch zwischen Bundesminister Dr. de Maizière und dem scheiden-

den Staatssekretär Fritsche statt.

Der Zeuge Dr. de Maizière hat dazu ausgesagt:

„[…] Das Abschlussgespräch mit Herrn Fritsche diente einer allgemeinen vertieften Übergabe, einer
- in Anführungsstrichen - Einschätzung aktueller Sachverhalte zu allen möglichen anderen Themen.
Der Fall Edathy war nicht der Anlass für dieses Abschlussgespräch, sondern dass das offenbar am 11.
war - ich habe versucht, es zu rekonstruieren -, ist reiner Zufall.“3257

In diesem Gespräch habe Staatssekretär Fritsche dem Innenminister auch über die Causa Edathy berichtet:

„[…] Herr Fritsche und ich hatten ein sogenanntes Abschlussgespräch. Das heißt - er war ja Staats-
sekretär im Innenministerium gewesen, wurde dann Staatssekretär im Bundeskanzleramt; […], er
wollte gerne noch aus seiner Sicht ein paar Dinge besprechen sozusagen quasi der Amtsübergabe. Das
ging nicht im Dezember und zog sich hin, wurde mehrfach abgesagt, […] Im Rahmen dieses Ab-
schlussgespräches hat er mir dann auch kursorisch berichtet, dass er von Herrn Ziercke die Information
über Herrn Edathy bekommen habe und Herrn Friedrich unterrichtet habe.“3258

Über das Gespräch hat auch der Zeuge Fritsche ausgesagt:

„[…] Anschließend habe ich zu diesem Komplex nur am 11.02. - weil damals das Ganze ja dann in
den Medien war und auch die entsprechenden Innenausschusssitzungen stattgefunden haben; also am
11. 02. […] - den damaligen Bundesminister des Innern, de Maizière, kurz über den Sachverhalt, so
wie ich es Ihnen geschildert habe, unterrichtet und zwei Tage später, am 13.02., meinen neuen Dienst-
vorgesetzten - weil ich ja ab der Zeit, ab Januar, im Kanzleramt war -, den Bundesminister Altmaier,
gleichfalls von dem Sachverhalt, und das letzte Mal habe ich zu diesen Komplexen dann in den In-
nenausschusssitzungen vom Februar und April letzten Jahres gesprochen. […]“3259

3255 „SPD-Politiker Bartling gegenüber NDR: Edathy hatte offenbar Informanten", NDR (Online), 17. Februar 2014, 16.55 Uhr,
http://www.ndr.de/der_ndr/presse/mitteilungen/SPD-Politiker-Bartling-gegenueber-NDR-Edathy-hatte-offenbar-Informanten,pressemel-
dungndr13751.html, zuletzt abgerufen 2. November 2015.

3256 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 101.
3257 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 11.
3258 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 10.
3259 Fritsche, Protokoll-Nr. 40, S. 131.

Drucksache 18/6700 – 718 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

XVIII. Presseerklärung von Thomas Oppermann vom 13. Februar 2014

1. Wortlaut der Presserklärung

Am 13. Februar 2014 gab der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann eine Presseerklä-

rung mit folgendem Wortlaut ab:

„Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann erklärt:

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wurde im Oktober 2013 von Innenminister Hans-Peter Friedrich
darauf angesprochen, dass im Rahmen von Ermittlungen im Ausland der Name von Sebastian Edathy
aufgetaucht sei. Dabei – so die damalige Auskunft an den Parteivorsitzenden – gehe es ausdrücklich
nicht um strafbare Inhalte. Allerdings – so die damalige Auskunft weiter – werde es möglicherweise
zu strafrechtlichen Ermittlungen kommen. Sigmar Gabriel hat darüber den Fraktionsvorsitzenden
Frank-Walter Steinmeier und mich als 1. Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestags-
fraktion informiert.

Ich habe mir diese Information im Oktober 2013 in einem Telefonat von BKA-Präsident Jörg Ziercke
bestätigen lassen.

Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und ich haben uns darüber verständigt, die Informationen
vertraulich zu behandeln, um mögliche Ermittlungen nicht zu gefährden. Nach ihrer Wahl habe ich im
Dezember 2013 Christine Lambrecht als meine Nachfolgerin als 1. Parlamentarische Geschäftsführe-
rin informiert.

Der innenpolitische Sprecher Michael Hartmann sprach mich Ende November 2013 darauf an, dass
sich Sebastian Edathy in einem schlechten gesundheitlichen Zustand befindet. Ich habe ihn als zustän-
digen Arbeitsgruppen-Sprecher gebeten, sich deswegen um Sebastian Edathy zu kümmern.

Ich habe mich Sebastian Edathy in dieser Angelegenheit bis zu seinem Rücktritt keinen Kontakt ge-
habt. Nach seinem Rücktritt habe ich Sebastian Edathy eine SMS mit guten Wünschen für seine wei-
tere Zukunft geschickt. Weiteren Kontakt hatte ich mit ihm nicht.

Im Interesse der Öffentlichkeit und auch im Interesse von Sebastian Edathy muss die Staatsanwalt-
schaft nunmehr die ganze Angelegenheit schnell und umfassend aufklären.“ 3260

2. Zustandekommen der Presseerklärung

a) Pressemeldungen und -anfragen vom 12. Februar 2013

Am 12. Februar 2014 berichtete die Zeitung Die Welt auf ihrer Internetseite, dass hochrangige SPD-Politiker

bereits seit Dezember 2013 von den Vorwürfen gegen Sebastian Edathy gewusst hätten:

„[…] Hochrangige SPD-Kreise bestätigten der ‚Welt‘, dass namhafte Sozialdemokraten bereits im
Dezember 2013 von dem Verdacht gegen Edathy informiert wurden. Sollte dies zutreffen, wären sen-

3260 „Thomas Oppermann zu Sebastian Edathy", http://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/thomas-oppermann-zu-sebastian-edathy, zu-
letzt abgerufen am 29. Oktober 2015.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 719 – Drucksache 18/6700

sible Informationen aus Ermittlerkreisen an unbefugte Stellen weitergegeben worden. Zu diesem Zeit-
punkt gab es noch keine Ermittlungen gegen Edathy. Mehr noch, der Niedersachse war damals noch
nicht einmal von offizieller Seite über die Vorwürfe gegen ihn informiert worden […].“3261

Parallel dazu erreichte auch die Pressestelle der SPD-Bundestagsfraktion Pressenanfragen. Der Zeuge Opper-

mann hat dazu ausgeführt:

„[…] Am Mittwoch, den 12. Februar 2014, gab es dann die ersten Berichte, dass namhafte Sozialde-
mokraten bereits im Dezember 2013 von dem Verdacht gegen Sebastian Edathy informiert wurden;
das war in Welt Online vom 12.02., 16.14 Uhr. Parallel dazu gab es entsprechende mündliche Anfra-
gen in verschiedenen Pressestellen, die dann am Donnerstagmorgen auch schriftlich gestellt wurden -
ich zitiere -:

Unserer Redaktion liegen belastbare Aussagen aus Sicherheitskreisen vor, nach denen Sie bereits im
November 2013 Kenntnis von strafrechtlichen Ermittlungen gegen den damaligen SPD-Bundestags-
abgeordneten Sebastian Edathy hatten. Trifft das zu? Wann und von wem haben Sie zum ersten Mal
von Ermittlungen gegen Herrn Edathy erfahren? War Ihnen der Gegenstand des Ermittlungsverfahrens
bekannt? Falls Sie vor dem 10.02.2014 über Informationen bezüglich des Ermittlungsverfahrens ge-
gen Herrn Edathy verfügten: Mit wem haben Sie diese geteilt? Für eine Antwort bis heute Abend, 19
Uhr, wäre ich Ihnen sehr dankbar.3262

[…] Für mich war klar: Ich konnte und wollte die Beantwortung dieser Fragen nicht ablehnen oder
ihnen ausweichen. Deshalb habe ich sofort mit Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier Kontakt
aufgenommen. Wir waren alle der Auffassung: Wenn es entsprechende Anfragen gibt, müssen wir sie
auch wahrheitsgemäß und vollständig beantworten. Ich habe deshalb noch am 12. Februar 2014 damit
begonnen, eine entsprechende Erklärung zu formulieren, um diese mit Sigmar Gabriel und Frank-
Walter Steinmeier abzustimmen. […]“3263

Zu seiner Motivation, mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit zu gehen hat der Zeuge Oppermann dar-

gelegt:

„Ich habe ja Anfragen vorgelesen. Es gab noch weitere, und da war mir klar, dass wir in ein Dilemma
kommen. Diese Presseanfragen konnte man nicht wahrheitswidrig beantworten, und man konnte sie
auch nicht lange einfach ignorieren. Dann wären die Anfragen öffentlich geschrieben worden. Deshalb
habe ich gesagt, […] wir dürfen nicht irgendwie den Eindruck erwecken, als ob es da was zu ver-
schleiern gibt. Wir müssen offenlegen, dass wir von diesen Dingen wussten. Das ist auch aus meiner
Sicht heute noch die einzig richtige Reaktion darauf.“3264

Der Zeuge Staschen hat sich in seiner Vernehmung erinnert:

„[…] Ich bekam am Mittwoch, dem 12. Februar, am späten Nachmittag eine Anfrage aus der Presse-
stelle. Die Presse wollte wissen, ob es stimme, dass die SPD-Spitze schon länger über die Vorwürfe
gegen Herrn Edathy informiert gewesen sei. Es gab da auch entsprechende Pressemeldungen und ent-
weder nach oder vor den Pressemeldungen - das kann ich nicht genau nachvollziehen - Anfragen an
unsere Pressestelle, ob das so ist.

Ich bin dann zusammen mit dem Pressesprecher der Fraktion zu Herrn Oppermann gegangen und habe
ihn gefragt, was wir denn daraufhin sagen sollten oder was die Pressestelle daraufhin sagen sollte.

3261 „Edathy soll Nacktfilme per Kreditkarte gekauft haben", DIE WELT (Online), 12. Februar 2014, http://www.welt.de/politik/deutschland/ar-
ticle124785548/Edathy-soll-Nacktfilme-per-Kreditkarte-gekauft-haben.html, zuletzt abgerufen am 2. November 2015.

3262 Vgl. auch MAT A-InnenA 18(27)6-B-2, Kopie der vom Zeugen Oppermann in der 5. Sitzung des Innenausschuss vom 19. Februar
2014 erwähnten Presseanfrage vom 13. Februar 2014 10.37 Uhr.

3263 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 173.
3264 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 181.

Drucksache 18/6700 – 720 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Herr Oppermann hat spontan, aber nachdrücklich dafür plädiert, die entsprechenden Anfragen umfas-
send und wahrheitsgemäß zu beantworten. […]“3265

Zur möglichen Motivation Oppermanns, diese Pressemitteilung herauszugeben, hat der Zeuge Staschen erklärt:

„[…] das war die Motivlage, wie ich sie wahrgenommen habe. Das war auch spontan bei Herrn Op-
permann; also, er war da sehr entschieden. Man hätte sich auch dafür entscheiden können, zu sagen:
Ich sage nichts. - Man muss ja nicht jede Pressemitteilung beantworten. Aber er hat gesagt: Nein, ich
will da jetzt die Karten auf den Tisch legen und sagen, wie es war, weil es daran offensichtlich Inte-
resse gibt und Gerüchte gibt. - Er sagte: Dann sage ich das.“3266

b) Formulierung einer Presseerklärung am 12. Februar 2014

Am 12. Februar 2014 wurde der Entwurf einer Pressemitteilung formuliert.

aa) Erstellung mehrerer Entwurfsfassungen

Über die Entwurfserstellung dieser Erklärung hat der Zeuge Staschen ausgesagt:

„[…] Er [Oppermann, Anm.] hat daraufhin uns beiden [Staschen und dem Pressesprecher, Anm.] ge-
schildert, wie der Ablauf der Dinge war, und mir in Stichworten die spätere Erklärung diktiert. Ich
habe die Erklärung dann aufgeschrieben im Computer und in mehreren Fassungen nacheinander Herrn
Oppermann vorgelegt. Herr Oppermann hat diese Fassungen dann korrigiert und vervollständigt.

In der Zwischenzeit hatte er nach meiner Erinnerung mit denjenigen telefoniert, die von dieser Erklä-
rung betroffen waren. Ich kann heute nicht aus eigener Erinnerung sagen, mit wem er genau telefoniert
hat. Ich war bei diesen Telefonaten nicht dabei, sondern habe mich um den Text der Erklärung ge-
kümmert. Auch waren an diesem Tag noch Sachen zu klären für die Diätenanpassung. Es hatte an dem
Tag ein fraktionsoffener Abend zur Diätenanpassung stattgefunden, den wir mit vorbereitet haben.
Das Ganze geschah unter hohem Zeitdruck, da Herr Oppermann gegen 19.30 Uhr einen Abendtermin
hatte. Die Erklärung ist auch vor dem Termin nicht fertig geworden. Ich habe während des Termins
von Herrn Oppermann weiter an der Erklärung gearbeitet und sie ihm dann abends in seine Wohnung
gefaxt. […]“3267

An anderer Stelle hat der Zeuge die Sachverhaltsschilderung durch Thomas Oppermann beschrieben:

„[…] Das war ja ein Gespräch, was jetzt nicht so systematisch war. Also, Herr Oppermann hat sich
nicht hingestellt und hat gesagt: ‚Jetzt erkläre ich dir mal, wie das alles so gewesen ist‘, sondern es
war ja ein Gespräch, das hin und her ging, das auch davon geprägt war, dass ein bisschen die Frage
im Raum stand: Mensch, was ist das jetzt? Was machen wir damit? Wo kommt das her? Wohin gehen
die Fragen der Presse? Woran könnte man noch nicht gedacht haben? Wie formuliert man das so, dass
sich alle Fragen beantworten? - Ich meine mich zu erinnern, dass er gesagt hat - ja, so, wie es da steht
- : Herr Gabriel hat mich angerufen und hat mir das berichtet, und danach habe ich mit Herrn Ziercke
telefoniert.“3268

An der Erstellung der Erklärung seien nach Aussage des Zeugen Staschen nur er und der Pressesprecher betei-

ligte gewesen:

3265 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 10.
3266 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 48.
3267 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 10.
3268 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 38.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 721 – Drucksache 18/6700

„[…] der Text an sich ist an meinem Computer entstanden. Da hat niemand anders mitgewirkt. Ich
habe dann irgendwann den Text in die Pressestelle gemailt, damit die das auf den Briefkopf setzen.
Da war dann der Pressesprecher beteiligt, aber ansonsten ist das alles auf meinem Computer passiert.
Da war auch keine Sekretärin beteiligt. Ich diktiere auch nicht. […]“3269

Zur Frage, was Thomas Oppermann ihm zum Telefonat Oppermann/Ziercke gesagt hat, hat der Zeuge Staschen

erläutert:

„[…] Die Situation war ja die, dass die Presse wissen wollte: ‚Seit wann wusste die SPD-Spitze Be-
scheid?‘, und er fand, das sollte man jetzt alles aufschreiben, und er hat dann sozusagen aus dem
Gedächtnis rekonstruiert, mit wem er geredet hat, und hat mir das stichpunktartig aufgeschrieben. […]
Also, nicht er hat es aufgeschrieben, ich habe es aufgeschrieben. Er hat mir gesagt, wer reinmuss.
[…]“3270

Weiter hat er ausgeführt:

„Herr Oppermann hat mir damals das gesagt, was sich dann auch in der Pressemitteilung wiederfindet:
dass er mit Herrn Ziercke telefoniert hat, und hat mir gesagt, dass das in der Pressemitteilung seinen
Niederschlag finden soll. Er hat mir gesagt, sinngemäß: ‚Schreib da rein, dass ich mit Herrn Ziercke
telefoniert habe. Schreib da rein, dass ich mit Herrn Hartmann geredet habe und ihn gebeten habe, sich
- - dass er besorgt war wegen des Gesundheitszustands‘, und er hat sinngemäß die anderen Sachen
gesagt, die da drin waren. Er hat das jetzt aber nicht en détail ausgeführt. Also, er hat mir nicht das
Gespräch wiedergegeben. […]“3271

Auf die Frage, ob er Oppermann seinerzeit gefragt habe, ob Michael Hartmann auch über die Vorwürfe gegen

Sebastian Edathy im Bilde war, hat der Zeuge Staschen geantwortet:

„[…] Ich glaube schon, dass er mir damals gesagt hat, dass er mit Herrn Hartmann nicht darüber
geredet hat. Das war ja eine notwendige Information; sonst hätte ich das ja anders formulieren müssen,
sonst hätte die Pressemitteilung anders sein müssen. Dann hätte man ja reinschreiben müssen: Ich habe
mit ihm über die Vorwürfe gesprochen. - Das stand ja nicht drin, und es war Herrn Oppermann schon
wichtig, dass die Sachen drinstehen, die gewesen sind.“3272

Zur Motivation Oppermanns, die genannten Personen in der Presseerklärung aufzuführen, hat der Zeuge

Staschen erklärt:

„Herr Oppermann hat das erläutert. Herr Oppermann hat gesagt: ‚Mein Ziel ist es: Ich will alles auf
den Tisch legen, was sozusagen mit Edathy, um Edathy herum gewesen ist‘, und da war es ihm wich-
tig, dass auch das Gespräch mit Herrn Hartmann Erwähnung findet. So habe ich das in Erinne-
rung.“3273

Der Zeuge Oppermann hat zu seiner Motivation, Michael Hartmann in der Pressererklärung zu erwähnen, er-

klärt:

„Aus dem gleichen Grund, aus dem ich Herrn Ziercke erwähnt hatte. Ich wollte diese beiden Kontakte
nicht unerwähnt lassen. Ich wollte nicht, dass hinterher jemand herausfindet, dass ich auch mit denen

3269 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 28.
3270 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 29.
3271 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 34.
3272 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 39 f.
3273 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 37.

Drucksache 18/6700 – 722 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Gespräche hatte, und deshalb wollte ich sie um der Vollständigkeit willen auch in der Pressemitteilung
stehen haben.” 3274

Auf die Frage, ob in den verschiedenen Fassungen wesentliche Änderungen vorgenommen worden seien, hat

der Zeuge Staschen geantwortet:

„[…] da gab es Änderungen, aber ich weiß jetzt nicht, welche. Aber es ist mir nicht erinnerlich, dass
da irgendeine Person weggefallen ist oder dazugekommen ist, sondern das war im Wesentlichen das.
Es war für mich ja immer ein bisschen so: Es gab mehrere Entwürfe, […] Ich kannte das Verfahren ja
nicht. Ich wusste ja nicht, was wann passiert war. Herr Oppermann hat mir das diktiert, und dann habe
ich es aufgeschrieben, und dann war es halt nicht richtig, weil ich es einfach falsch aufgeschrieben
habe, und dann hat er es noch mal handschriftlich korrigiert und mir wiedergegeben.“3275

Der Zeuge Oppermann hat in seiner Vernehmung auf Nachfrage bestätigt, seinen Büroleiter am 12. Februar

2014 über die wesentlichen Inhalte der Pressemitteilung informiert zu haben. 3276 Weiter hat er ausgesagt:

„[…] ich glaube, dass die wesentlichen Formulierungen von mir stammen. Ich habe ihn aber nicht
selbst geschrieben. Das hat mein Büroleiter gemacht.“3277

bb) Unterrichtung von in der Presseerklärung genannten Personen über die beabsichtigte Veröffentlichung

Während von seinem Büroleiter der Entwurf der Pressemitteilung erstellt wurde, informierte Thomas Opper-

mann telefonisch oder persönlich nahezu alle in der Erklärung genannten Personen über seine Absicht, an die

Öffentlichkeit zu gehen.

Den Ablauf hat der Zeuge Oppermann wie folgt beschrieben:

„[…] An diesem Mittwoch, etwa gegen 16 oder 17 Uhr, ist die Entscheidung gefallen: Wir müssen
was machen. - Dann habe ich einen ersten Entwurf sozusagen überlegt und habe dann auch angefan-
gen, zu telefonieren.

[…]

Mit Steinmeier, mit Gabriel. Ich habe Herrn Minister de Maizière angerufen, ich habe Herrn Minister
Friedrich angerufen. Das Gespräch mit Ziercke ist offenkundig gescheitert oder jedenfalls nicht zu-
stande gekommen. Herrn Hartmann habe ich nicht angerufen. Das hat mein Büroleiter übernommen,
sodass an alle genannten Personen - jedenfalls an alle in der Pressemitteilung genannten Personen -
jedenfalls gedacht worden war, in unterschiedlicher Form.“3278

Der Zeuge Staschen hat dazu ausgesagt:

„[…] In der Zwischenzeit hatte er [Oppermann, Anm.] nach meiner Erinnerung mit denjenigen tele-
foniert, die von dieser Erklärung betroffen waren. Ich kann heute nicht aus eigener Erinnerung sagen,
mit wem er genau telefoniert hat. Ich war bei diesen Telefonaten nicht dabei, sondern habe mich um
den Text der Erklärung gekümmert. Auch waren an diesem Tag noch Sachen zu klären für die Diä-
tenanpassung. Es hatte an dem Tag ein fraktionsoffener Abend zur Diätenanpassung stattgefunden,
den wir mit vorbereitet haben. Das Ganze geschah unter hohem Zeitdruck, da Herr Oppermann gegen

3274 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 182.
3275 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 27.
3276 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 182.
3277 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 182.
3278 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 182.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 723 – Drucksache 18/6700

19.30 Uhr einen Abendtermin hatte. Die Erklärung ist auch vor dem Termin nicht fertig geworden.
Ich habe während des Termins von Herrn Oppermann weiter an der Erklärung gearbeitet und sie ihm
dann abends in seine Wohnung gefaxt. […]“3279

aaa) Unterrichtung des SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel

Vor dem Untersuchungsausschuss hat der Zeuge Gabriel berichtet, wie er von der geplanten Pressemitteilung

am 12. Februar 2014 erfuhr:

„Ich glaube, der Erste, der mir das gesagt hat, war mein Pressesprecher, und dann habe ich auch mit
Herrn Oppermann telefoniert und habe dann noch Entwürfe gesehen durch meinen Pressesprecher,
habe aber im Wesentlichen zwei Empfehlungen gegeben: erstens, dass er [Oppermann, Anm.] mit
Herrn Friedrich telefoniert und mit ihm diese Pressemitteilung abspricht, und zweitens, dass, weil ich
das immer mache, wenn ich solche […] Fragen von Journalisten investigativer Art - - dass ich das
immer prinzipiell mit einem Medienanwalt bespreche, und habe ihm den Rat auch gegeben. Dann
habe ich allerdings dieses Prozedere nicht weiterverfolgt, weil ich wegmusste. Ich hatte einen Termin;
in meiner Erinnerung hatte ich einen im Kanzleramt.

Ich meine, dass ich danach auch mit Herrn Friedrich telefoniert habe, um sicherzustellen, dass er in-
formiert ist und dass es zu Gesprächen kommt über diese Pressemitteilung, und habe dann, glaube ich,
am nächsten Tag das Ergebnis gesehen. Aber das war es.“3280

Der Zeuge Gabriel hat erklärt, an diesem Tag erstmals von dem Telefonat zwischen Oppermann und Ziercke

erfahren zu haben.3281

Seine Reaktion auf die Information auf die beabsichtigte Erwähnung dieses Telefonats in der Pressemitteilung

hat der Zeuge Gabriel wie folgt beschrieben:

„Dann habe ich natürlich Herrn Oppermann angerufen und gefragt: Muss das eigentlich jetzt sein, -

[…]

- dass du eine Pressemitteilung machst? Dann beantwortete er mir das mit den Fragen und der Sicher-
heit, dass sozusagen die Presse von - wie nennt sich das? - Sicherheitskreisen informiert sei. Und dann
habe ich gesagt: Ja, dann musst du es machen.“3282

Dass auch Michael Hartmann in der Pressemitteilung Erwähnung fand, sei Gabriel nach eigenem Bekunden zu

diesem Zeitpunkt nicht aufgefallen. 3283

Die endgültige Pressemitteilung habe Sigmar Gabriel erst am nächsten Tag gesehen und dagegen keine Ein-

wände gehabt.3284

Zur möglichen Motivation Thomas Oppermanns, sich an die Öffentlichkeit zu wenden, hat der Zeuge Gabriel

erklärt:

3279 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 10.
3280 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 76.
3281 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 105.
3282 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 106.
3283 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 106.
3284 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 77.

Drucksache 18/6700 – 724 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Ich erinnere mich, dass er [Oppermann, Anm.] mir sagte, dass ihm und Herrn Steinmeier diese Fragen
vorlägen - mir lagen die nicht vor; ich bin nicht gefragt worden -, und dass er der Überzeugung war,
dass schon die Einleitung irgendwie – ‚aus Sicherheitskreisen wissen wir genau, dass ...‘ oder so; ich
kann das nicht mehr genau erinnern - jedenfalls für ihn den Eindruck vermittelte, dass man das jetzt
öffentlich klar sagen muss und nicht versuchen sollte, irgendwie darauf nicht zu reagieren. Das war
seine Einschätzung.“3285

Seine eigenen damaligen Gedanken hat der Zeuge Gabriel wie folgt wiedergegeben:

„[…] Mir war klar, dass mit dieser Pressemitteilung eine Debatte beginnt. Mir war nicht klar, dass das
Herrn Friedrich in so große Bedrängnis bringen würde, aber dass das eine Debatte wird, die unange-
nehm ist, war mir klar. […] Und ich sage Ihnen mal - ich kann das nur wiederholen; ich habe das im
Innenausschuss auch nicht irgendwie gespielt -: Da benimmt sich einer anständig, und dann kommt er
auf einmal - - wird er Teil einer Affäre, bei der kein Mensch Lust hat, dass der Name im Zusammen-
hang mit Kinderpornografie oder im Umfeld solcher Handelsereignisse genannt wird. Deswegen habe
ich mit Sicherheit nicht begeistert gewirkt, als es um diese Pressemitteilung ging.“3286

Der Zeuge Oppermann hat in seiner Vernehmung bestätigt, dass Sigmar Gabriel seinem Eindruck nach nicht

glücklich über die Pressemitteilung gewesen sei3287und hat weiter erklärt:

„Ich glaube, es war ihm [Gabriel, Anm.] unangenehm, dass die Information, die er von Friedrich be-
kommen hatte, öffentlich wird. Und ich habe dann gesagt: Ich sehe keine andere Möglichkeit, als das
jetzt öffentlich zu machen. Es gibt offenbar schon Leute, denen irgendwelche Informationen gesteckt
sind, und deshalb halte ich es für richtig, das sozusagen offensiv transparent zu machen. Es gibt nur
zwei Möglichkeiten: Entweder ich mache das oder du.“3288

Über die Frage der Nennung der aufgeführten weiteren Personen sei nach Darstellung von Oppermann nicht

gesprochen worden:

„Ich habe mich mit ihm hauptsächlich über Hans-Peter Friedrich und über die Offenbarung dieser
Informationskette unterhalten. […] über das Auftauchen von Herrn Ziercke in dieser Pressemitteilung
[…] Davon weiß ich nichts mehr, dass wir da auch drüber gesprochen haben. Also, es ging hauptsäch-
lich um die Frage: Gehen wir damit an die Öffentlichkeit, sagen wir es so, wie es war, oder machen
wir das nicht? Und darüber haben wir diskutiert, nicht über, sagen wir mal, andere Personen, die da
noch drin sind in der Pressemitteilung.“3289

bbb) Unterrichtung von Dr. Frank-Walter Steinmeier

Seine Unterrichtung über die beabsichtigte Pressemitteilung hat der Zeuge Dr. Steinmeier wie folgt beschrieben:

„[…] Die Angelegenheit kam dann wieder ins Blickfeld im Februar 2014, als der Mandatsverzicht
von Sebastian Edathy öffentlich wurde, und wenig später durch Pressemeldungen über die gegen ihn
im Raum stehenden Vorwürfe. Thomas Oppermann informierte mich dann am 13.02. über seinen
Entschluss, eine Pressemitteilung zu verfassen, hat diesen Entwurf unter anderem auch mit mir abge-
stimmt. Ich habe geprüft, ob meine Rolle, meine Aktivitäten dort richtig wiedergegeben wurden, hatte

3285 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 76.
3286 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 100.
3287 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 82.
3288 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 82 f.
3289 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 84.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 725 – Drucksache 18/6700

nach Lektüre keine Beanstandungen, und soweit ich weiß, ist diese Presseerklärung dann auch unver-
ändert rausgegangen. […]“3290

An anderer Stelle hat der Zeuge ausgeführt:

„[…] Wir hatten ein paar mündliche Anfragen am 12. Dann haben die Büros miteinander entschieden
- da war ich persönlich gar nicht beteiligt -, einer sollte die Beantwortung übernehmen, und da Edathy
Mitglied der Fraktion war und sich sozusagen die Vorwürfe gegen ein Mitglied der Fraktion wandten,
war nahe liegend, dass die Fraktion auch die Beantwortung in Gestalt einer Presseerklärung über-
nimmt […]“3291

Am 13. Februar 2014 habe Dr. Steinmeier von Thomas Oppermann den Text der Presseerklärung zur Kenntnis

erhalten:

„Ich habe die Situation [am 13. Februar 2014, Anm.] so in Erinnerung, dass Thomas Oppermann mit
der vorbereiteten Presseerklärung an die Regierungsbank kam - ich meine sogar, dass Sigmar Gabriel
auch auf der Regierungsbank saß - und sie uns gezeigt hat, und dann hat jeder sozusagen für sich
geprüft, ob er sich darin richtig wiederfindet, wiedergegeben sieht, und dann habe ich mein Okay
gegeben.“3292

Änderungen am Text der Presserklärung habe Dr. Steinmeier nach seiner Einlassung nicht vorgenommen:

„[…] Ich glaube, es war die Fassung, die dann das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat, weil ich habe
jedenfalls keine Änderungen an dieser Presseerklärung vorgenommen. Ob Sigmar Gabriel Änderun-
gen und Ergänzungsbedarf hatte, weiß ich nicht […]“3293

Bei dieser Gelegenheit habe Oppermann ihm auch mitgeteilt, dass diese Mitteilung mit Bundesminister Dr.

Friedrich abgestimmt worden sei.3294

Zu den möglichen Motiven Oppermanns zu dieser Pressemitteilung befragt, hat der Zeuge Dr. Steinmeier ge-

antwortet:

„[…] Es gab mündliche und, wenn ich mich recht erinnere, in dem fraglichen Zeitraum 12./13. auch
schriftliche Presseanfragen. Insofern war eigentlich nur die Entscheidung: Beantwortet man jetzt mög-
licherweise von jedem Ressort - von Fraktion, Partei und unterschiedlichen Ministerien - alle Fragen
einzeln, oder versucht man, die Substanz einer Antwort, die auf die meisten Fragen Antwort gibt, in
einer Presseerklärung zusammenzufassen? So hat sich Thomas Oppermann damals entschieden, und
das habe ich überhaupt nicht zu kritisieren.“3295

ccc) Unterrichtung des Bundesministers Dr. Hans-Peter Friedrich

Nach Darstellung des Zeugen Oppermann habe dieser am Abend des 12. Februar 2013 Bundesminister Dr.

Hans-Peter Friedrich telefonisch über die bevorstehende Pressemitteilung informiert:

„[…] Am selben Abend habe ich auch versucht, Minister Friedrich zu erreichen. Das war zunächst
schwierig. Er hatte mich dann nach einer Veranstaltung aus seinem Auto zurückgerufen. Ich habe ihm

3290 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 132.
3291 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 136.
3292 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 147.
3293 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 147.
3294 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 141.
3295 Dr. Steinmeier, Protokoll-Nr. 43, S. 136 f.

Drucksache 18/6700 – 726 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

geschildert, dass es Anfragen der Presse nach dem Zeitpunkt meiner Kenntnis von Ermittlungen im
Fall Edathy gebe sowie bereits erste Berichterstattungen dazu. Ich habe ihm gesagt, dass wir die An-
fragen wahrheitsgemäß und umfassend beantworten sollten. Minister Friedrich hat dem sofort und aus
Überzeugung zugestimmt.

Ich habe sodann Minister Friedrich den ihn betreffenden Teil meiner Erklärung vorgelesen. Er war
damit einverstanden. Wir haben noch vereinbart, dass ich am nächsten Tag seinem Büro eine schrift-
liche Fassung der Erklärung vorab zukommen lasse. […]“3296

Der Zeuge Dr. Friedrich hatte das Gespräch in seiner Vernehmung wie folgt in Erinnerung:

„[…] Überraschend hat mich dann im Februar 2014, als ich bei einer Landwirtschaftsmesse in Nürn-
berg war und gerade ins Auto einstieg, ein Anruf von Herrn Oppermann erreicht. Er sagte mir: Sie
haben doch damals Gabriel über die Sache Edathy informiert. - Ich habe gesagt: Ja, das stimmt. - Er
sagte daraufhin: Ich werde dies in einer Pressemitteilung jetzt der Öffentlichkeit mitteilen. Ich lese
Ihnen das mal vor. - An den Wortlaut dessen, was er vorgelesen hat, kann ich mich nicht erinnern. Mir
war jedenfalls klar: Wenn ich dem sage: ‚Das dürfen Sie auf keinen Fall der Öffentlichkeit sagen‘,
sagt er es zwei Stunden später im Hintergrund den Journalisten. Also, insofern gab es für mich keinen
Grund, zu sagen: ‚Auf keinen Fall schreiben Sie das‘, sondern ich habe gesagt: Selbstverständlich, ich
habe Herrn Gabriel informiert - und habe das damals, wie übrigens auch heute noch, für richtig gehal-
ten. […]“3297

Zu Passage in der Presseerklärung befragt, die besagte, dass es „ausdrücklich nicht um strafbare Inhalte“ gehe,

hat der Zeuge Dr. Friedrich erklärt:

„Ja. Also, das hat er mir vorgelesen und hat gesagt: Ich habe da geschrieben, also nicht strafbare In-
halte und so. ‚Ja, ja‘, habe ich gesagt, ‚so war das‘.“3298

Zu dem nachfolgenden Satz in der Presseerklärung, wonach es „möglicherweise zu strafrechtlichen Ermittlun-

gen kommen“ werde, hat der Zeuge Dr. Friedrich angemerkt:

„Vielleicht habe ich das korrigiert. Vielleicht habe ich gesagt: Das können Sie auf keinen Fall schrei-
ben. - Halte ich für denkbar, weiß ich aber nicht. Also, ich habe dem Gabriel auf Nachfrage: ‚Wird es
denn da noch weitere Ermittlungen geben?‘, gesagt: Das glaube ich eigentlich nicht, aber wir müssen
die Strafbarkeit prüfen. - Und dann, wie gesagt, war das für mich und, ich glaube, auch für ihn in dem
Moment klar: keine weiteren Folgen. - Und deswegen: Wieso auch Oppermann das jetzt in die Pres-
seerklärung geschrieben hat, müssten Sie ihn fragen.“3299

An anderer Stelle hat er dazu ausgeführt:

„Wie gesagt, also, mir war wichtig, dass die Tatsache gestimmt hat. Ich habe den Gabriel informiert -
war so -; und zweitens: Fritsche hat mich informiert und ich Gabriel: keine Strafbarkeit, was für mich
impliziert hat: keine weiteren Ermittlungen. Und deswegen: Wenn er den nächsten Satz vorgelesen
hätte, hätte ich sofort gesagt: ,Der muss raus‘, weil ich nicht von weiteren Ermittlungen ausgegangen
bin.“3300

Der Zeuge Oppermann hat sich an die Gesprächssituation wie folgt erinnert:

3296 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 173.
3297 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 10.
3298 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 58.
3299 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 59 f.
3300 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 61.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 727 – Drucksache 18/6700

„Ich habe versucht, Herrn Friedrich telefonisch zu erreichen. […] Das hat nicht sofort geklappt. Er
war unterwegs, in einer Veranstaltung, hat mich dann aber zurückgerufen. Dann habe ich ihm erst mal
die Situation geschildert: dass die Anfragen vorliegen, dass ich keine Möglichkeit sehe, diesen Anfra-
gen auszuweichen, dass das, wenn wir sie nicht beantworten, wahrscheinlich alles scheibchenweise
aufgedeckt und enthüllt wird. Dann allerdings schaffen wir ein Problem, was es jetzt noch gar nicht
gibt. Deshalb ist es am besten, wir machen das transparent.

Und in dem Gespräch war mein Eindruck, dass er diese Auffassung geteilt hat. Er war damit einver-
standen. Ich habe ihm dann auch die Sätze vorgelesen, die ich zu dem Zeitpunkt hatte. Ich weiß nicht,
ob das schon die letzte Fassung war. Aber ich bin sicher, diese Sätze waren eindeutig. Die sind ja auch
ganz einfach. Und dann hat er sich damit einverstanden erklärt. Ich habe ihm dann gesagt: Ich werde
Ihnen dann die schriftliche Fassung noch zukommen lassen.“3301

Auf Nachfrage hat der Zeuge Oppermann erklärt, er habe Dr. Friedrich auch den Satz vorgelesen, dass es mög-

licherweise zu strafrechtlichen Ermittlungen kommen könnte:

„Der war mit Sicherheit drin. Das ist der Kernsatz, den ich - - einer der beiden oder drei Kernsätze,
die ich von Sigmar Gabriel bekommen hatte. Die, sagen wir mal, standen von Anfang an fest. Um die
herum hat sich diese kurze Pressemitteilung auch aufgebaut. Ich bin ganz sicher, dass ich ihm das
vorgelesen habe.

Wobei ich auch nicht weiß, ob es jetzt rechtlich allein auf diesen Teil ankommt. Der erste Teil: Wie
wir hinterher gehört haben, also, wenn auch Bilder gekauft werden, wo der Inhalt nicht strafbar ist,
wird das ja offenkundig von den Ermittlungsbehörden -“3302

In seiner weiteren Vernehmung hat der Zeuge dargelegt:

„[…] Das war ein offenes Gespräch […]. Da habe ich nicht irgendwie rumgedruckst oder so. Ich habe
die Situation geschildert und habe gesagt: Mensch, das ist eine schwierige Lage für uns alle, und ich
sehe keine Möglichkeit - - Ich wäre überhaupt nicht auf die Idee gekommen, jetzt ihm beim Vorlesen
des Textes etwas vorzuenthalten.“3303

Zur Motivation Oppermanns, diese Presseerklärung abzugeben, hat der Zeuge Dr. Friedrich ausgesagt:

„Also, Herr Oppermann hat mir diese Brisanz nahegelegt; denn er war sehr aufgeregt - sehr aufgeregt.
Und ich dachte: Was ist da jetzt das Problem, warum muss der das überhaupt jetzt erklären, usw.? -
Ich wusste nicht, dass er den Journalisten offensichtlich gesagt hat: ‚Habe ich gerade erst aus der
Presse erfahren‘, und jetzt sozusagen eine ablenkende Presseerklärung machen musste. Das war mir
alles nicht bewusst. […]“3304

An anderer Stelle hat der Zeuge erklärt:

„[…] wenn Herr Oppermann als SPD-Fraktionsvorsitzender eine Presseerklärung abgeben will, dann
kann ich das nicht verhindern, selbst wenn ich das will. […] Ich habe gesagt: Ja, machen Sie. - Also,
solange er nicht Dinge behauptet, die nicht stattgefunden haben - aber ich habe ja Gabriel informiert -
, kann ich ihn von nichts abhalten.“3305

Gemäß der Darstellung Oppermanns habe das Büro Dr. Friedrich später die Freigabe erteilt:

3301 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 44 f.
3302 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 46.
3303 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 46.
3304 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 29.
3305 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 17.

Drucksache 18/6700 – 728 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Sein Mitarbeiter hat sich noch mal gemeldet und hatte noch mal signalisiert: Ist alles in Ordnung. -
Und so war es auch besprochen.“3306

An anderer Stelle hat der Zeuge Oppermann ausgeführt:

„Er hat der Erklärung […] nicht widersprochen. Und sein Büro hat sich bei uns gemeldet und hat
gesagt: Danke; genau so, wie es da steht, war es abgestimmt. - Das hat mir Herr Staschen berich-
tet.“3307

Zur Begründung, weshalb er sein Einverständnis zu der Erklärung erteilt habe, hat der Zeuge Dr. Friedrich

gesagt:

„Ja, gut, ich habe - - Was heißt, mein Okay gegeben? […] wenn ich sage: […]

[…]

‚Sie machen das auf keinen Fall‘, dann geht er [Oppermann, Anm.] zu einem Journalisten und sagt:
Der Friedrich will das geheim halten. - Aber ich hatte keinen Grund, es geheim zu halten, weil ich ja
nur meine Pflicht als geschäftsführender Innenminister erfüllt habe.“3308

Dazu befragt, was er getan hätte, wäre Dr. Friedrich gegen die Veröffentlichung der Presseerklärung gewesen,

hat der Zeuge Oppermann geantwortet:

„[…] Dann allerdings wäre es möglicherweise zu der Situation gekommen, die Sie sowieso eben schon
empfohlen hatten. Dann hätte ich zu Gabriel und Steinmeier gesagt: Also, Friedrich ist dagegen, dass
wir das veröffentlichen. Wir müssen jetzt gemeinsam klären, wie wir damit umgehen.“3309

In seiner weiteren Vernehmung hat der Zeuge Dr. Friedrich geschildert, er habe am nächsten Tag mit Sigmar

Gabriel telefoniert:

„[…] Also, ich habe am nächsten Tag mit Sigmar Gabriel telefoniert. Und ich hatte den Eindruck, dass
er über diese Pressemitteilung nicht glücklich war, um das mal so zu sagen. Und dann ist es wahr-
scheinlich, dass ich mir den Text angeschaut habe. Aber, verstehen Sie, was hilft mir eine Presseer-
klärung von Oppermann? Ich meine, damit habe ich nichts zu tun, solange er nicht Dinge behauptet,
von denen ich definitiv weiß, dass sie nicht wahr sind, also über mich. Und er hat gesagt: ‚Der hat den
Gabriel informiert‘, und das war so.“3310

Von dem Telefonat zwischen Oppermann und Ziercke habe Dr. Friedrich gemäß eigenem Bekunden erst durch

die Presseerklärung erfahren:

„Ich kann Ihnen das nicht mehr genau sagen. Also, ich gebe zu - das weiß ich noch -, dass es mich
überrascht hat, dass Oppermann mit Ziercke gesprochen hat. Also, das habe ich nicht vermutet und
nicht gewusst, und somit war das für mich eine neue Information. […]“3311

„Das hat mich schon auch ein bisschen gestört, dass er sagt: Ich rufe beim BKA-Präsidenten an. - Wie
gesagt, man hätte bei mir anrufen können. Und dann - - Wenn es jetzt für die SPD noch Weiterungen
hätte und relevant wird, dann hätte man sagen können: Also, pass mal auf, wir brauchen jetzt mal hier

3306 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 47.
3307 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 105.
3308 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 18.
3309 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 45.
3310 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 18.
3311 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 62.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 729 – Drucksache 18/6700

Klarheit in dieser Geschichte. - Und die Klarheit hat man sich nicht bei mir besorgt, sondern bei
Ziercke. Das - - Gut, ist so.“3312

ddd) Unterrichtung von Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Maizière

Der Zeuge Dr. de Maizière hat ausgesagt, Thomas Oppermann habe ihn am Abend des 12. Februar 2014 über

seine Absicht unterrichtet, am nächsten Tag eine Presseerklärung zum Sachverhalt Edathy abzugeben.

Ob er mit Dr. de Maizière nach dem Telefonat mit Dr. Friedrich gesprochen hat, daran hatte der Zeuge Opper-

mann in seiner Vernehmung keine Erinnerung:

„[…] Ich weiß auch gar nicht mehr, ob ich erst mit Herrn Friedrich oder erst mit Herrn de Maizière
gesprochen habe. In welcher Reihenfolge ich diese beiden Gesprächspartner habe, kann ich gar nicht
erinnern.“3313

Der Zeuge Dr. Friedrich hat in seiner Vernehmung erklärt, von Bundesminister Dr. de Maizière keinen Anruf

erhalten zu haben.3314

Über sein Gespräch mit Thomas Oppermann hat der Zeuge Dr. de Maizière berichtet:

„[…] Am 12. Februar gegen Abend rief mich der SPD-Vorsitzende Oppermann an, um mir zu berich-
ten, dass er die Absicht habe, über seine Befassung mit dem Sachverhalt Edathy am nächsten Tag eine
Presseerklärung zu veröffentlichen; er wolle darin sein gesamtes Wissen mitteilen. Er teilte mir auch
mit, dass er seinerzeit mit dem Präsidenten des BKA Ziercke gesprochen habe. Den genauen Inhalt
dieses damaligen Telefonats mit Herrn Ziercke teilte er mir nach meiner Erinnerung nicht mit.

Ein Entwurf seiner Presseerklärung lag mir an dem Abend […] nicht vor. Nach meiner Erinnerung
habe ich […] Oppermann - gebeten, in gleicher Weise Herrn Minister Friedrich zu unterrichten und
alles Weitere, vor allem den Inhalt der Presseerklärung, mit ihm abzustimmen, weil er natürlich über
den Sachverhalt Bescheid wusste und ich nicht. […]“3315

Den Inhalt der beabsichtigten Presseerklärung habe Thomas Oppermann nach der Erinnerung des Zeugen Dr.

de Maizière in dem Telefonat mündlich vorgetragen. Er habe nicht den Eindruck gehabt, dass Oppermann etwas

vorlas:

„[…] Ich hatte die […] Meinung, dass er einfach mündlich vorträgt. Ob er Entwürfe hatte, weiß ich
nicht […]. Ich weiß es nicht, aber nach meiner Erinnerung war es eine mündliche Unterrichtung nicht
auf der Basis einer Textvorlage. Aber selbst wenn er eine gehabt hätte, wäre es auch egal; denn mir
hat er es so vorgetragen, als hat er die Absicht, am nächsten Morgen eine Presseerklärung abzugeben.
Und da sehe ich keinen Anlass, ihn zu fragen: Sagen Sie mal, haben Sie schon einen Entwurf auf
Ihrem Schreibtisch?“3316

Ob in dem Telefonat auch zur Sprache kam, dass Michael Hartmann von Oppermann beauftragt wurde, sich um

Sebastian Edathy zu kümmern, daran habe sich der Zeuge Dr. de Maizière nicht erinnern können. 3317

3312 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 62 f.
3313 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 47.
3314 Dr. Friedrich, Protokoll-Nr. 43, S. 17.
3315 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 9.
3316 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 35.
3317 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 19.

Drucksache 18/6700 – 730 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Auf die Frage, warum ihn Thomas Oppermann seiner Ansicht nach seinerzeit über diese Pressemitteilung infor-

mierte, hat der Zeuge Dr. de Maizière geantwortet:

„Nun, Herr Oppermann hat - - Das finde ich absolut richtig. Er war Fraktionsvorsitzender, und das
war ein gewichtiger Vorgang. Er wollte am nächsten Tag eine Presseerklärung machen, und ich bin
da sicher nicht der Einzige, den er da angerufen hat. Ich war der amtierende Innenminister, und es
ging um einen Sachverhalt aus meinem Geschäftsbereich. Da fand ich es sehr kollegial, dass er mich
angerufen hat und mir das mitgeteilt hat und ich das nicht aus der Presse erfahre.

Ich habe ihn dann vor allen Dingen eben an den Kollegen Friedrich verwiesen und ihm gesagt, es wäre
auch kollegial, diese Presseerklärung mit Herrn Friedrich abzustimmen; ich könne zum Wortlaut
nichts beitragen. Und da hat er gesagt: Ja, das mache ich gerne […]“3318

An anderer Stelle hat der Zeuge Dr. de Maizière ausgeführt:

„[…] Sein eigentliches Motiv war - so hat er es mir auch gesagt -: Es kommt ja sowieso alles raus,
deswegen will ich gar nicht stückchenweise, sondern ich möchte von mir aus aktiv den gesamten
Sachverhalt, so wie er sich darstellt, aktiv offenlegen. Und das ist ja auch - in Anführungsstrichen -
gelungen; denn das war ja sozusagen für alle eine Überraschung, wie dann die Abläufe Friedrich -
Gabriel, Gabriel - Oppermann usw. waren.“3319

Zu seiner Motivation, Bundesinnenminister Dr. de Maizière zu unterrichten, hat der Zeuge Oppermann ausge-

sagt:

„Weil die Veröffentlichung einer solchen Pressemitteilung - das war mir schon bewusst - ein Vorgang
besonderer Art ist, die den Zuständigkeitsbereich des amtierenden Innenministers betrifft. Und des-
halb hielt ich es für angezeigt, ihn darüber zu informieren.

[…]

[…] er ist ja der Nachfolger von Herrn Friedrich gewesen, und er ist ja für das BKA zuständig. Und
die Information kam ja vom BKA über Herrn Friedrich zu Herrn Gabriel.“3320

Weiter hat der Zeuge Oppermann ausgeführt:

„Ich hoffte, dass er [Dr. de Maizière, Anm.] meine Meinung teilt, dass wir diesen Vorgang veröffent-
lichen müssen, und wollte nicht, dass er den aus der Zeitung erfährt.“ 3321

Gemäß seiner Aussage habe Bundesminister Dr. de Maizière nach dem Gespräch mit Bundesminister Dr. Fried-

rich ein kurzes Telefonat3322 geführt:

„[…] Ich habe dann auch nach meiner Erinnerung Herrn Friedrich angerufen und habe gesagt: Hans-
Peter, da wird dich gleich Herr Oppermann anrufen in der und der Angelegenheit. Bitte besprecht das
direkt. Ich kann dazu nichts beitragen. […]“3323

3318 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 13.
3319 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 18.
3320 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 49.
3321 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 50.
3322 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 20.
3323 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 13.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 731 – Drucksache 18/6700
Mit Dr. Hans-Peter Friedrich habe Bundesinnenminister Dr. de Maizière nicht über den Fall Edathy gesprochen.

Zu dem Grund dafür hat der Zeuge Dr. de Maizière ausgeführt:

„[…] ich habe mit Herrn Friedrich zu dem Zeitpunkt nicht über den Fall gesprochen. Als es dann sich
zuspitzte nach einigen Tagen und das Thema Geheimnisverrat aufkam, erst recht nicht, weil mich
relativ schnell ein Vermerk oder jedenfalls eine Belehrung erreichte, dass es möglicherweise einer
Ermächtigung von mir bedürfte, um ein Strafverfahren durchzuführen. Und ab dem Zeitpunkt habe
ich natürlich unterlassen, über Einzelheiten seines Verhaltens mit Hans-Peter Friedrich zu sprechen;
das hat er wohl verstanden.“3324

In der weiteren Vernehmung ist Dr. de Maizière gefragt worden, ob ihm zu diesem Zeitpunkt die Tragweite

dieser Erklärung klar gewesen sei. Darauf hat der Zeuge Dr. de Maizière geantwortet:

„Ich kannte sie [Presseerklärung, Anm.] ja noch nicht vom Inhalt, aber dass das eine neue Wende
bekommt, wenn Herr Gabriel und Herr Oppermann und Steinmeier - wie gesagt, ob Frau Lambrecht,
das spielte jetzt, glaube ich, in dem Telefonat keine Rolle; ob er es gesagt hat oder nicht, weiß ich
nicht - - dass das eine beachtliche Wende der Debatte geben würde, das war mir klar. Dass es dann
allerdings so zum Thema ‚Geheimnisverrat Friedrich‘ wurde, das war mir bei dem Telefonat noch
nicht klar und macht ja auch eine gewisse Tragik des ganzen Falles aus.“3325

Auf weitere Nachfrage, ob ihm mögliche dienstrechtliche Konsequenzen für den BKA-Präsidenten in den Sinn

gekommen seien, als er von dem Telefonat zwischen Oppermann und Ziercke erfuhr, hat der Zeuge Dr. de

Maizière erklärt:

„Ja, aber nur dann, wenn der BKA-Präsident sich nicht korrekt verhält, und ich hatte keinerlei Zweifel
an der korrekten Amtsführung von Herrn Ziercke. Ich glaube nicht, dass ein Präsident des Bundeskri-
minalamts einen Anruf des Fraktionsvorsitzenden einer Bundestagsfraktion einfach mal ablehnen
kann. Die Frage ist, wie er sich verhält, und meines Erachtens hat er sich korrekt verhalten - so jeden-
falls, wie er es mir und der Öffentlichkeit gesagt hat. Ich habe daran keinen Zweifel.“3326

Der Zeuge Oppermann hat in seiner Vernehmung erklärt, er habe seinerzeit keine Auswirkungen auf den BKA-

Präsidenten Ziercke durch die Veröffentlichung dieser Presseerklärung befürchtet.3327

eee) Unterrichtung von Christine Lambrecht

Der Zeuge Oppermann hat erklärt, dass auch die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundes-

tagsfraktion Christine Lambrecht informiert worden sei:

„Christine Lambrecht war auch einbezogen. Ich weiß nicht mehr genau, in welcher Form. Aber an
dem Morgen, am Donnerstagmorgen - das muss dann der 13. gewesen sein -,-“3328

In ihrer Vernehmung hat die Zeugin Lambrecht dazu ausgesagt:

„Thomas Oppermann hat mich Mittwoch, am 12., abends angerufen und hat mich darüber informiert,
dass er vorhat, eine Presseerklärung herauszugeben, in der er diese Informationskette beschreibt, weil

3324 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 13 f.
3325 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 20.
3326 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 20.
3327 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 51.
3328 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 182.

Drucksache 18/6700 – 732 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

es Anfragen seitens der Presse gebe, und er möchte das alles transparent machen und offenlegen. In
dem Telefongespräch hat er mir dann auch die Passage vorgelesen, die er vorhat, in Bezug auf meine
Person in dieser Presseerklärung zu beschreiben, also dass er mich nach meiner Wahl informiert hat.
Das hat er mir vorgelesen an dem Mittwochabend, und am Donnerstag hat er mich im Plenum - wir
hatten Sitzungsdienst - diese Erklärung einsehen lassen. Da habe ich noch mal drübergeschaut, und da
das zutreffend war, war das okay.“3329

Auf die Frage, ob sich die ihr am 13. Februar 2014 vorgelegte Fassung der Presseerklärung von der mit ihr am

12. Februar 2014 abgestimmten Fassung übereinstimmt habe, hat die Zeugin Lambrecht geantwortet:

„[…] Vom Inhalt her hat es absolut übereingestimmt. Ob da ein Wort geändert wurde, das - - Aber
inhaltlich war das genau das, was er mir mittwochabends schon telefonisch mitgeteilt hat.“3330

fff) Unterrichtung von Michael Hartmann

Die Unterrichtung von Michael Hartmann wurde laut Aussage des Zeugen Oppermann von seinem Büroleiter

Heiner Staschen durchgeführt:

„Er [Staschen, Anm.] hat das übernommen. Ich hatte ein Dutzend Telefonate. Ich hatte wenig Zeit und
habe das wegdelegiert, weil ich dachte, ich muss gucken, dass ich - - Ich konnte ihn ja schlecht beauf-
tragen, mit Herrn de Maizière zu sprechen. Also habe ich gesagt: Dann nimm du den Hartmann; mache
ich de Maizière, mache ich Gabriel, Steinmeier, Friedrich usw.“3331

„[…] Herrn Hartmann habe ich nicht angerufen. Das hat mein Büroleiter übernommen […].“3332

Der Zeuge Staschen hat in seiner Vernehmung berichtet:

„[…] Herr Oppermann […] hat gesagt: Ich habe mit Herrn Hartmann nicht reden können. Der kommt
aber drin vor. Bitte ruf du Herrn Hartmann an und sag ihm, dass es eine solche Pressemitteilung geben
soll.

[…]

[…] In meiner Erinnerung ist es […] so gewesen, dass nicht genug Zeit war, weil er andere Telefonate
führen musste, wobei ich jetzt nicht weiß, mit wem er - - wann er mit Frau Lambrecht oder mit Herrn
de Maizière oder Herrn Friedrich - - Mit denen hat er ja telefoniert, aber wann genau, weiß ich nicht.
Ich glaube, dass es einfach so war, dass er fand: Herr Hartmann steht auch noch auf meiner Liste. Das
habe ich nicht geschafft, und deswegen bitte ich dich, das jetzt zu tun und dem zu sagen, dass da was
kommt.“3333

Zum Gespräch mit Michael Hartmann hat der Zeuge Staschen ausgesagt:

„Also, ich kann mir sehr gut vorstellen, dass, wenn ich ihn - ich habe dazu keine Unterlagen mehr -
angerufen habe, gesagt habe: ‚Hey, Herr Oppermann möchte morgen eine Pressemitteilung rausgeben,
und du spielst darin eine Rolle‘, dass ich ihm das vorgelesen habe. Dass ich ihm das zu dem Zeitpunkt
gemailt habe, glaube ich nicht, denn das war ja auch noch nicht freigegeben von Herrn Oppermann.

3329 Lambrecht; Protokoll-Nr. 42, S. 104.
3330 Lambrecht; Protokoll-Nr. 42, S. 104.
3331 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 49.
3332 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 182.
3333 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 39.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 733 – Drucksache 18/6700

Das hat er erst am nächsten Tag gemacht. Dass ich eine nicht freigegebene Pressemitteilung in der
Gegend rummaile, scheint mir nicht plausibel.“3334

Der Zeuge hat weiter ausgeführt, Michael Hartmann habe gefragt, warum diese Pressemitteilung notwendig sei.

Zu der ihn betreffenden Passage habe Hartmann nichts gesagt.3335

Gemäß der Aussage des Zeugen Oppermann habe Staschen ihn später darüber informiert, dass Hartmann ein-

verstanden sei.3336

Der Zeuge Hartmann hat in seiner Vernehmung bestätigt, am Vorabend der Veröffentlichung in Kenntnis gesetzt

worden zu sein, dass er darin namentlich erwähnt werde. Einen Text der Presseerklärung habe er zu diesem

Zeitpunkt nicht gehabt. Die Erwähnung sei korrekt und vollständig gewesen.3337 Auf die Frage, ob es im Zu-

sammenhang mit der Presserklärung zu inhaltlichen Diskussionen gekommen sei, hat der Zeuge Hartmann dar-

gestellt:

„[…] Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Oppermann setzt in Kenntnis und lässt nicht Mitautorenschaft
zu.“3338

Der Zeuge Staschen hat dazu erklärt:

„[…] die Bitte [Oppermanns, Anm.] war ja nicht, mit ihm eine gemeinsame Pressemitteilung zu ent-
werfen, sondern die Bitte war, ihn zu informieren, dass es die geben soll, weil das nach Erinnerung
von Herrn Oppermann so gewesen ist, wie es da drinstand.” 3339

Dazu befragt, weshalb er in seiner Presseerklärung Michael Hartmann erwähnt habe, hat der Zeuge Oppermann

geantwortet:

„Es gab ja keine Beschäftigung mit Edathy bis zum Mandatsverzicht, außer dass er bei der Vorberei-
tung der Kanzlerinwahl gefehlt hatte und dadurch quasi Thema wurde. Ich habe auch Herrn Ziercke
nur mit einem Satz erwähnt in der Pressemitteilung. Ich wollte Herrn Hartmann nicht weglassen, weil
er mich gezielt auf Edathy angesprochen hatte und dann - - Sagen wir mal: Ich habe die Pressemittei-
lung ja verfasst am 12. Am 13. habe ich sie publiziert, am 13. Februar 2014. Da hatte ich ja auch genau
vor Augen: Der Edathy ist dann krank geworden, hat sich krankgemeldet, dann kam der Mandatsver-
zicht, sodass das Gespräch mit Hartmann dadurch insgesamt eine Bedeutung bekam. Da gibt es einen
Wechsel, Edathy ist auffällig in schlechter gesundheitlicher Verfassung. Das schien mir Teil einer,
sagen wir mal, Geschichte zu sein. Deshalb habe ich den Namen Hartmann erwähnt. Andere Gründe
dafür hatte ich nicht.“3340

An anderer Stelle hat der Zeuge ausgeführt:

„[…] Ich bin unglaublich froh, dass ich den Namen [Hartmann, Anm.] da reingeschrieben habe. Ich
habe mir damals gesagt: Ich muss die wichtigen Leute, mit denen da Kontakt war in dieser Angele-
genheit, in der Pressemitteilung benennen, und wenn ich einen nicht benenne, wird hinterher recher-
chiert, dass der auch dabei war, und dann werden mir schon aufgrund der Tatsache, dass ich jemanden

3334 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 46.
3335 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 46.
3336 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 48.
3337 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 108.
3338 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 108.
3339 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 45.
3340 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 42.

Drucksache 18/6700 – 734 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

nicht benannt habe, Vorwürfe gemacht, und das wollte ich vermeiden. Ich wolle Transparenz herstel-
len und habe deshalb auch den Kontakt in dieser Frage mit Michael Hartmann erwähnt. Es war auch,
ehrlich gesagt, sonst kein Kontakt da in Sachen Hartmann. Es gab noch mal in Sachen Edathy, ich
sage mal, diesen Vorfall bei der Kanzlerwahl, über den ich ja hier auch schon in meinem Eingangs-
statement berichtet hatte. Also, ich bin aus heutiger Sicht sehr froh, dass ich diesen Namen dort nicht
weggelassen habe.“3341

ggg) Versuchte Kontaktaufnahme mit BKA-Präsidenten Ziercke am 12. Februar 2014

Am 12. Februar 2014 versuchte Thomas Oppermann nach eigener Aussage vergeblich, den BKA-Präsidenten

Ziercke telefonisch zu erreichen.3342

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Leon bestätigt, dass das Büro von Thomas Oppermann versucht habe, den

BKA-Präsidenten Ziercke telefonisch zu erreichen:

„[…] Ich hatte in dieser Woche Rufbereitschaft für den Stab der Amtsleitung. Das bedeutet, dass man
rund um die Uhr erreichbar ist, dass auch alle Vorzimmer ihre Telefone auf die Rufbereitschaft des
Stabes dann umleiten ab circa 16.30 Uhr, wenn die Amtsleitung nicht mehr erreichbar ist, damit zu-
mindest Terminabsprachen etc. noch getroffen werden können, wenn zu späterer Stunde jemand noch
anruft. […]

Ich war an dem Mittwoch in Berlin, habe im BKA gearbeitet bis circa 18.30/19.00 Uhr und hatte mich
dann mit Kollegen und Kolleginnen vom Stab zum Essen verabredet. Ich bin aus dem Tower des BKA
raus, noch schnell umziehen und dann halt um die Ecke in ein Restaurant. Von daher kann ich die Zeit
ungefähr noch einschätzen. Ich bin gerade eingetroffen - so gegen 19.30 Uhr muss es gewesen sein -,
da klingelte dann das Bereitschaftstelefon. In dem Display kam nur ‚anonym‘, das heißt: Rufnum-
mernunterdrückung. Normalerweise bedeutet das, dass entweder der Kriminaldauerdienst anruft oder
ein weitergeleitetes Gespräch aus dem Amt mich erreicht. Ich bin drangegangen noch in dem Restau-
rant, und es meldete sich dann eine Dame mit dem Hinweis: Büro MdB Oppermann, der Herr Opper-
mann würde gerne mit Herrn Ziercke sprechen. Ich habe dann gebeten, dass sie einen Moment dran-
bleibt, weil ich dann rausgehen wollte, das Gespräch nicht im Restaurant führen wollte, und habe dann
gefragt, ob sie wüsste, wie spät es sei; man könnte nicht davon ausgehen, dass man gegen 19.30 Uhr
oder so den Präsidenten noch im Büro erreicht, und von daher keine Möglichkeit, ihn jetzt zu errei-
chen; worum es denn ginge. Das wollte sie mir nicht sagen. Sie wollte aber dann die - - oder fragte
nach der mobilen Erreichbarkeit von Herrn Ziercke, ob die Möglichkeit bestände, die zu bekommen,
was ich verneinte und auch um Verständnis bat, weil die Nummer der Amtsleitung gebe ich nicht raus,
und ich wusste auch natürlich nicht hundertprozentig, mit wem ich es zu tun habe. Das kann man nie
wissen, wer sich als Büro Oppermann ausgibt. Von daher der freundliche Hinweis, dass ich Herrn
Ziercke informieren werde über diesen Kontaktversuch, und falls er eine Erreichbarkeit hätte - das
war mein Gedanke -, könnte er von sich aus versuchen, den Kontakt herzustellen, oder eben sie sollten
es am nächsten Morgen dann noch mal versuchen zu den normalen Dienstzeiten ab 7.30 Uhr.“3343

Der Zeuge Leon hat weiter ausgeführt, er habe BKA-Präsidenten Ziercke danach per SMS über den Kontaktver-

such unterrichtet:

„Also, ich wusste, dass er [Ziercke, Anm.] auf dem […] Anflug […] nach Berlin ist - er dürfte eigent-
lich gar nicht erreichbar gewesen sein -, weil ich seinen Kalender oder seinen Zeitplan damals im Kopf
hatte. Und ich habe ihm nur mitgeteilt, dass Büro MdB Oppermann versucht hat, ihn gerade zu errei-
chen und nach seiner mobilen Erreichbarkeit gefragt hat, explizit, und ich sie nicht herausgegeben

3341 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 31.
3342 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 182.
3343 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 10.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 735 – Drucksache 18/6700

hätte aus Schutzgründen. […] und hatte ihm dann noch, und das meine ich, eine Rückrufnummer, die
die Dame mir gegeben hatte, eine Festnetznummer in Berlin, mit angegeben. […] Das ist das übliche
Prozedere, wie wir es immer machen. Entweder bekomme ich dann ein Okay oder auch nicht, je nach-
dem, wo er sich gerade befindet. Aber diese SMS kommen immer an. Das ist das übliche Prozedere,
wie der Stab mit der Amtsleitung kommuniziert.“3344

Eine Rückmeldung auf die SMS habe der Zeuge Leon am nächsten Tag von Ziercke persönlich erhalten:

„[…] Er hat nicht mit ihm gesprochen. Er [Ziercke, Anm.] hatte gesagt, das ist ja ein Witz, und es gibt
für ihn keinen Grund, mit ihm [Oppermann, Anm.] zu telefonieren, bzw. er hat dann gesagt, als wir
so gegen 13 Uhr zusammensaßen in der Bundesdruckerei und die Pressemitteilung von Herrn Opper-
mann auf dem Tisch lag: Jetzt weiß ich auch, warum er mich erreichen wollte.“3345

Der Zeuge Ziercke hat den Kontaktversuch des Büros von Thomas Oppermann bestätigt und erklärt, am 12.

Februar 2014 nicht mit Thomas Oppermann telefoniert zu haben:

„[…] Ich stelle […] fest, dass es auch am 12.02.2014 bzw. am 13.02.2014 weder mit dem Büro von
Herrn Oppermann noch mit ihm selbst durch mich ein telefonisches oder persönliches Gespräch ge-
geben hatte. Auch nach dem 12. bzw. 13.02.2014 bis heute hat es kein Gespräch zwischen Oppermann
und mir gegeben.

Der Anruf aus dem Büro Oppermann ging bei einem Mitarbeiter des Leitungsstabes ein. Dieser Mit-
arbeiter soll mich per SMS über die Bitte eines Rückrufes im Büro Oppermann informiert haben. Nach
meinen Recherchen müsste mich diese SMS am Abend des 12.02. erreicht haben. Ich kann das aber
nicht mit Sicherheit sagen, auch nicht erinnern; ich glaube aber den Aussagen meines Mitarbeiters.
Ich kann auch nicht erinnern, ob der Grund für den Rückruf genannt war vom Büro Oppermann, damit
ich die zeitliche Dringlichkeit und die Bedeutung des Rückrufes besser erkennen konnte.

Üblicherweise informieren mich die Mitarbeiter bei dringenden Angelegenheiten telefonisch oder hin-
terlassen in der Wache in Treptow eine sogenannte Roadmappe, wie wir sagen, für wichtige Angele-
genheiten, die mir vom Wachpersonal bei der Einfahrt in die Liegenschaft - - Denn ich kam an diesem
Abend nach dem Flug Frankfurt–Berlin wahrscheinlich so gegen 20, 21 Uhr - ich weiß nicht, ob ich
noch Essen gefahren war - in die Liegenschaft zurück. Ich kann weder einen Anruf dieses Mitarbeiters
noch eine Roadmappe für dringende Angelegenheiten erinnern […].“3346

cc) Freigabe der endgültigen Fassung und Veröffentlichung der Presseerklärung

Am 13. Februar 2014 erfolgte die Freigabe der Presserklärung durch Thomas Oppermann. Vor der Veröffentli-

chung wurde die Erklärung vorab an den Abgeordneten Hartmann sowie an die Büros der Bundesminister Alt-

maier, Dr. de Maizière und Dr. Friedrich übermittelt.

