BT-Drucksache 18/6502

Komplementärgenehmigungen bei Rüstungsexporten

Vom 26. Oktober 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6502
18. Wahlperiode 26.10.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz,

Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Katrin Kunert,

Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Komplementärgenehmigungen bei Rüstungsexporten

Zum 1. Juli 2006 wurde eine neue Genehmigungsform bei Rüstungsexporten ein-
geführt, die Komplementärgenehmigung. In einem Merkblatt des Bundesamtes
für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) vom 25. Juni 2006 (Stand:
März 2007) wurden die Verfahren für eine Komplementärgenehmigung bei
Kriegswaffenexporten dargelegt (www.ausfuhrkontrolle.info/ausfuhrkontrolle/de/
arbeitshilfen/merkblaetter/merkblatt_information_komplementaergenehmigung.pdf).
Im gerade erschienen Buch „Netzwerk des Todes“ von Jürgen Grässlin, Daniel
Harrich und Danuta Harrich-Zandberg (München 2015) sind verschiedene Doku-
mente aus dem Geschäftsbereich des Bundesministerium für Wirtschaft und
Energie (BMWi) zitiert oder in Kopie enthalten, die aufzeigen, dass dieser neuen
Genehmigungsform für die Exporte von Heckler & Koch nach Mexiko eine be-
deutende Rolle zukam.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wer genau hat in welcher Form die Einführung von Komplementärgenehmi-
gungen zum 1. Juli 2006 abschließend genehmigt (bitte unter Angabe der Po-
sition, z. B. Staatssekretär, und des Namens)?

2. Welche Abteilungen und Referate im BMWi waren mit der Einführung der
Komplementärgenehmigung befasst, und welche Abteilung oder welches
Referat war dabei federführend tätig (bitte unter Angabe des Datums, an dem
erstmals ein Vermerk, eine Vorlage o. Ä. mit der Idee einer neuen Genehmi-
gungsform, die in die Komplementärgenehmigung mündete, erstellt wurde)?

3. Durch wen (Bundesministerium, Abteilung, Referat bzw. nachgeordnete Be-
hörde) wurde die Idee zur Einführung der Komplementärgenehmigung wann
erstmals regierungsintern formuliert?

4. Basierte diese Idee (Frage 3) auf einer Anregung von außen, und falls ja, wer
lieferte die Anregung (Unternehmen, Verbände), und in welcher Form wurde
sie wem innerhalb der Bundesregierung wann übermittelt (bitte unter Angabe
des Namens des Unternehmens oder Verbandes)?

5. Sind noch an anderer Stelle als in dem Merkblatt des BAFA, z. B. in Form
einer Verordnung, einer Weisung, eines Gesetzes, eines internen Memos
o. a., die rechtlichen Bedeutungen, die Anwendungsmöglichkeiten und die
Gültigkeiten von Komplementärgenehmigungen geregelt oder beschrieben
(bitte Dokumente beifügen)?

Drucksache 18/6502 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

6. Welche Komplementärgenehmigungen für Kriegswaffenexporte in Dritt-
staaten wurden im Jahr 2014 erteilt (bitte nach Empfängerland, Rüstungsgut,
Stückzahl, Wert und entsprechendem Prozentwert des Kriegswaffenwertes
aufschlüsseln)?

7. Warum verzichtet die Bundesregierung darauf, Komplementärgenehmigun-
gen im Rüstungsexportbericht der Bundesregierung aufzuführen?

8. Sind Rüstungsexporte, die im Rahmen von Komplementärgenehmigungen
genehmigt und/oder exportiert werden bzw. wurden, in Antworten der Bun-
desregierung auf Kleine Anfragen oder Schriftliche Fragen unter dem Begriff
der „Einzelausfuhrgenehmigungen“ mit aufgeführt?

9. Aus welchem Grund bezeichnete ein BAFA-Mitarbeiter in einer E-Mail vom
29. Januar 2007 die 10 Prozent-Regelung im Zusammenhang mit der Kom-
plementärgenehmigung als eine „Lex Heckler & Koch“ (vgl. Netzwerk des
Todes, S. 209 f.)?

10. Bezieht sich die Äußerung des BAFA-Mitarbeiters allein auf die „10 Pro-
zent-Regelung“, oder ist damit gemeint gewesen, dass das System der Kom-
plementärgenehmigung insgesamt eine „Lex Heckler & Koch“ ist?

11. Welche weiteren Regelungen im Zusammenhang mit den verschiedenen Ge-
nehmigungsformen wurden oder werden ausschließlich oder zu einem über-
proportionalen Teil (mehr als 10 Prozent) von Heckler & Koch genutzt?

12. Welche weiteren Regelungen im Zusammenhang mit den verschiedenen Ge-
nehmigungsformen wurden oder werden innerhalb des BMWi und/oder des
BAFA als Sonderregelungen (z. B. „Lex Heckler & Koch“) für Heckler &
Koch bezeichnet?

13. Ist die Genehmigungsform der Komplementärgenehmigung auf Anregung
von Heckler & Koch und/oder im Hinblick auf Heckler & Koch geschaffen
worden?

