BT-Drucksache 18/6642

Klimakonferenz in Paris muss ehrgeiziges Abkommen beschließen

Vom 10. November 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6642

18. Wahlperiode 10.11.2015

Antrag

der Abgeordneten Dr. Anja Weisgerber, Marie-Luise Dött, Andreas Jung,

Artur Auernhammer, Dr. Thomas Gebhart, Josef Göppel, Michael

Grosse-Brömer, Oliver Grundmann, Christian Haase, Sylvia Jörrißen,

Steffen Kanitz, Yvonne Magwas, Matern von Marschall, Karsten Möring,

Carsten Müller (Braunschweig), Ulrich Petzold, Dr. Klaus-Peter Schulze,

Volkmar Vogel (Kleinsaara), Kai Wegner, Sibylle Benning, Steffen Bilger,

Alois Gerig, Roderich Kiesewetter, Rüdiger Kruse, Barbara Lanzinger,

Peter Stein, Max Straubinger, Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt

und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Frank Schwabe,

Dr. Matthias Miersch, Marco Bülow, Michael Groß, Hiltrud Lotze, Dr. Bärbel

Kofler, Christine Lambrecht, Klaus Mindrup, Ulli Nissen, Detlev Pilger,

Claudia Tausend, Michael Thews, Carsten Träger, Ute Vogt, Thomas

Oppermann und der Fraktion der SPD

Klimakonferenz in Paris muss ehrgeiziges Abkommen beschließen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Vom 30. November bis zum 11. Dezember 2015 findet in Paris die 21. Vertragsstaa-
tenkonferenz der Klimarahmenkonvention statt. Ziel der Vertragsstaatenkonferenz
ist es, ein Nachfolgeabkommen für das 2020 auslaufende Kyoto-Protokoll zu verab-
schieden, das für alle Staaten verbindliche Klimaziele festlegt, um den Anstieg der
weltweiten Durchschnittstemperatur auf unter 2 Grad Celsius im Verhältnis zur vo-
rindustriellen Zeit zu begrenzen. Dafür soll das neue Abkommen Anreize schaffen
und die Staaten in die Lage versetzen, einen kohlenstoffarmen und klimaresilienten
nachhaltigen Entwicklungspfad einzuschlagen. Das Ziel, den globalen Temperatur-
anstieg auf weniger als 2 Grad zu begrenzen, wurde im Jahr 2010 auf der Klimakon-
ferenz in Cancún von der Staatengemeinschaft verabschiedet. Besonders vom Kli-
mawandel betroffene Staaten fordern seitdem ein 1,5-Grad-Ziel in Erwägung zu zie-
hen. In Paris werden neben den Minderungsanstrengungen und dem Prozess, eine
Erhöhung der Klimaschutzambitionen international in Zukunft regelmäßig zu prüfen
und gegebenenfalls anzupassen, auch die Klimafinanzierung und Anpassung an den
Klimawandel in betroffenen Entwicklungsländern im Mittelpunkt stehen.

Weg nach Paris – Internationales Gipfeljahr 2015

In diesem Jahr wurden bereits einige Meilensteine in der internationalen Klimapoli-
tik gesetzt. Auf dem G7-Gipfel in Elmau haben die Staats- und Regierungschefs der

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sieben führenden Industrienationen betont, dass tiefe Einschnitte bei den weltweiten
Treibhausgasemissionen erforderlich sind, um die 2-Grad-Obergrenze einzuhalten,
einhergehend mit einer Dekarbonisierung der Weltwirtschaft im Laufe dieses Jahr-
hunderts. Sie haben sich verpflichtet, ihren Teil dazu beizutragen, langfristig eine
kohlenstoffarme Weltwirtschaft zu erreichen und bis 2050 einen Umbau der Ener-
giewirtschaft anzustreben. Die G7 unterstützen, dass das in Paris zu verabschiedende
neue Klimaabkommen ein Langfristziel enthält, dass die Treibhausgase bis 2050 im
Vergleich zu 2010 entsprechend dem oberen Ende der jüngsten Empfehlungen des
Weltklimarats IPCC (Interngovernment Panel on Climate Change) von 40 bis
70 Prozent reduziert werden. Zudem bekräftigen die G7 ihre Zusage, internationale
Klimafinanzierung für ärmere Länder bereitzustellen.