Der Zeuge Staschen hat sich an die Situation wie folgt erinnert:

„[…] Herr Oppermann hat am nächsten Morgen - das wäre dann der 13., glaube ich - eine Fassung
der geplanten Erklärung mit ins Plenum genommen und hat mir dann irgendwann von dort die Bitte
übermittelt, die Erklärung an Herrn Hartmann, Herrn Altmaier, Herrn de Maizière, Herrn Friedrich

3344 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 12.
3345 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 12.
3346 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 44.

Drucksache 18/6700 – 736 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

und Herrn Kauder zu übermitteln. Ich habe dazu jeweils mit den Büros gesprochen und dann die Er-
klärung übersandt, oder umgekehrt; das weiß ich jetzt nicht mehr genau. Im Fall von Herrn Kauder ist
es leider unterblieben. Das war mein persönlicher Fehler, den ich sehr bedaure.

Nachdem ich die Vorabentwürfe übersendet hatte, habe ich der Pressestelle gesagt, dass sie die Pres-
seerklärung rausschicken kann. Das hat dann einen Sturm entfacht, den ich vorher in dieser Form nicht
erwartet hätte. Insbesondere mit dem Rücktritt von Herrn Minister Friedrich hatte ich nicht gerechnet.
Ich habe den Rücktritt bedauert, weil ich die Zusammenarbeit von Herrn Friedrich und Herrn Opper-
mann während der Koalitionsverhandlungen als sehr gut empfunden habe und die Hoffnung hatte,
dass sich diese gute Zusammenarbeit in der Koalition fortsetzt. […]“3347

Der Zeuge Oppermann hat dazu ausgesagt:

„[…] Am nächsten Tag, Donnerstag, 13. Februar 2014, habe ich die Erklärung am Rande der Bundes-
tagssitzung endgültig mit Minister Gabriel und Minister Steinmeier abgestimmt. Außerdem hat mein
Büro die Erklärung an die Ministerbüros von Minister Friedrich und Minister de Maizière, an das Büro
von Kanzleramtsminister Altmaier und an das Büro von MdB Michael Hartmann übersandt. Danach
habe ich die Veröffentlichung der Erklärung freigegeben. Mir war klar, dass es nach der Presseerklä-
rung turbulent werden würde; aber mit einer solchen Wucht an Reaktionen hatte ich nicht gerechnet.
Dass wegen der Veröffentlichung Hans-Peter Friedrich sein Ministeramt aufgeben musste, habe ich
damals bedauert. Es tut mir heute noch aufrichtig leid, weil ich davon überzeugt bin, dass er nichts
Unrechtes tun wollte. […]“3348

Am 13. Februar 2014 um 11.30 Uhr meldete die Deutsche-Presse-Agentur (dpa) unter Bezugnahme auf eine

vorliegende Presseerklärung von Thomas Oppermann, dass Sigmar Gabriel seit Oktober 2013 über den Verdacht

gegen Sebastian Edathy informiert gewesen sei.3349

3. Pressehintergrundgespräch von Thomas Oppermann am 12. Februar 2014

Am Abend des 12. Februar 2014 führte Thomas Oppermann nach seiner Aussage ein Hintergrundgespräch mit

Medienvertretern. Dieses Gespräch habe nach dem Telefonat mit Bundesminister Dr. Friedrich stattgefun-

den. 3350 Der Zeuge Oppermann hat dazu erläutert:

„Nach meinem Terminplan war das für 20 Uhr angesetzt, und wegen der Telefonate, glaube ich, bin
ich verspätet angekommen, vielleicht 20.15 Uhr.“3351

An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„[…] dieser Termin, das war kein Pressetermin, den ich kurzfristig anberaumt hatte, um die Journa-
listen zu informieren, der war längerfristig geplant, der stand vorher schon fest. Und ich wollte ihn
auch an diesem Abend nicht absagen. Das hätte ja nur zu Spekulationen geführt. Das wollte ich auf
jeden Fall verhindern.“3352

3347 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 11.
3348 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, S. 173 f.
3349 „(Eil) Gabriel seit Oktober über Verdacht gegen Edathy infortmiert", dpa-Meldung vom 13. Februar 2014, 11.30 Uhr.
3350 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 53 f.
3351 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 53.
3352 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 59.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 737 – Drucksache 18/6700
Über den Ablauf des Gespräches hat Thomas Oppermann berichtet, er habe die Journalisten über den Sachver-

halt informiert, der am nächsten Tag von ihm presseöffentlich gemacht worden sei:

„Ich habe darüber informiert, dass Herr Friedrich Herrn Gabriel über diese Dinge in Kenntnis gesetzt
hat, dass der Herrn Steinmeier und mich darüber informiert hat - - und den weiteren Gang der Dinge,
wie er sich aus der Pressemitteilung ergibt. Aber ich habe nicht die Pressemitteilung vorgelesen oder
Detailformulierungen aus der Pressemitteilung benutzt.“3353

Auf die Frage, ob er in dem Gespräch den Eindruck gehabt habe, dass die Journalisten durch einen Informanten

vorbereitet gewesen seien, hat der Zeuge Oppermann geantwortet:

„[…] Nein, den Eindruck hatte ich nicht.“ 3354

4. Angebliche Unterrichtung Edathys durch Hartmann am 12. Februar 2014

Nach Aussage des Zeugen Edathy habe er am Tag vor der Veröffentlichung der Presseerklärung Thomas Op-

permanns in einem Telefonat durch Michael Hartmann davon erfahren. Wörtlich hat der Zeuge erklärt:

„[…] Michael Hartmann hat mir am Abend des 12.02.2014 telefonisch mitgeteilt, Thomas Opper-
mann plane für den Folgetag die Veröffentlichung einer Pressemitteilung. Der Entwurf liege ihm
[…] vor, da er darin Erwähnung finde.

Er hatte mir gesagt, das Büro Oppermann hatte ihm wohl den Entwurf gegeben, weil - das war ja auch
dann in der Endfassung - der Name Michael Hartmann in dem Text vorkommt, damals vorkommen
sollte und dann ja vorgekommen ist. […]

Er hat mir das vorgelesen. So, wie das in dem Entwurf dargestellt worden ist und auch später in der
veröffentlichten Pressemitteilung, ist eben nicht davon die Rede, dass Oppermann natürlich wusste -
oder nicht natürlich wusste, sondern, wie mir bekannt war, wusste -, dass Hartmann ebenfalls infor-
miert war. Er hat aber nicht - - hat genau den Eindruck erweckt, dass zum Kreis der Informierten eben
seitens der SPD nur er selber, also Oppermann, Gabriel und Steinmeier gehört hätten, obwohl er
wusste, Hartmann gehört auch dazu. Hartmann wollte da intervenieren und protestieren. Das hat of-
fenkundig nicht viel gebracht.

Wir waren uns einig, dass der Text nicht der Wahrheit entspreche. Hartmann wollte diesbezüglich
intervenieren. Am Folgetag musste ich aber zur Kenntnis nehmen, dass dies […] - falls geschehen
- offenkundig nicht erfolgreich war.

Das war auch der letzte Kontakt, den ich mit Michael Hartmann gehabt habe. Ich glaube, das ist so.
Nach dem 12.02. hatten wir weder telefonisch noch persönlich noch per SMS irgendeine Verbindung.
[…]“3355

Der Zeuge Noll hat angegeben, Sebastian Edathy habe ihm am Abend des 12. Februar 2014 über die bevorste-

hende Presseerklärung von Thomas Oppermann in Kenntnis gesetzt:

„[…] Ich habe in dieser Woche sehr viel mit Herrn Edathy telefoniert, und es gab dann auch ein Ge-
spräch - ich meine, es könnte am 12.02. gewesen sein; […] da ging es um die Erklärung, die Herr
Oppermann abgeben wollte. Ich glaube, das war dann am 13., als er die Erklärung abgegeben hatte,

3353 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 58.
3354 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 60.
3355 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 32 f.

Drucksache 18/6700 – 738 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

und am Vorabend habe ich mit Herrn Edathy deswegen telefoniert. […] Es war so, dass Herr Edathy
von Herrn Hartmann erfahren hatte, dass Herr Oppermann sich erklären wolle gegenüber der Presse.
Wir haben das nicht verstanden und haben den Anlass nicht gesehen, warum Herr Oppermann über-
haupt öffentlich machen wolle, dass da irgendjemand Kenntnis von irgendetwas gehabt hätte. In dem
Gespräch war auch klar geworden - also Gespräch Edathy/Hartmann, so, wie Herr Edathy mir das
schildert -, dass die Reihenfolge benannt werden soll der Personen, wie die Kenntnis erlangt haben,
und dass auch er, Herr Hartmann, in dieser Erklärung vorkommen solle, und zwar relativ prominent
vorkommen solle. Herr Hartmann hatte sich darüber offenbar sehr aufgeregt, wie Herr Edathy mir das
vermittelt hat.

Wir haben dann natürlich gerätselt: Warum gibt Herr Oppermann überhaupt eine Erklärung ab, […].
Da scheint es ja, wenn ich das richtig verstanden habe, irgendwelche Anfragen von Journalisten ge-
geben zu haben. Da scheint ja irgendjemand irgendetwas gewusst zu haben, was Herrn Oppermann
überhaupt veranlasst hat, diese Erklärung abzugeben, die dann letztlich Herrn Friedrich schaden sollte.
[…]

Ich habe mich das gefragt, warum er diese Erklärung überhaupt abgibt. Es muss ja irgendjemand mit
Journalisten davor gesprochen haben. Die müssen ja gewusst haben, dass die SPD-Spitze irgendwas
weiß. Das war ja bis dahin gar nicht bekannt. Also, wer hat es denn gewusst unter den Journalisten
und woher? Hat da irgendjemand in der SPD den Mund nicht halten können? Hat irgendjemand beim
politischen Gegner den Mund nicht halten können? Irgendjemand muss es ja durchgestochen haben
und Herrn Oppermann veranlasst haben, diese Erklärung abzugeben.

[…] Ich war verblüfft, dass er eine solche Erklärung abgegeben hat. […] Man macht sich damit an-
greifbar. Und vor allem tauchte Herr Hartmann darin auf. Warum? Ich glaube, es sind ein, zwei Sätze
am Ende der Erklärung gewesen, und die haben mich damals nervös gemacht; denn ich hatte und mein
Mandant hatte kein Interesse daran, dass das jemals öffentlich werden würde, dass Herr Hartmann ihn
gewarnt hatte. Ich hatte Sorge: Das wird jemandem auffallen, dass Herr Hartmann in dieser Erklärung
vorkommt. Da stand ja sinngemäß drin: Herr Hartmann hat mich informiert, dass Herr Edathy sich in
einem schlechten Gesundheitszustand befände. […]“3356

Der Zeuge Hartmann hat in seiner Vernehmung bestritten, jemals eine Presserklärung mit Sebastian Edathy

abgesprochen zu haben.3357

5. Kenntnisnahme von der Presseerklärung und Reaktion des BKA-Präsidenten Ziercke

Am 13. Februar 2014 führte BKA-Präsident Ziercke in der Bundesdruckerei in Berlin eine Abteilungsleiterbe-

sprechung durch, der eine Besichtigung der Bundesdruckerei voranging. An der Besichtigung nahm BKA-Prä-

sident Ziercke aufgrund eines Gesprächstermins beim Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Maizière nicht

teil.

Den Ablauf der Veranstaltung hat der Zeuge Leon in seiner Vernehmung geschildert:

„[…]Die Veranstaltung [in der Bundesdruckerei, Anm.] war für 10.30 Uhr terminiert. Da sollte sie
beginnen mit einer ersten Einführung, so einer runden Stunde, in die Bundesdruckerei. Die wollten ihr
Leistungsportfolio vorstellen. Und dann sollte es bis 13.30 Uhr zwei Führungen geben, aufgeteilt in
zwei Gruppen, durch die Produktionsstätten der Bundesdruckerei, anschließend einen Mittagsimbiss,
und ab 13.30 Uhr sollte die eigentliche Abteilungsleiterbesprechung stattfinden. Der Zeitplan war Wo-
chen vorher schon mit der Bundesdruckerei abgestimmt worden. Herr Ziercke leitet normalerweise

3356 Noll, Protokoll-Nr. 26, S. 14 f.
3357 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 108.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 739 – Drucksache 18/6700

die Abteilungsleiterbesprechung. An diesem Tag hatte er allerdings um 11 Uhr einen Termin beim
Herrn Minister bekommen, kurzfristig, und ab 12 Uhr einen Termin beim Abteilungsleiter Z, Professor
Hofmann, auch im BMI. Diese Termine lagen auf dem Tisch, und Herr Ziercke sagte: Gut, die Bun-
desdruckerei kenne ich. […] Und von daher lässt er sich zumindest am Vormittag durch seinen Ver-
treter, Herrn Dr. Stock, bei der Auftaktveranstaltung vertreten und ist dann auch erst so gegen, ich
meine, 13 Uhr in der Bundesdruckerei erschienen.“3358

a) Gespräch zwischen Ziercke und Leitendem Regierungsdirektor Braß

Am Morgen des 13. Februar 2014 habe laut Aussage des Zeugen Braß BKA-Präsident Ziercke ihm von seinem

Telefonat mit Thomas Oppermann vom 17. Oktober 2013 berichtet:

„[…] an diesem Morgen [berichtete mir ] Herr Ziercke erstmals davon, dass es am 17.10. den Anruf
von Herrn MdB Oppermann gegeben hat.

[…]

[…] Also, das muss zwischen 8 und 9 Uhr am Morgen gewesen sein. Wir waren noch in den Räum-
lichkeiten des BKA Berlin.“3359

An anderer Stelle hat der Zeuge ausgeführt:

„[…] Meiner Erinnerung nach hat Herr Ziercke schlicht aus der Tatsache, dass der Anrufversuch des
Büros Oppermann war, geschlossen - Kriminalist wie er ist -, weil halt jetzt die Untersuchung bei
Herrn Edathy war, weil der Sachverhalt jetzt quasi offen da lag: Der Herr Oppermann wollte irgen-
detwas mit mir abstimmen oder besprechen, was auch immer. Und dass alleine dieser Kontaktversuch
stattgefunden hatte am Vorabend, hat ihn ja dazu veranlasst, mir zu sagen, es hat dieses Telefonat
gegeben am 17.10.“3360

Der Zeuge Braß hat weiter erklärt, an diesem Morgen sei er durch Kriminaldirektor Leon informiert worden,

dass das Büro Oppermann am Vortag vergeblich versucht habe, BKA-Präsidenten Ziercke telefonisch zu errei-

chen:

„Er [KD Leon, Anm.] hat mir mitgeteilt, dass es am Vorabend einen Anruf gegeben hat, von dem die
Anruferin oder der Anrufer - das wusste er nicht mehr genau nach meiner Erinnerung - behauptet hat,
es sei ein Anruf aus dem Büro von Herrn MdB Oppermann. Und man wollte dann im ersten Zuge
Herrn Ziercke sprechen. Da hat dann natürlich mein Stellvertreter gesagt: Der ist jetzt im Moment gar
nicht mehr erreichbar. Sie rufen sozusagen außerhalb unserer Geschäftszeiten an.

[…] Und das hat er mir dann am nächsten Morgen erzählt.“3361

Laut Aussage des Zeugen Braß habe Leon ihm auch erzählt, dass er von dem Telefonat zwischen Oppermann

und Ziercke vom 17. Oktober 2013 erfahren habe. Ziercke habe die Vermutung geäußert, dass dieses Telefonat

und der Kontaktversuch am 12. Februar 2014 in Zusammenhang stünden:

3358 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 12 f.
3359 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 20.
3360 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 27.
3361 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 26.

Drucksache 18/6700 – 740 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Und dann […] hat Herr Leon mir noch gesagt, auch er habe dann vom Präsidenten gehört, dass es
den Anruf 17.10. gegeben habe.“3362

Weiter hat der Zeuge Braß geschildert:

„Herr Ziercke hatte die Vermutung, dass dieser Kontaktversuch [am 12.02.2014, Anm.] mit dem Te-
lefonat am 17.10. in Zusammenhang steht.“3363

Der Zeuge Leon hat erklärt, am 13. Februar 2014 bis zu dessen Eintreffen in der Bundesdruckerei keinen Kontakt

mit BKA-Präsidenten Ziercke gehabt zu haben.3364

Auf Nachfrage, ob er dem Leitenden Kriminaldirektor Braß an diesem Morgen von dem Telefonat zwischen

ihm und Thomas Oppermann vom 17. Oktober 2013 erzählt habe, hat der Zeuge Ziercke erklärt, sich daran nicht

erinnern zu können.3365

Es sei aber möglich, dass er Braß in Reaktion auf die Mitteilung über dem Kontaktversuch des Büro Oppermanns

davon berichtet habe 3366:

„[…] Ich habe Sie so verstanden, dass Herr Braß mich an dem Morgen -

[…]

- auf den Anruf aus dem Büro Oppermann angesprochen hat. Und dann könnte der Reflex gewesen
sein, weil ich das negative Erlebnis vom 17. hatte, dass ich da vielleicht gesagt habe: ‚Mit dem will
ich gar nicht reden‘, oder so. Das könnte natürlich sein. Das weiß ich aber nicht. Aber das wäre für
mich nahe liegend gewesen im Grunde. […]“3367

b) Gesprächstermin von BKA-Präsidenten Ziercke bei Bundeminister des Innern Dr. de Maizière

Um 11 Uhr hatte BKA-Präsident Ziercke an diesem Vormittag im Bundesministerium des Innern einen Ge-

sprächstermin bei Bundesminister Dr. de Maizière sowie beim Abteilungsleiter Z.

Laut Aussage des Zeugen Leon seien diese Termine kurzfristig zustande gekommen:

„Die sind kurzfristig reingekommen. Es könnte sein - - Kurzfristig meine ich; am Montag, den 10.,
könnte es gewesen sein. Weil eigentlich war Herr Ziercke eingeplant.“3368

Auf die Frage, ob solch kurzfristige Termine üblich seien, hat der Zeuge Leon geantwortet:

„Ja, weil der Terminkalender des Ministers halt entsprechend eng ist, und wenn die dort irgendwo eine
Lücke sehen - so erkläre ich das -, dann wird der Präsident geladen. Aber das Gespräch beim Abtei-
lungsleiter Z war mit Sicherheit auch ein bisschen länger schon vorgeplant. Aber, wie gesagt, ich
spreche da von einem Zeitraum von maximal einer Woche im Vorlauf.“3369

3362 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 26.
3363 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 27.
3364 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 22.
3365 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 102.
3366 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 104.
3367 Ziercke, Protokoll-Nr. 34, S. 104.
3368 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 25.
3369 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 25.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 741 – Drucksache 18/6700
Der Zeuge Ziercke hat dazu ausgeführt:

„Der [Termin beim Bundesinnenminister, Anm.] war mit Sicherheit mit einem Vorlauf von 14 Tagen
vorher geplant. […]“3370

Den Ablauf des mit dem BKA-Präsidenten geführten Gesprächs hat der Zeuge Dr. de Maizière wie folgt wie-

dergegeben:

„[…] Am 13. Februar […] hatte ich von circa 11 bis 12 Uhr ein Gespräch mit dem damaligen Präsi-
denten des BKA Ziercke. Dieses Gespräch war seit längerem anberaumt. Es ging bei diesem Gespräch
hauptsächlich um einen generellen und zwischen dem Innenminister und dem Präsidenten des BKA
natürlich üblichen Austausch über die Belange im Zuständigkeitsbereich des BKA. Darüber hinaus
habe ich Herrn Ziercke mitgeteilt, dass ich ihn feierlich bei der Herbsttagung des BKA verabschieden
und seinen Nachfolger zeitgleich einführen möchte. Das stieß auf große Zustimmung bei Herrn
Ziercke.

Am Rande sprachen wir nach meiner Erinnerung auch über den Fall Edathy. Herr Ziercke schilderte
mir kursorisch die Abläufe im Bundeskriminalamt. Ob dabei auch das Telefonat von Herrn Opper-
mann mit ihm - am 17. Oktober war es wohl; 2013 - Gegenstand meines Gesprächs mit Herrn Ziercke
war, vermag ich im Nachhinein nicht mehr genau zu sagen. Eine vertiefte Erörterung zum Sachverhalt
Edathy erfolgte jedenfalls nicht.

In diesem Zeitfenster, also irgendwann zwischen 11 und 13 Uhr, veröffentlichte Herr Oppermann
seine Presseerklärung, in der er über die Umstände der Information durch Bundesminister Friedrich
an Herrn Gabriel und sein Telefonat mit Präsident Ziercke unterrichtete. Ob der damalige Leiter mei-
nes Leitungsstabs, Herr Dr. Teichmann, diese Pressemitteilung uns in unser Gespräch hineinreichte,
vermag ich nicht zu sagen; ich glaube es aber nicht. Ich glaube, ich würde mich daran erinnern.
[…]“3371

Auf die Frage, ob in dem Gespräch mit Bundesminister Dr. de Maizière auch über die Presseerklärung von

Thomas Oppermann gesprochen worden sei, hat der Zeuge Ziercke geantwortet:

„Das erinnere ich nicht. Das Gespräch war sehr voll gepackt mit ganz anderen Themen. Auch nur am
Rande spielte die Frage, ob ich noch weitermachen sollte, eine Rolle, weil ich dort im Grunde die
Entscheidung entgegengenommen hatte, dass ich verabschiedet werde. Von daher ging es auch nicht
um eine Verlängerung oder dass ich noch weitermache, sondern es ging eigentlich um den Termin
meiner Verabschiedung. Das war der Punkt. Es war seine Idee, zu sagen, das machen wir zusammen
mit der Herbsttagung 2014. Das war im Grunde die einzige Aussage. Ansonsten haben wir uns über
ganz was anderes unterhalten da.“3372

c) Kenntniserlangung von der Presserklärung Oppermanns durch Ziercke

In seiner Vernehmung hat der Zeuge Ziercke geschildert, wie er von der Presseerklärung Thomas Oppermanns

erfahren habe:

„[…] Ich arbeitete am Vormittag meine Termine im Innenministerium ab - damit war ich voll ausge-
lastet - und stieß gegen 13 Uhr zur Abteilungsleiterbesprechung in der Bundesdruckerei an diesem

3370 Ziercke; Protokoll-Nr. 34, S. 58.
3371 Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 41, S. 9.
3372 Ziercke; Protokoll-Nr. 34, S. 115 f.

Drucksache 18/6700 – 742 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Tag, in der wir eine Abteilungsleiterbesprechung durchführten, die bereits um 10.30 Uhr mit einer
Besichtigung begonnen hatte. […]

Es müsste auf der Fahrt vom Bundesinnenministerium zur Bundesdruckerei gewesen sein, als mich
meine Pressestelle über eine Pressemitteilung von Herrn Oppermann unterrichtete. Mir war sofort klar,
dass diese Pressemitteilung von einer falschen Interpretation des Anrufs vom 17.10.2013 ausging. Ich
gab daher den Auftrag an die Pressestelle, ein Dementi vorzubereiten. […]“3373

An anderer Stelle hat er ausgeführt:

„Meines Wissens, meiner Erinnerung nach auf der Fahrt vom Bundesinnenministerium zur Abtei-
lungsleiterbesprechung hat mich mein Pressesprecher aus Wiesbaden angerufen und hat gesagt: Hier
ist jetzt frisch eine Pressemitteilung hereingekommen.

Ich war ja vorher im Gespräch im Ministerium; da war ich ja nicht greifbar für ihn. Daraufhin hat er
mir die entsprechende Passage vorgelesen, und ich habe ihm gesagt: Dazu klares Dementi von meiner
Seite. Machen Sie mal einen Entwurf dazu. Ich fahre jetzt zur Bundesdruckerei, und dann schicken
Sie bitte die Pressemitteilung - wenn der Entwurf fertig ist - direkt in die Abteilungsleiterbesprechung.
Die habe ich dann - - Ich bin 13 Uhr da angekommen. Sie hatten eben von 13.30 Uhr - - Habe ich dann
unterbrochen, habe mich dann mit einem engeren Kreis zusammengesetzt, habe das ausformuliert.
Wir haben es dann über die Pressestelle BKA auch öffentlich gemacht. Das müsste so zwischen 14
und 15 Uhr dann auch an alle Redaktionen gegangen sein.“3374

Die Presseerklärung sei nach der Darstellung Zierckes in die Abteilungsleiterbesprechung hereingereicht wor-

den:

„Ja, genau so war es, dass in diese Abteilungsleiterbesprechung hinein diese Pressemeldung gereicht
wurde, ohne dass ich davon vorher Kenntnis hatte. Ich hatte nur den Anruf auf der Fahrt vom Innen-
ministerium zur Bundesdruckerei durch meine Pressestelle, dass so was in der Welt sei, und ich drum
gebeten hatte, schon telefonisch, nachdem man mir diesen Satz vorgelesen hatte, ein Dementi auszu-
arbeiten und gleichzeitig beides mir dann in die Abteilungsleiterbesprechung hineinzureichen. Dafür
habe ich die Sitzung unterbrochen dort. […]“3375

Gemäß der Aussage des Zeugen Leon habe BKA-Präsident Ziercke bei seinem Eintreffen von der Pressemittei-

lung Oppermanns Kenntnis gehabt:

„Ich habe auf ihn gewartet […], dass er kommt, damit wir ihn reingeleiten können. Und auch direkt
beim Eintreffen spricht man ja noch mal so kurz ein, zwei Sachen ab, auch wie es jetzt gleich weiter-
geht. Und in dem Zusammenhang habe ich ihn drauf angesprochen, ob er meine SMS gestern bekom-
men hatte. Ja, hatte er, hat er mir schon gesagt, aber da war er auch schon richtig in Fahrt.

[…]

[…] Wir waren ja in der Führung etc. jetzt in der Bundesdruckerei, wo man nicht ständig erreichbar
ist; aber wir werden natürlich über wichtige Presseinformationen, Presseveröffentlichungen unmittel-
bar von unserer Pressestelle dann informiert auf unseren Tablets. Und ich meine, das muss ja so - -
Zwischen 11 und 12 ist die Presseveröffentlichung von Herrn Oppermann ja rausgekommen, meine
ich, und Herr Ziercke kannte sie beim Eintreffen. Da ist er wohl informiert worden, so hatte ich den
Eindruck. Also, ich habe ihn nicht gefragt: Kennen Sie das? Man merkte sofort: Etwas ist los. […]“3376

3373 Ziercke; Protokoll-Nr. 34, S. 44 f.
3374 Ziercke; Protokoll-Nr. 34, S. 87.
3375 Ziercke; Protokoll-Nr. 34, S. 70.
3376 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 13.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 743 – Drucksache 18/6700
Auf die Frage, auf welchem Weg BKA-Präsident Ziercke über die Presseerklärung unterrichtet worden sei, hat

der Zeuge Leon geantwortet:

„[…] ich gehe davon aus, dass die Pressestelle ihn telefonisch informiert hat, weil Herr Ziercke […]
nicht ständig auf sein Tablet [guckt]. Ich meine, gut, wenn er im Auto sitzt oder so, hat er die Mög-
lichkeit halt, Nachrichten zu verfolgen, und das tut er auch. Das ist ja auch wichtig. Ob er es jetzt da
mitgekriegt hat oder ob er von der Pressestelle informiert worden ist, das weiß ich nicht.“3377

Der Zeuge Braß hat bestätigt, dass BKA-Präsident Ziercke über die Presseerklärung verärgert gewesen sei:

„Der Faktor, dass in dieser Pressemitteilung drinstand, Herr Ziercke habe einen Sachverhalt gegenüber
Herrn Oppermann bestätigt, hat zur Verärgerung geführt.“3378

Auf Nachfrage, ob die Wut geschauspielert gewesen sei, hat der Zeuge geantwortet:

„Also, für mich war das ein sehr authentischer Ärger.“3379

Gemäß der Darstellung des Zeugen Leon sei in einem Besprechungsraum der Bundesdruckerei eine Krisenbe-

sprechung erfolgt:

„[…] Im Prinzip ging es dann gleich nach oben in den Besprechungsraum, wo noch niemand war, wo
nur vereinzelt Leute rumsaßen, und Herr Braß war auch vor Ort, quasi Krisenbesprechung: Es gibt
eine Presseveröffentlichung. - Und darüber hat er [Ziercke, Anm.] sich wahnsinnig aufgeregt, ja. Also,
da war er, wie ich gesagt hatte, in Fahrt.“3380

Der Zeuge Leon hat weiter ausgeführt:

„Herr Ziercke sagte - Originalwortlaut weiß ich nicht, aber er sagte -: Das ist ja eine völlige Frechheit.
Das stimmt nicht, was da drinsteht. Ich muss mich positionieren. Ich muss das geradestellen. Das ist -
- Ich weiß nicht, ob er ‚Unverschämtheit‘ oder so gesagt hat, aber er war wirklich sehr aufgebracht -
ich will nicht sagen „wütend“ über das, was er da gelesen hat - und sagte, er will da jetzt eine Klar-
stellung noch heute im Laufe des Tages haben.“3381

Im weiteren Verlauf hätten die Anwesenden nach Aussage des Zeugen Leon an einer Gegendarstellung des

BKA-Präsidenten Ziercke mitgewirkt:

„Erarbeitet worden ist sie [Pressemitteilung, Anm.] von der Pressestelle in Wiesbaden, also vom Pres-
sesprecher, der sich in Wiesbaden befand und der uns einen ersten Entwurf dann in die Bundesdru-
ckerei geschickt hat. Herr Ziercke hatte das auf seinem Tablet, und wir hatten das über unser Sitzungs-
büro - - haben wir auch eine Kopie davon bekommen, sodass wir an dem Wording arbeiten können.
Ich meine, das sind immer nur zwei, drei Worte oder: Wie positioniert man sich jetzt da? Nimmt das
BKA Stellung? Nimmt der Präsident Stellung? Das waren solche Fragen. Wie kurz, wie ausführlich
ist das? So was haben wir da besprochen.“3382

Der Zeuge Braß hat bestätigt, dass an einer Pressemeldung gearbeitet worden sei:

„Wir hatten einen Entwurf der Pressestelle LS 2, nach meiner Erinnerung von Herrn Beismann erstellt.
Dieser Entwurf wurde dann quasi am Tisch bearbeitet. Herr Ziercke saß hier, neben ihm saß Herr Dr.

3377 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 13 f.
3378 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 35.
3379 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 36.
3380 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 13.
3381 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 14.
3382 Leon, Protokoll-Nr. 34, S. 14.

Drucksache 18/6700 – 744 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Stock, und Herr Leon und ich haben uns quasi im Hintergrund aufgehalten und uns eingebracht mit
Vorschlägen etc. Und verteilt an den Tischen saßen dann noch einige Abteilungsleiter, die sich aber
nicht aktiv eingebracht haben.“3383

d) Stellungnahme des BKA-Präsidenten Ziercke

Am 13. Februar 2014 um 15.06 Uhr veröffentlichte die Pressestelle des Bundeskriminalamtes auf ihrer Internet-

seite eine Pressemitteilung mit folgendem Wortlaut:

„BKA: BKA-Präsident Ziercke nimmt Stellung:

Wiesbaden (ots) – Am 13.02.2014 wurde eine Erklärung des SPD-Fraktionschefs Thomas Oppermann
zu den Ermittlungen gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy veröffentlicht.
Darin wird unter anderem über ein Telefonat mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA),
Jörg Ziercke, berichtet. Hierzu erklärt BKA-Präsident Ziercke: ‚SPD-Fraktionschef Thomas Opper-
mann hat mich im Oktober 2013 angerufen und mir über den Inhalt eines Gesprächs berichtet, das der
SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel mit Herrn Oppermann geführt habe. Darin sei es um Ermittlungen
im Ausland gegangen, in deren Rahmen der Name von Herrn Edathy aufgetaucht sei. Diese Darstel-
lung habe ich mir angehört, aber Herrn Oppermann diese weder bestätigt noch Informationen zum
Sachverhalt mitgeteilt.‘‘3384

6. Bild Online-Artikel vom 13. Februar 2014

In der Online Ausgabe der Bild erschien am 13. Februar 2014 ein Artikel zum Fall Edathy.In diesem Artikel

wurde bezüglich des Telefonats zwischen Oppermann und BKA-Präsident Ziercke vom 17. Oktober 2013 unter

anderem berichtet:

„[…] Oppermann ruft nach dem Gespräch mit Gabriel und Steinmeier BKA-Chef Ziercke an, lässt
sich die Edathy-Vorwürfe nach eigenen Angaben bestätigen. Doch auch darauf folgt ein Dementi! Der
BKA-Chef erklärte gestern, er habe die Infos zum Fall Edathy ‚Herrn Oppermann weder bestätigt
noch Informationen zum Sachverhalt mitgeteilt‘. Oppermann ließ ausrichten, er bleibe ‚bei seiner Dar-
stellung‘“.3385

7. Interview der Bild am Sonntag mit Thomas Oppermann am 16. Februar 2014

In einem Interview gegenüber der Bild am Sonntag am 16. Februar 2014 äußerte sich Thomas Oppermann auch

zu seinem Anruf beim BKA-Präsidenten Ziercke. Zu dem Gesprächsverlauf in dem Telefonat mit Ziercke hat

Oppermann darin geäußert:

„BamS: Nachdem Sigmar Gabriel Sie über den Fall Edathy informiert hat, haben Sie bei BKA-
Chef Jörg Ziercke angerufen. Warum?

OPPERMANN: Wenn einzelne Abgeordnete in Schwierigkeiten kommen oder gar mit dem Strafge-
setz konfrontiert werden, dann ist es Aufgabe des parlamentarischen Geschäftsführers, sich darum zu

3383 Braß, Protokoll-Nr. 32, S. 28.
3384 „BKA: BKA-Präsident Ziercke nimmt Stellung:“, Pressemitteilung des BKA vom 13. Februar 2014, 15.06 Uhr.
3385 „Der Fall Edathy wird zur Regierungskrise", Bild, 13. Februar 2014.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 745 – Drucksache 18/6700

kümmern. Als der Hinweis auf Edathy kam, hatte ich die Sorge, dass etwas Schlimmes passiert sein
könnte. Deshalb habe ich bei Herrn Ziercke angerufen, um die Sache einordnen zu können.

BamS: Was wollten Sie überhaupt mit den Informationen des BKA-Chefs anfangen?

OPPERMANN: Es stand eine Regierungsbildung bevor mit wichtigen Personalien. Da kann es zu
schweren Fehlentscheidungen kommen. Es lag in meiner Verantwortung, den Hinweisen nachzuge-
hen.

BamS: Sie sprechen davon, dass Herr Ziercke die Vorwürfe bestätigt hat. Herr Ziercke wider-
spricht. Einer von Ihnen beiden lügt doch!

OPPERMANN: Nein. Herr Ziercke hat mir in dem Gespräch keine Einzelheiten genannt. Ich habe
ihm die Informationen von Innenminister Friedrich vorgetragen. Weil er die nicht kommentiert hat,
hatte ich nach dem Gespräch den Eindruck, dass ein Ermittlungsverfahren nicht ausgeschlossen ist
[…].“3386

Hierzu im Ausschuss gefragt, hat der Zeuge Oppermann erläutert:

„Ich bin damals gefragt worden, ob ich bei meiner Darstellung bleibe, dass ich den Eindruck gehabt
habe, an der Sache ist was dran. Da habe ich gesagt: Natürlich, da bleibe ich bei. – das habe ich so von
meinem Schreibtisch aus per Zuruf erledigt und hatte auch keine Möglichkeit, die Dinge je jetzt um-
fassender darzustellen. Dazu hat mir erstmals dann die Bild am Sonntag die Gelegenheit gege-
ben.“ 3387

XIX. Rücktritt von Bundesminister Dr. Friedrich am 14. Februar 2014

Am 14. Februar 2014 erklärte Bundesminister Dr. Hans-Peter Friedrich seinen Rücktritt als Bundesminister für

Ernährung und Landwirtschaft.

In seiner abgegebenen Erklärung heißt es:

„Grüß Gott, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich der Frau
Bundeskanzlerin heute angeboten habe meinen Rücktritt vom Amt des Bundeslandwirtschaftsminis-
ters. Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass ich im Oktober politisch und rechtlich richtig gehan-
delt habe, als ich den SPD-Vorsitzenden Gabriel informiert habe.

Aber ich sage auch, dass der Druck auf mich in den letzten Stunden so gewachsen ist, dass ich glaube,
dass ich die Aufgaben, die zu bewältigen sind, hier in diesem Haus, hier in diesem Bundeslandwirt-
schaftsministerium, nicht mehr mit der Konzentration, mit der Ruhe, aber auch der politischen Unter-
stützung, die dafür notwendig ist, ausüben kann.

Und ich möchte sagen, dass ich mit großer Leidenschaft, mit sehr viel Herzblut dieses Amt hier auf-
genommen habe, mir vorgenommen habe, die ländlichen Räume zu stärken. Ich glaube, dass in den
ländlichen Räumen die Zukunft unseres Landes liegt, ich habe mir vorgenommen, die Wertschätzung
der Bevölkerung für die Arbeit unserer Landwirtschaft zu erhöhen.

Und ich wünsche meiner Nachfolgerin, meinem Nachfolger für diese Aufgabe alles Gute, Gottes Se-
gen, und vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesem Haus, einer tollen Truppe, alles

3386 „Haben Sie Minister Friedrich ans Messer geliefert?", Interview mit SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, Bild am Sonntag, 16. Februar
2014.

3387 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 64.

Drucksache 18/6700 – 746 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Gute für die Zukunft. Und Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sage ich auf Wiedersehen.
Ich komme wieder. Vielen Dank.“3388

Nach Darstellung des Zeugen Gabriel habe dieser auch mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel über die Frage

eines möglichen Rücktritts von Bundesminister Dr. Friedrich gesprochen. An den genauen Zeitpunkt hat sich

der Zeuge in seiner Vernehmung aber nicht erinnern können:

„Ich kann Ihnen nicht sagen, ob ich am 12. Februar die Kanzlerin informiert habe. Aber wir haben
natürlich über die Frage gesprochen, ob Herr Friedrich zurücktreten muss. Und ich habe ihr gesagt,
dass ich nicht dieser Meinung sei. Ob das am 12. Februar war, weiß ich nicht.“3389

XX. Telefonat zwischen Sebastian Edathy und Burkhard Lischka am 24. Februar 2014

Am 24. Februar 2014 führte Sebastian Edathy mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Burkhard Lischka ein

Telefonat.

Der Zeuge Edathy hat ausgesagt, in diesem Telefonat habe Lischka ihm im Zusammenhang mit einer „Aktuellen

Stunde“ zur Causa Edathy im Deutschen Bundestag am 19. Februar 2014 erzählt, die Redner für die SPD hätten

ihre Reden zuvor Thomas Oppermann und Sigmar Gabriel vorlegen müssen. Wörtlich hat der Zeuge Edathy

erklärt:

„[…] Am 18.02.2014 fand eine ‚Aktuelle Stunde‘ im Deutschen Bundestag statt. In der Woche danach
teilte mir SPD-MdB Burkhard Lischka am Telefon mit - -

Da war ich in Frankreich, und er wollte mit mir sprechen, wie es mir geht. Ich habe mir diese Aktuelle
Stunde angeschaut. Da war ich noch in Dänemark. […] Also, ich habe mir in Dänemark diese Aktuelle
Stunde angeguckt auf meinem iPad am 18. Februar und habe irgendwie vermisst, dass die Rednerinnen
und Redner der SPD-Fraktion vielleicht mal mit einem Wort neben der aktuellen Thematik was sagen
zu meiner politischen Arbeit, ob das irgendwie alles nichts war, 15 Jahre lang, oder mal das Wort
Unschuldsvermutung in den Raum des Plenarsaals werfen. Es hat mich sehr erstaunt, dass das alles
nicht der Fall war, und ich habe ihn dann gefragt, wie denn das zu erklären sei, einige Tage später, als
wir telefonierten.

Wie gesagt, in der Woche nach der Aktuellen Stunde […] teilte mir Burkhard Lischka am Telefon
mit, alle SPD-Redner und -Rednerinnen hätten vor der Aktuellen Stunde schriftlich ausgearbeitete
Reden Thomas Oppermann und Sigmar Gabriel vorlegen müssen. Ich habe, ich weiß nicht, in wie
vielen Aktuellen Stunden gesprochen in meiner Zeit als Abgeordneter, aber ich persönlich habe das
noch nie erlebt, dass meine jeweiligen Partei- und Fraktionsvorsitzenden sagen: Schreib mal auf, was
du sagen willst, und zeig uns das vorher. […]“3390

An anderer Stelle hat der Zeuge näher zum Telefonat ausgeführt:

„[…] Ich habe, als die Aktuelle Stunde stattfand am 18.02.2014, mir die online über den Livestream
des Bundestages angeschaut, und als ich dann Gelegenheit hatte, mit Herrn Lischka eine Woche später
zu telefonieren, habe ich ihn darauf angesprochen, weil er einer der drei SPD-Redner gewesen ist. Ich
habe ihn gefragt: Sag mal, wäre das nicht möglich, dass meine frühere eigene Fraktion zumindest mal

3388 „Rücktrittserklärung im Wortlaut ‚Ich komme wieder‘“, Spiegel-Online, 14. Februar 2014, http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ruecktritt-
hans-peter-friedrichs-erklaerung-im-wortlaut-a-953609.html, zuletzt abgerufen am 2. November 2015.

3389 Gabriel, Protokoll-Nr. 43, S. 94.
3390 Edathy, Protokoll-Nr. 19, S. 33.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 747 – Drucksache 18/6700

sicherstellt, dass wenigstens einer der Redner das Stichwort ‚Unschuldsvermutung‘ - wir sprechen hier
über den 18. Februar, als die Debatte standfand - artikuliert? - Ich habe nicht gesagt - - Ich habe mich
nicht beschwert bei Herrn Lischka, man habe mich nicht geschützt, sondern ich habe ihm gegenüber
kritisch angemerkt, mir sei das aufgefallen, dass nach 15 Jahren Mitgliedschaft in der SPD-Fraktion
nicht mal meine früheren eigenen Leute zu einem Zeitpunkt, wo ja noch vollkommen unklar war, ob
es zu einem Strafverfahren kommt oder nicht, also zu einem gerichtlichen Verfahren - - dass nicht ein
einziger SPD-Redner auf diesen Umstand hinweist.

Dann war seine Reaktion - daran erinnere ich mich noch sehr gut -, dass er mir sagte, die Reden wären
gegengelesen worden, und involviert gewesen seien Mitarbeiter oder Büros - oder direkt selber - von
Sigmar Gabriel und Thomas Oppermann. Das hat Herr Lischka verbunden mit dem Hinweis, ich möge
doch Verständnis haben, die SPD sei in einer schwierigen Situation, der Koalitionspartner sei sehr
aufgebracht und - Zitat -: Du weißt doch, wie das läuft. Wir können öffentlich gar nicht anders agieren.
[…]“3391

„[…] er sagte: Du musst einfach sehen: Das ist eine ganz sensible Geschichte. Thomas ist unter Druck
- ich glaube, so ziemlich genau hat er sich geäußert, wörtlich -, Thomas ist unter extremem Druck.
Wir müssen jetzt die Reihen schließen. Es tut mir persönlich leid für dich, aber so läuft das Geschäft.
Das weißt du ja selber am besten.“3392

Damit konfrontiert, dass Burkhard Lischka bestritten habe, dass die Reden Oppermann und Gabriel hätten vor-

gelegt werden müssen, hat der Zeuge Edathy geantwortet:

„Das kann ich mir, wohlwollend betrachtet, nur so erklären, dass sich Herr Lischka nicht richtig erin-
nert. Ich habe dieses Telefonat noch in bester Erinnerung. Ich hätte auch überhaupt keinen Grund, an
dieser Stelle in einer eidesstattlichen Versicherung eine Falschaussage zu machen, weil diese Aussage
von ihrer Relevanz her nicht besonders groß ist. […]“3393

Der Zeuge Lischka hat sich an die Situation während des Telefonats wie folgt erinnert:

„Diese Aktuelle Stunde fand […] nicht am 18.02. statt, sondern am 19.02., nämlich an einem Mitt-
woch. […] Ich kann mich sehr genau daran erinnern, dass ich mit Herrn Edathy dann am Montag, dem
24.02. […] telefoniert habe. […]

Jetzt muss man wissen: Herr Edathy war in der letzten Legislaturperiode etwa das letzte Jahr mein
Sitznachbar in der SPD-Fraktion. Ich muss ehrlicherweise gestehen, dass, was ich da an Vorwürfen
erfahren habe, und die Niederlegung seines Bundestagsmandates mich beschäftigt haben. Ich habe an
dem Abend ihm eine SMS geschrieben, wie es ihm geht und ob er irgendeine Hilfe benötigt. Es kam
daraufhin eine SMS zurück in dieser Landesvorstandssitzung abends: Kannst du mich mal zurückru-
fen? - Deshalb kann ich mich noch sehr genau an dieses Datum erinnern: 24.02. Ich dürfte ihn dann
so zwischen 21 Uhr und 22 Uhr zurückgerufen haben, unmittelbar nach der Landesvorstandssitzung.
Hatte da zunächst mal vor allen Dingen den Eindruck, dass er stark auf der einen Seite am Boden
zerstört war, auf der anderen Seite sich nach meiner subjektiven Wahrnehmung aber auch sehr, sehr
verrannt hat. Er hatte damals vor allen Dingen den Fokus darauf gelegt, dass er jetzt die strafrechtli-
chen Vorwürfe entkräften müsste und er da alle Kraft drauflegen müsste, und ich weiß noch, wie ich
zu ihm gesagt habe - und darum hat sich eigentlich auch das Hauptgespräch gedreht […]: Hör mal, es
bringt für dich überhaupt nichts, wenn du ständig deinen Seelenzustand über Facebook veröffentlichst
und ich am nächsten Tag davon in der Zeitung lese. - Ich habe zu ihm etwa wörtlich gesagt: Tue mir
mal einen Gefallen, sei jetzt doch einfach mal drei Monate ruhig, und wenn ich drei Monate von dir
nichts mehr in der Zeitung gelesen habe, dann werde ich mich bei dir mal wieder melden, und dann

3391 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 92.
3392 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 152.
3393 Edathy, Protokoll-Nr. 21, S. 92.

Drucksache 18/6700 – 748 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

kannst du vielleicht drei weitere Monate ins Land gehen lassen, um deine Gedanken mal so zu sortie-
ren, dass du dir überlegst, wie du überhaupt mal Schritte wieder ins Leben zurückfindest. - Das war
eigentlich so der Hauptgesprächsteil, wobei sich dies Gespräch da sehr im Kreis gedreht hat.

Ich habe gemerkt, dass ich da Herrn Edathy wirklich nicht irgendwie erreichen konnte, und auf mich
wirkte das auch nicht alles sehr rational, was er mir da erzählt hat. […]“3394

An anderer Stelle hat der Zeuge Lischka erklärt:

„[…] Ich glaube persönlich - ich will Herrn Edathy da gar nichts unterstellen -, dass er da wirklich
manche Sachen einfach ein Stückchen weit durcheinanderwirft. Er hat auf mich den Eindruck in die-
sem Telefonat gemacht - was für mich auch durchaus nachvollziehbar gewesen ist -, dass er wirklich
ein Stück weit am Boden ist, auch stark psychisch angeschlagen ist, und ich hatte manchmal auch das
Gefühl, gerade so, wie er argumentierte, also schon fast - wie soll ich sagen? -, also sehr irreal und
ziemlich euphorisch, auf der anderen Seite ebenso niedergeschlagen, euphorisch, dass er jetzt diese
strafrechtlichen Vorwürfe wegräumen müsste, und er wäre dann rehabilitiert usw. Ich hatte so ein
bisschen das Gefühl, dass da jemand auch eine eigene Wahrnehmung hat, um überhaupt noch Halt
unter seinen Füßen irgendwie spüren zu können.“3395

Weiter hat der Zeuge ausgeführt:

„Ich habe mir manchmal überlegt, dass er so ein gewisses Bild hat. Ich glaube, er war - ohne mich da
persönlich zu nennen - schon enttäuscht auch von mir, dass ich mich in der Aktuellen Stunde nicht vor
ihn geschmissen habe und darauf verwiesen habe: Auch ein Herr Edathy - - für den spricht hier die
Unschuldsvermutung, und wir müssen mal abwarten. - Er hat das nicht so direkt gesagt, aber ich kann
mir im Nachhinein vorstellen, dass er gedacht hat: Wenn der Lischka schon und wenn die Frau Högl
schon und wenn der Herr Rix schon sich nicht vor mir schmeißen, dann muss ja von oben irgendwo
was sein.”3396

Zu den Reden im Rahmen der Aktuellen Stunde hat der Zeuge Lischka erklärt:

„[…] Was diese Reden angeht, ist Folgendes gewesen: Er hat sich kurz darüber beschwert, dass keiner
der Redner in der Aktuellen Stunde sich schützend vor ihn gestellt habe und betont hätte, dass es eine
Unschuldsvermutung gibt, auch zugunsten von Sebastian Edathy. Ich habe daraufhin lediglich gesagt:
Hör mal, Sebastian - anknüpfend an das Gespräch, was wir eigentlich vorher hatten im Rahmen dieses
Telefonats -: Jetzt ganz unabhängig davon, ob das strafbar ist oder nicht strafbar ist - aber bei diesen
Vorwürfen ist der Stab über dich gebrochen in der Öffentlichkeit, und wahrscheinlich auch zu Recht.
- Das ist das Einzige, was in diesem Zusammenhang eben überhaupt über diese Aktuelle Stunde und
über die Reden zwischen uns ausgetauscht wurde. Ich habe ihm im Zusammenhang mit diesem Ge-
spräch nicht mitgeteilt, dass alle SPD-Reden zuvor hätten schriftlich bei Herrn Oppermann oder bei
Herrn Gabriel abgeliefert werden müssen.

Ich weiß auch, ehrlich gesagt, nicht, auch wenn diese Vorgänge jetzt schon länger zurückliegen, wie
das hätte gehen können. Es gab keinen Austausch zwischen den Rednern, geschweige denn darüber,
ob diese Reden irgendwo abgeliefert werden oder ob es da sonstige Abstimmung gibt. […].

Eines will ich allerdings der Vollständigkeit halber auch dazu sagen: Als nun heute diese eidesstattli-
che Versicherung auftauchte und ich kurz im Büro war, hat mir mein Büroleiter mitgeteilt - ohne dass
ich das aber wusste; es gab auch gar keinen Grund, darüber zu kommunizieren -, dass diese Rede zum
Planungsstab gegangen wäre, vorher, nicht in dem Sinne, dass da kontrolliert wird, was da gesagt wird
oder Herr Oppermann oder sonst wer da irgendetwas kontrolliert, sondern […] weil man in so einem

3394 Lischka, Protokoll-Nr. 19, S. 69.
3395 Lischka, Protokoll-Nr. 19, S. 71 f.
3396 Lischka, Protokoll-Nr. 19, S. 72.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 749 – Drucksache 18/6700

Planungsstab schauen wollte, dass die unterschiedlichen Schwerpunkte in den Reden, die es da mög-
licherweise gibt, auch einigermaßen ausgewogen gesetzt werden und es nicht zu häufigen Wiederho-
lungen kommt. Das ist das, was ich dazu sagen kann.“3397

Auf Nachfrage hat der Zeuge Lischka erklärt, dass auf seine Rede im Rahmen der Aktuellen Stunde niemand

Einfluss genommen habe.3398

Zur Aufgabe der Planungsgruppe hat der Zeuge Staschen erläutert:

„[…] die Planungsgruppe […] ist eigentlich so was wie die Pressestelle. Die arbeitet für den gesamten
Vorstand und ist für die Koordinierung von übergreifenden Themen zuständig.“3399

XXI. Anfrage des Rechtsbeistands von Michael Hartmann an den Rechtsbeistand von Se-
bastian Edathy im Juli 2014

Am 6. Juli 2014 sandte der Rechtsbeistand von Michael Hartmann, Rechtsanwalt Eisenberg, die nachfolgende

E-Mail an den Rechtsbeistand von Sebastian Edathy, Rechtsanwalt Noll:

„[…] ich vertrete den Bundestagsabgeordneten Michael Hartmann. Er wird in Verbindung gebracht
mit dem Gerücht, Herrn Edathy gewarnt zu haben über bevorstehende Ermittlungen. Er erwägt, dage-
gen presserechtlich vorzugehen. Ich frage an, ob Herr Edathy über Sie bereit ist, die Tatsache zu be-
stätigen, dass Herr Hartmann ihn nicht ‚gewarnt‘ oder auf bevorstehende Ermittlungen angesprochen
hat […].“3400

Am selben Tag hat Rechtsanwalt Noll ebenfalls per E-Mail geantwortet:

„[…] nach Rücksprache mit Herrn Edathy teile ich mit, dass die gewünschte Erklärung nicht abgege-
ben werden kann […].“3401

Der Zeuge Edathy hat in seiner Vernehmung berichtet, dass Michael Hartmann ihn bereits nach seinem Man-

datsverzicht über Herrn Jenssen gebeten habe, Hartmanns Namen im Zusammenhang mit der Causa Edathy

nicht zu nennen. Wörtlich hat der Zeuge Edathy erklärt:

„Herr Jenssen sagte mir nach meinem Mandatsverzicht, er habe mit Herrn Hartmann gesprochen. Herr
Hertmann habe Herrn Jenssen gebeten, mir zu übermitteln, dass Herr also, wir wurden weder angefragt

Hartmann der festen Überzeugung ist und die Erwartung hegt, dass ich seinen Namen niemals öffent-
lich nennen werde.“3402

Auf die Nachfrage hat der Zeuge Edathy erklärt, das Gespräch habe in der zweiten Februarhälfte 2014 stattge-

funden.

3397 Lischka, Protokoll-Nr. 19, S. 70.
3398 Lischka, Protokoll-Nr. 19, S. 72.
3399 Staschen, Protokoll-Nr. 42 - nichtöffentlich -, S. 32.
3400 MAT A-Noll 18(27)88, Bl. 1 (2), E-Mail-Verkehr zwischen dem Zeugen Noll und dem Rechtsbeistand des Zeugen Hartmann.
3401 MAT A-Noll 18(27)88, Bl. 1 (3), E-Mail-Verkehr zwischen dem Zeugen Noll und dem Rechtsbeistand des Zeugen Hartmann.
3402 Edathy, Protokoll-Nr. 21 (VERTRAULICH-herabgestuft), S. 17.

Drucksache 18/6700 – 750 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Zeuge Jenssen hat in seiner Vernehmung erklärt, ein solches Gespräch zwischen ihm und Michael Hartmann

mit einer solchen Bitte habe es nicht gegeben.3403

Weiter hat der Zeuge Jenssen ausgeführt:

„[…] Ich habe nie Botentätigkeiten oder irgendwie Vermittlung gemacht, und das ist auch mir nie
aufgetragen worden von Herrn Hartmann, und ich habe das auch nicht weitergegeben in dieser Art.
[…]“3404

Die Motivation Schuparis für die unterbliebene Nennung Hartmanns und Zierckes in seiner Vernehmung3405 hat

der Zeuge Edathy in der Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss wie folgt gesehen:

„Wir waren uns einig, dass wir Michael Hartmann schützen wollten. Wir haben darüber gesprochen.
Sowohl Herr Nocht als auch Herr Schuparis kennen Herrn Hartmann. Wir haben darüber gesprochen,
was das für Herrn Hartmann bedeuten würde, wenn die Wahrheit an die Öffentlichkeit kommt oder
überhaupt bekannt wird. Und bis zur Einrichtung dieses Untersuchungsausschusses galt diese Verab-
redung auch.“

[…]

„Ja, wir waren uns einig, dass Herr Hartmann in Schwierigkeiten kommt, wenn die Wahrheit bekannt
wird.“ 3406

Auf die Nachfrage, ob die Zeugen Schuparis und Nocht eine solche Einigung bestätigen könnten, hat der Zeuge

Edathy erklärt:

„Das würden sie auch bestätigen können, weil das Thema war. Das war auch noch nach meinem Man-
datsverzicht Thema.

[…]

Dass das für Michael Hartmann gravierende Auswirkungen haben würde, wenn das, was ich wusste
und was mein Büroleiter und mein früherer Büroleiter - - was ich mit ihnen geteilt habe an Wissen,
dass das für Michael Hartmann zu gravierenden Konsequenzen führen könnte und dass das nicht nötig
ist […]“3407

Auf die Frage, ob darüber gesprochen worden sei, den Namen Michael Hartmann aus möglichen Diskussionen

rauszuhalten, hat der Zeuge Nocht geantwortet:

„Es fiel einmal der Satz - der mir in Erinnerung geblieben ist -, Herr Hartmann verhalte sich wie ein
echter Freund. Das, was Sie daraus abgeleitet haben - dass man deswegen zusehen müsste, ihn aus
irgendwas rauszuhalten -, ein solches Gespräch hat mit mir nicht stattgefunden.“3408

3403 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 83.
3404 Jenssen, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 83.
3405 MAT A-Nds 12-13-14, Anlage 1, Ordner 3, lfd. Nr. 4, Bd. 3, Bl. 87 (Tgb.-Nr. 02/14 - VERTRAULICH), Vernehmung des Zeugen Schuparis

durch das LKA Niedersachsen.
3406 Edathy; Protokoll-Nr. 21 (VERTRAULICH-herabgestuft), S. 9.
3407 Edathy; Protokoll-Nr. 21 (VERTRAULICH-herabgestuft), S. 10.
3408 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 16.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 751 – Drucksache 18/6700
An anderer Stelle hat der Zeuge Nocht ausgesagt, dass ihm aus dem Kontext dieses Gespräches klar gewesen

sei, dass der Name Hartmann nicht an die Öffentlichkeit gebracht werde. 3409

Der Zeuge Schuparis hat dazu ausgesagt:

„Also ich habe mit Herrn Nocht weiter nichts dahin gehend verabredet, dass wir irgendjemanden
schützen würden. Wir haben tatsächlich über die Person Sebastian Edathy später noch gesprochen und
über das, was er - - wie es ihm gehen könnte, weil später waren wir kaum noch in Kontakt, nachdem
er sein Mandat zurückgegeben hat.“ 3410

In seiner Vernehmung wurde der Zeuge Hartmann dazu befragt, weshalb er seinerseits den Auftrag seines da-

maligen Fraktionsvorsitzenden, sich um Sebastian Edathy zu kümmern, nicht früher kommuniziert habe. Der

Zeuge Hartmann hat dazu geantwortet:

„Es stand nicht in Rede, dass das der Fall sei, sondern mein Auftrag war - so auch in einer vollständi-
gen richtigen Meldung meines Fraktionsvorsitzenden bekannt gegeben - die des Kümmerers, nenne
ich es jetzt mal abkürzend, nicht mehr und nicht weniger. Und deshalb hatte ich keinen Ehrgeiz, da
mehr oder intensiver mich mitzuteilen und das alles bekannt zu geben. […]

[…]

Ich habe mich natürlich zurückgenommen, weil ich über lange Zeit Kontakt mit Herrn Edathy hatte,
und zwar intensiv. Dabei sind mir keine Fakten bekannt geworden, die in irgendeiner Weise geeignet
wären, beispielsweise hier zur Erfüllung des Untersuchungsauftrages intensiver beizutragen, wie ich
das einschätze. Aber ich wollte, ehrlich gesagt, auch nicht über die Situation von Herrn Edathy be-
richten müssen, nicht weil Informationen zu verschweigen waren, sondern weil ich ihm auch zugesagt
hatte, über all diese Dinge - und da reden wir nicht über das, was Sie auszuforschen haben - mich
auszulassen und weidlich zu berichten.“3411

An anderer Stelle hat der Zeuge Hartmann ausgeführt:

„Ich sah keine Verpflichtung, einen persönlichen Austausch mit einem Menschen in einer Krisen-
lage - und die war niemals nur reduziert auf diesen ja nicht strafbewehrten Vorgang - dem Innenaus-
schuss zu präsentieren. Ich habe, ehrlich gesagt, auch ziemlich belastet dadurch, wie es Herrn Edathy
ging, eine Vertraulichkeit gewahrt, nicht um ein Geheimnis Ihnen oder anderen vorzuenthalten, son-
dern weil ich nicht über die Lebenssituation von Herrn Edathy mich auslassen wollte.“ 3412

Weshalb er diese Informationen nicht bereits im Innenausschuss weitergegeben habe, hat der Zeuge Hartmann

erklärt:

„[…] Ich hätte jederzeit auch für eine Befragung zur Verfügung gestanden. Und natürlich war es auch
so, dass klar war, dass in dieser Kaskade, die in Rede stand, dieser Informationskette, über die da
diskutiert wurde, mein Wissen und mein Verhältnis und mein Umgang mit Herrn Edathy keine Rolle
hätte spielen können. Welche zusätzliche Aufklärung hätte ich geben können? - Alles, was ich Ihnen
jetzt auch ausgeführt habe, war doch zu jenem Zeitpunkt schon allgemeines Wissen und wurde auch
vorgetragen, nämlich: nicht strafbewehrt, zumindest nach Einschätzung einiger. Und der Kreis derje-
nigen, die da in Rede standen und mit denen diskutiert wurde, das war doch - - hat Friedrich legiti-
merweise informiert usw. usf. Das war doch nichts, wozu ich unmittelbar aus meinem Umgang mit
Sebastian Edathy etwas hätte beitragen können. Es ging ja weniger um die Vorwurfslage als um die

3409 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 23.
3410 Nocht, Protokoll-Nr. 24 - nichtöffentlich -, S. 42.
3411 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 81.
3412 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 88.

Drucksache 18/6700 – 752 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Frage, ob berechtigterweise verschiedene Personen innerhalb der SPD informiert worden waren. Zu
denen gehörte ich aber nicht.“ 3413

In seiner weiteren Vernehmung hat er ausgeführt:

„[…] Ich hätte mich im Innenausschuss nur äußern können, indem ich den zum Teil - entschuldigen
Sie - elenden Zustand von Herrn Edathy offenbare, wie ich es jetzt auch nur ungern mache. Das hat
mich alles zu einer Zurückhaltung gemahnt.“ 3414

Nachdem Sebastian Edathy viel später in seiner Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss am 18. De-

zember 2014 ausgesagt hatte, dass Michael Hartmann sein Informant gewesen sei, fragte Hartmann nach Aus-

sage der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion Christine Lambrecht an, ob

die SPD-Bundestagsfraktion die Kosten für einen etwaig erforderlichen Rechtsbeistand im Untersuchungsaus-

schuss übernehmen würde. Die Zeugin Lambrecht hat dazu ausgeführt:

„Später. Nach dieser Erklärung hat Michael Hartmann mich angesprochen, der natürlich ähnlich scho-
ckiert und überrascht war, und hat mir gegenüber dann auch erklärt, dass er jetzt davon ausgeht, dass
er auch Zeuge im Untersuchungsausschuss wird aufgrund dieser Sachlage und dass er darum bittet, er
möchte jetzt rechtlichen Rat einholen, er möchte sich Beratung einholen, und hat dann eben auch
angefragt, ob die Fraktion dann eben dafür auch zur Verfügung steht.

[…]

Ich habe mich mit dem Fraktionsvorsitzenden beraten. Es ist bei uns üblich - es ist Gott sei Dank nicht
oft so -, wenn Kolleginnen oder Kollegen, die im Zusammenhang mit einer Funktion, die sie aus der
Fraktion heraus haben, rechtlichen Rat dann brauchen, dass wir als Fraktion die Anwaltskosten dann
übernehmen. Michael Hartmann hat sich ja als innenpolitischer Sprecher um Sebastian Edathy wegen
des Gesundheitszustands gekümmert, und in dem Zusammenhang ist er ja in diese ganze Thematik
dann involviert worden. Deswegen haben wir gesagt: Ja. Wir gehen allerdings auch davon aus, dass
entsprechend dem Untersuchungsausschussgesetz dann eben auch gegebenenfalls Kosten gegenüber
dem Untersuchungsausschuss geltend gemacht werden und rückerstattet werden.“3415

Der Zeuge Oppermann hat erklärt:

„Wir haben eine Gepflogenheit, dass, wenn Abgeordnete, die aufgrund ihrer Arbeit, die sie im Parla-
ment machen, oder in Ausübung ihrer Tätigkeit für die SPD-Fraktion angegriffen werden oder recht-
liche Unterstützung brauchen, wir dann Rechtsschutz geben. Das ist bei uns so und war auch in ande-
ren Fällen so. Frau Lambrecht hatte mir das hier vorgeschlagen, weil Michael Hartmann um Rechts-
schutz gebeten hatte. Und der Fall ist in Übereinstimmung mit unseren Grundsätzen. Deshalb habe ich
das auch gebilligt.

[…]

Unser Rechtsschutz ist nicht davon abhängig, in welchem Grade jemand in Schwierigkeiten ist oder
unter Druck steht. Im Grundsatz gilt da die Unschuldsvermutung. Also wenn jemand Rechtsschutz
braucht, bekommt er Rechtsschutz, und wir prüfen dann nicht: Wie erfolgreich oder wie richtig ist
sein derzeitiger Vortrag? - Das wäre ja dann ein Rechtsschutz, der davon abhinge, wie gut wir seine
juristische oder sonstige Einlassung finden. So machen wir das nicht.“ 3416

3413 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 87.
3414 Hartmann, Protokoll-Nr. 19, S. 89.
3415 Lambrecht; Protokoll-Nr. 42, S. 104 f.
3416 Oppermann, Protokoll-Nr. 43, Fortsetzung, S. 60 f.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 753 – Drucksache 18/6700
Dritter Teil – Bewertungen des Untersuchungsausschuss

Inhaltsverzeichnis

A. Die Operation Selm im BKA .................................................................................................................. 754
I. Gesamtdauer des Verfahrens ................................................................................................................. 755

1. Großes Umfangverfahren ..................................................................................................................... 755
2. Priorisierungsentscheidungen innerhalb des BKA ................................................................................. 756

II. Zusammenarbeit des BKA mit der Staatsanwaltschaft....................................................................... 757
III. Der Fall Edathy innerhalb der OP Selm ............................................................................................... 758
B. Weitergabe von Informationen über den Vorgang „Edathy“ ............................................................ 760
I. Informationshandeln zum Vorgang „Edathy“ innerhalb der Strafverfolgungsbehörden ............... 760

1. BKA und ZIT ........................................................................................................................................... 760
2. Niedersachsen ....................................................................................................................................... 761

II. Informationshandeln zwischen BKA und Bundesministerium des Innern ....................................... 764
III. Informationshandeln in der Bundespolitik ........................................................................................... 765

1. Von Minister Dr. Friedrich zum SPD-Parteivorsitzenden Gabriel .......................................................... 766
2. Informationsfluss innerhalb der SPD-Spitze .......................................................................................... 766
3. Keine Kommunikation mit dem Abgeordneten Hartmann über den Fall Edathy .................................. 769
4. Unmittelbare Kommunikation mit Herrn Edathy .................................................................................. 770

IV. Warnung an Herrn Edathy? .................................................................................................................. 771
1. „Warnung“ durch Herrn Edathys eigenes Wissen und eigene Recherchen .......................................... 771
2. Warnung durch Herrn Hartmann? ........................................................................................................ 772
3. Informationsbeschaffung durch den eigenen Anwalt ........................................................................... 778
4. Weitere mögliche Quellen: Zahllose „Eingeweihte“ in Niedersachsen und andernorts ........................ 779
5. Kurzfristige Warnung vor der Durchsuchung? ...................................................................................... 779

C. Behandlung des Falls des Beamten „X“ ................................................................................................ 780
Drucksache 18/6700 – 754 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Am 2. Juli 2014 hat der Deutsche Bundestag den Antrag der beiden Oppositionsfraktionen auf Einsetzung eines
zweiten Untersuchungsausschusses beraten. Die Koalitionsfraktionen haben mit ihrer Enthaltung die Ausübung
des Minderheitenrechts ermöglicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Drei Fragen stellt der im Ge-
schäftsordnungsausschuss maßvoll überarbeitete und auch dort mit den Stimmen der Oppositionsfraktionen be-
schlossene Einsetzungsantrag.

