BT-Drucksache 18/5729

Lieferungen deutscher Kleinwaffen und leichter Waffen an die Türkei

Vom 5. August 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5729
18. Wahlperiode 05.08.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth,
Andrej Hunko, Katrin Kunert, Niema Movassat, Kathrin Vogler und der Fraktion
DIE LINKE.

Lieferungen deutscher Kleinwaffen und leichter Waffen an die Türkei

Im türkischen Nachbarland Syrien herrscht seit dem Jahr 2011 ein Krieg zwi-
schen dem syrischen Regime und unterschiedlichen bewaffneten Oppositions-
gruppen. Während das Regime Assad weiterhin Unterstützung aus Russland und
dem Iran genießt, werden sowohl säkulare als auch islamistische und jihadis-
tische Rebellengruppierungen durch westliche Staaten, die Türkei sowie die
Golfmonarchien unterstützt und aufgerüstet.
Der deutsche NATO-Partner Türkei spielt bei dieser Unterstützung für islamis-
tische Gruppen die zentrale Rolle, da über die gemeinsame Landgrenze mit
Syrien Nachschub an Kämpfern und Material sichergestellt werden kann. Über
die offene Duldung und Bestärkung dieser Banden ist der türkische Staat jedoch
längst hinausgegangen und hat begonnen, islamistische Gruppen in Syrien mili-
tärisch auszubilden und direkt zu bewaffnen (vgl. Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/4647).
Die Türkei und Deutschland verbinden jahrzehntelange intensive wirtschaft-
liche, militärische und politische Beziehungen, auch und gerade im Bereich der
militärischen und rüstungsindustriellen Zusammenarbeit. Die Türkei ist seit
Jahrzehnten einer der Hauptabnehmer deutscher Waffentechnologie. Auch die
türkische Produktion von Waffen in deutscher Lizenz, wie G3, MG3, MP5 und
HK33, ist mittlerweile zu einem Normalfall geworden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Waffen und Rüstungsgüter wurden und werden nach Kenntnis der

Bundesregierung durch die Türkei an Gruppen in Syrien abgegeben und bzw.
oder verkauft?

2. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass die Türkei Gruppen in Syrien
auch mit deutschen Waffen beliefert?

3. Den Verkauf welcher Kleinwaffen, leichter Waffen und entsprechender Mu-
nition (inklusive Handgranaten, panzerbrechende Infanteriewaffen etc.) an
die Türkei hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2000 genehmigt (bitte nach
Empfänger, Jahr, Gegenstand, Stückzahl und Genehmigungswert aufschlüs-
seln)?

Drucksache 18/5729 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Welche Kleinwaffen und leichten Waffen werden nach Kenntnis der Bun-
desregierung heute in der Türkei in deutscher Lizenz hergestellt (bitte unter
Angabe der exakten Bezeichnung, des Waffentyps, des türkischen Lizenz-
nehmers bzw. Herstellers, des Lizenzgebers, der jährlich hergestellten
Stückzahl)?

5. Welche Munition für Kleinwaffen und leichte Waffen wird heute in der Tür-
kei in deutscher Lizenz hergestellt (bitte unter Angabe der Bezeichnung,
des Munitionstyps, des Herstellers, des türkischen Lizenznehmers bzw.
Herstellers, des Lizenzgebers, der jährlich hergestellten Stückzahl)?

6. Welche Kleinwaffen, leichten Waffen, entsprechende Munition und sons-
tigen Rüstungsgüter haben deutsche Behörden an das türkische Militär, die
türkische Polizei, Geheimdienste und paramilitärische Einheiten bzw. Or-
ganisationen seit dem Jahr 2010 abgegeben bzw. verkauft (bitte nach
Empfänger, Jahr, Gegenstand, Stückzahl und Preis bzw. Abgabewert auf-
schlüsseln)?

7. Welche Kleinwaffen, leichten Waffen und entsprechende Munition (inklu-
sive Handgranaten, panzerbrechende Infanteriewaffen, Sturmgewehre etc.)
aus Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA) wurden der Türkei seit
dem Jahr 1990 verkauft oder überlassen (bitte nach Empfänger bzw. Be-
hörde, Jahr, Gegenstand, Stückzahl und ggf. Genehmigungswert aufschlüs-
seln)?

