BT-Drucksache 18/6353

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das dritte Quartal 2015

Vom 9. Oktober 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6353
18. Wahlperiode 09.10.2015

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dağdelen, Petra Pau,
Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke, Frank Tempel,

Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das dritte Quartal 2015

Die von der Fraktion DIE LINKE. regelmäßig erfragten Informationen zur Asyl-
statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beleuchten aus-
gewählte Aspekte, die in der medialen Berichterstattung zumeist nur wenig Be-
achtung finden. So ist kaum bekannt, dass die Anerkennungsquote bei inhaltli-
chen Asylentscheidungen weitaus höher liegt, als die offiziellen Zahlen vermuten
lassen (vgl. hierzu und zum Folgenden Bundestagsdrucksache 18/3850). Die so
genannte bereinigte Schutzquote, bei der rein formelle Entscheidungen unberück-
sichtigt bleiben, lag im Jahr 2014 bei 48,5 Prozent – und das, obwohl Flüchtlinge,
z. B. aus Serbien, Bosnien oder Mazedonien, zu beinahe 100 Prozent abgelehnt
wurden. Hinzu kommen noch Anerkennungen, die von den Gerichten ausgespro-
chen werden: Im Jahr 2014 erwiesen sich mehr als 10 Prozent aller Klagen gegen
ablehnende Asylbescheide als begründet, rund 23 Prozent wurden abgelehnt, die
verbleibenden zwei Drittel der Gerichtsverfahren wurden aus unterschiedlichen
Gründen eingestellt. Im Ergebnis führte somit weit mehr als jeder zweite inhalt-
lich geprüfte Asylantrag zu einem Schutzstatus in Deutschland.

Bei einem Fünftel aller Asylsuchenden stellte das BAMF im Jahr 2014 ein Rück-
übernahmeersuchen nach der Dublin-Verordnung der Europäischen Union (EU).
Im Jahr 2013 lag dieser Anteil noch bei einem Drittel. Die Bundesregierung er-
klärt den Rückgang damit, dass die zum 1. Januar 2014 geänderte Verordnung
auf Fälle, in denen in anderen Mitgliedstaaten ein Status gewährt wurde
(2 511 Fälle), nicht mehr anwendbar sei (a. a. O., Antwort der Bundesregierung
zu Frage 5h). Es gibt eine steigende Zahl von Flüchtlingen, deren Schutzbedürf-
tigkeit im EU-Asylsystem zwar festgestellt wurde, die aber faktisch rechtlos sind,
weil sie sich – zumeist aus guten Gründen – nicht im formal zuständigen Mit-
gliedstaat aufhalten. Selbst der damalige Präsident des BAMF, Dr. Manfred
Schmidt, erklärte: „Das Schlimmste, was ihnen heute passieren könnte, wäre, an-
erkannter Flüchtling in Italien zu werden“, da dort „selbst Familien mit Kleinkin-
dern unter Brücken schlafen“ müssten (Fränkische Landeszeitung vom
20. Januar 2015).

Die Zahl der Asylsuchenden, die über Griechenland nach Deutschland einreisen,
ist seit dem im Jahr 2011 verhängten Überstellungsstopp wegen der dortigen sys-
temischen Mängel im Asylsystem über Jahre weitgehend stabil geblieben; im
Jahr 2014 brach die Zahl jedoch um 60 Prozent auf nur noch 1 519 Personen ein
(Vorjahr: 3 879 Personen). Der zuvor beschworene „Pull-Effekt“ durch die Aus-
setzung von Überstellungen nach Griechenland ist somit nicht eingetreten.

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Übernahmeersuchen wurden im Jahr 2014 vor allem an Italien gerichtet
(25,9 Prozent), danach folgten Bulgarien (12,5 Prozent) und Ungarn (11,1 Pro-
zent), syrische Flüchtlinge stellen dabei mit 15,1 Prozent die größte Betroffenen-
gruppe dar. Den insgesamt 35 115 Ersuchen im Jahr 2014 standen nur 4 772 tat-
sächliche Überstellungen gegenüber, das sind gerade einmal 13,6 Prozent. Ge-
messen an den Zustimmungen der anderen EU-Staaten zur Rückübernahme
(27 157) betrug die so genannte Überstellungsquote 17,6 Prozent (Italien:
9,7 Prozent). Viele Betroffene wehren sich erfolgreich auf gerichtlichem Weg ge-
gen eine Überstellung – wegen erheblicher Mängel in den Asylsystemen anderer
Mitgliedstaaten oder aufgrund individueller Umstände. Manche Flüchtlinge tau-
chen im Zweifelsfall auch lieber unter, als sich gegen ihren Willen in ein Land
überstellen zu lassen, in dem sie ein unfaires Asylverfahren, unwürdige Lebens-
bedingungen, Obdachlosigkeit oder eine Inhaftierung fürchten müssen. Das Dub-
lin-System produziert so eine große Zahl von illegalisierten Flüchtlingen und er-
reicht nicht sein vorgebliches Ziel, allen Asylsuchenden in der EU ein faires Asyl-
verfahren zu bieten. Innerhalb des BAMF werden für Dublin-Verfahren Perso-
nalressourcen gebunden, die weitaus sinnvoller in der regulären Asylprüfung ein-
gesetzt werden könnten. Eine reale Verteilungswirkung ist mit dem Dublin-Sys-
tem für Deutschland kaum verbunden: Obwohl die rechtlich und tatsächlich im-
mer komplexeren Dublin-Verfahren das BAMF und auch die Gerichte zuneh-
mend beschäftigen, reduzierte sich die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland
durch Dublin-Überstellungen im Jahr 2014 im Saldo um gerade einmal
2 500 Personen – 1 Prozent der etwa 200 000 im selben Jahr gestellten Asylan-
träge.