- Erstens: Ist die „Operation Selm“ – das von kanadischen Ermittlungen angestoßene Massenverfahren wegen
Bezugs von kinderpornografischem Material, in dem der frühere Abgeordnete Edathy einer der Verdächti-
gen war – im BKA ordnungsgemäß und in angemessener Zeit bearbeitet worden? Und gilt dies auch hin-
sichtlich der Verfahrensabläufe zwischen dem BKA und den Ländern und des Zusammenwirkens mit Lan-
desbehörden in Niedersachsen und Hessen?

- Zweitens: Wie und zu welchem Zweck wurden Informationen über den Fall des früheren Abgeordneten
Edathy innerhalb und außerhalb der zuständigen Strafverfolgungsbehörden weitergegeben? Im Mittelpunkt
stand hier der Verdacht, Herr Edathy könne gewarnt worden sein.

- Drittens: Wurde der Fall des BKA-Beamten „X“ – der ebenfalls auf der aus Kanada übergebenen Kunden-
liste eines Kinderpornoversenders aufgeführt war – von der Leitungsebene des BKA und der dienstauf-
sichtsführenden Stelle ordnungsgemäß bearbeitet?

Diesen Untersuchungsauftrag haben die Koalitionsfraktionen nicht für erforderlich gehalten. Alle Aspekte der
„Affäre Edathy“ waren im Innenausschuss des Bundestages bereits intensiv untersucht und erörtert worden: die
Ermittlungen wegen Besitzes von kinder- und jugendpornografischem Material und insbesondere der Beitrag
des Bundeskriminalamts (BKA) dazu, die Ermittlungen gegen einen früheren BKA-Mitarbeiter im gleichen Zu-
sammenhang und die Vorwürfe gegen den früheren Bundesminister Dr. Friedrich, er hätte den SPD-Vorsitzen-
den nicht informieren dürfen, dass Herr Edathy auf der Kundenliste eines Kinderpornografieversenders stand,
die Gegenstand von Ermittlungen des BKA war. Die Akten, die der Ausschuss beigezogen und ausgewertet hat,
haben im Bereich der Bundesbehörden die Auskünfte bestätigt, die von den wichtigen Zeugen bereits im Innen-
ausschuss gegeben worden waren. Die durch die Befragungen im Ausschuss erreichte öffentliche Aufmerksam-
keit hat allerdings entscheidenden Anteil daran, dass Ende 2014 – längst überfällig – das Sexualstrafrecht ver-
schärft wurde.

A. Die Operation Selm im BKA

Die Operation (OP) Selm wurde im BKA professionell, engagiert, strukturiert und ohne Ansehen der Person
bearbeitet. Der Ausschuss hat keinerlei Anhaltspunkte für ein regelwidriges Vorgehen im Rahmen der konkreten
Operation oder ein strukturelles Problem bei der Bearbeitung von Umfangverfahren allgemein festgestellt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 755 – Drucksache 18/6700

I. Gesamtdauer des Verfahrens

Die OP Selm erreichte das BKA im Herbst 2011 im Rahmen seiner Zuständigkeit für den internationalen Dienst-
verkehr (§ 3 Abs. 2 BKA-Gesetz) durch die Übergabe von Datenmaterial aus dem kanadischen „Project Spade“
und wurde dort zunächst im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion (§ 2 BKA-Gesetz) bearbeitet, später dann auf
Ersuchen der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main, Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität
(ZIT). Erst im Laufe des Jahres 2014 wurde die Operation im BKA vollständig abgeschlossen. Trotz dieses auf
den ersten Blick lang erscheinenden Zeitraums ist die Bearbeitungsdauer insgesamt nicht zu beanstanden.

1. Großes Umfangverfahren

Bei der OP Selm handelte es sich um ein vergleichsweise umfangreiches Verfahren, das notwendigerweise mit
einem erheblichen Arbeitsaufwand innerhalb des BKA verbunden war. Anhaltspunkte dafür, dass es zu unnöti-
gen oder gar absichtlichen Verzögerungen bei der Bearbeitung des Verfahrens im BKA gekommen sein könnte,
hat der Ausschuss nicht gefunden.

Sehr zeitintensiv, aber unumgänglich waren die Sichtung des erhaltenen Bild- und Filmmaterials und seine straf-
rechtliche Einschätzung nach deutschem Recht. Es handelte sich um etwa 500 Stunden Filmmaterial und 70.000
Bilder. Insgesamt wurden von den zuständigen Sachbearbeiterinnen 421 Auswertevermerke mit Kerndaten und
Screenshots erstellt. Außerdem musste zu Beginn noch nicht vorliegendes Beweismaterial angefordert und eben-
falls ausgewertet werden. Ferner war die aus Kanada erhaltene Liste der Bestellungen aus Deutschland zu sor-
tieren und Bestellern eindeutig zuzuordnen, um die einzelnen AZOV-Kunden – insgesamt über 800 – eindeutig
identifizieren zu können.

Zum Umgang mit dem umfangreichen Datenmaterial wurde vom BKA eine spezielle Datenbank errichtet, die
eine automatisierte Erfassung der Einzelvorgänge im Vorgangsbearbeitungssystem (VBS) des BKA ermög-
lichte. Anhaltspunkte dafür, dass eine durch Umstellungen in der IT-Infrastruktur des BKA bedingte Verzöge-
rung bei der Aufsetzung der Datenbank die Bearbeitung der OP Selm verlängert hat, gibt es nicht.

Notwendige Ermittlungsmaßnahmen wie die Erkenntnisanfragen an die Bundesländer zur Abklärung der Perso-
nendaten der identifizierten Verdächtigen, die von der ZIT beauftragten Abfragen bei Kreditkartenunternehmen
und Auskunftsersuchen zur Abklärung von Telefonnummern verlängerten das Verfahren natürlich durch die
Dauer der Rückläufe, die vom BKA nicht zu beeinflussen war. Schließlich musste das BKA zu allen Verdäch-
tigen Einzelfallakten in Papierform anlegen, die sukzessive der ZIT als der verfahrensleitenden Staatsanwalt-
schaft übermittelt wurden.

Die Dauer der OP Selm führte allerdings dazu, dass die deutschen Ermittlungen nicht abgeschlossen waren, als
die kanadischen Behörden mit ihrem Erfolg an die Öffentlichkeit gehen wollten. Es ist hier anzuerkennen, dass
es dem BKA gelang, eine Verschiebung der ursprünglich bereits für Mai 2013 geplanten Pressekonferenz bis in

Drucksache 18/6700 – 756 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

den November 2013 zu bewirken. Zudem informierte das BKA die ZIT sowie die Landeskriminalämter im Vor-
feld über die bevorstehende Pressekonferenz und regte die zeitnahe Durchführung von geplanten Durchsu-
chungsmaßnahmen an.

2. Priorisierungsentscheidungen innerhalb des BKA

Bei der Bewertung der Bearbeitungsdauer der OP Selm im BKA ist zu berücksichtigen, dass das BKA angesichts
der erheblichen Fallzahlen im Deliktsbereich der Kinder- und Jugendpornografie immer wieder Priorisierungs-
entscheidungen für die Bearbeitung der zeitgleich vorliegenden Verfahren zu treffen hat. Dies betrifft sowohl
Entscheidungen über den Personaleinsatz als auch über die Reihenfolge der Bearbeitung verschiedener Opera-
tionen und schließlich auch über die Reihenfolge der Abarbeitung der Einzelfälle innerhalb einer Operation. Die
im Zusammenhang mit der OP Selm konkret getroffenen Entscheidungen sind aus Sicht des Ausschusses nicht
zu beanstanden.

So war es sinnvoll, nach Eingang der kanadischen Daten im zuständigen Referat SO 12 zunächst eine Sachbe-
arbeiterin damit zu beauftragen, sich einen ersten Eindruck vom übermittelten Material zu verschaffen. Es war
zu diesem Zeitpunkt bereits klar, dass es sich ausschließlich um Verfahren wegen des möglichen Besitzes von
Kinder- und/oder Jugendpornografie handeln würde, denn für die Ermittlungen gegen die Produzenten und den
Vertreiber des Materials war ausschließlich die kanadische Polizei zuständig. Zudem bestand keine Gefahr eines
erneuten oder fortdauernden Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen. Es handelte sich vielmehr zumeist um
älteres Material, das zudem zu einem erheblichen Teil im Grenzbereich zwischen strafbarer Kinder- bzw. Ju-
gendpornografie und straflosem sogenannten Präferenzmaterial angesiedelt war. Die Bestellungen lagen zwar
bis zu fünf Jahren zurück; da es sich bei dem Besitz von Kinder- oder Jugendpornografie jedoch um ein soge-
nanntes Dauerdelikt handelt, war auch keine Verjährung zu befürchten. So mussten und müssen gegenüber ei-
nem Verfahren wie der OP Selm Ermittlungen, in denen es um die dringende Sicherung von flüchtigen Beweis-
mitteln geht, zweifelsfrei vorgezogen werden.

Deshalb wurde der OP Selm im Referat SO 12 gegenüber aktuellen Missbrauchsfällen zu Recht eine niedrigere
Priorität zuerkannt. Es handelte sich, wie der zuständige Staatsanwalt der ZIT im Ausschuss bestätigte, um „ein
stinknormales Verfahren mit Leuten, die mit Kreditkarten so einen Kram gekauft haben (…) Da gibt es deutlich
brisantere Verfahren, deutlich wichtigere Verfahren als die OP Selm“.

Die referatsinterne Entscheidung, die Operation zur Bearbeitung zunächst einer, ab Juli 2012 einer zweiten Sach-
bearbeiterin zuzuweisen, begegnet keinen Bedenken, zumal beide Sachbearbeiterinnen ab Juli 2012 ausschließ-
lich für die Bearbeitung der OP Selm freigestellt wurden. Im September 2012 wurde eine Sachbearbeiterin kurz-
fristig zur Mitarbeit in der BAO „Transporter“ abgeordnet. Die Bearbeitung der OP Selm verzögerte dies zwar,
die Entscheidung war aber im Rahmen der immer wieder zu treffenden Priorisierungsentscheidungen innerhalb
des BKA nachvollziehbar. Nicht zu beanstanden ist auch, dass nach dem öffentlichen Bekanntwerden des Falls
Edathy der Personaleinsatz für die zügige Abarbeitung der nun im Fokus des öffentlichen Interesses stehenden
OP Selm erhöht wurde.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 757 – Drucksache 18/6700
Die Priorisierung für die Bearbeitung der Einzelfälle innerhalb der OP Selm wurde vom BKA in Absprache mit
der ZIT festgelegt und begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Es war richtig, zunächst die Fälle der sogenannten
Kategorie 1 zu bearbeiten. Hierbei handelte es sich um Material, dessen Erwerb nach der Bewertung von BKA
und ZIT nach deutschem Recht strafbar war.

Festzustellen ist, dass die Bearbeitungszeit der OP Selm sich durch die von der ZIT getroffenen Entscheidung,
auch bei Käufern, die ausschließlich Produkte der sogenannten Kategorie 2 bestellt hatten, einen Anfangsver-
dacht zu bejahen, deutlich verlängert hat. Diese Entscheidung beruhte auf der im Ausschuss von mehreren Zeu-
gen bestätigten kriminalistischen Erfahrung, dass eine Person, die strafloses Präferenzmaterial erwirbt, darüber
hinaus mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch im Besitz von strafbarer Kinder-/Jugendpornografie ist. Es wurde
entschieden, in diesen Fällen den Ermittlungsvorgang nach Identifizierung des Tatverdächtigen über die ZIT an
die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft zur eigenen Bewertung zu übersenden. Der Ausschuss sieht hier keinen
Anlass zu Kritik.

II. Zusammenarbeit des BKA mit der Staatsanwaltschaft

Für das BKA war es geübte Praxis, sich mit bundeslandübergreifenden Verfahren aus dem Bereich der Internet-
kriminalität an die ZIT zu wenden, damit diese die Erstermittlungen übernimmt. Dies entsprach auch einem
nichtförmlichen Übereinkommen der deutschen Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte von Juni
2011.

Über die OP Selm wurde die ZIT erst im Juli 2012 vom BKA zunächst telefonisch und dann im Rahmen einer
persönlichen Präsentation in Kenntnis gesetzt. Begründet wurde dies vom BKA damit, dass das aus Kanada
erhaltene Material zunächst „justizfähig“ aufzubereiten war. Ein früherer Hinweis auf das immerhin seit No-
vember 2011 im BKA vorhandene kanadische Beweismaterial an die ZIT wäre aus Sicht des Ausschusses durch-
aus sinnvoll gewesen.

Ab Juli 2012 wurde die OP Selm bei der ZIT als strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt. Seit diesem
Zeitpunkt nahm das BKA auf Ersuchen der ZIT als zuständiger Landesbehörde die polizeilichen Aufgaben auf
dem Gebiet der Strafverfolgung auf der Grundlage von § 4 Absatz 2 BKA-Gesetz wahr. Das Ersuchen der ZIT
erfolgte in der gemeinsamen Besprechung in Gießen am 23. Juli 2012, die ausweislich des Protokolls der Über-
nahme des Ermittlungsverfahrens durch die ZIT diente. Für diese Beauftragung ein Schriftformerfordernis an-
zunehmen wäre abwegig. Wenn im Weiteren die Sachbearbeiterinnen sich bei einzelnen Ermittlungsmaßnahmen
versehentlich auf die Zentralstellenfunktion des BKA bezogen, stellt das ein Agieren des BKA auf der Rechts-
grundlage des § 4 Abs. 2 BKAG nicht in Frage.

Die Zusammenarbeit zwischen BKA und ZIT wurde von allen Beteiligten als reibungslos und vertrauensvoll
beschrieben. In enger Absprache wurden zwischen den Sachbearbeiterinnen des BKA und den zuständigen
Staatsanwälten alle Fragen der Ermittlungsmaßnahmen, Kategorisierung von Beweismaterial, Priorisierung von
Fällen und Aktenerstellung geklärt.

Drucksache 18/6700 – 758 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

So war mit der ZIT als verfahrensleitender Staatsanwaltschaft auch abgestimmt, dass die Erkenntnisanfragen zu
den Meldedaten der AZOV-Besteller zwar nach Bundesländern sortiert, aber mit sämtlichen angefragten Namen
an alle Ansprechstellen Kinderpornografie der Landeskriminalämter gesandt wurden. Dies ist nach Auskunft
mehrerer Zeugen bisher gängige Praxis, wird jedoch gegenwärtig in den Bundesländern unter datenschutzrecht-
lichen Gesichtspunkten kritisch diskutiert. Fehl geht jedenfalls die Kritik des von der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen offenkundig auf unzureichender Tatsachengrundlage beauftragten Gutachters Prof. Dr. Poscher, der
rügt, dass die ZIT über die Versendung der Namenslisten an alle Landeskriminalämter angeblich nicht informiert
worden sei. Zu erwägen wäre hier allenfalls gewesen, die Information über den Umfang der Erkenntnisanfrage
in den Abgabevermerk für die für den Einzelfall örtlich zuständige Staatsanwaltschaft aufzunehmen.

Nach sicherer Identifizierung eines einzelnen Verdächtigen und Feststellung der für den Fall örtlich zuständigen
Staatsanwaltschaft war es die ZIT, die, wie von § 143 Abs. 1 Satz 3 GVG vorgesehen, das jeweilige Ermitt-
lungsverfahren dorthin abgab. Die örtlichen Staatsanwaltschaften griffen, soweit bekannt, für eventuelle weitere
Ermittlungen nur auf die Landespolizeibehörden zurück. Daher gab es, soweit der Ausschuss dies feststellen
konnte, im Rahmen der OP Selm keine förmliche Zusammenarbeit zwischen dem BKA und örtlichen Staatsan-
waltschaften und es musste diese auch nicht geben. Es ist jedoch zu begrüßen, wenn, wie im Einzelfall gesche-
hen, Rückfragen auch informell zwischen BKA und den örtlichen Staatsanwaltschaften geklärt werden können.
Zudem hatte das BKA den Einzelfallakten Fragebögen beigefügt, mit denen es um Rückmeldung bezüglich des
Fortgangs des Verfahrens bat. Eine derartige Evaluierung des Ablaufs eines Umfangverfahrens ist sinnvoll und
zu begrüßen.

III. Der Fall Edathy innerhalb der OP Selm

Die Behandlung des Einzelvorgangs Edathy unterschied sich bis zur Rückmeldung durch die Polizeiinspektion
Nienburg/Schaumburg am 15. Oktober 2013 in keiner Weise von derjenigen anderer Vorgänge. Der Ausschuss
sieht keinen Anlass für Zweifel daran, dass erst die an die Landeskriminalämter gerichtete Anfrage, deren Ziel
die sichere Identifizierung der einzelnen AZOV-Kunden war, im BKA zu der Erkenntnis führte, dass auch der
damalige Bundestagsabgeordnete Edathy einer der über 800 festgestellten deutschen AZOV-Kunden war. Es
gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass vor dem 15. Oktober 2013 eine Person im BKA wahrgenommen hatte, dass
mit Herrn Edathy, der als Abgeordneter Schutzperson des BKA war, auch ein Bundestagsabgeordneter im Zu-
sammenhang mit der OP Selm stand.

Dies ist aus Sicht des Ausschusses mit Blick auf die Bearbeitung der Operation auch nicht zu beanstanden. Zwar
hätte der Name Edathy bei verschiedenen vorausgegangenen Ermittlungsschritten durch einen Zufall auffallen
können – etwa so, wie bei der ersten „Grobsichtung“ der Liste der Sachbearbeiterin der Name ihres Kollegen
„X“ ins Auge sprang. Keine dieser Maßnahmen diente jedoch dem Zweck, Prominente auf der Kundenliste zu
identifizieren. Ein solcher allgemeiner „Prominentencheck“ wäre nach Überzeugung des Ausschusses auch er-
mittlungstechnisch nicht sinnvoll und rechtsstaatlich bedenklich. Zu begrüßen ist allerdings, dass das BKA aus

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 759 – Drucksache 18/6700
eigener Initiative eine Projektgruppe „Informationsmanagement“ eingesetzt hat, um zu überprüfen, ob die im
BKA zu konkreten Personen bereits vorhandenen Informationen besser zusammengeführt werden können.

Nach dem Hinweis der niedersächsischen Polizei auf den Bundestagsabgeordneten Edathy am 15. Oktober 2013
handelten die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BKA im Referat SO 12 absolut professionell.
Sie reagierten auf den nun als besonders sensibel erkannten Fall, indem sie Sorge trugen, dass ihre Vorgesetzten
– auch im Wege einer Führungsinformation – und die ZIT informiert wurden. Mit Maßnahmen wie der Abkür-
zung des Namens Edathy in der internen Datenbank des BKA, dem Vorgangbearbeitungssystem, stellten sie
sicher, dass eine zufällige Kenntniserlangung ausgeschlossen war. Abgesehen davon behandelten sie den Fall in
Absprache mit der ZIT wie jeden anderen Kategorie-2-Fall und erstellten auf der Grundlage des üblichen Ak-
tenmusters zügig die Einzelfallakte, die am 18. Oktober 2013 an die ZIT übersandt wurde.

Drucksache 18/6700 – 760 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

B. Weitergabe von Informationen über den Vorgang „Edathy“

I. Informationshandeln zum Vorgang „Edathy“ innerhalb der Strafverfolgungsbehörden

1. BKA und ZIT

Ebenso wenig, wie im Rahmen der im Referat SO 12 geführten Ermittlungsmaßnahmen vor dem 15. Oktober
2013 auffiel, dass der Verdächtige „Sebastian Edathy“ identisch mit dem damaligen Bundestagsabgeordneten
war, fiel bei den für den damaligen Abgeordneten Edathy unter Schutzgesichtspunkten zuständigen Referaten
im BKA auf, dass die Schutzperson Edathy im Zusammenhang mit Kinderpornografie-Ermittlungen der Kolle-
ginnen und Kollegen bei SO 12 stand.

Zwar gab es im Zeitraum zwischen Dezember 2012 und September 2013 fünf Abfragen des Namens „Edathy“
durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bereiche Staatsschutz und Sicherungsgruppe im Vorgangsbearbei-
tungssystem des BKA. Das Vorgangsbearbeitungssystem dient jedoch nicht inhaltlichen Recherchen, sondern
ermöglicht in erster Linie das Auffinden der dort aufgenommenen Vorgänge (insgesamt 11,6 Millionen). Ent-
sprechend suchten die vier Beamtinnen und Beamten alle nach einem eigenen Vorgang, der einen vermeintlichen
Anschlag auf den Briefkasten eines Bürgerbüros von Herrn Edathy, welcher sich als „Dummer-Jungen-Streich“
entpuppt hatte, betraf. Zwar wurde bei diesen Suchanfragen jeweils auch ein Suchtreffer aus dem Bereich SO
12 angezeigt, der in der Betreffzeile „Besitz/Erwerb von Kinderpornografie“ enthielt. Alle vier anfragenden
Beamtinnen und Beamte haben im Ausschuss jedoch plausibel und glaubhaft versichert, sich auf den eigenen
Vorgang konzentriert und den SO 12-Vorgang nicht wahrgenommen zu haben. Die umfassende Protokollierung
des BKA hat zudem belegt, dass niemand außer den beiden Sachbearbeiterinnen bei SO 12 auf den Vorgang
zugegriffen hat.

Nachdem durch den Anruf aus Nienburg am 15. Oktober 2013 im Referat SO 12 bekannt wurde, dass ein Bun-
destagsabgeordneter Verdächtiger der OP Selm war, wurden dort Maßnahmen zum Schutz dieser nunmehr als
besonders sensibel erkannten Information ergriffen, die u.a. verhinderten, dass weitere Suchanfragen im VBS
zu „Edathy“ zu dem Vorgang geführt hätten. Auch die Kommunikation gegenüber den weiteren Vorgesetzten
erfolgte diskret im persönlichen Gespräch hinter geschlossener Tür. Die Leiterin der Abteilung SO sowie der
damalige BKA-Präsident Ziercke, die sich beide am 15. Oktober 2013 auf Auslandsdienstreise befanden, wurden
zunächst telefonisch ohne Namensnennung über den Sachverhalt informiert und erst nach Rückkehr ins Inland
über den Namen des Verdächtigen unterrichtet.

Die vom BKA unverzüglich unterrichteten zuständigen Staatsanwälte bei der ZIT kamen ebenso ihren internen
Berichtspflichten gegenüber dem zuständigen Abteilungsleiter der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main
und dem Behördenleiter verantwortungsvoll nach. Nachdem die Akte vom BKA an die ZIT übermittelt worden
war, wurde sie dort in das Register eingetragen und – nachdem der zuständige Staatsanwalt noch einige ergän-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 761 – Drucksache 18/6700
zende Ermittlungen vorgenommen hatte – im verschlossenen Umschlag „persönlich-vertraulich“ an den Gene-
ralstaatsanwalt in Celle abgegeben. Die Entscheidung, in diesem besonders sensiblen Fall die Akte nicht, wie
sonst üblich, unmittelbar an die sachlich zuständige Staatsanwaltschaft Hannover zu geben, sondern die zustän-
dige Generalstaatsanwaltschaft einzubeziehen, ist ebenfalls nachvollziehbar.

An den von BKA und ZIT gewählten Kommunikationswegen ist aus Sicht des Ausschusses nichts auszusetzen.
Dennoch bleibt festzustellen, dass allein im BKA insgesamt zwischen 30 und 50 Personen Kenntnis von dem
Verdacht gegen Herrn Edathy hatten oder hätten haben können. Im Land Hessen waren es zumindest sieben
Personen in der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main.

2. Niedersachsen

a) Justiz

Nach Abschluss des Ermittlungsbeitrags des BKA und der Abgabe der jeweiligen Verfahren durch die Zentral-
stelle für Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main war die Staatsanwaltschaft
Hannover als vom Land bestimmte Zentralstelle für die Bekämpfung gewaltdarstellender, kinderpornografischer
und sonst jugendgefährdender Schriften für den Fall Edathy und die anderen Fälle der Operation Selm mit Tä-
terwohnsitz in Niedersachsen örtlich und sachlich zuständig. Der Ausschuss hat deshalb neben Mitarbeitern von
Staatsanwaltschaften aus Hessen (ZIT) und Rheinland-Pfalz (für den Fall „X“ zuständige Staatsanwaltschaft)
eine Reihe von Beamten aus Polizei und Justiz Niedersachsens sowie die beiden zuständigen Landesminister
gehört.

Der Ausschuss weiß um die Belastung, die für die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Behörde
mit der Erfüllung der Beweisbeschlüsse eines Untersuchungsausschusses verbunden ist, hätte sich aber dennoch
eine konsequentere Unterstützung seines Aufklärungsauftrags und eine transparenter organisierte Aktenvorlage
durch die Landesregierung Niedersachsen gewünscht. Der Ausschuss bemängelte, dass es fünf Anläufe und
intensiver Nachfragen bedurfte, bevor die Landesregierung den Beweisbeschluss erfüllte, eine Liste all der Per-
sonen vorzulegen, die vor den Durchsuchungen bei Herrn Edathy am 10. Februar 2014 von seinem Fall Kenntnis
hatten nehmen können. Die immer wieder ergänzte „Kenntnisträgerliste“ wuchs dabei von rund 50 auf zuletzt
144 Personen an. Der Ausschuss bedauerte, dass für die erbetene Prüfung, ob der Geheimhaltungsgrad bestimm-
ter Unterlagen herabgestuft werden könne, ein Termin kurz nach der geplanten letzten öffentlichen Beweisauf-
nahme genannt wurde, so dass die entsprechenden Akten in öffentlicher Sitzung nicht vorgehalten werden konn-
ten.

Die Akte Edathy hat die zuständigen Bearbeiter in angemessener Frist erreicht, die zum Schutz des Verfahrens
notwendige Diskretion wurde gewahrt. Über das am 18. Oktober 2013 vom BKA an die ZIT abgegebene Ver-
fahren informierte der Generalstaatsanwalt in Frankfurt am Main seinen Kollegen in Celle bereits am 21. Okto-
ber 2013 per Mail. Die wegen der Bedeutung des Falles über die Generalstaatsanwaltschaften übermittelte und
von der ZIT am 28. Oktober 2013 abgegebene Akte erreichte die Generalstaatsanwaltschaft Celle am 31. Okto-
ber 2013 und die Staatsanwaltschaft Hannover am 5. November 2013. Die Akte wurde jeweils sicher und ver-
traulich verwahrt und transportiert.

Drucksache 18/6700 – 762 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Ausschuss verkennt nicht, dass – gerade auch angesichts der trotz der klaren Durchsuchungsempfehlung der
ZIT unterschiedlichen Handhabung dieser Frage durch Staatsanwaltschaften in anderen Bundesländern – die
Rechtsfrage bedeutsam ist, ob die Bestellung von nicht strafbaren kinderpornografischen Darstellungen den An-
fangsverdacht begründet, dass der Besteller auch über strafbares Material verfügt. Es war daher sicher angemes-
sen, dass zu dieser Frage am 8. November 2013 bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle eine Besprechung mit
der Staatsanwaltschaft Hannover unter Einbeziehung der Behördenleitungen und der fachlich Zuständigen statt-
fand und beschlossen wurde, die ZIT beziehungsweise das BKA um zügige Übermittlung der Akten zu allen
ähnlich gelagerten Fällen der Operation Selm aus Niedersachsen zu bitten, um diese Frage für alle diese Fälle
einheitlich zu beantworten. Unangemessen zögerlich aber war die Umsetzung dieses Beschlusses: Der zustän-
dige Oberstaatsanwalt stellte erst am 26. November 2013 eine entsprechende Anfrage an die Arbeitsebene im
BKA – elf Tage, nachdem am 15. November 2013 die Presse bundesweit über das kanadische Ermittlungsver-
fahren berichtet hatte und daher zu besorgen war, dass alle Verdächtigen der Operation Selm gewarnt sein könn-
ten. Die Folge der verzögerten Anfrage an das BKA war, dass die Akten trotz zügiger Bearbeitung durch BKA
und ZIT die Staatsanwaltschaft Hannover erst am 20. Dezember 2013 erreichten und dann auch eine längere
Weihnachtspause das Verfahren verzögerte, während derer der zuständige Staatsanwalt ohne Vertretung in Ur-
laub war. Wegen der Verzögerungen konnte die Staatsanwaltschaft Hannover auch nicht auf den Umstand rea-
gieren, dass am 5. Dezember 2013 Rechtsanwalt Noll im Auftrag seines Mandanten Edathy sich nach einem
gegen diesen geführten Verfahren erkundigte und daher konkret zu befürchten war, dass dieser gewarnt sein
könnte. Gerade angesichts des mehrfachen Drängens von Rechtsanwalt Noll wäre es nach Auffassung des Aus-
schusses angemessen gewesen, wenn die abschließende Besprechung bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle,
die vor allem der Frage galt, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestand, Beweismaterial aufzufinden,
nicht erst am 28. Januar 2014 stattgefunden hätte. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat gegenüber der Staats-
anwaltschaft Hannover keine dienstaufsichtlichen Maßnahmen ergriffen, um auf eine beschleunigte Bearbeitung
dieses Verfahrens zu dringen. Der Ausschuss bemängelt, dass mehrere relevante Hinweise, dass Herr Edathy
gewarnt sein könnte, die zuständigen Staatsanwaltschaften in Niedersachsen nicht zu einer beschleunigten Be-
arbeitung des Verfahrens bewogen haben.

Einen Hinweis darauf, dass Informationen über das Verfahren gegen Herrn Edathy durch Angehörige des Ge-
schäftsbereichs des niedersächsischen Justizministeriums an Unbefugte weitergegeben wurden, hat der Aus-
schuss nicht gefunden. Das Landesjustizministerium war über das Verfahren und die bevorstehenden Durchsu-
chungsmaßnahmen im Fall Edathy durch die Generalstaatsanwaltschaft Celle jedenfalls am 29. Januar 2014
informiert – ob eine Information der Zuständigen, wie vom Celler Generalstaatsanwalt ausgesagt, bereits im
November 2013 erfolgte, konnte der Ausschuss nicht aufklären. Die Ministerin hat die Information am 29. Ja-
nuar 2014 selbst als „spät, aber nicht zu spät“ qualifiziert – obwohl sie ihre Gesamtverantwortung für die Justiz
des Landes auf der Grundlage eines solchen Umgangs mit Berichtspflichten kaum wahrnehmen kann. Über den
Geschäftsbereich hinaus soll die Information nach den übereinstimmenden Aussagen im Ausschuss nicht wei-
tergegeben worden sein.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 763 – Drucksache 18/6700

b) Polizei

Der Ausschuss hat in keinem anderen Zuständigkeitsbereich eine höhere Zahl von Personen festgestellt, die vom
Fall Edathy vor den Durchsuchungsmaßnahmen Kenntnis hatten, als im Geschäftsbereich des niedersächsischen
Ministeriums für Inneres und Sport. Das LKA Niedersachsen erhielt – wie alle anderen Landeskriminalämter
auch – am Vormittag des 15. Oktober 2013 vom BKA im Rahmen der Bearbeitung der Operation Selm die Liste
mit Verdächtigen, auf der Herr Edathy genannt war. Es reichte die Liste unverändert an neun örtliche Polizeiin-
spektionen weiter. 104 der von der Landesregierung Niedersachsen benannten Personen, die vor den Durchsu-
chungen Kenntnis vom Fall Edathy erhielten, gehören zum Geschäftsbereich des für die Polizei zuständigen
Landesministeriums. Den damit verbundenen denkbaren Informationsflüssen hat der Ausschuss nur zu einem
kleinen Teil nachgehen können.

Einen konsistenten und konsequenten Umgang mit der Information, dass es einen Fall Edathy gibt, hat der Aus-
schuss im Verantwortungsbereich des niedersächsischen Innenministeriums nicht feststellen können. Auf der
Arbeitsebene der Polizei wurde, als in der für den Wohnort von Herrn Edathy örtlich zuständigen Polizeiinspek-
tion am 15. Oktober 2013 am frühen Nachmittag festgestellt worden war, dass auf der vom BKA über das LKA
übermittelten Liste von Verdächtigen ein Bundestagsabgeordneter genannt war, diese brisante Information auf
dem Dienstweg so zügig weitergegeben, dass sie noch am gleichen Tag den zuständigen Polizeipräsidenten
Kruse der Polizeidirektion Göttingen erreichte. Bemerkenswert erscheint dem Ausschuss, dass die Information
den Präsidenten des LKA Niedersachsen dagegen erst später und den Landespolizeipräsidenten vor den Durch-
suchungsmaßnahmen gar nicht erreichte. Nach dem Runderlass des niedersächsischen Innenministeriums zur
Meldung wichtiger Ereignisse vom 1. August 2012 sind wichtige Ereignisse Sachverhalte, die auch bei nicht
originärer Zuständigkeit der Polizei unter anderem geeignet sind, in den Medien zu besonderen Erörterungen zu
führen – wobei in Zweifelsfällen von einem wichtigen Ereignis auszugehen sei. Dies wurde auf der Arbeitsebene
offenbar materiell entsprechend eingeschätzt, wobei die Berichterstattung auf dem Dienstweg nicht nach den
Formvorschriften des genannten Runderlasses erfolgte. Noch bevor der zuständigen sachleitenden Staatsanwalt-
schaft die Akten vorlagen, wurde zwischen der örtlich zuständigen Polizeiinspektion und dem Landeskriminal-
amt Niedersachsen am 25. Oktober 2013 die Absprache getroffen, dass letzteres für etwaige Ermittlungen zu-
ständig sein solle.

Auf der Leitungsebene der Polizei Niedersachsens wurde die Information als nicht dringlich eingeschätzt, vom
zuständigen Minister zudem auch als nicht wichtig für seine Arbeit. Polizeipräsident Kruse gab die Information
weder zügig noch auf dem Dienstweg weiter, sondern informierte Innenminister Pistorius fernmündlich persön-
lich zu einem Zeitpunkt, den beide als Zeugen im Ausschuss nur insoweit eingrenzen konnten, als dass dieses
Gespräch in der zweiten Oktoberhälfte 2013 stattgefunden haben müsse. Polizeipräsident, Innenminister und
Staatsregierung vertraten mit unterschiedlichen Begründungen die Ansicht, es habe sich bei der Information,
dass es einen Fall Edathy gebe, nicht um ein wichtiges Ereignis im Sinne des genannten Runderlasses gehandelt.
Angesichts des absehbaren und tatsächlichen Medienechos auf den Fall Edathy hält der Ausschuss diese Ein-
schätzung bei gleichzeitiger Betonung, eine Änderung des Wortlauts des Erlasses sei nicht beabsichtigt, für nicht
nachvollziehbar. Über den Geschäftsbereich hinaus soll die Information nach den übereinstimmenden Aussagen
im Ausschuss nicht weitergegeben worden sein.

Drucksache 18/6700 – 764 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Offene Fragen bleiben nach Einschätzung des Ausschusses angesichts der widersprüchlichen Angaben zum Er-
mittlungsbeitrag der Polizei Niedersachsens Mitte Oktober 2013: Der eingeholten Melderegisterauskunft zur
Vergewisserung über den Umstand, dass der auf der Liste des BKA genannte Verdächtige und der Abgeordnete
Edathy dieselbe Person sind. Von dieser in der Form eines Briefes an Herrn Edathy gehaltenen Auskunft lagen
dem Ausschuss eine Vielzahl von Ablichtungen einer Faxkopie vor, aber kein Hinweis auf den Verbleib des
Originals. Widersprüchlich blieben die Angaben zum Zeitpunkt der Einholung der Auskunft, die an das BKA
übermittelt wurde und zwar nach den dortigen Akten um 9:21 Uhr am 16. Oktober 2013: Laut dem beauftragten
Leiter der Polizeistation am Wohnort von Herrn Edathy war dies am 16. Oktober 2013 um die Mittagszeit, laut
dem Auftraggeber bei der zuständigen Polizeiinspektion schon am frühen Vormittag. Schrittweise korrigiert
wurden die Angaben zum Verbleib des Originals: Der zuständige Beamte der Polizeiinspektion gab an, es be-
finde sich in seinen Akten, die Landesregierung korrigierte am 2. Juni 2015 gegenüber dem Landtag Nieder-
sachsen, es sei von dem Beamten nach Erhalt ordnungsgemäß vernichtet worden.

II. Informationshandeln zwischen BKA und Bundesministerium des Innern

Die Übermittlung der Information über den Fall Edathy vom BKA an das Bundesministerium des Innern war
angemessen und geboten. Sie erfolgte auf dem korrekten Dienstweg zügig und unter weitestmöglicher Beach-
tung der zum Schutz des Verfahrens und der Persönlichkeitsrechte Betroffener erforderlichen Diskretion. Die
Unterrichtung erfolgte entsprechend den Regeln des an alle Behörden des Geschäftsbereichs gerichteten Erlasses
über die unverzügliche Unterrichtung des Bundesministeriums des Innern über wichtige Ereignisse vom 8. No-
vember 2010. Regeln über die Meldung bedeutsamer Einzelereignisse, wie sie der genannte Erlass enthält, sind
unverzichtbar für die Wahrnehmung der von Art. 65 Grundgesetz vorgegebenen Verantwortlichkeit eines Bun-
desministers für seinen Geschäftsbereich. Sie sind daher allgemein üblich und als Rechtsgrundlage ausreichend,
da Sachverhalte des internen Informationsflusses im Geschäftsbereich geregelt werden.

Auf Arbeitsebene wurde das BKA um 15:21 Uhr am 15. Oktober 2013 von der für den Wohnsitz von Herrn
Edathy örtlich zuständigen Polizeiinspektion informiert, dass eine der auf der wenige Stunden zuvor vom BKA
an alle Landeskriminalämter versandten Verdächtigenliste genannten Personen Abgeordneter im Deutschen
Bundestag ist. Die Sachbearbeiterin teilte die Information unverzüglich über den Sachgebietsleiter dem Refe-
ratsleiter mit, der dann den Unterabteilungsleiter unterrichtete. Über die fernmündlich unterrichtete Abteilungs-
leiterin erreichte die Information noch am gleichen Abend BKA-Präsident Ziercke. Für den folgenden Vormittag
wurde ein Briefing durch den Referatsleiter und die sachbearbeitenden Beamtinnen angeordnet. Im Anschluss
an diese Unterrichtung informierte BKA-Präsident Ziercke fernmündlich Staatssekretär Fritsche im BMI. Der
von diesem angeforderte schriftliche Bericht wurde am 16. Oktober 2013 um 12:56 Uhr durch den Leiter Lei-
tungsstab des BKA im Auftrag von BKA-Vizepräsident Henzler per Mail an das persönliche Postfach des per-
sönlichen Referenten des Staatssekretärs übermittelt. BKA-Präsident Ziercke befand sich zu diesem Zeitpunkt
auf dem Rückweg von einer Tagung der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster, bei der er am Vormittag

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 765 – Drucksache 18/6700
gemeinsam mit Herrn Hartmann zu den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses „Terrorgruppe NSU“ refe-
riert hatte, dessen Vorsitzender Herr Edathy gewesen war. Zu den Teilnehmern der Tagung gehörte auch Göt-
tingens Polizeipräsident Kruse, der zu diesem Zeitpunkt ebenfalls schon über den Fall Edathy dienstlich infor-
miert war. Alle vom Ausschuss befragten Teilnehmer der Tagung haben ausgesagt, dass über den Fall Edathy
dort mit keinem Wort gesprochen wurde.

Der Ausschuss verkennt nicht die Berechtigung der Erwägung, den Kreis der Mitwisser auf das unbedingt Not-
wendige zu beschränken, die zu der Entscheidung im BKA führte, über den von Staatssekretär Fritsche angefor-
derten Bericht die ZIT nicht zu informieren. Die geltenden Berichtspflichten sind im Übrigen so allgemein be-
kannt, dass durch den unterlassenen Bericht an die ZIT eine Beeinträchtigung des Ermittlungsverfahrens nicht
eintreten konnte.

Unklar blieb im Ausschuss der genaue Zeitpunkt, zu dem Staatssekretär Fritsche die Information fernmündlich
an Bundesminister Dr. Friedrich weitergab. Nach der Erinnerung des Staatssekretärs war dies im Anschluss an
sein Telefonat mit BKA-Präsident Ziercke am 16. Oktober 2013, nach der Erinnerung des Ministers während
einer Pause zu Beginn der dritten Sondierungsrunde zwischen CDU, CSU und SPD am frühen Nachmittag des
17. Oktober 2013. Doch ist diese Frage nach Einschätzung des Ausschusses nicht von Bedeutung, denn jeden-
falls verfügte Minister Dr. Friedrich über die Information während des Sondierungsgesprächs aufgrund fern-
mündlicher Unterrichtung, den schriftlichen Bericht des BKA konnte er erst später zur Kenntnis nehmen. Ebenso
ist es nach Einschätzung des Ausschusses im Rahmen des Untersuchungsauftrags nicht von Bedeutung, ob
Staatssekretär Fritsche die Unterrichtung mit einem Rat dazu verband, wie mit der Information umzugehen sei,
denn jedenfalls entschloss sich Bundesminister Dr. Friedrich, die erhaltene Information persönlich im Verlauf
des Sondierungsgesprächs an den SPD-Vorsitzenden weiterzugeben. An seiner Motivation hegt der Ausschuss
keinen Zweifel, einem überraschenden Bekanntwerden zuvorzukommen, damit nicht die unter schwierigen
Mehrheitsverhältnissen ablaufenden Entscheidungsprozesse für eine Regierungsbildung zusätzlich durch Miss-
trauen belastet würden. Nach der ihm vom SPD-Parteivorsitzenden Gabriel gegebenen Vertraulichkeitszusage
konnte und durfte er darauf vertrauen, dass eine Beeinträchtigung des Ermittlungsverfahrens aufgrund der von
ihm weitergegebenen Information ausgeschlossen sei.

III. Informationshandeln in der Bundespolitik

Die Information über die gegen Herrn Edathy im BKA vorliegenden Verdachtsmomente gelangte durch den
damaligen Bundesinnenminister Dr. Friedrich in die Bundespolitik. Er informierte am Rande des dritten Son-
dierungsgesprächs zwischen CDU/CSU und SPD am 17. Oktober 2013 den SPD-Parteivorsitzenden Gabriel.
Dieser unterrichtete zunächst den damaligen Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Dr. Steinmeier, und –
nach Absprache mit diesem – auch den damaligen Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer Thomas Opper-
mann. Herr Oppermann kontaktierte noch am selben Tag den damaligen BKA-Präsidenten Ziercke telefonisch.
Im Dezember 2013 informierte er im Rahmen der Übergabe der Amtsgeschäfte seinerseits seine Nachfolgerin

Drucksache 18/6700 – 766 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Frau Lambrecht. Des Weiteren wurde er von dem Abgeordneten Hartmann Ende November 2013 wegen dessen
Sorge um Herrn Edathys Gesundheit angesprochen.

Diesen Ablauf des Informationsflusses und den Gesprächskontakt mit Herrn Hartmann hat der SPD-Fraktions-
vorsitzende Oppermann in seiner Pressemitteilung vom 13. Februar 2014 dargelegt. Er beabsichtigte damit –
wie er im Ausschuss erläuterte – eine umfassende und vollständige Information der Öffentlichkeit über die dies-
bezüglichen Kommunikationsabläufe. Der Ausschuss hat die Darstellung in der Presseerklärung in allen Einzel-
heiten nachvollzogen.

1. Von Minister Dr. Friedrich zum SPD-Parteivorsitzenden Gabriel

Der Zeuge Dr. Friedrich hat im Ausschuss dargelegt, am Rande des dritten Sondierungsgesprächs am 17. Okto-
ber 2013 den SPD-Vorsitzenden Gabriel über den Verdacht des BKA gegen den Abgeordneten Edathy infor-
miert zu haben. Auf eine Nachfrage Herrn Gabriels dazu, ob Nacktbilder von Kindern und Jugendlichen straflos
sein können, rückversicherte sich Minister Dr. Friedrich bei seinem Staatssekretär Fritsche. Nach dem Verständ-
nis von Minister Dr. Friedrich war kein Strafverfahren zu erwarten. Herr Gabriel allerdings verstand die Nach-
richt naheliegend so, dass durch die Weitergabe des Verfahrens vom BKA an die zuständige Staatsanwaltschaft
ein Strafverfahren gegen Herrn Edathy jedenfalls nicht ausgeschlossen werden könne. Dass Staatssekretär Frit-
sche einbezogen war, erwähnte Dr. Friedrich gegenüber Herrn Gabriel nicht, wie beide im Ausschuss bestätig-
ten.

2. Informationsfluss innerhalb der SPD-Spitze

Die Kommunikation zum Fall Edathy innerhalb der Spitze der SPD-Bundestagsfraktion wurde inhaltlich ver-
antwortlich geführt. Der von Minister Dr. Friedrich informierte Herr Gabriel musste annehmen, dass der Abge-
ordnete Edathy, der sich als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses große Verdienste erworben hatte,
in der neuen Legislaturperiode für weitere Ämter – eventuell in der Bundesregierung, jedenfalls im Bundestag
und in der Fraktion – in Betracht kommen könnte. Ein Öffentlichwerden der BKA-Information oder des – später
ja auch tatsächlich eingeleiteten – Ermittlungsverfahrens gegen Herrn Edathy hätte nach Einschätzung von Herrn
Gabriel – wie auch aus Sicht von Minister Dr. Friedrich – einen erheblichen politischen Schaden für das betref-
fende Amt und darüber hinaus für die künftige Bundesregierung bedeutet. Herr Gabriel setzte danach die aus
seiner Sicht notwendigerweise mit einzubeziehenden Personen, den damaligen Fraktionsvorsitzenden Dr. Stein-
meier und den damaligen Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer Oppermann, in Kenntnis. Das war für Mi-
nister Dr. Friedrich nicht vorhersehbar. Er erfuhr davon erst im Zusammenhang mit der von Herrn Oppermann
am 13. Februar 2014 veröffentlichten Pressemitteilung.

Die mit Minister Dr. Friedrich vereinbarte Vertraulichkeit war für Herrn Gabriel dadurch gewahrt, dass die In-
formationen weder an die Öffentlichkeit noch an Herrn Edathy selbst gelangten und auch SPD-intern keine

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 767 – Drucksache 18/6700
weitere Verbreitung fanden. Der Ausschuss hat keine Belege dafür gefunden, dass über die in der Pressemittei-
lung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Oppermann vom 13. Februar 2014 genannten Gespräche hinaus irgendeine
weitere Person informiert wurde.

In der SPD-Fraktion möglicherweise kursierende Gerüchte über Herrn Edathy standen nach den Feststellungen
im Ausschuss in keinem Zusammenhang mit den von Minister Dr. Friedrich an den SPD-Parteivorsitzenden
gegebenen Informationen. Die häufige Abwesenheit des Abgeordneten Edathy, sein von mehreren Zeugen be-
stätigter schlechter gesundheitlicher Zustand und schließlich auch seine lange Krankschreibung dürften Speku-
lationen über die Gründe dafür angeheizt haben. Zudem hatte Herr Edathy selbst über seinen ehemaligen Büro-
leiter Nocht mehrere Fraktionsmitglieder darüber in Kenntnis setzen lassen, dass ihm möglicherweise ein Er-
mittlungsverfahren drohe und er daher keine weitere Karriere im Bundestag anstrebte. So bat er Herrn Nocht
vor den Fraktionsvorstandswahlen im Dezember 2013, die Parlamentarische Geschäftsführerin Ernstberger dar-
über zu informieren, dass er bei der Personalplanung nicht mehr berücksichtigt werden wolle. Frau Ernstberger
sei auch über den Grund ins Bild gesetzt worden, dass nämlich möglicherweise strafrechtlich etwas auf ihn
zukomme. Außerdem teilte Herr Nocht im Dezember auch dem Sprecher des Seeheimer Kreises Kahrs mit, dass
Herr Edathy für Ämter nicht zur Verfügung stehe. Der Zeuge Nocht erinnerte sich im Ausschuss, gegenüber
dem Abgeordneten Kahrs von einem möglichen Ermittlungsverfahren gesprochen zu haben, das mit dem Inter-
net zu tun habe. Auch solche Hinweise, verbunden mit der Tatsache, dass Herr Edathy ja tatsächlich keine her-
ausgehobene Funktion in Fraktion oder Regierung übernahm, könnten eventuelle Gerüchte durchaus bewirkt
oder befördert haben. Zudem bestätigte der Zeuge Nocht, in der Fraktion mehrfach auf Edathys schlechten Zu-
stand und seinen starken Gewichtsverlust angesprochen worden zu sein, was offenbar Vielen nicht verborgen
geblieben war.

Der Ausschuss hat nach der Beweisaufnahme keinen Grund, an den übereinstimmenden Aussagen der SPD-
Spitze zu zweifeln, durch das Gespräch zwischen Minister Dr. Friedrich und Herrn Gabriel am 17. Oktober 2013
erstmals über den Verdacht gegen Herrn Edathy unterrichtet worden zu sein. Alle drei Zeugen (die Herren Gab-
riel, Dr. Steinmeier und Oppermann) berichteten, dass sie von der Information überrascht wurden. Diesen Ein-
druck hatten auch ihre jeweiligen Gesprächspartner, Minister Dr. Friedrich bzw. Herr Gabriel. Anhaltspunkte
dafür, dass die Information über den Verdacht gegen Herrn Edathy Dr. Steinmeier oder Herrn Oppermann bereits
zuvor auf einem anderen Weg erreicht haben könnte, sind dem Ausschuss nicht bekannt geworden.

Kein Zweifel besteht daran, dass Herrn Gabriels Gespräche mit Minister Dr. Friedrich am Rande der Sondie-
rungsrunde und sein Gespräch mit Dr. Steinmeier unmittelbar danach in den Räumen der Deutschen Parlamen-
tarischen Gesellschaft stattgefunden haben. Herrn Gabriels Anruf bei dem an diesem Sondierungsgespräch nicht
beteiligten Herrn Oppermann könnte nach seiner Erinnerung auch erst auf dem Heimweg aus dem Auto erfolgt
sein – dies wäre dann erst nach der Pressekonferenz gewesen, die kurz nach 16.00 Uhr endete.

Unmittelbar nachdem Herr Gabriel den aus seiner Sicht zuständigen Parlamentarischen Geschäftsführer der
SPD-Bundestagsfraktion Oppermann in einem kurzen Telefonat mit der Information über den Abgeordneten
Edathy unvermittelt konfrontiert hatte, ließ dieser sich mit dem damaligen BKA-Präsidenten Ziercke verbinden,
um die erhaltenen – und aus seiner Sicht schockierenden wie diffusen – Informationen besser einordnen und
eine Verwechslung möglichst ausschließen zu können. Mit den Umständen und dem Inhalt dieses Telefonats hat

Drucksache 18/6700 – 768 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

sich der Ausschuss in mehreren Zeugenvernehmungen ausführlich befasst. Er ist überzeugt davon, dass beiden
Beteiligten hier rechtlich kein Vorwurf gemacht werden kann. Dass er ein solches Telefonat nicht noch einmal
führen würde, hat Herr Oppermann im Ausschuss selbst zum Ausdruck gebracht.

Aufgeworfene Zweifel bezüglich der zeitlichen Einordnung des Telefonats wurden durch eine Nachprüfung be-
seitigt. Das BKA hatte seit den Anhörungen seines Präsidenten im Innenausschuss des Bundestages die Uhrzeit
des Anrufs präzise mit 15.29 Uhr angegeben. Diese Angabe führte zu Zweifeln, ob die von den Zeugen Gabriel
und Oppermann dargelegten Abläufe der Informationskette zeitlich möglich seien. Eine vom Bundesministerium
des Innern veranlasste Prüfung ergab jedoch schließlich, dass das Telefonat tatsächlich erst um 16:29 Uhr statt-
gefunden hatte. Die Fehlangabe war dadurch entstanden, dass die Auswertung der Anrufe im BKA erst nach der
Umstellung auf Winterzeit erfolgte und die Telefonanlage so programmiert war, dass auch frühere Gespräch mit
der jeweils aktuellen Zeitangabe angezeigt wurden. Damit erschien die geschilderte Informationskette in der
verfügbaren Zeit möglich. Das Bundeskriminalamt hat Prüfung und Beseitigung möglicher Folgen dieser Fehl-
funktion der Zeitanzeige in von ihm geführten Verfahren zugesagt.

Ebenso wenig hat die Beweisaufnahme einen Grund ergeben, an der – übereinstimmenden – Darstellung des
Inhalts ihres Telefonats durch die Zeugen Oppermann und Ziercke zu zweifeln. Danach hat Herr Oppermann
Präsident Ziercke seine gerade erlangten Informationen dargelegt. Weil Präsident Ziercke in einer Sprechpause
Oppermanns erklärte, dass er dies alles nicht kommentieren könne und wolle, endete das Gespräch innerhalb
weniger Minuten. Herr Oppermann schloss daraus, dass Präsident Ziercke den Verdacht gegen Herrn Edathy
weder dementiert noch auf eine Verwechslung hingewiesen hatte, dass ein Ermittlungsverfahren gegen den Ab-
geordneten Edathy im Deliktsbereich Kinder-/Jugendpornografie tatsächlich nicht ausgeschlossen sei. Er sah die
von Minister Dr. Friedrich erhaltene Information daher als bestätigt an, wie er auch in seiner am 13. Februar
2014 veröffentlichten Pressemitteilung formulierte. BKA-Präsident Ziercke trat der Darstellung, er habe etwas
bestätigt, unverzüglich nachdrücklich entgegen. Herr Oppermann räumte einige Tage später ein, dass diese For-
mulierung insofern missverständlich gewesen sei, als Präsident Ziercke die von ihm vorgetragenen Informatio-
nen nicht aktiv bestätigt hatte, sondern es sich um seine eigene Schlussfolgerung gehandelt habe.

Erwiesen ist für den Ausschuss auch, dass es weder Mitte Oktober 2013 noch im Umfeld der Presseerklärung
im Februar 2014 ein weiteres Telefonat zwischen BKA-Präsident Ziercke und Herrn Oppermann gab, wie zwi-
schenzeitlich spekuliert worden war. Anlass für die Spekulationen waren mit zahlreichen Fragezeichen und Klä-
rungsbitten versehene Entwurfstexte der Arbeitsebene des BKA zur Darstellung von Zeitabläufen. Dies wurde
von den Zeugen im Ausschuss überzeugend erläutert und richtiggestellt.

Nach dem Telefonat mit Präsident Ziercke hielt Herr Oppermann kurz Rücksprache mit dem damaligen Frakti-
onsvorsitzenden Dr. Steinmeier, von dem er über Herrn Gabriel wusste, dass er ebenfalls informiert war. Beide
Zeugen berichteten übereinstimmend von einer kurzen Mitteilung, dass das Telefonat mit BKA-Präsident
Ziercke nichts Neues ergeben habe.

Nach seiner Wahl zum Fraktionsvorsitzenden informierte Herr Oppermann im Dezember 2013 seine Nachfol-
gerin, die neugewählte Erste Parlamentarische Geschäftsführerin Lambrecht, im Rahmen eines Übergabege-
sprächs. Frau Lambrecht hat diese Information zur Überzeugung des Ausschusses an niemanden weitergegeben

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 769 – Drucksache 18/6700
und mit niemandem erörtert, auch nicht in dem in ihrer neuen Funktion geführten Gespräch mit Herrn Hartmann,
in dem es nach den Feststellungen im Ausschuss ausschließlich um Herrn Edathys gesundheitliche Verfassung
und die Frage ging, ob und wann dieser wieder einsatzfähig sei.

3. Keine Kommunikation mit dem Abgeordneten Hartmann über den Fall Edathy

Die Zeugen Gabriel, Dr. Steinmeier, Oppermann sowie die Zeugin Lambrecht wussten von Herrn Hartmanns –
woher auch immer rührender – Kenntnis über Herrn Edathys Bestellungen in Kanada nichts. Dies ist ihre un-
missverständliche Aussage, an der zu zweifeln die Beweisaufnahme keinen Grund ergab. Entsprechend haben
die Genannten sich auch nicht mit Herrn Hartmann über den Sachverhalt ausgetauscht. Herrn Edathys Darstel-
lung, Herr Hartmann habe mit Herrn Oppermann und Herrn Dr. Steinmeier über den Verdacht gegen ihn ge-
sprochen, bestreiten die angeblich an diesen Gesprächen Beteiligten übereinstimmend und eindeutig. Auch hier
gab die Beweisaufnahme zu Zweifeln keinen Grund. Eine von Herrn Edathy behauptete, von Frau Lambrecht
angeblich an Herrn Hartmann gerichtete SMS über Herrn Edathy hat Frau Lambrecht in ihrer Vernehmung nicht
ausdrücklich bestritten, jedoch erläutert, diese könne allenfalls zur Vereinbarung des Gesprächstermins mit
Herrn Hartmann gedient haben.

Der Ausschuss hat zur Aufklärung der Angabe von Herrn Edathy, diese könnten seine Darstellungen bestätigen,
seine früheren Büroleiter, die Zeugen Nocht und Schuparis, gehört. Der Zeuge Schuparis bekundete im Aus-
schuss jedoch, er habe aus seinen Gesprächen mit Herrn Edathy nicht entnehmen können, dass es einen Kontakt
von Herrn Hartmann zu den Herren Gabriel und Dr. Steinmeier gegeben hätte, „auch nicht, dass irgendwie Herr
Hartmann mit denen gesprochen hätte.“ Der Zeuge Nocht berichtete zwar, dass Herr Edathy ihm gegenüber
einmal ein Gespräch zwischen den Herren Hartmann und Oppermann erwähnt habe, bei dem es um Herrn Edathy
gegangen sein soll, jedoch soll Herr Edathy den Inhalt dieses Gesprächs nach dem Eindruck des Zeugen Nocht
gerade nicht genau gekannt haben.

Tatsächlich gab es ein Gespräch zwischen den Herren Oppermann und Hartmann, in dem nach deren überein-
stimmender Aussage Herr Hartmann Herrn Oppermann über seine Sorge um Herrn Edathys Gesundheit infor-
miert hat und von diesem beauftragt wurde, sich um Herrn Edathy zu kümmern.

Soweit Herr Edathy im Ausschuss aussagte, Herr Hartmann habe ihm bereits am 15. November 2013 mitgeteilt,
dass neben dem damaligen Bundesinnenminister Dr. Friedrich auch der damalige Innenstaatssekretär Fritsche
von dem Verdacht gegen ihn wisse, ist festzuhalten, dass Minister Dr. Friedrich angab, dass er den Namen
„Fritsche“ in dem Gespräch am 17. Oktober 2013 gegenüber Herrn Gabriel nicht genannt habe. Herr Gabriel
bestätigte im Ausschuss, dass ihm die Einbeziehung von Staatssekretär Fritsche nicht bekannt gewesen sei. Auch
Herr Oppermann hat nach eigener Auskunft erst nach Öffentlichwerden des Falls davon erfahren, dass der Staats-
sekretär Bestandteil der Informationskette war. Sollte Herr Edathy also diese Informationskette tatsächlich be-
reits im November 2013 von Herrn Hartmann erfahren haben, so kann dies nicht auf die SPD-Spitze zurückzu-
führen sein.

Angesichts der unstreitig intensiven Kontakte zwischen Herrn Hartmann und Herrn Edathy in der fraglichen
Zeit könnte die Darstellung des Herrn Edathy auch auf ein Missverständnis zurückzuführen sein. Die Art des

Drucksache 18/6700 – 770 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Aussageverhaltens des Zeugen Edathy im Ausschuss weist zudem auf die Möglichkeit hin, er wolle eventuell
„offene Rechnungen“ begleichen. Aufklären konnte der Ausschuss dies jedoch letztlich nicht.

4. Unmittelbare Kommunikation mit Herrn Edathy

Kein Zweifel besteht an der Aussage der Zeugen Oppermann, Gabriel und Dr. Steinmeier, dass sie nach der
Information durch Minister Dr. Friedrich den Kontakt mit dem Abgeordneten Edathy weitgehend vermieden
und in keiner Weise mit ihm über die Ermittlungen kommuniziert haben. Nicht einmal Herr Edathy selbst be-
hauptet dies.

Der damalige Erste Parlamentarische Geschäftsführer Oppermann hat allerdings auf Herrn Edathys Wunsch hin
am 8. November 2013 mit ihm ein Gespräch über seine weiteren Karriereaussichten geführt, dessen genauen
Inhalt die beiden Beteiligten unterschiedlich darstellen. Herr Edathy schilderte, Herr Oppermann habe ihm in
diesem Gespräch „konkret das Amt eines stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, eines Parlamentarischen
Staatssekretärs oder eines Ausschuss-Vorsitzenden (Innen) in Aussicht“ gestellt, während der Zeuge Oppermann
eine solche Zusage sicher ausschloss und dazu plausibel erläuterte, dass er keine Erwartungen wecken würde,
die er allein am Ende ohnehin nicht erfüllen könne. Er habe auch keiner anderen Person so konkret Ämter in
Aussicht gestellt. Nicht einmal Herr Edathy aber behauptet, dass der Verdacht gegen ihn im Gespräch am 8. No-
vember 2013 erwähnt wurde.

Außerdem gab es im Anschluss an den SPD-Bundesparteitag am 16. November 2013 einen von Herrn Edathy
im STERN publizierten SMS-Austausch zwischen dem Abgeordneten Edathy und dem SPD-Parteivorsitzenden
Gabriel. Herr Edathy lobte darin Gabriels Rede und brachte sich explizit als förderungswürdigen Kandidaten
„mit sog. Migrationshintergrund“ in Erinnerung. Im Ausschuss behauptete Herr Edathy, er habe die SMS als
nicht ernst gemeinten „Testballon“ abgesetzt, um zu sehen, ob der Parteivorsitzende über die Vorwürfe infor-
miert war. Eine solche SMS wäre dazu aber völlig untauglich gewesen, denn Herr Edathy konnte nicht ernsthaft
davon ausgehen, Herrn Gabriel so zur Preisgabe einer eventuellen Kenntnis verleiten zu können. Es erscheint
plausibler, dass Herr Edathy diesen SMS-Austausch im Nachhinein zu erklären versuchte und deshalb seine
Informationen über die Kenntnis der SPD-Spitze so schildert, dass er zunächst nur über die Kenntnis von Herrn
Dr. Steinmeier und Herrn Oppermann und erst nach dieser SMS über die Kenntnis von Herrn Gabriel durch
Herrn Hartmann unterrichtet worden sei.

Nach Herrn Edathys öffentlicher Bekanntgabe des Mandatsverzichts am 8. Februar 2014, aber noch vor den
Durchsuchungen am 10. Februar 2014, haben die Herren Oppermann und Gabriel unabhängig voneinander SMS
an Herrn Edathy geschrieben, mit denen sie ihm – wie sie im Ausschuss erläuterten – angesichts dieser gewich-
tigen Entscheidung persönlich Mut für seine Zukunft zusprechen wollten. Beide Zeugen versicherten glaubhaft,
dass sie die tatsächlichen Motive für den Mandatsverzicht nicht kannten und insbesondere nicht von bevorste-
henden Durchsuchungsmaßnahmen wussten. Zudem kann dem Wortlaut der SMS auch nicht entnommen wer-
den, dass die Herren Oppermann und Gabriel – wie von Herrn Edathy behauptet – gewusst hätten, dass er bereits
durch Herrn Hartmann von ihrer Kenntnis über die Vorwurfslage erfahren hätte.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 771 – Drucksache 18/6700

IV. Warnung an Herrn Edathy?

Für den Ausschuss steht zweifelsfrei fest, dass Herr Edathy bereits vor den Durchsuchungen am 10. Februar
2014 wusste oder zumindest sicher vermutete, dass deutsche Strafverfolgungsbehörden im Zusammenhang mit
den kanadischen Ermittlungen Kenntnis von seinen Bestellungen bei AZOV erlangt hatten und Maßnahmen
gegen ihn drohten.

Die Frage, ob diese Kenntnis oder Vermutung ausschließlich auf seinen eigenen und den Recherchen seines
Anwalts beruhte, oder ob Herr Edathy von dritter Seite vor den Durchsuchungen seiner Wohnungen und Büro-
räume über den gegen ihn bestehenden Verdacht informiert wurde, wofür Vieles spricht, konnte der Ausschuss
nicht endgültig klären.

Insbesondere die Vermutung, dass Herr Hartmann gegenüber Herrn Edathy am 15. November 2013 darauf hin-
gewiesen haben könnte, dass im BKA die Kenntnis vorlag, dass sich Herr Edathy auf der Liste der AZOV-
Kunden befindet, wurde durch die Beweisaufnahme des Ausschusses an vielen Stellen genährt, ohne dass jedoch
hierfür ein zureichender Beleg vorliegt.

Der Ausschuss konnte gerade bei dieser Frage die Situation, dass hier Aussage gegen Aussage steht, letztlich
nicht auflösen.

Ein Erschwernis der Ausschussarbeit war, dass medial spätestens ab der Veröffentlichung von Herrn Edathys
Schilderung der Ereignisse im STERN im Dezember 2014 in so großem Ausmaß öffentlich berichtet wurde,
dass Zeugen einräumten, nicht sicher sagen zu können, ob sie sich tatsächlich noch daran erinnerten, eine be-
stimmte Aussage in einem Gespräch gehört zu haben, oder ob sie diese nur nachträglich in den Medien wahrge-
nommen hatten.

1. „Warnung“ durch Herrn Edathys eigenes Wissen und eigene Recherchen

Fest steht jedenfalls, dass Herr Edathy von den Ermittlungen gegen die Firma AZOV und ihre Kunden bereits
wusste, bevor er mit Herrn Hartmann am 15. November 2013 erstmals über das Thema sprach. Er war also
bereits zu diesem Zeitpunkt gewarnt.

Nach der Pressekonferenz in Kanada am 14. November 2013 nahmen noch am selben Tag deutsche Medien das
Thema auf und berichteten auch über Bezüge nach Deutschland.

Herr Edathy hat selbst im Ausschuss bekundet, dass er die Medienberichte über den kanadischen Fahndungser-
folg wahrgenommen und in der Folge im Internet recherchiert hatte. Dabei hatte er nach eigenen Angaben u. a.
auch erfahren, dass es bereits Durchsuchungen bei AZOV-Kunden gegeben hatte und auch in Deutschland gegen
AZOV-Kunden ermittelt wurde. Ausdrücklich wies er im Ausschuss darauf hin, dass er im Netz gelesen hatte,
dass es schon im November 2013 auch erste Durchsuchungen bei deutschen Kunden gegeben habe. In verschie-
denen, auch deutschsprachigen Internetforen wurde zudem bereits seit der Schließung der Website von AZOV-

Drucksache 18/6700 – 772 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Films immer wieder über Ermittlungen und bald auch über Durchsuchungen und Verhaftungen bei AZOV-Kun-
den berichtet und diskutiert.

Da Herr Edathy wusste, dass (und was) er bei AZOV bestellt hatte – zuletzt einige Monate, bevor die Website
vom Netz ging – musste er spätestens zum Zeitpunkt der von ihm wahrgenommenen Medienberichterstattung
ab dem 14. November 2013 über den Ermittlungserfolg der kanadischen Polizei vernünftigerweise damit rech-
nen, als Kunde selbst in das Visier der Ermittlungen zu geraten. Wie das Landgericht Hannover festhielt, konnten
Herrn Edathy AZOV-Bestellungen über mehr als 1.000 US-Dollar zugeordnet werden. Das bestellte Material
„enthalte Darstellungen von Jungen mutmaßlich unterhalb der Schutzaltersgrenze von 14 Jahren in vermeintli-
chen Alltagssituationen, teilweise werde der vollständige entblößte Genitalbereich abschnittsweise selbstzweck-
haft und ohne erkennbaren Handlungskontext in den Vordergrund gerückt. Der sexualisierte Charakter werde
durch akustische Untermalung wie Stöhnen des Kameramannes noch verstärkt. Das Bild- und Videomaterial
ziele in einigen Fällen offenkundig auf die sexuelle Erregung des Betrachters ab.“ (LG Hannover, zitiert in der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. August 2014, 2 BvR 696/14, Rn. 10). Wer solches Mate-
rial kauft, kann und wird nicht davon ausgehen, dass er von möglichen strafrechtlichen Ermittlungen von vorn-
herein ausgenommen ist.

