BT-Drucksache 18/5849

Projekt zu Strategien der sogenannten gewaltbereiten linken Szene im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage 18/5518)

Vom 19. August 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5849
18. Wahlperiode 19.08.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Andrej Hunko, Harald Petzold (Havelland)
und der Fraktion DIE LINKE.

Projekt zu Strategien der sogenannten gewaltbereiten linken Szene
im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum
(Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage 18/5518)

Im Vorfeld des G7-Gipfels haben Polizeibehörden und Inlandsgeheimdienste
ein Projekt über Strategien der so genannten gewaltbereiten linken Szene in
Deutschland durchgeführt. Die Darlegungen der Bundesregierung in ihrer Ant-
wort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache
18/5518) veranlassen die Fragesteller zu einigen Nachfragen.
Als Ergebnis des Projektes beschreibt die Bundesregierung, es „wurde erkenn-
bar“, dass die linke Szene zur Vorbereitung von Großereignissen Aktionskonfe-
renzen durchführt, Arbeitsgruppen einrichtet und Protestcamps plant. Aus Sicht
der Fragesteller ist das ein ziemlich unspektakuläres Ergebnis. Um die Bedeu-
tung von Aktionskonferenzen und Protestcamps zu eruieren, hätten Polizei und
Geheimdienste auch alternativ einige einschlägige Internetseiten ansehen kön-
nen. Der Nutzen dieser Erkenntnis für das angegebene Ziel, Indikatoren für
einen gewaltsamen Verlauf von Protesten zu identifizieren, ist offenbar nicht
erreicht worden, wenn die Bundesregierung schreibt, dass sowieso „jedes de-
monstrative Ereignis für sich“ einzeln bewertet werden müsse.
Kein Verständnis hat der Fragesteller dafür, dass die Bundesregierung sich
weigert, die zur Auswertung in der Nachrichtendienstlichen Informations- und
Analysestelle (NIAS) ausgewerteten Szenepublikationen und Internetseiten zu
benennen. Die Behauptung, dass ein Bekanntwerden dieser Publikationen das
„Staatswohl“ gefährden könnte, wird nicht belegt. Weder gab es auch nur bei
einem der von der Bundesregierung genannten demonstrativen Ereignisse (vom
G8-Gipfel 2007 bis zum G7-Gipfel 2015) Handlungen, die auch nur ansatzweise
das Staatswohl gefährdet haben, noch führt die Bundesregierung aus, dass dies
künftig zu erwarten wäre. Der Fragesteller sieht in der Weigerung der Bundes-
regierung, zu Frage 4 vollständig zu antworten (alternativ: die Antwort als Ver-
schlusssache einzustufen), daher eine ungerechtfertigte Verletzung des parla-
mentarischen Auskunftsrechts und erwartet eine Neueinschätzung bzw. fun-
dierte Begründung durch die Bundesregierung.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Ist die Bundesregierung nunmehr bereit, die Frage nach den für das Projekt

ausgewerteten Medien (Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 18/5312) zu be-
antworten, und wenn nicht, wie begründet sie im Einzelnen die aus ihrer Sicht
im Falle eines Bekanntwerdens der Lesegewohnheiten des Bundesamtes für
Verfassungsschutz (BfV) drohende Gefährdung des Staatswohls?

Drucksache 18/5849 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Kam es aus Sicht der Bundesregierung bei den im Rahmen des Projekts aus-
gewerteten 30 Demonstrationen zu einer Gefährdung des Staatswohls, oder
hat sie konkrete Hinweise darauf, dass es zu einer solchen Gefährdung bei
vergleichbaren Demonstrationen in der Zukunft kommen könnte (falls ja,
bitte darlegen)?

3. Hat die Bundesregierung vor Abschluss des Projekts nicht gewusst, dass es
in Zusammenhang mit Vorbereitung und Durchführung von Großdemonstra-
tionen in der linken Szene häufig Aktionskonferenzen, Arbeitsgruppen und
Camps gibt, und wenn doch, welchen konkreten Erkenntniszugewinn er-
brachte das Projekt darüber hinaus (bitte ausführlich darlegen)?

4. Inwiefern hält die Bundesregierung Aktionskonferenzen, Arbeitsgruppen
und Camps für „Indikatoren für einen unfriedlichen Verlauf“ (vgl. Vorbe-
merkung in der Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache
18/5518)?

5. Welche Indikatoren für einen unfriedlichen Verlauf hat das Projekt aus Sicht
der Bundesregierung identifiziert?

6. Welchen konkreten Stellenwert und Mehrnutzen für die polizeiliche und ge-
heimdienstliche Arbeit haben die Projektergebnisse?

7. Welche Schlussfolgerungen und Handlungserfordernisse ergeben sich aus
dem Projekt für die Sicherheitsbehörden, wenn sie Kenntnis von geplanten
oder durchgeführten Aktionskonferenzen, Arbeitsgruppen oder Protestcamps
erhalten?

8. Wer war für Design, Durchführung und Abschluss des Projekts federfüh-
rend zuständig?

9. Erkenntnisse zu wie vielen so genannten Linksextremisten wurden für das
Projekt verwendet (Antwort der Bundesregierung zu Frage 5 auf Bundes-
tagsdrucksache 18/5518), und Erkenntnisse zu wie vielen und welchen Per-
sonenzusammenschlüssen wurden verwendet (hier bitte auch den jeweili-
gen politischen Schwerpunkt bzw. Ausrichtung der Personen bzw. Perso-
nenzusammenschlüsse angeben)?

10. Kann die Bundesregierung tatsächlich definitiv ausschließen (vgl. Antwort
der Bundesregierung zu Frage 14 auf Bundestagsdrucksache 18/5518), dass
für das Projekt Dateien angelegt worden sind?
In welcher Weise wurden die im Rahmen des Projekts gewonnen Informa-
tionen – die immerhin (mindestens) Erkenntnisse zu 30 Demonstrationen
sowie Ergebnisse von Literaturrecherchen umfassten – gespeichert, doku-
mentiert oder gesammelt und unter den beteiligten Behörden ausgetauscht?
In welcher Weise wurden die Ergebnisse der Fragebogenumfrage (Antwort
der Bundesregierung zu Frage 3 auf Bundestagsdrucksache 18/5518) ge-
speichert und ausgewertet?
Falls doch Dateien angelegt wurden, welche Informationen kann die Bun-
desregierung den Errichtungsanordnungen, zu Inhalt und Zweck der Da-
teien machen, wie lauten die Dateibezeichnungen, zu wie vielen Personen
und Organisationen sind darin Angaben enthalten?

11. Wie gliedert sich der Abschlussbericht auf?
a) Wie viele Seiten umfasst der Bericht (bitte auch Seitenzahl einzelner

Kapitel angeben)?
b) Welche über die allgemeinen Darlegungen in der Antwort der Bundes-

regierung zu Frage 9 auf Bundestagsdrucksache 18/5518 hinausgehen-
den Erkenntnisse bzw. Ergebnisse enthält der Bericht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5849
c) Ist die Bundesregierung bereit, dem Deutschen Bundestag den Ab-
schlussbericht vorzulegen?

Berlin, den 19. August 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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