BT-Drucksache 18/5544

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das zweite Quartal 2015

Vom 8. Juli 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5544
18. Wahlperiode 08.07.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dağdelen, Petra Pau,
Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke, Frank Tempel,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das zweite Quartal 2015

Die von der Fraktion DIE LINKE. regelmäßig erfragten Informationen zur Asyl-
statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beleuchten
ausgewählte Aspekte, die in der medialen Berichterstattung wenig Beachtung
finden. So ist kaum bekannt, dass die Anerkennungsquote bei inhaltlichen Asyl-
entscheidungen weitaus höher liegt, als die offiziellen Zahlen vermuten lassen
(vgl. hierzu und zum Folgenden Bundestagsdrucksache 18/3850). Die so ge-
nannte bereinigte Schutzquote, bei der formelle Entscheidungen unberücksich-
tigt bleiben, lag im Jahr 2014 bei 48,5 Prozent – und das, obwohl Flüchtlinge,
z. B. aus Serbien, Bosnien oder Mazedonien, zu nahezu 100 Prozent abgelehnt
wurden. Hinzu kommen noch Anerkennungen durch die Gerichte: Im Jahr 2014
erwiesen sich mehr als 10 Prozent aller Klagen gegen ablehnende Asylbescheide
als begründet, 22,8 Prozent wurden abgelehnt, zwei Drittel der Gerichtsverfah-
ren wurden aus unterschiedlichen Gründen eingestellt. Im Ergebnis führte somit
weit mehr als jeder zweite inhaltlich geprüfte Asylantrag zu einem Schutzstatus
in Deutschland.
Bei einem Fünftel aller Asylsuchenden stellte das BAMF im Jahr 2014 ein
Rückübernahmeersuchen nach der Dublin-Verordnung der Europäischen Union
(EU). Im Jahr 2013 lag dieser Anteil noch bei einem Drittel; die Bundesregie-
rung erklärt den Rückgang damit, dass die zum 1. Januar 2014 geänderte Ver-
ordnung auf Fälle, in denen in anderen Mitgliedstaaten ein Status gewährt wurde
(2 511 Fälle), nicht mehr anwendbar sei (a. a. O., Antwort der Bundesregierung
zu Frage 5h). Die Zahl der Flüchtlinge nimmt zu, deren Schutzbedürftigkeit im
EU-Asylsystem zwar festgestellt wurde, die aber faktisch rechtlos sind, weil sie
sich – zumeist aus guten Gründen – nicht im formal zuständigen Mitgliedstaat
aufhalten. Selbst der Präsident des BAMF, Dr. Manfred Schmidt, erklärte: „Das
Schlimmste, was ihnen heute passieren könnte, wäre, anerkannter Flüchtling in
Italien zu werden“, da dort „selbst Familien mit Kleinkindern unter Brücken
schlafen“ müssten (Fränkische Landeszeitung vom 20. Januar 2015).
Die Zahl der Asylsuchenden, die über Griechenland nach Deutschland einreisen,
ist seit dem im Jahr 2011 verhängten Überstellungsstopp wegen der dortigen er-
heblichen Mängel im Asylsystem über Jahre weitgehend stabil geblieben, im
Jahr 2014 brach die Zahl jedoch um 60 Prozent auf nur noch 1 519 Personen ein
(Vorjahr: 3 879 Personen). Der zuvor beschworene „Pull-Effekt“ durch die Aus-
setzung von Überstellungen nach Griechenland ist somit nicht eingetreten, of-
fenbar erschweren Binnen-Grenzsicherungsmaßnahmen die Weiterflucht in an-
dere Länder der EU bzw. haben sich Fluchtrouten, z. B. auf die gefährliche
Mittelmeerroute, verlagert.