Zudem wusste Herr Edathy auch, welches Material er außer dem bei AZOV gekauften noch zusätzlich bezogen
hatte. Er hat – so jedenfalls ausdrücklich die Pressemitteilungen des Landgerichts Verden vom 18. Februar und
3. März 2015 sowie vom 18. November 2014, auch wenn Herr Edathy am 2. März 2015 auf seiner Facebook-
Seite darauf hinwies, dass ein „Geständnis“ nicht vorliege – selbst in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht
Verden den Vorwurf der Anklage eingeräumt, in der Zeit vom 1. bis 10. November 2013 an sechs Tagen kin-
derpornografische Bild- und Videodateien aus dem Internet auf seinen Bundestagsrechner heruntergeladen und
außerdem eine CD mit dem Titel „Movie“ und den Bildband „Boys in ihrer Freizeit“ mit teilweise jugendpor-
nografischen Darstellungen besessen zu haben. Die Gefahr, im Rahmen der Ermittlungen gegen AZOV-Kunden
in den Fokus von Kinderpornografie-Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft zu geraten, muss ihm
jedenfalls bewusst gewesen sein und ihn mit seinem Wissen um eventuell weiteres in seinem Besitz befindliches
möglicherweise strafrechtlich relevantes Material bereits hochgradig alarmiert haben.

2. Warnung durch Herrn Hartmann?

Nicht endgültig aufklären konnte der Ausschuss, ob, zu welchem Zeitpunkt und durch wen Herr Edathy zusätz-
lich erfuhr, dass bereits konkrete Vorermittlungen gegen ihn als Person geführt wurden.

a) Sich widersprechende Darstellungen der Zeugen Edathy und Hartmann

Zu der Frage, ob er einen Informanten hatte, hat Herr Edathy sein Aussageverhalten im Laufe der Zeit grundle-
gend verändert: Vor seiner Aussage im Ausschuss hat er in der Öffentlichkeit monatelang geschwiegen und auf
Medienberichte über die kanadischen Ermittlungen als seine Quellen hingewiesen. Im Dezember 2014, kurz vor
seiner Aussage im Untersuchungsausschuss, hat er dann im Magazin STERN überraschend behauptet, der Ab-
geordnete Michael Hartmann habe ihn ab November 2013 über den Fortgang des Verfahrens informiert und ihn

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 773 – Drucksache 18/6700
auch auf die bevorstehenden Durchsuchungen hingewiesen. Herr Hartmann habe ihm gegenüber angegeben,
seine Informationen vom BKA-Präsidenten Ziercke zu erhalten. Die Tatsache, dass Herr Edathy diese Behaup-
tungen vor seiner Aussage im Ausschuss dem SPIEGEL angeboten haben soll und im STERN publizieren ließ
– nach eigener Aussage im Zusammenhang mit einem geplanten Buchprojekt, erhöht seine Glaubwürdigkeit aus
Sicht des Ausschusses nicht. Allerdings hat er seine Aussage im Untersuchungsausschuss unter strafbewehrter
Wahrheitspflicht wiederholt.

Der Abgeordnete Hartmann hat zwar bestätigt, dass er in der Zeit zwischen dem SPD-Bundesparteitag am
15. November 2013 und den Durchsuchungen im Februar 2014 mehrfach Kontakt mit Herrn Edathy hatte. Er
hat jedoch wiederholt und nachdrücklich – ebenfalls unter Wahrheitspflicht im Untersuchungsausschuss – be-
stritten, über konkrete Informationen zu dem Verfahren verfügt und diese an Herrn Edathy gegeben zu haben.
Vielmehr habe Herr Edathy ihm seine Verbindungen zu AZOV bei dem Gespräch auf dem Parteitag von sich
aus eröffnet und ihn um „Beratung, Hilfe und Unterstützung“ gebeten. Er habe ihn in der Folge lediglich „beru-
higen und stabilisieren“ wollen, wozu er als erfahrener Innenpolitiker auf seine allgemeine Kenntnis über Ver-
fahrensabläufe bei Ermittlungsverfahren zurückgegriffen habe.

Auch der damalige BKA-Präsident Ziercke hat wiederholt, nachdrücklich und glaubhaft bestritten, jemals mit
Herrn Hartmann über die Operation Selm oder den Verdacht gegen Herrn Edathy gesprochen zu haben.

Übereinstimmung besteht zwischen den Aussagen nur insoweit, dass Herr Edathy am Abend des 15. November
2013 auf Herrn Hartmann zugegangen ist und beide anschließend miteinander über Herrn Edathys Bestellungen
bei AZOV sprachen. Beide hatten nach eigenen Angaben bereits aus Medienberichten Kenntnis von den kana-
dischen Ermittlungen. Bezüglich der Frage, wer als erster die Ermittlungen angesprochen hat, Herr Edathy oder
Herr Hartmann, widersprechen sich die Aussagen.

Widersprüchlich sind auch die Angaben über den Gegenstand und genauen Inhalt der weiteren Kontakte zwi-
schen den Herren Edathy und Hartmann. Während Herr Edathy von Herrn Hartmann regelmäßig detaillierte
Informationen über den Fortschritt der Vorermittlungen erhalten haben will, will Herr Hartmann keine derartigen
Kenntnisse besessen und Herrn Edathy nur mit „allgemein gehaltenen Aussagen, mit Schein- oder Halbwissen,
gelegentlich unter Rückgriff auf [s]eine allgemeine Kenntnis über Verfahrensabläufe“ unterstützt und beraten
haben. Es ist allerdings befremdlich, dass der Abgeordnete Hartmann diesen Kontakt mit Herrn Edathy in den
Sitzungen des Innenausschusses, die sich mit dem Sachverhalt befassten, nicht von sich aus berichtet hatte.

Der Ausschuss hat Akten gesichtet, Zeugen vernommen und auch die von Herrn Edathy vorgelegten SMS in
seine Auswertung einbezogen. Ein eindeutiges Bild ergab die umfassende und ausführliche Beweisaufnahme
nicht. Die Widersprüche in den Aussagen der Zeugen konnte der Ausschuss nicht aufklären.

b) Keine belastbaren Erkenntnisse aus dem SMS-Austausch zwischen Herrn Edathy und
Herrn Hartmann

Einen Teil seiner vor den Durchsuchungen angeblich mit Herrn Hartmann ausgetauschten SMS hat Herr Edathy
dem STERN zum Abdruck überlassen und weitere dem Ausschuss vorgelegt. Nach seiner Aussage sind die SMS
nicht vollständig. Insbesondere hat er SMS, die er über ein zweites, aus Angst vor Abhörmaßnahmen beschafftes

Drucksache 18/6700 – 774 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Handy gesendet und empfangen haben will, nicht vorlegen können. Ob unter den fehlenden SMS möglicher-
weise solche sind, die Herrn Edathys Darstellung widersprechen oder sogar Herrn Hartmanns Aussage bestäti-
gen könnten, lässt sich daher nicht sagen.

Letztlich steht die Echtheit aller dem Ausschuss vorgelegten SMS nicht sicher fest. Herr Hartmann konnte sich
weder an die ihm vorgelegten SMS konkret erinnern, noch hat er ihre Echtheit bestritten. Er hat allerdings be-
stätigt, dass manche vom Sprachduktus her durchaus von ihm stammen könnten.

Als Beweis für eine Warnung des Herrn Edathy durch Herrn Hartmann können die SMS jedoch nicht dienen,
denn sie zeichnen sich sämtlich durch eine große inhaltliche Unschärfe aus. Keine der vorgelegten SMS bezieht
sich eindeutig auf das mögliche Ermittlungsverfahren. Nur beispielhaft sei der im STERN publizierte SMS-
Wechsel vom 21. November 2013 zitiert. Es fragt Herr Edathy: „Lieber Kollege, gibt es bei Dir was Neues?“,
und Herr Hartmann antwortet: „Still ruht der See. Habe auch meinerseits nicht nachgehakt.“ Hier könnte es sehr
wohl um das Ermittlungsverfahren selbst, aber ebenso auch um Hartmanns oder auch Edathys Karriereaussich-
ten in der neuen Wahlperiode gehen wie um zahllose weitere Themen.

c) Von Herrn Edathy benannte Zeugen

Der Ausschuss nahm zur Kenntnis, dass Herrn Edathys Darstellung in Teilen von mehreren Zeugen insofern
unterstützt wurde, als diese übereinstimmend aussagten, Herr Edathy habe ihnen bereits im November 2013 von
einem Informanten bzw. davon berichtet, dass Herr Hartmann ihn darüber informiert habe, dass er auf einer dem
BKA vorliegenden Kundenliste stehe.

Diese Zeugen hat der Ausschuss gehört, weil sie von Herrn Edathy mit dem Hinweis benannt worden waren, sie
könnten seine Darstellungen bestätigen. Vier von ihnen bezeichnete er als Freunde (die Herren Nocht, Schuparis,
Jenssen und Frau Tewes-Heiseke), der fünfte ist sein Rechtsanwalt. Im Wesentlichen berichteten sie allerdings
als Zeugen vom Hörensagen, konnten also eigene Wahrnehmungen nur von Termin und Inhalt der Gespräche
mit Herrn Edathy, nicht aber zur Richtigkeit seiner Darstellung schildern.

Dennoch sind insbesondere die Aussagen der Herren Nocht und Schuparis und des Rechtsanwalts Noll bemer-
kenswert. Diese Zeugen führten übereinstimmend aus, Herr Edathy habe sie nicht nur bereits Ende November
2013 darüber ins Bild gesetzt, dass Herr Hartmann ihn über die Ermittlungen des BKA unterrichtet habe, sondern
auch darüber, dass auch die Herren Oppermann, Steinmeier und Gabriel bereits informiert seien. Die Zeugen
Noll und Nocht berichteten zudem, Herr Edathy habe auch die Informationskette Ziercke-Fritsche-Friedrich er-
wähnt. Diese Zeugenaussagen sind zumindest geeignet, Zweifel an den Angaben des Abgeordneten Hartmann
aufkommen zu lassen.

Zum zentralen Element der Darstellung von Herrn Edathy – seiner Warnung durch Herrn Hartmann, der Infor-
mationen von BKA-Präsident Ziercke erhalten habe – haben die genannten Zeugen auffällig unterschiedlich
ausgesagt. Insgesamt hatten die Zeugen aus Herrn Edathys persönlichem Umfeld nicht den Eindruck, dass Herr
Edathy – über die Tatsache hinaus, dass vielleicht „etwas gegen ihn läuft“ – besonders viele Informationen über
den Stand der (Vor-)Ermittlungen hatte. Nicht einer dieser Zeugen konnte zweifelsfrei bestätigen, dass Herr

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 775 – Drucksache 18/6700
Edathy ihnen, wie von diesem behauptet, erzählt habe, Herr Hartmann habe ihm gegenüber den damaligen BKA-
Präsidenten Ziercke als Primärquelle benannt.

Die beiden ehemaligen Büroleiter des Herrn Edathy, die Zeugen Nocht und Schuparis, berichteten zwar aus
einem gemeinsamen Gespräch mit Herrn Edathy Ende November 2013, dieser habe ihnen gesagt, dass Herr
Hartmann ihn über die im BKA vorliegenden Erkenntnisse informiert habe. Der Zeuge Nocht erinnerte sich
auch, dass der Name Ziercke im Kontext mit Hartmann gefallen sei, es könne aber auch eine Formulierung wie
„das kommt aus dem Umfeld von Ziercke“ gewesen sein. Der Zeuge Schuparis bekundete, der Name Ziercke
sei zwar „irgendwann auch“ gefallen, aber nur insofern als dass „er wissen würde, dass es diese Information halt
im BKA geben würde“. An anderer Stelle meinte er sich jedoch zu erinnern, dass Herr Edathy auch erwähnt
habe, dass Herr Hartmann mit Herrn Ziercke darüber gesprochen habe. An wieder einer anderen Stelle bekundete
der Zeuge Schuparis: „(…) mit den Informationen aus den BKA-Kreisen fiel irgendwann der Name Hartmann
und Ziercke. An das Gespräch genau kann ich mich nicht mehr erinnern.“ Die Zeugen Nocht und Schuparis
waren sich aber einig, dass Herr Edathy nie behauptet habe, Herr Hartmann habe ihn fortlaufend über den Stand
des Verfahrens informiert. Der Zeuge Nocht berichtete vielmehr, Herr Edathy habe erwähnt, dass von Herrn
Hartmann nichts „groß Neues“ gekommen sei. Die Zeugin Tewes-Heiseke sagte aus, Herr Edathy habe ihr ge-
genüber – anders als von ihm im Ausschuss ausdrücklich behauptet – keinerlei Namen genannt, auch nicht den
seines angeblichen Informanten Hartmann, erst Recht nicht den von dessen angeblicher Quelle Ziercke.

Der Zeuge Jenssen konnte sich zwar erinnern, im Dezember 2013 mit Herrn Edathy über Herrn Hartmann ge-
sprochen zu haben. Es sei jedoch nicht darum gegangen, dass dieser ihn mit Informationen versorge. Vielmehr
habe Herr Edathy erwähnt, dass er Herrn Hartmann dankbar sei, weil er sich um ihn kümmere. Der Zeuge sagte,
er habe den deutlichen Eindruck gehabt, dass Herr Edathy Informationen zu seiner Akte nur von seinem Rechts-
anwalt erwartet und erhalten habe. Der Zeuge Jenssen widersprach auch Herrn Edathys Behauptung, Herr Hart-
mann habe ihn gebeten, Herrn Edathy mitzuteilen, dass er erwarte, nie öffentlich von ihm genannt zu werden.

Auffallend ist angesichts der Behauptung von Herrn Edathy, seine „gesundheitliche Befindlichkeit“ und die
Sorge des Herrn Hartmann um ihn habe „überhaupt keine Rolle“ gespielt und sei „nie Thema“ seiner Gespräche
mit Herrn Hartmann gewesen, dass auch diese Zeugen sich alle Sorgen um Herrn Edathys körperlichen und
psychischen Zustand machten, bis hin zu der Befürchtung, dieser könne sich das Leben nehmen.

Ein weiterer Zeuge, auf den der Ausschuss von Herrn Edathy hingewiesen worden war, konnte die zentralen
Darstellungen des Zeugen Edathy ebenfalls nicht stützen. Der Präsident des LKA Rheinland-Pfalz Hertinger
bestätigte im Ausschuss zwar, im Januar 2014 dreimal von Herrn Hartmann angerufen worden zu sein. Er habe
diese Anrufe als bedrängend empfunden, auch wenn Herr Hartmann ihn nur ganz allgemein zu dem in der Presse
breit berichteten Umfangverfahren zu den kanadischen Ermittlungen befragt habe, worauf er letztlich nicht ein-
gegangen sei.

Letztlich sprechen die im Anschluss an die Aussage von Herrn Edathy dem Ausschuss bekannt gewordenen
Anrufe von Herrn Hartmann bei LKA-Präsident Hertinger gegen die Darstellung von Herrn Edathy, BKA-Prä-
sident Ziercke habe Herrn Hartmann über das Verfahren gegen Herrn Edathy informiert, denn diese Anrufe
wären sinnlos gewesen, wenn Herr Hartmann tatsächlich über eine bessere Quelle – wie BKA-Präsident Ziercke

Drucksache 18/6700 – 776 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– verfügt hätte. Die Motivation für diese Anrufe, die zeigen, dass Herr Hartmann sich nicht ausschließlich um
die Gesundheit von Herrn Edathy kümmerte, konnte der Ausschuss jedoch mit letzter Sicherheit nicht aufklären,
da Herr Hartmann von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat.

Sein Strafverteidiger Noll, auf dessen Vernehmung als Zeuge Herr Edathy wiederholt gedrängt hatte, bestätigte
hingegen vor dem Ausschuss die Aussagen seines Mandanten in weiten Teilen. Bemerkenswert ist seine Aus-
sage, Herr Edathy habe bereits Ende 2013 davon Kenntnis gehabt, dass neben ihm selbst auch ein Mitarbeiter
des BKA auf der aus Kanada übergebenen Liste der Operation „Spade“ stand. Ebenso bemerkenswert ist aller-
dings, dass Herr Edathy diesen Umstand weder in seiner Eidesstattlichen Versicherung noch in seinen eigenen
Aussagen vor dem Ausschuss erwähnt hatte.

Als Zeuge vom Hörensagen konnte Rechtsanwalt Noll jedenfalls nur Aussagen über das treffen, was Herr Edathy
ihm berichtet haben soll. Zudem vertrat Rechtsanwalt Noll Herrn Edathy nicht nur im Strafverfahren, sondern
hatte auch an beiden Vernehmungen im Untersuchungsausschuss als sein rechtlicher Beistand teilgenommen
und ihn dort beraten – der Anwalt kannte also Herrn Edathys Aussage im Ausschuss genau und hatte im An-
schluss auch Zugang zu den Wortprotokollen der betreffenden Ausschusssitzungen. Die Mehrheit hatte schon
bei der Entscheidung über die Ladung des Rechtsanwalts als Zeugen deutlich gemacht, dass der Beweiswert
einer solchen Aussage erheblich beeinträchtigt ist. Nicht ohne Grund gilt die Vernehmung eines Rechtsanwalts
als Zeuge in einem Gerichtsverfahren seines Mandanten wegen der Doppelrolle und möglichen Interessenkolli-
sion, in die der Anwalt gerät, der ja vor allem die Interessen seines Mandanten zu vertreten hat, als problema-
tisch.

Besonders bemerkenswert ist auch, dass Rechtsanwalt Noll, der vor dem Ausschuss die Aussage seines Man-
danten, er sei von Herrn Hartmann gewarnt worden, bestätigte, sich in einer für Herrn Edathy bei der Staatsan-
waltschaft Hannover gestellten Strafanzeige (ergänzendes Schreiben vom 28. Februar 2014) ausdrücklich gegen
die „Idee, mein Mandant könne ja gewarnt (Hervorhebung im Original) worden sein und habe dadurch die
Gelegenheit gehabt, belastendes Material zur Seite zu schaffen“ verwahrt hatte.

Der Ausschuss hat allerdings auch zur Kenntnis genommen, dass der Zeuge Jenssen von einem Gespräch be-
richtete, das er am Abend des 15. November 2013 mit Herrn Hartmann über die Vorwürfe gegen Herrn Edathy
geführt haben will. Der Zeuge sagte aus, Herr Hartmann habe ihn auf den Verdacht gegen Herrn Edathy und die
Kenntnis innerhalb der SPD-Spitze angesprochen, noch bevor Herr Hartmann mit Herrn Edathy selbst darüber
gesprochen habe. Herr Hartmann habe ihn irgendwann beiseite genommen, um mit ihm zu zweit zu sprechen
und er habe ihn gefragt, ob ihm bei Herrn Edathy in letzter Zeit Ungewöhnliches aufgefallen sei. Er habe ihm
dann unter Hinweis auf die aktuelle Medienberichterstattung eröffnet, dass er wisse, dass Herr Edathy auf einer
Kundenliste eines kanadischen Unternehmens stehe, das auch mit kinderpornografischem Material gehandelt
habe, dass aber die Einstufung des Materials, dass Herr Edathy bezogen habe, nicht eindeutig sei. Herr Hartmann
habe allerdings die Quelle seiner Information nicht erwähnt. Jedoch habe Herr Hartmann ihm abverlangt, über
das Gespräch Stillschweigen zu bewahren.

Herr Hartmann ließ über seinen Anwalt bestreiten, vor seinem Gespräch mit Herrn Edathy mit Herrn Jenssen
über Herrn Edathy gesprochen zu haben. Es könne allenfalls sein, dass er sich später an diesem Abend mit Herrn

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 777 – Drucksache 18/6700
Jenssen über Herrn Edathy unterhalten habe. Ein solches Gespräch könnte dann allerdings Wissen und Informa-
tionen zum Gegenstand gehabt haben, die er erst aus seinem Gespräch mit Herrn Edathy erlangt hat.

Der Ausschuss konnte die Situation der sich widersprechenden Aussagen nicht auflösen und hat die stenografi-
schen Protokolle der Zeugenaussagen deshalb der Staatsanwaltschaft Berlin zur Prüfung übermittelt, ob sich
einer der Beteiligten wegen uneidlicher Falschaussage vor einem Untersuchungsausschuss strafbar gemacht ha-
ben könnte.

Die Widersprüche zwischen den Aussagen der Zeugen Edathy und Hartmann konnten durch den Ausschuss
nicht aufgeklärt werden, nicht zuletzt auch deshalb, weil Herr Hartmann von seinem Auskunftsverweigerungs-
recht Gebrauch gemacht hat. Es ist höchst bedauerlich, dass der Abgeordnete Hartmann nach den Aussagen der
Zeugen Jenssen, Nocht, Schuparis und Hertinger dem Ausschuss nicht mehr persönlich zur Aufklärung der Wi-
dersprüche zur Verfügung stand. Dadurch fehlen dem Ausschuss Antworten, ohne die eine politisch-parlamen-
tarisch befriedigende Klärung dieses vom Ausschuss zu untersuchenden Sachverhaltsaspekts nicht erreicht wer-
den konnte.

Dennoch respektiert der Ausschuss selbstverständlich das rechtsstaatlich gebotene Recht eines jeden Zeugen,
unter gesetzlich bestimmten Voraussetzungen die Auskunft als Zeuge zu verweigern, insbesondere dann, wenn
bereits staatsanwaltschaftliche Vorermittlungen gegen ihn eingeleitet sind.

d) Keine Bestätigung der angeblich kontinuierlichen Unterrichtung über den Gang der
Akte

Keiner der Zeugen aus Herrn Edathys persönlichem Freundeskreis hat dessen erst gegenüber der Öffentlichkeit
und dann auch unter Wahrheitspflicht im Ausschuss aufgestellte Behauptung bestätigt, Herr Hartmann habe ihn
auf der Grundlage von Informationen durch Präsident Ziercke regelmäßig über den Gang seiner Akte durch die
verschiedenen Staatsanwaltschaften berichtet. Überwiegend herrschte vielmehr der Eindruck, Herrn Edathys
Rechtsanwalt bemühe sich diesbezüglich bei den in Betracht kommenden Staatsanwaltschaften um Erkennt-
nisse.

Herr Edathy jedoch behauptete in der Bundespressekonferenz am 18. Dezember 2014, er sei laufend von Herrn
Hartmann darüber unterrichtet worden, wo seine Akte sich gerade befinde und auch, wie die handelnden Akteure
vorgehen wollten. Teilweise alle paar Tage, mindestens einmal die Woche habe er einen Hinweis bekommen.
Auch im Ausschuss erklärte Herr Edathy zunächst, er habe „mindestens einmal in der Woche“ diesbezüglich
Kontakt mit Herrn Hartmann gehabt, der ihn über den aktuellen Stand der Dinge unterrichtet habe. Da die Akte
aber bereits seit dem 5. November 2013 bei der Staatsanwaltschaft Hannover lag, hätte dies bedeutet, dass Herr
Hartmann seit dem SPD-Parteitag am 15. November 2013 Herrn Edathy wöchentlich immer das Gleiche berich-
tet hätte. Auf diese unplausible vermeintliche „Liveberichterstattung“ angesprochen, änderte Herr Edathy seine
Aussage im Ausschuss notgedrungen und formulierte nunmehr, doch nur „sporadisch“ von Hartmann informiert
worden zu sein.

Dem Ausschuss lagen keine Belege für irgendeine Form der fortlaufenden Unterrichtung vor. Zwar mag Herrn
Hartmanns angebliche Quelle BKA-Präsident Ziercke zum Zeitpunkt seiner angeblichen Unterrichtung des

Drucksache 18/6700 – 778 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Herrn Hartmann noch nicht gewusst haben, dass die Akte bereits bei der Staatsanwaltschaft Hannover lag. Je-
doch war ihm aus Unterrichtungen seiner Mitarbeiter bekannt, dass die Akte nach der Abgabe durch das BKA
innerhalb kürzester Zeit die Staatsanwaltschaft Hannover erreichen würde. Auch dass Herr Hartmann Herrn
Edathy nach dessen Aussage erst im Dezember 2013 oder Januar 2014 darüber informiert haben soll, dass die
Akte von der Generalstaatsanwaltschaft Celle zur Staatsanwaltschaft Hannover gegangen sei, zeigt, dass hier
keine aktuelle Informationsweitergabe zum Zweck der Weitergabe an Herrn Edathy vorgelegen haben kann.

Herrn Edathys Aussage, Herr Ziercke habe Herrn Hartmann Informationen über das Verfahren gegen Herrn
Edathy gegeben, damit dieser Herrn Edathy warnen könne, erscheint gerade mit Blick auf die genannte Quelle
abwegig. Denn der BKA-Präsident, der nach eigenen Angaben aufgrund seiner Erfahrungen mit Herrn Edathy
im NSU-Untersuchungsausschuss ein denkbar schlechtes Verhältnis zu diesem hatte, hätte damit das Risiko
eines wiederholten Rechtsbruchs auf sich genommen, seinen guten Ruf und seine Beamtenpension riskiert sowie
die Arbeit seiner eigenen Behörde torpediert.

Bemerkenswert ist zudem, dass Herr Edathy am 20. November 2013, also mehrere Wochen bevor Herr Hart-
mann ihn angeblich über Präsident Ziercke als Quelle informiert haben soll, nach Presseberichten den Namen
„Ziercke“ bereits als Suchwort im Internet verwendet hat (FAZ vom 21. Januar 2015 „Tief im Netz“).

3. Informationsbeschaffung durch den eigenen Anwalt

Herr Edathy hat viele Informationen über die ihm drohenden Ermittlungen von seinem Anwalt und späteren
Strafverteidiger erhalten. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass er daraus alle wesentlichen Schlussfolgerungen
zu seinem Verfahren ziehen konnte und gezogen hat.

Der Ausschuss hat jedenfalls festgestellt, dass der von Herrn Edathy im November 2013 beauftragte, auf Straf-
und Medienrecht spezialisierte Rechtsanwalt Noll intensiv und hartnäckig den Kontakt zu den für ein Verfahren
gegen Herrn Edathy in Betracht kommenden Staatsanwaltschaften gesucht und schnell auch die Staatsanwalt-
schaft Hannover als zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft identifiziert hat.

Dabei hat der Rechtsanwalt nach eigenen Angaben u. a. auch bei den Staatsanwaltschaften in Berlin und Verden
angefragt. Dies wäre nicht nötig gewesen, wenn er durch seinen Mandanten über die – im BKA von vornherein
vorhandene – Information verfügt hätte, dass die Akte über die Generalstaatsanwaltschaft Celle an die Staatsan-
waltschaft Hannover gesteuert werden sollte.

Der in Hannover zuständige Staatsanwalt hat sich wiederholt Gesprächen mit dem Anwalt nicht verschlossen.
Es ist naheliegend, dass ein kundiger Rechtsanwalt aus diesen Kontakten und auch der konkreten Gesprächssi-
tuation zumindest ableiten konnte, dass bei der Staatsanwaltschaft Hannover Vorermittlungen gegen seinen
Mandanten stattfanden, zumal der Anwalt nach eigenen Angaben bereits aus einem Antwortschreiben der Ge-
neralstaatsanwaltschaft Celle vom 9. Dezember 2013 geschlossen haben will, dass der Vorgang bei der Staats-
anwaltschaft Hannover liegt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 779 – Drucksache 18/6700
Auch auf den Umstand, dass die Generalstaatsanwaltschaft Celle überhaupt eingebunden war, musste Rechts-
anwalt Noll nicht durch einen möglichen Informanten hingewiesen werden. Ausweislich seines Schreibens an
die Generalstaatsanwaltschaft vom 3. Dezember 2013 ging er ohnehin davon aus, dass die Generalstaatsanwalt-
schaft informiert worden sein muss, weil es sich um ein Verfahren gegen ein Mitglied des Bundestags handelte.

4. Weitere mögliche Quellen: Zahllose „Eingeweihte“ in Niedersachsen und andernorts

Auf der Grundlage der dem Ausschuss vorliegenden Erkenntnisse scheint es auch denkbar, dass Herr Edathy
zwar tatsächlich mit Insiderinformationen gewarnt wurde, jedoch aus anderen Quellen als von ihm benannt.
Auch anonyme Hinweise auf die Ermittlungen wären vorstellbar.

Der Ausschuss hat nicht abschließend klären können, wie viele und welche Personen vor den Durchsuchungen
über den Verdacht gegen den Abgeordneten Edathy informiert waren. Entsprechend hat der Ausschuss auch
nicht ausschließen können, dass Herr Edathy aus diesem Kreis über die Ermittlungen informiert wurde.

Allein im Rahmen des Einzelverfahrens gegen Herrn Edathy waren vor der Durchführung der Durchsuchungs-
maßnahmen bei diesem nach letzter Auskunft des Landes Niedersachsen 138 Personen dienstlich über den Fall
unterrichtet oder hätten in ihrer dienstlichen Funktion davon Kenntnis nehmen können. Nur zehn dieser Personen
hat der Ausschuss als Zeugen vernommen. Keiner davon hat eingeräumt, mit Herrn Edathy oder Dritten vor den
Durchsuchungen über den Fall gesprochen zu haben, obwohl einige der dienstlich mit dem Fall befassten Zeugen
Herrn Edathy persönlich kannten. Dem Leiter der Polizeiinspektion Nienburg ist Herr Edathy noch am 8. Januar
2014 auf dem Empfang einer Lokalzeitung begegnet. Dabei hatte sich Herr Edathy nach eigenem Bekunden
sogar darum bemüht zu erkennen, ob dieser „etwas wusste“.

Auch in anderen Bundesländern waren eine nicht unerhebliche Anzahl von Personen in Staatsanwaltschaften
und Polizeibehörden über den Fall informiert.

5. Kurzfristige Warnung vor der Durchsuchung?

Unabhängig von der Frage, durch wen Herr Edathy erfahren haben könnte, dass Vorermittlungen gegen ihn
geführt wurden, hat der Ausschuss den Eindruck gewonnen, dass eine kurzfristige Warnung Edathys vor bevor-
stehenden Durchsuchungsmaßnahmen zweifelsfrei erfolgt ist.

Hierfür spricht schon der Zeitpunkt seines Mandatsverzichts. Insbesondere aber die Auffindesituation seiner
Wohnung in Rehburg, die von mehreren bei der Durchsuchung anwesenden Zeugen plastisch beschrieben
wurde, deutet auf eine unmittelbar vorangegangene Warnung hin: Die Zeugen sprachen vom Eindruck einer
„überhasteten Flucht“ und vermuteten, dass Datenträger beiseite geschafft worden sein könnten.

Herr Edathy behauptete dagegen, Ende Januar von Herrn Hartmann erfahren zu haben, dass die Staatsanwalt-
schaft Hannover seine Immunität aufheben lassen und bei ihm durchsuchen wolle. Dies habe er seinem Anwalt
am 29. oder 30. Januar mitgeteilt. Dieser bestätigte, dass er am 29., mit Sicherheit aber spätestens am 30. Januar
2014 eine SMS von Herrn Edathy erhalten habe, in der dieser sinngemäß geschrieben habe, „H“ habe von „Z“

Drucksache 18/6700 – 780 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gehört, dass es jetzt ernst werde. Dabei sollte „H“ für Hartmann und „Z“ für Ziercke stehen. Diese angebliche
SMS wurde dem Ausschuss allerdings – im Unterschied zu anderen – nicht vorgelegt.

Der Ausschuss hat keine Hinweise dafür, dass BKA-Präsident Ziercke bereits am 29. oder 30. Januar 2014 ge-
wusst haben könnte, dass die Staatsanwaltschaft Hannover nunmehr durchsuchen wolle. Die diesbezügliche Be-
sprechung der beteiligten niedersächsischen Staatsanwälte hat zwar am 28. Januar 2014 in Celle stattgefunden.
Doch der früheste Beleg einer möglichen Kenntnis von eventuell bevorstehenden Maßnahmen im BKA ist ein
Vermerk über ein am 31. Januar 2014 zwischen dem Staatsanwalt in Hannover und einer Sachbearbeiterin im
BKA geführtes Telefonat, in dem der Staatsanwalt gesagt haben soll, dass „weitere Maßnahmen in nächster Zeit
wahrscheinlich“ seien. Weitere Kommunikationswege zwischen den niedersächsischen Behörden und dem BKA
waren nicht feststellbar. Von den Durchsuchungen selbst hat das BKA laut einer Führungsinformation erst aus
der Presse erfahren. BKA-Präsident Ziercke hat zudem ausgesagt, dass ihn selbst der – recht allgemeine – Hin-
weis vom 31. Januar 2014 auf „weitere Maßnahmen“ nicht erreicht habe.

Möglich erscheint daher auch, dass Herr Edathy nicht von Herrn Hartmann, sondern unmittelbar aus dem weiten
Kreis derjenigen Personen, die in Niedersachsen über die bevorstehenden Durchsuchungen unterrichtet waren,
gewarnt wurde. Doch auch hierfür gibt es keinen Beleg.

Schließlich kann der Ausschuss nicht ausschließen, dass Herr Edathy allein aufgrund zunehmender Nervosität
und Sorge vor dem öffentlichen Bekanntwerden seiner Bestellungen bei AZOV und möglicherweise sonstiger
strafrechtlich relevanter Handlungen sein Mandat niedergelegt und seine Wohnung Richtung Dänemark verlas-
sen hat. Dafür, dass es sich eher um einen inneren Prozess als um eine von außen kommende Warnung zu einem
präzisen Zeitpunkt handelte, spricht z. B., dass er bereits am 4. Januar 2014 sein iPad auf Werkeinstellungen
zurückgesetzt und sich schon länger mit einer Krankschreibung vom 20. Dezember 2013, die aber erst am 8.
Januar 2014 bei der Fraktion einging, krank gemeldet hatte.

Zumindest seinem Anwalt, der ja wiederholt in Kontakt mit dem sachbearbeitenden Staatsanwalt stand, dürfte
längst bekannt gewesen sein, dass im Fall des Verdachts des Besitzes von Kinder- oder Jugendpornografie die
einzige erfolgsversprechende Ermittlungsmaßnahme eine zeitnahe Durchsuchung beim Verdächtigen ist.
C. Behandlung des Falls des Beamten „X“

Die gesonderte und beschleunigte Bearbeitung des Falles des Beamten „X“ außerhalb und vor der Gesamtbear-
beitung der „Operation Selm“ im Referat SO12 des BKA war sachgerecht und geboten. Als der sachbearbeiten-
den Beamtin am 10. Januar 2012 bei der ersten Sichtung der Liste deutscher Kunden aus dem „Spade“-Verfahren
der kanadischen Polizei auffiel, dass es sich bei einer der genannten Personen um den BKA-Beamten „X“ han-
deln könne, wurde dies zügig und diskret geprüft. So wurde eine Beeinträchtigung der Ermittlungen ebenso
vermieden wie eine Warnung des „X“. Der Fall „X“ wurde dann am 30. Januar 2012 an die örtlich zuständige
Staatsanwaltschaft abgegeben. Die zuständige Staatsanwaltschaft veranlasste am 13. April 2012 eine Durchsu-
chung in der Wohnung des Beamten „X“, sie war auch für die aus Sicht des Ausschusses nicht unproblematische

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 781 – Drucksache 18/6700
Entscheidung zuständig, die Diensträume und dienstlich genutzten Geräte des „X“ nicht in die Durchsuchungs-
maßnahmen einzubinden. Über den weiteren Gang des Verfahrens wurde das BKA als Behörde des Dienstvor-
gesetzten des Beamten „X“ von der zuständigen Staatsanwaltschaft jeweils zeitnah informiert, bis hin zur am 7.
Januar 2013 an den Präsidenten des BKA erfolgten Mitteilung der Rechtskraft des Strafbefehls.

Der Zuständigkeitswechsel innerhalb des BKA nach Abgabe eines solchen Verfahrens an die zuständige Staats-
anwaltschaft ist sinnvoll und hat sich bewährt. Die Ermittlungen der zuständigen Staatsanwaltschaft wurden
durch das für Geheimschutz und Verwaltungsermittlungen im BKA zuständige Referat konsequent unterstützt,
angeforderte Informationen, wie etwa die Protokolldaten des Dienstlaufwerks des „X“ oder Reisedaten, wurden
zeitnah erhoben und übermittelt. Den dienstlichen Rechner des Beamten, wie vom BKA angeboten, vollständig
für das Strafverfahren zu sichern, erschien der zuständigen Staatsanwaltschaft nicht erforderlich. Das BKA er-
hielt von der zuständigen Staatsanwaltschaft keine Information über bei der Durchsuchung gewonnene Hinweise
auf eine Nutzung dienstlicher Geräte für die dem „X“ zur Last gelegten Straftaten. Der Umfang der bei der
Durchsuchung bei „X“ sichergestellten Beweismittel legt den Schluss nahe, dass das Bemühen des BKA erfolg-
reich war, eine Warnung des „X“ zu vermeiden. Vom Verfahrenszusammenhang „X“/Selm/Edathy hatten die
hier zuständigen Beamtinnen und Beamten der Arbeitsebene im BKA keine Kenntnis.

Richtig war, jeden einzelnen Fall von Dateiabfragen durch BKA-Angehörige nach dem Fall „X“ auf seine dienst-
liche Veranlassung hin zu prüfen. Ein halbes Jahr nach der Durchsuchung bei „X“ erhielt das für Geheimschutz
und Verwaltungsermittlungen im BKA zuständige Referat Kenntnis von einer hohen Zahl von INPOL-Abfragen
nach „X“ durch Amtsangehörige und gab diese Information an die zuständigen Stellen im BKA weiter. Alle, die
ohne dienstliche Veranlassung in einer dienstlichen Datei zu „X“ recherchiert hatten, wurden ermahnt. Ange-
sichts der Umstände dieses Falles ist es aus Sicht des Ausschusses letztlich nachvollziehbar, sich in einer Poli-
zeibehörde dazu wie hier geschehen auf die mildestmögliche dienstaufsichtsrechtliche Reaktion zu beschränken.
Das BKA hat aus dem Vorgang den richtigen Schluss gezogen, durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten
vermehrt auf unberechtigte Datenabfragen achten zu lassen, und zu prüfen, wie diese durch organisatorische
Maßnahmen erschwert werden können.

Als nach der Durchsuchung bei „X“ eine Gefährdung des Ermittlungsverfahrens nicht mehr zu befürchten war,
hat das BKA unverzüglich die angemessenen Maßnahmen ergriffen, zu denen es als dienstvorgesetzte Behörde
in einem solchen Fall verpflichtet ist. Vorbereitet durch das zuständige Beamtenrechtsreferat des BKA wurde
dem „X“ nach § 66 Bundesbeamtengesetz am 25. April 2012 die Führung der Dienstgeschäfte untersagt, zudem
musste er seinen Dienstausweis und seine Dienstwaffe herausgeben. Der Ausschuss beanstandet das nicht, ob-
wohl auch eine vorläufige Dienstenthebung zu rechtfertigen gewesen wäre. Das am gleichen Tag nach Vorbe-
reitung durch das Justiziariat des BKA eingeleitete Disziplinarverfahren gegen den „X“ wurde wegen des sach-
gleichen Strafverfahrens nach § 22 Bundesdisziplinargesetz zunächst ausgesetzt. Das Justiziariat des BKA sorgte
in der Folge dafür, das Disziplinarverfahren zügig nach Abschluss des Strafverfahrens wieder aufnehmen zu
können. Akten wurden zur Einsicht persönlich abgeholt und so Vertraulichkeit gewahrt. Eine Konzentration zur
noch leichteren Wahrung der Vertraulichkeit und eine Beschleunigung solcher Verfahren wäre zu erreichen,
wenn sie im BKA künftig in die ausschließliche Zuständigkeit des Justiziariats fielen und somit aus einer Hand
bearbeitet würden.

Drucksache 18/6700 – 782 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Disziplinarmaßnahme im Fall „X“ war nach Überzeugung des Ausschusses in der Sache angemessen und
wurde ohne sachwidrige Erwägungen oder politische Einflussnahmen getroffen. Das bis zum Abschluss des
Strafverfahrens zunächst ausgesetzte Disziplinarverfahren wurde förmlich ab 14. Februar 2013 fortgesetzt und
der Betroffene am 27. Februar 2013 zur Maßnahme der vorläufigen Dienstenthebung mit Bezügekürzung ange-
hört. Als das BKA dem BMI am 27. Juni 2013 als vorläufiges Ergebnis der disziplinarrechtlichen Prüfung die
Absicht mitteilte, den „X“ vorläufig des Dienstes zu entheben und 30 % seiner Dienstbezüge einzubehalten,
hatte dieser eine längerfristige privatärztliche Krankschreibung bereits vorgelegt. Das BKA veranlasste darauf-
hin eine amtsärztliche Untersuchung, bei der dem „X“ am 13. August 2013 Dienstunfähigkeit attestiert wurde.
Der Präsident des BKA entschied daraufhin zutreffend, eine Disziplinarklage zurückzustellen bis über eine Ru-
hestandsversetzung des „X“ entschieden sei. Die am 1. Oktober 2013 vom BKA vorgeschlagene Versetzung des
„X“ in den Ruhestand erfolgte durch den Bundesminister des Innern am 20. November 2013. Die im Einverneh-
men mit dem BMI erlassene Disziplinarverfügung des BKA vom 11. Dezember 2013 ordnete eine Kürzung der
Ruhestandsbezüge des „X“ nach § 11 Bundesdisziplinargesetz um ein Zehntel für drei Jahre an. Unter den im
Bundesdisziplinargesetz für Ruhestandsbeamte vorgesehenen war dies in der Gesamtschau der Wirkungen die
angemessene Maßnahme gegenüber dem „X“ – weder erfolgte eine sachwidrige Rücksichtnahme auf das öffent-
liche Ansehen des BKA noch wurde dieser Fall anders beurteilt als vergleichbare Fälle in anderen Laufbahn-
gruppen. Allerdings machten die Befragungen im Ausschuss Mängel der im Justiziariat des BKA vorbereiteten
Disziplinarverfügung deutlich, wobei insbesondere die Frage der Sachverhaltsidentität von Straf- und Diszipli-
narverfahren nicht korrekt bearbeitet war.

Das BMI als die Dienst- und Fachaufsicht führende Behörde wurde vom BKA über alle Verfahrensschritte an-
gemessen unterrichtet. Die Erstunterrichtung über den Fall „X“ erfolgte nach Aussage des früheren BKA-Präsi-
denten Ziercke noch im Januar 2012 telefonisch an Staatssekretär Fritsche – was dieser nicht ausschließt, ohne
sich aber daran erinnern zu können. Als nach der Durchsuchung bei „X“ eine Gefährdung des Strafverfahrens
nicht mehr zu befürchten war, berichtete das BKA ab 20. April 2012 auch der fachlich zuständigen Abteilung
im BMI. Das BMI hat auf das Verfahren zu keinem Zeitpunkt aus sachwidrigen Erwägungen Einfluss genom-
men.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 783 – Drucksache 18/6700
Vierter Teil - Sondervoten

Sondervotum der Berichterstatter der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
Abgeordneter Frank Tempel und Abgeordnete Irene Mihalic, im 2. Untersuchungsausschuss

Übersicht

1. Der Edathy-BKA-Untersuchungsausschuss war notwendig

2. Verfahrens-und Feststellungsteil des Ausschussberichtes im Konsens,

Bewertungsteil der Koalitionsmehrheit unzureichend

3. Strategie von Bundesregierung und Koalition gescheitert

4. SPD: Obstruktion und Blockade statt Aufklärung

5. Edathy wurde informiert

a) 15. November 2013

b) Folgezeit

c) Hartmann als Quelle Edathys - Ziercke als Quelle Hartmanns?

aa) Kontakte

bb) Mangelnde Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit

6. Keine Frage, keine Antwort: Anruf Oppermann-Ziercke

7. Grundrechtsverletzung durch Datenübermittlung

a) Rechtswidrige Datenübermittlung

aa) BKA als Zentralstelle

bb) BKA als Polizeibehörde

b) Aufsichtsrecht und Berichtserlass keine Rechtfertigung

c) Reformbedarf

8. BKA hielt rechtswidrig ermittlungsrelevantes Wissen gegenüber der Staatsanwaltschaft zurück

a) Keine Unterrichtung über Kenntnis der SPD-Spitze

b) Unzureichende Unterrichtung über Verteilung Erkenntnisanfrage

c) Unzureichende Unterrichtung über geplante Presseaktivität

d) Keine Unterrichtung über weitere Niedersachsen-Fälle

9. Mängel bei der Bearbeitung der OP Selm im BKA

a) Unklarheit über die Aufgabengrundlagen des BKA

Drucksache 18/6700 – 784 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

b) Einzelpunkte

10. Erinnerungsschwacher Geheimdienstkoordinator oder: Einer sagt die Unwahrheit

11. Geheimnisverrat eines Bundesinnenministers

12. Niedersachsen

a) Staatsanwaltschaft Hannover wurde „künstlich dumm gehalten“

b) Landesregierung und Polizei: Keine Erkenntnisse

13. Beamter X: Weicher Fall und schlampiges Verfahren

a) Zuständigkeit, Datenweitergabe, fehlende Durchsuchung

b) Mängel im Disziplinarverfahren

14. Zum Verfahren des Untersuchungsausschusses

15. Anhang

A. Prof. Dr. Ralf Poscher, Stellungnahme auf Grundlage des Beweisbeschlusses 18(27)16, September 2014
(Ausschuss-Drucksache 39)

B. Prof. Dr. Ralf Poscher, Gutachten zu Datenübermittlungspflichten des Bundeskriminalamtes und des Bun-
desministers des Innern im Zusammenhang mit dem Vorgang betreffend den Abgeordneten Edathy, im
Auftrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Juli 2015 (MAT B – B 90/Die Grünen 18(27)-1)

C. Bericht der Staatsanwaltschaft Berlin vom 16. Juni 2014 zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens be-
treffend BM a.D. Dr. Friedrich

D. Kontakte BKA zur Generalstaatsanwaltschaft Ffm-ZIT und zur Staatsanwaltschaft Hannover vom
15. Oktober 2013 bis 31.Januar 2014 (Auszug aus BKA-Chronologie MAT A BKA 18(27) 1-3 Bd.201
Bl.130 ff)

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 785 – Drucksache 18/6700

1. Der Edathy-BKA-Untersuchungsausschuss war notwendig

Die Arbeit des 2. Untersuchungsausschusses (Edathy-BKA) der 18. Wahlperiode hat gezeigt: Die mit den
Stimmen der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen dank ihres Minderheitenrechts beschlossene
Einsetzung des Untersuchungsausschusses war notwendig.

Einsetzung und Arbeit des Ausschusses haben das mit diesem Instrument und unter den Bedingungen eines von
Koalitionsdiplomatie begrenzten Aufklärungswillens der Mehrheit Leistbare zur Aufklärung eines poltischen
Informationsskandals und damit zur Stärkung des durch diesen Skandal beschädigten Ansehens des Parlaments
beigetragen.

Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses war unumgänglich geworden, weil durch die zum Teil frag-
würdigen Auftritte wichtiger Beteiligter aus den Reihen der SPD, der Bundesregierung und der BKA-Spitze
in mehreren Sitzungen des Innenausschusses anstelle von Erkenntnissen lediglich immer neue Fragen aufge-
worfen wurden. Eine Möglichkeit zu deren gründlicher Beantwortung war schließlich aufgrund der Blockade-
haltung der Mehrheit nur noch im Rahmen eines Untersuchungsausschusses möglich.

2. Verfahrens-und Feststellungsteil des Ausschussberichtes im Konsens, Bewertungsteil der Ko-
alitionsmehrheit unzureichend

Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen tragen nur den Verfahrens-und Feststellungsteil des Aus-
schussberichts in Gänze mit, weil er nach notwendigen Ergänzungen das umfangreiche Ergebnisse der Beweis-
aufnahme überwiegend vollständig so wiedergibt, dass der Kontrast zu einseitig und selektiv auf den Schutz
von Regierung und Koalition ausgerichteten und durch Weglassen konsentierten Bewertungen der Koalitions-
mehrheit offensichtlich wird. Die CDU/CSU- Fraktion, die bei dem Edathy-Hartmann-Oppermann-Komplex
mit sehr kritischen Fragen auf Aufklärungsmodus geschaltet hatte, hätte dazu ehrlicherweise und der Sache
angemessen ein Sondervotum abgeben müssen. Im gemeinsamen Votum mit der SPD bleibt die CDU/CSU nun
sehr deutlich hinter den eigenen öffentlichen Bewertungen der letzten Monate zurück. Im Übrigen können - ganz
unabhängig von Bewertungen - die Strafverfolgungsbehörden im Bedarfsfall ohnehin auf sämtliche Ausschuss-
unterlagen zugreifen.

Die Koalition hat den im Berichtsentwurf des Sekretariats noch vollständig enthaltenen Abschlussvermerk der
Staatsanwaltschaft zum (eingestellten) Geheimnisverrats-Ermittlungs-verfahren gegen Bundesminister a.D. Dr.
Friedrich aus rein politischen Gründen so stark gekürzt, dass es notwendig ist, den Text in dieses Sondervotum
aufzunehmen – und als Pflichtlektüre für Bundesminister zu empfehlen (siehe Ziffer 11 mit Anhang C).

Drucksache 18/6700 – 786 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

3. Strategie von Bundesregierung und Koalition gescheitert

Bundesregierung und Koalition sind mit ihrer Abwehrstrategie gegenüber der Aufarbeitung des Informations-
skandals gescheitert:

 Erstens damit, den Ausschuss wegen angeblich fehlenden Aufklärungsbedarfs als überflüssig zu dekla-
rieren – die Bewertung der Mehrheit versucht noch immer diese Linie kontrafaktisch fortzusetzen. Die
gemeinsamen Feststellungen des Untersuchungsausschusses belegen das Gegenteil.

 Zweitens mit dem Versuch, die illegalen und rechtstaatliche Verfahren gefährdenden Informationsvor-
gänge im Fall Edathy zwischen Bundeskriminalamt (BKA), Bundesinnenministerium (BMI) und der
SPD-Spitze durch die überfällige Schließung einer Lücke im Sexualstrafrecht zu bewältigen und ver-
gessen zu machen.

 Drittens mit der durchsichtigen Taktik, dem Zeugen Edathy aus Angst vor dessen Aussage Schweigen
nahezulegen, obwohl Edathy spätestens im März 2014 öffentlich seine Bereitschaft erklärt hatte, vor
einem Untersuchungsausschuss als Zeuge zur Verfügung zu stehen.

 Viertens mit dem Versuch, die Aussagen des Zeugen Edathy als Lügen darzustellen.
Nunmehr kommt auch die Koalition in ihrer Bewertung nicht umhin einzuräumen, die Beweisaufnahme habe an
vielen Stellen die Vermutung genährt, dass Hartmann BKA-Insiderwissen an Edathy weitergegeben haben
könnte. Weiter bezeichnet die Koalition als befremdlich, dass Hartmann seine Edathy-Kontakte in den vier
Sitzungen des Innenausschuss vom Frühjahr 2014 zu der Affäre verschwieg. Glaubhaftigkeit der zentralen
Aussagen der Zeugen Jenssen, Schuparis und Nocht, die den Abgeordneten Hartmann belasten, und die Glaub-
würdigkeit dieser Zeugen werden nicht in Frage gestellt.

4. SPD: Obstruktion und Blockade statt Aufklärung

Der Abgeordnete Dr. Friedrich ist wegen seines als Bundesinnenminister begangenen Geheimnisverrats an die
SPD-Spitze von seinem Ministeramt zurückgetreten und einem Ermittlungsverfahren unterzogen worden. Das
ehemalige Mitglied der SPD-Fraktion, Edathy, hat auf sein Mandat (aus welcher Motivation auch immer) ver-
zichtet und ist strafrechtlich wegen Herunterladens kinderpornografischer Bild-und Videodateien über seinen
Bundestags-Laptop aus dem Internet zur Verantwortung gezogen worden und hat gleichwohl umfassend als
Zeuge ausgesagt. Auf Seiten der SPD fehlt es dagegen sowohl am Willen zu umfassender Aufklärung als auch
an politischen Konsequenzen. Belege für mangelnden Aufklärungswillen sind z.B. die anfänglich aufgeregt-
ablehnende Haltung zur (später unvermeidlich gewordenen) Vernehmung der ehemaligen Edathy-Mitarbeiter
als Zeugen, die Ablehnung sofortiger Gegenüberstellung der Zeugen Edathy und Hartmann sowie der Streit um
die (später „freiwillig“) erfolgte Herausgabe der SPD-Kommunikation mit und über Edathy. An dieser Stelle
müssen auch das Verhalten einer scheinbar befangenen Ausschussvorsitzenden hervorgehoben werden, die sich
mehr als einmal im Loyalitätskonflikt zwischen Aufklärung und Rücksichtnahme auf die eigene Partei befand
sowie die drastischen Erinnerungslücken des Zeugen Kahrs, der durch demonstrative Unlust zur Aussage und in
einzigartiger Weise die Arbeit des Ausschusses herabwürdigte.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 787 – Drucksache 18/6700
Die Bekundung des Zeugen Oppermann, einen Anruf bei dem BKA-Präsidenten, wie den, der Gegenstand der
Untersuchung war und bei dem Oppermann zum Edathy-Fall in der Sache nichts gefragt und Ziercke in der
Sache nichts geantwortet haben wollen, würde er nicht noch mal machen, ist bislang die einzige Konsequenz
aus dem Informationsskandal und alleine politisch völlig unzureichend.

Das gilt auch für die zwar deutliche, aber angesichts der umfassenden Auskunftsverweigerung des Zeugen Mi-
chael Hartmann wohlfeile Aussage-Aufforderung des SPD-Vorsitzenden Gabriel an Hartmann

„Natürlich würde ich mir wünschen, dass Michael Hartmann sich überlegt doch eine klare Aussage zu
treffen, denn die Aussageverweigerung mag ein Recht jedes Privatmanns sein, wenn es ein Politiker
macht ist es der Anlass für alle möglichen Verschwörungstheorien und natürlich schadet das der SPD.
Mir wäre eine klare Aussage viel lieber.” Weiter heißt es: „Ehrlich gesagt möchte ich lieber alles dafür
tun, dass er eine Aussage macht als jetzt darüber zu spekulieren was danach kommt. Weil noch mal: der
Fall selber muss aufgeklärt werden. Wenn Fehler gemacht worden sind, dann müssen sie auf den Tisch
und wenn nicht dann ist die Aussage ja auch kein Problem. Deswegen glaube ich, dass es richtig wäre
sich sozusagen zu dem zu bekennen was man gemacht hat, das ist die Aufgabe von Politikerinnen und
Politikern und dem kann man sich nicht entziehen. Finde ich jedenfalls.“(ARD-Bericht aus Berlin,
8.2.2015).

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Oppermann hat sich in vergleichbarer Deutlichkeit nicht geäußert (mit der Be-
gründung, Zeuge im Untersuchungsausschuss zu sein, was Gabriel allerdings auch war).

Der Untersuchungsausschuss ist unbeschadet der sinngemäßen Anwendung der Strafprozessordnung auf die
Beweiserhebung kein Gericht, das Aussageverhalten von Zeugen unterliegt deshalb auch der politischen Be-
wertung. Hartmanns vermutlich nicht nur durch die Aussagen von Belastungszeugen verursachtes Schweigen
führte zu keinerlei Konsequenzen (abgesehen davon, dass sich Hartmann entsprechend dem Ratschlag verhält,
den er Edathy gegeben haben soll: Mach eine Kur, dann besteht eine guter Grund, sich öffentlich nicht äußern
zu müssen). Es soll endlich Gras wachsen über dem Skandal. Der Abgeordnete Hartmann, der im Sommer 2014
wegen einer anderen Affäre sein Amt als innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion aufgeben musste und in
den Europaausschuss umgesetzt wurde, ist weiterhin Mitglied der SPD-Fraktion. Eine seinen Status als Abge-
ordneter und sein Recht auf Zeugnis-und Auskunftsverweigerung unberührt lassende Aufforderung an den Ab-
geordneten Hartmann, reinen Tisch zu machen oder die Fraktion verlassen zu müssen, gibt es nicht. Stattdessen
finanziert die SPD-Fraktion Hartmanns Verteidigung, soweit nicht der Bundestag Zeugenbeistandsgebühren er-
stattet. Der Ausschuss bzw. die Oppositionsfraktionen sehen es nicht als ihre Aufgabe an, der SPD-Fraktion
Verhaltensregeln zu empfehlen. Ihr Verhalten nährt aber nach wie vor die Vermutung, dass der Abgeordnete
Hartmann in der Edathy-Affäre Wissen hat, das der SPD und dort insbesondere dem Fraktionsvorsitzenden Op-
permann schaden könnte.

Drucksache 18/6700 – 788 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

5. Edathy wurde informiert

a) 15. November 2013

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gibt es keinen plausiblen Zweifel an der Informierung des Abgeord-
neten Edathy durch den Abgeordneten Hartmann:

Der Abgeordnete Edathy hat am Abend des 15. November 2013 auf dem Leipziger SPD-Parteitag mit dem
Abgeordneten Hartmann gesprochen (Hartmann bestätigt das) und von ihm Informationen erhalten (Hartmann
bestreitet das), die für den Abgeordneten Edathy aus keiner allgemein zugänglichen Quelle recherchierbar oder
erschließbar waren, nämlich im Wesentlichen, dass er in concreto auf einer beim BKA befindlichen Kundenliste
steht und dieser Umstand bei Personen im politische Raum bekannt ist, darunter Steinmeier und Oppermann.

Das ergibt sich aus der Aussage des Zeugen Edathy, die von insbesondere dem Zeugen Jenssen aus eigener
Wahrnehmung und von den Zeugen Nocht und Schuparis aus einer am 25. November 2013 von Edathy erhal-
tenen Unterrichtung bestätigt wird. Der Zeuge Jenssen hat ausgesagt, am gleichen Abend von dem Abgeord-
neten Hartmann darüber ins Bild gesetzt worden zu sein, dass Edathy auf der Kundenliste eines kanadischen
Kinderpornografie-Händlers stehe und die SPD-Fraktionsspitze (namentlich Steinmeier und Oppermann) davon
wisse. Jenssen hat dann beobachtet, dass wenig später die Abgeordneten Hartmann und Edathy miteinander
sprachen, und hat wiederum wenig später von dem Abgeordneten Hartmann, wenn auch nicht im Einzelnen,
erfahren, dass der „darüber“ mit Edathy gesprochen habe.

Die Zeugen Nocht und Schuparis haben ausgesagt, dass Edathy sich ihnen am 25.November 2013 anvertraut
und berichtet hat, was er am 15. November 2013 vom Abgeordneten Hartmann erfahren habe.

Die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen Nocht, Schuparis und Jenssen steht - auch offenbar bei der Mehr-
heit - nicht in Zweifel. Daran ändert weder das wenig glaubhaften Bestreiten des Informationsinhalts durch den
Abgeordneten Hartmann etwas noch der Umstand, dass die Aussagen der Zeugen Jenssen, Nocht und Schuparis
zwar im Kern, aber nicht in jedem Detail untereinander und mit den Aussagen Edathys übereinstimmen. Das
spricht vielmehr dafür, dass keine Absprache zwischen und mit ihnen vorlag. Die drei Zeugen und Edathy haben
ihre Freundschaft und persönliche Beziehung zueinander jeweils im Einzelnen offengelegt. Und sie haben
neben der in ihren Aussagen zum Ausdruck gekommenen Empathie mit Edathys Situation deutlich kritische
Distanz zu Edathys Verhalten gezeigt. Die Zeugen Nocht und Schuparis haben nach ihrer Aussage Edathy einen
Rat gegeben, der nicht anders als klar und hart zu bezeichnen ist: eine Therapie machen, was insbesondere auf
seine pädophile Neigung und diesbezügliches Konsumverhalten gezielt haben dürfte; einen Anwalt konsultie-
ren; auf das Mandat verzichten.

Auch bei der Glaubwürdigkeit dieser Zeugen besteht kein Anlass für Zweifel. Das auch, weil alle drei Zeugen
beruflich im Raum der SPD tätig sind, und mit einer für die SPD sehr problematischen und auch für die Zeugen
selbst sehr unangenehmen Situation konfrontiert waren, darauf aber nicht etwa geschwiegen oder eine irgendwie
der SPD besonders nützliche Aussage gemacht haben (auch wenn der Mandatsverzichtsrat letztlich im Interesse
der SPD war), sondern der Pflicht zur Wahrheit bei ihrer Aussage offenbar nachgekommen sind. Die Zeugen
haben über den durch sie belasteten Hartmann keinerlei böses Wort verloren – sie haben ganz im Gegenteil
Hartmann außerordentlich positiv dargestellt. Das spricht für die Wahrheit ihrer Aussage.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 789 – Drucksache 18/6700
Auch im Einzelnen bestehen bemerkenswerte Übereinstimmungen zwischen den Aussagen Edathys und der drei
Zeugen: Etwa hinsichtlich des Umstandes, dass aus der SPD-Spitze der Name Gabriel zunächst nicht (korres-
pondiert mit Aussage Jenssen) und erst später der Name Ziercke als angeblich von Hartmann benannter Infor-
mant gefallen sei (und nicht nur allgemein im Zusammenhang mit der Nennung des BKA als Quelle bei den
Zeugen Nocht und Schuparis). Das stimmt auch überein mit in der Presse berichteten Zeitpunkten von Internet-
Suchanfragen Edathys, die mit den Suchworten „ziercke azov“ am 10. Dezember 2013 und dann mehrfach bis
zum 20. Dezember 2013 erfolgt seien. Der Umstand, dass nach diesen Berichten Edathy am 20. November 2013
mit den Worten „ziercke innocence“ suchte, steht dem nicht entgegen und ließe sich z.B. mit der kurz zuvor
erfolgten Informierung durch Hartmann oder die mögliche Erinnerung des ehemaligen Abgeordneten Edathy
an die frühere Debatte um das sog. Zugangserschwerungsgesetz erklären.

Der Umstand, dass der Abgeordnete Edathy Mitte November 2013 aufgrund aktueller wie älterer Medienmel-
dungen, im Internet dazu auffindbarer Informationen, seiner früheren Bestellungen bei der kanadischen Firma
azov sowie seines Konsumverhaltens in der ersten Novemberhälfte 2013 möglicherweise Angst bekommen hat,
erklärt weder das Wissen, dass er sich in concreto auf der Liste im BKA befand, noch seine Informiertheit über
das Wissen in der SPD-Spitze. Der Aussage des Zeugen Ziercke, der am 15. Januar 2015 zu diesem Zusam-
menhang versucht hat, den Ausschuss als eine Art Gutachter (vor allem zu seinen und des Abgeordneten Hart-
mann Gunsten und Edathys Lasten) zu beeindrucken, fehlt bei genauerem Hinsehen die Substanz, auch schon
deshalb, weil das „Gutachten“ von Ziercke vor der Aussage u.a. der Zeugen Jenssen, Nocht und Schuparis
abgegeben wurde. Auffällig ist, dass bei diesem „Gutachten“ das Verhalten (z.B. im Hinblick auf Drogen) und
die Persönlichkeitsstruktur des Abgeordneten Hartmann keiner derartigen Einordnung unterzogen wurde.

Schließlich gibt es aus dem BKA die folgende fachliche Bewertung: „Allein die (abschließende) Pressemittei-
lung im November 2013 als Grund anzuführen, sich über einen Anwalt aktiv an die zuständigen Behörden zu
wenden, erscheint somit zumindest fragwürdig – insbesondere dann, wenn man überzeugt davon ist, lediglich
legales Material zu besitzen“ (BKA LS 1, 16. Februar 2014).3417

Angesichts der Aussagen der Zeugen Jenssen, Nocht und Schuparis kann ausgeschlossenen werden, dass Edathy
den Informationsvorgang nachträglich erfunden haben könnte. Dafür sprechen auch die Aussagen der Zeugen
Noll und Tewes-Heiseke, auf die hier nur verwiesen werden kann.

Wenn es so ist, wie Edathy ausgesagt hat und wie es das Ergebnis der dem Ausschuss möglichen Beweisauf-
nahme bestätigt hat, dass Edathy von keinem der Zeugen aus der SPD-Spitze, von keinem der dazu befragten
Zeugen aus dem BKA, nicht von BM a.D. Dr. Friedrich, nicht von Sts Fritsche, und von keinem der dazu be-
fragten Zeugen aus Niedersachsen über das, was er am 15. November 2013 erfahren hat, informiert worden ist,
dann ist auch insofern höchst wahrscheinlich, dass der Zeuge Hartmann direkter Informant war. Hinweise
auf eine größere Zahl von Personen in Niedersachsen, die Kenntnis von dem Edathy-Vorgang hätten haben
können oder tatsächlich hatten, ändern daran nichts, weil sie ohne konkreten Anhaltspunkt für eine Informati-
onsweitergabe sind und eher aus dem politischen Grund verbreitet wurden und werden, die Edathy-Affäre von
Berlin weg nach Niedersachsen zu verschieben.

3417 MAT A BKA 18(27) 1-3 Bd. 201, Bl. 227 (229)
Drucksache 18/6700 – 790 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Zeuge Edathy hat sich im Vorfeld des Untersuchungsausschusses nicht anders als später vor dem Ausschuss
geäußert, auch wenn er zunächst der Frage nach einem Informanten eher auswich (z.B. Der Spiegel 17. Februar
2014 und 17. März 2014), verneint hatte, mit Personen aus der SPD-Spitze oder der Spitze des BMI über seinen
Fall gesprochen zu haben und gegenüber dem LMin a.D. Bartling nur eine Andeutung gemacht hatte. Als der
Abgeordnete Hartmann Anfang Juli 2014 in der Presse als Informant Edathys bezeichnet wurde, hat Edathy es
abgelehnt, dem Wunsch Hartmanns nachzukommen, ihn gegen diese Veröffentlichung zu unterstützen (siehe
Mailverkehr der Anwälte Hartmanns und Edathys vom 6.Juli 2014).

Der Zeuge Edathy hat in seiner Aussage nicht ein schlechtes Wort über den Abgeordneten Hartmann verloren
– ganz im Gegenteil. Er war ihm dankbar. Dass der Zeuge Edathy zu Hartmann äußert, der sage bei seiner
Aussage die Unwahrheit, steht dem nicht entgegen. Edathy hat niemanden in der SPD - ausgenommen Hartmann
- belastet. Edathy spitzt zu - durchaus nicht Politik-unüblich - und neigt zu scharfer Formulierung, etwa bei
seinen Charakterisierungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Oppermann. Verglichen mit sonstigen Äußerungen
im politischen Raum erscheint das aber auch nicht als etwas Besonderes; im Übrigen ist schlechtes Benehmen
kein Beleg für Rachegelüste. Der Zeuge Edathy sucht als (ehemaliger) Politiker die Öffentlichkeit und soll sich
angeblich beim Schreiben eines Buches unterstützen lassen: Auch das ist nichts Unübliches. Mit Lügen wird er
dabei kaum Geld verdienen können, sondern sich Schadensersatzforderungen einhandeln.

Die Glaubhaftigkeit der Angabe, von Hartmann informiert worden zu sein und die Glaubwürdigkeit des Zeugen
insoweit ist durch all dies nicht etwa grundsätzlich in Frage gestellt.