Eine Möglichkeit zur Einsparung von Arbeitskapazitäten im BAMF wäre der
Verzicht auf massenhafte Widerrufsverfahren – in der EU sieht nur Deutschland
obligatorische Widerrufsprüfungen drei Jahre nach der Anerkennung ohne kon-
kreten Anlass vor. Im Jahr 2014 kam es bei 16 061 Prüfverfahren nur in jedem
20. Fall zu einer Aberkennung eines Flüchtlingsstatus, wobei diese Widerrufe bei
einer gerichtlichen Überprüfung wiederum nur zu einem Drittel Bestand hatten.
Für die Betroffenen – politisch verfolgte und häufig traumatisierte Flüchtlinge –
sind diese Verfahren dennoch sehr belastend.

Ein behördliches Asylverfahren in Deutschland dauerte im Jahr 2014 im Durch-
schnitt 7,1 Monate. Bei bestimmten Herkunftsländern mit geringen Anerken-
nungsquoten ist die Verfahrensdauer infolge von Beschleunigungsmaßnahmen
deutlich kürzer. Umso länger dauern die Verfahren jedoch bei zahlreichen Flücht-
lingen mit guten Anerkennungschancen; im Jahr 2014 mussten etwa Asylsu-
chende aus Afghanistan, Pakistan und dem Iran 14 bis 16 Monate auf eine Behör-
denentscheidung warten. Werden Dublin-Verfahren, Folgeverfahren und priori-
sierte Schnellverfahren nicht berücksichtigt, ergibt sich eine durchschnittliche
Bearbeitungsdauer im regulären Asylverfahren von 13,1 Monaten. Immer länger
dauert auch die Zeit vom ersten Asylgesuch bis zur Asylantragstellung, doch die
Bundesregierung will oder kann hierzu keine konkreten Angaben machen (vgl.
Bundestagsdrucksache 18/5785, Antwort zu Frage 4d). Diese Zeiten werden auch
nicht bei den offiziellen Angaben zur durchschnittlichen Asylverfahrensdauer be-
rücksichtigt.

Vom umstrittenen Asyl-Flughafenverfahren waren im Jahr 2014 643 Asylsu-
chende betroffen, unter ihnen 178 syrische und 96 afghanische Flüchtlinge sowie
18 unbegleitete Minderjährige. Im Ergebnis wurde 56 dieser Asylsuchenden nach
einer Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ die Einreise im Rechtssinne
verweigert – wie viele von ihnen tatsächlich ausreisten oder abgeschoben wurden
oder in Deutschland verbleiben konnten, ist nicht bekannt.

31,8 Prozent aller Asylsuchenden in Deutschland im Jahr 2014 waren Kinder.
2,6 Prozent waren unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, bei denen die berei-
nigte Gesamtschutzquote zwischen 66,4 und 81,1 Prozent betrug. Ausgerechnet

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6353

 

die Asylverfahren unbegleiteter Minderjähriger dauerten im Jahr 2014 mit durch-
schnittlich 10,4 Monaten besonders lange.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Wie hoch war die Gesamtschutzquote (Anerkennungen nach Arti-
kel 16a des Grundgesetzes – GG –, nach § 60 Absatz 1 des Aufenthalts-
gesetzes – AufenthG – bzw. in Anwendung der Genfer Flüchtlingskon-
vention – GFK –, subsidiärer Schutz und Abschiebungshindernisse) in
der Entscheidungspraxis des BAMF im dritten Quartal 2015, und wie
lauten die Vergleichswerte des vorherigen Quartals (bitte in absoluten
Zahlen und in Prozent angeben und für die 15 wichtigsten Herkunfts-
ländern gesondert darstellen, bitte für jedes dieser Länder in relativen
Zahlen angeben, wie viele Asylsuchende Schutz nach Artikel 16a GG,
nach § 60 Absatz 1 AufenthG bzw. GFK, einen subsidiären Schutzsta-
tus bzw. nationalen Abschiebungsschutz zugesprochen bekommen ha-
ben; bitte in einer weiteren Tabelle nach Art der Anerkennung differen-
zieren: Asylberechtigung, internationaler Flüchtlingsschutz, subsidiärer
Schutz, nationale Abschiebungsverbote – bitte jeweils so differenziert
wie möglich darstellen)?

