BT-Drucksache 18/6689

gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 18/5926, 18/6182, 18/6410 Nr. 2, 18/6688 - Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz - PSG II)

Vom 11. November 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6689
18. Wahlperiode 11.11.2015

Bericht
des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)
gemäß § 96 der Geschäftsordnung

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
─ Drucksachen 18/5926, 18/6182, 18/6410 Nr. 2, 18/6688 ─

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen
Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften
(Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II)

Bericht der Abgeordneten Petra Hinz (Essen), Helmut Heiderich,
Dr. Gesine Lötzsch und Ekin Deligöz

Mit dem Gesetzentwurf ist beabsichtigt, die gesetzliche Pflegeversicherung an die
Erfordernisse des demografischen Wandels, die steigende Anzahl insbesondere von
Menschen, die an Demenz erkrankt sind, sowie an pflegefachliche Entwicklungen
anzupassen.

Die finanziellen Auswirkungen des Gesetzentwurfs unter Berücksichtigung der vom
federführenden Ausschuss für Gesundheit beschlossenen Änderungen auf die öffent-
lichen Haushalte stellen sich wie folgt dar:

Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

1. Bund, Länder und Gemeinden

Für die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden ergeben sich im
Bereich der Beihilfe bei einer Übernahme der leistungsrechtlichen Änderungen im
Jahr 2017 Mehrausgaben von rund 110 Mio. Euro und in den Folgejahren von rund
70 Mio. Euro jährlich. Hinzu kommen 130 Mio. Euro Überleitungs- und Bestands-
schutzkosten über einen Zeitraum von vier Jahren.

Bund, Länder und Gemeinden sind aufgrund der Beitragssatzerhöhung in ihrer
Funktion als Arbeitgeber ab 2017 mit rund 84 Mio. Euro jährlich belastet. Zusätzlich
entstehen dem Bund für die Übernahme der Beiträge für Bezieher von Grundsiche-
rung für Arbeitsuchende durch die Beitragssatzerhöhung Mehrausgaben in Höhe von
rund 70 Mio. Euro jährlich.

Für den Haushalt des Bundes ergeben sich durch die Einbeziehung von Pflege-per-
sonen in den Arbeitslosenversicherungsschutz Einsparungen bei den Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe
von rund 5 Mio. Euro jährlich. Infolge der aus dieser Einbeziehung resultierenden

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Ansprüche auf Arbeitslosengeld liegen für Länder und Gemeinden die Minderaus-
gaben bei rund 2 Mio. Euro jährlich.

Für Leistungsempfänger von ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27a des
Bundesversorgungsgesetzes entstehen dem Bund und den Ländern durch die Bei-
tragssatzanhebung geringe, nicht bezifferbare Mehrausgaben.

Für die Träger des Sozialen Entschädigungsrechts entstehen durch die Beitrags-
satzerhöhung Mehrausgaben für Beiträge aus Versorgungskranken- und Übergangs-
geld sowie für Beitragserstattungen an Berechtigte, die privat oder freiwillig in der
gesetzlichen Pflegekasse versichert sind. Die Mehrausgaben lassen sich aufgrund
fehlender statistischer Daten nicht quantifizieren. Es wird davon ausgegangen, dass
die auf den Bund und die Länder entfallenden Mehrausgaben geringfügig sind.

Die Anhebung des Beitragssatzes führt infolge des höheren Sonderausgabenabzugs
zu Mindereinnahmen bei der Einkommensteuer (einschließlich Solidaritätszuschlag)
von rund 300 Mio. Euro jährlich. Davon entfallen 136 Mio. Euro auf den Bund,
121 Mio. Euro auf die Länder und 43 Mio. Euro auf die Gemeinden.