Der Anwalt Edathys, der Zeuge Noll, hat anders als die Mehrheit suggerieren möchte, nicht etwa verlautbart,
dass Edathy von Hartmann nicht gewarnt worden sei. In dem von der Mehrheit als angeblichen Beleg angeführ-
ten achtseitigen Schreiben von Noll an die Staatsanwaltschaft Hannover vom 28. Februar 2014 verhält sich der
Anwalt Noll mit keinem Wort dazu, ob Edathy gewarnt wurde oder nicht, sondern beschwert sich über den
Umstand, dass eine Vielzahl von angeblich aus Ermittlerkreisen stammenden Mitteilungen betreffend seinen
Mandaten nach außen gedrungen sei. Eine der Mitteilungen aus seiner langen Beschwerdeliste ist, dass eine
Warnung Edathys aus Ermittlerkreisen an die Presse kolportiert worden sei. Der Zeuge Edathy hat im Übrigen
nirgends behauptet, vor den Durchsuchungsmaßnahmen gewarnt worden zu sein. Der dafür als Beleg angeführte
offenbar etwas chaotische Zustand seiner Wohnung könnte vielmehr mit seiner panikartigen Flucht vor der
Öffentlichkeit nach Dänemark im Zusammenhang des Mandatsverzichts zu erklären sein.

Schließlich ist nicht zu verkennen, dass die Mehrheit u.a. durch ausführlichste Beschreibung des (erledigten)
Strafvorwurfs gegen Edathy in dem Verfahrensteil des Berichts und Beifügung der seinerzeitigen Anklageschrift
einer populistischen Schlussfolgerung auf fehlende Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit des Zeugen Edathy
Vorschub leistet. Das zu verurteilende eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 791 – Drucksache 18/6700

b) Folgezeit

In der Folgezeit nach dem 15. November 2013 spricht Vieles für weiteren, das Edathy-Verfahren betreffenden
Informationsfluss zwischen den Abgeordneten Hartmann und Edathy und für eine Quelle Hartmanns im BKA.
Bemerkenswert ist, wie auf SPD-Seite kollektiv Nebel geworfen wurde, um zu versuchen, schon einer Möglich-
keit des Informationsflusses aus dem BKA den Boden zu entziehen. So äußerte der Fraktionsvorsitzende
Oppermann im Innenausschuss im Zusammenhang seines Anrufs bei BKA-Präsidenten Ziercke, dass „das
BKA für Ermittlungsverfahren wegen Besitz von Kinderpornografie gar nicht zuständig ist“ (Innenausschuss
19. Februar 2014). Der Zeuge Hartmann bekundet am 18. Dezember 2014 „Dass das Bundeskriminalamt über
Einzelheiten eines solchen Verfahrens Kenntnis haben würde, damit rechnete ich nicht, und ich weiß auch nicht,
ob das an einer Stelle so detailliert tatsächlich war. Ich ging davon aus, dass Ermittlungen, wenn es denn welche
gäbe, wie immer durch die Landesbehörden geführt würden“ (Protokoll Nr. 18, S.78). Und der Stellvertretende
SPD-Fraktionsvorsitzende Lauterbach äußert gleichentags im ZDF „Woher sollte er (Anm.: gemeint Ziercke)
wissen, ohne dass er sich gezielt informiert, wo die Akte bei den Landes…3418 (behörden)ist“.

Ergebnis der Beweisaufnahme ist, dass das BKA (einschließlich des damaligen BKA-Präsidenten) nicht nur
seit dem 16.Oktober 2013 über den geplanten Weg der Edathy-Akte Bescheid wusste (über die GStA Ffm-ZIT
an die GSTA Celle zur örtlichen StA), sondern in der Folgezeit auch den tatsächlichen Verlauf kannte, und
aufgrund vom BKA-Präsidenten angeordneter regelmäßiger Nachfragen auch über die Bearbeitung durch die
Staatsanwaltschaft Hannover und dortige Überlegungen Bescheid wusste. Letztmaliger (dem damaligen BKA-
Präsidenten auch berichteter) Kontakt des BKA mit der Staatsanwaltschaft Hannover war am 31. Januar 2014.
Zu den Ausschuss-Unterlagen gehört eine BKA-Tabelle der Kontakte mit der GStA Ffm-ZIT und der StA Han-
nover3419(siehe Anhang D). Die diesbezüglichen Führungsinformationen an den Präsidenten sind ebenfalls do-
kumentiert und durch Zeugenaussagen belegt. Die Grundlage für einen Informationsfluss war für den BKA-
Präsidenten jedenfalls vorhanden.

Der Zeuge Edathy hat eine Vielzahl von SMS-Ausdrucken über Kontakte mit dem Abgeordneten Hartmann zu
den Ausschuss-Unterlagen gegeben. Die vom Zeugen Edathy vorgelegten SMS-Ausdrucke, wurden, soweit sie
die SPD-Spitze betrafen, von den Empfängern bestätigt oder jedenfalls nicht bestritten. Das spricht dafür, dass
auch die anderen von Edathy vorgelegten und den Abgeordneten Hartmann betreffenden SMS echt sind, auch
wenn der Zeuge Hartmann an diese keine Erinnerung hatte und stets versucht hat, von dem zeitlichen Zusam-
menhang von SMS mit anderen Ereignissen durch Verweis auf den Inhalt, der alles und jedes bedeuten könne,
abzulenken. Andererseits hat der Zeuge Hartmann sinngemäß bekundet hat, dass viele der SMS durchaus seinem
Duktus, seiner Sprache, seinen sonstigen Äußerungen entsprechen, dann aber - wie vielfach in seiner Aussage
- geäußert, dass er keine konkrete Erinnerung habe.

Die Recherchen von Edathys Anwalt begannen am 28. November 2013 bei der Staatsanwaltschaft Hannover.
Am 26. November 2013 erhielt das BKA die Information aus Hannover, dass die Akte dort bearbeitet werde und
der Bearbeiter sich grundsätzlich für eine Durchsuchung ausspreche und dafür um Übersendung der übrigen

3418 https://www.youtube.com/watch?v=iWFpNe7nWNc ZDF, Maybritt Illner, 18.12.2014, 22.15 Uhr, bei min 17.45, letzter Abruf 25.09.2015
3419 MAT A-BKA 18(27) 1-3 Bd.201 Blatt 130 ff

https://www.youtube.com/watch?v=iWFpNe7nWNc
Drucksache 18/6700 – 792 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Niedersachsen-Fälle der Kategorie 2 bitte. Diese Information war auch Gegenstand einer Führungsinformation
an den damaligen BKA-Präsident Ziercke.

Da ein nach einem Verfahren recherchierender Anwalt dies mit von seinem Mandanten erhaltenen Kenntnissen
wesentlich besser tu kann, ggf. bei Auskünften oder Nichterteilung von Auskünften besser zwischen den Zeilen
lesen kann, sprechen diese Recherchen in keiner Weise gegen die Aussagen des Zeugen Edathy und sind kein
Beleg dafür, dass das alles ohne Vorinformation genauso stattgefunden hätte.

c) Hartmann als Quelle Edathys – Ziercke als Quelle Hartmanns?
aa) Kontakte

Der Abgeordnete Hartmann und der damalige BKA-Präsident Ziercke waren langjährig beruflich miteinander
vertraut, es gab öfters fachliche und/oder politische Kontakte, gelegentlich auch Zusammenkünfte beim Essen
zu zweit – der Zeuge Ziercke hat das ausführlich berichtet.

Man kannte sich also durchaus gut und brauchte sicher nicht besondere Gelegenheiten für einen Informations-
austausch, telefonisch dürfte das auch möglich gewesen sein.

Gleichwohl hat der Ausschuss zu mehreren Veranstaltungen, an denen beide Zeugen beteiligt waren, Beweis
erhoben. Auch wenn ein möglicher Informationsfluss zum Thema Edathy angesichts des Bestreitens beider
Zeugen mit den Mitteln des Untersuchungsausschusses nicht aufzuklären war, bleiben zwei der Veranstal-
tungen besonders bemerkenswert. Bei Veranstaltungen dieser Art bestehen regelmäßig und auch ihrem Zweck
entsprechend vielfältige Gesprächsmöglichkeiten, bei Pausen, beim Essen, gesellschaftlichen Teilen, im Hotel
usw. Dabei muss auch nicht etwa eine Information geflossen sein mit dem Ziel der Warnung Edathys. Eine
schlichte Sachinformation ist unter Fachleuten mit wenigen Worten rüberzubringen.

Am 16./17. Oktober 2013 fand in der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster eine Fachtagung statt, an
der u.a. der Abgeordnete Hartmann, BKA-Präsident Ziercke und der Göttinger Polizeipräsident Kruse teilnah-
men. Hartmann hielt dort am 17. Oktober 2013 vormittags einen der Vorträge. Thema: Konsequenzen aus dem
NSU-Untersuchungsausschuss. Der Name Edathy als seinerzeitiger Vorsitzender dieses Untersuchungsaus-
schusse stand sozusagen im Raum. Ziercke war tags zuvor über den Edathy-Vorgang ausführlich gebrieft wor-
den, hatte anschließend den Innenstaatssekretär Fritsche telefonisch unterrichtet und kam gegen 22 Uhr bei der
Tagung an. Hartmann saß nach seiner Aussage an diesem Abend in der Hochschule mit Polizeibekannten aus
Rheinland-Pfalz in einer geselligen Runde zusammen. Ein anderer Zeuge hat bekundet, dass am Abend im
Casino der Hochschule ein Schnitzelbuffet stattfand. Der Zeuge Kruse, als Göttinger Polizeipräsident am 15.Ok-
tober 2013 über die Edathy-Entdeckung unterrichtet durch die örtliche Niedersächsische Polizei, kannte nach
seiner Aussage den Abgeordneten Hartmann nicht und hat auch nicht das Gespräch mit BKA-Präsident Ziercke
gesucht. Ob, wer, wann, was mit wem, ggf. zum Edathy-Vorgang gesprochen hat, ließ sich nicht aufklären. Der
Zeuge Hartmann hat sich bei einer Frage nach den Tagungsteilnehmern auf sein – schon zuvor erklärtes – Aus-
kunftsverweigerungsrecht berufen. Zuvor hatte der Zeuge Hartmann bekundet, dass es dort (bei der Tagung)

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 793 – Drucksache 18/6700
„(…) die Möglichkeit (…) für ein persönliches, privates, gar klandestines Gespräch“ gar nicht geben konnte(!).
Diese Aussage ist nicht glaubhaft.

Am 12./13. November 2013 fand in Wiesbaden die jährliche BKA-Herbsttagung statt. Teilnehmer war u.a. der
Abgeordnete Hartmann, der von dort zum SPD-Parteitag nach Leipzig gefahren ist, wo er am 15. November
2013 das Gespräch mit dem Abgeordneten Edathy hatte. Tagungsthema war Cybercrime, Präsident Ziercke hielt
einen Vortrag mit dem Titel „Kriminalistik 2.0 – effektive Strafverfolgung im Zeitalter des Internet aus Sicht
des BKA“, in dem es u.a. um die Bekämpfung von Kinderpornografie ging und über Ergebnisse einer diesbe-
züglichen Operation aus dem Sommer 2013 berichtet wurde.

Unter den weiteren Teilnehmern befand sich über 10 Wissensträgern zum Fall Edathy (zum Teil auch
zum Fall des Beamten X) aus dem BKA, dem Bundesinnenministerium, der Hessischen Staatsanwaltschaft. Da
nicht alle dieser Wissensträger von dem Ausschuss als Zeugen und dabei aufgrund des Zeitverlaufs der Unter-
suchung auch nicht alle zu dieser Tagung befragt werden konnten, wird hinsichtlich des Teilnehmerkreises auf
den Feststellungsteil des Berichtes verwiesen. Festzuhalten bleibt, dass es bei dieser Tagung vielfach Möglich-
keiten zu einer Information betreffend den Fall Edathy und auch zum Fall des Beamten X gab. Der Ausschuss
konnte aber keinen tatsächlichen Informationsfluss feststellen.

bb) Mangelnde Glaubhaftigkeit und mangelnde Glaubwürdigkeit

Die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Abgeordneten Hartmann ist hoch belastet. In dem Moment, als insbeson-
dere die Zeugen Jenssen, Nocht und Schuparis die wesentlichen Aussagen des Zeugen Edathy bestätigt hatten,
hat Hartmann, der noch wenige Tage zuvor seine Aussagebereitschaft bekundet hatte, ein umfassendes Aussa-
geverweigerungsrecht geltend gemacht und seitdem geschwiegen.

Hartmann hat behauptet, sich mit Edathy stets nur über dessen Gesundheitszustand ausgetauscht zu haben, hat
andererseits im Januar 2014 mehrmals den ihm bekannten Präsidenten des LKA Rheinland-Pfalz angerufen,
um sich nach aktuellem Kinderpornografie-Ermittlungsverfahren zu erkundigen. Hartmann hat sich in seiner
Aussage nach Verlesung seines offenbar von kundiger Hand mit verfassten Eingangsstatements bei der Ver-
nehmung vielfach mit Erinnerungslücken aus der Affäre gezogen, besonders auffällig die Zeugnisverweigerung
bei der Frage nach seinen Kontakten zum BKA. Über Kinderpornografie will er im Gespräch mit Edathy am 15.
November 2013 eben so wenig gesprochen haben wie über strafrechtliche Ermittlungen, sondern nur über dies-
bezügliche Medienmeldungen. In seiner vor der Vernehmung verbreiteten Erklärung vom 14. Dezember 2014
ist dagegen von strafrechtlichen Ermittlungen die Rede. Hartmann hat keinerlei plausible Erklärung dafür, wa-
rum er im Frühjahr 2014 bei den Sitzungen des Innenausschusses zum Edathy-Fall über sein Wissen in dieser
Sache geschwiegen hat.

Dies alles macht den Zeugen Hartmann außerordentlich unglaubwürdig. Hinzu kommt seine in der Vernehmung
am 18. Dezember 2014 vorgetragene Lügengeschichte vom angeblichen Alkoholproblem Edathys, das außer
Hartmann aber niemand bemerkt hat.

Der Zeuge Ziercke ist gefragt worden, warum er die Nachfragen an die Staatsanwaltschaft Hannover angewie-
sen hat. Seine Antwort: Er habe sich immer „ von der Prominenz des Kandidaten (…) leiten lassen und weil ich

Drucksache 18/6700 – 794 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

mich, uns, deshalb dieser Fall so besonders interessierte“ (Protokoll Nr. 34 S. 62). Die weitere Antwort: Edathy
sei ein erster Fall der Kategorie 2 gewesen (Anm: der Kategorie, bei der die Frage des Anfangsverdachts und der
Durchführung von Durchsuchungen bei einzelnen Staatsanwaltschaften unterschiedlich bewertet wurde); dass
es schon Durchsuchungen auch in solchen Fällen gegeben habe, habe er erst in der Befragung gehört. Auch das
ist wenig glaubhaft, weil die unterschiedliche Position mit Aufzählung der fünf Staatsanwaltschaften bereits der
Führungsinformation Nr. 5 vom 28. Oktober 2013 beilag. Die Aussage des Zeugen Ziercke zeigt vor allem ein
spezifisches Interesse am Einzelfall Edathy und seinem Verlauf. Als der bearbeitende Hannoveraner Staatsan-
walt bei dem vom BKA ausgehenden Anruf vom 31. Januar 2014 laut Telefonvermerk des BKA fragte: „Und
was macht Herr Ziercke damit? Den Innenminister unterrichten? Wenn das mal in der Politik ist…“ hat sich der
BKA-Präsident offenbar ertappt gefühlt und die Nachfragen gestoppt.

Der Ausschuss hat angesichts der Aussagen der Zeugen Ziercke und Hartmann eine Informationsweitergabe in
Sachen Edathy von Ziercke an Hartmann nicht beweisen können. Bemerkenswert ist allerdings die Wissenschaft
Hartmanns zum Zeitpunkt des 15. November über den BKA-Vorgang und die Kenntnis der SPD-Spitze, wo-
rüber er Edathy nach dessen Aussage und der mit Edathys Aussage übereinstimmenden Angaben der Zeugen
Jenssen, Nocht und Schuparis informiert hat (der Name Gabriel war zunächst nicht dabei – siehe oben). Da zu
dem Zeitpunkt der Personenkreis, der über die Informiertheit der SPD-Spitze Bescheid wusste, begrenzt war
auf die Personen:

 Fritsche (bezüglich Gabriel), Friedrich (bezüglich Gabriel), Gabriel, Steinmeier, Oppermann selbst so-
wie

 Ziercke (bezüglich Gabriel, Oppermann, Steinmeier – das hatte er von Oppermann erfahren),
 die Zeugen Gabriel und Steinmeier vor dem Ausschuss glaubhaft versichert haben, bereits mit den Auf-

gaben zur Regierungsbildung beschäftigt gewesen zu sein und die Problemlage lediglich an Oppermann
weitergegeben zu haben, und

 Friedrich sowie Fritsche nach ihren Aussagen mit Hartmann nicht gesprochen haben,

dürfte die Schlussfolgerung naheliegen: Kenntnis über die Informiertheit der SPD-Spitze kann Hartmann nur
über Oppermann oder Ziercke erlangt haben. Es bleiben also gravierende Zweifel bestehen.

6. Keine Frage, keine Antwort: Anruf Oppermann-Ziercke

Angesichts übereinstimmender Aussagen der Zeugen Oppermann und Ziercke, wonach -sinngemäß- in dem Te-
lefonat in der Sache Edathy angeblich nichts gefragt und in der Sache angeblich nichts geantwortet worden sei,
war dem Ausschuss keine weitere Aufklärung dieses Vorgangs möglich.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und lebensnaher Beweiswürdigung stellt sich der Vorgang wie folgt
dar: Der damalige Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Oppermann, hat am 17.Oktober
2013 unter Ausnutzung seiner beruflich-politischen Stellung telefonischen Direktkontakt zum BKA-Präsidenten
erlangt und versucht, dabei an Informationen zum Edathy-Vorgang zu kommen, die auf regulärem Weg bei
einem solchen BKA-Vorgang für ihn nicht zu erlangen waren. Ein Bürger/eine Bürgerin wäre mit Sicherheit
nicht zum BKA-Präsidenten durchgestellt worden, sondern wäre mit dem Anliegen an die im BKA für Anträge

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 795 – Drucksache 18/6700
nach dem Informationsfreiheitsgesetz oder für Bürgeranfragen (§ 14 Abs. 3 GGO) zuständige Stelle verwiesen
worden und hätte bei Fragen nach solchem Ermittlungsvorgang keinerlei Auskunft bekommen dürfen.

In der Presseerklärung des Fraktionsvorsitzenden Oppermann vom Vormittag des 13. Februar 2014, mit der
Informationsvorgänge, die Gegenstand der Untersuchung waren, an die Öffentlichkeit kamen, heißt es, er habe
sich diese Informationen (die im Absatz zuvor beschriebene Informierung Friedrich-Gabriel-Steinmeyer-Opper-
mann über den Edathy-Vorgang) in einem Telefonat mit BKA-Präsident Jörg Ziercke „bestätigen lassen“. BKA-
Präsident Ziercke dementierte dies gleichentags um die Mittagszeit in einer Presseerklärung, während der Frak-
tionsvorsitzende Oppermann laut einer am späten Abend erfolgten Pressemeldung zunächst mitteilen ließ, er
bleibe bei seiner Darstellung. In einem am 16.Februar 2014 veröffentlichten Interview hat der Fraktionsvorsit-
zende Oppermann auf die Frage:“ (…)Einer von Ihnen beiden lügt doch“ ausgeführt:

„ Nein. Herr Ziercke hat mir in dem Gespräch keine Einzelheiten (Hervorhebung nur hier) genannt. Ich habe
ihm die Informationen von Innenminister Friedrich vorgetragen. Weil er die nicht kommentiert hat, hatte ich

nach dem Gespräch den Eindruck, dass ein Ermittlungsverfahren nicht ausgeschlossen ist.“

In seiner Aussage hat der Zeuge Oppermann sinngemäß bekundet, dem BKA-Präsidenten lediglich den Sach-
verhalt (die erhaltenen Informationen) vorgetragen zu haben. Wenn der damalige BKA-Präsident laut Opper-
mann keine Einzelheiten genannt hat, schließt das eine nicht ins Einzelne gehende Information - jedenfalls nach
dem Wortsinn des Oppermann-Interviews - nicht aus

Würde man an solchen Sachvortrag den Maßstab für die Auslegung von Willenserklärungen anlegen, dann ist
offensichtlich, dass darin die Frage lag, ob an der Sache etwas dran ist. Eine Frage will der Zeuge Oppermann
aber zu dem Sachverhalt nicht gestellt haben, sondern er wollte den Vorgang „einordnen“ können. In der Aktu-
ellen Stunde zum Edathy-Fall am 19.Februar 2014 ging die Abgeordnete Dr. Högl - offenbar ganz selbstver-
ständlich und wie es lebensnaher Betrachtung entspricht - davon aus, dass sich Oppermann hat „erkundigen
müssen, ob das korrekt ist“ und dass man erwarten dürfe, „dass er sich informiert, dass er nachfragt, wenn er
eine solche Information hat“ (Plenarprotokoll 18/16 S. 1182).

Der Fraktionsvorsitzende Oppermann hat in seiner Auskunft im Innenausschuss und als Zeuge durchgängig das
Wort „einordnen“ verwendet, offenbar zur Umgehung des Wortes „fragen“. Die Darstellung des Zeugen Opper-
mann bleibt nach alldem in hohem Masse unglaubhaft. Das gilt auch für den Zeugen Ziercke, der keine Antwort
in der Sache gegeben haben will. Sein in der Vernehmung bezüglich seines Verhaltens im Telefonat mehrfacher
Wechsel zwischen den Worten ‚nicht kommentiert‘ und ‚nicht dementiert‘ - mit dem Ergebnis: nicht kommen-
tiert - bleibt bemerkenswert.

7. Grundrechtsverletzung durch Datenübermittlung

Die Edathy-Affäre hätte es vermutlich so nicht gegeben, wenn der Ermittlungsvorgang vom BKA nicht an die
BMI-Spitze berichtet worden wäre. Die Spitze des Bundesinnenministeriums durfte vom BKA weder aktiv

Drucksache 18/6700 – 796 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

noch durch den vom BMI angeforderten Bericht unterrichtet werden über aus dem Edathy-Auswertungsvor-
gang stammende personenbezogene Daten (Name des Abgeordneten und Tatverdacht). Das war ein unzulässiger
Grundrechtseingriff - so die vom Ausschuss eingeholte Stellungnahme von Prof. Dr. Ralf Poscher, Universität
Freiburg (Drucksache 39 – siehe Anhang A).

a) Rechtswidrige Datenübermittlung

Die Übermittlung geschützter personenbezogener Daten betreffend den Abgeordneten Edathy (Tatverdacht und
Name) vom BKA an das BMI (Anruf BKA-Präsident Ziercke bei BMI-Staatssekretär Fritsche am 16.10.2013,
Bericht des BKA an BMI-St Fritsche vom 17.10.2013) verletzte das Grundrecht auf informationelle Selbstbe-
stimmung aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs.1 GG des Abgeordneten Edathy.

aa) BKA als Zentralstelle

Wenn das BKA die Bearbeitung der OP Selm zum Zeitpunkt der Datenübermittlung in seiner Funktion als
Zentralstelle gemäß § 2 BKAG3420 wahrgenommen hat, könnte nur § 10 Abs.2 Nr. 1 BKAG (Datenübermitt-
lungen im innerstaatlichen Bereich) als fachgesetzliche Eingriffsbefugnis, d.h. als Rechtsgrundlage für die Über-
mittlung in Betracht kommen.3421

Absatz 2 der Vorschrift gilt (anders als St Fritsche vor dem Innenausschuss glauben machen wollte) auch für
Datenübermittlungen zwischen dem BKA und dem BMI als einer anderen Behörde3422. Die Übermittlungsge-
neralklausel in Nr. 1 erlaubt angesichts ihrer Weite aber keine Datenübermittlungen, die erhebliche Grundrechts-
gefährdungen bergen - so die obengenannte rechtsgutachtliche Stellungnahme von Prof. Poscher auf Drucksache
39 – siehe Anhang A. Diese Regelung könnte - so der Gutachter - wenn überhaupt, dann nur im Verbund mit
einer in concreto aber nicht gegebenen grundrechtswahrenden Verwaltungspraxis eine solche Datenübermitt-
lung stützen.

Im Übrigen standen im Edathy-Fall der Übermittlung von Name des Verdächtigen und Tatverdacht an die poli-
tische Spitze des BMI Zwecke des Strafverfahrens entgegen. Damit gemeint ist die Wahrung der Integrität des
Strafverfahrens: Einerseits die Sicherstellung des staatlichen Strafanspruchs (z.B. Vermeidung von vorzeitigem

3420 § 2 BKAG: „(1) Das Bundeskriminalamt unterstützt als Zentralstelle für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen und für die Kriminal-
polizei die Polizeien des Bundes und der Länder bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder
erheblicher Bedeutung.
(2) Das Bundeskriminalamt hat zur Wahrnehmung dieser Aufgabe
1. alle hierfür erforderlichen Informationen zu sammeln und auszuwerten,
2.die Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Länder unverzüglich über die sie betreffenden Informationen und die in Erfahrung gebrachten
Zusammenhänge von Straftaten zu unterrichten.
(…..)“
3421 § 10 BKAG: „(1) Das Bundeskriminalamt kann an andere Polizeien des Bundes und an Polizeien der Länder personenbezogene Daten übermit-
teln, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben oder der des Empfängers erforderlich ist.
(2) Das Bundeskriminalamt kann an andere als die in Absatz 1 genannten Behörden und sonstige öffentliche Stellen personenbezogene Daten
übermitteln, soweit dies in anderen Rechtsvorschriften vorgesehen oder erforderlich ist
1.zur Erfüllung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz,
2.für Zwecke der Strafverfolgung, der Strafvollstreckung, des Strafvollzugs und der Gnadenverfahren,
3.für Zwecke der Gefahrenabwehr oder
4.zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einzelner
und Zwecke des Strafverfahrens nicht entgegenstehen.“
3422 Wortlaut, Behördendefinition des Verwaltungsverfahrensgesetzes, Gesetzesbegründung und Zweck der Regelung lassen keinen anderen Schluss

zu. Das Verhältnis Aufsichtsbehörde BMI zu nachgeordneter Behörde BMI ändert daran nichts.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 797 – Drucksache 18/6700
Bekanntwerden, Warnung des Betroffenen, Verdunkelung). Andererseits Schutz des Betroffenen, da nicht nur
die belastenden, sondern auch die entlastenden Umstände zu ermitteln sind (§ 160 Abs.2 StPO). Stellt sich die
Unschuld des Verdächtigen heraus und würde der Verdacht gleichwohl publik, kann das zu erheblicher Persön-
lichkeitsrechtsverletzung führen bis hin zur sozialen und politischen Existenzgefährdung oder sogar Existenz-
vernichtung. Das gilt in exemplarischer Weise für einen Verdacht wie den auf Beschaffung und Besitz kinder-
porno-grafischen Materials.

Auch nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKAG war die grundrechtsgefährdende Informierung des BMI unzulässig.
Danach unterbleiben Datenübermittlungen, „wenn für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berück-
sichtigung der Art der Daten und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen das Allgemein-
interesse an der Übermittlung überwiegen“.

Abgesehen davon, dass keine Hinweise dafür vorliegen, dass insoweit überhaupt eine Abwägung stattgefunden
hat, ist keinerlei Allgemeininteresse für die Übermittlung ersichtlich und schon gar kein die schutzwürdigen
Belange des betroffenen Abgeordneten Edathy überwiegendes Allgemeininteresse.3423

bb) BKA als Polizeibehörde

Wenn das BKA die Bearbeitung der OP Selm zum Zeitpunkt der Datenübermittlung als polizeiliche Aufgabe
auf dem Gebiet der Strafverfolgung auf Ersuchen einer Staatsanwaltschaft gemäß § 4 Abs.2 Satz 1 Nr.1 BKAG,
also als Polizeibehörde wahrnahm, ist die Staatsanwaltschaft „Herrin“ des Verfahrens und es gelten grundsätz-
lich die Regeln der Strafprozessordnung.

Danach war der vom BMI angeforderte BKA-Bericht über den Edathy-Fall - ganz abgesehen von dem Edathys
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gefährdenden Berichtsinhalt - schon deshalb rechtswidrig,
weil er ohne die im vorbereitenden Verfahren (auch Vorermittlungen) erforderliche Zustimmung der Staatsan-
waltschaft erfolgt ist (§ 478 Abs. 1 StPO). Im Hinblick darauf erscheint die mit Begrenzung des Wissensträger-
kreises (Vermeidung einer Berichterstattung in das Hessische Justizministerium) begründete Weisung der BKA-
Amtsleitung, die Generalstaats-anwaltschaft Frankfurt/Main-ZIT über die Informierung des BMI nicht zu un-
terrichten, in etwas anderem Licht.

Für den zuvor am 16. Oktober 2013 erfolgten Anruf des BKA-Präsidenten Ziercke beim damaligen Innenstaats-
sekretär Fritsche, der das zum Gegenstand hatte, was auch Inhalt des schriftlichen Berichts am Folgetag war,
könnten als Rechtsgrundlage die von § 37 BKAG beim Handeln des BKA als Polizeibehörde nicht ausgeschlos-
senen §§ 15 Abs.1 iVm 14 Abs.3 Bundesdatenschutzgesetz in Betracht kommen (Datenübermittlung an öffent-
liche Stellen). Das scheitert aber daran, dass die grundrechtsgefährdende Information für die Wahrnehmung der
Aufgaben der BMI-Spitze nicht erforderlich war, die Verwendung der Daten außerhalb des Zwecks lagen, für
die sie erhoben waren, und nicht ersichtlich ist, für welche Aufsichts-und Kontrollaufgaben des BMI die Kennt-
nis von Namen und Tatverdacht gegen Edathy hätte dienen können.

3423 Auch wenn der damalige Innenminister, Zeuge Dr. Friedrich - fälschlich - glaubte und das nach wie vor behauptet, die Weitergabe der Informa-
tion an die SPD-Spitze sei irgendwie im öffentlichen Interesse gerechtfertigt – dazu siehe Ziffer 11

Drucksache 18/6700 – 798 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Schließlich ist auch hier auf das Datenübermittlungsverbot des § 27 Abs.1 Satz 1 Nr.1 BKAG hinzuweisen.

b) Aufsichtsrecht und Berichtserlass keine Rechtfertigung

Weder die Ministerverantwortlichkeit gegenüber dem Parlament und die damit zusammenhängenden Aufsichts-
und Kontrollbefugnisse des BMI über das ihm nachgeordnete BKA noch der vom BMI unterschiedslos an alle
Geschäftsbereichsbehörden gerichtete Verwaltungserlass vom 8. November 2010 über die unverzügliche Mel-
dung wichtiger Ereignisse (hier solcher, die einen politischen Bezug aufweisen und parlamentarische Auswir-
kungen möglich erscheinen lassen) vermögen die zu a) skizzierte Gesetzeslage zu verdrängen. Das hatte die
Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur ‚Rechtslage
hinsichtlich der Weitergabe von personenbezogenen Daten im Fall Edathys auf Drucksache 19/916 (S.4,5), wenn
auch in abstrakter Form, nicht grundsätzlich anders gesehen.

Die stete pauschale Behauptung von Zeugen aus der Bundesregierung im Ausschuss, die Ministerverantwort-
lichkeit bedeute, dass die politische Spitze des BMI auch das volle Wissen über den Edathy-Fall haben durfte,
ist weder rechtlich noch politisch haltbar. Die vom Zeugen Fritsche angeführte Begründung, der Minister habe
den Edathy-Vorgang kennen müssen, um nicht unvorbereitet vor ein Mikrofon zu laufen, um vorsichtig nichts
(!) sagen zu können, ist kein Zweck, der den Grundrechtseingriff erlaubt. Tatsächlich drohte zu diesem Zeitpunkt
gar nichts - eine wirkliche Gefahr des Öffentlichwerdens wäre erst im Zusammenhang einer Aufhebung der
Immunität Edathys und geplanter Durchsuchungen zu befürchten gewesen. Die Ausführungen Fritsches stehen
deshalb nicht nur auf rechtlich fragwürdiger Grundlage, sondern sind in der Sache nicht glaubhaft und auch
unglaubwürdig.

Die einzige rechtliche Bedeutung des Berichtserlasses bestand darin, dass der BKA-Präsident ihn beamtenrecht-
lich zu beachten hatte (sofern keine Remonstration).

c) Reformbedarf

Zur Gewährleistung einer grundrechtswahrenden Datenübermittlungspraxis zwischen (nicht nur) dem BKA und
dem BMI sind mindestens Klarstellungen auf Verwaltungsebene notwendig. Ansätze für eine gesetzliche Grund-
lage bestehen in § 12 BND-Gesetz und in § 16 BVerfSchG.

Da es vergleichbare Meldepflichten bei allen Bundesministerien gegenüber ihren Geschäftsbereichsbehörden
gibt, müssen die Aufsichts-und Informationsregelungen zwischen Ministerien und ihnen nachgeordneten Ein-
richtungen generell datenschutzrechtlich überprüft werden.

Auf Länderseite ist man zumindest teil- und ansatzweise weiter. So enthält der vom Ausschuss herangezogenen
Erlass des Niedersächsischen Innenministers über die Meldung wichtiger Ereignisse durch die Polizei vom 1.
August 2012 eine - wenn auch noch nicht ausreichende - Datenschutz-regelung, die Übermittlung personenbe-
zogener Daten bei sog. WE-Meldungen grundsätzlich verbietet, beschränkt bzw. Anonymisierung verlangt.3424

3424 „Personenbezogene Daten sind nur aufzunehmen, soweit ihre Kenntnis für die gesetzliche Aufgabenerfüllung der Adressaten erforderlich ist
(z.B. wenn die WE-Meldung gleichzeitig Fahndungszwecken dient). Ansonsten sind die Angaben so zu anonymisieren, dass aus ihnen die betroffene

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 799 – Drucksache 18/6700
Der Bayerische Landtag hat am 23. Juni 2015 einstimmig die Staatsregierung aufgefordert, bis Ende 2015 über
die (datenschutzrechtliche) Modernisierung des dort für die Polizei bestehenden WE-Melde-Erlasses zu berich-
ten.

8. BKA hielt rechtswidrig ermittlungsrelevantes Wissen gegenüber der Staatsanwaltschaft zu-
rück

Das ist Ergebnis des dazu von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingeholten weiteren Rechtsgutachtens3425
von Prof. Dr. Ralf Poscher, Universität Freiburg, zu den Datenübermittlungs-pflichten des Bundeskriminalamts
(siehe Anhang B). Auf der Grundlage dieses Wissens hätte die Staatsanwaltschaft möglicherweise sofort die
Voraussetzungen für ein Ermittlungsverfahren und Durchsuchungen beim Abgeordneten Edathy geschaffen.

a) Keine Unterrichtung über Kenntnis der SPD-Spitze

Das BKA hat - in Person seines damaligen Präsidenten Ziercke - am 17.Oktober 2013 durch den Anruf des
damaligen SPD-Fraktionsgeschäftsführers Oppermann erfahren, dass die SPD-Spitze (Gabriel, Dr. Steinmeier,
Oppermann) über den Edathy-Fall Bescheid weiß. Diese Kenntnis hatte der damalige BKA-Präsident Ziercke
rechts- und objektiv dienstpflichtwidrig für sich behalten, niemanden im BKA darüber informiert, auch keinen
seiner Vertreter, und auch keine Notiz über den Anruf gefertigt.

Bei der SPD-Spitze handelt es sich um Personen aus dem unmittelbaren politisch-beruflichen Umfeld und Par-
teifreunde des tatverdächtigen Edathy. Dass die Verbreitung von Fall-Wissen im Umfeld eines Verdächtigen
wegen der Gefahr der Informationsweitergabe und Verdunkelung höchst ermittlungsrelevant ist, gehört zum
kriminalistischen Grundwissen. Den Umstand, dass die SPD-Spitze Bescheid weiß, hätte das BKA unverzüglich
an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeben müssen.

Wenn das BKA bei der Bearbeitung der OP Selm und hier des Edathy-Vorgangs als Teil dieser OP auf Ersuchen
der Staatsanwaltschaft die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung wahrnahm (§ 4 Abs.2
Satz 1 Nr.1 BKAG), dann folgt diese Pflicht unmittelbar aus dieser Funktion als Polizeibehörde. Dabei gibt es
kein Ermessen – die Polizei darf der Staatsanwaltschaft kein Fallwissen verschweigen.

Wenn das BKA bei der Bearbeitung der OP Selm und hier des Edathy-Vorgangs als Teil dieser OP als Zentral-
stelle gehandelt hat (§ 2 BKAG), dann folgt diese Pflicht zur unverzüglichen Information der Staatsanwaltschaft
bereits aus der diesbezüglichen Aufgabennorm („Das Bundeskriminalamt hat zur Wahrnehmung dieser Aufgabe
(…) die Strafverfolgungsbehörden (…) unverzüglich über die sie betreffenden Informationen und die in Erfah-
rung gebrachten Zusammenhänge von Straftaten zu unterrichten“, § 2 Abs.2 Nr.2 BKAG) und auch aus der
Datenübermittlungs-Befugnisnorm (§ 10 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BKAG). Auch bei dieser Rechtsgrundlage gab es
kein Ermessen, von der Informierung der Staatsanwaltschaft abzusehen (siehe Gutachten Poscher, Anhang B)

natürliche Person nicht erkennbar wird. Darüber hinaus ist die Übermittlung personenbezogener Daten von Personen des öffentlichen Lebens oder
der Zeitgeschichte zulässig, wenn sie wichtiger Bestandteil der Information sind oder die WE-Meldepflicht erst begründen. Auf die Zugehörigkeit
einer Person zu einer Minderheit darf nur in Ausnahmefällen hingewiesen werden, z.B. wenn es für das Verständnis des Sachverhalts oder die
Herstellung eines sachlichen Bezuges unerlässlich bzw. für die Lagebeurteilung von Bedeutung ist.“
3425 MAT B B90/Die Grünen 18(27)-1

Drucksache 18/6700 – 800 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Ausschuss konnte nicht aufklären, warum der Zeuge Ziercke sein Wissen für sich behielt. Der Zeuge hat
sich zwar dazu eingelassen, warum er den Oppermann-Anruf dem BMI nicht gemeldet hat: Er habe seinem
Minister nichts mitteilen müssen, was dem ja bekannt gewesen sei. Diese Begründung lässt allerdings unbe-
rücksichtigt, dass der Umstand eines Anrufs aus der SPD-Spitze in der Edathy-Sache beim BKA und das dabei
in Erfahrung Gebrachte (drei Personen der SPD-Spitze wissen Bescheid) dem BMI keineswegs bekannt sein
musste und auch nicht bekannt war. Beide Elemente unterlagen als Vorgang, der einen politischen Bezug auf-
weist und parlamentarische Auswirkungen möglich erscheinen lässt, jedenfalls der Meldepflicht nach dem in
anderem Zusammenhang behandelten Erlass vom 8. November 2010. Vor dem Innenausschuss hatte der dama-
lige BKA-Präsident Ziercke geäußert, er habe den Oppermann-Anruf abgehakt.

Um die Meldepflicht gegenüber dem BMI geht es allerdings bei der hier behandelten Informationspflicht ge-
genüber der Staatsanwaltschaft genau so wenig wie um die Frage, ob der damalige BKA-Präsident seinen Mi-
nister wegen Geheimnisverrats hätte anzeigen müssen. Das musste er nicht, weil er formal kein Polizeivollzugs-
beamter ist. Allerdings könnte das in einem anderen Licht erscheinen, wenn das BKA auf Ersuchen der Staats-
anwaltschaft die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung wahrnahm.

Festzustellen bleibt, dass die nicht erfolgte unverzügliche Unterrichtung der Staatsanwaltschaft ein Licht auf die
Glaubhaftigkeit der Aussagen und die Glaubwürdigkeit des Zeugen Ziercke insgesamt wirft, der einerseits nach-
drücklich betonte, aufgrund seiner langjährigen Erfahrung mit (informatorischen) Bomben richtig umgehen zu
können. Andererseits ist der Zeuge mit der Bombe: Informiertheit der SPD-Spitze über den Edathy-Vorgang
offensichtlich nicht richtig umgegangen. Nimmt man allerdings seine Aussage, er verfüge über langjährige Er-
fahrung und sein Verhalten (Schweigen) als nicht widersprüchlich an, so bleibt nur der Schluss, dass er bewusst
eine Unterrichtung der Staatsanwaltschaft unterlassen hat.

b) Unzureichende Unterrichtung über Verteilung Erkenntnisanfrage

Unabhängig davon, ob die Verteilung der jeweils alle Namen aus allen Ländern enthaltenden Erkenntnisanfragen
an alle Landeskriminalämter eine grundsätzlich abgestimmte Routine war oder ob diese Anfragen vom BKA
selbständig getätigt wurden (wie der Zeuge OStA Franosch bekundete) und deshalb im konkreten Einzelfall der
Staatsanwaltschaft (ZIT) eher nicht bekannt waren 3426, wäre ein Hinweis in dem zur Weiterleitung (via ZIT
und GStA Celle) an die örtliche Staatsanwaltschaft vorgesehenen Edathy-Sachbericht auf diesen ebenfalls er-
mittlungsrelevanten Umstand angezeigt gewesen. Denn dem BKA war im Edathy-Fall am 16.Oktober 2013 die
Problematik möglicher Kenntnisnahme vom Namen Edathy in den anderen Landeskriminalämtern konkret be-
wusst, es wurde über eine Änderung dieser Praxis nachgedacht, sowie darüber, ob an die anderen LKÄ heran-
getreten werden sollte, was aber richtigerweise unterblieb, um nicht erst recht Aufmerksamkeit zu erregen.

c) Unzureichende Unterrichtung über geplante Presseaktivität

Auch wenn der GStA Ffm-ZIT durch das BKA seit längerem bekannt war, dass die kanadische Polizei eine
Presseaktivität plant, der konkrete Zeitpunkt aber noch offen war, wäre ein Hinweis in dem Edathy-Sachbericht
auf den dem BKA bekannten ungefähren geplanten Zeitpunkt als ebenfalls ermittlungsrelevante Information

3426 Darauf basiert die dem Gutachter Prof. Poscher (MAT B B90/Die Grünen 18(27)-1) zu diesem Punkt gestellte Frage - von einer unzureichenden
Tatsachengrundlage, wie die Mehrheit behauptet, kann mitnichten die Rede sein.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 801 – Drucksache 18/6700
sachgerecht gewesen, da der Sachbericht via ZIT und GStA Celle an die örtliche Staatsanwaltschaft weiterge-
leitet werden sollte.

d) Keine Unterrichtung über weitere Niedersachsen-Fälle

Der Edathy-Sachbericht enthielt auch keinen Hinweis auf den für das Vorgehen der örtlichen Staatsanwaltschaft
relevanten Umstand, dass es im BKA weitere (noch nicht aufbereitete) Niedersachsen-Fälle der Kategorie 2 gab.
Darüber wurde erst später auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft Hannover informiert.

9. Mängel bei der Bearbeitung der OP Selm im BKA

a) Unklarheit über die Aufgabengrundlagen des BKA

Das zuständige Fachreferat des BKA hat mit Schreiben vom 16. Oktober 2012 seine Ansprechpartner in den
Landeskriminalämtern über die OP Selm unterrichtet und ausgeführt, dass das BKA im Auftrag der GStA Ffm-
ZIT tätig sei, die ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet habe. Dies und die vorausgegangene
Besprechung vom Juli 2012 zur OP Selm zwischen dem Fachreferat und der GStA Ffm-ZIT könnten darauf
schließen lassen, dass das BKA bei der weiteren Bearbeitung der OP Selm polizeiliche Aufgaben auf dem Gebiet
der Strafverfolgung auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft wahrnahm (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 BKAG). Die GStA
Ffm-ZIT hat mit E-Mail vom 10. März 2014 auf Anforderung des Fachreferats nachträglich mitgeteilt, dass es
ein wie üblich nichtförmliches Ersuchen gemäß § 4 Abs.2 Satz 1 Nr.1 BKAG in der Erstbesprechung im Juli
2013 (gemeint wohl 2012) gegeben habe.

§ 4 Abs. 3 BKAG (iVm Nr. 30 Abs.3 RiStBV) schreibt für diesen Fall vor, dass unverzüglich die für die Straf-
rechtspflege und die Polizei zuständigen obersten Landesbehörden vom BKA zu benachrichtigen sind. Über die
dort ebenfalls vorgeschriebene unverzügliche Unterrichtung der Landekriminalämter hinaus, die (erst) gut ein
Jahr nach Eingang der kanadischen Unterlagen und 2 ½ Monate nach der Besprechung mit der GStA Ffm-ZIT
mit dem oben genannten Schreiben vom 16.Oktober 2012 erfolgt ist, findet sich in den Akten soweit ersichtlich
keine Unterrichtung der obersten Landesbehörden.

Im Sachbericht der Edathy-Akte, die am 18.10.2013 an die GStA Ffm-ZIT abverfügt worden ist sowie in einer
Reihe von Einzelvorgängen werden andererseits als Rechtsgrundlagen die Zentralstellen-kompetenzen des
BKAG genannt, in anderen Vorgängen wiederum wird auf die StPO Bezug genommen. Das wäre als unschäd-
liche Verwechslung oder Verwendung eines falschen Formulars für zulässige Maßnahmen nicht erwähnenswert.
Hier geht es aber darum, dass klar sein muss, in welcher Funktion das BKA tätig ist, unter der grundsätzlichen
Geltung der StPO als Polizeibehörde oder als Zentralstelle nach dem BKAG. Die Zentralstellenfunktion ermög-
licht die Auswertung der aus dem Ausland gekommenen Vorgänge, die Einholung ergänzender Auskünfte, An-
fragen und Datenerhebungen (§ 7 Abs. 2, 3 BKAG); nur bei anhängigen Strafverfahren ist dafür das Einverneh-
men mit der zuständigen Strafverfolgungsbehörde erforderlich (§ 7 Abs. 2 Satz 3 BKAG). Der Gutachter Prof.
Poscher hat ausgeführt, dass auch bei frühzeitiger laufender Koordinierung mit der Staatsanwaltschaft das Aus-
werten, Ergänzen etc. der beim BKA gespeicherten Daten Zentralstellentätigkeit (Tätigkeit im Vorfeld der
Strafverfolgung) unter der Aufsicht des BMI bleibe. Der Gutachter hat weiter ausgeführt (Drucksache 39 S. 17):

Drucksache 18/6700 – 802 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Erst nachdem die ausgewerteten Datensätze zur Einleitung eines konkreten Ermittlungsverfahrens an die
Staatsanwaltschaften abverfügt werden, greifen die Regelungen der StPO und die aus ihnen folgende „Akten-
herrschaft“ der Staatsanwaltschaft.

Dies muss auch deshalb gelten, weil eine Aufsicht des BMI über die Tätigkeit des BKA weitgehend ausge-
schlossen wäre, wenn die Datenweitergabe zwischen BKA und BMI bei allen strafverfolgungsrelevanten Da-
ten von einer Zustimmung der Staatsanwaltschaft abhängig wäre (§ 478 StPO). Unter diesen Umständen wäre
ein hinreichender, die Aufsicht ermöglichender Informationsfluss an das BMI ausgeschlossen. Solange das
BKA - wie hier - als Zentralstelle fungiert, richtet sich die Datenweitergabe daher nicht nach Strafprozess-
recht, sondern nach den für die Zentralstelle geltenden Befugnissen des BKAG.“

Hier ist dringlich notwendig, dass der Bundesminister des Innern umgehend für Klarheit und Rechtssicherheit
bei der Anwendung des BKA-Gesetzes sorgt.

b) Einzelpunkte
aa) Dauer

Die Auswertung der zur (später so genannten) OP Selm dem BKA seit Anfang November 2011 vorliegenden
Daten und die Abverfügung der Einzelakten an die Staatsanwaltschaft war nach Aussage der Zeugin Dr. Vogt
vom 4. März 2015 „jetzt“ abgeschlossen. Der Zeitraum ist unbeschadet zwischenzeitlich anderweitiger Prioritä-
tensetzungen zu lang. Ein engeres Controlling im BKA hat es erst gegeben, als die Sache in der Öffentlichkeit
Thema war.

Eine Anzeige an die Aufsichtsbehörde, dass die Kapazität nicht ausreicht, um der gesetzlichen Aufgabe des
BKA in der nötigen Frist und in dem nötigen Umgang nachzukommen, ist nicht ersichtlich. Das sollte in
solchen Fällen zwingend sein.

Der lange Gesamtzeitraum trug dazu bei, dass trotz anerkennenswerter Bemühungen der Sachbearbeitung um
Verschiebung und ihrer guten Kontakte zur kanadischen Polizei, von dort Pressearbeit zu einem Zeitpunkt ge-
macht wurde, zu dem in Deutschland Ermittlungserfolge noch gefährdet werden konnten.

Dass es allein über 6 Monate vom Entwurf bis zur Anordnung der Errichtung der für die OP Selm nötigen Datei
gedauert hat (davon 2 Monate BMI und 2 Wochen Bundesdatenschutzbeauftragter), ist nicht akzeptabel. Da-
teierrichtungsgenehmigungen bei Umfangsverfahren sind wiederkehrende Vorgänge, die nicht nur innerhalb
des BKA, sondern auch z.B. durch frühzeitige Entwurfsabstimmung mit dem BMI und dem Bundesdatenschutz-
beauftragten beschleunigt werden könnten.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 803 – Drucksache 18/6700

bb) Beweismittelsicherheit

Bei der Bearbeitung der aus Kanada übernommenen Daten ist ein bemerkenswert „unbürokratischer“ Umgang
mit den Beweismittelträgern (Festplatten) aufgefallen; ob die quittungslose Weitergabe stets der Beweismittel-
sicherheit gerecht wird, erscheint fraglich.

cc) Politische Bildung

Dass den Sachbearbeitungen der Name Edathy nicht als der Name des Bundestagsabgeordneten Edathy aufge-
fallen ist, ist nicht vorwerfbar. Sie mussten den Namen des Abgeordneten nicht kennen, auch wenn der frühere
Referatsleiter SO12 und der damalige BKA-Präsident Ziercke im vom Abgeordneten Edathy geleiteten NSU-
Untersuchungsausschuss als Zeugen vernommen worden sind und abschätzige Bemerkungen dieses Abgeord-
neten über das BKA bzw. seine Mitarbeiter durchaus Gesprächsstoff gewesen sein könnten. Gleichwohl hat die
Beweisaufnahme Hinweis darauf gegeben, dass eine tägliche kurze Durchsicht eines elektronischen Pressespie-
gels jedem Bearbeiter und jeder Bearbeiterin möglich sein und zu den Dienstpflichten gehören sollte (unbescha-
det fachspezifischer sonstiger Informationen).

dd) Mängel beim Informationsmanagement

Der Ausschuss hat sich über das Vorgangsbearbeitungssystem und andere Informationssysteme des BKA unter-
richten lassen. Die Einsetzung einer BKA-Projektgruppe Informationsmanagement zur Behebung von bei der
OP Selm aufgefallenen Mängeln (Nichtwahrnehmung von im System vorhandenen anderen Informationen über
den Abgeordneten Edathy) ist positiv. Die Umsetzung sollte bis Herbst 2014 erfolgen. Ein Ergebnis, das künftig
einen „Scheuklappeneffekt“ bei der Bearbeitung verhindern hilft, Datenschutzbelangen genügt und so etwas wie
„Promi-Marker“ oder „Schutzperson-Marker“ vermeidet, lag noch nicht vor; Zeugen aus dem BKA konnten im
März 2015 lediglich allgemein berichten.

ee) Datenwiederherstellbarkeit

Ein Zeuge aus dem BKA hat bei der Erläuterung des BKA-Vorgangsbearbeitungssystems auf Befragen zum
Thema Datenlöschung und Datenwiederherstellbarkeit ausgeführt, dass man jeden Vorgang zu jedem Zeitpunkt
anhand von Protokolldaten wiederherstellen könne. Dem wird gesondert nachzugehen sein.

10. Erinnerungsschwacher Geheimdienstkoordinator oder: Einer sagt die Unwahrheit

Der Zeuge Dr. Friedrich hat sowohl in dem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren wegen Geheimnisverrats
als auch in seiner Zeugenaussage dargelegt, dass sein damaliger Staatssekretär Fritsche ihm nach Erhalt der
BKA-Information über den Verdacht gegen Edathy geraten habe, darüber den SPD-Vorsitzenden Gabriel zu
informieren, was dann auch geschehen ist. Der damalige Innenstaatssekretär Fritsche und heutige Geheimdienst-
koordinator im Bundeskanzleramt hatte vor dem Innenausschuss im Frühjahr auf mehrfaches Befragen dezidiert

Drucksache 18/6700 – 804 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

bestritten, solchen Rat gegeben zu haben. Als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss sagte Staatssekretär Frit-
sche nun aus, dass er nicht erinnere, einen solchen Rat gegeben und deswegen auch einen Geheimnisverrat durch
den Minister nicht irgendwie thematisiert oder geprüft oder davor gewarnt zu haben. Der Zeuge Fritsche hat
bekundet, dass er - nachdem er von seinem Minister über die erfolgte vertrauliche Informierung Gabriels unter-
richtet worden war - darin angesichts von Vertraulichkeit und Vertrauenswürdigkeit Gabriels keine Gefährdung
der Ermittlungen gegen Edathy gesehen habe. Die Darlegungen des Zeugen Fritsche sind angesichts der von
ihm nachdrücklich betonten dienenden Rolle als Staatssekretär gegenüber seinem Minister und seiner beamten-
rechtlichen Pflichten wenig glaubhaft. Dazu trug auch bei, dass der Zeuge Fritsche dem Ausschuss unter Be-
zugnahme auf einen Strafrechtskommentar weiszumachen versuchte, die Informationsweitergabe an einen ei-
gentlich Unbefugten könne im Einzelfall dann zulässig sein, wenn der Empfänger vertrauenswürdig ist. Die
Überprüfung zeigt, dass es in dem in Bezug genommenen Kommentar allerdings um Fälle ging, bei denen der
eigentlich unbefugte Informationsempfänger einer gesetzlichen Schweigepflicht unterlag. Das war beim SPD-
Vorsitzenden Gabriel nicht der Fall. Die Darstellung Fritsches über die vermeintlichen Rechtgrundlagen lassen
befürchten, dass möglicherweise widerrechtliche, zumindest fragwürdige Informationsaustausche zwischen Be-
hördenleitung und Dritten mangels Rechtsbewusstsein durchaus eine gewisse Tradition haben und jederzeit wie-
der auftreten könnten.

11. Geheimnisverrat eines Bundesinnenministers

Wenn der oberste Dienstherr von 50.000 überwiegend im Bereich der inneren Sicherheit tätigen Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeitern es mit dem Dienstgeheimnis nicht so genau nimmt, dann ist das ein extrem schlechtes
Vorbild.

Bundesminister a.D. Dr. Friedrich hat nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Berlin mit der Informierung
des SPD-Vorsitzenden Gabriel über den Edathy-Vorgang am 17. Oktober 2013 rechtswidrig und schuldhaft
Geheimnisverrat begangen (§ 353b StGB). Das Verfahren wurde wegen geringer Schuld (insbes. Im Hinblick
auf die Einräumung des Geschehensablaufs und im Hinblick auf den Rücktritt Friedrichs) mit Zustimmung des
Landgerichts eingestellt. Die Verfahrenseinstellung liegt im Ermessen der Staatsanwaltschaft.

Höchst problematisch bleiben die vom Zeugen Friedrich nach wie vor nachdrücklich vertretenen Rechtfertigun-
gen für sein Verhalten und die Zustimmung, die er dafür von verschiedener Seite, u.a. vom BKA-Präsidenten
Ziercke bekam: Er - Friedrich - habe im Interesse der Wahrung der Funktions-und Handlungsfähigkeit der Bun-
desregierung und des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im In-und Ausland gehandelt. Der Zeuge
Friedrich verstieg sich sogar zu der Äußerung, er habe die Information weitergegeben, um dem SPD-Vorsitzen-
den als dem „künftigen Vizekanzler“ (Anm.: staatsrechtliche Neuerfindung Friedrichs) eine notwendige Infor-
mation zu geben, die letzten Endes Schaden von der ganzen politischen Klasse abwende. In der Erinnerung des
SPD-Vorsitzenden Gabriel, die er vor dem Innenausschuss vorgetragen hat, wird die Motivation dieser Ret-
tungsgroßtat wesentlich rationaler beschrieben: Friedrich habe gesagt, die Mitteilung an Gabriel sei so etwas

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 805 – Drucksache 18/6700
wie eine vertrauensbildende Maßnahme. Das spricht dafür, dass in Wahrheit eine parteipolitische, eine koaliti-
onspolitische Motivation zugrundegelegen haben dürfte. Das lässt auch die angebliche Uneigennützigkeit von
Friedrichs Handeln in einem anderen Licht erscheinen.

Da die Staatsanwaltschaft Berlin sich in ihrem Abschlussbericht mit Friedrichs Rechtfertigungen auseinander-
setzt und der vollständige Text im Verfahrens-und Feststellungsteil des Berichts gegen die Koalitionsmehrheit
nicht aufgenommen werden konnte, ist der Text, wie er im Berichtsentwurf des Sekretariats enthalten war, im
Anhang C wiedergegeben – auch deshalb, weil die Staatsanwaltschaft eine andere Handlungsmöglichkeit für
Friedrich darin sah, dass er die Bundeskanzlerin anstelle des SPD-Vorsitzenden hätte informieren können.

Schließlich ist zu bemerken: Der Vorsitzende des Innenausschusses hatte, im Einvernehmen mit den Obleuten
des Innenausschusses, der Staatsanwaltschaft Berlin am 19. März 2014 die Wortprotokolle der Sitzungen des
Innenausschusses vom 19. und 21. Februar 2014 im Hinblick auf die Ermittlungen betreffend Dr. Friedrich zur
Kenntnis übersandt. Aus den beigezogenen Vorgängen der Staatsanwaltschaft Berlin ergibt sich kein Hinweis
darauf, dass diese bei den Akten befindlichen Unterlagen ausgewertet worden seien. So geht die Staatsanwalt-
schaft Berlin wegen Fritsches Rat an Friedrich von einem vermeidbaren Verbotsirrtum bei Friedrich aus unge-
achtet der in diesen Protokollen dokumentierten gegenteiligen Äußerungen des Staatssekretärs Fritsche zu dem
nach Friedrichs Angaben von diesem besonders erfahrenen Staatssekretär erhaltenen Rat, Gabriel zu informie-
ren.

12. Niedersachsen

a) Staatsanwaltschaft Hannover wurde „künstlich dumm gehalten“

Bei der gemeinsamen Besprechung der Staatsanwaltschaft Hannover mit der Generalstaats-anwaltschaft Celle
am 8. November 2013 über den in Hannover seit dem 5. November 2013 vorliegenden Edathy-Fall fehlten höchst
ermittlungsrelevante Informationen, weil sie vom BKA entweder nicht in den zur Edathy-Akte gehörenden
Sachbericht aufgenommen oder sonst dorthin kommuniziert worden waren:

1. Fehlen der Information, dass der Edathy-Fall in der SPD-Spitze bekannt war. Diese Kenntnis hatte der
damalige BKA-Präsident Ziercke rechts- und objektiv dienstpflichtwidrig für sich behalten (siehe oben
Ziffer 8.a)). Die Sachbearbeitung konnte daher den Verbreitungsgrad des Fall-Wissens in der SPD-Spitze
(und damit in der unmittelbaren Umgebung des Tatverdächtigen) nicht in den Sachstandbericht aufneh-
men, um so die Staatsanwaltschaft für eine Verdunkelungsgefahr zu sensibilisieren.

2. Fehlen der Information, dass es weitere, dem Edathy-Fall vergleichbare Niedersachsen-Fälle aus der OP
Selm beim BKA gab. Ein einheitliches Vorgehen der Staatsanwaltschaft Hannover war dadurch erst erheb-
lich zeitverzögert möglich.

3. Fehlen der Information darüber, dass die Erkenntnisanfrage vom 15. Oktober 2013, in der der Name Edathy
enthalten war, an alle 16 Landeskriminalämter versandt worden war, mit der Folge, dass dort der Name
Edathy hätte entdeckt werden können.

4. Fehlen einer Information darüber, dass die kanadische Polizei eine Presseaktivität plant.

Drucksache 18/6700 – 806 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Auf der Grundlage dieser Informationen hätte die Staatsanwaltschaft möglicherweise sofort die Voraussetzun-
gen für ein Ermittlungsverfahren und Durchsuchungen beim Abgeordneten Edathy geschaffen. In Ermangelung
dieser Informationen konnten Staatsanwaltschaft Hannover und die Generalstaatsanwaltschaft Celle davon aus-
gehen, dass - wie der Zeuge Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig formuliert hat - es nicht drängt, nur ein ganz kleiner
Kreis von Leuten Bescheid weiß und sie sich in aller Ruhe der Frage: Anfangsverdacht ja oder nein widmen
konnten.

Ergebnis der Besprechung vom 8. November 2013 war, dass zunächst nach anderen, aufgrund statistischer Er-
fahrung der Staatsanwaltschaft vermuteten Niedersachsen-Fälle recherchiert und diese dann angefordert werden
sollten. Der bearbeitende Staatsanwalt hat dazu am 12. November 2013 bei der GStA Ffm-ZIT angerufen und
in der Folge mehrfach versucht, die zuständigen Sachbearbeiter im BKA zu erreichen, was ihm am 26. Novem-
ber 2013 gelang. Der Zeuge Oberstaatsanwalt Klinge hat den Zeitverlauf damit begründet, er habe zwecks
Vermeidung weiterer Verbreitung und wegen der Sachkenntnis der ihm aus der Akte namentlich bekannten
BKA-Sachbearbeiterinnen davon abgesehen, andere Personen im BKA anzusprechen, zumal nach seiner dama-
ligen Einschätzung kein Eilbedarf bestand. Das ist nachvollziehbar.

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat am 12. November 2013 bei Gelegenheit des vorgenannten Anrufs bei der
GStA Ffm - ZIT davon erfahren, dass die kanadische Polizei für den 14. November 2013 eine Presseaktivität zu
der internationalen Operation plant, aus der die OP Selm und der Edathy-Fall entstammen. Angesichts dieser
kurzen Vorlaufzeit war für die Staatsanwaltschaft zwar nichts mehr zu veranlassen. Warum dann aber auf die
ab 28. November 2013 erfolgten Recherchen des Edathy-Anwaltes Noll nicht im Sinne von Beschleunigung
bzw. Maßnahme-Vorbereitung reagiert wurde, war in der Beweisaufnahme nicht recht nachvollziehbar.

b) Landesregierung und Polizei: Keine Erkenntnisse

Im Bereich der Niedersächsischen Landesregierung und der Niedersächsischen Polizei hat die Beweisaufnahme
keine Anhaltspunkte für eine Informationsweitergabe über das Edathy-Verfahren an Unbefugte ergeben. Die
Hervorhebung der Mehrheit, dass es eine große Zahl von Personen gibt, die in Niedersachsen von dem Edathy-
Vorgang Kenntnis hatten oder hätten Kenntnis nehmen können, ändert an diesem Ergebnis der Beweisaufnahme
nichts und kann nur mit dem politischen Bemühen der Mehrheit erklärt werden, einerseits mit dem Verweis
auf Niedersachsen den Abgeordneten Hartmann zu entlasten, andererseits die Niedersächsische Landtagsoppo-
sition zu bedienen.

Zu der Angabe des Zeugen Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig, er habe bereits zu einem nicht mehr erinnerlichen
Termin im November 2013 den im Justizministerium Zuständigen über den Edathy-Fall unterrichtet, sei sich
aber nicht ganz sicher und habe auch keinen Vermerk darüber, hat die Niedersächsische Staatskanzlei dienstliche
Erklärungen der damals im Justizministerium Zuständigen vorgelegt, die dieser Angabe widersprechen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 807 – Drucksache 18/6700

13. Beamter X: Weicher Fall und schlampiges Verfahren

a) Zuständigkeit, Datenweitergabe, fehlende Durchsuchung

Das Bundeskriminalamt hatte im Fall X keine Zuständigkeit für polizeiliche Ermittlungen. Die Herauslösung
dieses Einzelfalls aus dem OP Selm-Komplex, seine Auswertung, Ergänzung und Abgabe an die Staatsanwalt-
schaft war aber im Rahmen der Zentralstellenfunktion möglich und effizient. Die dabei erfolgte und offenbar
nicht überprüfte Weitergabe eines Beweismitteldatenträgers mit über die Einzelfalldaten hinausgehend der ge-
samten Kundenliste an die Staatsanwaltschaft hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu keiner unbefugten
Einsichtnahme geführt.

Die Begründung der Zeugen aus der Staatsanwaltschaft Mainz, warum von einer Durchsuchung der Dienst-
räume des Beamte X abgesehen wurde, ist nicht nachvollziehbar.

b) Mängel im Disziplinarverfahren

Im Disziplinarverfahren hat es eine Reihe von teils gravierenden Mängeln gegeben:

1. Der Beamte X befand sich nach der in seinem Privatbereich erfolgten Durchsuchung (13. April 2012), von
der das BKA unverzüglich unterrichtet wurde, etwa eine Woche weiter im Dienst, hatte ungehinderten Zu-
gang zu seinen Diensträumen.

2. Die dienstlichen Räume und Geräte des Beamten X im BKA sind nicht unverzüglich gesichert worden. Dass
die Staatsanwaltschaft dies nicht veranlasst hat, war kein Hinderungsgrund.

3. Die nötigen dienstrechtlichen Verfügungen waren nicht vorbereitet, so dass sie dem Beamten nicht sogleich
mit Bekanntwerden der Durchsuchung, sondern erst 2 Wochen später zugestellt wurden. Warum keine vor-
läufige Dienstenthebung sondern ein (ansonsten folgenloses) Verbot der Führung der Dienstgeschäfte er-
folgte, ist nicht nachvollziehbar. Der Beamte hat seitdem bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand wegen
Polizeidienstunfähigkeit (das waren 1,5 Jahre) seine Dienstbezüge erhalten (ausgenommen eine Zulage). Der
Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit ging auf Veranlassung der Amtsleitung (Präsident) ein begleitendes
Gespräch des BKA mit dem Polizeiarzt über die „Hintergründe des Vorgangs“ voraus.

4. Die dienstlichen PC-Laufwerke (H-Laufwerk, nicht C-Laufwerk) wurden erst Wochen später untersucht.

5. Der Dienstlaptop des Beamten wurde weder sichergestellt noch untersucht. Die vernommenen Zeugen aus
dem BKA konnten nicht angeben, ob der Beamte einen solchen überhaupt hatte. Das ist eine grobe Fehl-
leistung des dem BKA-Präsidenten direkt unterstellten Referats Verwaltungsermittlung (interne Ermittlun-
gen). Die vom Zeugen Ziercke dem Ausschuss in anderem Zusammenhang vorgetragenen Erkenntnisse sind
dort entweder nicht bekannt oder bei dem „eigenen Mann“ absichtlich unbeachtet geblieben:

„Da es sich bei den Konsumenten von Kinderpornografie oder von verwandten Produkten aufgrund
der pädophilen Neigung häufig um sogenannte Getriebene handelt, ist es typisch, dass das Bildmate-
rial auf Reisen mitgenommen wird. Wer ständig unterwegs ist, einen zweiten Wohnsitz hat oder immer
wieder in Hotels übernachten muss, wartet nicht bis zum Wochenende, bis er wieder zu Hause am

Drucksache 18/6700 – 808 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

eigenen PC sitzt. Heute lädt man das im Internet eingekaufte Bild- oder Filmmaterial auf einen Stick
oder könnte es in eine Cloud stellen, um dann über ein mobiles Endgerät, zum Beispiel einen Laptop,
immer und von überall auf die Bilder zugreifen zu können. Dass Pädophile ihr Film- und Fotomaterial
tatsächlich vernichten, ist eher selten; so die polizeiliche Erfahrung. Die heutigen technischen Mög-
lichkeiten reduzieren die Entdeckungswahrscheinlichkeit erheblich. Allerdings könnte auch ein Lap-
top bei einer eingehenden forensischen Untersuchung eventuell noch Spuren aufweisen.“ (Zeuge
Ziercke Protokoll Nr. 21 S. 11/12)

6. Erst aufgrund des Beweisbeschlusses 18(27)71 vom 13. März 2015, also knapp drei Jahre später, wurde der
Verbleib des Dienstlaptops nachvollzogen: Das Gerät befand sich bis 26. April 2012 bei dem Beamten X,
die Rückgabe an das für Einsatz-und IT-Unterstützung zuständige Referat ist durch einen nicht dokumen-
tierten Rückgeber am 27. Februar 2013 erfolgt und wurde am 17.März 2015 aufgrund des Beweisbeschlusses
gesichert. Das ist für das BKA als national wie international bedeutender Polizeibehörde ein skandalöser
Vorgang.

