BT-Drucksache 18/58

Dauerhafte Lagerung radioaktiver Abfälle in den Halden und Absetzbecken der Wismut GmbH

Vom 8. November 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 18/58
18. Wahlperiode 08.11.2013
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ralph Lenkert, Caren Lay, Eva Bulling-Schröter,
Dr. André Hahn, Sigrid Hupach, Katja Kipping, Kersten Steinke,
Dr. Kirsten Tackmann, Frank Tempel, Dr. Axel Troost, Hubertus Zdebel,
Sabine Zimmermann (Zwickau) und der Fraktion DIE LINKE.

Dauerhafte Lagerung radioaktiver Abfälle in den Halden und Absetzbecken
der Wismut GmbH

Die Wismut GmbH, die zu 100 Prozent im Besitz der Bundesrepublik Deutsch-
land ist, wurde im Wismut-Gesetz vom 13. Dezember 1991 zur Sanierung der
Anlagen verpflichtet, die sich am 30. Juni 1990 im Besitz der SDAG Wismut be-
fanden. Dabei handelt es sich um die Hinterlassenschaften des Uranabbaus in
Schlema, Königstein, Pöhla, Dresden-Gittersee und Ronneburg sowie der Uran-
aufbereitung in Crossen und Seelingstadt.
Seit dem Jahr 1990 hat die Wismut GmbH mehr als 8 000 bergrechtliche, strah-
lenschutzrechtliche, wasserrechtliche und umweltrechtliche Genehmigungsver-
fahren geführt, ca. 4 300 in Sachsen, ca. 3 700 in Thüringen und ca. 60 länder-
übergreifend (vgl. Ursula Schönberger „Atommüll. Eine Bestandsaufnahme für
die Bundesrepublik Deutschland.“, S. 192). Für die Sanierung der Wismut-Alt-
lasten gilt explizit die Verordnung über die Gewährleistung von Atomsicherheit
und Strahlenschutz vom 11. Oktober 1984 (GBl. I Nr. 30 S. 341) der DDR weiter.
Mit der Fortgeltung des Strahlenschutzrechts der DDR für die Wismut-Sanie-
rung entfällt die Verpflichtung zur formellen Öffentlichkeitsbeteiligung vor der
Erteilung von Genehmigungen.
Laut Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie „20 Jahre
Wismut GmbH – Sanieren für die Zukunft“ vom März 2011 wurden und werden
radioaktiv kontaminierter Schrott, radioaktiv kontaminierter Bauschutt, der
nicht freigemessen werden kann, sowie die radioaktiven Rückstände aus der
Wasseraufbereitung in den Absetzbecken und Halden der Sanierungsstandorte
eingelagert.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. In welchen Halden und Absetzbecken der sieben Sanierungsstandorte der

Wismut GmbH wurden radioaktive Stoffe und kontaminierte Rückstände, die
nicht bereits am 30. Juni 1990 in den jeweiligen Halden und Absetzbecken
gelagert waren, zusätzlich eingelagert?

2. Von welchen Anlagen bzw. Anlagenteilen stammen diese zusätzlich ein-
gebrachten radioaktiven Stoffe und Abfälle jeweils konkret (bitte nach der
jeweiligen Halde bzw. Absetzbecken, in dem diese Stoffe jetzt lagern, auf-
schlüsseln)?

Drucksache 18/58 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Ist die Bemerkung in dem in der Vorbemerkung der Fragesteller erwähntem
Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie „Große
Teile des kontaminierten Stahlschrotts konnten im Sandstrahlverfahren
dekontaminiert und wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt wer-
den. Die Rückstände aus der Dekontamination wurden zusammen mit den
nicht verwertbaren kontaminiertem Schrott in Kassetten auf der Absetzan-
lage Culmitzsch eingebaut und mit Beton vergossen.“ so zu verstehen, dass
der eingelagerte Schrott die Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung für
die Freigabe überschritten hat und als radioaktiver Abfall zu behandeln ist?
Wenn nein, warum wurde er dann eingelagert?

4. Überschreiten die Rückstände aus der Abwasserbehandlung die Grenzwerte
der Strahlenschutzverordnung für die Freigabe und sind somit als radioak-
tiver Abfall zu behandeln?