Durch die Anhebung der ambulanten Leistungsbeträge, die Festlegung der voll-sta-
tionären Leistungsbeträge und die Erweiterung des nach § 43a des Elften Buches
Sozialgesetzbuch (SGB XI) anspruchsberechtigten Personenkreises ergeben sich für
die Träger der Sozialhilfe Entlastungen von rund 530 Mio. Euro jährlich gegenüber
dem geltenden Recht; davon entfallen unter der Annahme, dass nur 60.000 pflege-
bedürftige Personen zusätzlich in den Anwendungsbereich des § 43a SGB XI kom-
men rund 200 Mio. Euro auf die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Der
Entlastungseffekt schmilzt in den Folgejahren allmählich auf 430 Mio. Euro jährlich
ab. Diese Einsparungen kommen den Ländern und Kommunen zugute. Ob diesen
Einsparungen ggf. Mehraufwendungen in der Hilfe zur Pflege gegenüberstehen, die
durch die geplante Übertragung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff in das Zwölfte
Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) entstehen könnten, ist derzeit nicht abschätzbar.

Für die Träger des Sozialen Entschädigungsrechts ergeben sich im Rahmen der Leis-
tungen der Kriegsopferfürsorge durch die Anhebung der Leistungsbeträge geringe,
nicht bezifferbare Minderausgaben für den Bund und die Länder gegenüber dem
geltenden Recht. Im SGB XII entstehen den Trägern (Länder und Kommunen) für
Leistungsempfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des
SGB XII Kosten aus der Beitragssatzanhebung in Höhe von etwa 2 Mio. Euro jähr-
lich. Für Leistungsberechtigte in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsmin-
derung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII entstehen dem Bund infolge der voll-
ständigen Erstattung der Nettoausgaben durch die Beitragssatzanhebung Mehraus-
gaben in Höhe von etwa 13 Mio. Euro jährlich.

Die auf den Bundeshaushalt entfallenden Mehrausgaben werden innerhalb der be-
troffenen Einzelpläne ausgeglichen, ausgenommen sind die durch die Beitrags-
satzerhöhung anfallenden Mehrausgaben für die Beiträge zur Pflegeversicherung für
die Bezieher von Arbeitslosengeld II und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbs-
minderung.

2. Soziale Pflegeversicherung

Die Anhebung des Beitragssatzes um 0,2 Beitragssatzpunkte zum 1. Januar 2017
führt im Jahr 2017 zu Mehreinnahmen von rund 2,5 Mrd. Euro. Bis 2020 steigen die
Mehreinnahmen voraussichtlich auf rund 2,7 Mrd. Euro jährlich. Langfristig steigt
der Betrag entsprechend der Lohn- und Beschäftigungsentwicklung.

Dem stehen im Jahr 2017 Mehrausgaben infolge der Einführung des neuen Pflege-
bedürftigkeitsbegriffs einschließlich der Setzung der Leistungsbeträge von 3,7 Mrd.
Euro und 2,4 bis 2,5 Mrd. Euro jährlich in den Folgejahren gegenüber.

Darüber hinaus entstehen durch die Überleitung der pflegebedürftigen Personen von
den Pflegestufen auf die Pflegegrade zusätzlich Überleitungskosten von insgesamt

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etwa 3,6 Mrd. Euro im Zeitraum von vier Jahren. Hinzu kommen zusätzlich Be-
standsschutzkosten im vollstationären Bereich von knapp 0,8 Mrd. Euro.

Der ab dem 1. Januar 2017 um 0,2 Prozentpunkte angehobene Beitragssatz von
2,55 Prozent kann bis in das Jahr 2022 hinein stabil gehalten werden.

Damit wird die finanzielle Nachhaltigkeit des Systems insoweit gewährleistet, als
dass die zeitliche Reichweite des Beitragssatzes noch etwas weiter ist, als dies ohne
Reformen der Fall gewesen wäre.

Durch die beschlossenen Änderungen ergeben sich weitere finanzielle Auswirkun-
gen für die soziale Pflegeversicherung in geringfügigem Umfang. Die Streichung
der Begrenzung der Leistung der Pflegeversicherung nach § 43 SGB XI auf 75 Pro-
zent des Heimentgelts und die Streichung der vorgesehenen Abschlagsregelung von
80 Prozent, wenn vollstationäre Pflege nicht erforderlich ist, führen zu geschätzten
jährlichen Mehrausgaben in Höhe eines niedrigen einstelligen Millionenbetrages.
Der im Gesetzentwurf vorgesehene Finanzrahmen wird daher auch unter Berück-
sichtigung der Änderungen eingehalten.

