BT-Drucksache 18/6018

Auswirkungen des Gesetzes über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln

Vom 15. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6018
18. Wahlperiode 15.09.2015

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch,

Herbert Behrens, Eva Bulling-Schröter, Ulla Jelpke, Kerstin Kassner, Jan Korte,

Katrin Kunert, Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Birgit Menz, Petra Pau,

Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Dr. Kirsten Tackmann,

Halina Wawzyniak, Jörn Wunderlich, Hubertus Zdebel und

der Fraktion DIE LINKE.

Auswirkungen des Gesetzes über die energetische Modernisierung von
vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von
Räumungstiteln

Die Bundesregierung hat am 15. August 2012 dem Deutschen Bundestag einen
Gesetzentwurf mit dem Titel „Entwurf eines Gesetzes über die energetische Mo-
dernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchset-
zung von Räumungstiteln (Mietrechtsänderungsgesetz – MietRÄndG), Bundes-
tagsdrucksache 17/10485, vorgelegt.

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 214. Sitzung am 13. Dezember 2012 auf-
grund der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses des
Deutschen Bundestages den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf in
leicht geänderter Fassung mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP, gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. und der anderen Oppositionsparteien ange-
nommen.

Die Bundesregierung hat in ihrer Problem- und Zielbeschreibung zum Gesetzent-
wurf festgestellt, dass das bisherige Mietrecht sich grundsätzlich bewährt habe,
gleichwohl aber an die veränderten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ver-
hältnisse angepasst werden müsse.

Als adäquate Reaktion auf die veränderten gesellschaftlichen und wirtschaftli-
chen Verhältnisse erkannte die Bundesregierung Regelungsbedarf in mehreren
Bereichen des Mietrechts und definierte als relevante Regelungsgegenstände:

- Mietrechtsänderungen zur Beschleunigung der energetischen Moderni-
sierung des Wohnungsbestandes,

- die gewerbliche Wärmelieferung durch Dritte (Contracting),
- die Durchsetzung von Zahlungsverpflichtungen aus dem Mietverhältnis

und die Bekämpfung des „Mietnomadentums“ sowie
- den Mieterschutz bei Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentums-

wohnungen.

Drucksache 18/6018 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat nach Einschätzung der Bundesregierung das MietRÄndG (Bundestags-
drucksache 17/10485) seit seiner Inkraftsetzung zu einer spürbaren Erhö-
hung der Sanierungsquote im Wohngebäudebestand geführt?

Wenn ja, woran misst die Bundesregierung die Auswirkung des Gesetzes auf
die Sanierungsquote?

Wenn nein, plant die Bundesregierung weiterführende Gesetze oder Verord-
nungen zur Erhöhung der Sanierungsquote, oder wird sie abwarten, ob die
mit der Gesetzesnovelle beabsichtigte Wirkung zu einem späteren Zeitpunkt
eintritt?

2. In welchem Maße trägt nach Einschätzung der Bundesregierung das
MietRÄndG zur Erreichung des Ziels, den Wärmebedarf des Gebäudebe-
standes nachhaltig zu senken, bei, und woran misst sie diesen Beitrag?

3. Welchen Anteil hat nach Einschätzung der Bundesregierung das
MietRÄndG an der Erreichung des Ziels, den Primärenergiebedarf bis zum
Jahr 2050 um 80 Prozent zu senken, und wie misst und kontrolliert sie die-
sen?

4. Wie viele Fälle überhöhter Darlegungsanforderungen zur Begründung von
Energieeinsparung durch Modernisierungsmaßnahmen waren der Bundesre-
gierung zum Zeitpunkt der Erarbeitung des Entwurfs des MietRÄndG be-
kannt, und woran hat sie diese Überhöhung gemessen?

5. In wie vielen Fällen hat nach Kenntnis der Bundesregierung der Wegfall des
mieterseitigen Härtefalleinwandes zu für die Mieterinnen und Mieter untrag-
baren Mieterhöhungen mit der Folge ihres Wegzuges geführt?

6. Hat der Wegfall des Härtefalleinwandes nach Kenntnis der Bundesregierung
signifikant zu einer Erhöhung der Sanierungsfälle im Vergleich zum
Jahr 2012 geführt?

Wenn ja, wie groß ist die Zunahme, und wenn nein, hält die Bundesregierung
den Wegfall des Härtefalleinwandes dennoch für ein taugliches Instrument
zur Erhöhung der Modernisierungsquote im Wohngebäudebestand?

7. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, inwieweit Moderni-
sierungsmaßnahmen zur Veränderung der Mieterstruktur innerhalb eines
Stadtquartieres beitragen?

Wenn ja, worin bestehen diese Veränderungen?

8. Hat nach Kenntnis der Bundesregierung der Wegfall des Mietminderungs-
rechts für die Dauer von drei Monaten zu einer spürbaren Erhöhung der Mo-
dernisierungsfälle im Vergleich zu der Zeit vor Inkrafttreten des MietRÄndG
geführt?

Wenn ja, wie groß ist die Zunahme?

Wenn nein, hält die Bundesregierung den Wegfall des Mietminderungsrechts
dennoch für eine angemessene und marktgerechte Maßnahme?