7. Im Disziplinarverfahren zeigten sich Verständnismängel zum Verhältnis von Straf- und Disziplinarverfahren.
Die Einsetzung eines Ermittlungsbeauftragten wäre angezeigt gewesen.

8. Die erforderliche Prüfung, ob der Beamte dienstlich mit dem Bereich Bekämpfung von Kinder-und Jugend-
pornografie befasst war, hätte bereits – weil jedenfalls erforderlich – während des Laufs des Strafverfahrens
erfolgen können. Insgesamt ist dem disziplinarrechtlichen Beschleunigungsgebot nicht Rechnung getragen
worden, auch wurde verzögerndes Lavieren hingenommen.

9. In der späteren, gegenüber „X“ als Ruhestandbeamten ergangenen Disziplinarverfügung (zeitweise Ruhege-
haltskürzung) wird ein gar nicht geprüfter Umstand als gegeben zugrunde gelegt (angeblich keine Verwen-
dung dienstlicher Einrichtungen, siehe aber Laptop).

Insgesamt besteht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Eindruck, dass eine dem Dienstherrn, der den
Beamten streitfrei, ohne eventuelle Weiterverwendungspflicht sicher loswerden wollte, ebenso nützliche wie für
den Beamten glimpfliche Lösung gefunden wurde.

Auf das in erheblichem Umfang erfolgte unbefugte Neugiersuchen von BKA-Bediensteten im Informationssys-
tem nach dem Kollegen „X“ ist dienstlich angemessen reagiert worden.

14. Zum Verfahren des Untersuchungsausschusses

Zwischen September 2014 und Anfang Juli 2015 hat der Ausschuss 57 Zeugen - teils mehrfach - vernommen, 4
Sachverständige gehört und umfassend Sachbeweis vor allem durch Beiziehung von Akten und Einholung von
Auskünften erhoben. Insbesondere die von Bundesseite vorgelegten Akten waren übersichtlich geordnet, Voll-
ständigkeit wurde erklärt (was mit den gegenwärtigen Mitteln eines Untersuchungsausschuss allerdings kaum
nachprüfbar ist).Der Bundesminister des Innern hat das von der Fraktion Bündnis90/Die Grünen schon vor Ein-
setzung des Untersuchungsausschusses geforderte ‚Schredder-Moratorium‘ für untersuchungsrelevante Akten

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 809 – Drucksache 18/6700
und Daten sofort angeordnet. Die für den Untersuchungsgegenstand relevanten Datenzugriffe im BKA waren
für den Ausschuss nachvollziehbar. Die Berechtigung von Aktenschwärzungen war nachvollziehbar. Der Aus-
schuss ist bei den Vernehmungen der Zeugen vielfach sehr qualifizierten und engagierten Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern begegnet; stellvertretend seien hier die beiden BKA-Sachbearbeiterinnen der OP Selm genannt.

Die Vorsitzführung in dem Ausschuss durch eine dem Vorstand der SPD-Fraktion angehörende Abgeordnete
war wegen seines Untersuchungsgegenstandes, der wesentlich im Bereich der SPD lag, strukturell problema-
tisch. Einem Eindruck, dass es eher um den Vorsitz in einem SPD-Verteidigungsausschusses gehen könnte,
wurde nicht entgegengewirkt, sondern dieser Eindruck eher verstärkt. Äußerungen schon vor der Vernehmung
des Zeugen Edathy, dass die SPD da gut rauskommen werde in Verbindung mit anschließend extensiver Wahr-
nehmung des Vorsitzenden-Erstfragerechts, öffentliche Äußerungen zu einem umfassenden Auskunftsverwei-
gerungsrecht Edathys (bei einem Zeugen, der seine Aussagebereitschaft seit langem öffentlich angekündigt
hatte), Ablehnung des Antrages, die Zeugen Edathy und Hartmann einander gegenüberzustellen, sind Beispiele,
die zu diesem Eindruck beigetragen haben.

Die einfachste Lösung wäre bei bestehender Gesetzes-und Beschlusslage ein allseitiges parlamentarisches Ver-
ständnis: Das tut man nicht. Mindestens in solchen Interessenkonstellationen muss der Vorsitz abgegeben
werden. Darüber hinaus besteht grundsätzlicher Reformbedarf für den Vorsitz von Untersuchungsausschüssen
im Hinblick auf tatsächliche Wirksamkeit der Kontrollfunktion der Opposition.

Drucksache 18/6700 – 810 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

15. Anhänge

Anhang A – Prof. Dr. Ralf Poscher, Stellungnahme auf Grundlage des Beweisbeschlusses 18(27)16,
September 2014 (Ausschuss-Drucksache 39)

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 811 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 812 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 813 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 814 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 815 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 816 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 817 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 818 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 819 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 820 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 821 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 822 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 823 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 824 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 825 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 826 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 827 – Drucksache 18/6700

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 829 – Drucksache 18/6700

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 831 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 832 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 833 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 834 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 835 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 836 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 837 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 838 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 839 – Drucksache 18/6700

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Drucksache 18/6700 – 842 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 843 – Drucksache 18/6700
Anhang B – Prof. Dr. Ralf Poscher, Gutachten zu Datenübermittlungspflichten des Bundeskriminalam-

tes und des Bundesministers des Innern im Zusammenhang mit dem Vorgang betreffend
den Abgeordneten Edathy, im Auftrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Juli 2015
(MAT B – B 90/DIE GRÜNEN 18(27)-1)

Drucksache 18/6700 – 844 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 845 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 846 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 847 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 848 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 849 – Drucksache 18/6700

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 871 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 872 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 873 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 874 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 875 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 876 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/6700 – 878 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Anhang C – Bericht der Staatsanwaltschaft Berlin vom 16. Juni 2014 zur Einstellung des
Ermittlungsverfahrens betreffend BM a. D. Dr. Friedrich

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Drucksache 18/6700 – 880 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/6700 – 882 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Anhang D – Kontakte BKA zur Generalstaatsanwaltschaft Ffm-ZIT und zur Staatsanwaltschaft
Hannover vom 15. Oktober 2013 bis 31. Januar 2014 (Auszug aus BKA-Chronologie MAT
A BKA 18(27)1-3, Bd. 201, Bl. 130ff.)

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 883 – Drucksache 18/6700

Drucksache 18/6700 – 884 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/6700 – 886 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 887 – Drucksache 18/6700
Fünfter Teil – Übersichten und Verzeichnisse

5.1. Verzeichnisse der Ausschussdrucksachen

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

1 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherte Daten und sonstiger sächlicher Be-
weismittel, die im Organisationsbereich des
Bundeskriminalamts entstanden oder in behörd-
lichem Gewahrsam genommen worden sind,
gem. § 18 Abs. 1 PUAG

03.07.2014 04.07.2014 1

2 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherter Daten und sonstiger sächlicher Be-
weismittel, die unmittelbar im Bundesministe-
rium des Innern entstanden oder in behördlichen
Gewahrsam genommen worden sind, gem. § 18
Abs. 1 PUAG

03.07.2014 04.07.2014 2

3 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherter Daten und sonstiger sächlicher Be-
weismittel, die unmittelbar im Bundeskanzler-
amt entstanden oder in behördlichen Gewahr-
sam genommen worden sind, gem. § 18 Abs. 1
PUAG

03.07.2014 04.07.2014 3

4 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherte Daten und sonstiger sächlicher Be-
weismittel, die im Organisationsbereich der
Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkrimi-
nalität der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt
am Main entstanden oder in behördlichen Ge-
wahrsam genommen worden sind, gem. § 18
Abs. 4 PUAG i. V. m. Art. 44 Abs. 3 GG

03.07.2014 04.07.2014 4

5 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherte Daten und sonstiger sächlicher Be-
weismittel, die das (Vor-)Ermittlungsverfahren
gegen den ehemaligen Bundesminister des In-
nern, Dr. Hans-Peter Friedrich, Mitglied des
Bundestages, betreffen, und die im Organisati-
onsbereich der Generalstaatsanwaltschaft Berlin
entstanden oder in behördlichen Gewahrsam ge-
nommen worden sind, gem. § 18 Abs. 4 PUAG
i. V. m. Art. 44 Abs. 3 GG

03.07.2014 04.07.2014 5

6 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-

03.07.2014 04.07.2014 6

Drucksache 18/6700 – 888 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

speicherte Daten und sonstiger sächlicher Be-
weismittel, die im Innenausschuss des Deut-
schen Bundestages entstanden oder in behördli-
chen Gewahrsam genommen worden sind

7 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherte Daten und sonstiger sächlicher Be-
weismittel, die unmittelbar im Hessischen Mi-
nisterium der Justiz mit Bezug zur Zentralstelle
zur Bekämpfung der Internetkriminalität der Ge-
neralstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main ab
dem 05. Juli 2012 entstanden oder in behördli-
chen Gewahrsam genommen worden sind,

gem. § 18 Abs. 1 PUAG

03.07.2014 04.07.2014 7

8 Beweisantrag: Beiziehung des Organisations-
und Geschäftsverteilungsplans des Organisati-
onsbereiches Bundeskriminalamt mit allen Än-
derungen seit 1.September 2011,

gem. § 18 Abs. 1 PUAG

03.07.2014 04.07.2014 8

9 Beweisantrag: Niedersächsische Landesregie-
rung über die Niedersächsische Staatskanzlei,
gem. § 18 Abs. 4 PUAG i. V. m. Art. 44 Abs. 3
GG: Benennung aller Personen, die in nieder-
sächsischen Landesbehörden der Geschäftsbe-
reiche Inneres und Justiz sowie Staatskanzlei ab
dem 15. Oktober 2013 bis zum 10. Februar 2014
davon Kenntnis erlangt hatten, dass sich der
Name Sebastian Edathy auf einer Liste […] be-
findet, gem. § 18 Abs. 4 PUAG i. V. m. Art. 44
Abs. 3 GG

03.07.2014
04.07.2014 9

10 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherte Daten und sonstiger sächlicher Be-
weismittel, die unmittelbar im Niedersächsi-
schen Ministerium für Inneres und Sport ab dem
15. Oktober 2013 entstanden oder in behördli-
chen Gewahrsam genommen worden sind, gem.
§ 18 Abs. 4 PUAG i. V. m. Art. 44 Abs. 3 GG

03.07.2014
04.07.2014 10

11 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherte Daten und sonstiger sächlicher Be-
weismittel, die im nachgeordneten Geschäftsbe-
reich des Niedersächsischen Ministeriums für
Inneres und Sport ab dem 15. Oktober 2013 ent-
standen oder in behördlichen Gewahrsam ge-
nommen worden sind, gem. § 18 Abs. 4 PUAG
i. V. m. Art. 44 Abs. 3 GG

03.07.2014
04.07.2014 11

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 889 – Drucksache 18/6700

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

12 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherte Daten und sonstiger sächlicher Be-
weismittel, die unmittelbar im Niedersächsi-
schen Justizministerium ab dem 15. Oktober
2013 entstanden oder in behördlichen Gewahr-
sam genommen worden sind, gem. § 18 Abs. 4
PUAG i. V. m. Art. 44 Abs. 3 GG

03.07.2014
04.07.2014 12

13 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherte Daten und sonstiger sächlicher Be-
weismittel, die im nachgeordneten Geschäftsbe-
reich des Niedersächsischen Justizministeriums
ab dem 15. Oktober 2013 entstanden oder in be-
hördlichen Gewahrsam genommen worden sind,
gem. § 18 Abs. 4 PUAG i. V. m. Art. 44 Abs. 3
GG

03.07.2014 04.07.2014 13

14 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherte Daten und sonstiger sächlicher Be-
weismittel, die Vorermittlungen sowie Ermitt-
lungsverfahren wegen Verletzung des Dienstge-
heimnisses i. Z. m. den Ermittlungen gegen Se-
bastian Edathy betreffen und die bei der Staats-
anwaltschaft Hannover sowie der Generalstaats-
anwaltschaft Celle ab dem 10. Februar 2014 ent-
standen oder in behördlichen Gewahrsam ge-
nommen worden sind, gem. § 18 Abs. 4 PUAG
i. V. m. Art. 44 Abs. 3 GG

03.07.2014
04.07.2014 14

15 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherte Daten und sonstiger sächlicher Be-
weismittel, die unmittelbar im Rheinland-Pfälzi-
schen Ministerium der Justiz und für Verbrau-
cherschutz und im nachgeordneten Geschäftsbe-
reich dieses Ministeriums ab dem 1. Februar
2012 entstanden oder in behördlichen Gewahr-
sam genommen worden sind, gem. § 18 Abs. 4
PUAG i. V. m. Art. 44 Abs. 3 GG

03.07.2014
04.07.2014 15

16 Beweisantrag: Einholung von Sachverständigen-
gutachten gem. § 28 PUAG
1. Darstellung der Rechtslage - Strafbarkeit der
Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes kin-
der- bzw. jugendpornografischer Schriften

2. Darstellung der fachgesetzlichen Grundlagen
des BKA sowie der strukturellen und funktionel-
len Grundlagen der Arbeit des BKA

03.07.2014 04.07.2014 16

Drucksache 18/6700 – 890 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

17 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher ab dem 1.
September 2011 innerhalb des Organisationsbe-
reichs Bundeskriminalamt gültiger
1. Zielvereinbarungen sowie
2. Grundsätze, Weisungen und Erlasse betr. die
Erteilung von Aktenauskünften gem. § 18 Abs.
1 PUAG

13.08.2014

10.09.2014 17

18 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher vom Bun-
deskriminalamt ab dem 1. September 2011 gül-
tiger
1. Verwaltungsvorschriften etc.
2. Weisungen/Erlasse etc.
3. Strategie- u. Programmplanungen (betreffend
des Organisationsbereichs des Bundeskriminal-
amtes)

4. Verwaltungsvorschriften (betreffend des Orga-
nisationsbereichs des Bundeskriminalamtes)

gem. § 18 Abs. 1 PUAG

13.08.2014

10.09.2014 18

19 Vorläufige Einstufung von Beweismitteln des 2.
Untersuchungsausschusses als VS-VERTRAU-
LICH, gem. § 15 Abs. 1 S. 2 PUAG i. V. m. § 2a
Abs. 2 der Geheimschutzordnung des Deutschen
Bundestages

18.08.2014
10.09.2014

20 Vorläufige Einstufung von Beweismitteln des 2.
Untersuchungsausschusses als VS-NfD,

gem. § 15 Abs. 1 S. 2 PUAG i. V. m. § 2 Abs. 1
der Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages

01.09.2014
10.09.2014

21 Vorläufige Einstufung von Beweismitteln des 2.
Untersuchungsausschusses als VERTRAU-
LICH, gem. § 15 Abs. 1 S. 2 PUAG i. V. m. § 2a
Abs. 2 der Geheimschutzordnung des Deutschen
Bundestages

02.09.2014
10.09.2014

22 Vorläufige Einstufung von Beweismitteln des 2.
Untersuchungsausschusses als GEHEIM,

gem. § 15 Abs. 1 S. 2 PUAG i. V. m. § 2a Abs. 1
der Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages

02.09.2014
10.09.2014

23 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Be-
schlüsse, Beschlussvorlagen bzw. –entwürfe,
Protokolle, Berichte und sonstige Materialien,
Dokumente, in Dateien oder auf andere Weise
gespeicherte Daten, die in der oder für die Innen-
ministerkonferenz mit Bezug auf den Bereich

03.09.2014
10.09.2014 19
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 891 – Drucksache 18/6700

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes
kinder- bzw. jungendpornografischer Schriften
einschließlich der Kategorisierung entsprechen-
der Schriften sowie diesen Bereich betreffende
polizeiliche Arbeit am 1. September 2008 bis
Ende Juni 2014 entstanden oder in Gewahrsam
genommen worden sind, gem. § 18 Abs. 4
PUAG i. V. m. Art. 44 Abs. 3 GG

24 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf andere Weise ge-
speicherte Daten (einschließlich von Beschlüs-
sen, Beschlussvorlagen und –materialen, Be-
richten, Vermerken, Sitzungs- und Bespre-
chungsprotokollen), die in der oder für die Ar-
beitsgemeinschaft der Leiter der Landeskrimi-
nalämter und des Bundeskriminalamts mit Be-
zug auf die Operation Spade/Selm oder allge-
meine Fragen der Verbreitung, des Erwerbs und
des Besitzes kinder- bzw. jugendpornografi-
scher Schriften einschließlich der Kategorisie-
rung entsprechender Schriften sowie diesen Be-
reich betreffende polizeiliche Operationen ab 1.
September 2008 bis Ende April 2014 entstanden
oder in behördlichen Gewahrsam genommen
worden sind und sich beim Bundeskriminalamt
befinden, gem. § 18 abs. 1 PUAG

03.09.2014
10.09.2014 20

25 Beweiserhebung zum gesamten Untersuchungs-
auftrag vorbereitet, indem das Bundeskriminal-
amt über das Bundesministerium des Innern,

gem. § 18 Abs. IV PUAG i. V. m. Art. 44 Abs. 3
GG ersucht wird, alle Personen, die zwischen
dem 20. September 2011 und dem 10. Februar
2014 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Re-
ferats SO 12 im Bundeskriminalamt waren

03.09.2014
10.09.2014 21

26 Antrag auf Vernehmung von Herrn Florian Gru-
ber, Mitarbeiter des Referats SO 12 im Bundes-
kriminalamt (BKA) als Zeuge

03.09.2014
10.09.2014 22

27 Antrag auf Vernehmung von Herrn Ronny
Liersch, Mitarbeiter des Referats SO 12 im Bun-
deskriminalamt (BKA) als Zeuge

03.09.2014
10.09.2014 23

28 Antrag auf Vernehmung von Frau Kriminalober-
kommissarin Julia Wiegand, Mitarbeiterin des
Referats SO 12 im Bundeskriminalamt (BKA)
als Zeugin

03.09.2014
10.09.2014 24

29 Antrag auf Vernehmung von Frau Kriminal-
hauptkommissarin Julia Greiner, Mitarbeiterin
des Referats SO 12 im Bundeskriminalamt
(BKA) als Zeugin

03.09.2014
10.09.2014 25

Drucksache 18/6700 – 892 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

30 Antrag auf Vernehmung von Herrn Kriminal-
hauptkommissar Daniel Szumilas, Mitarbeiter
des Referats SO 12 im Bundeskriminalamt
(BKA) als Zeuge

03.09.2014
10.09.2014 26

31 Antrag auf Vernehmung von Herrn Ersten Krimi-
nalhauptkommissar Gunther Stahl, Mitarbeiter
des Referats SO 12 im Bundeskriminalamt
(BKA) als Zeuge

03.09.2014
10.09.2014 27

32 Antrag auf Vernehmung von Herrn Kriminal-
oberrat Marco Herb, ehemaliger Mitarbeiter des
Referats SO 12 im Bundeskriminalamt (BKA)
als Zeuge

03.09.2014
10.09.2014 28

33 Vorläufige Einstufung von Beweismitteln des 2.
Untersuchungsausschusses als GEHEIM,

gem. § 15 Abs. 1 S. 2 PUAG i. V. m. §2a Abs. 1
der Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages

04.09.2014
24.09.2014 7
4

34 Schreiben der Niedersächsischen Staatskanzlei
zu Beweisbeschlüsse 18(27)10 bis 14

10.09.2014
10 bis 14

35 Beweisantrag:
1. Auskunft der Generalstaatsanwaltschaft Berlin
darüber eingeholt wird, ob in Ihrem Organisati-
onsbereich aufgrund eventueller Erkenntnisse
im Zusammenhang oder in Folge des Ermitt-
lungsverfahrens gegen den ehemaligen Bundes-
minister des Innern Dr. Hans-Peter Friedrich
wegen des Vorwurfs der Verletzung des Dienst-
geheimnisses oder aus sonstiger Veranlassung
der Verdacht einer Tatbeteiligung a) erforscht,
b) ggf. diesbezüglich ein Ermittlungsverfahren
eingeleitet wurde oder werden soll und wenn zu
a) oder b) nein, warum nicht

2. Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in
Dateien oder auf andere Weise gespeicherte Da-
ten und sonstiger sächlicher Beweismittel er-
folgt, die (Vor-)Ermittlungsverfahren wegen
Tatbeteiligung an einer vom ehemaligen Bun-
desministers des Innern Dr. Hans-Peter Fried-
rich möglicherweise begangenen Verletzung des
Dienstgeheimnisses betreffen und die im Orga-
nisationsbereich der Generalstaatsanwaltschaft
Berlin entstanden oder in behördlichen Gewahr-
sam genommen worden sind gem. § 18 Abs. 4.
PUAG i. V. m. Art. 44 Abs. 3 GG

10.09.2014

24.09.2014 29

36 Schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. Jörg Ei-
sele zur öffentlichen Anhörung am 24. Septem-
ber 2014

12.09.2014

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 893 – Drucksache 18/6700

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

37 Schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. Thomas
Feltes M.A. zur öffentlichen Anhörung am 24.
September 2014

12.09.2014

38 Schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr.
Joachim Renzikowski zur öffentlichen Anhö-
rung am 24. September 2014

15.09.2014

39 Schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. Ralf
Poscher zur öffentlichen Anhörung am 24. Sep-
tember 2014

16.09.2014

40 Antrag auf Vernehmung von Herrn Kriminal-
oberrat Jörn Theissig, Mitarbeiter des Referats
SO 12 im Bundeskriminalamt (BKA) als Zeuge

23.09.2014

24.09.2014 30

41 Antrag auf Vernehmung von Herrn Staatsanwalt
Dr. Benjamin Krause, Mitarbeiter der General-
staatsanwaltschaft Frankfurt am Main als Zeuge

23.09.2014

24.09.2014 31

42 Antrag auf Vernehmung von Herrn Oberstaatsan-
walt Rainer Franosch, Mitarbeiter der General-
staatsanwaltschaft Frankfurt am Main als Zeuge

23.09.2014

24.09.2014 32

43 Antrag auf Vernehmung von Herrn Staatsanwalt
Dr. Joachim Schumacher, Mitarbeiter der
Staatsanwaltschaft Mainz als Zeuge

23.09.2014

24.09.2014 33

44 Antrag auf Vernehmung von Frau Oberstaatsan-
wältin Andrea Keller, Mitarbeiterin der Staats-
anwaltschaft Mainz als Zeugin

23.09.2014

24.09.2014 34

45 Antrag auf Benennung einer Person aus dem Be-
reich des Bundeskriminalamtes, die umfassend
Auskunft geben kann zum Vorgangsbearbei-
tungssystem (VBS) des Bundeskriminalamtes,
insbesondere zu Fragen des Aufbaus, der Bestü-
ckung und der Zugriffsmöglichkeiten,

gem. § 18 Abs. 4 PUAG i. V. m. Art. 44 Abs. 3
GG, sowie anschließende Vernehmung der be-
nannten Person als Zeugin oder Zeugen

23.09.2014

24.09.2014 35

46 Antrag auf Vernehmung von Frau Kriminalkom-
missarin Christina Geyer, Mitarbeiterin im Bun-
deskriminalamt als Zeugin

23.09.2014

24.09.2014 36

47 Antrag auf Vernehmung von Herrn Kriminal-
kommissar Jan Hellenthal, Mitarbeiter im Bun-
deskriminalamt als Zeugen

23.09.2014

24.09.2014 37

Drucksache 18/6700 – 894 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

48 Antrag auf Vernehmung von Frau Kriminalkom-
missarin Jana Hockun, Mitarbeiterin im Bundes-
kriminalamt als Zeugin

23.09.2014

24.09.2014 38

49 Antrag auf Vernehmung von Herrn Kriminal-
hauptkommissar Knut Hackel, Mitarbeiter im
Bundeskriminalamt als Zeugen

23.09.2014

24.09.2014 39

50 Antrag auf Vernehmung von Herrn Kriminaldi-
rektor Christian Hoppe, Mitarbeiter des Bundes-
kriminalamt als Zeugen

23.09.2014

24.09.2014 40

51 Antrag auf Vernehmung von Herrn Kriminaldi-
rektor Christoph Dorendorf, Referatsleiter des
Referats SO 12 im Bundeskriminalamt als Zeu-
gen

23.09.2014

24.09.2014 41

52 Eingabe der Fraktion der SPD: 2. UA: Planung
der weiteren Zeugenvernehmungen

23.09.2014
24.09.2014

53 Schreiben der Ständigen Konferenz der Innenmi-
nister und –senatoren der Länder zu Beweisbe-
schluss (BB18(27)19)

09.10.2014 15.10.2014 19

54 Antrag auf Vernehmung von Kriminaldirektor
Jürgen Spaniol, Leiter des Referats ZD 25 im
Bundeskriminalamt (BKA) als Zeugen

10.10.2014

15.10.2014 42

55 Antrag auf Vernehmung von Kriminalrat Chris-
toph Becker, Mitarbeiter des Referats ZV 15 im
Bundeskriminalamt (BKA) als Zeugen

10.10.2014

15.10.2014 43

56 Antrag auf Vernehmung von Regierungsdirektor
Matthias Meyer, Leiter des Referats ZV 15 im
Bundeskriminalamt (BKA) als Zeugen

10.10.2014

15.10.2014 44

57 Benennung als auskunftsfähige Person, Krimi-
naloberrat Guido Schweickardt, Stellvertreten-
der Leiter des Referats IT 02, bzgl. Auskunfts-
angabe zum Vorgangsbearbeitungssystem
(VBS)

09.10.2014

? 35

58 Antrag auf Vernehmung von Sebastian Edathy
als Zeugen

14.10.2014

15.10.2014 45

59 Vorläufige Einstufung von Beweismitteln des 2.
Untersuchungsausschusses als GEHEIM, gem. §
15 Abs. 1 S. 2 PUAG i. V. m. § 2a Abs. 1 der
Geheimschutzordnung des Deutschen Bundesta-
ges

16.10.2014

05.11.2014
13.11.2014

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 895 – Drucksache 18/6700

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

60 Vorläufige Einstufung von Beweismitteln des 2.
Untersuchungsausschusses als VS-NfD,

gem. § 15 Abs. 1 S. 2 PUAG i. V. m. § 2 Abs. 1
und 5 der Geheimschutzordnung des Deutschen
Bundestages

27.10.2014

05.11.2014

61 Beweisantrag:
1. weitere Auskunft der Generalstaatsanwalt-
schaft Berlin darüber eingeholt wird, ob in ihrem
Organisationsbereich aufgrund eventueller Er-
kenntnisse im Zusammenhang oder in Folge des
Ermittlungsverfahrens gegen den ehemaligen
Bundesminister des Innern Dr. Hans Peter Fried-
rich wegen des Vorwurfs auf Verletzung des
Dienstgeheimnisses oder aus sonstiger Veran-
lassung der Verdacht einer Tatbeteiligung a) er-
forscht, b) ggf. diesbezüglich ein Ermittlungs-
verfahren eingeleitet wurde oder werden soll
und wenn zu a) oder b) nein, warum nicht

2. Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente, in
Dateien oder auf andere Weise gespeicherte Da-
ten und sonstiger sächlicher Beweismittel er-
folgt, die den im vorstehenden Auskunftsersu-
chen zu 1. B. bezeichneten Sachverhalt betreffen
und die im Organisationsbereich der General-
staatsanwaltschaft Berlin entstanden oder in be-
hördlichen Gewahrsam genommen worden sind

3. Beiziehung sämtlicher Akten, Dokumente , in
Dateien oder auf andere Weise gespeicherter
Daten und sonstiger sächlicher Beweismittel er-
folgt, aus denen im Schreiben des Generalstaats-
anwalts in Berlin vom 13.Oktober 2014 (AZ:
142 AR 34/14) an die Vorsitzende des 2. Unter-
suchungsausschusses der 18. Wahlperiode des
Deutschen Bundestags wörtlich zitiert wird und
die im Organisationsbereich der Generalstaats-
anwaltschaft Berlin entstanden oder in behördli-
chen Gewahrsam genommen worden sind

gem. § 18 Abs. 4 PUAG i.V.m. Art. 44 Abs. 3 GG

06.11.2014

26.11.2014

62 Vorläufige Einstufung von Beweismitteln des 2.
Untersuchungsausschusses als GEHEIM,

gem. § 15 Abs. 1 S. 2 PUAG i. V. m. § 2a Abs. 1
der Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages

10.11.2014

13.11.2014

63 Schreiben über den 2. Untersuchungsausschuss
der 18. Wahlperiode in Bezug auf die 10. Sit-
zung am 05.11.2014, Ausschussdrucksache
18(27)59 über Einstufung

10.11.2014

13.11.2014

Drucksache 18/6700 – 896 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

64 Vorläufige Einstufung von Beweismitteln des 2.
Untersuchungsausschusses als GEHEIM,

gem. § 15 Abs. 1 S. 2 PUAG i. V. m. § 2a Abs. 1
der Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages

21.11.2014
26.11.2014

65 Antrag auf Vernehmung von Herrn Leitender
Kriminaldirektor Dieter Schiffels, Leiter der
Gruppe SO 1 im Bundeskriminalamt (BKA) als
Zeugen

25.11.2014

26.11.2014 46

66 Antrag auf Vernehmung von Frau Direktorin
beim BKA Dr. Sabine Vogt, Leiterin Abteilung
SO im Bundeskriminalamt (BKA) als Zeugin

25.11.2014

26.11.2014 47

67 Antrag auf Vernehmung von Herrn Jürgen Hoff-
mann, Leiter der Abteilung ZV im Bundeskri-
minalamt (BKA) als Zeugen

25.11.2014

26.11.2014 48

68 Antrag auf Vernehmung von Herrn Peter Henz-
ler, seit 01.04.2013 Vizepräsident beim Bun-
deskriminalamt, vorher: Leiter Abt. SO im
BKA als Zeugen

25.11.2014

26.11.2014 49

69 Antrag auf Vernehmung von Herrn Ministerial-
direktor Paul Fietz, Leiter der Abteilung D im
Bundesministerium des Innern, vorher: Leiter
Abteilung Z im BMI als Zeugen

25.11.2014

26.11.2014 50

70 Antrag auf Vernehmung von Herrn Jörg Ziercke,
Präsident des Bundekriminalamtes (BKA) a.D.
als Zeugen

25.11.2014

26.11.2014 51

71 Antrag auf Vernehmung von Herrn Heiner Bart-
ling, von 1998 bis 2003 Innenminister des Lan-
des Niedersachsen als Zeugen

25.11.2014

26.11.2014 52

72 Beweisantrag:
Eine Ablichtung der Versicherungen von Herrn
Sebastian Edathy an Eides Statt, sowie Beizie-
hung sämtlicher Akten, Dokumente, in Dateien
oder auf andere Weise gespeicherte Daten und
sonstige sächliche Beweismittel, die im Zusam-
menhang mit dem Inhalt der genannten Versi-
cherungen an Eides statt stehen, an den Untersu-
chungsausschuss herauszugeben oder um Mit-
teilung, wo sich diese befinden gem. § 29 Abs. 1
PUAG

16.12.2014

18.12.2014 53

73 Antrag auf Vernehmung von Herrn Michael
Hartmann, Mitglied des Bundestages als Zeu-
gen

18.12.2014 18.12.2014 54

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 897 – Drucksache 18/6700

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

74 Beweisantrag: Beiziehung des Programms (und
ggf. Beiprogramms) sowie der Teilnehmerliste
der Tagung „Aktuelle Problemfelder des poli-
zeilichen Spitzenmanagements“, gem. § 18
Abs. 4 S. 1 PUAG i. V. m. Art. 44 Abs. 3 GG

08.01.2015 15.01.2015 56

75 Beweisantrag: Beiziehung sämtlicher Akten,
Dokumente, in Dateien oder auf andere Weise
gespeicherter Daten und sonstiger sächlicher
Beweismittel, die unmittelbar im Bundesminis-
terium der Justiz und für Verbraucherschutz
entstanden oder in behördlichen Gewahrsam
genommen worden sind, gem. § 18 Abs. 1
PUAG

08.01.2015 15.01.2015 57

76 Beweisantrag: Beiziehung der Teilnehmerliste
der BKA-Herbsttagung, die vom 12. bis zum
13. November 2013 in Wiesbaden stattfand,
gem. § 18 Abs. 1 PUAG

08.01.2015 15.01.2015 58

77 Beweisantrag: Beiziehung Sebastian Edathys
Mobilfunkgeräte an den Untersuchungsaus-
schuss zwecks technischer Überprüfung der
Manipulationsfreiheit, gem. § 29 Abs. 1 PUAG

14.01.2015
15.01.2015 59

78 Antrag auf Vernehmung von Herrn Dennis
Nocht, Geschäftsführer des Seeheimer Kreises
in der SPD-Bundestagsfraktion als Zeugen

16.01.2015 16.01.2015 60

79 Antrag auf Vernehmung von Herrn Maik Schu-
paris als Zeugen

16.01.2015 16.01.2015 61

80 Antrag auf Vernehmung von Herrn Wolfgang
Hertinger, Präsident des LKA Rheinland-Pfalz
als Zeugen

16.01.2015 16.01.2015 62

81 Antrag auf Vernehmung von Frau Bärbel Tewes-
Heiseke als Zeugin

16.01.2015 16.01.2015 63

82 Antrag auf Vernehmung von Herrn Rechtsanwalt
Christian Noll als Zeugen

16.01.2015 16.01.2015 64

83 Antrag auf Vernehmung von Herrn Jens Jenssen
als Zeugen

16.01.2015 16.01.2015 65

84 Antrag auf Vernehmung von Herrn Johannes
Kahrs, Mitglied des Bundestages als Zeugen

16.01.2015 16.01.2015 66

85 1. Die Herren
Bundesminister Sigmar Gabriel, Mitglied des
Bundestages

Michael Hartmann, Mitglied des Bundestages
Fraktionsvorsitzender Thomas Oppermann, Mit-
glied des Bundestages

Fraktionsangestellter Heiner Staschen,

23.01.2015 19.03.2015
Drucksache 18/6700 – 898 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier,
Mitglied des Bundestages

2. Frau Erste Parlamentarische Geschäftsführerin
Christine Lambrecht, Mitglied des Bundestages

werden ersucht, ihren Schriftverkehr (Akten, Do-
kumente, in Dateien oder auf sonstige Weise ge-
speicherte Daten wie E-Mails, SMS, WhatsApp
und vergleichbare Nachrichtenübermittlungs-
dienste sowie sonstige sächliche Beweismittel,
die im Zusammenhang mit dem Inhalt des
Schriftverkehrs stehen und sich in ihrem Besitz
befinden)

zu 1. aus dem Zeitraum 15. Oktober 2013 bis zum
15. Februar 2014

zu 2. aus dem Zeitraum vom 15. Dezember 2013
bis zum 15. Februar 2014 soweit er mit oder über
Herrn Sebastian Edathy geführt wurde

oder Datenweitergaben zum Fall Edathy enthält
oder mit solchen Datenweitergaben in Zusam-
menhang steht an den Untersuchungsausschuss
herauszugeben, gemäß §29 Abs. 1 PUAG

86 Erklärung Michael Hartmann, Verweigerung
Zeugenaussage vor Untersuchungsausschuss

05.02.2015

87 Beschluss 12 zum Verfahren, Abschluss von Zeu-
genvernehmungen (§26 Untersuchungsaus-
schussgesetz)

18.02.2015 25.02.2015

88 Erklärung von Herrn Bundesminister des Aus-
wärtigen Frank-Walter Steinmeier (MdB), keine
Dokumente zum Fall Edathy zu haben.

18.02.2015

89 Beweisantrag:
Auskunft des Ministers für Inneres und Sport des
Landes Niedersachsen,

1.ob und wenn ja an welchen Teilen (z.B. A-Län-
der-Vorbesprechung, gesellschaftliches Rah-
menprogramm wie z. B. Essen o. ä.) und wie
lange (An- und Abreisezeit) der Bundestagsab-
geordnete und vormalige innenpolitische Spre-
cher der SPD-Bundestagsfraktion Michael Hart-
mann

2.ob und wenn ja an welchen Teilen (einschließ-
lich gesellschaftlichem Rahmenprogramm wie
z. B. Essen o. ä.) und wie lange (An- und Abrei-
sezeit)

a)der damalige Bundesminister des Innern Dr.
Hans-Peter Friedrich

b)der damalige Staatssekretär des BMI Klaus-
Dieter Fritsche

19.02.2015 25.02.2015 67

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 899 – Drucksache 18/6700

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

c)der damalige Präsident des BKA Jörg Ziercke
an der vom Minister für Inneres und Sport des
Landes Niedersachen als Vorsitzendem geleite-
ten IMK-Jahreskonferenz vom 4. – 6. Dezember
2013 in Osnabrück teilgenommen haben, gem. §
18 Abs. 4 S. 1 PUAG i. V. m. Art. 44 Abs. 3 GG

90 Erklärung von Herrn Bundesminister für Wirt-
schaft und Energie Sigmar Gabriel, keine Doku-
mente zum Fall Edathy zu haben im Zeitraum
15.10.2013 bis 15.02.2014

24.02.2015 19.03.2015

91 Vorläufige Einstufung von Beweismitteln des 2.
Untersuchungsausschusses als VS-NfD, gem. §
15 Abs. 1 S. 2 PUAG i. V. m. § 2 Abs. 1 und 5
der Geheimschutzordnung des Deutschen Bun-
destages

25.02.2015 19.03.2015

92 Vorläufige Einstufung von Beweismitteln des 2.
Untersuchungsausschusses als VERTRAU-
LICH, gem. § 15 Abs. 1 S. 2 PUAG i. V. m. § 2a
Abs. 2 der Geheimschutzordnung des Deutschen
Bundestages

25.02.2015 19.03.2015

93 Schreiben von Herrn Rechtsanwalt Christian
Noll, Erstattung entstandener Gebühren,

gem. § 35 Abs. 2 S. 2 PUAG

25.02.2015 04.03.2015

94 Antrag auf Vernehmung der im Untersuchungs-
auftrag mit „X“ bezeichneten Person als Zeugen

26.02.2015 04.03.2015 68

95 Antrag auf Vernehmung von Herrn Leitender
Kriminaldirektor Heiko Braß, Leiter Leitungs-
stab im Bundeskriminalamt (BKA)

03.03.2015 04.03.2015 69

96 Schreiben von Herrn Rechtsanwalt Dr. Sven Krü-
ger, Erstattung entstandener Gebühren des Zeu-
gen Jens Jensen, gem. § 35 Abs. 2 S. 2 PUAG

04.03.2015 19.03.2015

97 Beweisantrag: Schriftliche Beantwortung folgen-
der Fragen des Bundeskriminalamtes gegenüber
dem Untersuchungsausschuss, gem. §18 Abs. 4
PUAG
Begründung: Unterschiedliche Angaben von
Zeugen zum Tatbestand

17.03.2015
19.03.2015 71

98 Schreiben von Herrn Rechtsanwalt Christian Noll
hinsichtlich der Auslese des Mobiltelefons von
Herrn Edathys: Bitte um Überprüfung der Not-
wendigkeit dieser Maßnahme

24.03.2015
25.03.2015
99 Antrag auf Vernehmung von Herrn Polizeihaupt-
kommissar Christian Lange, Polizeistation Reh-
burg-Loccum als Zeugen

24.03.2015 25.03.2015

Drucksache 18/6700 – 900 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

99 (neu) Antrag auf Vernehmung von Herrn Polizei-
hauptkommissar Frank Lange, Polizeistation
Rehburg-Loccum als Zeugen

26.03.2015
25.03.2015 72

100 Antrag auf Vernehmung von Herrn Erster Krimi-
nalhauptkommissar Uwe Baum, Polizeiinspek-
tion Nienburg/Schaumburg als Zeugen

24.03.2015
25.03.2015
73

101 Antrag auf Vernehmung von Herrn Leitender Po-
lizeidirektor Frank Kreykenbohm, Polizeiin-
spektion Niemburg/Schaumburg als Zeugen

24.03.2015
25.03.2015 74

102 Antrag auf Vernehmung von Herrn Polizeipräsi-
dent Robert Kruse, Polizeidirektion Göttingen
als Zeugen

24.03.2015
25.03.2015 75

103 Antrag auf Vernehmung von Herrn Boris Pisto-
rius, Niedersächsischer Minister für Inneres und
Sport als Zeugen

24.03.2015
25.03.2015 76

104 Antrag auf Vernehmung von Herrn Oberstaatsan-
walt Thomas Klinge, Staatsanwaltschaft Hanno-
ver als Zeugen

24.03.2015
25.03.2015 77

105 Antrag auf Vernehmung von Herrn Leitender
Oberstaatsanwalt Dr. Jörg Fröhlich, Staatsan-
waltschaft Hannover als Zeugen

24.03.2015
25.03.2015 78

106 Antrag auf Vernehmung von Herrn General-
staatsanwalt Dr. Frank Lüttig, Generalstaatsan-
waltschaft Celle als Zeugen

24.03.2015
25.03.2015 79

107 Antrag auf Vernehmung von Frau Landesminis-
terin Antje Niewitsch-Lennartz, Niedersächsi-
sche Justizministerin als Zeugin

24.03.2015
25.03.2015 80

108 Antrag auf Vernehmung von Herrn Staatssekretär
Klaus-Dieter Fritsche, 2009 bis 2013 Staatssek-
retär im Bundesministerium des Innern als Zeu-
gen

24.03.2015 25.03.2015 81

109 Antrag auf Vernehmung von Frau Christine Lam-
brecht, Mitglied des Bundestages, Erste Parla-
mentarische Geschäftsführerin der SPD-Bun-
destagsfraktion als Zeugin

24.03.2015 25.03.2015 82

110 Antrag auf Vernehmung von Herrn Heiner
Staschen, Büroleiter des Vorsitzenden der SPD-
Bundestagsfraktion als Zeugen

24.03.2015 25.03.2015 83

111 Antrag auf Vernehmung von Herrn Bundesminis-
ter a. D. - Dr. Hans-Peter Friedrich, Mitglied des
Bundestages, Stellv. Vorsitzender der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion als Zeugen

24.03.2015 25.03.2015 84

112 Antrag auf Vernehmung von Herrn
Bundesminister Sigmar Gabriel, Mitglied des

24.03.2015 25.03.2015 85

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 901 – Drucksache 18/6700

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

Bundestages, Vorsitzender der SPD sowie Bun-
desminister für Wirtschaft und Energie, als Zeu-
gen

113 Antrag auf Vernehmung von Herrn
Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
Mitglied des Bundestages, Bundesminister des
Auswärtigen als Zeugen

24.03.2015 25.03.2015 86

114 Antrag auf Vernehmung von Herrn Thomas
Oppermann Mitglied des Bundestages, Vorsit-
zender der SPD-Bundestagsfraktion als Zeugen

24.03.2015 25.03.2015 87

115 Beweisantrag: Beiziehung eines Ausdruckes des
E-Mail-Verkehrs, den Herr Rechtsanwalt
Christian Noll mit dem Anwalt von Herrn Abge-
ordneten Hartmann geführt hat, sowie Akten,
Dokumente, in Dateien oder auf andere Weise
gespeicherte Daten und sonstige sächliche Be-
weismittel, die im Zusammenhang mit dem In-
halt des genannten E-Mail-Verkehrs stehen, und
die sich in seinem Besitz befinden an den Unter-
suchungsausschuss herauszugeben, gem. § 29
Abs. 1 PUAG

24.03.2015 25.03.2015 88

116 Schreiben von Herrn Erster Kriminalhauptkom-
missar Uwe Baum, Polizeiinspektion Nien-
burg/Schaumburg; Anlage zum Empfangsbe-
kenntnis: Bitte um eine Ladung zu einem ande-
ren Termin, Grund: genehmigter Urlaub zum
Zeitpunkt der Sitzung

16.04.2015
117 Schreiben der Senatsverwaltung für Justiz und
Verbraucherschutz betreffend abgeschlossenem
Ermittlungsverfahren gegen das Mitglied des
Deutschen Bundestages und Bundesminister
a.D. , Dr. Hans-Peter Friedrich, wegen Verlet-
zung des Dienstgeheimnisses und einer beson-
deren Geheimhaltungspflicht

16.04.2015
23.04.2015 5

118 Antrag auf Vernehmung von Herrn Bundesminis-
ter Dr. Thomas de Maiziére, Mitglied des Bun-
destages, Bundesminister des Innern als Zeugen

16.04.2015
23.04.2015
89

119 Schreiben vom Bundesministerium des Innern
bzgl. Beweisbeschluss 18(27)71, mit dem das
Bundeskriminalamt um schriftliche Beantwor-
tung bestimmter Fragen über das Bundesminis-
terium des Innern BMI gebeten wurde gem. § 18
Absatz 4 PUAG

19.05.2015

120 Rückschreiben von Herrn Dr. Jörg Mielke, Chef
der Niedersächsischen Staatskanzlei an Frau Dr.

09.06.2015

Drucksache 18/6700 – 902 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

Eva Högl, Mitglied des Bundestages, ob die bis-
herige vertrauliche Einstufung der übersandten
Akten entfallen kann

121 Schreiben vom Bundesministerium des Innern
betreffend des genauen Zeitpunkts des Telefo-
nats zwischen Herrn Thomas Oppermann, Mit-
glied des Bundestages und dem damaligen Prä-
sidenten des Bundeskriminalamts Herrn Jörg
Ziercke

29.06.2015
122 Entwurf Zeitplan zur Erstellung des Abschlussbe-
richtes

30.06.2015
01.07.2015
123 Entwurf/Beschluss 13 zum Verfahren: Ende der
Beweisaufnahme und Abschluss von Zeugen-
vernehmungen § 26 Untersuchungsausschussge-
setz (PUAG)

30.06.2015
01.07.2015
124 Schreiben von Herrn Dr. Jörg Mielke, Chef der
Niedersächsischen Staatskanzlei

hier: Aktenvorlagen auf Grund der Beweisbe-
schlüsse 18(27)10, 18(27)11, 18(27)12,
18(27)13 und 18(27)14 und vertrauliche Einstu-
fungen

07.07.2015

125 Schreiben von Herrn Michael Hartmann, Mit-
glied des Bundestages: Erstattung entstandener
Gebühren für die Beiziehung eines Rechtsbei-
standes

09.09.2015
14.10.2015

126 Bewertungsteil des Berichts
02.10.2015

127(neu-
neu)

Sondervotum der Berichterstatter der Fraktionen
DIE LINKE. und Bündnis 90/Die Grünen, Ab-
geordneter Frank Tempel und Abgeordnete
Irene Mihalic, im 2. Untersuchungsausschuss
der 18. Wahlperiode

02.10.2015 14.10.2015

128 Anforderung von Vernehmungsprotokollen des
2. Untersuchungsausschusses durch das Nieder-
sächsische Justizministerium

02.10.2015 14.10.2015

129 Entwurf Gesamtbericht 07.10.2015 14.10.2015

130 Beschluss 14 zum Verfahren, Abschluss von Zeu-
genvernehmungen § 26 Untersuchungsaus-
schussgesetz (PUAG)

08.10.2015 14.10.2015

131 Beschluss 15 zum Verfahren, Herabstufung von
Berichtsteilen

08.10.2015 14.10.2015

132 Beschluss 16 zum Verfahren, Feststellung und
Aufnahme von Berichtsteilen zum Gang der Un-
tersuchung und zu den ermittelten Tatsachen
nach § 33 PUAG

08.10.2015 14.10.2015

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 903 – Drucksache 18/6700

Ausschuss-
drucksache
18(27)…

Art, Datum, Inhalt Eingang/ Verteilung am
Beschlossen/

Behandelt am

Soweit
Beweis-

beschluss:
BB 18(27)...

133 Beschluss 17 zum Verfahren, Feststellung und
Aufnahme eines Berichtsteils zum Ergebnis
nach § 33 PUAG

08.10.2015 14.10.2015

134 Beschluss 18 zum Verfahren, Aufnahme eines
Sondervotums nach § 33 PUAG

08.10.2015 14.10.2015

135 Beschluss 19 zum Verfahren, Gewährung rechtli-
chen Gehörs zum Bericht gemäß § 32 PUAG

08.10.2015 14.10.2015

136 Beschluss 20 zum Verfahren, Behandlung der
Protokolle und Materialien nach Kenntnisnahme
des Berichtes durch den Deutschen Bundestag

08.10.2015 14.10.2015

137 Beschluss 21 zum Verfahren, Rückgabe von Be-
weismaterialien und Mehrausfertigungen von
Protokollen

08.10.2015 14.10.2015

138 Schreiben BMI, Entwurf des Abschlussberichtes
(A-Drs. 18(27)131 - Herabstufung der VS-ein-
gestuften Beweismaterialien des Bundesminis-
teriums des Innern bzw. des Bundeskriminalam-
tes auf „offen“

13.10.2015 14.10.2015

139 Schreiben BMI, Bestätigung für Herabstufung
der Anlagen zum Bericht auf „offen“

23.10.2015 23.10.2015

139 (neu) Schreiben des BMI, Bestätigung für Herabstu-
fung der Anlagen zum Bericht auf „offen“ inklu-
sive Anlagen (geschwärzt)

14.10.2015

140 Schreiben Dr. Jörg Fröhlich – Stellungnahme
zum rechtlichen Gehörs gemäß § 32 PUAG vom
26. Oktober 2015

29.10.2015 14.10.2015

141 Schreiben Niedersächsisches Justizministerium –
Bitte um Übersendung stenografischer Proto-
kolle

03.11.2015 14.10.2015

142 Schreiben der Abg. Mihalic, Antrag um Auf-
nahme der Protokolle des Innenausschusses als
Anlagae des Abschlussberichtes des 2. Untersu-
chungsausschusses

06.11.2015 12.11.2015

143 Konsolidierte Fassung des Verfahrens- und Be-
richtsteils des Abschlussberichtes

12.11.2015

144 Fünfter Teil des Abschlussberichtes – Übersich-
ten und Verzeichnisse

09.11.2015 12.11.2015

145 Übersicht über die dem Abschlussbericht beige-
fügten Materialien mit den darin vorgenomme-
nen Schwärzungen als Anlagen (elektronische
Fassung)

12.11.2015

146 Beschluss 22 zum Verfahren – Feststellung der
Teile des Abschlussberichts nach § 33 PUAG
und Vorlage an den Deutschen Bundestag

09.11.2015 12.11.2015

Drucksache 18/6700 – 904 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

5.2. Verzeichnisse der Materialien

Art MAT-Nr. zu BB-Nr. Inhalt
Eingang
Sekreta-

riat
Umfang

A 18(27)1
VS-NfD

18(27)1 Übersendung von Akten durch das BMI mit
Schreiben vom 22. August 2014
in Teilerfüllung des Beweisbeschlusses BKA
18(27)1

26.08.2014 88 Ordner

A 18(27)1-1 18(27)1 Übersendung von Akten durch das BMI mit
Schreiben vom 1. September 2014
in Teilerfüllung des Beweisbeschlusses BKA
18(27)1

01.09.2014 70 Ordner

A 18(27)1-1
VS-G

18(27)1 Übersendung von Akten durch das BMI mit
Schreiben vom 1. September 2014
In Teilerfüllung des Beweisbeschlusses BKA
18(27)1

01.09.2014 21 Ordner
VS-G

Tgb.-Nr.
03/14

A 18(27)1-2 18(27)1 Übersendung von Akten durch das BMI mit
Schreiben vom 16. Oktober 2014
in Teilerfüllung des Beweisbeschlusses BKA
18(27)1

16.10.2014 80 Ordner

A 18(27)1-2
VS-G

18(27)1 Übersendung von Akten durch das BMI mit
Schreiben vom 16. Oktober 2014
in Teilerfüllung des Beweisbeschlusses BKA
18(27)1, Unterlagen des BKA zum Teilkom-
plex des Beamten „X“

16.10.2014 7 Ordner
VS-G
Tgb.-

Nr.03/14

A 18(27)1-3 18(27)1 Übersendung von Akten durch das BMI mit
Schreiben vom 7. November 2014
in abschließender Erfüllung des Beweisbe-
schlusses BKA 18(27)1

07.11.2014 126 Ordner
A 18(27)1-3
VS-G

18(27)1 Übersendung von Akten durch das BMI mit
Schreiben vom 7. November 2014
in abschließender Erfüllung des Beweisbe-
schlusses BKA 18(27)1

12.11.2014 5 Blätter
VS-G

Tgb.-Nr.
04/14

A 18(27)2 18(27)2 Übersendung von Akten des BMI mit Schrei-
ben vom 1. September 2014
in Teilerfüllung des Beweisbeschlusses BMI
18(27)2

01.09.2014 2 Ordner

A 18(27)2
VS-G

18(27)2 Übersendung von Akten des BMI mit Schrei-
ben vom 1. September 2014
in Teilerfüllung des Beweisbeschlusses BMI
18(27)2

01.09.2014 4 Ordner
VS-G

Tgb.-Nr.
03/14

A 18(27)2-1 18(27)2 Übersendung von Akten des BMI mit Schrei-
ben vom 20. November 2014

21.11.2014 24 Ordner
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 905 – Drucksache 18/6700

Art MAT-Nr. zu BB-Nr. Inhalt
Eingang
Sekreta-

riat
Umfang

in Erfüllung des Beweisbeschlusses BMI
18(27)2

A 18(27)2-1
VS-G

18(27)2 Übersendung von Akten des BMI mit Schrei-
ben vom 20. November 2014
in Teilerfüllung des Beweisbeschlusses BMI
18(27)2

21.11.2014 1 Ordner
VS-G
Tgb.-

Nr.04/14

A 18(27)3 18(27)3 Übersendung von Akten des Bundeskanzler-
amtes vom 8. September 2014

09.09.2014 6 Akten
A 18(27)4
VS-G

18(27)4
und

18(27)7

Übersendung von Akten durch die Hessische
Staatskanzlei mit Schreiben vom 2. September
2014

03.09.2014 85 Akten
VS-G

Tgb.-Nr.
02/14

A 18(27)5 18(27)5 Übersendung von Akten durch die Senatsver-
waltung für Justiz und Verbraucherschutz Ber-
lin mit Schreiben vom 28. August 2014
betreffend der Originalakten des Ermittlungs-
verfahren gegen das Mitglied des Dt. Bundes-
tages und Bundesminister a. D. Dr. Hans-Peter
Friedrich

28.08.2014 4 Ordner
A 18(27)5-1 18(27)5 Übersendung von Akten durch die Senatsver-
waltung für Justiz und Verbraucherschutz Ber-
lin mit Schreiben vom 20. Februar 2015 zu Be-
weisbeschluss 18(27)5; abgeschlossenes Er-
mittlungsverfahren gegen BM a. D. Dr. Hans-
Peter Friedrich wegen Verletzung des Dienst-
geheimnisses und besonderer Geheimhal-
tungspflicht

24.02.2015 Aktenkon-
volut

A 18(27)6 18(27)6 Übersendung der Ausschussprotokolle des In-
nenausschusses der Sitzungen 4, 5, 6, 7 und 9
sowie A-Drs. 18(4)53 und zwei Informations-
schreiben des BKA,
gem. Beweisbeschluss 18(27)6 des 2. UA

23.07.2014 1 Ordner
A 18(27)6-B-
1

18(27)6 Übersendung des Protokolls der 5. Sitzung des
Innenausschusses vom 19. Februar 2014 ein-
schließlich einer Anlage

12.08.2014 40 Seiten
A 18(27)6-B-
2

18(27)6 Übersendung eines Schreibens des Innenaus-
schusses vom 25. August 2014; Presseanfrage
des Abg. Thomas Oppermann, das er dem In-
nenausschuss am 19. Februar 2014 zur Verfü-
gung gestellt hat

25.08.2014 2 Seiten

A 18(27)7
VS-G

18(27)4
und

18(27)7

Übersendung von Akten durch die Hessische
Staatskanzlei mit Schreiben vom 2. September
2014; Beiziehung von Akten und Unterlagen,
die vom Hessischen Ministerium der Justiz

03.09.2014 1 Akte
VS-G

Tgb.-Nr.
02/14

Drucksache 18/6700 – 906 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Art MAT-Nr. zu BB-Nr. Inhalt
Eingang
Sekreta-

riat
Umfang

und der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt
am Main mit Bezug auf die Internetkriminali-
tät ab dem 5. Juli 2012 entstanden oder in be-
hördlichen Gewahrsam genommen wurden

A 18(27)8
VS-NfD

18(27)8 Übersendung von Akten durch das BMI mit
Schreiben vom 22. August 2014
in Erfüllung des Beweisbeschlusses BKA
18(27)8; Übersendung des Organisations- und
Geschäftsverteilungsplans mit allen Änderun-
gen seit 1. September 2011

26.08.2014 2 Ordner
A 18(27)9 18(27)9 Übersendung eines Personenverzeichnisses
der Niedersächsischen Staatskanzlei mit
Schreiben vom 26. August 2014

27.08.2014 4 Seiten

A 18(27)9 18(27)9 Übersendung eines Personenverzeichnisses
der Niedersächsischen Staatskanzlei mit
Schreiben vom 25. September 2014

07.10.2014 5 Seiten
A 18(27)9-1 18(27)9 Übersendung eines Personenverzeichnisses
der Niedersächsischen Staatskanzlei sowie
Beantwortung von Mündlichen Anfragen mit
Schreiben vom 17. März 2015

18.03.2015 26 Seiten
A 18(27)9-2 18(27)9 Übersendung eines Personenverzeichnisses
der Niedersächsischen Staatskanzlei (Chrono-
logisch geordnete Gesamtliste: Benennung al-
ler Personen, die in nds. Landesbehörden der
GB Inneres, Justiz sowie Staatskanzlei ab dem
15. Oktober 2013 bis zum 10. Februar 2014
davon Kenntnis erlangt hatten, dass sich der
Name Sebastian Edathy auf einer Liste […]
befindet)

20.04.2015
12 Seiten
A 18(27)9-3 18(27)9 Schreiben der Niedersächsischen Staatskanz-
lei zur Plausibilisierung einzelner Angaben in
den aus der Niedersächsischen Staatskanzlei
übersandten Listen in Bezug auf die in der 36.
Sitzung des 2. UA gestellten Nachfragen

24.04.2015
2 Seiten
A 18(27)9-4
(neu)

18(27)9 Übersendung von Listen der Niedersächsi-
schen Staatskanzlei vom 11. Mai 2015; Chro-
nologisch geordnete Gesamtliste von Perso-
nen, die Gegenstand des Beweisbeschlusses
18(27)9 sowie von mündlichen Anfragen aus
dem nds. Landtag waren; Liste mit Bedienste-
ten aus dem Geschäftsbereich des nds. Innen-
ministeriums, die mit der Bearbeitung (Wei-
terleitung/Steuerung) der E-Post vom 15. Ok-
tober 2013 befasst waren

11.05.2015 23 Seiten
A 18(27)10
bis

18(27)10
bis

Übersendung von Listen der vorzulegenden
Akten der Niedersächsischen Staatskanzlei

27.08.2014 11 Seiten

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 907 – Drucksache 18/6700

Art MAT-Nr. zu BB-Nr. Inhalt
Eingang
Sekreta-

riat
Umfang

18(27)14 18(27)14 vom 26. August 2014; Lieferung 1. Tranche
(Listen, Akten, Dokumente, Dateien und sons-
tige Beweismittel)

(Tgb.-Nr.
02/14, 6
Ordner)

A 18(27)10-
18(27)11-1

18(27)10
bis

18(27)14

Übersendung von Listen der vorzulegenden
Akten der Niedersächsischen Staatskanzlei
vom 02. Oktober 2014; Lieferung 2. Tranche
(Listen, Akten, Dokumente, Dateien und sons-
tige Beweismittel)

06.10.2014 1 Ordner
A 18(27)13-1
VS-

VERTR
18(27)10
bis

18(27)14

Übersendung von Akten der Niedersächsi-
schen Staatskanzlei mit Schreiben vom 14.
Oktober 2014, Antwort auf das Schreiben vom
4. Juli 2014; Übersendung 3. Tranche (Staats-
anwaltschaft Hannover) einer Abschrift der
Anklageschrift

14.10.2014 Tgb.-Nr.
05/14

A 18(27)10
bis

18(27)14-1
VS-

VERTR

Übersendung von Akten der Niedersächsi-
schen Staatskanzlei vom 16. Dezember 2014;
Übersendung 4. Tranche

16.12.2014 11 Ordner
(Tgb.-Nr.
08/15, 12
Ordner)

A 18(27)15
VS-V

18(27)15 Übersendung von Akten des Ministeriums der
Justiz und für Verbraucherschutz Rheinland-
Pfalz mit Schreiben vom 7. August 2014

13.08.2014 3 Ordner
VS-V
Tgb.-

Nr.01/14

A 18(27)15-1 18(27)15 Übersendung von Akten des Ministeriums der
Justiz und für Verbraucherschutz Rheinland-
Pfalz mit Schreiben vom 30. September 2014;

08.10.2014 1 Blatt-
sammlung

A 18(27)16 18(27)21 Übersendung von Akten durch das BMI mit
Schreiben vom 15. September 2015 in Erfül-
lung des Beweisbeschlusses BMI 18(27)21;

15.09.2014 1 Ordner
A 18(27)17 18(27)17 Übersendung von Akten durch das BMI mit
Schreiben vom 16. September 2014
in Erfüllung des Beweisbeschlusses BKA
18(27)17

16.09.2014 1 Ordner
A 18(27)18 18(27)18 Übersendung von Akten des BMI mit Schrei-
ben vom 16. September 2014
in Erfüllung des Beweisbeschlusses BMI
18(27)18

16.09.2014 3 Ordner
A 18(27)19 18(27)19 Schreibens der Ständigen Konferenz der In-
nenminister und –senatoren der Länder vom
11. November 2014

12.11.2014 2 Seiten

A 18(27)20 18(27)20 Übersendung von Akten durch das BMI mit
Schreiben vom 28. Oktober 2014

28.10.2014 13 Ordner
Drucksache 18/6700 – 908 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Art MAT-Nr. zu BB-Nr. Inhalt
Eingang
Sekreta-

riat
Umfang

in Erfüllung des Beweisbeschlusses BKA
18(27)20; Übersendung von Unterlagen mit
Bezug auf die Operation „Spade/Selm“

A 18(27)29 18(27)29 Übersendung von Akten durch die General-
staatsanwaltschaft in Berlin
mit Schreiben vom 13. Oktober 2014 in Erfül-
lung des Beweisbeschlusses 18(27)29

24.10.2014 6 Heftungen
Aktendop-

pel

A 18(27)53 18(27)53 Übergabe Eidesstattliche Versicherung und
SMS-Verkehr Sebastian Edathy
mit der er laut Stern.de vom 13. Dezember
2014 seine Aussagen dem Stern gegenüber un-
termauert hat

18.12.2014 16 Seiten

A 18(27)56 18(27)56 Übersendung Programm und Teilnehmerliste
der Deutschen Hochschule der Polizei zum Se-
minar „Aktuelle Problemfelder des polizeili-
chen Spitzenmanagement“ vom 16.-18. Okto-
ber 2013 in Münster

30.01.2015 7 Seiten

A 18(27)57 18(27)57 Übersendung von Akten des BMJV mit
Schreiben vom 2. März 2015
zur Erledigung des Beweisbeschlusses
18(27)57 vom 15. Januar 2015 die den Unter-
suchungsgegenstand betreffen

03.03.2015 5 Ordner
A 18(27)67 18(27)67 Auskunft des Ministers für Inneres und Sport
zur IMK-Jahreskonferenz vom 4. -6. Dezem-
ber in Osnabrück

24.03.2015 2 Seiten
A 18(27)71 18(27)71 Vermerke des BKA zu der dem Beamten „X“
zur Verfügung gestellten technischen Gerät-
schaften

19.03.2015
9 Seiten

A 18(27)76 18(27)76 Teilnehmerliste der BKA-Herbsttagung, die
vom 12.- 13. November 2013 in Wiesbaden

14.01.2015 25 Seiten

A 18(27)88 18(27)88 Übersendung E-Mail-Verkehr zwischen
Rechtsanwalt Eisenberg und Rechtsanwalt
Noll

05.05.2015 4 Seiten

B Grö
18(27)-1

Auflistung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
die im Planungsstab der SPD-Bundestagsfrak-
tion am 19. Februar 2014 tätig waren

16.01.2015 1 Seite

B SPD
18(27)-1

Antwortschreiben Michael Hartmann, MdB,
bzgl. Vorliegenden Schriftverkehr mit oder
über Sebastian Edathy

10.03.2015 2 Seiten

B BKA
18(27)1

Erstellung einer Chronologie zum Komplex E-
dathy sowie Artikel in der Zeitschrift DER
SPIEGEL zu mutmaßlichen Telefonaten von
Präsident a. D. Ziercke mit MdB Oppermann

19.03.2015 16 Seiten

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 909 – Drucksache 18/6700

Art MAT-Nr. zu BB-Nr. Inhalt
Eingang
Sekreta-

riat
Umfang

B BMI
18(27)1

41. Sitzung des 2. UA am 10. Juni 2015 - Be-
fragung von Herrn Minister Dr. Thomas de
Maizière bezüglich der veröffentlichten Pres-
semitteilungen von Herrn MdB Oppermann
und des damaligen BKA-Präsidenten Ziercke

24.06.2015 2 Seiten

B Bündnis
90/Die
Grünen
18(27)-1

Beauftragtes Rechtsgutachten von Prof. Dr.
Ralf Poscher zu Datenübermittlungs-pflichten
des BKA und des BMI im Zusammenhang mit
dem Vorgang betreffend den Abg. Edathy

05.08.2015 33 Seiten

B Generalsek
18(27)1

Schreiben CDU - Sondierungsgespräche Ok-
tober 2013
zur Zusammensetzung und zum Ablauf der
Sondierungsgespräche von CDU/CSU und
SPD am 17. Oktober 2013, beiliegend ist eine
Pressemitteilung der CDU-Bundesgeschäfts-
stelle vom 16. Oktober 2013

05.05.2015 2 Seiten

B Generalsek
18(27)2

Schreiben CSU - Sondierungsgespräche Okto-
ber 2013
zur Zusammensetzung und zum Ablauf der
Sondierungsgespräche von CDU/CSU und
SPD am 17. Oktober 2013

08.05.2015 3 Seiten

B Generalsek
18(27)3

Schreiben SPD - Sondierungsgespräche Okto-
ber 2013
zur Zusammensetzung und zum Ablauf der
Sondierungsgespräche von CDU/CSU und
SPD am 17. Oktober 2013

13.05.2015 3 Seiten

B NdS
18(27)1

Schreiben der Niedersächsischen Staatskanz-
lei vom 24. Juni 2015 zum SMS der Regie-
rungssprecherin Anke Pörksen

24.06.2015 4 Seiten

B NdS
18(27)2

Dienstliche Erklärung der Niedersächsischen
Staatskanzlei

29.06.2015 5 Seiten

B 18(27)45-1 Schreiben RA Christian Noll an das Landge-
richt Verden sowie Antrag an das Landgericht
Verden, das Hauptverfahren zu eröffnen

04.02.2015 3 Seiten

B 18(27)54 Benennung Person über Gesundheitszustand
Edathys, Benennung Person über Verlust des
Krypto-Handys.