b) Wie hoch war in den genannten Zeiträumen jeweils die „bereinigte Ge-
samtschutzquote“, d. h. die Quote der Anerkennungen bezogen auf tat-
sächlich inhaltliche und nicht rein formelle (Nicht-)Entscheidungen
(bitte wie in Frage 1a differenzieren)?

c) Wieso passen das Bundesministerium des Innern (BMI) und das BAMF
ihre veröffentlichten Anerkennungsquoten nicht der Berechnungsweise
des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat) an, das bei
den Asylentscheidungen Verfahrenseinstellungen, Antragsrücknahmen
und Entscheidungen im Dublin-Verfahren nicht berücksichtigt (vgl.
Bundestagsdrucksache 18/5785, Antwort zu Frage 5c), zumal dies nach
Auffassung der Fragesteller zu einer besseren Vergleichbarkeit der An-
erkennungsquoten mit denen anderer Mitgliedstaaten beitragen könnte
und auch die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel bei ihrer Vereinba-
rung zur Asyl- und Flüchtlingspolitik vom 24. September 2015 bei der
Berechnung der finanziellen Abschlagszahlung für das Jahr 2016 unter-
stellt hat, „dass die Hälfte der Antragsteller anerkannt wird“ (Beschluss,
S. 9) – was in etwa der jetzigen „bereinigten Schutzquote“ entspricht
(bitte ausführlich begründen)?

2. Wie viele der Anerkennungen nach Artikel 16a GG bzw. nach § 60 Ab-
satz 1 AufenthG bzw. GFK im dritten Quartal 2015 bzw. im vorherigen
Quartal beruhten auf staatlicher, nichtstaatlicher bzw. geschlechtsspezifi-
scher Verfolgung (bitte in absoluten und relativen Zahlen und noch einmal
gesondert nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern angeben)?

3. Wie viele Widerrufsverfahren wurden im dritten Quartal 2015 bzw. im
vorherigen Quartal eingeleitet (bitte Gesamtzahlen angeben und nach den
verschiedenen Formen der Anerkennung und den 15 wichtigsten Her-
kunftsländern differenzieren, zum Vergleich bitte auch die Werte des vor-
herigen Quartals nennen), und wie viele Entscheidungen in Widerrufsver-
fahren mit welchem Ergebnis gab es in diesen Zeiträumen (bitte Gesamt-
zahlen angeben und nach den verschiedenen Formen der Anerkennung
und den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren, bitte auch die je-
weiligen Widerrufsquoten und zum Vergleich die jeweiligen Werte des
vorherigen Quartals nennen)?

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4. Wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bis zu einer be-
hördlichen Entscheidung im dritten Quartal 2015 bzw. im vorherigen
Quartal, wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bis zu einer
rechtskräftigen Entscheidung (d. h. inklusive eines Gerichtsverfahrens,
soweit vorliegend), und wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungs-
zeit bei Asylerstanträgen von unbegleiteten Minderjährigen (bitte jeweils
nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern und auch nach Erst- und Folge-
anträgen differenzieren)?

a) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Be-
arbeitungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung in Dub-
lin-Verfahren (bitte auch nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern
differenzieren)?

b) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Be-
arbeitungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung in Dub-
lin-Verfahren (bitte auch nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern
differenzieren)?

c) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Be-
arbeitungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung in Asylverfah-
ren, in denen kein Ersuchen nach der Dublin-Verordnung gestellt
wurde (bitte auch nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern differen-
zieren)?

d) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Be-
arbeitungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung, wenn Dub-
lin-Verfahren, Folgeverfahren und die priorisierten Länder herausge-
rechnet werden (bitte auch nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern
differenzieren)?

e) Wie lang dauert es nach Einschätzung fachkundiger Bediensteter un-
gefähr im Durchschnitt von der ersten Registrierung (im EASY-Sys-
tem) bis zur Asylantragstellung, und wie viele Personen waren zuletzt
im EASY-System als Asylsuchende für das bisherige Jahr 2015 regis-
triert, und wie viele Asylantragsteller waren es im Vergleich hierzu
(bitte beide Angaben auch nach Bundesländern und den 15 wichtigsten
Herkunftsländern differenzieren)?

f) Wie viele der registrierten Asylsuchenden ungefähr melden sich nach
den Erfahrungen fachkundiger Bediensteter später nicht als Asylan-
tragsteller, und welche möglichen Gründe gibt es nach Kenntnis der
Bundesregierung hierfür?

g) Kann die Bundesregierung den Bericht des „Bayerischen Rundfunks“
vom 2. Oktober 2015 („Bürokratische Tricks: BAMF ‚verkürzt‘ Asyl-
verfahren“) bestätigen, wonach mehrere Asylsuchende sieben bis fast
neun Monate warten müssten, um überhaupt einen Asylantrag stellen
zu können (ein syrischer Asylbewerber erhielt z. B. einen Termin zur
Vorsprache im BAMF am 24. Mai 2016, knapp acht Monate nach sei-
ner Meldung als Asylsuchender), und wenn ja, inwieweit sind vor die-
sem Hintergrund die Angaben des BAMF zu durchschnittlichen Asyl-
verfahrensdauern überhaupt noch realistisch und relevant, wenn solche
viele Monate dauernden Verzögerungen nicht in die erfasste Verfah-
rensdauer mit einfließen (bitte ausführen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/6353

