BT-Drucksache 18/578

zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/110/EG des Rates über Honig KOM(2012) 530 endg.; Ratsdok. 13957/12 hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Wahlfreiheit für Verbraucherinnen und Verbraucher herstellen - Honig mit gentechnisch veränderten Bestandteilen kennzeichnen

Vom 19. Februar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/578
18. Wahlperiode 19.02.2014

Antrag
der Abgeordneten Harald Ebner, Renate Künast, Nicole Maisch, Friedrich
Ostendorff, Bärbel Höhn, Steffi Lemke, Annalena Baerbock, Matthias
Gastel, Kai Gehring, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Stephan Kühn
(Dresden), Christian Kühn (Tübingen), Peter Meiwald, Cem Özdemir,
Markus Tressel, Dr. Julia Verlinden, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und
des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/110/EG des Rates über Honig
KOM(2012) 530 endg.; Ratsdok. 13957/12

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23
Absatz 3 des Grundgesetzes

Wahlfreiheit für Verbraucherinnen und Verbraucher herstellen – Honig mit
gentechnisch veränderten Bestandteilen kennzeichnen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 6. Septem-
ber 2011 in der Rechtssache C-442-09 („Honig-Urteil“) festgestellt, dass Honig,
der Pollen mit gentechnisch verändertem Erbgut und gentechnisch veränderten
Proteinen enthält, ein Lebensmittel mit Zutaten, die aus gentechnisch veränderten
Organismen (GVO) hergestellt wurden, gemäß der Verordnung (EG) Nr.
1829/2003 darstellt (wörtlich: „dass dann, wenn ein Stoff wie Pollen, der gene-
tisch veränderte DNA und genetisch veränderte Proteine enthält, nicht als GVO
angesehen werden kann, Produkte wie Honig und Nahrungsergänzungsmittel, die
einen solchen Stoff enthalten, „Lebensmittel, die ... Zutaten enthalten, die aus
GVO hergestellt werden“, im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Ver-
ordnung Nr. 1829/2003 darstellen“).
Damit wäre Honig, der Pollen zugelassener gentechnisch veränderter Pflanzen
enthält, im Sinne derselben Verordnung als „genetisch verändert“ zu kennzeich-
nen.
Die Europäische Kommission hat am 21. September 2012 einen Vorschlag für
eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2001/101/EG über Honig („Honig-
richtlinie“) vorgelegt. Darin soll Pollen allgemein – und damit auch der Pollen
von gentechnisch veränderten Pflanzen – als „natürlicher Bestandteil“ von Honig

Drucksache 18/578 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

eingestuft werden. Nach Auffassung der Kommission wäre dadurch eine Kenn-
zeichnung von Honig, der Pollen zugelassener gentechnisch veränderter Pflanzen
enthält, nicht mehr erforderlich. Dies würde selbst für sortenreinen Rapshonig
gelten, der praktisch vollständig auf Grundlage von gentechnisch verändertem
Raps erzeugt wurde und damit fast ausschließlich dessen Pollen enthält.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich in den Trilogverhandlungen mit dem Europäischen Parlament und
der Europäischen Kommission über die geplante Änderung der Honig-
richtlinie dafür einzusetzen, dass die Kennzeichnungspflicht im Sinne
der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 von Honig, der Pollen von gentech-
nisch veränderten Pflanzen enthält, entsprechend der Intention des
EuGH-Honigurteils in der Honigrichtlinie klargestellt wird (siehe auch
Bundesratsdrucksache 569/12 vom 23. November 2012).
Um Wahlfreiheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu gewähr-
leisten, sollte ein Weg gefunden werden, um erkennbar zu machen, ob
Honig gentechnisch veränderten Pollen enthält oder nicht;

2. falls dieses Ziel in den Trilogverhandlungen nicht erreicht werden kann:
a) sich in den Trilogverhandlungen dafür einzusetzen, dass in der ge-

planten Änderung der Honigrichtlinie darauf verzichtet wird, eine
Festlegung zu treffen, dass es sich bei Pollen gentechnisch verän-
derter Pflanzen in Honig um einen „natürlichen Bestandteil“ han-
delt;

b) die Änderung der Honigrichtlinie im Rat der Europäischen Union
abzulehnen, falls in dem zur Abstimmung gestellten Vorschlag
nicht auf diese Festlegung verzichtet wird.

Berlin, den 19. Februar 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Begründung

Die für Landwirtschaft und Verbraucherschutz verantwortlichen Kommissare der Europäischen Union,
Tonio Borg und Dacian Ciolos, haben am 9. Dezember 2013 in einem Schreiben an die Organisation
„Foodwatch“ betont, dass die Kommission es für notwendig erachtet, die europäischen Verbraucherinnen
und Verbraucher über die Präsenz gentechnisch veränderter Organismen in Futter- und Lebensmitteln kor-
rekt zu informieren. Auch der ehemalige Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Dr. Hans-Peter
Friedrich betonte in einem Interview mit der „Nordwestzeitung“ vom 7. Februar 2014: „Die Verbraucher
müssen wissen, wenn sie ein gentechnisch verändertes Produkt kaufen.“
Der jetzt vorliegende Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der Honig-Richtlinie würde diese In-
formation der europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher gerade nicht ermöglichen. Selbst ein sorten-
reiner Rapshonig aus Nordamerika, der praktisch vollständig auf Grundlage von gentechnisch verändertem
Raps erzeugt wurde und damit fast ausschließlich dessen Pollen enthält, dürfte nach diesem Vorschlag ohne
jede Kennzeichnung in den Handel gebracht werden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/578

Die Frage, ob der Eintrag von Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen in Honig „technisch nicht zu ver-
meiden“ sei im Sinne von der Verordnung (EG) 1829/2003, ist zu verneinen, solange nicht alles Mögliche
unternommen wurde, um den Eintrag von Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen in den Honig zu mini-
mieren, zum Beispiel durch die Festlegung und Einhaltung eines ausreichend großen Mindestabstands zwi-
schen dem Bienenstock und dem Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen.
Das Anliegen der Kommission, eine Klarstellung zur Kennzeichnung von Honig, der Pollen gentechnisch
veränderter Pflanzen enthält, zu treffen, wird mit der vorgeschlagenen Änderung nicht erreicht. Die Rechts-
unsicherheit wird durch den Widerspruch zum Honig-Urteil des EuGH noch vergrößert, damit sind weitere
Gerichtsverfahren zu erwarten.

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