5. Welche Mengen, welche Radionuklide und welches Aktivitätsinventar wur-
den in die Halden bzw. Absetzbecken zusätzlich eingebracht (bitte nach der
jeweiligen Halde bzw. Absetzbecken, in dem diese Stoffe jetzt lagern, auf-
schlüsseln)?

6. Ist es geplant, diese eingelagerten radioaktiven Stoffe wieder zurückzuholen
und in ein „Bundesendlager“ zu verbringen, oder sollen sie nach den derzei-
tigen Plänen der bundeseigenen Wismut GmbH auf Dauer auf den Halden
und in den Absetzbecken verbleiben?

7. Teilt die Bundesregierung die Feststellung, dass, falls die zusätzlich ein-
gelagerten radioaktiven Stoffe und Abfälle auf Dauer in den Halden und
Absetzbecken verbleiben sollen, es sich dabei um die oberflächennahe
„Endlagerung“ von radioaktiven Abfällen handelt?
Falls nein, wie begründet sie ihre Haltung?

8. Falls es sich um eine „Endlagerung“ radioaktiver Abfälle handelt, wie ver-
einbart die Bundesregierung dies mit der offiziellen Konzeption, Atommüll
in der Bundesrepublik Deutschland dauerhaft in tiefen geologischen Forma-
tionen lagern zu wollen?

9. Falls es sich um eine „Endlagerung“ radioaktiver Abfälle handelt, wurde ein
Planfeststellungsverfahren nach § 9b des Atomgesetzes durchgeführt, und
wenn nein, wie rechtfertigt die Bundesregierung dies?

10. Wurden für die Einlagerung zusätzlicher radioaktiver Stoffe und Abfälle in
die Halden und Absetzbecken der Wismut GmbH Langzeitsicherheitsnach-
weise erbracht?
Falls ja, wer hat die Nachweise erstellt, wer hat sie geprüft, und welches war
die jeweilige Genehmigungsbehörde (bitte nach der jeweiligen Halde bzw.
dem Absetzbecken, in dem diese Stoffe jetzt lagern, aufschlüsseln)?

11. Welche Halbwertszeit haben die zusätzlich eingelagerten radioaktiven
Stoffe und Abfälle in den Halden und Absetzbecken der Wismut GmbH,
und was war das Ergebnis der Langzeitsicherheitsnachweise bezüglich des
Zeitraumes der Abschirmung der eingelagerten Radionuklide vor dem
Eintritt in die Biosphäre und der potentiellen Kontamination des Grund-
wassers?

12. Wurde für die mehr als 8 000 bergrechtlichen, strahlenschutzrechtlichen,
wasserrechtlichen und umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren in ei-
nem oder mehreren Fällen eine formelle Öffentlichkeitsbeteiligung für die
Erteilung der Genehmigung durchgeführt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/58
13. Wie viel würde die Wismut GmbH für die Einlagerung der radioaktiven Ab-
fälle, die zusätzlich in die Halden und Absetzbecken eingebracht wurden, in
einem „Bundesendlager“ bezahlen müssen, und wie viel hat die bisherige
Einlagerung der Abfälle in die Halden und Absetzbecken gekostet?

14. Ist es geplant, noch weitere radioaktiv kontaminierte Abfälle in die Halden
und Absetzbecken der Wismut GmbH einzulagern?
Falls ja, aus welchen Anlagen bzw. Anlagenteilen in welche Halden und
Absetzbecken?
Um welche radioaktiven Abfälle handelt es sich, in welchen Mengen, mit
welchen Radionukliden, und mit welchem Aktivitätsinventar?

15. In welchem Umfang ist eine Wasserentnahme im Rahmen der Behandlung
des Flutungswassers vor Einleitung in den Vorfluter genehmigt, über wel-
chen Zeitraum erstreckt sich diese Genehmigung, und wie hoch war die
Wasserentnahme tatsächlich?

16. Für welche im Flutungswasser enthaltenen Substanzen wurden über welche
Zeiträume erhöhte Grenzwerte bei der Einleitung in die Vorfluter genehmigt
(bitte alle aktuell geltenden Grenzwerte auflisten)?

17. In welche Gewässer werden die behandelten Wismut-Abwässer eingeleitet,
und für welche Gewässer bestehen Genehmigungen für die Einleitung der
Abwässer?

Berlin, den 8. November 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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