 

h) Wann ist im BAMF bzw. im BMI bzw. zwischen beiden Akteuren mit
wem und mit welchem Ergebnis erstmals der Umstand diskutiert wor-
den, dass die Zahl der im EASY-System registrierten Asylsuchenden
deutlich von der Zahl der formell gestellten Asylanträge abweicht (im
September 2014 war die Differenz mit 11 500 Personen im Monat erst-
mals fünfstellig; vgl. Bundestagsdrucksache 18/5877, Antwort zu
Frage 9), und warum und von wem wurde im August 2015 entschie-
den, die Asylprognose auf der Grundlage der registrierten Asylsuchen-
den (und nicht mehr der Asylanträge) vorzunehmen, was zu einer Ver-
doppelung der Prognose von 400 000 auf 800 000 führte (bitte ausführ-
lich und konkret darstellen)?

i) Wie ist die Bundesregierung damit umgegangen, dass laut einem Be-
richt in der Zeitung „DIE WELT“ vom 22. März 2015 („Länder rech-
nen mit bis zu 500 000 Asylbewerbern“) der schleswig-holsteinische
Innenminister Stefan Studt vom Bund eine Prognose einforderte, an der
sich Länder und Kommunen orientieren können, um eine vernünftige
Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge zu garantieren, weil er
für das Jahr 2015 „mit 500 000 bis 550 000 neuen Asylbewerbern“
rechnete, während das BAMF damals nur circa 300 000 Asylsuchende
prognostizierte, und ist es zutreffend, dass, wie in dem Bericht be-
schrieben, sich die Bundesländer Hessen, Schleswig-Holstein, Bran-
denburg und Nordrhein-Westfalen „auf Arbeitsebene beim zuständi-
gen“ BAMF beschwert und sich für eine Heraufsetzung der Prognose-
zahlen ausgesprochen haben?

Wenn ja, wann war das, und wie ist das BAMF damit umgegangen
bzw. wurde das BMI informiert, und wie wurde dann gegebenenfalls
im BMI damit umgegangen?

j) In welcher Weise ist der Artikel in der Zeitung „DIE WELT“ vom
22. März 2015 („Länder rechnen mit bis zu 500 000 Asylbewerbern“)
im BAMF bzw. im BMI diskutiert worden, laut dem sich die Länder
auch darüber beklagt haben sollen, dass die Asylzahlen für das
Jahr 2014 nicht korrekt seien, weil es einige Zeit daueren würde, bis
die Zahl der in den Ländern erfassten Asylsuchenden in der Statistik
des BAMF erfasst würden, und inwieweit ist es zutreffend, dass Prog-
nosen auf Basis der Anzahl der registrierten Asylsuchenden erst ab
Mitte August 2015 vorgenommen wurden, weil der Bund seit
Herbst 2014 in Verhandlungen mit den Ländern über etwaige finanzi-
elle Zuschüsse stand und höhere Prognosen deshalb auch zu höheren
Forderungen der Länder geführt hätten oder auch Forderung nach zu-
sätzlichen Stellen im BAMF im Rahmen der Haushaltsverhandlungen
zu erwarten gewesen wären (bitte darlegen bzw. ausführen)?

Drucksache 18/6353 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

 

k) Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Verlauf einer Asylsu-
che bzw. Asylantragstellung bzw. des behördlichen Umgangs mit
Asylsuchenden nach einer unerlaubten Einreise über die Landesgren-
zen (bitte im Detail darlegen, welche Behörden oder Stellen oder Ge-
richte in welcher Weise im Umgang mit diesen Asylsuchenden tätig
werden, beispielsweise die Bundespolizei, Haftgerichte, Landesauf-
nahmebehörden, Erstaufnahmeeinrichtungen, Ausländerbehörden, Po-
lizeidienststellen, BAMF usw., bitte dabei auch typische oder untypi-
sche Verlaufe und unterschiedliche Verfahren in einzelnen Bundeslän-
dern kennzeichnen und darlegen, welche Daten in welcher Datei erfasst
und ggf. an wen übermittelt werden, an welche Behörden die Asylsu-
chenden in welcher Weise weitergeleitet werden, wo jeweils welche
Registrierungen aufgrund welcher Zuständigkeiten erfolgen und auf
welcher Rechtsgrundlage dies geschieht usw.), wo sieht die Bundesre-
gierung hierbei einen Verbesserungsbedarf in den Abläufen, und wel-
che Vorschläge oder Planungen hierzu gibt es (bitte im Detail darle-
gen)?

l) Welche Verfahren werden derzeit „priorisiert“, wie viele Asylverfah-
ren wurden im dritten bzw. zweiten Quartal 2015 als „priorisierte“ Ver-
fahren betrieben (anteilig an allen Verfahren, bitte auch nach den prio-
risierten Gruppen auflisten), und inwieweit kann überhaupt von einer
„Priorisierung“ gesprochen werden, wenn nach grober Einschätzung
der Fragesteller vermutlich mehr als drei Viertel aller Verfahren als
priorisiert gelten müssen (priorisierte Länder, Dublin- und Folgever-
fahren)?