Es besteht eine weitgehende Einigung darüber, dass der Klimawandel zu einem der
zentralen Sicherheitsrisiken des 21. Jahrhunderts wird. Bereits heute ist der Klima-
wandel ein Faktor für wachsende Migration und in Zukunft werden Dürren, Über-
schwemmungen, extreme Wetter und die Konkurrenz um Nahrung das Migrations-
verhalten noch stärker beeinflussen. Staatliche Fragilität und soziale Ungleichheit
werden zunehmen und bereits vorhandene inner- und zwischenstaatliche Spannun-
gen anheizen. Damit steht die Stabilität ganzer Regionen auf dem Spiel.

Ziel der Verhandlungen in Paris muss es sein, die Einhaltung der 2-Grad-Obergrenze
sicherzustellen. Dieses Ziel muss nun im Abkommen von Paris mit nationalen Ver-
pflichtungen unterlegt werden. Deshalb ist es wichtig, dass alle Staaten, egal ob In-
dustrie- oder Entwicklungs- und Schwellenländer ambitionierte Klimabeiträge (In-
tended Nationally Determined Contributions – INDC) vorlegen und sich damit zum
Klimaschutz bekennen. Dabei ist es wichtig, diejenigen Staaten in ein internationales
Abkommen einzubinden, die einen signifikanten Treibhausgasausstoss haben. In-
zwischen übersteigt die Zahl der Vertragsparteien, die bereits ihre Klimaziele vor-
gelegt haben, die Zahl der Staaten mit Verpflichtungen für die zweite Verpflich-
tungsperiode des Kyoto-Protokolls. In Anbetracht des Ziels, die 2-Grad-Obergrenze
einzuhalten, sind tiefe Einschnitte bei den weltweiten Treibhausgasemissionen er-
forderlich, einhergehend mit einer Dekarbonisierung der Weltwirtschaft im Laufe
des Jahrhunderts.

Die Arbeiten an dem von den Kovorsitzenden der VN-Verhandlungsgruppe für den
neuen Klimavertrag vorgelegten neuen Textentwurf im Vorfeld der 21. Vertrags-
staatenkonferenz müssen so weitergeführt werden, dass in Paris ein kohärenter Text
als Grundlage für einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen vorliegt. Es ist
abzusehen, dass die in Paris vorliegenden nationalen Klimaziele noch nicht ausrei-
chen werden, um die Erderwärmung unter der 2-Grad-Obergrenze zu halten. Des-
halb muss das neue Abkommen einen Mechanismus enthalten, der in regelmäßigen
Abständen zum einen die Einhaltung der Minderungsverpflichtungen überprüft und
zum anderen Aufschluss darüber gibt, wie weit die Summe der Klimaziele der Staa-
tengemeinschaft von der Erreichung der 2-Grad-Obergrenze entfernt ist, so dass eine
Erhöhung der nationalen Verpflichtungen den wissenschaftlichen Erkenntnissen
über den Klimawandel entsprechend geprüft und gegebenenfalls erfolgen kann. Die
Konferenz in Paris darf daher nicht als Endpunkt, sondern als entscheidendes Zwi-
schenziel im Kampf gegen die Erderwärmung gesehen werden. Das Engagement für
ambitionierten Klimaschutz muss auch danach auf nationaler und internationaler
Ebene weitergehen.

