BT-Drucksache 18/5972

Nutzung der personenbezogenen Daten von Minderjährigen durch das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr

Vom 8. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5972
18. Wahlperiode 08.09.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katrin Kunert, Jan van Aken, Jan Korte, Christine Buchholz,

Annette Groth, Inge Höger, Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Michael Leutert,

Dr. Alexander S. Neu, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel, Jörn Wunderlich,

Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Nutzung der personenbezogenen Daten von Minderjährigen durch das
Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr

Die Meldebehörden der Kommunen sind dazu verpflichtet, die personenbezoge-
nen Daten von minderjährigen deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern an
das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr weiterzugeben. Die
Datenübermittlung erfolgt innerhalb der ersten drei Monate eines Jahres für den
Personenkreis, der im darauffolgenden Jahr volljährig werdenden Jugendlichen
beiderlei Geschlechts.

Die Rechtsgrundlage hierfür bildet § 58c des Gesetzes über die Rechtsstellung
der Soldaten (Soldatengesetz - SG, Übermittlung personenbezogener Daten durch
die Meldebehörden), der Folgendes festlegt:

„Absatz 1: Zum Zweck der Übersendung von Informationsmaterial nach Absatz 2
Satz 1 übermitteln die Meldebehörden dem Bundesamt für das Personalmanage-
ment der Bundeswehr jährlich bis zum 31. März folgende Daten zu Personen mit
deutscher Staatsangehörigkeit, die im nächsten Jahr volljährig werden:

1. Familienname,

2. Vornamen,

3. gegenwärtige Anschrift.

Die Datenübermittlung unterbleibt, wenn die Betroffenen ihr nach § 18 Absatz 7
des Melderechtsrahmengesetzes widersprochen haben.

Absatz 2: Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr darf die
Daten nur dazu verwenden, Informationsmaterial über Tätigkeiten in den Streit-
kräften zu versenden.

Absatz 3: Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr hat die
Daten zu löschen, wenn die Betroffenen dies verlangen, spätestens jedoch nach
Ablauf eines Jahres nach der erstmaligen Speicherung der Daten beim Bundesamt
für das Personalmanagement der Bundeswehr.“

Das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) ist eine
Bundesoberbehörde, die im Jahr 2012 im Rahmen der Neuausrichtung der Bun-
deswehr eingerichtet wurde und in der die gesamte militärische und zivile Perso-
nalgewinnung und Personalführung gebündelt werden soll. Der Bereich „Perso-
nalgewinnung“ (Abteilung II) übernimmt damit die bisherigen Aufgaben der
Kreiswehrersatzämter und anderer Nachwuchsrekrutierungsorganisationen.

Drucksache 18/5972 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Datenübermittlung an das BAPersBw kann bei der zuständigen Meldebe-
hörde vorsorglich bereits durch die Eltern oder bis zum vorgesehenen Zeitpunkt
der Erhebung ebenso durch die Jugendlichen selbst widersprochen werden. Viele
Einwohnerämter bieten zudem die Möglichkeit an, die Datenübermittlung an die
Bundeswehr online sperren zu lassen.

Trotz der bestehenden Möglichkeiten, die Datenübermittlung zu verhindern bzw.
die bereits weitergegebenen Daten nachträglich löschen zu lassen, erhält die Bun-
deswehr nach Ansicht der Fragesteller durch diese Praxis einen privilegierten Zu-
gang zu den Namen und Anschriften von jungen Heranwachsenden, die sie zu
Werbezwecken für den Dienst in den Streitkräften nutzen kann.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welcher Zeitraum vergeht nach Kenntnis der Bundesregierung durchschnitt-
lich zwischen der Datenweitergabe der Meldebehörden und dem ersten
Informationsschreiben der Bundeswehr an die 17-jährigen Jugendlichen?

2. Werden die auf Grundlage der übermittelten Daten verfassten Informations-
schreiben nach Kenntnis der Bundesregierung zentral vom BAPersBw oder
von den Karrierecentern nach dem Territorial- bzw. Wohnortprinzip versen-
det?

3. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung seit der Tätigkeitsauf-
nahme des BAPersBw die Portokosten für die Informationsschreiben pro
Jahrgang entwickelt (bitte pro Jahr auflisten)?

4. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung bei diesen Informationsschrei-
ben einheitliche Musterbriefe oder ggf. auch verschiedene Mustervarianten
verwendet (bitte Musterexemplare bzw. Musterexemplar beifügen)?

5. Hat nach Kenntnis der Bundesregierung das BAPersBw diese Musterbriefe
jeweils entworfen, und falls nein, welche Stelle hat bzw. welche Stellen
haben dann die jeweiligen Briefe formuliert?

6. Wie viele verschiedene Musterbriefe wurden nach Kenntnis der Bundes-
regierung seit der Tätigkeitsaufnahme des BAPersBw jeweils an die betroffe-
nen Jahrgänge von 17-jährigen Jugendlichen verschickt, und wie lautete der
jeweilige Text (bitte pro Jahr und nach Geschlecht auflisten)?

7. Welche weiterführenden Informationen werden nach Kenntnis der Bundes-
regierung zum Beispiel in Form von Beilagen den Informationsschreiben
üblicherweise hinzugefügt?

8. Wie viele Dienstposten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung inner-
halb des BAPersBw seit seiner Tätigkeitsaufnahme ausschließlich für Auf-
gaben der Personalgewinnung geschaffen, und wie haben sich seitdem die
diesbezüglichen Personalkosten entwickelt (bitte pro Jahr, nach Zahl der
Dienstposten und hierfür angefallenen Personalkosten aufschlüsseln)?

9. Wie viele ständig besetzte und wie viele mobile Karriereberatungsbüros der
Bundeswehr sind nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig vorhan-
den, und wie sehen die weiteren Planungen für die nächsten Jahre aus (bitte
getrennt auflisten)?

10. Wie viele Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung bislang die
nachträgliche Löschung ihrer von den Meldebehörden an das BAPersBw
übermittelten Daten verlangt (bitte pro Jahr auflisten)?

11. Wer kontrolliert, ob die Daten gemäß § 58 c Absatz 3 SG spätestens nach
Ablauf eines Jahres nach erstmaliger Speicherung tatsächlich gelöscht
wurden, und in wie vielen Fällen sind nach Kenntnis der Bundesregierung
diesbezügliche Verstöße bekannt geworden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5972

12. Hat die Bundeswehr bzw. das BAPersBw nach Kenntnis der Bundesregie-
rung die von den Meldebehörden übermittelten Daten Dritten zugänglich
gemacht, und falls ja, wem, und auf welcher Grundlage?

13. Mit welchen PR-Agenturen arbeitet nach Kenntnis der Bundesregierung die
Bundeswehr bzw. das BAPersBw seit seiner Tätigkeitsaufnahme zusammen,
und wie haben sich seitdem die hierfür verausgabten Finanzmittel entwickelt
(bitte pro Jahr und nach Betrag auflisten)?

14. Wie begründet die Bundesregierung ihr Festhalten an der Übermittlungs-
pflicht der Meldebehörden von personenbezogenen Angaben junger Heran-
wachsender an das BAPersBw angesichts des durch den demografischen
Wandel bedingten verschärften Wettbewerbs von Ausbildungsunternehmen
um junge Nachwuchskräfte, und erkennt sie in dem gesetzlich privilegierten
Zugang der Bundeswehr zu personenbezogenen Daten von potentiellen
Ausbildungssuchenden eine Benachteiligung von privaten Ausbildungs-
unternehmen bzw. von Ausbildungseinrichtungen der öffentlichen Hand
(bitte begründen)?

Berlin, den 8. September 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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