m) Wie lang war in den genannten Zeiträumen durchschnittlich die Dauer
bis zur Anhörung der Asylsuchenden, und wie lang die durchschnittli-
che Dauer nach der Anhörung bis zur behördlichen Entscheidung (bitte
nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

n) Wie ist es zu erklären, dass die durchschnittliche Asylverfahrensdauer
– ohne Dublin- und Folgeverfahren – z. B. bei nigerianischen Asylsu-
chenden (laut Antwort der Bundesregierung zu Frage 4e auf Bundes-
tagsdrucksache 18/5785 im zweiten Quartal 2015) 21,2 Monate be-
trug, während es laut der Antwort zu Frage 4e (ebd.) zeitgleich bei ni-
gerianischen Asylsuchenden alleine 21,7 Monate bis zur Anhörung ge-
dauert haben soll und dann noch einmal 15,8 Monate bis zur Asylent-
scheidung, und inwieweit hält die Bundesregierung solche langen Ver-
fahrensdauern überhaupt noch für vertretbar und rechtlich zulässig
(bitte darlegen)?

o) Warum dauerten die Verfahren bei Asylsuchenden aus Syrien, dem
Irak oder Eritrea im zweiten Quartal 2015 im Durchschnitt 4,2 Monate,
7,7 Monate bzw. 13,6 Monate, obwohl diese Asylsuchenden bei inhalt-
lichen Entscheidungen zu 99 bis 100 Prozent anerkannt werden und es
bei diesen Herkunftsländern oft nur beschleunigte schriftliche Verfah-
ren gibt (vgl. Antworten zu den Fragen 1a und 4 auf Bundestagsdruck-
sache 18/5785), und wie hoch war zuletzt der Anteil rein schriftlicher
Anerkennungsverfahren an allen Verfahren in Bezug auf die Her-
kunftsländer, bei denen schriftliche Anerkennungsverfahren ange-
wandt werden (bitte nach Ländern auflisten)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/6353

 

p) Inwieweit sieht sich das BAMF zusätzlich belastet durch die seit dem
1. August 2015 vorzunehmenden Verfahren zur Prüfung, Verhängung
und Befristung von Wiedereinreise- und Aufenthaltsverboten in allen
Asylverfahren (vgl. Antwort der Bundesregierung vom 17. Septem-
ber 2015 auf die Schriftliche Frage – Arbeitsnummer 9/74 – der Abge-
ordneten Ulla Jelpke), inwieweit bestünde rechtlich die Möglichkeit,
solche Verfahren im BAMF zur Beschleunigung der Asylverfahren
auszusetzen, da es sich bei der Regelung nach § 11 Absatz 7 AufenthG
um eine „Kann-Regelung“ handelt, und inwieweit hält die Bundesre-
gierung diesen Mehraufwand für vertretbar angesichts der aktuell von
allen Seiten beklagten langen Asylverfahrensdauern und angesichts
des Umstands, dass auch das BAMF erklärt hat, dass diese Prüfverfah-
ren zu Wiedereinreiseverboten zu einem Rückgang der Asylentschei-
dungen von 22 700 im Juli 2015 auf 16 800 im August 2015 geführt
haben (dpa vom 4. September 2015: „Weniger Asyl-Entscheidungen
aufgrund von Wiedereinreisesperren“)?

q) Wie viele beim BAMF anhängige Verfahren sind seit über drei, sechs,
zwölf, 18, 24 bzw. 36 Monaten anhängig (bitte auch nach den zehn am
meisten betroffenen Herkunftsländer differenzieren), und wie weit ist
das BAMF inzwischen bei der Bearbeitung von Altanträgen gekom-
men (bitte im Detail darstellen)?

5. Wie viele Verfahren im Rahmen der Dublin-Verordnung wurden im drit-
ten Quartal 2015 eingeleitet (bitte in absoluten Zahlen und in Prozentzah-
len die Relation zu allen Asylerstanträgen sowie die Quote der auf EU-
RODAC-Treffern – EURODAC: europäische Datenbank zur Speicherung
von Fingerabdrücken – basierenden Dublin-Verfahren angeben und zum
Vergleich die Werte des vorherigen Quartals nennen; bitte auch nach den
unterschiedlichen EURODAC-Treffern differenzieren), und wie viele
VIS-Treffer (VIS: Visa-Informationssystem) bei Asylsuchenden gab es
(bitte Gesamtzahl nennen und nach den fünf wichtigsten Ausstellungslän-
dern der Visa differenzieren)?

a) Welches waren in den benannten Zeiträumen die 15 am stärksten be-
troffenen Herkunftsländer und welches die 15 am stärksten angefragten
Mitgliedstaaten der Europäischen Union (bitte in absoluten Werten und
in Prozentzahlen angeben sowie in jedem Fall die Zahlen zu Griechen-
land, Zypern, Malta, Bulgarien und Ungarn nennen)?

