BT-Drucksache 18/6175

Bilanz der Speziellen Beobachtungsmission der OSZE in der Ukraine und Umsetzung der Minsker Vereinbarungen

Vom 24. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6175
18. Wahlperiode 24.09.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken,

Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Ulla Jelpke,

Jan Korte, Michael Leutert, Dr. Alexander S. Neu, Dr. Petra Sitte,

Kersten Steinke, Kathrin Vogler, Jörn Wunderlich

und der Fraktion DIE LINKE.

Bilanz der Speziellen Beobachtungsmission der OSZE in der Ukraine und
Umsetzung der Minsker Vereinbarungen

Als Folge des bewaffneten Konflikts in der Ukraine führt die OSZE (Organisa-
tion für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) seit März 2014 eine zivile
Special Monitoring Mission (SMM) durch. Ihr Einsatzgebiet erstreckt sich über
die gesamte Ukraine mit ausgewählten regionalen Schwerpunkten. Durch die
Präsenz von OSZE-Beobachtungsteams sollen Spannungen in der Bevölkerung
verringert und die Sicherheitslage durch objektive Lageberichte stabilisiert wer-
den. Hinzu kommt seit Herbst 2014 die Überprüfung der Waffenstillstandsab-
kommen bzw. der modifizierten Minsker Vereinbarungen (Minsk II) vom
12. Februar 2015 als Lösungsrahmen für den bewaffneten Konflikt zwischen
der ukrainischen Zentralregierung und den aufständischen Gebieten in der
Ostukraine.

In der Vergangenheit haben die Konfliktparteien wiederholt gegen die militäri-
schen Bestimmungen der Minsker Vereinbarungen verstoßen und sich häufig
schwere Gefechte geliefert. Infolgedessen haben beide Seiten im Juni 2015 so-
gar wieder schwere Waffen an die Kontaktlinie zurückverlegt (vgl. Antwort zu
Frage 24 auf Bundestagsdrucksache 18/5536). Zudem gerieten die unbewaffne-
ten Beobachtungsteams der SMM mehrmals unter Beschuss. Wegen des erwei-
terten Aufgabenprofils und der hohen persönlichen Sicherheitsrisiken rekrutiert
die OSZE vor allem Beobachter mit militärischem Hintergrund, was aus Sicht
der Konfliktparteien zunehmend den zivilen Charakter der SMM infrage stellt
(vgl. Christian Nünlist, Der Schweizer OSZE-Vorsitz 2014 und die Ukrainekri-
se, WeltTrends, Nr. 106/107, Seite 42). Zuweilen wurde den OSZE-Beobach-
tern auch vorgeworfen, dass die jeweiligen Lageberichte parteiisch verfasst
seien.

Die SMM stellt nach Ansicht der Fragesteller dennoch ein unverzichtbares In-
strument dar, um zu überprüfen, ob die Konfliktparteien die Minsk II-Vereinba-
rungen implementieren. Auch wenn die weitere Entwicklung nicht vorhersehbar
ist, halten die Konfliktparteien den Waffenstillstand seit dem 1. September 2015
weitgehend ein. Zuvor hatte die ukrainische Rada in erster Lesung trotz massi-
ver gewalttätiger Straßenproteste der rechtsnationalistischen Partei „Swoboda“
und des „Rechten Sektors“ unter Ablehnung auch von Teilen der eigenen Regie-
rungskoalition eine Gesetzesreform verabschiedet, mit der die abtrünnigen
Donbass-Regionen künftig mehr Autonomie im Rahmen der ukrainischen Ver-

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fassung erhalten sollen. Ein Sonderstatus für die Gebiete, die von pro-russischen
Aufständischen kontrolliert werden, gehört zu den maßgeblichen politischen
Eckpunkten der Minsker Vereinbarungen.

Ein großes Problem bildet nach wie vor die humanitäre Versorgung der Binnen-
flüchtlinge und der Not leidenden Zivilbevölkerung im Konfliktgebiet mit ele-
mentaren Gütern des täglichen Bedarfs, wie zum Beispiel bewohnbaren Unter-
künften, Zugang zu sauberem Trinkwasser und ausreichender Nahrung, medizi-
nischer Versorgung.

Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Übernahme des OSZE-Vorsitzes
durch Deutschland im Jahr 2016 stellen sich die Fragen, wie die bisherige Ar-
beit der SMM in der Ukraine zu bilanzieren ist, und mit welchen konkreten
Maßnahmen die Bundesregierung die Umsetzung der militärischen und politi-
schen Bestimmungen der Minsk II-Vereinbarungen im Rahmen des deutschen
OSZE-Vorsitzes zu unterstützen gedenkt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der an der SMM
teilnehmenden OSZE-Beobachterinnen und OSZE-Beobachter in den Ein-
satzgebieten

a) Kiew und Kharkiv,

b) Iwano-Frankiwsk, Lwiw und Tscherniwizi,

c) Dnipropetrowsk, Donezk und Luhansk,

d) Odessa und Cherson,

e) und den sonstigen Einsatzstandorten

seit Mandatsbeginn insgesamt entwickelt (bitte nach Quartal und Ge-
schlecht aufschlüsseln)?

2. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der an der SMM
teilnehmenden OSZE-Beobachterinnen und OSZE-Beobachter aus
Deutschland in den Einsatzgebieten

a) Kiew und Kharkiv,

b) Iwano-Frankiwsk, Lwiw und Tscherniwizi,

c) Dnipropetrowsk, Donezk und Luhansk,

d) Odessa und Cherson,

e) und den sonstige Einsatzstandorten

seit Mandatsbeginn entwickelt (bitte nach Quartal und Geschlecht auf-
schlüsseln)?

3. Wie viele der an der SMM teilnehmenden OSZE-Beobachterinnen und
OSZE-Beobachter haben gegenwärtig oder hatten vormals nach Kenntnis
der Bundesregierung einen militärischen Berufshintergrund, und welche
Gründe sind gegebenenfalls nach Kenntnis der Bundesregierung für eine
vorzugsweise Rekrutierung von Personal mit militärischer Berufserfahrung
durch die OSZE verantwortlich (bitte nach Geschlecht auflisten bzw. erläu-
tern)?

4. Wie viele Überprüfungs- und Inspektionsbesuche wurden darüber hinaus
nach Kenntnis der Bundesregierung seit März 2014 nach dem Wiener Do-
kument über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen (VSBM) ins-
gesamt auf dem Hoheitsgebiet der Ukraine durchgeführt, und mit wie vie-
len Teilnehmerinnen und Teilnehmern hat sich die Bundesrepublik
Deutschland bislang daran beteiligt (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?

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5. Wie lauteten die Untersuchungsaufträge der deutschen Teilnehmerinnen
und Teilnehmer, die sich an den VSBM gemäß dem Wiener Dokument be-
teiligt haben, und welche konkreten Erkenntnisse konnten dadurch gewon-
nen werden (bitte erläutern)?

6. Welche Erkenntnisse konnte die Bundesregierung aus der Tätigkeit der
SMM bzw. aus anderen Informationsquellen – gegebenenfalls auch nach-
richtendienstlicher Herkunft – gewinnen, ob und in welchem Umfang auch
bewaffnete paramilitärische Formationen im Einsatzgebiet als polizeiliche
Ordnungskräfte auftreten, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten,
und in welchen Regionen und Städten war dies gegebenenfalls bislang fest-
zustellen (bitte unter Angabe von Detailinformationen, wie z. B. mögliche
Verbindungen von Oligarchen zu den jeweiligen Gruppierungen)?

7. Welche Erkenntnisse konnte die Bundesregierung aus der Tätigkeit der
SMM zur Lage von Minderheiten in der Ukraine gewinnen, und welche
Gruppen von Minderheiten wurden hierbei berücksichtigt?

8. Welche Kritik wurde nach Kenntnis der Bundesregierung von den Kon-
fliktparteien bislang an der Tätigkeit der SMM geübt, und wie lauteten die
wesentlichen Punkte?