Viele Entwicklungs- und Schwellenländer sind am stärksten vom Klimawandel be-
troffen. Damit sich diese besser an die Folgen des Klimawandels anpassen und ihren
Beitrag im Kampf gegen die Erderwärmung leisten können, benötigen sie die Unter-
stützung der Industrieländer. Neben bestehenden Klimafonds wie den Klima-Inves-
titionsfonds (CIF), der Globalen Umweltfazilität (GEF), dem Anpassungsfonds
(Adaptation Fund) oder dem Fonds für die am wenigsten entwickelten Länder (Least

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Developed Countries Fund) kommt dem Grünen Klimafonds (Green Climate Fund,
GCF) eine zentrale Rolle zu. Deutschland hat mit rund einer Milliarde US-Dollar
zur Erstauffüllung des Grünen Klimafonds beigetragen. Die Industrieländer haben
sich auf der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 zu dem Ziel verpflichtet, ab 2020
jährlich 100 Milliarden US-Dollar aus öffentlichen und privaten Quellen für die Kli-
mafinanzierung in Entwicklungsländer zu mobilisieren. Bis jetzt wurde jedoch nur
ein Teil dieser Mittel aufgebracht. Mit Blick auf ein konsensfähiges Abkommen wird
es sehr darauf ankommen, dass alle Industrieländer ihren Beitrag leisten, damit das
100-Milliarden-Dollar-Ziel für die Unterstützung der Entwicklungsländer erreicht
wird. Die Bundesregierung hat im Rahmen des Eckwertebeschlusses zum Bundes-
haushalt 2016 und zum Finanzplan bis 2019 am 18. März 2015 entschieden, die
Haushaltsmittel sowohl für die Internationale Klimaschutzinitiative des Bundesmi-
nisteriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit als auch für die kli-
marelevante Entwicklungsfinanzierung des Bundesministeriums für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung zu erhöhen. Deutschland ist bereits einer der
größten Geber. Gleichwohl hat die Bundeskanzlerin beim diesjährigen Petersberger
Klimadialog angekündigt, dass Deutschland anstrebt, die internationale Klimafinan-
zierung bis 2020, bezogen auf das Jahr 2014, zu verdoppeln. Damit werden die etwa
zwei Milliarden Euro im Bundeshaushalt bis 2020 auf etwa vier Milliarden Euro
erhöht.

Am 27. September 2015 hat die UN-Generalversammlung erfolgreich die neue glo-
bale und damit für alle Staaten gleichermaßen geltende Agenda für nachhaltige Ent-
wicklung beschlossen. Der Deutsche Bundestag begrüßt ausdrücklich den Beschluss
der 2030-Agenda und den Umfang und Inhalt des gesamten Zielkatalogs. In 17 Zie-
len wird die Bekämpfung von Armut mit der Bewahrung unseres Planeten systema-
tisch verbunden. Zudem wird erstmals die ökologische, ökonomische und soziale
Dimension gleichberechtigt betrachtet. Der erfolgreiche Abschluss der Verhandlun-
gen zur 2030-Agenda bringt erfreulichen Rückenwind für den globalen Klima-
schutz. Klima- und Entwicklungsziele dürfen nicht voneinander getrennt werden.
Klimaschutz soll immer auch den Entwicklungschancen armer Bevölkerungsschich-
ten dienen. Deshalb sollte das Paris-Abkommen Prinzipien wie Menschenrechte,
Geschlechtergerechtigkeit, menschenwürdige Arbeit und hochwertige Arbeitsplätze
sowie Zugang zu Information und Bildung angemessen im Text reflektieren.