b) Wie viele Dublin-Entscheidungen mit welchem Ergebnis (Zuständig-
keit eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union bzw. der
Bundesrepublik Deutschland, Selbsteintritt, humanitäre Fälle, Famili-
enzusammenführung usw.) gab es in den benannten Zeiträumen (bitte
bei der Zahl der Selbsteintritte auch nach Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union und den jeweils fünf wichtigsten Herkunftsländer diffe-
renzieren)?

c) Wie viele Überstellungen nach der Dublin-Verordnung wurden in den
benannten Zeiträumen vollzogen (bitte in absoluten Werten und in Pro-
zentzahlen angeben und auch nach den 15 wichtigsten Herkunftslän-
dern und Mitgliedstaaten der Europäischen Union – in jedem Fall auch
Griechenland, Ungarn, Bulgarien, Zypern und Malta – differenzieren),
und wie viele dieser Personen wurden unter Einschaltung des BAMF,
aber ohne Durchführung eines Asylverfahrens, überstellt?

Drucksache 18/6353 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

 

d) Wie viele Asylanträge wurden in den genannten Zeiträumen mit der
Begründung einer Nichtzuständigkeit nach der Dublin-Verordnung ab-
gelehnt oder eingestellt oder als unbeachtlich betrachtet, ohne dass ein
Asylverfahren mit inhaltlicher Prüfung durchgeführt wurde (bitte in
absoluten und relativen Zahlen angeben), und wie viele Asylanträge
wurden als unzulässig erachtet, weil bereits in einem anderen Land ein
Schutzstatus gewährt wurde (bitte in absoluten und relativen Zahlen
angeben und weitere Angaben zu den wichtigsten betroffenen Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union und dem dort gewährten Schutz-
status sowie der Staatsangehörigkeit der Betroffenen machen)?

e) In wie vielen Fällen wurde in den genannten Zeiträumen bei Asylsu-
chenden festgestellt, dass eigentlich Griechenland nach der Dub-
lin-Verordnung zuständig wäre (bitte auch nach den zehn wichtigsten
Herkunftsländern differenziert angeben), und in wie vielen dieser Fälle
wurde die Zuständigkeit eines weiteren Mitgliedstaats der Europäi-
schen Union geprüft bzw. festgestellt und gegebenenfalls eine Über-
stellung vollzogen (bitte nach den fünf wichtigsten Zielstaaten und
Staatsangehörigkeiten differenzieren)?

f) Wie viele Übernahmeersuchen, Zustimmungen bzw. Überstellungen
(bitte differenzieren) im Rahmen des Dublin-Systems gab es in den ge-
nannten Zeiträumen durch bzw. an Deutschland (bitte auch nach Län-
dern differenzieren und die jeweiligen Überstellungsquoten nennen)?

g) Wie ist die aktuelle Rechtsprechung und die Praxis des BAMF zum
Umgang mit Asylanträgen, die bis zum 1. Juli 2015 als unzulässige
Zweitanträge gewertet wurden, weil ein Asylverfahren im anderen Mit-
gliedstaat der Europäischen Union nicht zu Ende geführt wurde (bitte
näher ausführen)?

h) In wie vielen Fällen bzw. in welchem Umfang und in Bezug auf welche
Herkunftsländer oder Flüchtlingsgruppen wird trotz einer Einreise über
einen Mitgliedstaat der Europäischen Union kein Übernahmeersuchen
gestellt oder ein Dublin-Verfahren nicht zu Ende betrieben, ohne zu-
gleich vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen, um ein Verfahren
schneller abschließen zu können, und was ist die Rechtsgrundlange für
dieses Vorgehen, da Artikel 3 Absatz 1 der Dublin-Verordnung eine
Klärung des zuständigen Mitgliedstaats voraussetzt und Artikel 3 Ab-
satz 2 der Dublin-Verordnung die Zuständigkeit des Aufnahmestaates
nur bei vergeblicher Klärung der Zuständigkeit eines anderen Mitglied-
staates vorsieht?

6. Wie viele Asylanträge wurden im dritten Quartal 2015 (bitte zum Ver-
gleich auch die Werte des vorherigen Quartals nennen) nach § 14a Ab-
satz 2 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) von Amts wegen für hier
geborene (oder eingereiste) Kinder von Asylsuchenden gestellt, wie viele
Asylanträge wurden in den genannten Zeiträumen von bzw. für Kinder(n)
unter 16 Jahren bzw. von Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren bzw.
von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gestellt (bitte jeweils in
absoluten Zahlen und in Prozentzahlen in Relation zur Gesamtzahl der
Asylanträge sowie die Gesamtzahl der Anträge unter 18-Jähriger und sich
überschneidende Teilmengen angeben), und wie hoch waren die jeweili-
gen (auch bereinigten) Gesamtschutzquoten für die genannten Gruppen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/6353

 

7. Wie viele unbegleitete Minderjährige (d. h. unter 18-Jährige) haben im
dritten Quartal 2015 bzw. im vorherigen Quartal einen Asylerstantrag ge-
stellt (bitte nach wichtigsten Herkunftsländern und Bundesländern auf-
gliedern), und wie hoch war die Gesamtschutzquote bei unbegleiteten
Minderjährigen im genannten Zeitraum (bitte nach verschiedenen Schutz-
status und wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

8. Wie viele unbegleitete Minderjährige wurden im dritten Quartal 2015 an
welchen Grenzen durch die Bundespolizei aufgegriffen, wie viele von
ihnen wurden an die Jugendämter übergeben, und wie viele von ihnen
wurden zurückgewiesen oder zurückgeschoben (bitte nach den fünf wich-
tigsten Herkunftsländern differenzieren)?

