BT-Drucksache 18/5850

Bereederung der Schiffe des Bundes

Vom 24. August 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5850
18. Wahlperiode 24.08.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Sven-Christian Kindler, Annalena Baerbock,
Matthias Gastel, Bärbel Höhn, Oliver Krischer, Stephan Kühn (Dresden),
Markus Tressel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bereederung der Schiffe des Bundes

Die Bundesregierung betreibt eine Flotte mehrerer Dutzend See- wie auch Bin-
nenschiffe und -boote. Für deren Betrieb zeichnet sich jedes Bundesministerium
einzeln zuständig; eine gemeinsame Stelle zur Bereederung von Bundesschiffen
gibt es nicht. Nur in manchen Teilaspekten konnte bisher eine Zusammenarbeit
mancher Bundesministerien erfolgen. Bei der möglichen Zusammenführung der
für die Küstenregionen wichtigen Küstenwachfunktionen gab es in den letzten
Jahren ebenfalls kaum Fortschritte. Mit dem Hinweis, es gäbe inzwischen das
gemeinsame Havariekommando von Bund und Küstenländern (HK) als Ein-
satzleitung im Falle „komplexer Schadenslagen“ sowie das Maritime Sicher-
heitszentrum (MSZ), wurden bisher Forderungen nach einer gemeinsamen Küs-
tenwache durch die Bundesregierung abgelehnt.
Dass es jedoch im Sinne der Effizienz und der begrenzten Haushaltsmittel
durchaus Sinn macht, über eine gemeinsame Küstenwache sowie über eine
gemeinsame Bereederung der Bundesschiffe und eine bessere Koordination
(auch mit weiteren Stellen wie den Küstenländern) nachzudenken, zeigen unter
anderem die Beschlüsse des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages
aus der 17. Wahlperiode.
Die Flotte der Bundesschiffe besteht unter anderem aus eigenen sowie wenigen
gecharterten Wasserfahrzeugen für verschiedene Ministerien. Die Aufgaben für
den Einsatz der Schiffe sind vielfältig, zum Beispiel Überwachung der Küsten-
regionen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone, Forschung oder Verteidigung.
Seit Jahren gibt es Bekundungen der Bundesregierung, die Aufgaben einiger
Bundesschiffe, insbesondere der Schiffe mit so genannter Küstenwachfunktion
zusammenzuführen. Seit dem Jahr 2010 beschäftigt sich beim Bundesministe-
rium des Innern (BMI) eine Arbeitsgruppe mit dem Thema Küstenwache. Bisher
gab es lediglich Zwischenergebnisse.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. a) Wie definiert die Bundesregierung die „Küstenwachfunktionen“ und wo-

durch werden diese sichergestellt?
b) Welchen Beitrag leistet das HK zur Erfüllung der Küstenwachfunktionen,

und durch welche Maßnahmen soll es nach dem Willen der Bundesregie-
rung in Abstimmung mit den Küstenländern zu seinen derzeitigen Aufga-
ben weitere Küstenwachfunktionen übertragen bekommen?

Drucksache 18/5850 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
c) Wird die Bundesregierung die Behördenstellen, die Küstenwachfunktio-
nen wahrnehmen, langfristig zusammenführen, und wenn ja, wie, und
wenn nein, warum nicht?

d) Welche Bundes- und Landesministerien bzw. Einrichtungen sowie welche
privatrechtlichen Auftragnehmer befassen sich nach Kenntnis der Bun-
desregierung mit der Sicherstellung der Küstenwachfunktionen?

e) Welche Schiffe sind von diesen Aufgaben betroffen (bitte entspre-
chende Ergänzung und Aktualisierung der Anlage auf Bundestags-
drucksache 17/11444), und in welche Ressortzuständigkeit bei Bund
bzw. Land fallen diese nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils?

2. Welche Bundesschiffe werden durch die Bundesregierung betrieben, die
nicht zur Erfüllung der Küstenwachfunktion dienen, und in welche Ressort-
zuständigkeit fallen diese jeweils (bitte Ergänzung und Aktualisierung der
Anlage auf Bundestagsdrucksache 17/11444)?