Drucksache 18/5544 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Übernahmeersuchen wurden im Jahr 2014 vor allem an Italien gerichtet
(25,9 Prozent), danach folgten Bulgarien (12,5 Prozent) und Ungarn (11,1 Pro-
zent), syrische Flüchtlinge stellen dabei mit 15,1 Prozent die größte Betroffe-
nengruppe. Den insgesamt 35 115 Ersuchen im Jahr 2014 standen nur 4 772 tat-
sächliche Überstellungen gegenüber, das sind gerade einmal 13,6 Prozent,
gemessen an den Zustimmungen der anderen EU-Staaten zur Rückübernahme
(27 157) betrug die so genannte Überstellungsquote 17,6 Prozent (Italien:
9,7 Prozent). Viele Betroffene wehren sich erfolgreich auf gerichtlichem Weg
gegen eine Überstellung – wegen erheblicher Mängel in den Asylsystemen an-
derer Mitgliedstaaten oder aufgrund individueller Besonderheiten –, oder aber
sie tauchen im Zweifelsfall lieber unter, als dass sie gegen ihren Willen in ein
Land überstellt werden, in dem sie ein unfaires Asylverfahren, unwürdige
Lebensbedingungen, Obdachlosigkeit oder eine Inhaftierung fürchten. Das
Dublin-System produziert somit eine große Zahl von illegalisierten Flüchtlingen
und erreicht nicht sein vorgebliches Ziel, allen Asylsuchenden in der EU ein fai-
res Asylverfahren zu bieten. Innerhalb des BAMF werden für Dublin-Verfahren
zunehmend Personalressourcen gebunden, die weitaus sinnvoller in der regulä-
ren Asylprüfung eingesetzt werden könnten. Eine reale Verteilungswirkung ist
mit dem Dublin-System für Deutschland kaum verbunden: Obwohl die rechtlich
und tatsächlich immer komplexeren Dublin-Verfahren das BAMF und die Ge-
richte zunehmend beschäftigen, reduzierte sich die Zahl der Asylsuchenden in
Deutschland durch Dublin-Überstellungen im Jahr 2014 im Saldo um gerade
einmal 2 500 Personen – 1 Prozent der etwa 200 000 Asylanträge im selben Jahr.
Eine Möglichkeit zur Einsparung von Arbeitskapazitäten im BAMF wäre der
Verzicht auf massenhafte Widerrufsverfahren – in der EU sieht nur Deutschland
obligatorische Widerrufsprüfungen drei Jahre nach der Anerkennung ohne kon-
kreten Anlass vor. Im Jahr 2014 kam es bei 16 061 Prüfverfahren nur in jedem
20. Fall zu einer Aberkennung eines Flüchtlingsstatus, wobei diese Widerrufe
bei einer gerichtlichen Überprüfung nur zu einem Drittel Bestand hatten. Für die
Betroffenen – politisch verfolgte und häufig traumatisierte Flüchtlinge – sind die
Verfahren dennoch sehr belastend.
Ein behördliches Asylverfahren in Deutschland dauerte im Jahr 2014 im Durch-
schnitt 7,1 Monate. Bei bestimmten Herkunftsländern mit geringen Anerken-
nungsquoten ist die Verfahrensdauer infolge von Beschleunigungsmaßnahmen
deutlich kürzer. Umso länger dauern die Verfahren bei zahlreichen Flüchtlingen
mit guten Anerkennungschancen; im Jahr 2014 mussten etwa Asylsuchende aus
Afghanistan, Pakistan und dem Iran 14 bis 16 Monate auf eine Behördenent-
scheidung warten. Werden Dublin-Verfahren, Folgeverfahren und priorisierte
Schnellverfahren nicht berücksichtigt, ergibt sich eine durchschnittliche Bear-
beitungsdauer im regulären Asylverfahren von 13,1 Monaten.
Vom umstrittenen Asyl-Flughafenverfahren waren im Jahr 2014 643 Asyl-
suchende betroffen, unter ihnen 178 syrische und 96 afghanische Flüchtlinge so-
wie 18 unbegleitete Minderjährige. Im Ergebnis wurde 56 dieser Asylsuchenden
nach einer Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ die Einreise im Rechts-
sinne verweigert – wie viele von ihnen tatsächlich ausreisten oder abgeschoben
wurden oder in Deutschland verbleiben konnten, ist nicht bekannt.
31,8 Prozent aller Asylsuchenden in Deutschland im Jahr 2014 waren Kinder.
2,6 Prozent waren unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, bei denen die berei-
nigte Gesamtschutzquote zwischen 66,4 und 81,1 Prozent betrug. Ausgerechnet
die Asylverfahren unbegleiteter Minderjähriger dauerten im Jahr 2014 mit
durchschnittlich 10,4 Monaten besonders lange.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5544
Wir fragen die Bundesregierung:
1. a) Wie hoch war die Gesamtschutzquote (Anerkennungen nach Artikel 16a

