BT-Drucksache 18/6376

zu dem Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/5407 - Versöhnung mit Namibia - Gedenken an und Entschuldigung für den Völkermord in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika

Vom 14. Oktober 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6376
18. Wahlperiode 14.10.2015

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, Jan van
Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/5407 –

Versöhnung mit Namibia – Gedenken an und Entschuldigung für den Völkermord
in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika

A. Problem

Die Antragsteller fordern den Bundestag dazu auf, an die Verbrechen des deut-
schen Kaiserreichs in der ehemalige Kolonie Deutsch-Südwestafrika zu erinnern
und der Opfer von Massakern, Enteignungen, Vertreibung, Zwangsarbeit, Verge-
waltigungen, medizinischen Experimenten, Deportationen und menschenunwür-
diger Unterbringung in Konzentrationslagern zu gedenken.

Der Bundestag möge die schwere Schuld anerkennen, die die deutschen Koloni-
altruppen durch den Vernichtungskrieg zwischen 1904 und 1908 an den Herero,
Nama, Damara und San auf sich geladen haben. Und er möge feststellen, dass
diese Kriegsverbrechen, Vertreibungen und Massenvernichtungen ein Völker-
mord waren. Der Bundestag möge die Nachfahren der Opfer für das ihren Vor-
fahren zugefügte Leid um Entschuldigung bitten und die besondere historische
und moralische Verantwortung Deutschlands gegenüber Namibia und der nami-
bischen Bevölkerung betonen.

Hierzu solle der Bundestag den Dialog mit Namibia ohne Vorbedingungen unter-
stützen, das bedeute, ohne Auslassung der Wiedergutmachungsfrage als einen
wichtigen Bestandteil des Versöhnungsprozesses. Auch Fragen der ungerechten
Landverteilung, die aus der Kolonialzeit bis heute fortwirkten, müssten in diesem
Zusammenhang aufgegriffen werden.

Um den Dialog zwischen den Parlamenten zu stärken, solle der Bundestag eine
deutsch-namibische Parlamentariergruppe bilden.

Der Deutsche Bundestag möge die Bundesregierung dazu auffordern, der politi-
schen und moralischen Verantwortung, die sich aus der deutschen Schuld für den
Völkermord ergäbe, vorbehaltlos nachzukommen.

Die Bundesregierung solle den im Juni 2014 begonnenen Dialogprozess fortfüh-
ren und dabei Vertreterinnen und Vertreter der Nachfahren der besonders be-
troffenen Bevölkerungsgruppen einbeziehen. Alle Seiten müssten ihre Wünsche
und Themen, wie auch die Frage der Wiedergutmachung, einbringen können.

Drucksache 18/6376 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Um strukturellen Benachteiligungen bei Landfragen und Infrastruktur wirksam
begegnen zu können, solle die Bundesregierung im Rahmen des Dialoges die Er-
richtung einen Strukturausgleichsfonds anbieten.

Weitere Ziele des Versöhnungsprozesses müssten ein deutsch-namibischer Ju-
gendaustausch sowie die Dekolonisierung der Erinnerungskulturen in der Öffent-
lichkeit und an den Schulen beider Länder sowie die Einrichtung einer deutsch-
namibischen Schulbuchkommission sein.

Die Bundesregierung solle eine vollständige Bestandsaufnahme der in deutschen
Archiven und Sammlungen noch lagernden, geraubten menschlichen Gebeine aus
ehemaligen Kolonien sicherstellen und für eine würdige Rückführung in die Her-
kunftsländer Sorge tragen. Während der Kolonialzeit geraubte Kulturgüter sollten
identifiziert und den betroffenen Ländern Angebote zur Rückführung unterbreitet
werden.

An der Aufarbeitung des Kolonialismus sollten auch diejenigen Organisationen
bzw. deren Rechtsnachfolger beteiligt werden, die von Zwangsarbeit, Enteignun-
gen und Vertreibungen in ehemaligen deutschen Kolonien profitiert hätten, etwa
durch finanzielle Unterstützung eines zentralen Denkmals für die Opfer des Ko-
lonialismus sowie die Gründung einer Stiftung zu Rassismus und Kolonialismus
auf Bundesebene.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Keine.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6376
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/5407 abzulehnen.