EU als Vorreiter für ambitionierte Klimaziele

Auf dem Weg nach Paris richtet die Staatengemeinschaft ihre Augen auf die Euro-
päische Union (EU). Die EU hat im März 2015 als eine der ersten Vertragsparteien
ihre Klimaziele vorgelegt. Wie in den Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs
von Oktober 2014 festgelegt, will die EU bis 2030 mindestens 40 Prozent der Treib-
hausgasemissionen innerhalb der EU im Vergleich zum Basisjahr 1990 einsparen.
Die Tatsache, dass sich die 28 EU-Mitgliedstaaten auf diese ambitionierten und ver-
bindlichen Klimaziele geeinigt haben, ist in der Welt einzigartig. Damit hat die EU
ein deutliches Signal an die anderen Staaten gesendet und diese aufgefordert, eben-
falls zügig angemessene Klimaziele vorzulegen. Die EU hält sich die Möglichkeit
offen, im Kontext eines globalen Abkommens im Klimabereich über das vorgelegte
40-Prozent-Ziel hinauszugehen. Der Umweltministerrat hat in den Ratsschlussfol-
gerungen für die anstehende Vertragsstaatenkonferenz in Paris ein anspruchsvolles
Verhandlungsmandat verabschiedet. Die EU-Umweltminister haben das EU-Lang-
fristziel von 80 bis 95 Prozent Treibhausgasminderung bis 2050 im Vergleich zu
1990 bekräftigt und sich darauf verständigt, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts
eine nachhaltige Klimaneutralität zu erreichen. Zudem sollen die Minderungsan-
strengungen der Staaten alle fünf Jahre überprüft werden. Die EU sendet damit ein
entschlossenes Signal im Vorfeld der Klimakonferenz. Herzstück der europäischen
Klimapolitik ist der Emissionshandel. Damit dieser einen wirkungsvollen Beitrag

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zum Klimaschutz liefern kann, hat die EU-Kommission einen Vorschlag zu dessen
Ausgestaltung in der nächsten Handelsperiode ab 2021 vorgelegt, um diesen zu stär-
ken.

Klimapolitik in Deutschland

Deutschland will die Treibhausgasemissionen bereits bis zum Jahr 2020 um mindes-
tens 40 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 reduzieren und ist somit deutlich
ambitionierter als die EU. Aufgrund dieser Vorleistung wäre Deutschland bei der
Festlegung des europäischen Klimaziels zu noch weitergehenden Zielen bereit ge-
wesen, zum Beispiel durch verbindliche nationale Vorgaben beim Einsatz erneuer-
barer Energien oder bei der Energieeffizienz. Neben dem Ziel eines effektiven Kli-
maschutzes geht es darum, die Rolle Deutschlands bei den europäischen und inter-
nationalen Klimaverhandlungen zu stärken. Die Bundesregierung hat zudem im De-
zember 2014 das „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ und den „Nationalen Ak-
tionsplan Energieeffizienz“ vorgelegt. Die darin enthaltenen Maßnahmen umfassen
alle Sektoren und sollen die Erreichung des nationalen Klimaziels bis 2020 sicher-
stellen. Beide Programme müssen nun konsequent umgesetzt werden. Bis 2030 will
die Bundesrepublik ihre Treibhausgasemissionen um 55 Prozent gegenüber 1990
senken, bis 2040 um 70 Prozent und bis 2050 um 80 bis 95 Prozent. Diese Ziele
müssen im Klimaschutzplan 2050 festgelegt und der Pfad der Zielerreichung regel-
mäßig überprüft werden. So geben wir Investitions- und Planungssicherheit. Gleich-
zeitig wollen wir die Chancen der deutschen Wirtschaft im internationalen Wettbe-
werb sichern.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

auf internationaler Ebene:

• sich für ein ambitioniertes und rechtsverbindliches internationales Klimaschutz-
abkommen für die Zeit ab 2020 einzusetzen, bei dem sich alle Staaten – Indus-
trieländer genauso wie Entwicklungs- und Schwellenländer – entsprechend ihrer
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beteiligen und das Wege aufzeigt, wie die
bestehende Minderungslücke zur Einhaltung des 2-Grad-Ziels von allen Staaten
gemeinsam geschlossen wird. Neben dem Abkommen muss in Paris auch ein
Paket von Entscheidungen angenommen werden, um die Beschlüsse schnell
umsetzen zu können. Um weitere Dynamik für die Verhandlungen zu erzeugen,
müssen weiterhin gemeinsame Initiativen mit Entwicklungs- und Schwellenlän-
dern gestartet werden, wie z. B. die Klimaschutzerklärung zwischen Deutsch-
land und Brasilien sowie zwischen Deutschland und Indien;