des Grundgesetzes – GG –, nach § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgeset-
zes – AufenthG –/in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention
– GFK –, subsidiärer Schutz und Abschiebungshindernisse) in der Ent-
scheidungspraxis des BAMF im zweiten Quartal 2015, und wie lauten die
Vergleichswerte des vorherigen Quartals (bitte in absoluten Zahlen und in
Prozent angeben und für die 15 wichtigsten Herkunftsländer gesondert
darstellen, bitte für jedes dieser Länder in relativen Zahlen angeben, wie
viele Asylsuchende Schutz nach Artikel 16a GG, nach § 60 Absatz 1
AufenthG/GFK einen subsidiären Schutzstatus bzw. nationalen Abschie-
bungsschutz zugesprochen bekommen haben), bitte in einer weiteren
Tabelle nach Art der Anerkennung differenzieren: Asylberechtigung, in-
ternationaler Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz, nationale Abschie-
bungsverbote – bitte jeweils so differenziert wie möglich darstellen)?

b) Wie hoch war in den genannten Zeiträumen jeweils die „bereinigte Ge-
samtschutzquote“, d. h. die Quote der Anerkennungen bezogen auf tat-
sächlich inhaltliche und nicht rein formelle (Nicht-)Entscheidungen (bitte
wie in Frage 1a differenzieren)?

c) Wieso weichen die von Eurostat für das Jahr 2014 für Deutschland an-
gegebenen Anerkennungsraten (http://ec.europa.eu/eurostat/documents/
2995521/6827378/3-12052015-AP-DE.pdf/47fa34ab-6e2d-4c1c-a4eb-
6187315087d8) mit 42 Prozent in der ersten Instanz und 16 Prozent bei
endgültigen Berufungsbescheiden nicht unerheblich (positiv) von den
vom BAMF für denselben Zeitraum angegebenen Anerkennungsquoten
ab, und inwieweit plant das Bundesministerium des Innern in öffentlichen
Darstellungen auch Anerkennungen durch die Gerichte künftig mit zu be-
rücksichtigen, wie es durch Eurostat geschieht (bitte begründen)?

d) Werden in den Eurostat-Statistiken in mehreren EU-Ländern gestellte
Asylanträge doppelt gezählt, auch wenn es sich um identische Personen
handelt und letztlich nur ein Asylverfahren in einem, nach den Dublin-Re-
geln zuständigen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchgeführt wird
(bitte erläutern), und wie hoch ist auf der EU-Ebene die Zahl bzw. der An-
teil solcher mehrfacher Asylanträge (soweit keine statistischen Daten vor-
liegen, bitte eine Einschätzung fachkundiger Bediensteter geben)?

2. Wie viele der Anerkennungen nach Artikel 16a GG bzw. nach § 60 Absatz 1
AufenthG/GFK im zweiten Quartal 2015 bzw. im vorherigen Quartal beruh-
ten auf staatlicher, nichtstaatlicher bzw. geschlechtsspezifischer Verfolgung
(bitte in absoluten und relativen Zahlen und noch einmal gesondert nach den
15 wichtigsten Herkunftsländern angeben)?

3. Wie viele Widerrufsverfahren wurden im zweiten Quartal 2015 bzw. im vor-
herigen Quartal eingeleitet (bitte Gesamtzahlen angeben und nach den ver-
schiedenen Formen der Anerkennung und den 15 wichtigsten Herkunftslän-
dern differenzieren, zum Vergleich bitte auch die Werte des vorherigen Quar-
tals nennen), und wie viele Entscheidungen in Widerrufsverfahren mit wel-
chem Ergebnis gab es in diesen Zeiträumen (bitte Gesamtzahlen angeben und
nach den verschiedenen Formen der Anerkennung und den 15 wichtigsten
Herkunftsländern differenzieren, bitte auch die jeweiligen Widerrufsquoten
und zum Vergleich die jeweiligen Werte des vorherigen Quartals nennen)?