13.01.2015 2 Seiten

B 18(27)54-1 Stellungnahme Rechtsbeistand Hartmanns
zum Vorwurf einer angeblichen Strafvereite-
lung und Falschaussage

13.01.2015 1 Seite

B 18(27)54-2 Beantwortung Brief von Herrn Ö. 05.02.2015 1 Seite

B 18(27)54-3 Schreiben von Rechtsanwalt Johannes Eisen-
berg unter Beifügung einer Ablichtung eines

11.06.15 6 Seiten

Drucksache 18/6700 – 910 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Art MAT-Nr. zu BB-Nr. Inhalt
Eingang
Sekreta-

riat
Umfang

Schreibens an die Staatsanwaltschaft Berlin –
Angelegenheit Michael Hartmann, MdB

B 18(27)54-4 Schreiben RA Johannes Eisenberg unter Bei-
fügung einer Ablichtung eines Schreibens an
die Staatsanwaltschaft Berlin – Angelegenheit
Michael Hartmann, MdB

25.02.2015 11 Seiten

B 18(27)54-5 Schreiben Michael Hartmann, MdB – Kennt-
nisnahme des Schreibens von Rechtsanwalt
Johannes Eisenberg

05.02.2015 8 Seiten

B 18(27)55 Namensnennung/Nachtrag zur Zeugenaussage
Burkhard Lischka, MdB

14.01.2015 1 Seite
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 911 – Drucksache 18/6700

5.3. Übersicht: Verlauf der Beweiserhebung

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

1 1 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente,
Dateien und Daten,
die im Organisations-
bereich des Bundes-
kriminalamtes ent-
standen sind

04.07.2014 04.07.2014 26.08.14
18(27)1 VS-
NfD
01.09.14
18(27)1-1
01.09.14
18(27)1-1
VS-G
Tgb.-Nr.
03/14
16.10.14
18(27)1-2
16.10.14
18(27)1-2
VS-G
Tgb.-Nr.
03/14
07.11.14
18(27)1-3
12.11.14
18(27)1-3
VS-G
Tgb.-Nr.
04/14

2 2 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente,
Dateien und Daten,
die unmittelbar im
Bundesministerium
des Innern entstanden
sind
04.07.2014 04.07.2014 01.09.14
18(27)2
18(27)2 VS-
G
Tgb.-Nr.
03/14
21.11.14
18(27)2-1
18(27)2-1
VS-G
Tgb.-Nr.
04/14

3 3 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente,
Dateien und Daten,
die unmittelbar im
Bundeskanzleramt
entstanden sind
04.07.2014 04.07.2014 09.09.14
18(27)3

Drucksache 18/6700 – 912 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

4 4 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente,
Dateien und Daten,
die im Organisations-
bereich der Zentral-
stelle zur Bekämp-
fung der Internetkri-
minalität der Gene-
ralstaatsanwaltschaft
Frankfurt am Main
entstanden sind
04.07.2014 04.07.2014 03.09.14
18(27)4 VS-
G
Tgb.-Nr.
02/14

5 5 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente,
Dateien und Daten,
die das (Vor-)Ermitt-
lungsverfahren gegen
den ehem. Bundesmi-
nister des Innern, Dr.
Hans-Peter Friedrich
MdB, betreffen und
die im Organisations-
bereich der General-
staatsanwaltschaft
Berlin entstanden sind
04.07.2014 04.07.2014 28.08.14
18(27)5

6 6 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente,
Dateien und Daten,
die im Innenaus-
schuss des Deutschen
Bundestages entstan-
den sind
04.07.2014 04.07.2014 23.07.2014
18(27)6/A-H

12.08.2014
18(27)6/B-1

25.08.14
18(27)6/B-2

7 7 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente,
Dateien und Daten,
die unmittelbar im
Hessischen Ministe-
rium der Justiz mit
Bezug zur Zentral-
stelle zur Bekämp-
fung der Internetkri-
minalität der GStA
Frankfurt am Main
ab dem 5. Juli 2012
entstanden sind
04.07.2014 04.07.2014 03.09.14
18(27)4 VS-
G
Tgb.-Nr.
02/14

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 913 – Drucksache 18/6700

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

8 8 Beiziehung des Orga-
nisations- und Ge-
schäftsverteilungs-
plans des Organisati-
onsbereichs Bundes-
kriminalamt mit allen
Änderungen seit 1.
September 2011
04.07.2014 04.07.2014 26.08.14
18(27)8 VS-
NfD

9 9 Nds. Landesregie-
rung, über Nds.
Staatskanzlei: Benen-
nung aller Personen,
die in nds. Landesbe-
hörden der GB Inne-
res, Justiz sowie
Staatskanzlei ab dem
15. Oktober 2013 bis
zum 10. Februar 2014
davon Kenntnis er-
langt hatten, dass sich
der Name Sebastian
Edathy auf einer Liste
[…] befindet
04.07.2014 04.07.2014 07.10.14
18(27)9

10 10 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente,
Dateien und Daten,
die unmittelbar im
Niedersächsischen
Ministerium für In-
neres und Sport ab
dem 15. Oktober 2013
entstanden sind
04.07.2014 04.07.2014

11 11 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente,
Dateien und Daten,
die im nachgeordne-
ten Geschäftsbereich
des Nds. Ministeri-
ums für Inneres und
Sport ab dem 15. Ok-
tober 2013 entstanden
sind
04.07.2014 04.07.2014

Drucksache 18/6700 – 914 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

12 12 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente,
Dateien und Daten,
die unmittelbar im
Niedersächsischen
Justizministerium ab
dem 15. Oktober 2013
entstanden sind
04.07.2014 04.07.2014

13 13 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente,
Dateien und Daten,
die im nachgeordne-
ten Geschäftsbereich
des Niedersächsi-
schen Justizministe-
riums ab dem 15. Ok-
tober 2013 entstanden
sind
04.07.2014 04.07.2014

14 14 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente,
Dateien und Daten,
die Vorermittlungen
sowie Ermittlungs-
verfahren wegen
Verletzung des
Dienstgeheimnisses
im Zusammenhang
mit Ermittlungen ge-
gen Sebastian Eda-
thy betreffen und die
bei der Staatsanwalt-
schaft Hannover so-
wie der General-
staatsanwaltschaft
Celle ab dem 10. Feb-
ruar 2014 entstanden
sind
04.07.2014 04.07.2014

15 15 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente,
Dateien und Daten,
die unmittelbar im
Rheinland-Pfälzi-
schen Ministerium
der Justiz und für
Verbraucherschutz
und im nachgeordne-
ten Geschäftsbereich
dieses Ministeriums

04.07.2014 04.07.2014 13.08.2014
18(27)15
VS-V
Tgb.-Nr.
01/14

08.10.14
18(27)15-1

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 915 – Drucksache 18/6700

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

ab dem 1. Februar
2012 entstanden sind
16 16 Einholung von Sach-
verständigengutach-
ten

1. Darstellung der
Rechtslage - Strafbar-
keit der Verbreitung,
des Erwerbs und des
Besitzes kinder- bzw.
jugendpornografischer
Schriften

2. Darstellung der
fachgesetzlichen
Grundlagen des BKA
sowie der strukturellen
und funktionellen
Grundlagen der Arbeit
des BKA
04.07.2014 04.07.2014

17 17 Beiziehung sämtlicher

den Untersuchungsge-

genstand betreffender,

im Zeitraum ab 1.

September 2011 inner-

halb des Organisati-

onsbereichs Bundes-

kriminalamt gültiger

(bestehender, geänder-

ter oder in Kraft ge-

setzter)

1. Zielvereinbarungen
(Ziele der Amtslei-
tung, der Abteilun-
gen, der Gruppen/
Fachgruppen, der
Referate/ Fachberei-
che),

10.09.2014 10.09.2014 16.09.14
18(27)17

Drucksache 18/6700 – 916 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

2. Grundsätze, Wei-
sungen und Erlasse
betreffend die Ertei-
lung von Aktenaus-
künften

18 18 Beiziehung sämtlicher

den Untersuchungsge-

genstand betreffender,

im Zeitraum ab 1.

September 2011 gülti-

ger (d.h.: bestehender,

geänderter oder in

Kraft gesetzter)

1. Verwaltungsvor-
schriften, Anwen-
dungs-/Auslegungs-
hinweise, Weisun-
gen und Erlasse des
Bundesministeri-
ums des Innern
zum BKA-Gesetz,

2. Weisungen, Erlasse,
Strategie- und Pro-
grammplanungen,
Zielvereinbarungen
(der Amtsleitung,
der Abteilungen,
Unterabteilungen,
Referate, Projekt-
gruppen) sowie
eventuelle eigene
Standards bzw.
Konkretisierungen
im Rahmen der
„Grundsätze zur

10.09.2014 10.09.2014 16.09.14
18(27)18

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 917 – Drucksache 18/6700

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

Ausübung der Fach-
aufsicht der Bun-
desministerien über
den Geschäftsbe-
reich“ innerhalb des
Bundesministeri-
ums des Innern be-
treffend die Durch-
führung der Dienst-,
Fach- und Rechts-
aufsicht über den
Organisationsbe-
reich Bundeskrimi-
nalamt,

3. den Organisati-
onsbereich Bun-
deskriminalamt
betreffende Strate-
gie- und Pro-
grammplanungen,
Zielvereinbarun-
gen, Weisungen
und Erlasse (ein-
schließlich des
vollständigen Er-
lasses vom 8. No-
vember 2010 über
„Unverzügliche
Unterrichtung des
BMI über ‚wich-
tige Ereignisse‘
aus den Behörden
im Geschäftsbe-
reich des BMI“)
des Bundesminis-
teriums des In-
nern,

Drucksache 18/6700 – 918 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

4. den Organisati-
onsbereich Bun-
deskriminalamt
betreffende Ver-
waltungsvor-
schriften (ein-
schließlich An-
wendungshinwei-
sen, soweit nicht
veröffentlicht),
Weisungen und
Erlasse bezüglich
der Erteilung von
Aktenauskünften

19 23 Beiziehung sämtlicher

Beschlüsse, Be-

schlussvorlagen bzw. -

entwürfe, Protokolle,

Berichte und sonstiger

Materialien, Doku-

mente, in Dateien oder

auf andere Weise ge-

speicherte Daten, die

in der oder für die In-

nenministerkonferenz

(einschließlich Unter-

gremien wie Arbeits-

kreise, Ausschüsse,

Kommissionen, Ar-

beits-/ Projektgruppen

u. ä.)

mit Bezug auf den Be-

reich der Verbreitung,

des Erwerbs und des

Besitzes kinder- bzw.

jugendpornografischer

10.09.2014 10.09.2014 12.11.14
18(27)19

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 919 – Drucksache 18/6700

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

Schriften einschließ-

lich der Kategorisie-

rung entsprechender

Schriften sowie diesen

Bereich betreffende

polizeiliche Arbeit ab

1. September 2008 bis

Ende Juni 2014 ent-

standen oder in Ge-

wahrsam genommen

worden sind, beim

Vorsitz der Innenmi-

nisterkonferenz, Mi-

nister für Inneres

und Kommunales

des Landes Nord-

rhein-Westfalen

20 24 Beiziehung sämtlicher

Akten, Dokumente, in

Dateien oder auf an-

dere Weise gespei-

cherte Daten (ein-

schließlich von Be-

schlüssen, Beschluss-

vorlagen und -materia-

lien, Berichten, Ver-

merken, Sitzungs- und

Besprechungsproto-

kollen), die in der oder

für die Arbeitsgemein-

schaft der Leiter der

Landeskriminalämter

und des Bundeskrimi-

nalamts (AG Kripo

10.09.2014 10.09.2014 28.10.14
18(27)20

Drucksache 18/6700 – 920 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

mit Untergremien, Ar-

beits-/Projektgruppen,

Ausschüssen, Kom-

missionen u. ä.)

mit Bezug auf die
Operation Spade/Selm
oder allgemeine Fra-
gen der Verbreitung,
des Erwerbs und des
Besitzes kinder- bzw.
jugendpornografischer
Schriften einschließ-
lich der Kategorisie-
rung entsprechender
Schriften sowie diesen
Bereich betreffende
polizeiliche Operatio-
nen ab 1. September
2008 bis Ende April
2014 entstanden oder
in behördlichen Ge-
wahrsam genommen
worden sind und sich
beim Bundeskrimi-
nalamt befinden

21 25 Benennung gegenüber
dem Ausschuss mög-
lichst bis zum 15. Sep-
tember 2014 aller Per-
sonen, die zwischen
dem 20. September
2011 und dem 10.
Februar 2014 Mitar-
beiterinnen bzw. Mit-
arbeiter des Referats

10.09.2014 10.09.2014 15.09.14
18(27)16

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 921 – Drucksache 18/6700

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

SO 12 im Bundeskri-
minalamt waren, so-
wie deren Zuständig-
keiten
22 26 Vernehmung von

Herrn Florian Gru-

ber,

Bundeskriminalamt

(BKA), Mitarbeiter

des Referats SO 12,
10.09.2014 11.09.2014 09.10.2014

23 27 Vernehmung von

Herrn Ronny

Liersch

Bundeskriminalamt

(BKA), Mitarbeiter

des Referats SO 12,
10.09.2014 11.09.2014 09.10.2014

24 28 Vernehmung von

Frau Kriminalober-

kommissarin

Julia Wiegand

Bundeskriminalamt

(BKA), Mitarbeiterin

des Referats SO 12,
10.09.2014 11.09.2014 09.10.2014

25 29 Vernehmung von

Frau Kriminalhaupt-

kommissarin

Julia Greiner

Bundeskriminalamt

(BKA), Mitarbeiterin

des Referats SO 12,

10.09.2014 15.09.2014 15.10.2014

Drucksache 18/6700 – 922 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

26 30 Vernehmung von
Herrn Kriminal-
hauptkommissar
Daniel Szumilas
Bundeskriminalamt
(BKA), Mitarbeiter
des Referats SO 12,
10.09.2014 -/- -/-

27 31 Vernehmung von
Herrn Erstem Kri-
minalhauptkommis-
sar Gunther Stahl
Bundeskriminalamt
(BKA), Mitarbeiter
des Referats SO 12,
10.09.2014 15.09.2014 15.10.2014

28 32 Vernehmung von
Herrn Kriminalober-
rat Marco Herb
Bundeskriminalamt
(BKA), ehemaliger
Mitarbeiter des Refe-
rats SO 12,
10.09.2014 15.09.2014 15.10.2014

29 35 1. Auskunft der Gene-
ralstaatsanwaltschaft
Berlin darüber einge-
holt wird, ob in Ihrem
Organisationsbereich
aufgrund eventueller
Erkenntnissee im Zu-
sammenhang oder in
Folge des Ermittlungs-
verfahrens gegen den
ehemaligen BM des
Innern Dr. Hans-Peter
Friedrich wegen des
Vorwurfs der Verlet-
zung des Dienstge-
heimnisses oder aus
sonstiger Veranlas-
sung der Verdacht ei-
ner Tatbeteiligung a)
erforscht, b) ggf. dies-
bezüglich. ein Ermitt-
lungsverfahren einge-
leitet wurde oder wer-
den soll und wenn zu

24.09.2014 29.09.2014 24.10.14
18(27)29

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 923 – Drucksache 18/6700

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

a) oder b) nein, warum
nicht
2. Beiziehung sämtli-
cher Akten, Doku-
mente, in Dateien oder
auf andere Weise ge-
speicherte Daten und
sonstiger sächlicher
Beweismittel erfolgt,
der (Vor-)Ermittlungs-
verfahren wegen Tat-
beteiligung an einer
vom ehemaligen Bun-
desministers des In-
nern Dr. Hans-Peter
Friedrich möglicher-
weise begangenen
Verletzung des
Dienstgeheimnisses
betreffen und die im
Organisationsbereich
der Generalstaatsan-
waltschaft Berlin ent-
standen oder in behör-
derlichen Gewahrsam
genommen worden
sind
30 40 Vernehmung von
Herrn Kriminalober-
rat Jörn Theissig
24.09.2014 25.09.2014
15.10.2014

05.11.2014
13.11.2014

31 41 Vernehmung von
Herrn Staatsanwalt
Dr. Benjamin Krause
24.09.2014 25.09.2014 05.11.2014

32 42 Vernehmung von
Herrn Oberstaatsan-
walt Rainer Frano-
sch
24.09.2014 25.09.2014 05.11.2014

33 43 Vernehmung von
Herrn Staatsanwalt
Dr. Joachim Schu-
macher

24.09.2014 25.09.2014 13.11.2014

Drucksache 18/6700 – 924 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

34 44 Vernehmung von
Herrn Oberstaatsan-
wältin Andrea Keller

24.09.2014 25.09.2014 13.11.2014

35 45 Ersuchen um Benen-
nung einer Person aus
dem Bereich des Bun-
deskriminalamtes,
die umfassend Aus-
kunft geben kann zum
Vorgangsbearbei-
tungssystem (VBS)
des Bundeskriminal-
amtes

24.09.2014 25.09.2014

36 46 Vernehmung von
Frau Kriminalkom-
missarin Christina
Geyer

24.09.2014 15.10.2014 26.11.2014

37 47 Vernehmung von
Herrn Kriminalkom-
missar Jan Hellent-
hal

24.09.2014 15.10.2014 26.11.2014

38 48 Vernehmung von
Frau Kriminalkom-
missarin Jana
Hockun

24.09.2014 15.10.2014 26.11.2014

39 49 Vernehmung von
Herrn Kriminal-
hauptkommissar
Knut Hackel

24.09.2014 15.10.2014 26.11.2014

40 50 Vernehmung von
Herrn Kriminaldi-
rektor Christian
Hoppe

24.09.2014 27.10.2014 03.12.2014

41 51 Vernehmung von
Herrn Kriminaldi-
rektor Christoph Do-
rendorf

24.09.2014 27.10.2014 03.12.2014

42 54 Vernehmung von
Herrn Kriminaldi-
rektor Jürgen Spa-
niol

15.10.2014 02.12.2014 15.01.2015
25.02.2015

43 55 Vernehmung von
Herrn Kriminalrat
Christoph Becker

15.10.2014 02.12.2014 15.01.2015
25.02.2015

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 925 – Drucksache 18/6700

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

44 56 Vernehmung von
Herrn Regierungsdi-
rektor Matthias
Meyer

15.10.2014 02.12.2014 15.01.2015
25.02.2015

45 58 Vernehmung von
Herrn Sebastian E-
dathy

15.10.2014 27.10.2014 18.12.2014

46 65 Vernehmung von
Herrn Kriminaldi-
rektor Dieter Schif-
fels
Bundeskriminalamt
(BKA), Leiter der
Gruppe SO 1
26.11.2014 02.12.2014 28.01.2015
04.03.2015

47 66 Vernehmung von
Frau Direktorin
beim Bundeskrimi-
nalamt Dr. Sabine
Vogt
Leiterin Abteilung SO

26.11.2014 02.12.2014 28.01.2015
04.03.2015

48 67 Vernehmung von
Herrn Jürgen Hoff-
mann
Bundeskriminalamt
(BKA), Leiter Abtei-
lung ZV

26.11.2014 02.12.2014 28.01.2015
04.03.2015

49 68 Vernehmung von
Herrn Vizepräsiden-
ten des Bundeskrimi-
nalamt Peter Henzler
vorher: Leiter der Ab-
teilung SO

26.11.2014 02.12.2014 05.02.2015

50 69 Vernehmung von
Herrn Ministerialdi-
rektor Paul Fietz
Bundesministerium
des Innern (BMI);
Leite
Abteilung D, vorher:
Leiter Abteilung Z

26.11.2014 02.12.2014 05.02.2015

51 70 Vernehmung von
Herrn Präsidenten
des Bundeskriminal-
amtes Jörg Ziercke

26.11.2014 02.12.2014 25.02.2015

Drucksache 18/6700 – 926 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

52 71 Vernehmung von
Herrn Heiner Bart-
ling Minister a. D.
1998 - 2003 Nieder-
sächsischer Innenmi-
nister

26.11.2014 02.12.2014 25.02.2015

53 72 Herausgabe einer Ab-
lichtung der Versiche-
rungen an Eides Statt
des Herrn Edathy, mit
der er laut Stern.de
vom 13. Dezember
2014 seine Aussagen
dem Stern gegenüber
untermauert hat, sowie
Akten, Dokumente, in
Dateien oder auf an-
dere Weise gespei-
cherte Daten und sons-
tige sächliche Beweis-
mittel, die im Zusam-
menhang mit den In-
halt der genannten
Versicherungen an Ei-
des statt stehen und
die sich in seinem Be-
sitz befinden heraus-
zugeben.
18.12.2014 18.12.2014 18.12.14
18(27)53

54 73 Vernehmung von
Herrn Michael Hart-
mann, MdB

18.12.2014 18.12.2014

55 In Sit-
zung
be-

schlos-
sen, da-

her
keine

A-
Drs.Nr.

Vernehmung von
Herrn Burkhard
Lischka, MdB

18.12.2014 18.12.2014

56 76 Beiziehung der Teil-
nehmerliste der BKA-
Herbsttagung, die vom
12.- 13. November
2013 in Wiesbaden
stattfand.

15.01.2015 14.01.15
18(27)76

57 75 Beiziehung sämtlicher
Akten, Dokumente, in

15.01.2015 03.03.15
18(27)57

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 927 – Drucksache 18/6700

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

Dateien oder auf an-
dere Weise gespei-
cherter Daten und
sonstiger sächlicher
Beweismittel, die den
Untersuchungsgegen-
stand betreffen, und
die unmittelbar im
Bundesministerium
der Justiz und für Ver-
braucherschutz ent-
standenen oder in be-
hördlichen Gewahr-
sam genommen wor-
den sind.

58 76 Beiziehung der Teil-
nehmerliste der BKA-
Herbsttagung, die vom
12.- 13. November
2013 in Wiesbaden
stattfand.

15.01.2015

59 77 Beiziehung seiner Mo-
bilfunkgeräte zwecks
technischer Überprü-
fung der Manipulati-
onsfreiheit(Echtheit;
Vollständigkeit) der
von dem Zeugen als
Ausdrucke vorgeleg-
ten oder in Bezug ge-
nommenen Kommuni-
kation an den Untersu-
chungsausschuss her-
auszugeben. Die Über-
prüfung hat zu erfol-
gen unter durch geeig-
nete selektive Maß-
nahmen gesichertem
Ausschluss aller ande-
ren, ggf. auf den Gerä-
ten befindlichen Kom-
munikation, insbeson-
dere solcher Informa-
tionen, deren Weiter-
gabe wegen ihres
streng persönlichen
Charakters für die Be-
troffenen unzumutbar
ist (§ 29 Abs. 1 Satz 2
PUAG) und ist auf
den Zeitraum vom 15.
Oktober 2013 bis zum

15.01.2015

Drucksache 18/6700 – 928 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

15. Januar 2014 zu be-
schränken.

Begründung: Techni-
sche Überprüfung des
Mobilfunkgerätes des
Zeugen Edathy, um
Zweifel an der Echt-
heit der vom Zeugen
vorgelegten bzw. in
Bezug genommenen
Kommunikation aus-
zuschließen.

60 78 Vernehmung von
Herrn Dennis Nocht

16.01.2015 19.01.2015 29.01.2015

61 79 Vernehmung von
Herrn Maik Schupa-
ris

16.01.2015 19.01.2015 29.01.2015

62 80 Vernehmung von
Herrn Wolfgang
Hertinger
(Präsident des LKA
Rheinland-Pfalz)

16.01.2015 19.01.2015 29.01.2015

63 81 Vernehmung von
Frau Bärbel Tewes-
Heiseke

16.01.2015 19.01.2015 29.01.2015

64 82 Vernehmung von
Herrn Christian Noll

16.01.2015 29.01.2015 05.02.2015

65 83 Vernehmung von
Herrn Jens Jenssen

16.01.2015 19.01.2015 29.01.2015

66 84 Vernehmung von
Herrn Johannes
Kahrs, MdB

16.01.2015 19.01.2015 29.01.2015

67 Auskunft des Minis-
ters für Inneres und
Sport des Landes Nie-
dersachsen
1. ob und wenn ja an

welchen Teilen (z.
B. A-Länder-Vor-
besprechung, ge-
sellschaftliches
Rahmenprogramm
wie z. B. Essen o.
Ä.) und wie lange
(An- und Abreise-

25.02.2015 27.02.2015

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 929 – Drucksache 18/6700

BB
18(27)



zu A-
Drs.

18(27)
Inhalt Beschlos-sen

Anhörungen Zeugen Akten/ Berichte

Schreiben/
Ladung

Termin
der Ver-

nehmung/
Anhörung

Anforderung
Eingang/
MAT-Nr.

18(27)-

zeit) der Bundes-
tagsabgeordneten
und vormalige in-
nenpolitische
Sprecher der SPD-
Bundestagsfrak-
tion Michael Hart-
mann

2. ob und wenn ja an
welchen Teilen
(einschließlich ge-
sellschaftlichem
Rahmenprogramm
wie z. B. Essen o.
Ä.) und wie lange
(An- und Abreise-
zeit)

a. der damalige Bun-
desminister des
Innern Dr. Hans-
Peter Friedrich,

b. der damalige
Staatssekretär des
BMI Klaus-Dieter
Fritsche,

c. der damalige Prä-
sident des BKA
Jörg Ziercke

an der vom Minister
für Inneres und
Sport des Landes
Niedersachsen als
Vorsitzenden ge-
leiteten IMK-Jah-
reskonferenz vom
4.-6. Dezember
2013 in Osnab-
rück teilgenom-
men haben.
Drucksache 18/6700 – 930 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

5.4. Verzeichnisse der öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzungen zur Beweisaufnahme
(geheimschutzrechtlich eingestufte Sitzungsteile sind nicht erfasst)

Nr. Datum Art
Gegenstand

1 02.07.14 nichtöffentlich Konstituierung, Beratungssitzung
2 04.07.14 nichtöffentlich Beratungssitzung
3 10.09.14 nichtöffentlich Beratungssitzung
4 24.09.14 nichtöffentlich Beratungssitzung
5 24.09.14 öffentlich Sachverständigenanhörung
Prof. Dr. Jörg Eisele
Prof. Dr. Joachim Renzikowski
Prof. Dr. Thomas Feltes
Prof. Dr. Ralf Poscher
6 09.10.14 nichtöffentlich Beratungssitzung
7 09.10.14 öffentlich Zeugenvernehmung
Florian Gruber
Ronny Liersch
Kriminaloberkommissarin Julia Wiegand
8 15.10.14 nichtöffentlich Beratungssitzung
9 15.10.14 öffentlich Zeugenvernehmung
Kriminalhauptkommissarin Julia Greiner
Erster Kriminalhauptkommissar Gunter Stahl
Kriminaloberrat Marco Herb
10 05.11.14 nichtöffentlich Beratungssitzung
11 05.11.14 öffentlich Zeugenvernehmung
Staatsanwalt Dr. Benjamin Krause
Oberstaatsanwalt Rainer Franosch
12 13.11.14 nichtöffentlich Beratungssitzung
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 931 – Drucksache 18/6700

Nr. Datum Art
Gegenstand

13 13.11.14 öffentlich Zeugenvernehmung
Kriminaloberrat Jörn Theissig
Staatsanwalt Dr. Joachim Schumacher
Oberstaatsanwältin Andrea Keller
14 26.11.14 nichtöffentlich Beratungssitzung
15 26.11.14 öffentlich Zeugenvernehmung
Kriminaloberrat Guido Schweickardt
Kriminalkommissarin Christina Geyer
Kriminalkommissar Jan Hellenthal
Kriminalkommissarin Jana Hockun
Kriminalhauptkommissar Knut Hackel
16 03.12.14 nichtöffentlich Beratungssitzung
17 03.12.14 öffentlich Zeugenvernehmung
Kriminaldirektor Christian Hoppe
Kriminaldirektor Christoph Dorendorf
18 18.12.14 nichtöffentlich Beratungssitzung
19 18.12.14 öffentlich Zeugenvernehmung
Sebastian Edathy
Michael Hartmann, MdB
Burkhard Lischka, MdB
20 15.01.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
21 15.01.15 öffentlich Zeugenvernehmung
Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamtes a. D.
Sebastian Edathy
22 16.01.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
23 29.01.15 nicht öffentlich Beratungssitzung
24 29.01.15 nichtöffentlich/
öffentlich

Zeugenvernehmung
Dennis Nocht

Drucksache 18/6700 – 932 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Nr. Datum Art
Gegenstand
Maik Schuparis
Jens Jenssen
Wolfgang Hertinger, Präsident des Landeskriminal-amtes Rhein-
land-Pfalz
Bärbel Tewes-Heiseke
Johannes Kahrs, MdB
25 05.02.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
26 05.02.15 öffentlich Zeugenvernehmung
Christian Noll
Michael Hartmann, MdB
27 25.02.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
28 25.02.15 öffentlich
Zeugenvernehmung
Kriminaldirektor Jürgen Spaniol
Kriminalrat Christoph Becker
Regierungsdirektor Matthias Meyer
29 04.03.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
30 04.03.15 öffentlich/
nichtöffentlich

Zeugenvernehmung
Leitender Kriminaldirektor Dieter Schiffels
Dr. Sabine Vogt, Direktorin beim Bundeskriminalamt
Jürgen Hoffmann
31 19.03.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
32 19.03.15 nichtöffent-
lich/öffentlich

Zeugenvernehmung
Beamter „X“
Leitender Regierungsdirektor Heiko Braß
Ministerialdirektor Paul Fietz
Peter Henzler, Vizepräsident des Bundeskriminalamtes
nichtöffentlich Beratungssitzung
33 25.03.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 933 – Drucksache 18/6700

Nr. Datum Art
Gegenstand

34 25.03.15 öffentlich Zeugenvernehmung
Kriminaldirektor Hans-Joachim Leon
Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamtes a. D.
35 23.04.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
36 23.04.15 öffentlich Zeugenvernehmung
Polizeihauptkommissar Frank Lange
Leitender Polizeidirektor Frank Kreykenbohm
Robert Kruse, Polizeipräsident in Lüneburg
37 06.05.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
38 06.05.15 öffentlich Zeugenvernehmung
Erster Kriminalhauptkommissar Uwe Baum
Boris Pistorius, Niedersächsischer Minister für Inneres und Sport
39 21.05.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
40 21.05.15 öffentlich Zeugenvernehmung
Oberstaatsanwalt Thomas Klinge
Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Jörg Fröhlich
Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche
nichtöffentlich Beratungssitzung
41 10.06.15 öffentlich Zeugenvernehmung
Dr. Thomas de Maizière, MdB, Bundesminister des Innern
nichtöffentlich Beratungssitzung
42 11.06.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
Drucksache 18/6700 – 934 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Nr. Datum Art
Gegenstand

öffentlich/
nichtöffentlich

Zeugenvernehmung
Generalstaatsanwalt Dr. Frank Lüttig
Antje Niewisch-Lennartz, Niedersächsische Justizministerin
Christine Lambrecht, MdB, Erste Parlamentarische Geschäftsfüh-
rerin der SPD-Bundestagsfraktion

43 18.06.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
öffentlich
Zeugenvernehmung
Dr. Hans-Peter Friedrich, MdB, Bundesminister des Innern a. D.
Sigmar Gabriel, MdB, Bundesminister für Wirtschaft und Energie
Dr. Frank-Walter Steinmeier, MdB, Bundesminister des Auswärti-
gen
Thomas Oppermann, MdB, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfrak-
tion

43 01.07.15 öffentlich
(Fortsetzung)

Zeugenvernehmung
Thomas Oppermann, MdB, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfrak-
tion
44 01.07.15 nichtöffentlich Gespräch mit Michael Kretschmer, Vizepräsident beim Bundes-
kriminalamt

45 14.10.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
46 12.11.15 nichtöffentlich Beratungssitzung
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 935 – Drucksache 18/6700
5.5. Abkürzungsverzeichnis

AA Auswärtiges Amt

Abg. Abgeordnete/r

AbgG Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages

Abs. Absatz

a. D. außer Dienst

AG Arbeitsgemeinschaft

AL Abteilungsleiter

AMEX American Express

Anm. Anmerkung

AR Allgemeines Register

Art. Artikel

Az. Aktenzeichen

BAO Besondere Aufbauorganisation

BB Beweisbeschluss

BBG Bundesbeamtengesetz

Bd. Band

BDG Bundesdisziplinargesetz

BEA Bearbeitung

BeamtStG Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern

betr. betreffend

BFDI Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit

BGBl. Bundesgesetzblatt

BGH Bundesgerichtshof

BK Bundeskanzleramt

BKA Bundeskriminalamt

Drucksache 18/6700 – 936 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

BKAG Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der

Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten

Bl. Blatt

BL Behördenleiter

BM Bundesminister

BMI Bundesministerium des Innern

BMinG Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder
der Bundesregierung (Bundesministergesetz -
BMinG)

BMJV Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

BND Bundesnachrichtendienst

BReg Bundesregierung

BSI Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik

BT-Drs. Bundestagsdrucksache

BT-PIPr. Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages

BvE Registerzeichen/Aktenzeichen des Bundesverfassungsgerichts

BVerfG Bundesverfassungsgericht

BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BvR Registerzeichen/Aktenzeichen des Bundesverfassungsgerichts

bzgl. bezüglich

bzw. beziehungsweise

CD Compact Disc

CDU Christlich Demokratische Union Deutschlands

CSU Christlich-Soziale Union in Bayern e. V.

DAX Deutscher Aktienindex

DENIC Deutsches Network Information Center

DEU Deutschland/deutsch

d. h. das heißt

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 937 – Drucksache 18/6700

dpa. Deutsche-Presse-Agentur

Dr. Doktor

DS Datenschutz

dt. deutsch

EDT Eastern Daylight Time

EKHK Erster Kriminalhauptkommissar

EMA Einwohnermeldeamtsanfrage

EST Eastern Standard Time

etc. et cetera

EU Europäische Union

EUROPOL Europäisches Polizeiamt

f. folgende

FBI Federal Bureau of Investigation

ff. fortfolgende

FI Führungsinformation

FFM Frankfurt am Main

FFSB federführender Sachbearbeiter

FK Fachkommissariat

FKK Freikörperkultur

Fn. Fußnote

Frankfurt a. M. Frankfurt am Main

GBA Generalbundesanwalt/Generalbundesanwaltschaft

gem. gemäß

Generalsek. Generalsekretär/-sekretariat

GG Grundgesetz

gg gegen

ggf./ggfls. gegebenenfalls

Drucksache 18/6700 – 938 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

GO Geschäftsordnung

GOBT Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages

grds. grundsätzlich

GSB Geheimschutzbeauftragter

GSO Geheimschutzordnung

GStA Generalstaatsanwalt/Generalstaatsanwaltschaft

GVG Gerichtsverfassungsgesetz

h. M. herrschende Meinung

i. A. im Auftrag

IMK Innenministerkonferenz

InnenA Innenausschuss

INPOL Informationssystem der Polizei

INTERPOL Internationale kriminalpolizeiliche Organisation

i. S. in Sachen

i. S. d. im Sinne des

i. S. im Sinne

IuK-Kriminalität Informations –und Kommunikationskriminalität

i. V. m. in Verbindung mit

i. Z. m. im Zusammenhang mit

JOS Justizobersekretär

Js Justizsache

JuPo Jugendpornografie

K Kommissariat

KAT Kategorie

KD Kriminaldirektor

KHK Kriminalhauptkommissar

KiPo Kinderpornografie

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 939 – Drucksache 18/6700

KK Kriminalkommissar

Kl Klausel

KOK Kriminaloberkommissar

KOKin Kriminaloberkommissarin

KOR Kriminaloberrat

KR Kriminalrat

Kripo Kriminalpolizei

KW Kalenderwoche

lfd. laufende/n

LG Landgericht

LKA/Ä Landeskriminalamt/-ämter

LKD Leitender Kriminaldirektor

LOStA Leitender Oberstaatsanwalt

LOStAin Leitende Oberstaatsanwältin

LPD / Ltd. PD Leitender Polizeidirektor

LRD Leitender Regierungsdirektor

LS Leitungsstab

MAT Material

MD Ministerialdirektor

MdB Mitglied des Bundestages

m. d. B. mit der Bitte

MDg Ministerialdirigent

Mgl. Mitglied

MI Ministerium

MiStra Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen

NBG Niedersächsisches Beamtengesetz

NBSB nachrichtlich beteiligter Sachbearbeiter

Drucksache 18/6700 – 940 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

NCECC National Child Exploitation Cordination Centre

NDR Norddeutscher Rundfunk

Nds Niedersachsen

ND-Lage nachrichtendienstlichen Lage

NI Nienburg

NIVADIS Vorgangsbearbeitungssystem

NMG Niedersächsisches Meldegesetz

N.N. Name noch zu benennen

Nr. Nummer

n. R. nach Rücksprache/ Rückgabe

NSU Nationalsozialistischer Untergrund

o. oder

o. a. oben angegeben

Obj.-Status Objektstatus

ö. öffentlich

OE Organisationseinheit

ÖS öffentliche Sicherheit

o. g. oben genannt

OH Organisationshierarchie

OP Operation

Ordn. Ordner

Org-Einheit Organisationseinheit

OrgStA Anordnung über Organisation und Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaften

OStA Oberstaatsanwalt

OT Ortsteil

OVG Oberverwaltungsgericht

o. V. i. A. oder Vertreter im Amt

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 941 – Drucksache 18/6700

PD Polizeidirektion/Polizeidirektor

PDA Protokolldatenauswertung

pers. persönlich

PG Projektgruppe

PGF Parlamentarischer Geschäftsführer

PHK Polizeihauptkommissar

PI Polizeiinspektion

PIN AG Postunternehmen

PI NI/SHG Polizeiinspektion Nienburg/ Schaumburg

PK Polizeikommissar

PKGr Parlamentarisches Kontrollgremium

PKn Polizeikommissarin

PMK Politisch motivierte Kriminalität

POK Polizeioberkommissar

PP Polizeipräsident

pp. perge, perge (fahre fort/ und so weiter)

PR Präsident

Präs Präsident

Prof. Professor

PSt Parlamentarischer Staatssekretär

PUA Parlamentarischer Untersuchungsausschuss

PUAG Parlamentarisches Untersuchungsausschussgesetz

RA Rechtsanwalt

RD Regierungsdirektor

RdErl. Runderlass

RiStBV Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren

RL Referatsleiter

Drucksache 18/6700 – 942 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Rn. Randnummer

Rz. Randzeichen

S. Seite

SG Sachgebiet

SG Sicherungsgruppe

SHG Schaumburg

SO Schwere und organisierte Kriminalität

sog. sogenannt

SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands

ST Polizeilicher Staatsschutz

StA Staatsanwaltschaft

StGB Strafgesetzbuch

StM Staatsminister

StPO Strafprozessordnung

StS. Staatssekretär

stv. stellvertretend

SV Sachverhalt

tel. telefonisch

Tgb.-Nr. Tagebuchnummer

u. a. unter anderem

UA Untersuchungsausschuss

u. E. unseres Erachtens

u. m. A. urschriftlich mit Akten

usw. und so weiter

USP.IS United States Postal Inspection Service

u. U. unter Umständen

VBS Vorgangsbearbeitungssystem

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 943 – Drucksache 18/6700

VG Vorgang

vgl. vergleiche

Vors. Vorsitzende/r

VP Vizepräsident

VS Verschlusssache

VS-NfD Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch

VwGO Verwaltungsgerichtsordnung

WE wichtiges Ereignis

wg. wegen

z. B. zum Beispiel

ZD zentrale kriminalpolizeiliche Dienste

z. Hd. zu Händen

ZIT Zentralstelle Zur Bekämpfung der Internetkriminalität

ZKD Zentraler Kriminaldienst

z. U. zur Unterschrift

ZV Zentral- und Verwaltungsaufgaben

Drucksache 18/6700 – 944 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

5.6. Anlagen

Stenografische Protokolle

Anlage 1 Stenografisches Protokoll der 7. Sitzung am 9. Oktober 2014
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 2 Stenografisches Protokoll der 9. Sitzung am 15. Oktober 2014
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 3 Stenografisches Protokoll der 11. Sitzung am 5. November 2014
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 4 Stenografisches Protokoll der 13. Sitzung am 13. November 2014
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 5 Stenografisches Protokoll der 15. Sitzung am 26. November 2014
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 6 Stenografisches Protokoll der 17. Sitzung am 3. Dezember 2014
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 7 Stenografisches Protokoll der 19. Sitzung am 18. Dezember 2014
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 8 Stenografisches Protokoll der 21. Sitzung am 15. Januar 2015
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 9 Stenografisches Protokoll der 24. Sitzung am 29. Januar 2015
Öffentliche Beweisaufnahme
Stenografisches Protokoll der 24. Sitzung am 29. Januar 2015
Nichtöffentliche Beweisaufnahme

Anlage 10 Stenografisches Protokoll der 26. Sitzung am 5. Februar 2015
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 11 Stenografisches Protokoll der 28. Sitzung am 25. Februar 2015
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 12 Stenografisches Protokoll der 30. Sitzung am 4. März 2015
Öffentliche Beweisaufnahme

Die Volltexte der Anlagen
können hier eingesehen werden.

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage01.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage02.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage03.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage04.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage05.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage06.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage07.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage08.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage09.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage10.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage11.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage12.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 945 – Drucksache 18/6700

Anlage 13 Stenografisches Protokoll der 32. Sitzung am 19. März 2015
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 14 Stenografisches Protokoll der 34. Sitzung am 25. März 2015
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 15 Stenografisches Protokoll der 36. Sitzung am 23. April 2015
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 16 Stenografisches Protokoll der 38. Sitzung am 6. Mai 2015
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 17 Stenografisches Protokoll der 40. Sitzung am 21. Mai 2015
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 18 Stenografisches Protokoll der 41. Sitzung am 10. Juni 2015
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 19 Stenografisches Protokoll der 42. Sitzung am 11. Juni 2015
Öffentliche Beweisaufnahme
Stenografisches Protokoll der 42. Sitzung am 11. Juni 2015
Nichtöffentliche Beweisaufnahme

Anlage 20 Stenografisches Protokoll der 43. Sitzung am 18. Juni 2015
Öffentliche Beweisaufnahme

Anlage 21 Stenografisches Protokoll der 43. Sitzung (Fortsetzung)
am 1. Juli 2015

Stellungnahmen von Sachverständigen

Anlage 22 Prof. Dr. Jörg Eisele, Eberhard Karls Universität Tübingen
Schriftliche Stellungnahme zur öffentlichen Sachverständigenanhörung des 2.Untersu-
chungsausschusses des Deutschen Bundestages der 18. Wahlperiode

Anlage 23 Prof. Dr. Ralf Poscher, Albert-Ludwigs Universität Freiburg
Stellungnahme auf Grundlage des Beweisbeschlusses 18(27)16 des 2. Untersuchungs-
ausschusses der 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages (BT-Drs. 18/1948)

Anlage 24 Prof. Dr. Joachim Renzikowski, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Öffentliche Sachverständigenanhörung des 2. Untersuchungsausschusses der 18.Wahl-
periode am 24. September 2014 – schriftliche Stellungnahme – Strafbarkeit von Kin-
der- und Jugendpornographie und Probleme ihrer Strafverfolgung

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage13.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage14.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage15.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage16.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage17.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage18.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage19.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage20.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage21.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage22.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage23.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage24.pdf
Drucksache 18/6700 – 946 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Anlage 25 Prof. Dr. jur. Thomas Feltes M.A., Ruhr-Universität Bochum
Gutachten für den 2. Untersuchungsausschuss in der 18. Wahlperiode des Deutschen
Bundestages, Untersuchungsauftrag BT-Drs. 18/1948

Ausgewählte Dokumente aus dem Bereich des Bundeskriminalamts

Führungsinformationen im Rahmen der OP Selm

Anlage 26 Führungsinformation Nr. 1 des Bundeskriminalamtes vom 22. November 2012, mit
Handzeichen
[MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 22-24 (VS-NfD)]

Anlage 27 Führungsinformation des Bundeskriminalamtes Nr. 2 vom 10. April 2013
[MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 91-93 (VS-NfD)]

Anlage 28 Führungsinformation des Bundeskriminalamtes (nicht nummeriert) vom 15. Oktober
2013 (später als FI Nr. 3 bezeichnet)
[MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 140-143 (VS-NfD)]

Anlage 29 Führungsinformation des Bundeskriminalamtes Nr. 4 vom 16. Oktober 2013, gezeich-
net durch L/SO12 am 17. Oktober 2013
[MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 174-179 (VS-NfD)]

Anlage 30 Führungsinformation des Bundeskriminalamtes Nr. 5 vom 28. Oktober 2013
[MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 202 (VS-NfD)]

Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main – Zentralstelle zur Be-
kämpfung der Internetkriminalität (ZIT) (Staatsanwalt Dr. Krause) vom 28. Oktober
2013
[MAT A-BKA 18(27)1-1_111, Bl. 47-48]

Anlage 31 Führungsinformation des Bundeskriminalamtes Nr. 6 vom 27. November 2013
[MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 209-210 (VS-NfD)]

Anlage 32 Führungsinformation des Bundeskriminalamtes Nr. 7 vom 11. Februar 2014
[MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 97, Bl. 212-216 (VS-NfD)]

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage25.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage26.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage27.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage28.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage29.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage30.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage31.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage32.pdf
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 947 – Drucksache 18/6700

Ausgewählte Vermerke, Sachstandsberichte und Chronologie

Anlage 33 E-Mail des Zeugen Baum an die Zeugin Greiner vom 15. Oktober 2013, 15.42 Uhr,
mit dem Betreff „PI NI/SHG in Sachen Sebastian EDATHY“
[MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 289 (VS-NfD)]

Anlage 34 Vermerk der Zeuginnen Greiner und Wiegand vom 16. Oktober 2013 mit der Über-
schrift „Sachstandsbericht zu Sebastian EDATHY, geb. 05.09.1969 in Hannover“ mit
dem Aktenzeichen 2012 – 0016419732
[MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 92-102 (VS-NfD)]

Anlage 35 Sachstandsbericht des Bundeskriminalamtes an das Bundesministerium des Innern,
Staatssekretär Fritsche, vom 17. Oktober 2013
[MAT A-BMI 18(27)2_05, Anschr. und Bl. 2-7 (VS-NfD)]

Anlage 36 Schreiben des Bundeskriminalamtes an die ZIT vom 18. Oktober 2013
[MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 429 (VS-NfD)]

Anlage 37 E-Mail-Verkehr mit Bezug zur Führungsinformation Nr. 5 vom 28. Oktober 2013
[MAT A BKA 18(27)1-1, Ordner 111, Bl. 44-45]

Anlage 38 Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand vom 26. November 2013 mit Gesprächspartner
Staatsanwalt Klinge mit dem Betreff „Vorgang E.“
[MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 106, Bl. 313-314 (VS-NfD)]

Anlage 39 Gesprächsnotiz der Zeugin Greiner vom 27. November 2013 mit dem Gesprächs-
partner Oberstaatsanwalt Franosch
[MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 457 (VS-NfD)]

Anlage 40 Gesprächsnotiz der Zeugin Wiegand vom 6. Dezember 2013 über ein Gespräch mit
Staatsanwalt Klinge
[MAT A-BKA 18(27)1-1, Ordner 104, Bl. 458 (VS-NfD)]

Anlage 41 Chronologie zu Kommunikationsabläufen bzgl. der Operation „Selm“
[MAT A-BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 120-126 (VS-NfD)]

Anlage 42 Sprechzettel für BKA-Präsidenten Ziercke für die Teilnahme an der Innenausschuss-
sitzung am 19.02.2014; TOP „Informations-weitergabe im Fall Edathy“
[MAT A- BKA 18(27)1-3, Ordner 201, Bl. 375-393 (VS-NfD)]

Anlage 43 Angaben des BKA zum Verbleib des Laptops und zu weiteren, an den Beamten X
dienstlich ausgegebenen Geräten
[MAT A BKA 18(27)71]

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage33.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage34.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage35.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage36.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage37.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage38.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage39.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage40.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage41.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage42.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage43.pdf
Drucksache 18/6700 – 948 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Dokumente aus dem Bereich des Landes Niedersachsen

Ausgewählte Dokumente das Strafverfahren gegen Sebastian Edathy betreffend

Anlage 44 Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hannover im Verfahren gegen Sebastian Edathy
vom 15. Juli 2014 – Az. 3714 Js 9585/14
[MAT A-Nds 18(27)10-14-1, Anlage 1, Ordner 4, lfd. Nr. 16, Bd. 4, Bl. 42-48]

Anlage 45 Einfache Melderegisterauskunft des Einwohnermeldeamtes Rehburg-Loccum vom 16.
Oktober 2013
[MAT A-BKA 18(27)1-2, Ordner 177, Bl. 297 (VS-NfD)]

Erkenntnisträgerliste

Anlage 46 Erkenntnisträgerliste der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 26. August 2014
[MAT A-Nds 18(27)9, Anschreiben und Anlage, insgesamt 5 Bl.]

Anlage 47 Erkenntnisträgerliste der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 17. März 2015
[MAT A-Nds 18(27)9-1, Anschreiben (4 Bl.), Anlage (26 Bl.)]

Anlage 48 Schreiben der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 24. April 2015 zur Plausibilisie-
rung einzelner Angaben auf den bereits übersandten Listen
[MAT A-Nds 18(27)9-3 (2 Bl.)]

Anlage 49 Erkenntnisträgerliste der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 11. Mai 2015
[MAT A-Nds 18(27)9-4 (neu), Anschreiben (2 Bl.), Anlage (21 Bl.)]

Ausgewählte Dokumente, die von Sebastian Edathy vorgelegt wurden

Anlage 50 Eidesstattliche Versicherung Sebastian Edathy
[MAT A- Eda 18(27)53, Bl. 1-3]

Anlage 51 SMS-Verkehr Sebastian Edathy
[MAT A- Eda 18(27)53, Bl. 4-16]

Weitere ausgewählte Dokumente

Anlage 52 Programm und Teilnehmerliste der Tagung „Aktuelle Problemfelder des polizeilichen
Spitzenmanagements“ vom 16. – 18. Oktober 2013
[MAT A-Dhpol 18(27)56, Bl. 2-7]

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage44.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage45.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage46.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage47.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage48.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage49.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage50.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage51.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage52.pdf
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 949 – Drucksache 18/6700

Anlage 53 Liste der angemeldeten Teilnehmer der BKA-Herbsttagung 2013
[MAT A BMI 18(27)76]

Anlage 54 Bundesverfassungsgericht, Beschluss Az. 2 BvR 969/14 vom
15. August 2014 (Beschluss zur Verfassungsbeschwerde Sebastian Edathys)

Anlage 55 Schreiben des Bundesministeriums des Innern an den Untersuchungsausschuss vom
26. Juni 2015
[A-Drs. 18(27)121]

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage53.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage54.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/CD06700/Anlage55.pdf
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Erster Teil: Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Gang der Untersuchung
A. Vorgeschichte, parlamentarisches Einsetzungsverfahren, Untersuchungsauftrag und Konstituierung des Untersuchungsausschusses
I. Vorgeschichte
1. Bekanntwerden der Niederlegung des Mandats durch Sebastian Edathy am 8. Februar 2014 und Durchsuchungsmaßnahmen gegen Sebastian Edathy am 10. und 12. Februar 2014
2. Presseerklärungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann, der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Fraktion Christine Lambrecht und des BKA-Präsidenten Jörg Ziercke vom 13. Februar 2014
3. Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Hannover zu den Ermittlungen gegen Sebastian Edathy am 14. Februar 2014
4. Rücktritt von Dr. Hans-Peter Friedrich vom Amt des Bundesministers für Landwirtschaft und Ernährung am 14. Februar 2014
5. Aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag am 19. Februar 2014 und Beratungen des Innenausschusses im Februar, März und April 2014
6. Bekanntwerden des Falles des BKA-Beamten „X“ Ende Februar 2014
7. Kleine Anfragen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 3. März 2014 zum „Fall Edathy“
8. Daten- und Akten-Moratorium

II. Parlamentarisches Einsetzungsverfahren und Untersuchungsauftrag des 2. Untersuchungsausschusses
1. Einsetzungsantrag
2. Beratung des Einsetzungsantrags
3. Beschlussfassung im Deutschen Bundestag über die Einsetzung des 2. Untersuchungsausschuss und dessen Untersuchungsauftrag

III. Konstituierung des 2. Untersuchungsausschusses
1. Mitglieder des 2. Untersuchungsausschusses
2. Bestimmung der Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden
3. Benennung der Obleute und der Berichterstatter
4. Benannte und ermächtigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen
5. Beauftragte der Bundesregierung und des Bundesrates
6. Sekretariat des Untersuchungsausschusses
B. Verfahren mit sachlichem Bezug zum Untersuchungsauftrag
I. Verständigung der Generalstaatsanwälte von Berlin und Celle über strafrechtliches Vorgehen
1. Strafverfahren gegen Sebastian Edathy
a) Anklageerhebung am 15. Juli 2014
b) Überlegungen zur Einstellung des Verfahrens
c) Eröffnung der Hauptverhandlung am 23. Februar 2015 und Beschluss zur Einstellung des Verfahrens am 2. März 2015

2. Ermittlungen gegen Bundesminister a. D. Dr. Hans-Peter Friedrich
a) Einholung der Ermächtigung zur Strafverfolgung des Bundesministers des Innern
b) Schutzschrift des Verteidigers von Dr. Friedrich zum Tatvorwurf
c) Einstellung des Verfahrens gegen Dr. Friedrich
d) Prüfung möglicher Tatbeteiligungen durch die Staatsanwaltschaft Berlin

3. Verfahren, denen der Verdacht zugrunde liegt, dass Sebastian Edathy vor den drohenden Ermittlungen gewarnt worden ist
4. Kein Verfahren gegen den Präsidenten des Bundeskriminalamtes a. D. Jörg Ziercke

II. Verfahren gegen den Abgeordneten Michael Hartmann
1. Prüfvorgang der Staatsanwaltschaft Lüneburg gegen den Zeugen Michael Hartmann wegen des Verdachts einer Strafvereitelung
2. Verfahren der Staatsanwaltschaft Berlin gegen den Zeugen Hartmann wegen des Verdachts einer falschen uneidlichen Aussage

III. Weitere Verfahren mit Bezug zum Untersuchungsgegenstand

C. Gang der Untersuchung
I. Rechtsgrundlagen für die Arbeit des Untersuchungsausschusses
II. Beschlüsse und Absprachen zum Verfahren
III. Vorbereitung der Beweiserhebung
1. Obleutebesprechungen
2. Einholung von Sachverständigengutachten gemäß § 28 PUAG

IV. Beweiserhebung durch Beiziehung von Akten, Berichten, Protokollen und sonstigen Unterlagen
1. Art, Herkunft und Umfang des Beweismaterials
2. Bitten um fristgemäße Aktenvorlage und Vollständigkeitserklärung gemäß § 18 Absatz 2 PUAG
3. Absehen vom Vollzug eines auf die technische Überprüfung der Mobilfunkgeräte Sebastian Edathys gerichteten Beweisbeschlusses
4. Einstufungen von Beweismaterialien
5. Weitere Aktenvorlage durch das Land Niedersachsen

V. Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen
1. Behandlung von Beweisanträgen
2. Durchführung der Zeugenvernehmungen
a) Anzahl der Zeugenvernehmungen
b) Ort der Zeugenvernehmungen

3. Einstufung der Vernehmungen in öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzungen
a) Zeugenvernehmungen in nichtöffentlicher Sitzung
b) Zeugenvernehmung in als VERTRAULICH eingestuftem Sitzungsteil
c) Zeugenvernehmungen in als GEHEIM eingestuften Sitzungsteilen

4. Aussagegenehmigungen
5. Rechtliche Beistände
6. Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 22 Absatz 2 PUAG
a) Inanspruchnahme des Auskunftsverweigerungsrechts
b) Aussageaufforderung an Michael Hartmann, Übernahme Rechtsbeistandskosten

7. Beschlossene, aber nicht geladene Zeugen
8. Abschluss der Vernehmungen und Abschluss der Beweisaufnahme durch Anhörung von Zeugen

VI. Anderweitige Sachverhaltsaufklärung/Informationserlangung
1. Pressekonferenz mit Sebastian Edathy
2. Auskünfte zum Verlust des Krypto-Handys von Michael Hartmann
3. Mitteilungen des Rechtsanwalts des Zeugen Hartmann
4. Mitteilungen des Bundesministeriums des Innern und des Bundeskriminalamtes
5. Mitteilungen des Landes Niedersachsen
6. Schriftwechsel von Mitgliedern und einem Mitarbeiter der SPD-Bundestagsfraktion
7. Auskünfte zu den Sondierungsgesprächen zwischen CDU, SPD und CSU am 17. Oktober 2013
8. Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegtes Gutachten

VII. Zeit- und Arbeitsaufwand
VIII. Abschlussbericht
1. Zeitplan
2. Behandlung von geheimschutzrechtlich eingestuften Teilen des Berichtsentwurfs
a) Von der Bundesregierung als VS-NfD eingestuftes Beweismaterial
b) Vom Untersuchungsausschuss geheimschutzrechlich eingestufte Stenografische Protokolle und eingestuftes Beweismaterial

3. Feststellungen zum Abschlussbericht
a) Gang des Verfahrens und ermittelte Tatsachen
b) Ergebnis der Untersuchung
c) Sondervotum

4. Rechtliches Gehör
5. Feststellung der Teile des Abschlussberichts und Vorlage an den Deutschen Bundestag

IX. Umgang mit Beweismitteln nach Vorlage des Berichtes
Zweiter Teil: Feststellungen zum Sachverhalt
A. Vorgänge innerhalb des Bundeskriminalamts
I. Organigramm Bundeskriminalamt
1. Das Referat SO 12 innerhalb des Bundeskriminalamtes
a) Das Referat SO 12 innerhalb der Organisationsstruktur des Bundeskriminalamtes
b) Verhältnis der im Untersuchungsausschuss zeugenschaftlich vernommenen BKA-Beamten zum Referat SO 12
aa) Zeuginnen Wiegand und Greiner, Zeugen Gruber und Liersch
bb) Zeuge Stahl
cc) Zeugen Herb und Theissig
dd) Zeugen Hoppe, Dorendorf und Schiffels
ee) Zeugin Dr. Vogt
ff) Zeuge Henzler
gg) Zeuge Beamter „X“
2. Stab der Amtsleitung
a) Zuständigkeit
b) Vernommene Zeugen
aa) Zeuge Braß
bb) Zeuge Leon
3. Referate, die mit den dienstrechtlichen Maßnahmen gegen den Beamten „X“ befasst waren
a) ZD 25 - Zeuge Spaniol
b) ZV 15 - Zeugen Meyer und Becker
c) Zeuge Hoffmann
II. Operation „Selm“ - Einleitung und Verlauf
1. Operation „Spade“ der kanadischen Behörden
a) Hintergrund und Verlauf
b) Beteiligung des Bundeskriminalamtes

2. Kontakt zu den kanadischen Behörden - Übergabe der Daten
a) Grund für die direkte Kontaktaufnahme
b) Übergabe der Daten anlässlich des Lehrgangs in Selm
aa) Anfrage bezüglich des Übergabemodus durch die kanadische Beamtin
bb) Anlass und Teilnehmerkreis der Tagung in Selm
cc) Ablauf der Übergabe in Selm
dd) Lagerung der Festplatte nach der Übergabe der Daten

c) Praxis direkter Datenübergaben - Normal- oder Ausnahmefall
d) Prüfung der übergebenen Daten im Hinblick auf die Relevanz für das „Infrarot“-Verfahren - Aufspielen der erhaltenen Daten auf den BKA-Server
aa) Aufspielen der Daten
bb) Prüfung der eingegangenen Daten im Hinblick auf die Relevanz für das „Infrarot“-Verfahren
cc) Verschlüsselung der Daten bei Übergabe?
3. Vorarbeiten innerhalb des Bundeskriminalamtes bis zur Besprechung mit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt a. M. (ZIT) im Juli 2012
a) Anlegen eines Neuvorgangs - Zuweisung des Verfahrens an die Zeugin Wiegand
aa) Anlegen eines Neuvorgangs
bb) Zuweisung des Verfahrens an die Zeugin Wiegand

b) Umfang der durch die kanadischen Behörden übermittelten Daten
aa) Datenübergabe anlässlich der Tagung in Selm im Oktober 2011
bb) Nachlieferung der Polizei Toronto im Januar 2012
cc) Datenübermittlung durch INTERPOL Ottawa im April / Mai 2012

c) Beginn der Auswertung des Materials im Januar 2012, sogenannte Grobsichtung
aa) Beginn am 10. Januar 2012
bb) Art und Weise des Vorgehens hierbei
cc) Entdeckung des Beamten „X“ in diesem Rahmen

d) Massendatenabgleich im Juli 2012
e) Tätigkeit der Zeugin Greiner im Referat SO 12 und im Rahmen der „Operation Selm“ - Abordnung zur BAO Transporter

4. Allgemeine Priorität der Operation „Selm“ gegenüber anderen Verfahren und grundsätzliche Belastung des Referats SO 12
a) Vorgehensweise bei der Priorisierung
b) Bedeutung flüchtiger Beweismittel für die Priorisierung
c) Einschätzung der Priorität der Operation „Selm“
d) Grundsätzliche Belastung des Referats SO 12 und Umfang der Operation „Selm“
e) Dauer der Operation „Selm“

5. Maßnahmen im Hinblick auf die IT-Infrastruktur der Operation „Selm“
a) Allgemeines
b) Kontakte zwischen SO 12 und SO 55 im Frühjahr 2012 zur Errichtung der Datenbank - Einspielen der Daten
aa) Erste Kontakte
bb) Verzögerung wegen Update der IT-Infrastruktur im Bundeskriminalamt im Mai 2012

c) Errichtung einer Zentraldatei „OP Selm“
aa) Entwurf des Antrags auf Anordnung der Zentraldatei innerhalb des Bundeskriminalamtes
bb) Bearbeitung der Errichtungsanordnung innerhalb des Bundesministeriums des Innern - Beteiligung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
cc) Freigabe der Errichtungsanordnung durch die Amtsleitung des Bundeskriminalamtes

d) Errichtung einer Organisationseinheit für die Operation „Selm“ im VBS im Juli 2012
e) Migration der Daten in das Vorgangsbearbeitungssystem des Bundeskriminalamtes
aa) Vorarbeiten im Sommer 2012
bb) Durchführung der Migration nach Vorliegen der Errichtungsanordnung im Oktober 2012
6. Zusammenarbeit zwischen dem Bundeskriminalamt und der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main / Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität
a) Die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) als solche
aa) Gründung und Aufgabe
bb) Verhältnis der ZIT zum Bundeskriminalamt

b) Rechtsgrundlage der Zusammenarbeit zwischen Bundeskriminalamt und ZIT
aa) Kein Ermittlungsverfahren ohne Staatsanwaltschaft
bb) Zuständigkeit der ZIT gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz
cc) Hintergrund der Zuständigkeit der ZIT für die Befassung mit Ermittlungsverfahren aus dem Bereich des Internets aus dem Bundeskriminalamt
dd) Personen, die innerhalb der ZIT an der Bearbeitung der Operation „Selm“ beteiligt waren

c) Besprechung am 23. Juli 2012 in Gießen
aa) Vorbereitung des Treffens - Kommunikation mit der ZIT
bb) Vorbesprechung innerhalb des Bundeskriminalamtes mit Kriminaldirektor Hoppe
cc) Inhalt und Ergebnis der Besprechung mit der ZIT – Beauftragung des Bundeskriminalamtes
aaa) Mögliche Rechtsgrundlagen des Tätigwerdens des Bundeskriminalamtes
bbb) Äußerung von Zeuginnen und Zeugen zu diesem Aspekt
ccc) Fundstellen in den Akten, die möglicherweise Rückschlüsse auf die Rechtsgrundlage zulassen
(1) Protokoll über die Besprechung mit der ZIT am 23. Juli 2012
(2) Kreditkartenabfragen
(3) Abfrage von Bestandsdaten bezüglich Edathy
(4) Auskunftsersuchen des Bundeskriminalamts vom 15. Oktober 2013

ddd) Ausführungen zur Rechtsgrundlage für die Zusammenarbeit zwischen der ZIT und dem Bundeskriminalamt im Frühjahr 2014

dd) Inhalt und Ergebnis der Besprechung mit der ZIT – Präsentation des Bundeskriminalamtes und Absprachen, insbesondere zur Bildung von Kategorien
aaa) Inhalt der Präsentation
bbb) Absprachen zur Kategorisierung des Video- und Bildmaterials
ccc) Absprachen zum Vorgehen im Hinblick auf die einzelnen Kategorien
ddd) Vorschlag zur Änderung des abgesprochenen Vorgehens bei Bezug von ausschließlich nicht strafrechtlich relevantem Video- und Bildmaterial
eee) Absprachen bezüglich der Identifizierung der Tatverdächtigen
fff) Weitere Absprachen - Aufgaben für SO 12
d) Besprechung mit der ZIT am 9. Januar 2013

7. Ablauf der Ermittlungen im Rahmen der Operation „Selm“ nach der Besprechung mit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt a. M. (ZIT) am 23. Juli 2012
a) Organisation des grundsätzlichen Vorgehens, insbesondere Erstellung der Einzelakten
aa) Entwurf von Blankoakten
bb) Ermittlungsmaßnahmen durch das Bundeskriminalamt - Identifizierung der Besteller
cc) Aufwand bei der Erstellung der Einzelakten

b) Maßnahmen bezüglich des Filmmaterials
aa) Auswertung der Filme / Bilderserien
bb) Erkenntnisse des Bundeskriminalamtes zu Produzenten und Darstellern in den über Azov vertriebenen Filmen
aaa) Peter P. Productions
bbb) Produzent aus dem Bundesland Brandenburg
c) Zusammenarbeit mit Behörden der Bundesländer bei den Ermittlungen
aa) Ankündigung der Operation „Selm“ am 16. Oktober 2012
bb) Erkenntnisanfragen im Einzelnen
aaa) Erkenntnisanfrage vom 2. November 2012
bbb) Erkenntnisanfrage vom 15. Oktober 2013
d) Ermittlungen bei Kreditkartenunternehmen
aa) Beginn der Ermittlungen bei Kreditkartenunternehmen im Januar 2013
bb) Inhalt des Auskunftsersuchens - Rechtsgrundlage
cc) Rückläufe der Kreditkartenunternehmen - Konsequenzen hieraus
dd) Kreditkartenauskünfte bezüglich Edathy

e) Open-Source-Recherchen zu den Beschuldigten
aa) Anlass der Befassung des Untersuchungsausschusses
bb) Zweck der Open-Source-Recherchen
cc) Zeitpunkt der Durchführung im Rahmen der Einzelaktenerstellung
dd) Bezüglich Edathy (noch) keine Open-Source-Recherche durchgeführt
ee) Open-Source-Recherche und Priorisierung
ff) Umgang mit den Ergebnissen der Open-Source-Recherche
gg) „Promicheck“ mittels Open-Source-Recherche

f) Priorisierung von bestimmten Vorgängen innerhalb der Operation „Selm“
g) Abgaben von Einzelverfahrensakten über die ZIT an die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften
aa) Versand der Akten durch das Bundeskriminalamt an die ZIT
bb) Abgabe der Verfahren durch die ZIT an die Staatsanwaltschaften anderer Bundesländer
8. Maßnahmen im Hinblick auf erfolgte bzw. angekündigte Presseveröffentlichungen in Zusammenhang mit dem Gesamtverfahren Operation „Spade“
a) Presseveröffentlichungen in Spanien 2012
aa) Inhalt und Zeitpunkt der Pressemeldungen
bb) Klärung des Hintergrundes und Bericht an das Bundesministerium des Innern
cc) Erlass des Bundesministeriums des Innern aus Anlass der Pressemeldungen
dd) Anfrage der Abgeordneten Judith Skudelny an das Auswärtige Amt aus Anlass der Pressemeldungen

b) Pressekonferenz der kanadischen Polizei am 14. November 2013
aa) Kontakte zwischen dem Bundeskriminalamt und der kanadischen Polizei im Hinblick auf Presseveröffentlichungen im Jahr 2013
aaa) Kontakt im Januar 2013
bbb) Kontakt im Februar und März 2013
ccc) Kontakt im Juli/August/September 2013

bb) Ankündigung der Pressekonferenz durch die kanadische Polizei gegenüber dem Bundeskriminalamt
aaa) Kontakt zur kanadischen Polizei in Bezug auf die geplante Pressekonferenz
bbb) Mitteilung der bevorstehenden Pressekonferenz an die Ansprechstellen Kinderpornografie in den Bundesländern
ccc) Mitteilung der bevorstehenden Pressekonferenz innerhalb der BKA-Hierarchie
ddd) Mitteilung der bevorstehenden Pressekonferenz an die ZIT

cc) Kenntnis von der bevorstehenden Presseveröffentlichung in Niedersachsen

III. Der Vorgang Edathy als Suchtreffer bei Recherchen im Vorgangsbearbeitungssystem des Bundeskriminalamtes vor dem 15. Oktober 2013
1. Hintergrund
2. Das Vorgangsbearbeitungssystem des Bundeskriminalamtes
a) Allgemein
b) Protokollierung von Veränderungen in Vorgängen
c) Zugriff auf die Protokolldaten
d) Recherchemöglichkeiten
e) Berechtigungsstruktur
f) Eingabe der Betreffzeile eines Vorgangs
g) Hintergrundrecherche bei Neuanlage von Vorgängen