14. Hat Heckler & Koch jemals (formell oder informell) eine Erhöhung der
Komplementärgenehmigung auf einen höheren Prozentsatz (zum Beispiel
30 Prozent) beantragt, und/oder wurde eine solche Erhöhung genehmigt?

15. Ist der Bundesregierung bekannt, ob Heckler & Koch zu irgendeinem Zeit-
punkt Komplementärgenehmigungen in Höhe von mehr als 10 Prozent er-
halten hat (falls ja, bitte alle Fälle mit Datum, Empfängerland, Ware, Wert
und Prozentsatz aufführen)?

16. Wer hat die Entscheidung über eine Erhöhung der 10 Prozent-Grenze zu wel-
chem Zeitpunkt getroffen (bitte genau angeben, ob das BMWi oder das
BAFA und dort welches Referat, welche Abteilung oder welcher Staatssek-
retär bzw. Bundesminister)?

17. Wann erging die entsprechende Weisung (Frage 16) von wem an welche
Stellen im BMWi und BAFA?

18. Gab es zu irgendeinem Zeitpunkt eine schriftliche oder mündliche Kommu-
nikation zwischen dem BMWi, dem BAFA oder anderen betroffenen Bun-
desministerien und dem Abgeordneten Volker Kauder über Komplementär-
genehmigungen für Heckler & Koch?

19. Für welche Länder und für welche Waffen bzw. Komponenten für diese kam
die 10 Prozent-Regelung für Heckler & Koch ab wann jeweils zur Anwen-
dung, und ab wann kam jeweils die 30 Prozent-Regelung oder eine andere,
von 10 Prozent abweichende Regelung zur Anwendung (bitte unter jeweili-
ger Angabe der Genehmigungsnummern und der Zeiträume)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6502

20. Ist innerhalb des BMWi und des BAFA, des Auswärtigen Amts, des Bun-
desministeriums der Verteidigung, an anderer Stelle oder zwischen diesen
Stellen jemals der Verdacht geäußert bzw. die Möglichkeit erörtert worden –
ob schriftlich oder mündlich – , dass der Wunsch von Heckler & Koch nach
einer Erhöhung der Komplementärgenehmigungen im Zusammenhang mit
der Voranfrage der Firma Heckler & Koch im Jahre 2005 für den Aufbau
bzw. die Inbetriebnahme einer Fertigungslinie für Sturmgewehre (G 36, FX-
05 o. a.) in Mexiko stehen könnte (Netzwerk des Todes, S. 153; falls ja, bitte
gegebenenfalls die entsprechenden Dokumente als Anhang beifügen und an-
geben, um welches Gewehr genau es sich nach dem Verdacht handelte)?

21. Haben auch andere Firmen seit Einführung der Komplementärgenehmigun-
gen eine Erhöhung der 10 Prozent-Regelung beantragt, und/oder ist dies je-
weils genehmigt worden (bitte unter Auflistung der jeweiligen Unternehmen,
Rüstungsgüter, des Landes und des Werts)?

22. Trifft es zu, dass das BMWi in der Kommunikation mit dem BAFA darauf
drängte, dass das BAFA Heckler & Koch veranlassen solle („vergatterte“),
diese Sonderregelung nicht „hinauszuposaunen“ (vgl. Netzwerk des Todes,
S. 212)?

23. Ist aus Sicht der Bundesregierung mit der Sonderregelung für Heckler &
Koch, auf deren Geheimhaltung das BMWi das Unternehmen hingewiesen
haben soll, Heckler & Koch gegebenenfalls ein Wettbewerbsvorteil gegen-
über Wettbewerbern verschafft worden (falls nein, bitte detailliert begrün-
den, warum dies nicht der Fall war)?

24. Sind die damals an dieser Sonderregelung und Geheimhaltung beteiligten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heute noch im Bereich der Rüstungsexport-
kontrolle im Geschäftsbereich des BMWi tätig?

25. Sind diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Beantwortung dieser
Kleinen Anfrage befasst worden, und falls ja, welche (bitte unter Angabe des
Namens, der Abteilung bzw. des Referates und der Position)?

26. Waren diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Beantwortung der Klei-
nen Anfragen 18/4763, 18/4554, 17/8275 und 17/6432 beteiligt, und falls ja,
welche (bitte unter Angabe des Namens, der Abteilung bzw. des Referates
und der Position)?

27. War der Parlamentarische Staatssekretär beim damaligen Bundesminister für
Wirtschaft und Technologie, Ernst Burgbacher, im Laufe seiner Amtszeit je-
mals mit Fragen des Rüstungsexportes befasst, wurden ihm Informationen
über Genehmigungsverfahren vorgelegt, und hat er (gegebenenfalls auch in
Vertretung und sonstigen Ausnahmefällen) an Sitzungen teilgenommen, in
denen Exportanträge diskutiert und gegebenenfalls entschieden wurden?

Wenn ja, betraf dies zu irgendeinem Zeitpunkt auch die Firma Heckler &
Koch?

Berlin, den 26. Oktober 2015

Dr. Sarah Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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