Drucksache 18/5544 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bis zu einer behördli-
chen Entscheidung im zweiten Quartal 2015 bzw. im vorherigen Quartal, wie
lang war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bis zu einer rechtskräftigen
Entscheidung (d. h. inklusive eines Gerichtsverfahrens, soweit vorliegend),
und wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungszeit bei Asylerstanträgen
von unbegleiteten Minderjährigen (bitte jeweils nach den 15 wichtigsten Her-
kunftsländern und auch nach Erst- und Folgeanträgen differenzieren)?
a) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Bearbei-

tungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung in Dublin-Verfahren,
d. h. in den Fällen, in denen Ersuchen zur Übernahme nach der Dublin-
Verordnung gestellt wurden, bzw. in Fällen, in denen festgestellt wurde,
dass ein Schutzstatus bereits in einem anderen Mitgliedstaat gewährt
wurde (bitte differenzieren und soweit möglich nach Zielländern auflis-
ten)?

b) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Bearbei-
tungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung in Asylverfahren, in
denen kein Ersuchen nach der Dublin-Verordnung gestellt wurde (bitte
nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

c) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Bearbei-
tungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung, wenn Dublin-Verfah-
ren, Folgeverfahren und die priorisierten Länder herausgerechnet werden
(bitte nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

d) Wie lang war in den genannten Zeiträumen die durchschnittliche Bearbei-
tungsdauer von der ersten Registrierung (im EASY-System) bis zu einer
behördlichen Entscheidung, und wie viele Personen sind derzeit im
EASY-System registriert, deren Asylverfahren aber noch nicht eingeleitet
wurde (bitte nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern und den Bundes-
ländern differenzieren)?

e) Wie lang war in den genannten Zeiträumen durchschnittlich die Zeit bis
zur Anhörung der Asylsuchenden, und wie lang war die durchschnittliche
Zeit nach der Anhörung bis zur behördlichen Entscheidung (bitte nach den
15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

f) Wie viele beim BAMF anhängige Verfahren sind seit über drei, sechs,
zwölf, 18, 24 bzw. 36 Monaten anhängig (bitte auch die zehn am meisten
betroffenen Herkunftsländer nennen), und welche Maßnahmen werden im
BAMF zur Auflösung des derzeitigen Bestands an Altverfahren geplant
oder bereits unternommen (bitte darstellen)?

5. Wie viele Verfahren im Rahmen der Dublin-Verordnung wurden im zweiten
Quartal 2015 eingeleitet (bitte in absoluten Zahlen und in Prozentzahlen die
Relation zu allen Asylerstanträgen sowie die Quote der auf EURODAC-
Treffern – EURODAC: europäische Datenbank zur Speicherung von Finger-
abdrücken – basierenden Dublin-Verfahren angeben und zum Vergleich die
Werte des vorherigen Quartals nennen; bitte auch nach den unterschiedlichen
EURODAC-Treffern differenzieren), und wie viele VIS-Treffer (VIS: Visa-
Informationssystem) bei Asylsuchenden gab es (bitte nach den fünf wichtigs-
ten Ausstellungsländern der Visa differenzieren)?
a) Welches waren in den benannten Zeiträumen die 15 am stärksten betrof-

fenen Herkunftsländer, und welches waren die 15 am stärksten angefrag-
ten Mitgliedstaaten der Europäischen Union (bitte in absoluten Werten
und in Prozentzahlen angeben sowie in jedem Fall die Zahlen zu Grie-
chenland, Zypern, Malta, Bulgarien und Ungarn nennen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5544
b) Wie viele Dublin-Entscheidungen mit welchem Ergebnis (Zuständigkeit
eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union bzw. der Bundesre-
publik Deutschland, Selbsteintritt, humanitäre Fälle, Familienzusammen-
führung usw.) gab es in den benannten Zeiträumen (bitte bei der Zahl der
Selbsteintritte auch nach Mitgliedstaaten der Europäischen Union und den
jeweils fünf wichtigsten Herkunftsländer differenzieren)?