• sich für ein Abkommen einzusetzen, das robuste Regeln zur Transparenz, An-
rechnung, Berichterstattung und Überprüfung enthält. Diese Regeln müssen für
alle Staaten gelten, aber flexibel auf die unterschiedlichen Fähigkeiten, zum Bei-
spiel von den am wenigsten entwickelten Staaten, eingehen;

• sich für ein Langfristziel im neuen Abkommen einzusetzen, das sich an
der 2- Grad-Obergrenzeorientiert und den Beschluss der G7 Staaten, im Laufe
des Jahrhunderts eine globale Dekarbonisierung zu erreichen, in konkrete Ziele
umsetzt. Hierzu müssen alle Staaten aufgefordert werden, Niedrigemissionsstra-
tegien zu erarbeiten;

• sich für die Verankerung eines Mechanismus einzusetzen, mit dem auf wissen-
schaftlicher Grundlage in fünfjährigen Zyklen überprüft wird, ob die aggregier-
ten vorgelegten Minderungszusagen der Staaten ausreichen, um die
2- Grad- Obergrenze einzuhalten. So soll sichergestellt werden, dass die Staaten
ihren Minderungsverpflichtungen nachkommen. Ist dies nicht der Fall, müssen

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die Ambitionsniveaus in denjenigen Staaten nachgeschärft werden, die ihren
Klimabeiträgen nicht gerecht werden;

• sich dafür einzusetzen, dass die Klimaschutzanstrengungen vor 2020 erhöht und
auch nach der 21. Vertragsstaatenkonferenz von Paris fortgeführt werden. Alle
großen Emittenten sollen, wenn noch nicht geschehen, vor Paris ihre INDC vor-
legen;

• sich dafür einzusetzen, dass Klimafinanzierung für das künftige Klimaabkom-
men eine wichtige Rolle erhält und die Industrieländer glaubhaft darlegen, dass
die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen und Anpassungsstrategien in
Entwicklungsländern entsprechend dem Kopenhagen-Ziel von 100 Milliarden
US-Dollar jährlich ab 2020 realisiert wird. Da alle Länder ihren Beitrag zum
Umbau zu leisten haben, muss die Finanzierung auf eine breitere Basis gestellt
werden. Klimafinanzierung soll so eingesetzt werden, dass sie zu einem Umbau
hin zu einer emissionsarmen und klimaresilienten Wirtschaft und Gesellschaft
beiträgt und eine dynamische Steigerung der Ambition von Minderungs- und
Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern unterstützt;

• gemeinsam mit der Privatwirtschaft Finanzierungsmodelle zu entwickeln, damit
nicht nur die öffentliche, sondern auch privatwirtschaftliche Klimafinanzierung
gesteigert wird;

• sich neben den bereits zugesagten Mitteln zur Erstauffüllung des Grünen Kli-
mafonds weiterhin an den für die ab 2020 zugesagten 100 Milliarden US-Dollar
zur Finanzierung des internationalen Klimaschutzes zu beteiligen;

• sich dafür einzusetzen, dass die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung da-
hingehend genutzt wird, um den Übergang zu einer nachhaltigen klima- und
umweltfreundlichen Entwicklung voranzubringen;

• sich dafür einzusetzen, dass Anpassung im künftigen Abkommen einen wichti-
gen Stellenwert erhält. Das Anpassungsziel soll hin zu einer klimaresilienten,
nachhaltigen Entwicklung orientiert sein. Ärmere Staaten müssen bei der natio-
nalen Anpassungsplanung und bei der Umsetzung konkreter Maßnahmen im
Rahmen der von den Industrieländern in Kopenhagen in Aussicht gestellten Fi-
nanzmittel unterstützt werden, um den Umgang mit dem Klimawandel in alle
Entwicklungsbereiche zu integrieren. Die Herausforderung durch klimabedingte
Schäden und Verluste („loss and damage“) muss im Maßnahmenpaket von Paris
angemessen berücksichtigt werden. Ärmere Staaten sollen beim Kapazitätsauf-
bau und beim Zugang zu internationalen Anpassungsfonds unterstützt werden;