3. Welche Schiffe (Binnen bzw. See und Umbau bzw. Ersatz) mit welchen Auf-
gaben wird der Bund in den Jahren 2015, 2016 sowie in den Folgejahren in
Auftrag geben (bitte jeweils nach Jahren ausweisen und jeweilige voraus-
sichtliche Auftragssumme nennen)?

4. a) Aus welchen Gründen benötigt die Bundespolizei drei neue Schiffe (vgl.
www.focus.de/regional/schleswig-holstein/schifffahrt-liebing-
bundespolizei-braucht-dringend-drei-neue-schiffe_id_4870954.html)?

b) Inwieweit betrachtet die Bundesregierung vor dem Kauf von neuen Schif-
fen für die Bundespolizei, inwieweit nicht Küstenwachfunktionen zusam-
mengeführt werden können, und wenn ja, mit welchem Ergebnis, und
wenn nein, warum nicht?

5. Welche internationalen, europäischen und nationalen rechtlichen Grundlagen
existieren für die Wahrnehmung der Küstenwachfunktion?

6. Aus welchen Gründen sind die mit der Küstenwachfunktion betrauten Bun-
desstellen bisher noch nicht zu einer gemeinsamen Stelle zusammengeführt
worden?

7. a) Welche Kosten entstehen dem Bund für die Wahrnehmung der Küsten-
wachfunktionen (bitte Kosten jeweils insgesamt für alle Schiffe sowie ins-
gesamt an Land, außerdem Kosten je Schiff und je Schiff an Land auswei-
sen, sofern zuordnungsfähig)?

b) Welche Kosten entstehen dem Bund für die Schiffe, die keine Küsten-
wachfunktionen wahrnehmen (bitte Kosten jeweils insgesamt für alle
Schiffe sowie insgesamt an Land, außerdem Kosten je Schiff und je Schiff
an Land ausweisen, sofern zuordnungsfähig)?

c) Wie teilen sich die Kosten je Schiff auf in Instandhaltungskosten, Aus-
rüstungskosten, Personalkosten, Treibstoffkosten, Schmierölkosten, Ver-
sicherungskosten, Gebühren und sonstige Kosten?

d) Miete bzw. Charter in welcher Höhe zahlt der Bund jeweils für welche ge-
mieteten bzw. gecharterten Schiffe, und welche zusätzlichen Kosten fielen
für diese Schiffe beim Bund an (bitte je Schiff seit dem Jahr 2009 auswei-
sen)?

e) Wie viele Betriebstage und wie viele Ausfalltage hatte jedes einzelne
Schiff der Bundesflotte in den Jahren 2009 bis heute?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5850
8. a) Welche Stelle(n) befasst bzw. befassen sich im Bundesministerium für
Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) mit Planung, Konstruktion
und Abnahme von Schiffen (Binnen bzw. See), und welche Stelle beglei-
tet die jeweiligen Ausschreibungen für Schiffe des BMVI sowie für dem
BMVI nachgeordnete Behörden?

b) Welche Stelle(n) befasst bzw. befassen sich im Bundesministerium des
Innern (BMI) mit Planung, Konstruktion und Abnahme von Schiffen
(Binnen bzw. See), und welche Stelle begleitet die jeweiligen Ausschrei-
bungen für Schiffe des BMI sowie für dem BMI nachgeordnete Behör-
den?

c) Welche Stelle(n) befasst bzw. befassen sich im Bundesministerium der
Finanzen (BMF) mit Planung, Konstruktion und Abnahme von Schiffen
(Binnen bzw. See), und welche Stelle begleitet die jeweiligen Ausschrei-
bungen für Schiffe des BMF sowie für dem BMF nachgeordnete Behör-
den?

d) Welche Stelle(n) befasst bzw. befassen sich im Bundesministerium für
Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit Planung, Konstruktion und
Abnahme von Schiffen (Binnen bzw. See), und welche Stelle begleitet
die jeweiligen Ausschreibungen für Schiffe des BMEL sowie für dem
BMEL nachgeordnete Behörden?

e) Welche Stelle(n) befasst bzw. befassen sich im Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF) mit Planung, Konstruktion und
Abnahme von Schiffen (Binnen bzw. See), und welche Stelle begleitet die
jeweiligen Ausschreibungen für Schiffe des BMBF sowie für dem
BMBF nachgeordnete Behörden?