c) Wie viele Überstellungen nach der Dublin-Verordnung wurden in den be-
nannten Zeiträumen vollzogen (bitte in absoluten Werten und in Prozent-
zahlen angeben und auch nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern und
Mitgliedstaaten der Europäischen Union – in jedem Fall auch Griechen-
land, Ungarn, Bulgarien, Zypern und Malta – differenzieren), und wie
viele dieser Personen wurden unter Einschaltung des BAMF, aber ohne
Durchführung eines Asylverfahrens überstellt?

d) Wie viele Dublin-Verfahren wurden durch die Bundespolizei aufgrund bi-
lateraler Verwaltungsvereinbarungen eingeleitet, bzw. wie viele entspre-
chende Überstellungen wurden im fraglichen Zeitraum vollzogen?

e) Wie viele Asylanträge wurden in den genannten Zeiträumen mit der Be-
gründung einer Nichtzuständigkeit nach der Dublin-Verordnung abge-
lehnt oder eingestellt oder als unbeachtlich betrachtet, ohne dass ein Asyl-
verfahren mit inhaltlicher Prüfung durchgeführt wurde (bitte in absoluten
und relativen Zahlen angeben), und wie viele Asylanträge wurden als un-
zulässig erachtet, weil bereits in einem anderen Land ein Schutzstatus ge-
währt wurde (bitte in absoluten und relativen Zahlen angeben und weitere
Angaben zu den wichtigsten Ländern und dem dort gewährten Schutzsta-
tus und die Staatsangehörigkeit der Betroffenen machen)?

f) In wie vielen Fällen wurde in den genannten Zeiträumen bei Asylsuchen-
den festgestellt, dass eigentlich Griechenland nach der Dublin-Verord-
nung zuständig wäre (bitte auch nach den zehn wichtigsten Herkunftslän-
dern differenziert angeben), und in wie vielen dieser Fälle wurde die Zu-
ständigkeit eines weiteren Mitgliedstaats der Europäischen Union geprüft
bzw. festgestellt und gegebenenfalls eine Überstellung vollzogen (bitte
nach den fünf wichtigsten Zielstaaten und Staatsangehörigkeiten differen-
zieren)?

g) Wie viele Übernahmeersuchen, Zustimmungen bzw. Überstellungen (bitte
differenzieren) im Rahmen des Dublin-Systems gab es in den genannten
Zeiträumen durch bzw. an Deutschland (bitte auch nach Ländern differen-
zieren und die jeweiligen Überstellungsquoten nennen)?

h) Wie viele Asylanträge wurden in den genannten Zeiträumen nach entspre-
chenden Dublin-Prüfungen als unzulässige Zweitanträge gewertet, weil
ein Asylverfahren im anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht
zu Ende geführt wurde (bitte auch nach den zehn wichtigsten Mitglied-
staaten bzw. Herkunftsstaaten differenzieren), und wie wird mit diesen
Fällen (auch anhängigen Gerichtsverfahren usw.) umgegangen, nachdem
diese so genannte Zweitantragspraxis laut Erklärung der Staatssekretärin
Dr. Emily Haber auf dem diesjährigen Berliner Flüchtlingssymposium
(www.proasyl.de/de/news/detail/news/skandaloese_praxis_beendet_
asylantraege_werden_wieder_geprueft/) eingestellt wurde (bitte ausfüh-
ren)?

i) In wie vielen Fällen wurde in den genannten Zeiträumen trotz Einreise
über einen Mitgliedstaat der Europäischen Union kein Übernahme-
ersuchen gestellt oder ein Dublin-Verfahren nicht zu Ende betrieben, um
ein Verfahren schneller abschließen zu können (siehe Entscheiderbrief des
BAMF 5/2015, S. 4, bitte auch nach den zehn wichtigsten Mitgliedstaaten
bzw. Herkunftsländern differenzieren)?