• sich dafür einzusetzen, dass – ähnlich wie beim Klimaschutz – periodische
Übersichtsberichte weltweiter Anpassungsbemühungen erstellt werden und
Empfehlungen für zukünftiges Handeln formuliert werden;

• den Waldschutz und die nachhaltige Nutzung von Wäldern weiter voranzubrin-
gen. Finanzielle Unterstützung muss an die Einhaltung von Schutzmechanismen
und Initiativen zur Wiederherstellung von Waldlandschaften geknüpft sein. Es
muss stets darauf geachtet werden, dass der internationale Waldschutz auch dem
Schutz der biologischen Vielfalt dient, die Partizipation der betroffenen Bevöl-
kerung gewährleistet ist und mit dem Schutz von indigenen Völkern und Men-
schenrechten verknüpft wird. Solange keine belastbaren Verifikationsmechanis-
men vorliegen, darf REDD+ nicht mit dem Kohlenstoffmarkt verbunden wer-
den;

• sich dafür einzusetzen, dass das Abkommen die Möglichkeit zur Nutzung von
Marktmechanismen enthält, die verstärkte und kosteneffiziente Klimaschutz-
maßnahmen fördern, mit denen ein Nettobeitrag zu den globalen Klimaschutz-
anstrengungen geleistet und zu einer nachhaltigen Entwicklung beigetragen
wird. Dabei müssen Doppelanrechnungen ausgeschlossen werden. Grundge-

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danke bei der Ausgestaltung der Marktmechanismen ist es, dort Treibhaus-
gasemissionen einzusparen, wo dies auf globaler Ebene am kostengünstigsten
zu realisieren ist;

• sich dafür einzusetzen, dass bestehende Emissionshandelssysteme verknüpft
werden, um so Schritt für Schritt einen globalen Kohlenstoffmarkt mit einem
einheitlichen Preis aufzubauen, der einen ambitionierten Klimaschutz zu mög-
lichst geringen Kosten ermöglicht. Ziel muss es sein, dass auch in anderen Län-
dern ein Emissionshandelssystem oder ein vergleichbares verpflichtendes In-
strument implementiert wird;

• sich für die verbindliche Verabschiedung von konkreten Treibhausgasminde-
rungszielen und -maßnahmen im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrtor-
ganisation (ICAO) und der Internationalen Schifffahrtsorganisation (IMO) ein-
zusetzen;

• sich für eine Berücksichtigung potenzieller Klimawandelfolgen auf Konflikte
im Rahmen von Konfliktanalysen bei staatlich geförderten Klimaanpassungs-
maßnahmen einzusetzen. Die Bundesregierung soll auf Ebene der Vereinten Na-
tionen die Debatte um eine Ausweitung des Schutzes für „Klimaflüchtlinge“ und
des Flüchtlingsbegriffs voranbringen und den Klimawandel als menschenrecht-
lich relevantes Problem in die internationale Menschenrechtsdebatte bringen;

auf europäischer Ebene:

• sich dafür einzusetzen, dass die Revision des europäischen Emissionshandels-
systems den Emissionshandel in der vierten Handelsperiode nach 2020 als
marktwirtschaftliches Klimaschutzinstrument stärkt und die bereits beschlos-
sene Reform durch die Einführung einer Marktstabilitätsreserve nicht schwächt.
Dabei muss der Situation der energieintensiven und im internationalen Wettbe-
werb stehenden Industrien Rechnung getragen und Standortverlagerungen auf-
grund des Emissionshandels (Carbon Leakage) verhindert werden;

• sich im Lichte einer internationalen Vereinbarung die Anhebung des Ambiti-
onsniveaus über die als Mindestziel beschlossene 40-Prozent-Reduktion, gege-
benenfalls auch unter Verwendung von internationalen Zertifikaten, offen zu
halten;

• sich dafür einzusetzen, dass das europäische Klimaziel, das auf zehn Jahre an-
gelegt ist, entsprechend an die Beschlüsse des neuen Abkommens von Paris an
den internationalen Rahmen angepasst und alle fünf Jahre überprüft wird, ob die
Ziele gegebenenfalls erhöht werden müssen;