9. Welche generellen OSZE-internen Mechanismen zur Evaluierung ihrer
Missionen sind nach Kenntnis der Bundesregierung vorhanden, und mit
welchem Ergebnis kamen diese gegebenenfalls bei der SMM bereits zur
Anwendung (bitte erläutern)?

10. In wie vielen Fällen wurden die zivilen OSZE-Beobachterinnen und OSZE-
Beobachter der SMM nach Kenntnis der Bundesregierung in Kampfhand-
lungen der Konfliktparteien verwickelt bzw. von bewaffneten Kräften unter
Beschuss genommen, und wie viele OSZE-Beobachterinnen und OSZE-
Beobachter wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in diesem Zusam-
menhang getötet oder verletzt?

11. Wie viele zivile OSZE-Beobachterinnen und OSZE-Beobachter der SMM
wurden bislang von wem nach Kenntnis der Bundesregierung seit Beginn
ihrer Mandatsausübung gesetzeswidrig gefangen genommen und zeitweilig
festgehalten?

12. In wie vielen Fällen wurden die zivilen OSZE-Beobachterinnen und OSZE-
Beobachter der SMM von wem nach Kenntnis der Bundesregierung an der
Ausübung ihrer Mandatstätigkeit gehindert, und zu welchen vorgesehenen
Einsatzgebieten blieb ihnen nach Kenntnis der Bundesregierung gegebe-
nenfalls zeitweilig oder dauerhaft der Zugang versperrt?

13. Wie sehen die aktuellen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der OSZE-
Beobachterinnen und OSZE-Beobachter aus, unter denen sie ihre Man-
datstätigkeit in der Praxis ausüben?

14. Welche Position vertritt die Bundesregierung zu aktuellen Überlegungen,
die OSZE-Beobachterinnen und OSZE-Beobachter der SMM zu Schutz-
zwecken um leicht bewaffnete Beobachter zu ergänzen oder militärische
Drohnen einzusetzen, und wie gedenkt die Bundesregierung in diesem Fall,
den ausschließlich zivilen Charakter der SMM zu erhalten, auf dem die Ak-
zeptanz der Mission vor allem beruht?

15. Welche aktuelle Position vertritt die Bundesregierung zu den vor einiger
Zeit von der Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen,
geäußerten Überlegungen, gegebenenfalls gemeinsam mit Frankreich im
Rahmen der OSZE-Mission mehr Soldaten in die Ostukraine zu entsenden
bzw. vermehrt Drohnen zur Waffenstillstandsüberwachung einzusetzen
(www.spiegel.de/politik/ausland/bundeswehr-von-der-leyen-plant-einsatz-
in-irak-und-ukraine-a-995430.html, abgerufen am 15. September 2015)?

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16. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig im Rahmen der
SMM mehr als die vier bislang bestätigten, kommerziellen Drohnen einge-
setzt (vgl. Antwort zu Frage 21 auf Bundestagsdrucksache 18/5536), und
wie haben die Konfliktparteien bislang auf diese Drohneneinsätze reagiert?

17. In welchen Gebieten der SMM wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
die vier bislang bestätigten, kommerziellen Drohnen eingesetzt, und welche
konkreten Erkenntnisse konnten damit nach Kenntnis der Bundesregierung
gewonnen werden?

18. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die militärische Personal-
stärke und Ausstattung der Konfliktparteien, das heißt

a) der regulären Streitkräfte der ukrainischen Armee,

b) der ukrainischen Freiwilligenbataillone bzw. der ukrainischen paramili-
tärischen Formationen,

c) der aufständischen militärischen Formationen in den Donbass-Regionen

mit konventionellen Waffensystemen seit Konfliktbeginn entwickelt (bitte
pro Jahr und Teilstreitkräften bzw. Waffensystem angeben)?

19. Wie viele ukrainische Freiwilligenbataillone sind nach Kenntnis der Bun-
desregierung gegenwärtig im Ukrainekonflikt aktiv, und in welchem Um-
fang wurden ukrainische Freiwilligenbataillone nach Kenntnis der Bundes-
regierung bislang auch in die regulären Streitkräfte der ukrainischen Armee
integriert (vgl. Antwort zu Frage 12 auf Bundestagsdrucksache 18/3965;
bitte unter Angabe der militärischen Personalstärke erläutern)?