Drucksache 18/5544 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
j) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung aus Berichten (epd vom 2. Juli 2015: „Flüchtlinge berichten über
Misshandlungen in Bulgarien und Ungarn“), wonach Flüchtlinge aus Sy-
rien und Afghanistan in Bulgarien und Ungarn willkürliche Festnahmen
und Misshandlungen in Polizeigewahrsam fürchten müssen (so würden
z. B. Kinder am Schlafen gehindert, um von ihren Eltern unter Andro-
hung von Gewalt Fingerabdrücke abnehmen zu können, dabei sei einem
Betroffenen sogar der Finger gebrochen worden), was unternimmt sie,
um auf eine Beendigung solcher Praktiken hinzuwirken, und sieht sie ei-
nen Zusammenhang zu politischen Forderungen, Mitgliedstaaten der
Europäischen Union müssten konsequent auf eine Registrierung (insbe-
sondere der Fingerabdrücke) aller Asylsuchender hinwirken (bitte aus-
führen)?

6. Wie viele Asylanträge wurden im zweiten Quartal 2015 (bitte zum Ver-
gleich auch die Werte des vorherigen Quartals nennen) nach § 14a Absatz 2
des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) von Amts wegen für hier geborene
(oder eingereiste) Kinder von Asylsuchenden gestellt, wie viele Asylanträge
wurden in den genannten Zeiträumen von bzw. für Kinder(n) unter 16 Jah-
ren bzw. von Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren bzw. von unbegleite-
ten minderjährigen Flüchtlingen gestellt (bitte jeweils in absoluten Zahlen
und in Prozentzahlen in Relation zur Gesamtzahl der Asylanträge sowie die
Gesamtzahl der Anträge unter 18-Jähriger und sich überschneidende Teil-
mengen angeben), und wie hoch waren die jeweiligen (auch bereinigten)
Gesamtschutzquoten für die genannten Gruppen?

7. Wie viele unbegleitete Minderjährige (d. h. unter 18-Jährige) haben im
zweiten Quartal 2015 bzw. im vorherigen Quartal einen Asylerstantrag ge-
stellt (bitte nach wichtigsten Herkunftsländern und Bundesländern aufglie-
dern), und wie hoch war die Gesamtschutzquote bei unbegleiteten Minder-
jährigen im genannten Zeitraum (bitte nach verschiedenen Schutzstatus und
wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

8. Wie viele unbegleitete Minderjährige wurden im zweiten Quartal 2015 an
welchen Grenzen durch die Bundespolizei aufgegriffen, wie viele von ihnen
wurden an die Jugendämter übergeben, und wie viele von ihnen wurden zu-
rückgewiesen oder zurückgeschoben (bitte nach den fünf wichtigsten Her-
kunftsländern differenzieren)?

9. Wie viele Asylanträge wurden im zweiten Quartal 2015 bzw. im vorherigen
Quartal als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt (bitte Angaben differen-
ziert nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern machen und zudem jeweils
in Relation zur Gesamtzahl der Ablehnungen setzen)?

10. Wie viele so genannte Flughafenverfahren wurden im zweiten Quartal 2015
bzw. im vorherigen Quartal an welchen Flughafenstandorten mit welchem
Ergebnis durchgeführt (bitte auch Angaben zum Anteil der unbegleiteten
Minderjährigen und den zehn wichtigsten Herkunftsländern machen)?

11. Wie lautet die Statistik zu Rechtsmitteln und Gerichtsentscheidungen im
Bereich Asyl für das bisherige Jahr 2015 (bitte wie auf Bundestagsdruck-
sache 18/3850 zu Frage 12 darstellen und die gesonderte Gerichtsstatistik
des BAMF zum Ausgang von Dublin-Gerichtsentscheidungen nach den
zehn wichtigsten Mitgliedstaaten differenziert angeben)?

12. Wie viele Asylanhörungen gab es im zweiten Quartal 2015 (bitte auch nach
den 15 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren und Vergleichswerte
des vorherigen Quartals nennen), und inwieweit bzw. in welchem Ausmaß
werden dabei auch rein schriftliche Anhörungen mit gezählt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/5544
13. Wie waren die Schutzquoten und wie war die Zahl der Schutzgesuche bei
Asylsuchenden aus Tunesien, Ägypten, Marokko, Syrien und Libyen im
zweiten Quartal 2015?