Berlin, den 14. Oktober 2015

Der Auswärtige Ausschuss

Dr. Norbert Röttgen
Vorsitzender

Dr. Egon Jüttner
Berichterstatter

Niels Annen
Berichterstatter

Stefan Liebich
Berichterstatter

Dr. Frithjof Schmidt
Berichterstatter

Drucksache 18/6376 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Dr. Egon Jüttner, Niels Annen, Stefan Liebich und
Dr. Frithjof Schmidt

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/5407 in seiner 124. Sitzung am 24. September 2015
in erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem Auswärtigen Ausschuss, zur Mitberatung dem
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller fordern den Bundestag dazu auf, an die Verbrechen des deutschen Kaiserreichs in der ehemalige
Kolonie Deutsch-Südwestafrika zu erinnern und der Opfer von Massakern, Enteignungen, Vertreibung, Zwangs-
arbeit, Vergewaltigungen, medizinischen Experimenten, Deportationen und menschenunwürdiger Unterbringung
in Konzentrationslagern zu gedenken.

Der Bundestag möge die schwere Schuld anerkennen, die die deutschen Kolonialtruppen durch den Vernichtungs-
krieg zwischen 1904 und 1908 an den Herero, Nama, Damara und San auf sich geladen haben. Und feststellen,
dass diese Kriegsverbrechen, Vertreibungen und Massenvernichtungen ein Völkermord waren. Der Bundestag
möge die Nachfahren der Opfer für das ihren Vorfahren zugefügt Leid um Entschuldigung bitten und die beson-
dere historische und moralische Verantwortung Deutschlands gegenüber Namibia und der namibischen Bevölke-
rung betonen.

Hierzu solle der Bundestag den Dialog mit Namibia ohne Vorbedingungen unterstützen, das bedeute, ohne Aus-
lassung der Wiedergutmachungsfrage als einen wichtigen Bestandteil des Versöhnungsprozesses. Auch Fragen
der ungerechten Landverteilung, die aus der Kolonialzeit bis heute fortwirkten, müssten in diesem Zusammen-
hang aufgegriffen werden.

Um den Dialog zwischen den Parlamenten zu stärken, solle der Bundestag eine deutsch-namibische Parlamenta-
riergruppe bilden.

Der Deutsche Bundestag möge die Bundesregierung dazu auffordern, der politischen und moralischen Verant-
wortung, die sich aus der deutschen Schuld für den Völkermord ergäbe, vorbehaltlos nachzukommen.

Die Bundesregierung solle den im Juni 2014 begonnen Dialogprozess fortführen und dabei Vertreterinnen und
Vertreter der Nachfahren der besonders betroffenen Bevölkerungsgruppen einbeziehen. Alle Seiten müssten ihre
Wünsche und Themen, wie auch die Frage der Wiedergutmachung, einbringen können.

Um strukturellen Benachteiligungen bei Landfragen und Infrastruktur wirksam begegnen zu können, solle die
Bundesregierung im Rahmen des Dialoges die Errichtung einen Strukturausgleichsfonds anbieten.

Weitere Ziele des Versöhnungsprozesses müssten ein deutsch-namibischer Jugendaustausch sowie die Dekoloni-
sierung der Erinnerungskulturen in der Öffentlichkeit und an den Schulen beider Länder sowie die Einrichtung
einer deutsch-namibischen Schulbuchkommission sein.

Die Bundesregierung solle eine vollständige Bestandsaufnahme der in deutschen Archiven und Sammlungen noch
lagernden, geraubten menschlichen Gebeine aus ehemaligen Kolonien sicherstellen und für eine würdige Rück-
führung in die Herkunftsländer Sorge tragen. Während der Kolonialzeit geraubte Kulturgüter sollten identifiziert
und den betroffenen Ländern Angebote zur Rückführung unterbreitet werden.

An der Aufarbeitung des Kolonialismus sollten auch diejenigen Organisationen bzw. deren Rechtsnachfolger be-
teiligt werden, die von Zwangsarbeit, Enteignungen und Vertreibungen in ehemaligen deutschen Kolonien profi-
tiert hätten, etwa durch finanzielle Unterstützung eines zentralen Denkmals für die Opfer des Kolonialismus sowie
der Gründung einer Stiftung zu Rassismus und Kolonialismus auf Bundesebene.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/6376

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat den Antrag auf Drucksache 18/5407 in seiner
43. Sitzung am 14. Oktober 2015 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Ablehnung.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat den Antrag auf Drucksache 18/5407 in seiner 42. Sit-
zung am 14. Oktober 2015 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache 18/5407 in seiner 50. Sitzung am 14. Oktober 2015
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Berlin, den 14.10.2015

Dr. Egon Jüttner
Berichterstatter

Niels Annen
Berichterstatter

Stefan Liebich
Berichterstatter

Dr. Frithjof Schmidt
Berichterstatter

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