3. Krankenversicherung

Für die gesetzliche Krankenversicherung entstehen durch die Beitragssatzerhöhung
Mehrausgaben in Höhe von rund 8 Mio. Euro jährlich für Beiträge aus Krankengeld.

4. Rentenversicherung

In der gesetzlichen Rentenversicherung kommt es aufgrund der Änderung der Be-
rechnungsgrundlage für die Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen zu
Mehreinnahmen im Umfang von 407 Mio. Euro jährlich. Dem stehen langfristig ent-
sprechend höhere, jährliche Rentenausgaben gegenüber. Für die gesetzliche Renten-
versicherung entstehen durch die Beitragssatzerhöhung Mehrausgaben in Höhe von
rund 2 Mio. Euro jährlich für Beiträge aus Übergangsgeld.

5. Arbeitslosenversicherung

Für die Bundesagentur für Arbeit entstehen durch die Beitragssatzerhöhung Mehr-
ausgaben von rund 40 Mio. Euro jährlich. Dem stehen nicht quantifizierbare Mehr-
einnahmen durch einen Anstieg sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung
infolge der Mehrausgaben für Sachleistungen gegenüber. Als Arbeitgeber entstehen
der Bundesagentur für Arbeit durch die Erhöhung des Beitragssatzes für die Pflege-
versicherung Mehrkosten bei den Personalausgaben (Personal nach dem Zweiten
und Dritten Buch Sozialgesetzbuch) in Höhe von rund 5 Mio. Euro jährlich. Für den
Haushalt der Bundesagentur für Arbeit ergeben sich durch die Einbeziehung von
Pflegepersonen in den Arbeitslosenversicherungsschutz mittelfristig Mehrausgaben
in Höhe von bis zu 33 Mio. Euro jährlich.

6. Unfallversicherung

Für die gesetzliche Unfallversicherung entstehen durch die Beitragssatzerhöhung
Mehrausgaben in Höhe von rund 1,5 Mio. Euro jährlich für Beiträge zur Pflegever-
sicherung aus Übergangs- und Verletztengeld.

Durch die Einbeziehung der Pflegepersonen von Personen mit erheblich einge-
schränkter Alltagskompetenz in den Versicherungsschutz der Unfallversicherung
steigen die Ausgaben bei Unterstellung eines gleichbleibenden Unfallgeschehens
auf Basis der bisherigen Ausgaben im Rahmen der Überleitungsvorschriften um
rund 0,1 Mio. Euro in der Übergangszeit von einigen Jahren. Im Übrigen können die
finanziellen Auswirkungen des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und der versi-
cherten Tätigkeiten nicht quantifiziert werden.

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Erfüllungsaufwand

Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht im Saldo ein jährlicher Erfüllungsaufwand in
Höhe von rund 18.400 Stunden und ein Sachaufwand in Höhe von rund
950.000 Euro

Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft entstehen durch die Änderung bestehender Vorgaben einmalige
Belastungen in Höhe von rund 774.000 Euro sowie jährliche Belastungen in Höhe
von rund 1,12 Mio. Euro, davon rund 390.000 Euro Bürokratiekosten aus drei Infor-
mationspflichten. Durch neue Vorgaben entstehen einmalige Belastungen in Höhe
von rund 1,5 Mio. Euro sowie jährliche Belastungen in Höhe von rund 8.000 Euro,
zudem entsteht eine einmalige Entlastung über zwei Jahre in Höhe von rund 3 Mio.
Euro. Durch die Streichung einer Vorgabe reduziert sich der Erfüllungsaufwand um
rund 750.000 Euro jährlich.

Insgesamt entsteht für die Wirtschaft im Saldo eine jährliche Belastung in Höhe von
rund 384.000 Euro. Die Bundesregierung wird die Erfüllung der als „one in, one
out“-Regel beschlossenen Maßgaben außerhalb dieses Gesetzesvorhabens realisie-
ren.