20. In welchem Umfang und auf welcher vertraglichen Grundlage haben nach
Kenntnis der Bundesregierung die Vereinigten Staaten von Amerika (USA)
und europäische Staaten bislang Waffensysteme an die Ukraine geliefert
bzw. militärische Ausbildungshilfe für die ukrainischen Streitkräfte geleis-
tet (bitte nach Stückzahl und Waffensystem auflisten)?

21. Welche gesicherten Erkenntnisse – gegebenenfalls auch nachrichtendienst-
licher Herkunft – hat die Bundesregierung über einen möglichen zurücklie-
genden oder aktuellen Einsatz von Angehörigen der regulären Streitkräfte
der USA einschließlich von US-Spezialkräften auf dem Hoheitsgebiet der
Ukraine (bitte unter Angabe der militärischen Personalstärke, auch schät-
zungsweise, erläutern)?

22. Welche gesicherten Erkenntnisse – gegebenenfalls auch nachrichtendienst-
licher Herkunft – hat die Bundesregierung über den möglichen zurücklie-
genden oder aktuellen Einsatz von bezahlten ausländischen Söldnern oder
Mitarbeitern von privaten Sicherheitsfirmen auf dem Hoheitsgebiet der Uk-
raine (bitte nach Konfliktpartei, Söldneranzahl und Herkunftsland auflis-
ten)?

23. In welchem Umfang hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Russische
Föderation bislang Waffensysteme in die abtrünnigen Donbass-Regionen
(sogenannte Volksrepubliken Donezk und Luhansk) geliefert bzw. militäri-
sche Ausbildungshilfe für dortige aufständische Gruppen geleistet (bitte
nach Stückzahl und Waffensystem auflisten)?

24. Welche gesicherten Erkenntnisse – gegebenenfalls auch nachrichtendienst-
licher Herkunft – hat die Bundesregierung über den möglichen zurücklie-
genden oder aktuellen Einsatz von Angehörigen der regulären Streitkräfte
der Russischen Föderation auf dem Hoheitsgebiet der Ukraine, gegebenen-
falls auch unter den Hoheitszeichen der sogenannten Volksrepubliken Do-
nezk und Luhansk oder unter fehlendem Hoheitszeichen (bitte unter Anga-
be der militärischen Personalstärke, gegebenenfalls auch schätzungsweise,
erläutern)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/6175

25. Wie viele militärische Gefangene (Kombattanten) und gegebenenfalls auch
Zivilpersonen (Nichtkombattanten) werden von wem nach Kenntnis der
Bundesregierung gegenwärtig immer noch gesetzeswidrig festgehalten?

26. Wie viele Gefangene haben die Konfliktparteien nach Kenntnis der Bun-
desregierung seit erstmaliger Vereinbarung tatsächlich ausgetauscht, und
nach welchen Prinzipien (gleiche Anzahl bzw. alle gegen alle) wurden die
zurückliegenden Gefangenenaustausche nach Kenntnis der Bundesregie-
rung vorgenommen (bitte nach Zeitpunkt und Konfliktpartei auflisten)?

27. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Verstöße der Konflikt-
parteien gegen die Genfer Konventionen des humanitären Völkerrechts,
insbesondere in Bezug auf

a) den Schutz der Zivilbevölkerung,

b) den Beschuss von Wohngebieten,

c) die Zerstörung ziviler Infrastruktur (Wasserversorgung etc.)?

28. In welchem Umfang und in welchen Regionen konnten nach Kenntnis der
Bundesregierung in dem Konfliktgebiet bislang humanitäre Minenräumun-
gen durchgeführt werden?

29. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die wirtschaftliche und
soziale Lage der Zivilbevölkerung in den abtrünnigen Donbass-Regionen,
insbesondere im Hinblick auf

a) bewohnbare und bezahlbare Unterkünfte,

b) die Versorgung mit Lebensmitteln und Trinkwasser,

c) den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und sanitärer Infrastruktur,

d) den Zugang zu Sozialleistungen bzw. Mindesteinkommen,

e) den Zugang zu Bildungsmöglichkeiten?

30. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Zahl der aus dem
Konfliktgebiet in andere Landesteile der Ukraine geflohenen Zivilistinnen
und Zivilisten, und wie sieht nach Kenntnis der Bundesregierung deren dor-
tige wirtschaftliche und soziale Lage aus, insbesondere im Hinblick auf

a) bewohnbare und bezahlbare Unterkünfte,

b) die Versorgung mit Lebensmitteln und Trinkwasser,

c) den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und sanitärer Infrastruktur,

d) den Zugang zu Sozialleistungen bzw. Mindesteinkommen,

e) den Zugang zu Bildungsmöglichkeiten?

31. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Zahl der aus dem
Konfliktgebiet in die Russische Föderation geflohenen Zivilistinnen und
Zivilisten, und wie sieht nach Kenntnis der Bundesregierung deren dortige
wirtschaftliche und soziale Lage aus, insbesondere im Hinblick auf

a) bewohnbare und bezahlbare Unterkünfte,

b) die Versorgung mit Lebensmitteln und Trinkwasser,

c) den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und sanitärer Infrastruktur,

d) den Zugang zu Sozialleistungen bzw. Mindesteinkommen,

e) den Zugang zu Bildungsmöglichkeiten?

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32. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Zahl von bislang
aus der Ukraine nach Polen geflohenen Zivilistinnen und Zivilisten, mit de-
nen die amtierende polnische Regierung in der aktuellen Flüchtlingskrise
innerhalb der Europäischen Union ihre Verweigerungshaltung gegenüber
einer solidarischen Aufnahme von neuen Flüchtlingen aus anderen Kon-
flikt- und Krisenregionen rechtfertigt (www.sueddeutsche.de/politik/polen-
angst-und-kalkuel-1.2640725, abgerufen am 17. September 2015), und wie
sieht nach Kenntnis der Bundesregierung deren dortige wirtschaftliche und
soziale Lage aus, insbesondere im Hinblick auf

a) bewohnbare und bezahlbare Unterkünfte,

b) die Versorgung mit Lebensmitteln und Trinkwasser,

c) den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und sanitärer Infrastruktur,

d) den Zugang zu Sozialleistungen bzw. Mindesteinkommen,

e) den Zugang zu Bildungsmöglichkeiten?

33. In welchem Umfang hat nach Kenntnis der Bundesregierung bereits eine
Rückkehr von vormals geflohenen Zivilistinnen und Zivilisten aus anderen
Landesteilen der Ukraine, der Russischen Föderation oder Polen in die ab-
trünnigen Donbass-Regionen stattgefunden?

34. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass der Waffenstillstand gemäß den
Minsker Vereinbarungen nunmehr seit dem 1. September 2015 von den
Konfliktparteien substanziell eingehalten wird, und welche Gründe sind
nach Kenntnis der Bundesregierung für diese jüngsten Fortschritte verant-
wortlich?

35. Welche Fortschritte konnten nach Kenntnis der Bundesregierung bislang
bei der Festlegung der Kontaktlinie erzielt werden, die laut Minsker Ver-
einbarungen für die Schaffung eines beiderseitigen entmilitarisierten Si-
cherheitskorridors sowie den Abzug von Waffensystemen und schwerem
Kriegsgerät notwendig ist?

a) An welchen Frontabschnitten wurden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung eventuell bereits Waffensysteme abgezogen?

b) An welchen Frontabschnitten sind nach Kenntnis der Bundesregierung
gegenwärtig noch die meisten Waffensysteme disloziert?

36. Welchen wesentlichen Inhalt hat nach Kenntnis der Bundesregierung die
kürzlich von der ukrainischen Rada in erster Lesung verabschiedete Geset-
zesreform für eine stärkere Dezentralisierung des Landes, und inwieweit
wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die Vertreterinnen und Vertre-
ter aus den abtrünnigen Donbass-Regionen, wie nach den Minsker Verein-
barungen vorgesehen, an dem Vorhaben tatsächlich beteiligt?

