BT-Drucksache 18/6594

Einführung einer Schengen Masterlist zum Abgleich von Zertifikaten in elektronischen Ausweisdokumenten

Vom 5. November 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6594
18. Wahlperiode 05.11.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan van Aken, Annette Groth, Inge Höger,

Ulla Jelpke, Jan Korte, Petra Pau, Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte,

Alexander Ulrich, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Einführung einer Schengen Masterlist zum Abgleich von Zertifikaten in
elektronischen Ausweisdokumenten

Nicht alle in EU-Mitgliedstaaten verwendeten automatisierten Grenzkontrollsys-
teme prüfen, ob die im Reisepass gespeicherten Zertifikate, mit denen die Daten
signiert sind, korrekt sind (heise online, www.heise.de vom 4. Juni 2015). Pässe
könnten auf diese Weise gefälscht werden. Dies betrifft unter anderem Angehö-
rige von insgesamt 17 Staaten außerhalb der EU, die im EU-Programm „Intelli-
gente Grenzen“ bei der Einreise in den Schengenraum automatische Grenzkon-
trollsysteme nutzen sollen. Eine „Schengen Master Control List“ soll nun dafür
sorgen, dass die Zertifikate aller Country Signing Certification Authorities
(CSCA) von den Grenzkontrollsystemen abgerufen werden können. Diese seien
laut der Europäischen Kommission „nicht vollständig an den Grenzkontrollstel-
len verfügbar“. Vorgeschlagen wird die Einrichtung einer Sammelstelle für Zer-
tifikate, die in einem Forschungszentrum im italienischen Ispra gehostet werden
soll.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Verfahren sind der Bundesregierung bekannt, elektronische Aus-
weisdokumente unter Manipulation der enthaltenen RFID-Chips (RFID: ra-
dio-frequency identification) zu fälschen?

2. Inwiefern und in welchem Umfang ist es nach Kenntnis der Bundesregierung
denkbar oder möglich, automatische Grenzkontrollschleusen damit zu über-
winden, dass der originale RFID-Chip eines elektronischen Passes deakti-
viert und durch einen aufgeklebten Chip ersetzt wird?

3. Welche Sicherheitsrisiken sieht die Bundesregierung im Rahmen der Pilotie-
rung und Einführung der Systeme „EasyPASS“ und „Intelligente Grenzen“?

4. Auf welche Weise werden im Rahmen der Systeme „EasyPASS“ und „Intel-
ligente Grenzen“ (Pilotprojekt und anvisierte endgültige Lösung) Zertifikate
der ausgelesenen Chips abgefragt bzw. geprüft, ob die Zertifikate, mit denen
die Daten signiert sind, korrekt sind?

5. In welchen Pilotprojekten ist das gemeinsame Sammeln von Zertifikaten
nach Kenntnis der Bundesregierung bereits erprobt worden, bzw. welche der-
artigen Projekte sind geplant?

6. Von wem wurden diese Pilotprojekte nach Kenntnis der Bundesregierung
durchgeführt und wer nahm daran teil?

Drucksache 18/6594 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

 

7. Inwiefern sind die Zertifikate, die für eine automatisierte Überprüfung von
elektronischen Ausweisdokumenten an Grenzen im Zuständigkeitsbereich
der Bundespolizei liegen, vollständig verfügbar?

8. Inwiefern trifft es, wie von „Heise“ berichtet, zu, dass die Bundesregierung
den „Versuch“ gemacht habe, eine eigene Zertifikatsliste zu erstellen?

9. Aus welchen Gründen ist dieser Versuch „unvollständig“ geblieben?

10. Wo ist diese Liste angesiedelt, welche Zertifikate sind dort gespeichert, und
wie wurden diese besorgt?

11. Welche weiteren EU-Mitgliedstaaten verfügen nach Kenntnis der Bundesre-
gierung über eine zentrale Sammelstelle für Zertifikate?

12. Inwiefern und zu welchem Zweck sind Bundesbehörden mit diesen Ländern
hinsichtlich der Sammelstellen für Zertifikate in Kontakt?

13. Was ist der Bundesregierung über die Einrichtung einer „Schengen Master
Control List“ als zentrale Datenbank bekannt?

14. Welche Zertifikate sollen in der „Schengen Master Control List“ gespeichert
werden, und wie würden diese besorgt werden?

15. Mit welchen nationalen oder internationalen Zertifikatsstellen hat die Euro-
päische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung hierzu bereits
kommuniziert?

16. Auf welche Weise und mit welchen Arbeiten sind nach Kenntnis der Bun-
desregierung auch die EU-Agenturen eu-LISA, FRONTEX und Europol in
die Einrichtung der „Schengen Master Control List“ eingebunden?

17. Inwiefern unterhalten oder unterhielten Europol und FRONTEX nach Kennt-
nis der Bundesregierung selbst Arbeitsgruppen zum Thema, wer nahm daran
teil, und welche Zielsetzung wurde oder wird darin verfolgt?

18. Welche Forschungsprojekte wurden nach Kenntnis der Bundesregierung auf
EU-Ebene zur Einführung einer zentralen Sammelstelle für Zertifikate
durchgeführt?

19. Wo soll die „Schengen Master Control List“ nach Kenntnis der Bundesre-
gierung gehostet werden, und auf welche Weise hat sich diese Stelle dafür
qualifiziert?

Berlin, den 5. November 2015

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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