Hinsichtlich einmaligen Erfüllungsaufwandes kommt es im Saldo zu einer Entlas-
tung in Höhe von rund 728.000 Euro.

Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Für die Verwaltung entstehen durch die Änderung bestehender Vorgaben einmalige
Belastungen in Höhe von rund 2 Mio. Euro sowie jährliche Belastungen in Höhe von
rund 13,4 Mio. Euro. Dem Bundesversicherungsamt entstehen im Bereich Finanzie-
rung der Kranken- und Pflegeversicherung zusätzliche Vollzugsaufwendungen im
Umfang von zwei Stellen verbunden mit einem Personalmittelmehrbedarf von rund
166.000 Euro. Durch neue Vorgaben entstehen einmalige Belastungen in Höhe von
rund 2,4 Mio. Euro sowie jährliche Belastungen in Höhe von rund 782.000 Euro,
wobei zudem eine einmalige Entlastung über zwei Jahre in Höhe von rund 17,5 Mio.
Euro entsteht. Durch die Streichung einer Vorgabe reduziert sich der Erfüllungsauf-
wand um rund 26.000 Euro jährlich.

Im Saldo entsteht für die Verwaltung eine jährliche Belastung in Höhe von rund
14,3 Mio. Euro.

Hinsichtlich einmaligen Erfüllungsaufwandes kommt es im Saldo zu einer Entlas-
tung von rund 13,2 Mio. Euro.

Der auf den Bundeshaushalt entfallende Erfüllungsaufwand wird mit den vorhande-
nen Personal- und Sachmitteln innerhalb der jeweiligen Einzelpläne abgedeckt.

Weitere Kosten

Für die private Pflege-Pflichtversicherung ergeben sich aus den auch für sie gelten-
den leistungsrechtlichen Änderungen entsprechend dem Verhältnis der Zahl der
Pflegebedürftigen zur sozialen Pflegeversicherung unter Berücksichtigung von Bei-
hilfetarifen Finanzwirkungen, die rund drei Prozent der Finanzwirkung für die sozi-
ale Pflegeversicherung ausmachen. Dies sind im Jahr 2017 rund 110 Mio. Euro und
in den Folgejahren rund 70 Mio. Euro jährlich. Hinzu kommen 130 Mio. Euro Über-
leitungs- und Bestandsschutzkosten über einen Zeitraum von vier Jahren.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/6689

Die Mehrbelastung der Arbeitgeber aufgrund der Anhebung des Beitragssatzes be-
trägt im Jahr 2017 etwa 700 Euro und verändert sich anschließend entsprechend der
Lohn- und Beschäftigungsentwicklung.

Nennenswerte Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau sind wegen
des geringen Umfangs der finanziellen Auswirkungen im Verhältnis zum Bruttoin-
landsprodukt nicht zu erwarten.

Die Überführung der Regelung für die zusätzlichen Betreuungsangebote in stationä-
ren Pflegeeinrichtungen in einen individuellen Leistungsanspruch sowie die Stär-
kung der Nachfrage nach Pflegeleistungen durch Ausweitung des leistungsberech-
tigten Personenkreises und durch Anpassung der Leistungsbeträge haben direkte und
indirekte Beschäftigungseffekte. Hierdurch ergeben sich Mehreinnahmen bei Steu-
ern und Sozialversicherungsbeiträgen.

Der Haushaltsausschuss hält den Gesetzentwurf mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN für mit der Haus-
haltslage des Bundes vereinbar.

Die Finanzplanung des Bundes für die Folgejahre ist entsprechend fortzuschreiben.

Dieser Bericht beruht auf der vom federführenden Ausschuss für Gesundheit vorge-
legten Beschlussempfehlung.

Berlin, den 11. November 2015

Der Haushaltsausschuss

Dr. Gesine Lötzsch Petra Hinz (Essen) Helmut Heiderich
Vorsitzende und Berichterstatterin Berichterstatter
Berichterstatterin

Ekin Deligöz
Berichterstatterin

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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