9. Wie viele Asylanträge wurden im dritten Quartal 2015 bzw. im vorheri-
gen Quartal als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt (bitte Angaben
differenziert nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern machen und zu-
dem jeweils in Relation zur Gesamtzahl der Ablehnungen setzen)?

10. Wie viele so genannte Flughafenverfahren wurden im dritten Quar-
tal 2015 bzw. im vorherigen Quartal an welchen Flughafenstandorten mit
welchem Ergebnis durchgeführt (bitte auch Angaben zum Anteil der un-
begleiteten Minderjährigen und den zehn wichtigsten Herkunftsländern
machen)?

11. Wie lautet die Statistik zu Rechtsmitteln und Gerichtsentscheidungen im
Bereich Asyl für das bisherige Jahr 2015 (bitte in der Differenzierung wie
auf Bundestagsdrucksache 18/5785 zu Frage 11 darstellen)?

12. Wie viele Asylanhörungen und wie viele rein schriftliche Anhörungen gab
es im dritten Quartal 2015 (bitte auch nach den 15 wichtigsten Herkunfts-
ländern differenzieren und Vergleichswerte des vorherigen Quartals nen-
nen)?

13. Wie waren die Schutzquoten und die Zahl der Schutzgesuche bei Asylsu-
chenden aus Tunesien, Ägypten, Marokko und Libyen im dritten Quar-
tal 2015?

14. Wie viele Erst- und Folgeanträge (bitte differenzieren) wurden von Asyl-
suchenden aus Serbien, dem Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Albanien
und Bosnien- und Herzegowina in den Monaten Juli, August und Septem-
ber 2015 gestellt (bitte jeweils auch den prozentualen Anteil der
Roma-Angehörigen nennen), und wie wurden diese Asylanträge in diesen
Monaten jeweils mit welchem Ergebnis beschieden?

15. Welche neuen Informationen gibt es zur Personalsituation, Personalent-
wicklung und Personalplanung im BAMF und zu unterstützenden Sonder-
maßnahmen, insbesondere im Bereich der Asylprüfung, und welche Be-
darfsplanung und Forderungen gibt es derzeit im BAMF für das laufende
und das kommende Jahr?

16. Zu welchem ungefähren Anteil wird nach Einschätzungen von fachkundi-
gen Bediensteten des BAMF derzeit das Prinzip der Einheit von Anhörer
und Entscheider im Asylverfahren in der Praxis gewahrt (soweit möglich
bitte auch nach Ländern differenzieren)?

17. Wie hat sich die Verfahrensdauer bei Asylsuchenden, die nicht aus Län-
dern des Westbalkans kommen, im dritten Quartal 2015 gegenüber dem
vorherigen Quartal entwickelt, und wie hoch war in diesen Zeiträumen die
bereinigte Gesamtschutzquote in Bezug auf diese Länder (ohne Westbal-
kan)?

Drucksache 18/6353 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

 

18. Wie lange dauern derzeit im Durchschnitt nach Einschätzungen fachkun-
diger Bediensteter des BAMF Asylanhörungen generell, wie lange dauern
diese jeweils bei Asylsuchenden aus Westbalkanländern, aus Syrien und
anderen wichtigen Herkunftsländern?

19. In welchem Umfang (bitte Einschätzungen fachkundiger Bediensteter
nennen) macht das BAMF derzeit bei welchen Herkunftsländern von der
Möglichkeit Gebrauch, Asylsuchende mit hohen Anerkennungschancen
ohne mündliche Anhörung anzuerkennen (§ 24 Absatz 1 Satz 4 und 5
AsylVfG), und inwieweit ist an eine Ausweitung dieser Praxis zur Be-
schleunigung der Asylverfahren gedacht?

20. In wie vielen Fällen wurde das BAMF bei der Prüfung zielstaatsbezogener
Abschiebungshindernisse nach § 72 Absatz 2 AufenthG im Auftrag der
Ausländerbehörden welcher Bundesländer im dritten Quartal 2015 mit
welchem Ergebnis beteiligt (bitte auch nach den zehn wichtigsten Her-
kunftsländern differenzieren)?

