BT-Drucksache 18/5693

Kostensteigerungen beim Bau der Ortsumgehung Waake und Kostenberechnung bei der Ortsumgehung Mackenrode

Vom 29. Juli 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5693
18. Wahlperiode 29.07.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jürgen Trittin, Dr. Valerie Wilms, Stephan Kühn (Dresden),
Harald Ebner, Matthias Gastel, Oliver Krischer, Steffi Lemke, Peter Meiwald,
Markus Tressel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kostensteigerungen beim Bau der Ortsumgehung Waake und Kostenberechnung
bei der Ortsumgehung Mackenrode

Unter starkem Protest der Bevölkerung begannen der Bund und das Land Nie-
dersachsen bei einem „ersten Spatenstich“ am 19. März 2010 die Arbeiten zum
Bau der Ortsumgehung Waake. Nachdem eine Beschwerde gegen die Nichtzu-
lassung der Revision durch das Bundesverwaltungsgericht am 28. Dezember
2009 zurückgewiesen wurde, erhielt die Ortsumgehung im Verlauf der Bundes-
straße 27 Baurecht. Obwohl die Ortsumgehung Waake im Bundesverkehrs-
wegeplan (BVWP) 2003 nur in der Bedarfskategorie „Weiterer Bedarf“ einge-
ordnet war, wurde sie im Dezember 2008 in das „Arbeitsplatzprogramm Bauen
und Verkehr“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur
(BMVI) aufgenommen. Bei Baubeginn wurden die Baukosten noch mit
12,4 Mio. Euro angegeben, zuzüglich Grunderwerbskosten von 0,7 Mio. Euro.
Mittlerweile werden die Baukosten im Straßenbauplan 2015 mit 18,2 Mio. Euro
angegeben.
Auch beim Bau der Ortsumgehung Barbis (B 243n, Verkehrseinheit 2, vierstrei-
figer Neubau) kam es während der Bauphase mit rund 65 Prozent höheren Bau-
kosten zu massiven Kostensteigerungen. Ähnliche Entwicklungen bei den Bau-
kosten hat es bereits bei der noch im Bau befindlichen Ortsumgehung Westerode
(B 247, Verkehrseinheit 2) gegeben. Alle genannten Vorhaben liegen im regio-
nalen Geschäftsbereich Goslar der Straßenbauverwaltung Niedersachsen.
Mit der Baufreigabe für die Ortsumgehung Mackenrode (B 243n) durch das
BMVI am 20. Juli 2015 steht ein weiteres Vorhaben im Geschäftsbereich Goslar
vor der Realisierung. Ob die Kostenberechnung bei diesem Projekt nach den
drei jüngsten Fällen erheblicher Kostensteigerungen mit der notwendigen Sorg-
falt erfolgte, darf aus Sicht der Fragesteller bezweifelt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Von welchen aktualisierten Gesamtkosten geht die Bundesregierung bei der

Ortsumgehung Waake (B 27) bis zur Fertigstellung bzw. Kostenfeststellung
aus (bitte Kostendifferenz absolut und prozentual nennen)?

2. Welche Kostensteigerungen haben sich seit dem Baubeginn im März 2010
bei der Ortsumgehung Waake bisher ergeben, und was waren dafür im Ein-
zelnen die Gründe?

3. Welches Nutzen-Kosten-Verhältnis ergibt sich bei Zugrundelegung der aktu-
ellen Kostenfortschreibung für die Ortsumgehung Waake (mit Stand 2015)?

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4. Welche Kosten wurden durch das BMVI bzw. nach Kenntnis der Bundesre-
gierung durch die niedersächsische Straßenbauverwaltung für die jeweili-
gen Kostenermittlungsstufen (Kostenrahmen, Kostenschätzung, Kostenbe-
rechnung, Kostenanschlag, Kostenfeststellung) im Laufe der unterschiedli-
chen Planungs- und Projektphasen für die Ortsumgehung Waake ermittelt
(bitte einzeln benennen)?

5. Mit welchem Kostenansatz und zu welchem Zeitpunkt wurde die Ortsum-
gehung Waake erstmals in den Bundeshaushalt bzw. Straßenbauplan einge-
stellt?

6. Ist der Bundesregierung bekannt, ob für die Ortsumgehung Waake zum
Zeitpunkt der Einstellung in den Bundeshaushalt ein Kostenvoranschlag
vorlag, der ein mit Preisen versehenes Leistungsverzeichnis enthielt?