f) Welche Stelle(n) befasst bzw. befassen sich im Bundesministerium für
Verteidigung (BMVg) mit Planung, Konstruktion und Abnahme von
Schiffen (Binnen bzw. See), und welche Stelle begleitet die jeweiligen
Ausschreibungen für Schiffe des BMVg sowie für dem BMVg nachge-
ordnete Behörden?

g) Welche Stelle(n) befasst bzw. befassen sich zentral bei der Bundesregie-
rung mit Planung, Konstruktion und Abnahme von Schiffen (Binnen
bzw. See) und begleitet die jeweiligen Ausschreibungen für Schiffe der
Bundesregierung sowie für den Bundesministerien nachgeordneten Be-
hörden?

h) Auf welcher Ebene tauschen sich die Bundesministerien über Erfahrun-
gen der jeweiligen Bereederungen aus, und wie fließen diese Ergebnisse
in die Bereederung bestehender bzw. neuer Schiffe ein?

i) Durch welche Maßnahmen werden die vorhandenen fachlichen Kompe-
tenzen zusammengeführt und für alle Bundesministerien nutzbar ge-
macht?

9. a) Welche Auffassung hat die Bundesregierung zur Vergabe von weiteren
Bereederungsaufgaben an externe Dienstleister, wenn dadurch ein wirt-
schaftlicherer und gegebenenfalls zuverlässigerer Betrieb der Bundes-
schiffe sichergestellt werden kann?

b) Behält sich die Bundesregierung ein solches Vorgehen vor oder schließt
sie es von vornherein aus (bitte begründen)?

c) Aus welchen Gründen wurde dieses Vorgehen bisher nur in vereinzelten
Fällen durchgeführt (bitte Fälle nennen)?

Drucksache 18/5850 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
10. Welche Staatssekretärsbeschlüsse der Bundesregierung gab es zur Zusam-
menführung der Küstenwachfunktionen bisher (bitte jeweils Datum nen-
nen), und welche Beschlüsse wurden jeweils bis heute ganz oder teilweise
umgesetzt und welche nicht?

11. Welche Ergebnisse hatte das Konzept zur gemeinsamen Bereederung ge-
zeigt, das ein Jahr nach dessen Vorlage bewertet werden sollte, und welche
Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus?

12. Welche Aufgabe soll ein Nationaler Kontaktpunkt (NKP) im MSZ haben,
und wird die Bundesregierung nach dessen Einrichtung Bestrebungen zu
einer nationalen Küstenwache wieder aufnehmen?

13. Welchen Stand haben die Arbeiten an einem möglichen Rahmenkonzept
Küstenwache des Bundes und bis wann sollen diese abgeschlossen sein?

14. a) Welche transparenteren Gestaltungen von Bereederungsaufgaben sieht
die Arbeitsgruppe „Küstenwache des Bundes“ konkret vor?

b) Welches Ressort bzw. welche Ressorts werden darin für gemeinsame Be-
reederungsaufgaben vorgesehen?

15. Wird es ein einheitliches Informationsmanagement in der Bundesregie-
rung zur Optimierung der technischen Bereederung geben, und wenn ja,
wie soll dies allgemein sowie konkret im Einzelfall umgesetzt werden, und
wenn nein, warum nicht?

16. Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass technische Entwicklun-
gen besser und schneller in die Bereederungsaufgaben einfließen?

17. Welches mögliche Potenzial der Effizienzsteigerung bei Beschaffungspro-
zessen sieht die Bundesregierung (etwa in Form von Beschaffungsverflech-
tungen, Standardisierungen, Rahmenverträgen und Ähnlichem), und welche
Konsequenzen zieht sie daraus?

18. Existiert in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) eine zentrale
Leitstelle der seegängigen Schiffe oder agieren diese weiterhin ämterbezo-
gen, und wenn ja, bitte erläutern, und wenn nein, warum ist eine solche
Stelle nicht bei der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt
(GDWS) vorgesehen?

19. Inwieweit ist der Beschluss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bun-
destages, bis Juli 2013 eine zentralisierte Bereederung umzusetzen, umge-
setzt worden, und welche Teile aus dem Beschluss sind in diesem Zusam-
menhang nach Auffassung der Bundesregierung noch bis wann umzuset-
zen?

Berlin, den 24. August 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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