• sich dafür einzusetzen, dass die europäischen Klima- und Energieziele für 2030
wirksam umgesetzt werden, um einen robusten Rahmen für den Ausbau der er-
neuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz zu gewährleisten.
Dabei ist auf eine gerechte Lastenverteilung zu achten;

• sich für Entwicklung und Anwendung von neuen Technologien zur Wiederver-
wertung von prozessbedingten CO2-Emissionen im Industriesektor einzusetzen,
die nach dem derzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik nicht ersetzt wer-
den können;

auf nationaler Ebene im Rahmen zur Verfügung stehender Haushaltsmittel:

• das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und den Nationalen Aktionsplan Ener-
gieeffizienz konsequent umzusetzen, damit alle Sektoren – d. h. Energiewirt-
schaft, Industrie, Haushalte, Verkehr, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und
Landwirtschaft – zur Erreichung des nationalen Klimaziels von 40 Prozent
Treibhausgasreduktion bis 2020 beitragen können sowie dem Deutschen Bun-
destag und der Öffentlichkeit, wie angekündigt, eine regelmäßige Evaluierung
vorzulegen;

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• weiterhin das im Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz enthaltene Ziel zu
verfolgen, die energetische Gebäudesanierung anstelle einer Zuschussregelung
steuerlich zu fördern;

• sich für eine nachhaltige und zukunftsfähige Mobilität einzusetzen, die sicher,
klima- und umweltverträglich sowie effizient und bezahlbar ist. Besondere Be-
deutung kommt hierbei – neben anderen alternativen Antriebssystemen – der
Elektromobilität zu;

• die weiteren Reduktionsschritte im Klimaschutzplan im Lichte der europäischen
Ziele und der Ergebnisse der Pariser Klimaschutzkonferenz 2015 bis zum Ziel-
wert von 80 bis 95 Prozent im Jahr 2050 festschreiben und in einem breiten
Dialogprozess mit Maßnahmen unterlegen. Besondere Bedeutung kommt bei
der Erarbeitung des Klimaschutzplans dabei einem frühzeitigen und umfassen-
den Dialogprozess, gemeinsam mit Vertretern der Gesellschaft und der Wirt-
schaft, zu. Der Klimaschutzplan 2050 soll insbesondere auch einen Beitrag zur
Planungssicherheit für Unternehmen leisten. Die Erreichung der Klimaziele
muss regelmäßig überprüft werden;

• die Förderung von internationalen Projekten durch die KfW-Bankengruppe so
auszugestalten, dass dem Klimaschutz Rechnung getragen wird;

• ihre entwicklungspolitische Zusammenarbeit, im Rahmen der zur Verfügung
stehenden Haushaltsmittel, weiter auszubauen, um den Umbau hin zu einer koh-
lenstoffarmen und klimaresilienten Entwicklung in Entwicklungs- und Schwel-
lenländern zu fördern. Sie soll Energie und Klimapartnerschaften mit Drittlän-
dern verstärken, um den Klimaschutz durch die Verbesserung von politischen
Rahmenbedingungen und den Ausbau von erneuerbaren Energien voranzubrin-
gen;

• wissenschaftliche und technologische Innovationen zu stärken und Erforschung
der Klimafolgen in Deutschland voranzutreiben sowie ressortübergreifend An-
passungsmaßnahmen zu erarbeiten und umzusetzen;

• frühzeitig ökonomische Perspektiven für Wirtschaft und Arbeit zu entwickeln,
damit die Umstellung auf CO2-freie Energieträger keine abrupten Strukturbrü-
che in den betroffenen Regionen verursacht, der Strukturwandel sozial abgefe-
dert verläuft und für die betroffenen Regionen vorher Perspektiven entwickelt
werden können;

• gemeinsam mit der Wirtschaft innovative Mechanismen für zusätzliche Beiträge
für den Klimaschutz und dessen Finanzierung zu entwickeln.

Berlin, den 10. November 2015

Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und Fraktion

Thomas Oppermann und Fraktion

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