14. Wie viele Erst- und Folgeanträge (bitte differenzieren) wurden von Asylsu-
chenden aus Serbien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Albanien und
Bosnien-Herzegowina in den Monaten April, Mai und Juni 2015 gestellt
(bitte jeweils auch den prozentualen Anteil der Roma-Angehörigen nen-
nen), und wie wurden diese Asylanträge in diesen Monaten jeweils mit wel-
chem Ergebnis beschieden?

15. Wie bewertet die Bundesregierung die im Interview mit der „Frankfurter
Allgemeinen Zeitung“ vom 2. Juli 2015 vom Präsidenten des BAMF,
Dr. Manfred Schmidt, erhobene Forderung, „Asylsuchenden aus den siche-
ren Herkunftsländern die Leistungen“ zu kürzen, und zwar um 140 Euro
Taschengeld und „vom ersten Tag“ an, inwieweit ist diese Forderung mit
dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2012
zum Asylbewerberleistungsgesetz vereinbar, wonach die Menschenwürde
migrationspolitisch nicht relativiert werden darf (bitte ausführen und dabei
berücksichtigen, dass der Präsident keine Kürzungen im Einzelfall, sondern
Kürzungen für ganze Gruppen und ohne Einzelfallprüfung gefordert hat),
und wie ist es zu bewerten, dass der Präsident im genannten Interview nach
Auffassung der Fragesteller Asylsuchenden aus sicheren Herkunftsländern
einerseits unterstellt, sie würden wegen dieses Taschengeldes nach Deutsch-
land einreisen, während er Asylsuchenden aus Afrika, soweit sie nicht aner-
kannt werden, unterstellt, ihr Ziel sei der Arbeitsmarkt, sie kämen nicht we-
gen des Taschengeldes (bitte ausführen)?

16. In Bezug auf welche Herkunftsländer oder bestimmten Fallgruppen (z. B.
Dublin-Verfahren) werden Asylanträge derzeit prioritär bearbeitet, welche
neuen Informationen gibt es zur Personalsituation, -entwicklung und -pla-
nung im BAMF und unterstützende Sondermaßnahmen, insbesondere im
Bereich der Asylprüfung, und welche Bedarfsplanung und Forderungen gibt
es derzeit im BAMF für die Jahre 2015 und 2016?

17. Zu welchem ungefähren Anteil wird nach Einschätzungen von fachkundi-
gen Bediensteten des BAMF derzeit das Prinzip der Einheit von Anhörer
und Entscheider im Asylverfahren in der Praxis gewahrt (soweit möglich
bitte auch nach Ländern differenzieren)?

18. Wie hat sich die Verfahrensdauer bei Asylsuchenden, die nicht aus Ländern
des Westbalkans kommen, im zweiten Quartal 2015 gegenüber dem vorhe-
rigen Quartal entwickelt, und wie hoch war in diesen Zeiträumen die berei-
nigte Gesamtschutzquote in Bezug auf diese Länder (ohne Westbalkan)?

19. Wie lange dauern derzeit im Durchschnitt nach Einschätzungen fachkundi-
ger Bediensteter des BAMF Asylanhörungen generell, und wie lange dau-
ern diese bei Asylsuchenden aus Westbalkanländern, aus Syrien und ande-
ren wichtigen Herkunftsländern?

20. In welchem Umfang (bitte Einschätzungen fachkundiger Bediensteter nen-
nen) macht das BAMF derzeit bei welchen Herkunftsländern von der Mög-
lichkeit Gebrauch, Asylsuchende mit hohen Anerkennungschancen ohne
mündliche Anhörung anzuerkennen (§ 24 Absatz 1 Satz 4 und 5 AsylVfG)?

Drucksache 18/5544 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
21. In wie vielen Fällen wurde das BAMF bei der Prüfung zielstaatsbezogener
Abschiebungshindernisse nach § 72 Absatz 2 AufenthG im Auftrag der
Ausländerbehörden welcher Bundesländer im zweiten Quartal 2015 mit
welchem Ergebnis beteiligt (bitte auch nach den zehn wichtigsten Her-
kunftsländern differenzieren)?

Berlin, den 7. Juli 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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