7. Zu welchen Zeitpunkten sind nach Kenntnis der Bundesregierung Kosten-
steigerungen durch die niedersächsische Straßenbauverwaltung bei der
Ortsumgehung Waake festgestellt worden?

8. Zu welchen Zeitpunkten hat die niedersächsische Straßenbauverwaltung
das BMVI über Kostenänderungen bei der Ortsumgehung Waake infor-
miert, und wie viele Kostenfortschreibungen wurden bisher vorgelegt?

9. Sind aus Sicht der Bundesregierung die Informationen über die entspre-
chenden Kostensteigerungen durch die niedersächsische Straßenbauverwal-
tung rechtzeitig bzw. zeitnah erfolgt (bitte die genannte Grundlage für die
Kostensteigerungen nennen)?

10. Wie wurden die jeweiligen Kostenfortschreibungen für die Ortsumgehung
Waake durch die niedersächsische Straßenbauverwaltung begründet?

11. Waren die Begründungen für die einzelnen Kostenfortschreibungen aus
Sicht der Bundesregierung plausibel?
Wenn nein, was konnte durch die Auftragsverwaltung nicht plausibel ge-
macht werden (bitte jeweils begründen)?

12. Konnte das BMVI die Begründungen der Auftragsverwaltung für die jewei-
ligen Kostenfortschreibungen hinsichtlich ihrer Richtigkeit und Vollstän-
digkeit überprüfen?
Wenn nein, an welchen Stellen bestanden Defizite?
Mit welchem Verfahren wurden die Kosten berechnet?

13. Konnte das BMVI die Kostenberechnung zur Ortsumgehung Waake im Ein-
zelnen nachvollziehen, und war ihr die Basis der Preisermittlung bekannt?
Wenn nein, welche Kosten- und Mengenansätze der Kostenberechnung wa-
ren nicht überprüfbar?

14. Hat das BMVI bei der Prüfung der Vorentwurfsunterlagen der Ortsumge-
hung Waake, also auch der Durchsicht der Kostenermittlung, der Boden-
untersuchung und des Grunderwerbs, wesentliche Nachforderungen und
Überarbeitungen von der zuständigen Auftragsverwaltung angefordert?
Wenn ja, in welchen Punkten forderte das BMVI Änderungen, zusätzliche
Untersuchungen oder Informationen?

15. Gab es nach Prüfung der Vorentwurfsunterlagen weiteren Änderungsbedarf
an den Planungen, der in einem Anschreiben zum Gesehenvermerk aufge-
führt wurde?
Wenn ja, welcher Änderungsbedarf wurde durch das BMVI gegenüber der
Auftragsverwaltung bei Erteilung des Gesehenvermerks geltend gemacht?

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16. Welche Rolle haben die Baugrundverhältnisse bei der Beurteilung der Vor-
entwurfsunterlagen durch das BMVI gespielt, und welche Konsequenzen
zog die Bundesregierung daraus?

17. Zu welchem Zeitpunkt wurde nach Kenntnis der Bundesregierung die inge-
nieurgeologische Vor- und Hauptuntersuchung durchgeführt?

18. a) Welche Erkundungsschritte und welche direkten und indirekten geologi-
schen Erkundungsmethoden wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
bei der Baugrunduntersuchung der Ortsumgehung Waake angewendet?

b) Welche Verfahren sind für Erkundungen im Rahmen des Baus von Bun-
desstraßen nach Kenntnis der Bundesregierung Standard?

19. Inwieweit reichen der Bundesregierung vor dem genannten Hintergrund die
Qualität und Aussagekraft der von der niedersächsischen Straßenbauver-
waltung veranlassten Baugrunduntersuchungen bei der Ortsumgehung
Waake aus, und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

20. Wer trägt aus Sicht der Bundesregierung die Verantwortung für die bisher
bekannt gewordenen Kostensteigerungen bei der Ortsumgehung Waake,
und wer trägt die finanziellen Konsequenzen?

21. Wie hätte nach Auffassung der Bundesregierung im Vorfeld (Planungs-
phase) sowie während der Bauphase vermieden werden können, dass die
Projektkosten bei der Ortsumgehung Waake während der Bauphase in einer
solchen Größenordnung ansteigen?

22. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den gestiegenen
Baukosten beim Bedarfsplanprojekt Ortsumgehung Waake für weitere Vor-
haben, und wie will sie Kostensteigerungen in diesem Umfang zukünftig
wirksam unterbinden und für weitere Projekte ausschließen (bitte entspre-
chende Beispiele nennen)?

23. Welche Schlüsse zieht Bundesregierung aus den Kostensteigerungen bei der
Ortsumgehung Barbis (plus 65 Prozent), der Ortsumgehung Waake (plus
50 Prozent) und der Ortsumgehung Westerode (plus 40 Prozent) sowie die
bei der Projektumsetzung im Bereich Baugrunduntersuchung gemachten
Erfahrungen für die Kostenberechnung weiterer geplanter Straßenprojekte
der niedersächsischen Straßenbauverwaltung im regionalen Geschäfts-
bereich Goslar, wie die Ortsumgehung Mackenrode (B 243n, Verkehrsein-
heit 3) oder die Verlegung der B 247 im Bereich Duderstadt (Verkehrsein-
heit 3)?

24. Von welchen aktualisierten Gesamtkosten geht die Bundesregierung für die
Ortsumgehung Mackenrode (B 243n) nach der Baufreigabe am 20. Juli
2015 aus (bitte den niedersächsischen und thüringischen Teil ausweisen)?

25. Welchen Kosten wurden durch das BMVI bzw. nach Kenntnis der Bundes-
regierung durch die niedersächsische und thüringische Straßenbauverwal-
tung für die jeweiligen Kostenermittlungsstufen (Kostenrahmen, Kosten-
schätzung, Kostenberechnung, Kostenvoranschlag, Kostenfeststellung) im
Laufe der unterschiedlichen Planungs- und Projektphasen für die Ortsumge-
hung Mackenrode ermittelt (bitte einzeln für den niedersächsischen und thü-
ringischen Abschnitt benennen)?

26. Liegt nach Kenntnis der Bundesregierung für die Ortsumgehung Macken-
rode ein mit Preisen versehenes Leistungsverzeichnis als Kostenvoran-
schlag vor?
Wenn nein, wird die Bundesregierung darauf drängen, dass die Auftragsver-
waltungen in Niedersachsen und Thüringen dies vor Baubeginn noch erstel-
len, und bis wann wird dies durch die Bundesregierung nachgefordert?

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27. Welche Konsequenzen haben die Kostensteigerungen beim Bau der Orts-
umgehung Barbis (Verkehrseinheit 2) für den Bau der Ortsumgehung
Mackenrode mit Blick auf die auch hier ähnlichen Baugrundverhältnisse im
Südharzer Zechsteingürtel?

28. Welchen Informationsstand hatte die Bundesregierung zu der Baugrund-
erkundung für die Ortsumgehung Mackenrode zum Zeitpunkt der Erteilung
des Gesehenvermerkes?

29. Zu welchem Zeitpunkt wurde nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils
die ingenieurgeologische Vor- bzw. Hauptuntersuchung durchgeführt?

30. Hat das BMVI bei der Prüfung der Vorentwurfsunterlagen der Ortsumge-
hung Mackenrode, also auch bei der Durchsicht der Kostenermittlung und
der Bodenuntersuchung, wesentliche Nachforderungen und Überarbeitun-
gen von den zuständigen Auftragsverwaltungen in Niedersachsen und Thü-
ringen angefordert?
Wenn ja, in welchen Punkten forderte das BMVI Änderungen, zusätzliche
Untersuchungen oder Informationen?
Wenn nein, warum nicht?

31. Gab es nach Prüfung der Vorentwurfsunterlagen weiteren Änderungsbedarf,
der in einem Anschreiben zum Gesehenvermerk aufgeführt wurde?
Wenn ja, welcher Änderungsbedarf wurde durch das BMVI gegenüber den
Auftragsverwaltungen bei Erteilung des Gesehenvermerks geltend ge-
macht?

32. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass es bei der Ortsumgehung
Mackenrode nach Beginn der Maßnahme nicht zu Baukostensteigerungen
kommt?

33. Welche der vom Bundesbeauftragten für die Wirtschaftlichkeit in der Ver-
waltung im Gutachten über das Kostenmanagement im Bundesfernstraßen-
bau im April 2014 (vergleiche auch Bundestagsdrucksache 18/3381) ge-
machten Vorschläge zur Verbesserung des Kostenmanagements wurden be-
reits umgesetzt, und welche sollen mittelfristig noch umgesetzt werden?

Berlin, den 29. Juli 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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