9. Wie viele Rechtsstreitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern gab und
gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung seit Inkrafttreten des MietRÄndG
wegen des Wegfalls des Mietminderungsrechts für die Dauer von drei Mo-
naten in der Bauphase?

10. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung die vom Gesetzgeber zur Dar-
legung der Energieeinsparung als ausreichend erachteten Pauschalwerte in
der Praxis tatsächlich erreicht?

11. Sofern der Bundesregierung darüber keine Erkenntnisse vorliegen, beabsich-
tigt sie, die Praxistauglichkeit der Anwendung von Pauschalwerten für die

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6018

Bewertung von Energieeinspareffekten aus der energetischen Modernisie-
rung künftig zu überprüfen?

12. Inwieweit haben Mieterinnen und Mieter die Möglichkeit, dem auf Pauschal-
werten basierenden Mieterhöhungsverlangen rückwirkend zu widerspre-
chen, wenn die vorhergesagte Energieeinsparung nicht erreicht wird?

13. Welche wirtschaftlichen Berechnungen liegen der Festsetzung der Moderni-
sierungsumlage auf 11 Prozent zugrunde?

14. Wie viele Verträge über gewerbliche Wärmelieferung durch Dritte (Con-
tracting) sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit Inkrafttreten des
MietRÄndG abgeschlossen worden?

15. Was versteht die Bundesregierung unter „erheblichen“ Effizienzsteigerun-
gen bei der Wärmeerzeugung und unter einer „erheblichen“ Beschleunigung
der Modernisierung der Wärmeversorgung durch das Contracting?

16. Sind die von der Bundesregierung erwarteten Effizienzsteigerungen durch
das Contracting eingetreten, und wie bemisst sie diese?

17. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung bei der Umlage der Contracting-Kos-
ten als Betriebskosten die Kostenneutralität für die Mieterinnen und Mieter
in jedem Fall gewahrt worden?

18. Wie viele Fälle von Räumungsverfügungen sind nach Kenntnis der Bundes-
regierung seit Inkrafttreten des MietRÄndG anhängig geworden?

19. Wie viele Mieterhaushalte von Rentnerinnen und Rentnern, Alleinerziehen-
den, Familien mit Kindern sowie Empfängerinnen und Empfängern von
Transferleistungen waren davon betroffen?

20. In wie vielen Fällen haben durchgeführte Räumungsverfügungen nach
Kenntnis der Bundesregierung zu Wohnungs- oder Obdachlosigkeit geführt?

21. Wie viele Fälle von „Mietnomadentum“ waren der Bundesregierung zum
Zeitpunkt der Entwurfsverfassung des MietRÄndG bekannt, und aus wel-
chen Quellen bezog sie ihre Informationen?

22. Über wie viele Mietwohnungen (von – bis) verfügten nach Kenntnis der Bun-
desregierung die am häufigsten von „Mietnomadentum“ betroffenen Ver-
mieterinnen und Vermieter?

23. War nach Kenntnis der Bundesregierung die Wohnungsvermietung für die-
sen Personenkreis ein professionell betriebener Haupterwerb, oder handelte
es sich überwiegend um Nebenerwerbsvermietung?

24. Wie viele private Vermieterinnen und Vermieter befanden sich nach Kennt-
nis der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Mietrechtsnovelle in einer durch
„Mietnomadentum“ verursachten, existenziell bedrohlichen Situation, und
wie definiert die Bundesregierung eine solche Situation?

25. Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Miet-
rechtsänderung der als „beträchtlich“ bezeichnete wirtschaftliche Gesamt-
schaden, der privaten Vermietern durch „Mietnomaden“ entstanden ist?

26. Haben nach Kenntnis der Bundesregierung durch betrügerisches Handeln ge-
schädigte Vermieterinnen und Vermieter über die Geltendmachung von Ver-
lusten aus Vermietung und Verpachtung bei der Bemessung der Einkom-
mensteuer den ihnen entstandenen Schaden zumindest teilweise ausgleichen
können und wenn ja, in welchem Verhältnis zum entstandenen Schaden?

27. Um wie viel Prozent ist nach Kenntnis der Bundesregierung das „Mietnoma-
dentum“ seit Inkrafttreten des MietRÄndG zurückgegangen?

Drucksache 18/6018 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

28. Wie viele Fälle fristloser Kündigung des Mietverhältnisses durch den Ver-
mieter wegen Verzuges der Stellung der vereinbarten Sicherheitsleistung seit
Inkrafttreten des MietRÄndG sind der Bundesregierung bekannt?

Wie viele waren es davor jährlich?

29. Wie viele Mietwohnungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung vor und
nach Inkrafttreten des MietRÄndG in Eigentumswohnungen umgewandelt
worden, und hatte die Einführung des „Münchner Modells“ Einfluss auf die
Zahl der Umwandlungen?

30. Haben nach Erkenntnissen der Bundesregierung die mit der Mietrechtsre-
form beschlossenen Neuregelungen bei der Umwandlung von Miet- in Ei-
gentumswohnungen das Verdrängungsrisiko für Mieterinnen und Mieter sig-
nifikant verringert?

Wenn ja, woran misst sich das?

Wenn nein, welche anderen, spürbaren Schutzwirkungen hat diese Neurege-
lung erwiesenermaßen erbracht?

Berlin, den 15. September 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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