8. Für den Reexport von ursprünglich an die Türkei gelieferten Waffen und
Rüstungsgüter in jeweils welche Länder hat die Türkei seit dem Jahr 2005
Anträge gestellt, und wie wurden die Anträge seitens der Bundesregierung
jeweils entschieden (bitte unter Angabe der exakten Bezeichnung der Waf-
fen bzw. Güter, der Stückzahl und des Datums des Antrags und des Be-
scheids)?

9. Wurden vonseiten der Türkei Anträge zum Reexport von Waffen und Rüs-
tungsgütern gestellt, die die Türkei nach dem Jahr 1990 aus Beständen der
NVA bezogen hat, an welche Länder sollten die jeweiligen Reexporte er-
folgen, und wie wurden die Anträge seitens der Bundesregierung jeweils
beschieden (unter Angabe der exakten Bezeichnung der Waffen bzw. Güter,
der Stückzahl und des Datums)?

10. Komplementärgenehmigungen für welche Kleinwaffen, leichten Waffen
und entsprechende Munition zur Ausfuhr in die Türkei wurden seit dem
Jahr 2010 ausgeschöpft (bitte jeweils unter Angabe des Datums der Be-
antragung der jeweiligen Genehmigung nach dem Kriegswaffenkontroll-
gesetz – KWKG –, Stückzahl, Warencode, Wert, Art der Endverwendung,
Monat und Art der Ausfuhr)?

11. Welche Sammelausfuhrgenehmigungen für die Türkei im Zusammenhang
mit der Lizenzproduktion von leichten Waffen und Kleinwaffen wurden seit
dem Jahr 2010 erteilt (bitte unter Angabe der Güterbeschreibung, des
Höchstwertes, des Empfängers – staatlich oder nichtstaatlich – und nach
Jahren aufschlüsseln)?

12. Welche Kenntnisse besitzt die Bundesregierung über die Weitergabe von
deutschen Waffen und sonstigen Rüstungsgütern von der Türkei an Grup-
pen in Syrien?

13. Welche Kenntnisse besitzt die Bundesregierung über die Weitergabe von in
der Türkei in deutscher Lizenz hergestellten Waffen, Munition und Rüs-
tungsgütern an Gruppen in Syrien?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5729
14. Sind der Bundesregierung konkrete Fälle von deutschen Waffenexporten in
die Türkei bekannt, die in den Händen bewaffneter syrischer Oppositions-
gruppen gelandet sind?
Wenn ja, welche?

15. Welche Rebellengruppierungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung
durch die türkischen Waffenweitergaben gegebenenfalls in den Besitz deut-
scher Waffen bzw. in deutscher Lizenz hergestellter Waffen gekommen?

16. Sind der Bundesregierung Fälle von Verletzungen der Endverbleibserklä-
rung bei Waffenexporten durch die Türkei bekannt?
Wenn ja, welche?

17. Hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2010 aus eigener Initiative die Ein-
haltung von Endverbleibserklärungen durch die Türkei überprüft?
Wenn ja, wie oft, mit welchem Ergebnis, und aus welchem Anlass?

18. Waren die Kenntnisse der Bundesregierung über die Bewaffnung syrischer
Oppositionsgruppen durch die Türkei Anlass für Konsultationen mit türki-
schen Stellen?
Wenn ja, wann, auf welcher Ebene, und mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht?

19. Stellt die Weitergabe von Waffen bzw. Rüstungsgütern an bewaffnete Grup-
pierungen in innerstaatlichen Konflikten und bzw. oder Kriegen (gegebe-
nenfalls ohne Beantragung von Reexportgenehmigungen) nach Auffassung
der Bundesregierung grundsätzlich eine Verletzung von Endverbleibserklä-
rungen dar?

20. Stellt die Weitergabe von Waffen bzw. Rüstungsgütern an Gruppierungen,
die in den von ihnen beherrschten Gebieten schwere und schwerste Men-
schenrechtsverletzungen sowie Kriegsverbrechen begehen, nach Auffas-
sung der Bundesregierung grundsätzlich eine Verletzung von Endverbleibs-
erklärungen dar?

Berlin, den 5. August 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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