3. Projektgruppe Informationsmanagement im Bundeskriminalamt
4. Die Recherchen mit dem Suchbegriff „EDATHY“
a) Ergebnis der Feststellungen des Datenschutzbeauftragten
aa) Kein lesender Zugriff auf den Vorgang durch unberechtigte Personen
bb) Zugriff durch die Zeuginnen Wiegand und Greiner vor dem 15. Oktober 2013
aaa) Lesender Zugriff vor dem 15. Oktober 2013
bbb) Bearbeitung des Vorgangs vor dem 15. Oktober 2013

cc) Recherche nach der Person „Edathy“
dd) Anzeige des SO 12-Vorgangs als Suchtreffer

b) Einholung von Stellungnahmen durch den BKA-Leitungsstab bei den Beamten, die Suchen durchgeführt haben
c) Abfrage durch die Zeugin Kriminalkommisssarin Geyer
aa) Angaben zur Tätigkeit innerhalb des Bundeskriminalamtes im Abfragezeitpunkt
bb) Begründung der Datenabfrage gegenüber dem Bundeskriminalamt
aaa) Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt
(1) Grund für die Durchführung der Suche
(2) Wahrnehmung des Vorgangs aus dem Referat SO 12

bbb) Änderungsvorschläge durch einen Mitarbeiter des Leitungsstabes
ccc) Endgültige Fassung der Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt
ddd) Aktenlage

cc) Angaben gegenüber dem Innenausschuss
dd) Angaben gegenüber dem Untersuchungsausschuss

d) Abfragen durch den Zeugen Kriminalkommissar Hellenthal
aa) Angaben zur Tätigkeit innerhalb des Bundeskriminalamtes zu den Abfragezeitpunkten
bb) Befassung des Zeugen Hellenthal mit dem Sachverhalt „Sachbeschädigung Briefkasten“
cc) Begründung der Datenabfragen gegenüber dem Bundeskriminalamt
aaa) Erste Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt
(1) Abfrage am 1. August 2013
(2) Abfrage am 29. August 2013, 15.23 Uhr

bbb) Änderungsvorschläge durch einen Mitarbeiter des Leitungsstabes
ccc) Endgültige Fassung der Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt

dd) Angaben gegenüber dem Innenausschuss
ee) Angaben gegenüber dem Untersuchungsausschuss

e) Abfrage durch die Zeugen Kriminalhauptkommissar Hackel und Kriminaloberkommissarin Hockun
aa) Tätigkeit im Referat SG 22
bb) Begründung des Zeugen Hackel für die Datenabfragen gegenüber dem Bundeskriminalamt
aaa) Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt
bbb) Änderungsvorschläge durch einen Mitarbeiter des Leitungsstabes
ccc) Endgültige Fassung der Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt

cc) Begründung der Zeugin Hockun für die Datenabfragen gegenüber dem Bundeskriminalamt
aaa) Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt
bbb) Änderungsvorschläge durch einen Mitarbeiter des Leitungsstabes
ccc) Endgültige Fassung der Erklärung gegenüber dem Bundeskriminalamt

dd) Angaben des Zeugen Hackel gegenüber dem Innenausschuss
ee) Angaben der Zeugin Hockun gegenüber dem Innenausschuss
ff) Angaben des Zeugen Hackel vor dem Untersuchungsausschuss
gg) Angaben der Zeugin Hockun vor dem Untersuchungsausschuss

IV. Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen in Bezug auf Kinder- und Jugendpornografie innerhalb des Bundeskriminalamtes
1. Server- und Auswerteraum von SO 12 innerhalb des Bundeskriminalamtes
a) Zugangsregelung
b) Ausstattung

2. Zutritt des Beamten „X“ in den Server- beziehungsweise Auswerteraum

V. Abläufe innerhalb des Bundeskriminalamt betreffend den Vorgang „Edathy“ ab dem 15. Oktober 2013 bis zu den Durchsuchungsmaßnahmen im Februar 2014
1. Keine Kenntnis innerhalb des Bundeskriminalamtes vor dem 15. Oktober 2013
a) Angaben der Zeugen
b) Dienstliche Erklärungen
aa) Zeuginnen Dr. Vogt, Greiner und Wiegand sowie Zeugen Schiffels, Hoppe, Theissig, Stahl und einen weiteren Beamten aus dem Referat SO 12
bb) Dienstliche Erklärungen weiterer Beamter aus dem Referat SO 12
2. Erkenntnisabfrage an die Bundesländer am 15. Oktober 2013, 12.57 Uhr
a) Abläufe bis zum Versand der E-Mail
b) Inhalt der Erkenntnisabfrage
aa) Text der E-Mail
bb) Angehängte Tabellen
cc) Adressaten der Erkenntnisabfrage

c) Mögliche Wahrnehmung der Nennung der Daten Edathys auch durch Stellen in anderen Bundesländern

3. Kontakte mit der niedersächsischen Polizei am 15. und 16. Oktober 2013
a) Reaktion auf die Erkenntnisanfrage gegenüber dem Bundeskriminalamt durch einen Beamten der Polizei Nienburg783F
b) Weitere Kontakte mit niedersächsischen Stellen am 15. und 16. Oktober 2013787F

4. Meldeabläufe nach der Rückmeldung aus Niedersachsen am 15. Oktober 2013
a) Meldungen an die Hierarchie bis hin zu Präsident Ziercke am 15. Oktober 2013
aa) Meldung der Zeugin Greiner an die Zeugen Stahl und Hoppe
bb) Meldung des Zeugen Hoppe an den Zeugen Schiffels
cc) Meldung des Zeugen Schiffels an die Zeugin Dr. Vogt und den Zeugen Henzler
aaa) Meldungen des Zeugen Schiffels am Nachmittag
bbb) Meldung des Zeugen Schiffels an die Zeugin Dr. Vogt am Abend des 15. Oktober 2013

dd) Meldung der Zeugin Dr. Vogt an den Zeugen Ziercke
aaa) Aussage des Zeugen Ziercke vor dem Innenausschuss und in seiner ersten Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss
bbb) Meldung am Nachmittag in Spanien
ccc) Meldung am Abend am Flughafen Frankfurt
ddd) Mögliche Kenntnisnahme des Zeugen Ziercke auf anderem Wege?
b) Kontakte mit der ZIT am 15. und 16. Oktober 2013

5. Briefing des Präsidenten am 16. Oktober 2013 – Erstellung der Führungsinformationen Nr. 3 und Nr. 4 vom 15. bis 17. Oktober 2013
a) Vorbereitung des Briefings durch die Zeugin Greiner – Zustandekommen des Briefings
b) Erstellung der Führungsinformation Nr. 3 am 15. und 16. Oktober 2013
c) Ablauf des Briefings – Bitte um Entwurf eines Berichts an das Bundesministerium des Innern schon hier?
d) Erstellung der Führungsinformation Nr. 4 am 16. und 17. Oktober 2013

6. Wahrung von Vertraulichkeit bezüglich des Vorgangs
7. Bericht der Amtsleitung des Bundeskriminalamtes an das Bundesministerium des Innern am 16./17. Oktober 2013889F
a) Telefonische Information Ziercke – Fritsche
b) Rückfrage Fritsche bei Henzler
c) Schriftlicher Bericht vom 17. Oktober 2013
aa) Inhalt des Berichts
bb) Erstellung, Zeichnung und Versand des Berichts
cc) Personen, die den Bericht innerhalb des Bundesministeriums des Innern zur Kenntnis nahmen

d) Weisung von Vizepräsident Henzler, die Berichterstattung an das Bundesministerium des Innern gegenüber der ZIT nicht zu erwähnen

8. Keine Information über das Telefonat Oppermann – Ziercke am 17. Oktober 2013 innerhalb des Bundeskriminalamtes
9. Versand des Vorgangs betreffend Edathy an die ZIT und Abgabe an die Generalstaatsanwaltschaft Celle
a) Zusammenstellung der Akten und Versand nach Gießen
b) Maßnahmen der ZIT vor Abgabe der Akten an die Generalstaatsanwaltschaft Celle
aa) Abfrage bei der DENIC
bb) Erfüllung von Berichtspflichten

c) Abgabe des Vorgangs nach Niedersachsen
aa) Hintergrund der Abgabe an die Generalstaatsanwaltschaft Celle
bb) Direkte Übersendung durch die ZIT aus Gießen nach Celle
cc) Kontakt zwischen der ZIT und der Generalstaatsanwaltschaft Celle
dd) Erstellung und Abstimmung des Abgabevermerks
aaa) Inhalt des Abgabevermerks
bbb) Einholung von Informationen für den Abgabevermerk
ccc) Abstimmung des Abgabevermerks und des Versandes mit den Vorgesetzten
d) Kenntnis des Bundeskriminalamtes von der Abgabe des Vorgangs durch die ZIT an die Generalstaatsanwaltschaft Celle

10. Anforderung der weiteren, Niedersachsen betreffenden KAT-2-Vorgänge durch die Staatsanwaltschaft Hannover
a) Anforderung der Vorgänge durch den Zeugen Klinge beim Bundeskriminalamt
b) Führungsinformation Nr. 6
aa) Inhalt und Steuerung der Führungsinformation Nr. 6
bb) Kenntnisnahme der Führungsinformation auf der Leitungsebene des Bundeskriminalamtes
cc) Reaktion des Zeugen Ziercke bezüglich der Führungsinformation

c) Absprache mit der ZIT in Bezug auf die Priorisierung der Vorgänge betreffend Niedersachsen
d) Bearbeitungsdauer innerhalb des Bundeskriminalamtes und Versand der Vorgänge an die ZIT
e) Bearbeitung der Vorgänge durch die ZIT und Abgabe an die Staatsanwaltschaft Hannover

11. Information des Bundeskriminalamtes durch den Zeugen Klinge, dass sich ein Rechtsanwalt Edathys bei der Staatsanwaltschaft Hannover gemeldet habe
a) Telefonische Information durch Oberstaatsanwalt Klinge
b) Meldung der Information an die Hierarchie innerhalb des Bundeskriminalamtes
c) Umgang mit der Information im Leitungsbereich des Bundeskriminalamtes – Weitergabe an Staatssekretär Fritsche
d) Handhabung der Information durch den Zeugen Fritsche

12. Weitere Kontakte des Bundeskriminalamtes zur Staatsanwaltschaft Hannover bis zu den Durchsuchungsmaßnamen
a) Chronologie im Bundeskriminalamt
b) Kontakte zwischen Bundeskriminalamt und Staatsanwaltschaft Hannover im Januar 2014
aa) Kontaktaufnahme des Bundeskriminalamtes mit der Staatsanwaltschaft Hannover am 20. Januar 2014
bb) Kontaktaufnahme des Bundeskriminalamtes mit der Staatsanwaltschaft Hannover am 31. Januar 2014

c) Hintergrund der Weisung, Kontakt zur Staatsanwaltschaft Hannover zu halten
d) Kenntnisnahme der Information des Zeugen Klinge vom 31. Januar 2014, dass „Maßnahmen unmittelbar bevorstehen“, durch die Amtsleitung des Bundeskriminalamtes

B. Vorgänge betreffend den Beamten „X“
I. Auffinden des Namens des Beamten „X“ auf der kanadischen Kundenliste – Vorziehen des Vorgangs und Vorgehen bis zum 31. Januar 2012
1. Beginn der sogenannten „Grobsichtung“ – Auffinden des Namens
2. Ablauf nach Auffinden des Namens
a) Information der unmittelbaren Vorgesetzten Erster Kriminalhauptkommissar Stahl und Kriminaldirektor Hoppe – Weisung zur Priorisierung
b) Maßnahmen zur Identifizierung
aa) Prüfung der Adressdaten durch Nachfrage im Referat ZD 25
bb) Abfrage der bei den Bestellungen angegebenen Kontaktdaten

c) Hintergrund der intensiven Prüfung

3. Einsichtnahme in die Gesamtliste durch Vorgesetzte?
4. Erstellung einer Akte, Vorgehen hierbei
a) Vorgehen bei der Erstellung
b) Gegenlesen des Vermerks durch den Zeugen Herb
c) Kategorienbildung zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben
d) Keine Weisung zum „Stoppen“ der Abarbeitung der Liste aus der Operation „Selm“
e) Umfang der Bestellungen des Beamten „X“, die sich aus den Akten des Bundeskriminalamtes ergeben

5. Information der Hierarchie über den Vorgang
a) Information von Gruppen- und Abteilungsleiter
b) Klärung des weiteren Vorgehens mit dem Präsidenten
c) Übergabe des Vorgangs vom Referat SO 12 an das Referat ZD 25 und Abgabe an die Staatsanwaltschaft Mainz
d) Hintergrund der direkten Abgabe an die Staatsanwaltschaft Mainz ohne Einschaltung der ZIT

6. Dienstliche Kontakte der Akteure zum Beamten „X“
7. Kontakt des Beamten „X“ zu MdB Michael Hartmann und zu Sebastian Edathy
a) MdB Michael Hartmann
b) Sebastian Edathy
II. Ablauf des Strafverfahrens
1. Übergabe der Akten an die Staatsanwaltschaft Mainz am 1. Februar 2012
a) Ablauf des Gesprächs bei der Staatsanwaltschaft Mainz
b) Umfang der an die Staatsanwaltschaft Mainz übergebenen Materialien
c) Zuständigkeit von Staatsanwalt Dr. Schumacher

2. Ermittlungsmaßnahmen bis zur Durchsuchung bei dem Beamten „X“ am 13. April 2012
a) Aufnahme der Ermittlungen
b) Nachfragen beim Bundeskriminalamt auf Grund der Bankermittlungen
c) Versand einer Aktenzeichenmitteilung durch die Staatsanwaltschaft Mainz an das Bundeskriminalamt
d) Prüfung der Beweismittel in Bezug auf das Vorliegen kinder- oder jugendpornografischer Schriften
e) Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses und Vollzug
f) Keine Durchsuchung der Diensträume durch die Staatsanwaltschaft Mainz

3. Auswertung der bei der Durchsuchung aufgefundenen Beweismittel
a) Aufgefundene Beweismittel
b) Zeit bis zur Auswertung der Beweismittel
c) Aufgefundene Beweise

4. Aktenanforderung durch die ZIT
5. Möglichkeit der Einsichtnahme in die Beweismittel-DVDs durch Dritte?
a) Kenntnis des Zeugen Dr. Schumacher bezüglich der Kundendatei
b) Lagerung der Beweismittel-DVDs im Dienstzimmer
c) Keine Übersendung im Rahmen der Akteneinsicht

6. Verschiebung der Stellungnahme vor dem Hintergrund eines „Runden Tischs über die berufliche Zukunft“ des Beamten „X“
7. Erlass eines Strafbefehls durch das Amtsgericht Mainz
8. Dauer des Strafverfahrens

III. Ablauf des Disziplinarverfahrens
1. Zuständigkeit des Referates ZD 25 bis Ende April 2012
a) Aufgabenübertragung von SO 12 an ZD 25 – Besprechung hierzu am 30. Januar 2012 – Abstimmung mit der Amtsleitung
b) Kontakte des Referats ZD 25 zur Staatsanwaltschaft Mainz zwischen dem 1. Februar 2012 und dem 13. April 2012
c) Maßnahmen zur Verhinderung einer unberechtigten Informationsweitergabe innerhalb des Bundeskriminalamtes vor dem 13. April 2012
d) Kenntnis des Bundeskriminalamtes von der Durchführung der Hausdurchsuchung beim Beamten „X“
e) Verdacht der Informationsweitergabe an den Beamten „X“ bereits vor den Durchsuchungsmaßnahmen
f) Aufsuchen des Bundeskriminalamtes durch den Beamten „X“ nach der Hausdurchsuchung am 13. April 2012
g) Sicherung des persönlichen Computerlaufwerks des Beamten „X“ mit dessen Zustimmung
h) Keine Durchsuchung der Diensträume des Beamten „X“
i) Sicherung von Dienstwaffe und Dienstausweis
j) Prüfung der Nutzung dienstlich überlassener Hardware (Laptop, Handy, Speicherkarten) zur Tatbegehung
aa) Beachtung dieser Frage durch das Bundeskriminalamt
bb) Hardware, die dem Beamten „X“ durch das Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellt wurde
2. Wechsel der Zuständigkeit zum Bereich ZV 15
a) Das Referat ZV 15 innerhalb des Bundeskriminalamtes
b) Aufgabenübertragung an ZV 15

3. Gespräch zwischen Vizepräsident Maurer und Mitarbeitern von SO 12 am 20. April 2012
4. Einleitung und Aussetzung des Disziplinarverfahrens Ende April 2012 sowie Verfügung gemäß § 66 BBG
a) Gesetzliche Grundlagen
b) Verwaltungspraxis innerhalb des Bundeskriminalamtes
c) Konkretes Verfahren gegen den Beamten „X“
aa) Absprachen bezüglich des Vorgehens innerhalb des Bundeskriminalamtes und mit dem Bundesministerium des Innern
bb) Inhalt der Verfügungen gegenüber dem Beamten „X“
cc) Bekanntgabe der Verfügungen gegenüber dem Beamten „X“
5. Übertragung des Vorgangs an den Zeugen Becker / Tätigkeit bis zur Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens
6. Kontakte zwischen dem Beamten „X“ und dem Zeugen Henzler im Jahr 2012
7. Ablauf des Disziplinarverfahrens nach Fortsetzung Anfang 2013
a) Gesetzliche Grundlagen und Rechtsprechung
aa) Gesetzliche Grundlagen - Disziplinarmaßnahmen nach dem BDG
bb) Berücksichtigte Rechtsprechung
aaa) Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010, Az. 2 C 13/10
bbb) Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 12. März 2013, Az. 6 LD 4/11
b) Beschreibung der Zeugen zum allgemeinen Ablauf eines Disziplinarverfahrens
aa) Grundsätzliche Herangehensweise
bb) Die Rolle des BKA-Präsidenten in Disziplinarverfahren
aaa) BKA-Präsident als Disziplinarvorgesetzter
bbb) Grundsätzliche Linie des Zeugen Ziercke

cc) Die Rolle des Bundesministerium des Innern in Disziplinarverfahren

c) Akteneinsicht in die Ermittlungsakten durch die Disziplinarstelle
aa) Anfragen des Zeugen Becker bei der Staatsanwaltschaft Mainz
bb) Einsichtnahme in die Strafakten

d) Fortsetzung des Disziplinarverfahrens und Anhörung des Beamten „X“
aa) Prüfung des dienstlichen Bezuges des Beamten „X“ zu Kinderpornografie
bb) Anhörung des Beamten „X“
aaa) Gespräch Beamter „X“ / Vizepräsident Stock
bbb) Rechtliches Gehör in schriftlicher Form
e) Keine weitere Sachverhaltsaufklärung durch das Bundeskriminalamt - Verzicht auf einen Ermittlungsführer
aa) Gesetzliche Regelung
bb) Zeugenaussagen zum konkreten Verfahren

f) Mitteilung der Berufsunfähigkeit des Beamten „X“ – parallel dazu Entwurf einer Disziplinarklage
aa) Dienstunfähigkeit
aaa) Bitte um Entwurf der Disziplinarklage und Prüfung der Frage, was im Falle der Dienstunfähigkeit geschehe
bbb) Angaben des Beamten „X“ bezüglich seiner Dienstunfähigkeit
ccc) Kommunikation seitens des Bundeskriminalamtes mit dem Beamten „X“ bezüglich der Ruhestandsversetzung
ddd) Ablauf

bb) Ablauf bezüglich der Erstellung des Entwurfs einer Disziplinarklage – Erwägung einer Suspendierung
aaa) Auftrag zum Entwurf der Disziplinarklage
bbb) Entwurf der Disziplinarklage und der Suspendierungsverfügung
ccc) Ablauf nach Fertigstellung der Entwürfe der Disziplinarklage und der Suspendierungsverfügung
g) Untersuchung des Beamten „X“ durch einen Amtsarzt – Ruhenlassen der Disziplinarklage

8. Entscheidungsabläufe im Bundeskriminalamt und Bundesministerium des Innern im Herbst 2013
a) Information des Bundesministeriums des Innern über die Feststellung der Dienstunfähigkeit und das beabsichtigte weitere Vorgehen
aa) Jour Fixe des BKA-Präsidenten mit dem Leiter der Abteilung Z im Bundesministerium des Innern
bb) Information mit Schreiben vom 18. September 2013
cc) Weitere Kontakte mit dem Bundesministerium des Innern im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren

b) Befassung von Staatssekretär Fritsche mit dem Vorgang betreffend den Beamten „X“
aa) Ministervorlage bezüglich der Ruhestandsversetzung
bb) Information Fritsches durch Abteilungsleiter

c) Prüfung des weiteren Vorgehens durch das Bundesministerium des Innern
aa) Mögliche Handlungsalternativen
bb) Telefonschaltkonferenz zwischen dem BKA-Präsidenten und den Abteilungsleitern ÖS und Z des Bundesministeriums des Innern
cc) Übersendung der Ruhestandsurkunde an das Bundeskriminalamt

d) Absprache zwischen den Zeugen Fritsche und Ziercke auf der BKA-Herbsttagung1487F
e) Zustellung der Urkunde bezüglich der Ruhestandsversetzung
f) Verhängung der Disziplinarmaßnahme nach Versetzung in den Ruhestand im Dezember 2013
aa) Ablauf
bb) Hintergrund der nicht erfolgten Ausschöpfung des Höchstmaßes des § 11 BDG
cc) Bewertung der verhängten Disziplinarmaßnahme

IV. Möglichkeit der Kenntnisnahme von den Daten der Operation „Selm“ durch den Beamten „X“ vor den Durchsuchungen
1. Stellung des Beamten „X“ innerhalb des Bundeskriminalamtes
2. Beteiligung an Sachverhalten mit KIPO-Bezug
3. Zugang des Beamten „X“ zum Auswerteraum von SO 12?
4. Darstellung von bei SO 12 tätigen Beamten zu Kontakten zum Beamten „X“ beziehungsweise zur Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Operation „Selm“

V. Protokolldatenabfrage bezüglich der Abfrage von Daten des Beamten „X“ in den polizeilichen Datensystemen
1. Anlass für eine Überprüfung in dieser Hinsicht
2. Ablauf und Ergebnis der Überprüfung
a) Ablauf der Überprüfung
b) Ergebnis der Überprüfung
aa) Datenbestand und Zeitpunkt der Eintragung
bb) Anzahl der Abfragen
cc) Zeitraum der Abfragen
3. Konsequenzen der Überprüfung
a) Anregung im Bericht des Datenschutzbeauftragten
b) Konkrete Maßnahmen gegen unberechtigte Abrufer

4. Hintergründe der Abfragen
C. Ermittlungen gegen Sebastian Edathy in Niedersachsen
I. Erkenntnisanfrage des Bundeskriminalamtes vom 15. Oktober 2013
1. Zeitpunkt des Eingangs beim Landeskriminalamt Niedersachsen
2. Adressat der Erkenntnisanfrage innerhalb des Landeskriminalamtes
3. Bearbeitung der Erkenntnisanfrage durch das Landeskriminalamt Niedersachsen
a) Aufbereitung der Personendaten durch das Landeskriminalamt Niedersachsen
b) Steuerungsvermerk des Landeskriminalamtes Niedersachsen
c) Gesteuerte Weiterleitung

4. Bearbeitung der Erkenntnisanfrage im 1. Fachkommissariat des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg
a) Eingang der Erkenntnisanfrage in der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg
b) Das 1. Fachkommissariat der Polizeiinspektion Nienburg Schaumburg
c) Sichtung des Inhalts der Erkenntnisanfrage im 1. Fachkommissariat

5. Identifizierung von Sebastian Edathy im 1. Fachkommissariat der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg
a) Unterrichtung des Leiters des 1. Fachkommissariats, Erster Kriminalhauptkommissar Baum
b) Kenntnisnahme weiterer Beamter des 1. Fachkommissariats
c) Unterrichtung der Vorgesetzten in der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg

6. Rückmeldung an das Landeskriminalamt Niedersachsen
a) Verständigung über das weitere Vorgehen im 1. Fachkommissariat
b) Weitergabe der Information durch den Ersten Kriminalhauptkommissar Baum an das Landeskriminalamt
c) Weitermeldung innerhalb des Landeskriminalamtes
d) Kontakt des Landeskriminalamtes Niedersachsen mit dem Bundeskriminalamt
e) Rückmeldung des Landeskriminalamtes Niedersachsen

7. Kommunikation des Zeugen Erster Kriminalhauptkommissar Baum mit dem Bundeskriminalamt am 15. und 16. Oktober 2013
a) Telefonat des Zeugen Baum mit der Zeugin Greiner am 15. Oktober 2013
b) E-Mail des Zeugen Baum an die Zeugin Greiner am 15. Oktober 2013
c) E-Mail der Zeugin Greiner an den Zeugen Baum am 15. Oktober 2013
II. Überprüfung der Meldeverhältnisse Edathys beim Einwohnermeldeamt Rehburg-Loccum am 15. und 16. Oktober 2013
1. Beauftragung des Zeugen Lange (Polizeistation Rehburg-Loccum) durch Ersten Kriminalhauptkommissar Baum am 16. Oktober 2013
a) Aufgaben der Polizeistation Rehburg-Loccum – insbesondere im Verhältnis zum 1. Fachkommissariat der Polizeiinspektion Nienburg-Schaumburg
b) Keine Nennung des Grundes für die Einholung der Melderegisterauskunft durch den Zeugen Lange
c) Datum und Zeitpunkt der Beauftragung
d) Inhalt der Beauftragung

2. Einholung einer Melderegisterauskunft zu Sebastian Edathy beim Einwohnermeldeamt der Stadt Rehburg-Loccum durch den Zeugen Lange
a) Rechtliche Grundlage der Einholung einer Melderegisterauskunft
b) Einholung der Auskunft durch den Zeugen Lange
aa) Datum und Zeitpunkt der Einholung der Auskunft
bb) Art und Weise der Auskunftserteilung

c) Nachfragen und Vermutungen zum Grund der Einholung des Meldeauskunft

3. Die Melderegisterauskunft der Stadt Rehburg-Loccum vom 16. Oktober 2013
a) Gestaltung der Melderegisterauskunft
b) Handschriftlicher Zusatz
c) Adressierung der Auskunft

4. Übersendung der Melderegisterauskunft durch den Zeugen Lange an den Zeugen Baum
a) Inhalt der Übersendung
b) Art und Weise der Übersendung
c) Zeitpunkt der Übersendung - Angaben des Faxstempels

5. Übermittlung der Melderegisterauskunft an das Bundeskriminalamt und dessen Rückfragen
a) Versendung der Melderegisterauskunft per E-Mail am 16. Oktober 2013
b) Telefonische Rückfragen des Bundeskriminalamtes zur Melderegisterauskunft
III. Weitergabe der Information durch Leitenden Polizeidirektor Kreykenbohm an den Polizeipräsidenten Kruse
1. Zeitpunkt des Telefonats
2. Übermittelte Informationen
3. Reaktion von Polizeipräsident Kruse
4. Weitere Rücksprache zwischen dem Leitenden Polizeidirektor Kreykenbohm und dem Polizeipräsidenten Kruse zum „Fall Edathy“ nach dem 15. Oktober 2013
5. Bedeutung des sogenannten WE-Erlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport für die Unterrichtung von Polizeipräsident Kruse

IV. Weitergabe der Information von Polizeipräsident Kruse an Innenminister Pistorius
1. Zeitpunkt und Umstand des Gesprächs
2. Motiv und Hintergrund der unmittelbaren Information des Ministers – insbesondere Bedeutung des WE-Erlasses
a) Motivation und Hintergrund der unmittelbaren Information des Ministers
b) Bedeutung des WE-Erlasses

3. Inhalt des Gesprächs
4. Reaktion von Minister Pistorius
5. Umgang mit der Information durch Innenminister Pistorius

V. Internationales Seminar an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster vom 16. bis 18. Oktober 2013
VI. Exkurs: Frühere Kontakte von Sebastian Edathy zu Beamten der Niedersächsischen Polizei
1. Polizeihauptkommissar Lange
2. Erster Kriminalhauptkommissar Baum
3. Leitender Polizeidirektor Kreykenbohm
4. Polizeipräsident Kruse

VII. Kenntnisnahmen und Möglichkeiten der Kenntnisnahme vom Namen Sebastian Edathys in der Erkenntnisanfrage des Bundeskriminalamtes im Geschäftsbereich des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport am 15. Oktober und in den Tagen danach
1. Kenntnisnahmen
2. Möglichkeiten der Kenntnisnahme

VIII. Abstimmungen zur Zuständigkeit im Falle möglicher Ermittlungen gegen Edathy und weitere Kontakte zwischen Polizeibehörden bis zum 25. Oktober 2013
1. Absprachen zwischen Erster Kriminalhauptkommissar Baum und dem Landeskriminalamt
2. Rückfrage von Erster Kriminalhauptkommissar Baum beim Bundeskriminalamt am 23. Oktober 2013
3. Rückfrage des Landeskriminalamtes beim Bundeskriminalamt am 24. Oktober 2013 und Überlegungen im Landeskriminalamt zum weiteren Vorgehen
4. Absprachen zwischen Polizeipräsident Kruse und dem Präsidenten des Landeskriminalamtes Niedersachsen Kolmey
5. Rückmeldung des Landeskriminalamtes Niedersachsen an den Ersten Polizeihauptkommissar Baum zur Zuständigkeit

IX. Die Akte zu Sebastian Edathy bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle
1. Unterrichtung des Generalstaatsanwalts Dr. Lüttig durch den Generalstaatsanwalt von Frankfurt am Main
2. Eingang und Bearbeitung der Akte bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle
a) Eingang der Akte am 31. Oktober 2013
b) Telefonische Unterrichtung des Leiters der Staatsanwaltschaft Hannover, Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich, durch Dr. Lüttig
c) Verfügung von Oberstaatsanwalt Kolkmeier vom 1. November 2013 zum weiteren Verfahren und die Anlage einer Akte in der Generalstaatsanwaltschaft Celle
d) Übersendung der Akte an die Staatsanwaltschaft Hannover und Übersendung einer Übernahmenachricht an die ZIT am 1. November 2013

3. Einholung von Informationen zur Bearbeitung vergleichbarer Fälle durch Leitenden Oberstaatsanwalt Schierholt
4. Mögliche Unterrichtung von Leitender Oberstaatsanwältin Ballnus
5. Angebliche Information des Niedersächsischen Justizministeriums durch den Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig Anfang November 2013

X. Die Akte zu Sebastian Edathy bei der Staatsanwaltschaft Hannover
1. Eingang der Akte bei der Staatsanwaltschaft Hannover am 5. November 2013
2. Besprechung zum weiteren Vorgehen zwischen dem Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich und Oberstaatsanwalt Klinge
3. Prüfung der Akte durch Oberstaatsanwalt Klinge

XI. Besprechung zwischen der Generalstaatsanwaltschaft Celle und der Staatsanwaltschaft Hannover am 8. November 2013 und Umsetzung des Besprechungsergebnisses
1. Rolle der Generalstaatsanwaltschaft Celle ab dem 8. November 2013
2. Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Besprechung
3. Gegenstand der Besprechung
a) Bedeutung des Verfahrens
b) Beratung zum Vorliegen eines Anfangsverdachts
c) Kenntnisstand der an der Besprechung Beteiligten
d) Dringlichkeit des Vorgangs
e) Ergebnis der Besprechung
XII. Exkurs: Informationsstand der Generalstaatsanwaltschaft Celle und der Staatsanwaltschaft Hannover über vorangegangene Ermittlungsmaßnahmen – insbesondere hinsichtlich der Erkenntnisanfrage vom 15. Oktober 2013
XIII. Weiteres Vorgehen von Oberstaatsanwalt Klinge bis zum Eingang der weiteren Kategorie-2-Verfahren am 20. Dezember 2013
1. Einholung von Informationen über die Behandlung von vergleichbaren Verfahren durch andere Staatsanwaltschaften
2. Anforderung weiterer Kategorie-2-Verfahren zu Niedersachsen
a) Kontakte mit der ZIT
b) Kontakte mit dem Bundeskriminalamt
aa) Anlass der Kontaktaufnahme mit dem Bundeskriminalamt
bb) Zeitpunkte der Kontaktaufnahme mit dem Bundeskriminalamt
cc) Telefonat des Zeugen Klinge mit der Zeugin Wiegand am 26. November 2013
dd) Telefonat des Zeugen Klinge mit der Zeugin Wiegand am 6. Dezember 2013
3. Reaktion der niedersächsischen Staatsanwaltschaften auf die Presseberichterstattung zur Operation „Spade“ am 14. November 2013

XIV. Eingang der weiteren Kategorie-2-Akten bei der Staatsanwaltschaft Hannover am 20. Dezember 2013 und deren Bearbeitung ab dem 13. Januar 2014
XV. Nachfragen von Rechtsanwalt Noll bei Staatsanwaltschaft und Polizei in Niedersachsen zwischen November 2013 und Januar 2014
1. Anlass für die Nachfragen und Überlegungen des Rechtsanwalts Noll zum Vorgehen
2. Nachfragen bei der Staatsanwaltschaft Hannover am 28. November 2013
a) Fax vom 28. November 201
b) E-Mail vom 28. November 2013
c) Bewertung der Nachfragen vom 28. November 2013 durch Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich

3. Nachfragen beim Landeskriminalamt Niedersachsen am 2. und 4. Dezember 2013
4. Nachfragen bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle am 3. Dezember 2013
5. Kontakte zwischen Rechtsanwalt Noll und Oberstaatsanwalt Klinge zwischen dem 5. Dezember 2013 und dem 22. Januar 2014
a) 5. Dezember 2013
aa) Telefonat am 5. Dezember 2013
bb) Fax vom 5. Dezember 2013

b) 20. Dezember 2013

6. Gespräch zwischen Rechtsanwalt Noll und Oberstaatsanwalt Klinge in Hannover am 22. Januar 2014
a) Terminierung des Gesprächs
b) Inhalt des Gesprächs
c) Mögliches Angebot zur Kooperation

7. Aus Sicht des Zeugen Noll aufgrund seiner Nachforschungen bei Staatsanwaltschaften und Polizei in Niedersachsen erlangte Erkenntnisse

XVI. Vorlauf zur Einleitung eines formellen Ermittlungsverfahrens gegen Sebastian Edathy
1. Nachfragen des Bundeskriminalamtes bei Oberstaatsanwalt Klinge am 20. Januar 2014
2. Besprechung des weiteren Vorgehens bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle am 28. Januar 2014
a) Vereinbarung des Besprechungstermins
b) Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Besprechung
c) Inhalt der Besprechung
aa) Vorliegen eines Anfangsverdachts
bb) Auffindewahrscheinlichkeit

d) Ergebnis der Besprechung

3. Kenntnisnahmen von dem geplanten Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy im Niedersächsischen Justizministerium am 29. Januar 2014
a) Unterrichtung des Niedersächsischen Justizministeriums durch Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig am 28. Januar 2014
b) Unterrichtungskette im Niedersächsischen Justizministerium und Unterrichtung der Justizministerin Niewisch-Lennartz
c) Umgang der Ministerin Niewisch-Lennartz mit der Information

4. Nachfragen des Bundeskriminalamtes bei Oberstaatsanwalt Klinge am 31. Januar 2014

XVII. Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Sebastian Edathy durch die Staatsanwaltschaft Hannover
1. Verdeckte Eintragung der Akte zu Sebastian Edathy in das Verfahrensregister der Staatsanwaltschaft Hannover am 4. Februar 2014
2. Vorbereitende Absprachen zwischen Oberstaatsanwalt Klinge und Kriminalhauptkommissar Schillig vom Landeskriminalamt Niedersachsen am 4. Februar 2014
3. Mitteilungen wegen der Immunität von Sebastian Edathy
a) Rechtsgrundlage für Ermittlungen gegen Mitglieder des Deutschen Bundestages
b) Schreiben an den Präsidenten des Deutschen Bundestages vom 6. Februar 2014
aa) Inhalt des Mitteilungsschreibens
bb) Versand der Mitteilung an den Präsidenten des Deutschen Bundestages
cc) Eingang der Mitteilung beim Präsidenten des Deutschen Bundestages
aaa) Zugang der Mitteilung am 12. Februar 2014
bbb) Zustand der Sendung bei Eingang

dd) Aussagen der Zeugen Edathy und Noll zu der Mitteilung vom 6. Februar 2014

c) Übersendung von Ablichtungen für den Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig, das Niedersächsische Justizministerium und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
aa) Inhalt des Übersendungsschreibens
bb) Versand des Vorgangs an die Generalstaatsanwaltschaft am 7. Februar 2014
cc) Eingang und Bearbeitung des Vorgangs bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle
dd) Weiterleitung an das Niedersächsische Justizministerium am 10. Februar 2014

XVIII. Die Durchsuchungsmaßnahmen in Wohn- und Büroräumen von Sebastian Edathy
1. Vorbereitung von Durchsuchungsmaßnahmen durch die Staatsanwaltschaft Hannover am 10. Februar 2014
a) Beantragung von Durchsuchungsbeschlüssen am 10. Februar 2014
aa) Inhalt der Anträge
bb) Zeitpunkt der Antragstellung
cc) Bearbeitung des Antrags beim Amtsgericht Hannover

b) Gerichtliche Anordnung von Durchsuchungsmaßnahmen am 10. Februar 2014
c) Fax-Nachricht von Rechtsanwalt Noll an Oberstaatsanwalt Klinge am Vormittag des 10. Februar 2014
d) Abstimmung der Durchsuchungsmaßnahmen zwischen der Staatsanwaltschaft Hannover und dem Landeskriminalamt Niedersachsen

2. Unterrichtung der Niedersächsischen Justizministerin am 10. Februar 2014
3. Unterrichtung der Niedersächsischen Staatskanzlei am 10. Februar 2014
4. Unterrichtung des Niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil
5. Vorbereitung der Durchsuchungen am 10. Februar 2014 auf Ebene der niedersächsischen Polizei
a) Kontakt des Landeskriminalamtes mit dem Ersten Kriminalhauptkommissar Baum
b) Koordinierung im 1. Fachkommissariat der Polizeiinspektion Nienburg-Schaumburg durch den Ersten Kriminalhauptkommissar Baum
aa) Einteilung von Beamten für die Durchsuchung der Wohnung in Rehburg-Loccum und den Wahlkreisbüros in Nienburg und Stadthagen
bb) Teilnahme des Zeugen Baum an der Durchsuchung der Wohnung in Rehburg-Loccum
cc) Erneute Einholung einer Melderegisterauskunft durch den Zeugen Polizeihauptkommissar Lange

c) Weitere Kenntnisnahmen von den Durchsuchungen vom 10. Februar 2014
aa) Kenntnisnahmen der Zeugen Leitender Polizeidirektor Kreykenbohm und Polizeipräsident Kruse
bb) Kenntnisnahme des Zeugen Minister Pistorius
6. Durchsuchungen am 10. Februar 2014
a) Insbesondere: Durchsuchung des Hauptwohnsitzes von Sebastian Edathy in Rehburg-Loccum
aa) Beteiligte an der Wohnungsdurchsuchung
bb) Möglichkeit der Kenntnis über Anwesenheit von Sebastian Edathy
cc) Anruf bei Rechtsanwalt Noll
dd) Kenntnisnahme einer Nachbarin vom Öffnen der Tür
ee) Beginn und Ende der Durchsuchung
ff) Fund vor der Wohnung
gg) Auffindesituation und Zustand der Wohnung
hh) Vorfall mit einem Journalisten der Zeitung „Die Harke“
ii) Ergebnis der Durchsuchung

b) Durchsuchung des Nebenwohnsitzes von Sebastian Edathy in Berlin

7. Durchsuchungsmaßnahmen in Büroräumen Sebastian Edathys in Rehburg-Loccum am 12. Februar 2014
a) Fehlende Kenntnis von der Adresse der „[Straßenname] 3D“ am 10. Februar 2014
b) Identifizierung der Büroräume
c) Einholung eines Durchsuchungsbeschlusses und Durchführung der Durchsuchung

8. Sicherstellung von Beweismitteln im Deutschen Bundestag ab dem 11. Februar 2014
9. Kenntniserlangung und Möglichkeit der Kenntniserlangung von den am 10. Februar 2014 durchgeführten Durchsuchungen durch Personen in bestimmten niedersächsischen Behörden
10. Exkurs: Rechtsbehelfe von Sebastian Edathy gegen die gerichtlichen Entscheidungen zur Anordnungen der Durchsuchungen
a) Beschwerde und Gegenvorstellung gegen die Durchsuchungsanordnungen beim Landgericht Hannover
b) Verfassungsbeschwerde gegen die Durchsuchungsanordnungen
XIX. Verzeichnisse von Personen, die bis zur Durchführung von Durchsuchungen bei Sebastian Edathy am 10. Februar 2014 Kenntnis hatten oder hätten erlangen können
1. Personenverzeichnis in Anlage 1
2. Personenverzeichnis in Anlage 2
3. Personenverzeichnis in Anlage 3
D. Informationserlangung und -weitergabe zum Fall „Edathy“ in der Bundespolitik
I. Am Rande des dritten Sondierungsgespräches zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen am 17. Oktober 2013 in Berlin
1. Kenntniserlangung durch Bundesminister des Innern Dr. Hans-Peter Friedrich
a) Rückrufbitte von Staatsekretär Fritsche
b) Erstes Telefonat zwischen Bundesminister Dr. Friedrich und Staatssekretär Fritsche
aa) Zeitpunkt des ersten Telefonats
aaa) Nach der Erinnerung des Zeugen Dr. Friedrich
bbb) Nach der Erinnerung des Zeugen Fritsche

bb) Inhalt des Telefonats
cc) Bitte um Klärung der strafrechtlichen Relevanz
dd) Grund für die Unterrichtung des Ministers
ee) Angeblicher Rat an Bundesminister Dr. Friedrich, den SPD-Vorsitzenden Gabriel zu informieren
aaa) Angaben Sts Fritsche vor dem Innenausschuss
bbb) Aussage des Zeugen Fritsche vor dem Untersuchungsausschuss
ccc) Aussage des Zeugen Dr. Friedrich
c) Zweites Telefonat zwischen Bundesminister Dr. Friedrich und Staatssekretär Fritsche

2. Unterrichtung des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel
a) Gesprächszeitpunkt
b) Inhalt des Gespräches
c) Grund Dr. Friedrichs für die Informationsweitergabe an Gabriel

3. Unterrichtung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Frank-Walter Steinmeier
a) Grund Gabriels für die Informationsweitergabe
b) Inhalt der weitergegebenen Informationen
c) Diskussion über die Einbeziehung von Thomas Oppermann

4. Unterrichtung des Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD-Fraktion Thomas Oppermann
a) Zeitpunkt des Gesprächs
b) Gesprächsinhalt
c) Keine vorherige Kenntnis Oppermanns

5. Telefonat von Thomas Oppermann und BKA-Präsident Jörg Ziercke am 17. Oktober 2013
a) Zeitpunkt des Telefonats
b) Grund für den Telefonanruf bei Ziercke
c) Ablauf und Inhalt des Telefonats
d) Interpretation der Reaktion Zierckes durch Oppermann
e) Kein zweites Telefonat zwischen Oppermann und Ziercke

6. Gespräch zwischen Thomas Oppermann und Dr. Frank-Walter Steinmeier am 17. Oktober 2013

II. Internationales Seminar an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster vom 16. bis 18. Oktober 2013
1. Aussage des Zeugen Sebastian Edathy
2. Veranstaltungsablauf laut Programm
3. Informationsstand über den Vorgang Edathy und mögliches Informationshandeln
a) BKA-Präsident Ziercke
b) Michael Hartmann
c) Polizeipräsident Kruse
d) Präsident des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz Wolfgang Hertinger

4. Kommunikation zwischen Edathy und Hartmann am 18. Oktober 2013

III. Weitere Entwicklung und Geschehnisse bis zum 15. November 2013
1. Teilnahme Sebastian Edathys an den Koalitionsverhandlungen in der Unterarbeitsgruppe „Integration und Migration“
a) Ursprünglich für keine Arbeitsgruppe vorgesehen
b) In der Unterarbeitsgruppe für Frau Prof. Dr. Karakasoglu nachgerückt

2. „Karrieregespräch“ Edathys mit Oppermann am 8. November 2013
a) Gesprächsverlauf
b) SMS Edathys im Anschluss an das Gespräch
IV. BKA-Herbsttagung in Wiesbaden vom 12. bis 13. November 2013
1. Thema
2. Teilnehmer/Teilnehmerinnen
3. Aussagen von Zeugen

V. Im Umfeld des SPD-Bundesparteitags vom 14. bis 16. November 2013
1. Vorfeld und Zusammenhang des 15. November 2013
a) Feststellungen zum Verhalten des Zeugen Edathy betreffend den Zeitraum 1. bis 10.November 2013
b) Berichterstattung über das kanadische „Project Spade“ und deren Kenntnisnahme durch Sebastian Edathy und Michael Hartmann
c) Kenntnisnahme der Meldungen durch Sebastian Edathy und eigene Recherchen Edathys im Internet
d) Aussagen Sebastian Edathys über anderweitige Wahrnehmungen
e) Kenntnisnahme der medialen Berichterstattung über die Operation durch Michael Hartmann

2. Gespräch zwischen Sebastian Edathy und Michael Hartmann am 15. November 2013
a) Aussage Sebastian Edathys
aa) Gesprächsablauf
bb) Reaktion Edathys auf dieses Gespräch

b) Darstellung Michael Hartmanns
aa) Pressemitteilung vom 14. Dezember 2014
bb) Aussage des Zeugen Hartmann vor dem Untersuchungsausschuss
aaa) Gesprächsverlauf
bbb) Keine Informationserlangung oder -weitergabe an andere Personen durch Hartmann

cc) Sonstige Verlautbarungen von Michael Hartmann

c) Persönliches Verhältnis zwischen Edathy und Hartmann
aa) Darstellung des Zeugen Hartmann
aaa) Verhältnis zu Edathy
bbb) Angeblicher Grund Edathys, sich Hartmann anzuvertrauen

bb) Darstellung des Zeugen Edathy
aaa) Verhältnis zu Hartmann
bbb) Angeblicher Grund Hartmanns, Edathy zu informieren

cc) Vorherige Kontakte zwischen Edathy und Hartmann bis zum SPD-Bundesparteitag

d) Aussagen von Zeugen über das, was diese im Zeitraum zwischen Mitte November 2013 bis Ende Januar 2014 über das Gespräch zwischen Edathy und Hartmann vom 15. November 2013 gehört haben wollen
aa) Aussage des Zeugen Nocht
bb) Aussage des Zeugen Schuparis
cc) Aussage des Zeugen Noll

e) Aussage des Zeugen Edathy zu Wahrnehmungen am 18. November 2013 in Bezug auf sein Gespräch mit Hartmann vom 15. November 2013

3. Gespräche zwischen Hartmann und Jenssen am 15. November 2013
a) Darstellung des Gesprächs durch Jens Jenssen
b) Stellungnahme des Rechtsbeistandes von Michael Hartmann nach Abschluss der Vernehmung des Zeugen Hartmann

4. Google-Suchanfragen
5. SMS von Sebastian Edathy an Sigmar Gabriel vom 17. November 2013
a) Inhalt des SMS-Verkehrs
b) Edathys angebliches Motiv für die SMS
c) Darstellung Gabriels bezüglich seiner Reaktion auf die SMS

6. Telefonat von Sebastian Edathy mit Bärbel Tewes-Heiseke

VI. Angebliche Informationsweitergabe am Rande der SPD-Fraktionsvorstandssitzung in Berlin am 18. November 2013 gemäß der Aussage Sebastian Edathys
1. Aussage des Zeugen Edathy, wonach Hartmann berichtet habe, über den Fall mit Oppermann und Dr. Steinmeier gesprochen zu haben
2. Aussage des Zeugen Hartmann
3. Aussagen der Zeugen Dr. Steinmeier und Oppermann, beide hätten nicht mit Hartmann über den Fall gesprochen
4. Aussage des Zeugen Nocht

VII. Exkurs: Verlautbarungen und Aussagen zum Gesundheitszustand Sebastian Edathys
1. Verlautbarungen
a) Edathy
aa) Begründung Mandatsverzicht
bb) Edathy-Spiegel-Interview vom 17.Februar 2014

b) SPD-Fraktionsvorsitzender Oppermann Pressemitteilung vom 13. Februar 2014
c) MdB Hartmann Stellungnahme vom 13. Dezember 2014
d) MdB Lauterbach im ZDF am 18. Dezember 2014
e) MdB Hartmann Schreiben an den 2.Untersuchungsausschuss vom 12. Januar 2015

2. Aussagen von Zeugen
a) Zeuge Hartmann
b) Zeuge Edathy
c) Zeuge Staschen
d) Zeuge Kahrs
e) Zeuge Dr. Steinmeier
f) Zeuge Gabriel
g) Zeuge Oppermann
h) Zeugin Lambrecht
i) Zeuge Nocht
j) Zeuge Schuparis
k) Zeugin Tewes-Heiseke
l) Zeuge Jenssen
m) Zeuge Noll
VIII. Gespräch zwischen Thomas Oppermann und Michael Hartmann
IX. Aktivitäten Sebastian Edathys und seines Umfeldes bis zum 9. Dezember 2013
1. SMS-Kommunikation zwischen Michael Hartmann und Sebastian Edathy
a) SMS vom 21./22. November 2013
b) SMS vom 27. November 2013

2. Unterrichtung von Vertrauten Edathys über den Sachverhalt am 25. November 2013
a) Verhältnis Edathys zu den beiden Personen
b) Zustandekommen des Gesprächs
c) Inhalt des Gespräches
d) Reaktionen von Nocht und Schuparis auf die Mitteilung
e) Ratschläge für das weitere Vorgehen
f) Weitere Unterrichtung von Nocht und Schuparis in der Folgezeit

3. Mandatierung von Rechtsanwalt Noll am 27. November 2013
a) Auf Anregung seines ehemaligen Büroleiters
b) Gesprächsinhalte beim ersten Termin
c) Überlegungen bezüglich der weiteren Vorgehensweise

4. Erste Überlegungen Edathys hinsichtlich einer vorzeitigen Mandatsniederlegung
5. Gespräch von Sebastian Edathy mit Mitarbeiterinnen seines Abgeordnetenbüros in Berlin am 4. Dezember 2013 und der Wahlkreisbüros am 7. Dezember 2013
6. Kommunikation über ein Mobiltelefon mit Prepaid-Karte
a) Erwerb des Telefons
b) Sorge Sebastian Edathys vor Abhörmaßnahmen
c) Weitere Kommunikation auch über die bisherigen Telefone
d) Verlust des PKGr-Mobiltelefons

7. Maßnahmen von Rechtsanwalt Noll
a) Anfragen von Rechtsanwalt Noll bei Staatsanwaltschaften und dem Landeskriminalamt Niedersachsen
b) Erste konkrete Hinweise auf ein mögliches Ermittlungsverfahren

8. Unterrichtung der Abgeordneten Johannes Kahrs und Petra Ernstberger, dass Sebastian Edathy für keine Position in der Fraktion zur Verfügung steht
a) Gespräch zwischen Dennis Nocht und Abgeordnetem Johannes Kahrs
b) Gespräch von Dennis Nocht mit der Abgeordneten Petra Ernstberger
X. Informationsweitergabe durch Thomas Oppermann an seine Nachfolgerin im Amt Christine Lambrecht nach dem 16. Dezember 2013
1. Inhalt des Gespräches
2. Grund für die Informationsweitergabe

XI. Gespräch zwischen Michael Hartmann und Christine Lambrecht über den Gesundheitszustand Edathys
XII. Gespräche und Geschehnisse am Rande der Wahl der Bundeskanzlerin am 17. Dezember 2013
1. Abwesenheit Edathys bei der SPD-Fraktionssitzung mit „Zählappell“
2. Gespräch zwischen Hartmann und Edathy während der Stimmenauszählung

XIII. Amtsübergabegespräch zwischen Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Maizière und Dr. Hans-Peter Friedrich am 17. Dezember 2013
XIV. Gespräche und Aktivitäten Sebastian Edathys und seines Umfeldes bis Ende Dezember 2013
1. Gespräch nach Angaben Sebastian Edathys zwischen ihm und Michael Hartmann im Dezember 2013
a) Darstellung des Gesprächs aus Sicht Sebastian Edathys, wonach der BKA-Präsident Ziercke der Informant Hartmanns sei
b) Darstellung des Zeugen Michael Hartmann
c) Aussagen des ehemaligen Präsidenten des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke
d) Aussagen von Edathys ehemaligen Büroleitern Schuparis und Nocht

2. Weitergabe von Informationen an Rechtsanwalt Noll
a) Mitteilung am 17. Dezember 2013, dass BKA-Präsident Ziercke der Informant sei
b) Mitteilung im Dezember 2013, dass sich auf der kanadischen Liste der Name eines BKA-Mitarbeiters befinde

3. Treffen mit Michael Hartmann im Restaurant „Volver“ am 18. Dezember 2013
a) Darstellung Sebastian Edathys, dass die Abgeordnete Lambrecht ebenfalls informiert sei
b) Aussage der Zeugin Lambrecht zur vorgetragenen SMS
c) Darstellung Michael Hartmanns, Edathy habe eine längere Krankschreibung erwogen
d) Darstellung Edathys

4. Telefonat zwischen Rechtsanwalt Noll und Oberstaatsanwalt Klinge am 20. Dezember 2013
5. Krankschreibung Sebastian Edathys am 20. Dezember 2013
6. Weitere Gespräche Sebastian Edathys
a) Gespräch mit Jens Jenssen am 23. Dezember 2013
b) Begegnung mit der Abgeordneten Christine Lambrecht auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes am 31. Dezember 2013
c) Gespräch mit Frau Bärbel Tewes-Heiseke
XV. Weitere Entwicklung und Geschehnisse bis zum 27. Januar 2014
1. Gespräche nach Angaben Sebastian Edathys mit Michael Hartmann
a) Angebliches Gespräch mit Michael Hartmann Ende Dezember 2013/Anfang Januar 2014 über den Gang der Ermittlungsakte zur Staatsanwaltschaft Hannover
b) Angebliches Gespräch mit Michael Hartmann Anfang Januar 2014, dass BKA-Präsident Ziercke Hartmann auf dem Laufenden halte
aa) Darstellung Sebastian Edathys
bb) Einlassung des Zeugen Ziercke zu seiner angeblichen Motivation
2. Teilnahme Edathys am Neujahrsempfang der Lokalzeitung „Die Harke“ am 8. Januar 2014
3. Übersendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Edathys an die SPD-Bundestagsfraktion
a) Eingang des Schreibens am 8. Januar 2014
b) Reaktionen aus der SPD-Fraktion gegenüber Edathy auf die Krankschreibung
c) Gesprächsthema der Abwesenheit Edathys innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion

4. Treffen zwischen Michael Hartmann und Dr. de Maizière am 14. Januar 2014
5. Treffen von Michael Hartmann mit dem BKA-Präsidenten Jörg Ziercke am 21. Januar 2014
a) Häufigkeit und regelmäßiger Ablauf derartiger Treffen
b) Gesprächsinhalte am 21. Januar 2014
c) Aussage Edathys, Hartmann habe ihn zuvor über das bevorstehende Treffen mit Ziercke informiert

6. Angebliches Gespräch von Michael Hartmann mit Heiner Staschen am 25. Januar 2014
a) Aussage Sebastian Edathys, Hartmann habe ihm in einem späteren Telefonat berichtet, Staschen habe ihn bei dieser Veranstaltung auf den Fall Edathy angesprochen
b) Aussage des Zeugen Noll
c) Aussage des Zeugen Staschen, dass über Sebastian Edathy an dem Abend nicht gesprochen worden sei
d) Aussage des Zeugen Oppermann, dass er mit seinem Büroleiter nicht über die Verdachtsmomente gegen Edathy gesprochen habe
e) Aussage des Zeugen Michael Hartmann

7. Telefonate zwischen Michael Hartmann und dem Präsidenten des Landeskriminalamtes Rheinland Pfalz Wolfgang Hertinger im Januar 2014
a) Darstellung der Telefonate durch den Zeugen Hertinger
b) Einlassung des Rechtsanwaltes von Michael Hartmann
c) Aussage Sebastian Edathys, Hartmann habe ihm von einem Telefonat mit einem Vertreter des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz berichtet
d) Aussage des Zeugen Noll
XVI. Weitere Entwicklung und Ereignisse bis zur Niederlegung des Bundestagsmandates durch Sebastian Edathy
1. Besprechung des weiteren Vorgehens bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle am 28. Januar 2014
2. Gespräche zwischen Sebastian Edathy und Michael Hartmann
a) Treffen von Hartmann und Edathy in dessen Wohnung am 28. Januar 2014
aa) Aussage Edathys, dass Hartmann ihm eine Mandatsniederlegung nahegelegt habe
bb) Aussage des Zeugen Hartmann, Edathy habe sich entschlossen, den Deutschen Bundestag zu verlassen
cc) Aussage Oppermanns

b) Angebliches Telefonat mit Michael Hartmann gemäß der Darstellung Sebastian Edathys
aa) Aussage des Zeugen Edathy, Hartmann habe mitgeteilt, die Staatsanwaltschaft werde „alle Register“ ziehen
bb) Aussage des Zeugen Hartmann, er habe keine Kenntnis über eine bevorstehende Durchsuchung gehabt
cc) Aussage des Zeugen Ziercke
3. Unterrichtung von Rechtsanwalt Noll am 29. oder 30. Januar 2014
4. Telefonische Unterrichtung des Bundeskriminalamtes durch die Staatsanwaltschaft Hannover am 31. Januar 2014, dass Maßnahmen in nächster Zeit wahrscheinlich seien
5. Mitteilung von Sebastian Edathy, dass er sein Bundestagsmandat niederlegen werde.
a) Unterrichtung von Michael Hartmann am 4. Februar 2014
b) Unterrichtung von Dennis Nocht und Jens Jenssen

6. Notartermin zur Erklärung des Mandatsverzichts am 6. Februar 2014
7. Abgabe der den Mandatsverzicht beinhaltenden Urkunde beim Präsidenten des Deutschen Bundestages am 7. Februar 2014
8. Bekanntgabe seiner Mandatsniederlegung gegenüber der Öffentlichkeit durch Sebastian Edathy am 8. Februar 2014
9. Kommunikation mit Sebastian Edathy unmittelbar nach seiner Bekanntgabe des Mandatsverzichts
a) SMS des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann vom 8. Februar 2014
b) SMS-Austausch zwischen Michael Hartmann und Sebastian Edathy
c) SMS vom SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel
XVII. Weitere Entwicklung bis zum 11. Februar 2014
1. Ereignisse im Umfeld oder im Zusammenhang mit den Durchsuchungsmaßnahmen bei Sebastian Edathy
a) Durchsuchungsmaßnahmen bei Sebastian Edathy am 10. Februar 2014
b) Bekanntwerden der Durchsuchungsmaßnahmen in der Bundespolitik am 10. Februar 2014
aa) Kenntnisnahme durch Thomas Oppermann und seinen Büroleiters Heiner Staschen
bb) Kenntnisnahme durch Christine Lambrecht
cc) Kenntnisnahme durch Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Maizière

c) SMS von Michael Hartmann an Jens Jenssen vom 10. Februar 2014
d) Berichterstattung in der Online-Ausgabe der Lokalzeitung Die Harke vom 10. Februar 2014
e) SMS von Sebastian Edathy an Michael Hartmann mit Screenshot des Artikels der Harke
f) Erklärung des Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann vom 11. Februar 2014
g) Erklärung der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion Christine Lambrecht vom 11. Februar 2014
h) Telefonat zwischen Heiner Bartling und Sebastian Edathy

2. Gespräch zwischen Bundesminister des Innern Dr. de Maizière und Staatssekretär Fritsche am 11. Februar 2014

XVIII. Presseerklärung von Thomas Oppermann vom 13. Februar 2014
1. Wortlaut der Presserklärung
2. Zustandekommen der Presseerklärung
a) Pressemeldungen und -anfragen vom 12. Februar 2013
b) Formulierung einer Presseerklärung am 12. Februar 2014
aa) Erstellung mehrerer Entwurfsfassungen
bb) Unterrichtung von in der Presseerklärung genannten Personen über die beabsichtigte Veröffentlichung
aaa) Unterrichtung des SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel
bbb) Unterrichtung von Dr. Frank-Walter Steinmeier
ccc) Unterrichtung des Bundesministers Dr. Hans-Peter Friedrich
ddd) Unterrichtung von Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Maizière
eee) Unterrichtung von Christine Lambrecht
fff) Unterrichtung von Michael Hartmann
ggg) Versuchte Kontaktaufnahme mit BKA-Präsidenten Ziercke am 12. Februar 2014

cc) Freigabe der endgültigen Fassung und Veröffentlichung der Presseerklärung
3. Pressehintergrundgespräch von Thomas Oppermann am 12. Februar 2014
4. Angebliche Unterrichtung Edathys durch Hartmann am 12. Februar 2014
5. Kenntnisnahme von der Presseerklärung und Reaktion des BKA-Präsidenten Ziercke
a) Gespräch zwischen Ziercke und Leitendem Regierungsdirektor Braß
b) Gesprächstermin von BKA-Präsidenten Ziercke bei Bundeminister des Innern Dr. de Maizière
c) Kenntniserlangung von der Presserklärung Oppermanns durch Ziercke
d) Stellungnahme des BKA-Präsidenten Ziercke

6. Bild Online-Artikel vom 13. Februar 2014
7. Interview der Bild am Sonntag mit Thomas Oppermann am 16. Februar 2014

XIX. Rücktritt von Bundesminister Dr. Friedrich am 14. Februar 2014
XX. Telefonat zwischen Sebastian Edathy und Burkhard Lischka am 24. Februar 2014
XXI. Anfrage des Rechtsbeistands von Michael Hartmann an den Rechtsbeistand von Sebastian Edathy im Juli 2014
Dritter Teil – Bewertungen des Untersuchungsausschuss
A. Die Operation Selm im BKA
I. Gesamtdauer des Verfahrens
1. Großes Umfangverfahren
2. Priorisierungsentscheidungen innerhalb des BKA

II. Zusammenarbeit des BKA mit der Staatsanwaltschaft
III. Der Fall Edathy innerhalb der OP Selm

B. Weitergabe von Informationen über den Vorgang „Edathy“
I. Informationshandeln zum Vorgang „Edathy“ innerhalb der Strafverfolgungsbehörden
1. BKA und ZIT
2. Niedersachsen
a) Justiz
b) Polizei
II. Informationshandeln zwischen BKA und Bundesministerium des Innern
III. Informationshandeln in der Bundespolitik
1. Von Minister Dr. Friedrich zum SPD-Parteivorsitzenden Gabriel
2. Informationsfluss innerhalb der SPD-Spitze
3. Keine Kommunikation mit dem Abgeordneten Hartmann über den Fall Edathy
4. Unmittelbare Kommunikation mit Herrn Edathy

IV. Warnung an Herrn Edathy?
1. „Warnung“ durch Herrn Edathys eigenes Wissen und eigene Recherchen
2. Warnung durch Herrn Hartmann?
a) Sich widersprechende Darstellungen der Zeugen Edathy und Hartmann
b) Keine belastbaren Erkenntnisse aus dem SMS-Austausch zwischen Herrn Edathy und Herrn Hartmann
c) Von Herrn Edathy benannte Zeugen
d) Keine Bestätigung der angeblich kontinuierlichen Unterrichtung über den Gang der Akte

3. Informationsbeschaffung durch den eigenen Anwalt
4. Weitere mögliche Quellen: Zahllose „Eingeweihte“ in Niedersachsen und andernorts
5. Kurzfristige Warnung vor der Durchsuchung?
C. Behandlung des Falls des Beamten „X“
Vierter Teil - Sondervoten
Sondervotum der Berichterstatter der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Abgeordneter Frank Tempel und Abgeordnete Irene Mihalic, im 2. Untersuchungsausschuss
1. Der Edathy-BKA-Untersuchungsausschuss war notwendig
2. Verfahrens-und Feststellungsteil des Ausschussberichtes im Konsens, Bewertungsteil der Koalitionsmehrheit unzureichend
3. Strategie von Bundesregierung und Koalition gescheitert
4. SPD: Obstruktion und Blockade statt Aufklärung
5. Edathy wurde informiert
a) 15. November 2013
b) Folgezeit
c) Hartmann als Quelle Edathys – Ziercke als Quelle Hartmanns?
aa) Kontakte
bb) Mangelnde Glaubhaftigkeit und mangelnde Glaubwürdigkeit
6. Keine Frage, keine Antwort: Anruf Oppermann-Ziercke
7. Grundrechtsverletzung durch Datenübermittlung
a) Rechtswidrige Datenübermittlung
aa) BKA als Zentralstelle
bb) BKA als Polizeibehörde

b) Aufsichtsrecht und Berichtserlass keine Rechtfertigung
c) Reformbedarf

8. BKA hielt rechtswidrig ermittlungsrelevantes Wissen gegenüber der Staatsanwaltschaft zurück
a) Keine Unterrichtung über Kenntnis der SPD-Spitze
b) Unzureichende Unterrichtung über Verteilung Erkenntnisanfrage
c) Unzureichende Unterrichtung über geplante Presseaktivität
d) Keine Unterrichtung über weitere Niedersachsen-Fälle

9. Mängel bei der Bearbeitung der OP Selm im BKA
a) Unklarheit über die Aufgabengrundlagen des BKA
b) Einzelpunkte
aa) Dauer
bb) Beweismittelsicherheit
cc) Politische Bildung
dd) Mängel beim Informationsmanagement
ee) Datenwiederherstellbarkeit
10. Erinnerungsschwacher Geheimdienstkoordinator oder: Einer sagt die Unwahrheit
11. Geheimnisverrat eines Bundesinnenministers
12. Niedersachsen
a) Staatsanwaltschaft Hannover wurde „künstlich dumm gehalten“
b) Landesregierung und Polizei: Keine Erkenntnisse

13. Beamter X: Weicher Fall und schlampiges Verfahren
a) Zuständigkeit, Datenweitergabe, fehlende Durchsuchung
b) Mängel im Disziplinarverfahren

14. Zum Verfahren des Untersuchungsausschusses
15. Anhänge
Anhang A – Prof. Dr. Ralf Poscher, Stellungnahme auf Grundlage des Beweisbeschlusses 18(27)16, September 2014 (Ausschuss-Drucksache 39)
Anhang B – Prof. Dr. Ralf Poscher, Gutachten zu Datenübermittlungspflichten des Bundeskriminalamtes und des Bundesministers des Innern im Zusammenhang mit dem Vorgang betreffend den Abgeordneten Edathy, im Auftrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜN...
Anhang C – Bericht der Staatsanwaltschaft Berlin vom 16. Juni 2014 zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens betreffend BM a. D. Dr. Friedrich
Anhang D – Kontakte BKA zur Generalstaatsanwaltschaft Ffm-ZIT und zur Staatsanwaltschaft Hannover vom 15. Oktober 2013 bis 31. Januar 2014 (Auszug aus BKA-Chronologie MAT A BKA 18(27)1-3, Bd. 201, Bl. 130ff.)
Fünfter Teil – Übersichten und Verzeichnisse
5.1. Verzeichnisse der Ausschussdrucksachen
5.2. Verzeichnisse der Materialien
5.3. Übersicht: Verlauf der Beweiserhebung
5.4. Verzeichnisse der öffentlichen und nichtöffentlichen Sitzungen zur Beweisaufnahme (geheimschutzrechtlich eingestufte Sitzungsteile sind nicht erfasst)
5.5. Abkürzungsverzeichnis
5.6. Anlagen
Unbenannt

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