BT-Drucksache 18/5312

Projekt zu Strategien der sogenannten gewaltbereiten linken Szene im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum

Vom 22. Juni 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5312
18. Wahlperiode 22.06.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Andrej Hunko, Katrin Kunert, Harald Petzold
(Havelland), Kersten Steinke, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Projekt zu Strategien der sogenannten gewaltbereiten linken Szene im
Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum

Landeskriminalämter und Landesverfassungsschutzämter haben im Vorfeld des
G7-Gipfels in Elmau ein Projekt mit dem Titel „Strategien der gewaltbereiten
linken Szene bei Großveranstaltungen von bundesweiter und bzw. oder inter-
nationaler Bedeutung im Hinblick auf den G7-Gipfel 2015 in Deutschland“ ver-
folgt. Das Projekt wurde im Rahmen des Gemeinsamen Extremismus- und Ter-
rorismusabwehrzentrum durchgeführt (Antwort auf die Schriftliche Frage 19
des Abgeordneten Andrej Hunko auf Bundestagsdrucksache 18/2568).
Nach bisherigen Angaben der Bundesregierung (Antwort zu Frage 7 auf Bun-
destagsdrucksache 18/4752) wurde für das Projekt auf die Datei des Bundes-
kriminalamtes (BKA) LAPOS zurückgegriffen. Ergebnisse des Projektes sollten
ab Mitte Mai 2015 vorliegen. Sollte das nicht der Fall sein, bitten die Fragestel-
ler darum, die Antworten zu den nachfolgenden Fragen nachzureichen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Strategien und Taktiken der linken Szene wurden in Zusammenhang

mit dem Projekt analysiert?
2. Inwieweit wurden konkrete politische Projekte, Strategien, Überlegungen,

Strategiemodelle, Aktionen, Demonstrationen usw. von Organisationen, Zu-
sammenschlüssen oder einzelnen Akteuren der linken Szene für das Projekt
untersucht (bitte ggf. einzeln benennen bzw. die Überlegungen und Strategie-
modelle kurz zusammenfassen)?

3. Welche Methoden wurden für die Gewinnung der für das Projekt relevanten
Informationen angewandt, und inwieweit gehörte auch Informationsbeschaf-
fung mit nachrichtendienstlichen Mitteln dazu?

4. Welche Medien wurden in Hinsicht auf das Projekt ausgewertet (bitte voll-
ständig nennen unter Einschluss von Internetquellen, Netzwerken usw.)?

5. Wurden für das Projekt nur Informationen aus bzw. über solche Organisatio-
nen, Zusammenschlüssen oder Einzelpersonen verwendet, die nach Auffas-
sung der Sicherheitsbehörden „gewaltbereit“ sind?

6. Welche Kriterien wurden in diesem Kontext für das Attribut „gewaltbereit“
angelegt, und inwieweit war das Vorliegen rechtskräftiger Urteile ein not-
wendiges Kriterium dafür?

7. Wurden für das Projekt sämtliche in LAPOS abgelegten Datensätze genutzt
oder eine Auswahl vorgenommen, und wenn nur eine Auswahl vorgenom-

Drucksache 18/5312 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
men wurde, nach welchen Kriterien (bitte angeben, auf welche Zeiträume,
lokale Gesichtspunkte, Deliktsqualitäten und anderen in LAPOS auswertba-
ren Kriterien zurückgegriffen wurde)?

8. Worin bestand die jeweilige Rolle der Landeskriminalämter und Landesver-
fassungsschutzämter?
a) Welche Rolle kam dem BKA, dem Bundesamt für Verfassungsschutz

(BfV) und ggf. anderen Sicherheitsbehörden für das Projekt zu?
b) Hatten die Landesämter für Verfassungsschutz (LfV) Zugriff auf

LAPOS, oder wurden sie mit Informationen aus LAPOS versorgt, und
wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?

c) Wie rechtfertigt die Bundesregierung die gemeinsame Projekttätigkeit
von Landeskriminal- und LfV mit einer BKA-Datei vor dem Hintergrund
des informationellen Trennungsprinzips?

9. Welche Ergebnisse hat das Projekt erbracht, und inwieweit flossen diese Er-
gebnisse in das Einsatzkonzept der Polizeien von Bund und nach Kenntnis
der Bundesregierung der Länder bei den Protesten gegen den G7-Gipfel
ein?

10. In welcher Form sind diese Ergebnisse (ggf. auch vorab vorliegende Teil-
ergebnisse, Thesen u. Ä., diese bitte benennen) in die Arbeit der Sicher-
heitsbehörden anlässlich des G7-Gipfels in Elmau eingeflossen?

11. Inwiefern hat der tatsächliche Verlauf der Proteste gegen den Gipfel aus
Sicht der Bundesregierung diese (Teil-)Ergebnisse bestätigt oder falsifi-
ziert?

12. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Projektver-
lauf und seinen Ergebnissen?

13. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung weitere, ähnlich angelegte Pro-
jekte beabsichtigt oder bereits angelaufen (bitte möglichst ausführlich dar-
stellen)?

14. Wurden für das Projekt Dateien angelegt, und wenn ja, wo waren bzw. sind
diese angesiedelt?
a) Welche Angaben kann die Bundesregierung zur Errichtungsanordnung

und zum Zweck dieser Dateien machen?
b) Wie viele Datensätze waren darin maximal enthalten, wie viele waren es

unmittelbar vor dem Gipfel, und wie viele sind es jetzt (bitte jeweils an-
geben, welche Kategorisierungen dabei verwendet wurden)?

c) Wie viele Datensätze wurden jeweils anderen, bereits existierenden Da-
teien entnommen, und um welche Dateien handelt es sich dabei jeweils
(bitte vollständig benennen)?

d) Inwiefern wurden Informationen ausländischer Polizei- oder Geheim-
dienstbehörden verwendet?

e) Existieren diese Dateien noch, und wenn ja, welche weitere Verwendung
ist vorgesehen?
Wenn nein, wann wurde sie gelöscht, und inwiefern wurden die angeleg-
ten Datensätze in (welche) anderen Dateien übertragen?

15. Sind die im Analyseprojekt abgegebenen Einschätzungen hinsichtlich des
Verlaufs der G7-Proteste bestätigt worden, und wenn nein, welche Schluss-
folgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?

16. Was waren wesentliche Inhalte der vom BKA erstellten Bundeslagebilder
G7, und in welcher Form wurden oder werden diese nach Abschluss des

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5312
Gipfels und der polizeilichen Maßnahmen noch einmal ausgewertet und die
darin vorgenommenen Prognosen überprüft?

17. Welche Hinweise und Erkenntnisse zu möglicherweise einreisenden ge-
waltbereiten Störern wurden von Sicherheitsbehörden anderer Staaten an
das BKA bzw. das BfV übermittelt, und trafen diese übermittelten Informa-
tionen und Hinweise zu?

18. Was war konkret Gegenstand der Erörterung des BfV mit dem Landesamt
für Verfassungsschutz Bayern zum Thema Errichtung möglicher Protest-
camps (vgl. Bundestagsdrucksache 18/4752, Frage 13)?

19. Warum war dieses Thema Gegenstand von Erörterungen zwischen Ämtern
für Verfassungsschutz, zu deren originären Aufgaben weder das Versamm-
lungsrecht noch die damit verbundene polizeiliche Gefahrenabwehr gehö-
ren?

20. Wurde die Polizei über die Ergebnisse dieser Erörterung in Kenntnis ge-
setzt, und wenn ja, in welcher Form?

Berlin, den 19. Juni 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.