21. Welchen Status oder Aufenthaltstitel (bitte so genau wie möglich auflis-
ten, also beispielsweise bei Duldungen auch die genaue Rechtsgrundlage
angeben, vgl. Plenarprotokoll 18/126, Seite 12263) hatten die nach Aus-
kunft der Bundesregierung (vgl. Bundestagsdrucksache 18/5862, Antwort
zu Frage 31) laut einer Sonderauswertung des Ausländerzentralregisters
(AZR) zum 30. Juni 2015 noch aufhältigen, aber bereits im Jahr 2014
rechts- oder bestandskräftig abgelehnten Asylbewerber, gibt es genauere
oder aktuellere Analysen zu dieser Thematik (wenn ja, bitte genau benen-
nen), welche Gründe sieht die Bundesregierung dafür, dass demnach
58,5 Prozent der im Jahr 2014 bestandskräftig abgelehnten Asylsuchen-
den sich Mitte 2015 noch in Deutschland aufhielten (etwa: humanitäre
Duldungsgründe, Aufenthaltserteilung aus anderen Gründen etc.), und hat
sie konkrete oder belegbare Hinweise dazu, dass Ausländerbehörden oder
Bundesländer der gesetzlichen Verpflichtung nach § 58 Absatz 1 Auf-
enthG nicht nachkommen (bitte ausführen)?

22. Wie erklärt die Bundesregierung die Zahl und Zusammensetzung der
Gruppe der Ausreisepflichtigen ohne Duldung vor dem Hintergrund, dass
zum Stichtag 31. Dezember 2014 12 950 Personen leistungsberechtigt
nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 Asylbewerberleistungsgesetz waren und es
laut Angaben des AZR zugleich 40 970 Ausreisepflichtige ohne Duldung
gab (Bundestagsdrucksache 18/3987, Antwort zu Frage 24), und warum
gibt es eine solche Zahl nicht geduldeter, vollziehbar Ausreisepflichtiger,
obwohl die Rechtsprechung vorsieht, vollziehbar Ausreisepflichtige „ent-
weder unverzüglich abzuschieben oder […] zu dulden“ (Bundesverfas-
sungsgericht – 2 BvR 397/92 – Beschluss vom 6. März 2003, unter Hin-
weis auf BVerwGE 111, 62, 64 f.)?

23. Welche genaueren Angaben kann die Bundesregierung zu dem Verfahren
der Europäischen Kommission gegen Deutschland machen (vgl.
www.spiegel.de vom 27. September 2015: „Deutsche Abschiebepraxis:
EU-Kommission bemängelt Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern“),
mit dem insbesondere kritisiert worden sein soll, dass es im Jahr 2014
128 000 Personen ohne „Aufenthaltsberechtigung“ (so heißt es in dem ge-
nannten Artikel) und zugleich nur 34 000 Aufforderungen zur Ausreise
gegeben haben soll, denen 22 000 Menschen gefolgt seien, was hat die
Bundesregierung dem konkret entgegnet, und welche Zahlen wurden in
diesem Zusammenhang der Europäischen Kommission übermittelt (bitte
so ausführlich wie möglich darstellen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/6353

 

24. Hält die Bundesregierung geschlossene Aufnahmeeinrichtungen in ande-
ren Mitgliedstaaten der Europäischen Union für erforderlich, um das „hot
spot“-Konzept in der Praxis wirksam umsetzen zu können (Umverteilung
in andere Mitgliedstaaten oder schnelle Abschiebung), wie ist die Auffas-
sung der Europäischen Kommission und der anderen Mitgliedstaaten
hierzu, und inwieweit wären geschlossene Aufnahmeeinrichtungen für
Schutzsuchende mit den geltenden EU-Asylrichtlinien vereinbar?

Ist es nach Kenntnis der Bundesregierung zum Beispiel zutreffend, dass
Ungarn dies für rechtswidrig hält?

25. Welche Mittel des Zwangs gibt es, um Fingerabdrücke von Flüchtlingen
zu erhalten, die dies nicht möchten, welche werden in der Praxis ange-
wandt, und welche hält die Bundesregierung für verhältnismäßig (bitte in
Bezug auf die deutsche Rechtslage und Praxis und in Bezug auf die
Rechtslage und Praxis anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union
beantworten)?

26. Welche Erkenntnisse und Einschätzungen fachkundiger Bediensteter oder
Rückmeldungen seitens der Bundesländer liegen der Bundesregierung zu
der Frage vor, wie sich die seit dem 1. August 2015 geltenden neuen Re-
gelungen zur Abschiebehaft in der Praxis auswirken, insbesondere im
Umgang mit so genannten Dublin-Flüchtlingen, und welche Schlussfol-
gerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?

27. Wie hoch war zum letzten Stand die Zahl der in Deutschland lebenden
Personen mit einer Duldung, Aufenthaltsgestattung oder einer sonstigen
Bescheinigung oder Registrierung als Asylsuchende, die noch keinen
Asylantrag stellen konnten (bitte jeweils nach Bundesländern und den 15
wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

28. Welche konkreten oder belegbaren Hinweise gibt es dazu, dass Asylsu-
chende in relevanter Größenordnung falsche Angaben zur Herkunft oder
Staatsangehörigkeit machen, um bessere Chancen im Asylverfahren zu
haben, wie viele solcher Fälle gibt es in diesem Jahr bislang (bitte auch
nach den wichtigsten Herkunftsstaaten auflisten), und welche Konsequen-
zen hatte dies für die Betroffenen (bitte so genau wie möglich ausführen)?

Berlin, den 9. Oktober 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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