37. Welche eigenen Vorstellungen haben nach Kenntnis der Bundesregierung
bislang die De-Facto-Führungen der sogenannten Volksrepubliken Donezk
und Luhansk zu einem möglichen politischen Sonderstatus der von ihnen
kontrollierten Gebiete innerhalb der territorialen Integrität der Ukraine ge-
äußert (bitte erläutern)?

38. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Zu-
sammenhang mit den gewalttätigen Straßenprotesten gegen das in der ukra-
inischen Rada diskutierte Gesetzesvorhaben vorübergehend in Polizeige-
wahrsam genommen, und mit wie vielen eigenen Anhängerinnen und An-
hängern waren nach Kenntnis der Bundesregierung die rechtsnationalisti-
sche Partei „Swoboda“ und der „Rechte Sektor“ bei den Straßenprotesten
schätzungsweise aufgetreten bzw. an der Organisation der Proteste betei-
ligt?

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39. Wie viele Tote oder Verletzte hat es nach Kenntnis der Bundesregierung
bei diesen mutmaßlich von neofaschistischen und rechtsradikalen Kräften
organisierten Kundgebungen (www.zeit.de vom 1. September 2015 „Dritter
Toter nach Ausschreitungen vor ukrainischem Parlament“) gegeben?

40. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Stand bei der
Schaffung einer gesetzlichen Amnestieregelung für alle Kriegsbeteiligten,
und konnte nach Kenntnis der Bundesregierung schon eine Übereinstim-
mung zwischen den Konfliktparteien erzielt werden, welcher Personenkreis
hiervon gegebenenfalls ausgenommen bleiben soll?

41. Konnte nach Kenntnis der Bundesregierung bereits eine Einigung zwischen
den Konfliktparteien gefunden werden, unter welchen Bedingungen im
Herbst Kommunal- und Regionalwahlen in der Ukraine durchgeführt wer-
den sollen?

Wenn ja, wie sieht diese Einigung aus?

Wenn nein, welches sind die strittigen Punkte?

42. In welchem Umfang ist nach Kenntnis der Bundesregierung die ukrainische
Regierung bislang ihren eingegangenen Verpflichtungen gemäß der Mins-
ker Vereinbarungen zur Wiederaufnahme von Sozial- und Wirtschaftsbe-
ziehungen zu den abtrünnigen Donbass-Regionen sowie zum Wiederaufbau
eines funktionierenden Bankensektors nachgekommen, um die Auszahlung
von Renten, Löhnen und Sozialleistungen bzw. die Zahlung von Steuern zu
ermöglichen?

43. In welcher Weise gedenkt die Bundesregierung, den deutschen Vorsitz in
der OSZE im kommenden Jahr 2016 dafür zu nutzen, um vertrauensbil-
dende Maßnahmen zwischen den Konfliktparteien durchzuführen und die
sichere Rückkehr von geflohenen Zivilistinnen und Zivilisten in die ur-
sprünglichen Wohngebiete zu unterstützen?

44. In welcher Weise hat die Bundesregierung bislang die Arbeit der trilatera-
len Kontaktgruppe unterstützt, und welche weiteren Arbeitsgruppen zur
Umsetzung des Friedensplans für spezielle Bereiche konnten in diesem Zu-
sammenhang gegebenenfalls bereits eingerichtet werden?

45. In welcher Weise und mit welchem Ergebnis hat die Bundesregierung bis-
lang die Mitgliedschaft Deutschlands in der OSZE-Troika zur konkreten
Zusammenarbeit mit dem amtierenden Vorsitz (Serbien) und dem vorheri-
gen Vorsitz (Schweiz) genutzt, um die Mandatstätigkeit der SMM zu unter-
stützen und die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zu fördern (bitte
erläutern)?

46. Unter welchen inhaltlichen Voraussetzungen wäre die Bundesregierung be-
reit, sich innerhalb der Europäischen Union für die Aufhebung der Sanktio-
nen gegen die Russische Föderation einzusetzen (bitte erläutern)?

Berlin, den 23. September 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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